Deutschlandfunk GESICHTER EUROPAS Samstag, 16. April 2016, 11.05 – 12.00 Uhr Fürsten, Flinten, Füsiliere - Waffen in Österreich Eine Sendung von Tom Schimmeck Redaktion: Katrin Michaelsen (DLF 2013) Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar – Der Direktor einer Büchsenmacherschule über seine Heimat:: In Österreich scheinen irgendwie Waffengehirne zuhause zu sein, weil immer Innovationen, immer neue Sachen rauskommen. Ein Waffenhistoriker über das königliche Waffenturnier. Das ist eine Mischung aus Sport, Krieg als Idee dahinter, Diplomatie, Modenschau. Ja, das sind große Ereignisse. Ein Berufsjäger über seine Kollegen: Ma, es gibt bei die Autofoarer Idiot‘n, bei die Motorradlfahrer Idiot‘n, genauso gibt es bei die Jäger Idiot‘n... Und der Spross eines Waffenfabrikanten über seinen Umgang mit der Pistole: Ich find eine Waffe wichtig, gut, war schon immer wichtig. Fürsten, Flinten, Füsiliere. Waffen in Österreich. Eine Sendung von Tom Schimmeck. Reportage 1: Salut. Salutschießen Vorsitzender: So, und zum Geburtstagsfeiern gehört natürlich ein kräftiges Salut! Kommandant: Alles hört auf mein Kommando. Laden. Legt an. Feuer Schuss Sonntagmorgen. Auf dem Schießplatz bei Langau. Vier junge Schützen in Reihe, alte Karabiner in der Hand. ..Kommandant: Laden! Legt an! Feuer! Schuss Ein Geburtstagssalut. Die Präsentkörbe mit Wein, Kaviar, Käse, Kaffee, Gebäck stehen schon bereit. ...Kommandant: Laden! Legt an! Feuer! Schuss Legt ab! Beifall Die Vereinsfreunde lächeln zum Ritual. Die Körbe werden überreicht. An einen Schützen. Und eine Schützin. Mann: Eine ganz gefährliche Schützin sogar. Frau: Nein, absolut ungefährlich. Mann: Naja, im Wettkampf ist sie schon gefährlich. Da müssen sich nur die Schießscheiben fürchten. Auf einer der ausgeworfenen Patronen ist die Jahreszahl 1936 zu erkennen. Wenn man genauer hinschaut, auch Reichsadler und Hakenkreuz. Kann man immer wieder verwenden. Ja, vielleicht kurz zur Geschichte. Langau ist ein Grenzort im Waldviertel zur Tschechei, Tschechischen Republik. Und der Platz, wo wir hier sind, war früher ein Kohleabbaugebiet Ingenieur Alexander Gold, der stellvertretende Oberschützenmeister der Schützengilde Langau. Und im Jahr 1975 haben sich hier ein paar Langauer zusammengetan, um den Schießplatz zu errichten. Also eine Initiative mit Unterstützung der Gemeinde. Atmo Pistolenfeuer Herr Gold zeigt stolz den Schießstand für die Faustfeuerwaffen – Pistolen und Revolver. Und das sind insgesamt acht Stände mit Zuganlagen. Vier Mal für 25 Meter Entfernung, vier Mal auf neun Meter Entfernung. Hübsch mit Holzwänden getrennte Kojen. Damit dem Schützen nebenan nicht die Patronen um die Ohren fliegen. Ja, das ist jetzt auf neun Meter eingestellt (Zugseil). Die Schießbahn ist gut abgeschirmt, hinter hohen Böschungen, verstärkt mit Holzpfählen. Damit sich keine Kugel verirrt. Das bleibt dann hier stehen. (Geräusch). Und dann, wenn man mit der Schussabgabe fertig ist, kann man sich die Scheibe wieder holen und begutachten, was man getroffen hat. Oder auch nicht. Man müsse das alles, sagt Herr Gold, ständig „in Schuss halten“. Was sind das für Leute, die hier schießen? Ach, ganz normale. Also wir haben hier im Verein also, glaub ich, einen guten Querschnitt der Bevölkerung, vom Zahnarzt bis zum Straßenarbeiter, vom Bundesbahnangestellten bis zum Firmenchef. Wir sind alle per „Du“ im Verein. Und der Verein hat damit natürlich auch eine sehr starke soziale Bedeutung. Die Frauen nicht zu vergessen. Aktueller Anteil: Rund ein Zehntel. Und das sind die Hülsen. Wir sammeln das hier getrennt. Messing kann wiederverwertet werden. Atmo Clubraum Im Clubhaus sind sie schon bei Bier und Wein. An den Wänden Geweihe und tote, steife Tiere: Vögel, Marder. Auch Bilder von Wildschwein und Fuchs, schon mit Kreisen markiert. Jäger-Schießscheiben. Auf dem Herz steht die 10. In der Kleinkaliberanlage ist noch Heidrun am Abzug. 20 Jahre alt. Schmal. Eher schüchtern. Ich lad jetzt die Kugel in den Lauf... Die Scheibe fährt heraus, Heidrun lädt nach, lagert das Gewehr ganz ruhig, blickt durch das Zielfernrohr und krümmt den Zeigefinger. Schuss Wie lange macht sie das schon? Heidrun: Seit eineinhalb Jahren Und wie sind Sie dazu gekommen? Heidrun: Über‘n Papa. Schuss Schuss, Heidrun: Zum Schluss lässt man das Gewehr offen und fertig. Scheibe fährt heran Heidrun: Drei Zehner und zwei Neuner. Nicht so schlecht. Gold, der Papa, hat mit acht zu schießen begonnen. Vor 50 Jahren. Gold: Durch die Buben in der Straße. Jeder hatte ein Flobert-Gewehr. Und jeder wollte. Jeder brauchte ein Gewehr. Autor: Wofür? Gold: Status. Das hatte man. Das gehört dazu wie die Steinschleuder. Autor: Und Papa hatte natürlich auch ein Gewehr? Gold: Papa hatte auch ein Gewehr Autor: Und Mama aber nicht? Gold: Mama nicht. Die hat‘s versteckt. Autor: Das von Papa oder ihr eigenes? Gold: Alle. Sie fand‘s gefährlich. Aber es ist nie etwas passiert. Heidrun: Ja, aber ich find, dass das einfach was ist, was man können sollte. Nur Städter, glaubt Herr Gold, fürchten sich heute vor Waffen. Hier auf dem Land sei das Schießen etwas ganz und gar natürliches. Das gehöre zum Leben halt dazu. Hier gibt‘s viele Familien, viele Haushalte, es sind viele Jäger da. Also eine Waffe ist nichts Ungewöhnliches und man schreckt sich auch nicht davor. Da ist es wohl Zeit, zum Selbstversuch am Schießeisen zu schreiten. Mit Heidruns Kleinkaliber. Gold: Wenn Sie bitte einfach mal das ungeladene Gewehr nehmen, anlegen und durchschauen. Autor: Wo hält man? So? Gold: Das ist in der Regel… Autor: Geschmacksache?… Gold: ...frei und eine Frage der Übung. Es sollte also der Kolben an der Wange anliegen. Und wichtig ist auch die Entfernung zum Zielfernrohr. Man sieht eh: Wenn‘s schwarze Ränder bekommt, ist es zu weit oder zu nah. Autor: Ah. Gold: Das Magazin ist eingesteckt. So, jetzt ist der Verschluss offen. Das heißt, das Gewehr ist noch nicht schussbereit. Autor: Und jetzt muss ich laden. Gold: Jetzt müssen Sie einmal laden, indem sie den Verschluss nach vorne drücken. Autor::OK Gold: Und den Hebel hinunterdrücken. Autor: So. Gold: So, jetzt ist die Patrone im Lauf drinnen. Autor: Jetzt ist es geladen. Gold: Ja, jetzt ist es geladen und schussbereit. Und jetzt ganz ruhig, nur mit dem Zeigefinder, durchziehen. Peng Autor: Ich hab geschossen. Lachen Gold: Des woar‘s. Und jetzt macht man wieder auf. Autor: Ah, da kommt sie raus. Gold:...macht man wieder auf und die Patrone... Die Scheibe kommt. Ein Neuner. Ich bin machtlos gegen diesen Anflug von Stolz. Reportage 2: Waffenschmiede Steyr Atmo Fabrik Das ist der Bereich, wo es eigentlich losgeht. Wir haben hier im linken Bereich die Sägeeinrichtung, wo die Stangen für die Lauffertigung abgesägt werden. Die Waffenfabrik liegt idyllisch, ein paar Kilometer von Steyr entfernt, zwischen den Hängen des kleinen Tales, durch das die Raming fließt. Dann haben wir hier verschiedene Strahlanlagen, die notwendig… Eine silbrig glänzende Halle mit dem Symbol der Firma Steyr Mannlicher – eine Zielscheibe. Der Chef Michael Engesser, ein freundlicher Deutscher aus dem Schwarzwald, führt höchst selbst durch die Produktion. Wie entsteht eine Waffe? Da liegen die Stahlstangen, massiv, sechs Meter lang. Sie werden gesägt, mit der Tieflochbohrmaschine der Länge nach aufgebohrt. -Aus der Stange wird ein Rohr. Der Lauf. Die Bohrer, die sind hier eingespannt. Die Stangen liegen hier in der Zuführeinrichtung, die takten automatisch dann durch. Die fertigen Läufe kommen raus... Jacques Rotter: Die graue Felduniform (Verlag Militaria, ISB 3-902526-36-X Nr 9783902526366) Unser Kaiser, der hat g‘sprochnen zu und ,runter vom Balkon Feind, jetzt ist‘s nichts mehr zu machen, denn jetzt gibt‘s mehr kein Pardon. Und jetzt gehn wir zum Kommando und da kriegen wir unser Gewehr. Dann marschieren wir miteinander… Die Stadt Steyr, sie war schon im 13. Jahrhundert ein Zentrum für Eisen und Holz. Ende des 16. Jahrhunderts begann hier die Waffenproduktion, mit aus Thüringen angeworbenen Büchsenmachern. Der 30jährige Krieg im 17. Jahrhundert brachte den nächsten Boom. 1786 schuf der Staat die „kaiserlich-königliche Feuergewehr-Fabrics-Local-Direktion“. Arbeiter: Das ist hier ein Schmiededorn. Ein Negativschmiededorn ist das. Der hat... Ein extraharter Dorn wird in das Rohr gesteckt. Ein Roboterarm greift es sich, legt es in eine große Maschine ein. Arbeiter: Das hat tausend Hübe in der Minute. Dann hämmert der Apparat auf den Rohling ein, über vier Backen, 1000 Mal pro Minute, fünf Minuten lang. Arbeiter: Über die Hämmer wird das Material drübergeschoben. Der Roboter hebt den Lauf wieder heraus. Verharrt kurz – es wirkt, als müsse er einen Augenblick nachdenken –, legt ihn dann ab. Schnappt sich den nächsten Rohling. Nach der Lauffertigung gehen die Läufe in den Qualitätspunkt. Das ist die Laufkontrolle. Dort wird nochmal überprüft, ob sie auch gerade sind... Arbeiter: Passt perfekt Jacques Rotter: Die graue Felduniform, 2. Strophe An der Seiten tragen wir d‘Flaschen, auf dem Buckel tragen wir‘s Bett, die Patronen in der Taschen und am Gewehr das Bajonett. Auf dem Hahn ein leichter Drucker und die Kugel macht bum bum. Russen, Serben, Katzlmacher fallen wia die Fliagen um. Solln‘s die Bohnen gut verdauen, wir gehn drüber weg im Sturm… Im 19. Jahrhundert trat in Steyr Josef Werndl auf den Plan – Kommandant des Bürgerkorps, Großaktionär, Politiker, Industrieller. Mit Zwirbelbart. Ein großer Mann. 2,06 Meter. Ein Waffenmann. Er hatte in den USA bei Remington und Colt gearbeitet. Ein ziemlich spektakulärer Typ: Es gibt drei Romane über ihn. Zonophon-Truppe: Eroberung einer russischen Truppe, 1915 (Verlag Militaria, ISB 3-902526-36-X Nr 9783902526366) Fanfare, Kompagnie halt! Habt acht! Soldaten!... Krieg war sein Geschäft. Den Habsburgern baute er eine Riesenwaffenfabrik. Den ersten großen Deal machte Werndl 1867. – nach der fürchterlichen Niederlage der KUK-Monarchie gegen die besser gerüsteten Preußen bei Königgrätz. Atmo Fanfaren, Hurra Schon 1870 rühmte sich die neue Österreichische Waffenfabriksgesellschaft als „bedeutendstes Waffenetablissment der Welt“. Mit kaiserlichem Handschreiben wurde Josef Werndl im gleichen Jahr der Orden der kaiserlichen Krone verliehen. Eine Eintrittskarte für den Adelsstand. Was Werndl nicht sonderlich interessierte. Lieber bin ich der erste Bürgerliche als der letzte Adlige. Bis 1872 produzierte Werndls Fabrik 622.000 Infanteriegewehre. Dann kam die nächste Flaute. Friedenszeiten. Schon 1889 produzierte man wieder 13 000 Waffen – pro Woche. Werndls Frau Karoline, sagt die Chronik, hatte keine Freude an dem Boom. Sie litt an geistiger Umnachtung, religiösem Wahn. Sie scheute das Tageslicht, verhängte die Fenster mit dunklen Stoffen und weinte Tag und Nacht. Arbeiter: Wir haben da Bearbeitung von der Stange. Da wird gebohrt, gedreht, gefräst und wenn das teil dann fertig ist Wir treten in das Reich der Automaten, der Dreh- und Fräszellen. CNC-Maschinen. Große Kästen mit Steuerungspulten, programmiert, 400 bis 500 Arbeitsschnitte am Stück zu erledigen – in 2 Minuten und 40 Sekunden. Messwerte sausen über Monitore. Das ist ein Bearbeitungszentrum, Chiron FZ18. Wir machen darauf die Zubringen für das Punkt 50. Und das Kurvenstück fürs 26er... Arbeiter Bitte sehr. Mahlzeit! Danach die Montage. Hier ist eigentlich der Behördenbereich. Da werden die Behördenwaffen zusammengebaut. Hinten haben wir die Pistole. Dort haben wir eine Jagdwaffe, das ist der Luxus. Und auf der rechten Seite sind sämtliche Jagdwaffen „Behördenwaffen“. Im Jargon der Waffenproduzenten alle Gewehre und Pistolen, die an Polizei und Armee geliefert werden. Die Feuerkraft des staatlichen Gewaltmonopols sozusagen. Emsige Mitarbeiter setzen den Verkaufsschlager der Firma zusammen. Das AUG, das Armeeuniversalgewehr, verbreitet von Australien bis Uruguay. Ein Vollautomat, für Einzel- und Dauerfeuer. Schwarz, sehr kompakt. Es gibt auch eine „zivile“ Version. Wie läuft das Geschäft mit den „Behördenwaffen“? Das schwankt eigentlich immer, je nach Aufträgen. In guten Zeiten liegt es bei 70 Prozent, in schlechten Zeiten liegt es bei 40 Prozent. Herr Engesser zeigt lieber die schicken Jagdwaffen Arbeiter Feilen. Das wird eine Jagdwaffe, ein Pro Hunter nennt sich das. Jetzt wird der Lauf, dieses System, wird in den Schaft eingepasst. Ein Arbeiter schwingt die Feile. Die Späne fliegen. Arbeiter Schaun mer mal, ob des passt. Schaut scho net schlecht aus. Wird einmal verschraubt... So. Super drin. Funktioniert alles. Fertig Nächste Waffe. Sprecher: ….fährt ein langer Zug den Berg hinan. Schwer fauchen die Maschinen. Sie fressen die Kohlen. Schwer schaffen die Männer. Sie holen das Erz. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland wurde Steyr zu einem Mammut der Rüstungsindustrie – Teil der „Reichswerke Hermann Göring“. Göring: Und nun gebe ich den Befehl: Die Arbeit beginne! Für die bis zu 30 000 Arbeiter wurde ein neuer Stadtteil gebaut. Auch Tausende von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen mussten Nachschub für den Krieg schaffen. Im Zweiten Weltkrieg, heißt es in der Firmenchronik recht lakonisch, „wurden die gesamten Anlagen von Deutschland übernommen und die Produktion stark gesteigert“. Schüsse Pistole Chef: Habt Ihr was zum Tormentieren? Arbeiter 1: Ja! Chef: Komm... “Tormentieren“ - heißt so viel wie: Quälen. Da werden die fertigen Waffen mit Überdruck abgefeuert. Arbeiter 1: Funktionsbeschuss. Das ist der Herr Eigner. Der feuert gerade eine Pistole mit 17 Schuss durch. Arbeiter 2: Ich bin grad beim Testschießen, müaßt a bisserl warten Schüsse Jetzt muss I mi einschießen Schüsse. So Rechtsschuss Arbeiter: Wir schießen das Gewehr abwechselnd. Weil acht Stunden, das ist zu anstrengend. Einmal dokumentieren, dann wieder prüfen. Hervorragend Nebenan, im 100-Meter-Schusskanal, sind die Gewehre im Test. Es stinkt nach Feuergefecht. Der Schütze ist ein kräftiger Mann, Er „schafft“ 70 Gewehre am Tag. Hinten im Gang klackert eine Maschine Arbeiter: Hier befüllen wir die AUG Magazine, mit 30 Schuss. Nach dem Krieg war Schluss mit der Waffenproduktion. Aber nur für kurze Zeit. Schon 1950 hob US-General Clark, ein Freund der Jagdwaffe, das Verbot wieder auf. Steyr-Daimler-Puch, nun ein Staatsbetrieb, wurde später zerlegt. Die Waffenschmiede Steyr-Mannlicher AG ging 2001 an einen Privatinvestor. Im Zentrum der Fabrik: Ein holzgetäfelter Saal, mit Kronleuchter, Wanduhr, Schnitzereien, ein riesiger Tisch, ein Kamin, vier Türen. Die Dielen knarren. An allen Wänden in beleuchteten Vitrinen rundum: Waffen – die letzten Vorderlader, die ersten Hinterlader, Sturmgewehre, Jagdgewehre, Matchgewehre, Scharfschützengewehre, Kavalleriepistolen, Maschinenpistolen, Leuchtpistolen. Der Waffensaal der Firma Steyr Mannlicher Der Saal ist als Waffensaal konzipiert worden. Er ist gebaut im Ersten Weltkrieg, bis 1921. Es ist alles Handarbeit. Und vieles Zwangsarbeit, von russischen Kriegsgefangenen. Der Saal war ursprünglich in dem Hauptwerk in Steyr. Dann wurde er umgezogen zu dem Standort, wo jetzt die BMW ist. Und wir sind dann 2004 hier nach Kleinraming umgezogen und da ist der Saal mitgenommen worden. Sie haben die neue Fabrikhalle einfach um den alten Waffensaal herum gebaut. In den Vitrinen steht die ganze Geschichte: Die antike Holzware. Und die modernen, eher rambomäßigen Feuerwaffen. Da gibt es verschiedene Varianten. Den ProHunter den wir hier haben in stainless oder camouflage… Für Franz Ferdinand, den letzten Thronfolger, fertigte man in Steyr einst eine Doppelbüchse im Wert eines heutigen Porsche. Er war jagdversessen, Chronisten sprechen von „krankhafter Tötungsabsicht“. Franz Ferdinand soll an die 275.000 Stück Wild erlegt haben, darunter auch Elefanten, und Tiger. Bevor er 1914 in Sarajevo selbst erschossen wurde. Ja. Er hat fast alles ausgerottet. (lacht). Nein, nicht ganz so schlimm. Er durfte! Literatur 1 Aufgabe des Schützen ist es, „Habacht“ zustehen. Mein Heimatdorf ist voll von Schützen. Die Schützen gibt es seit Andreas Hofers Heimatverrat. Sie haben grüne Hüte auf, damit sie sich nicht den Kopf verkühlen. Die Schützen sind tapfere Krieger und haben keine Angst vor dem Krieg. Sie halten feierlich Einzug in das Festzelt. Sie lieben die Heimat so wie das Festzelt und die Kirche. Der liebe Gott ist bei den Schützen Tag und Nacht. Sie sind bärenstarke Männer und werden für ihre guten Taten vom Pfarrer gesegnet. Oh, ihre Lederhosen sind immer molto polito. Die Schützen haben immer ein Sackmesser dabei, damit die Feinde flüchten. Wenn ein Schütze stirbt, wird er von den treuen Kameraden heimgeführt ins Himmelreich. Mit Trauermärschen und Tränen begleiten sie den Kameraden zur letzten Ruh. „Blendamed“ schützt die Schützen vor Karies. Ihre Freizeit verbringen sie bei einem gemütlichen Stutzen Bier. Nachher sehen sie die Heimat doppelt. Reportage 3: Glock reimt sich auf Amok Mein Name ist Robert Glock. War‘s das? Robert Glock, Sohn des vielleicht berühmtesten, in jedem Fall wohl reichsten Waffenproduzenten Österreichs, sinkt in seinen schweren Sessel. Es sei nicht immer leicht, seufzt er, diesen Namen zu tragen. Wissen Sie, ich war früher permanent unterwegs, immer im Flieger gesessen, da und dort, immer wichtig sein, immer Kongresse, immer blablabla, Ich hab‘ vor der UNO Reden gehalten, ich hab versucht, UNO-Botschafter zu überzeugen, um was es eigentlich geht bei der ganzen Sache, ja? Es ist wahnsinnig schwer, denn Sie laufen immer gegen Windmühlen. Wien Innenstadt. Glocks Büro ist ein dunkler Raum, viel Holz, viel Leder. Sehr maskulin. In einem Schrank sind Monitore eingebaut, auf denen er vom Schreibtisch aus das Treiben in seinem feinen „Planter‘s Club“ verfolgen kann. Denn der Maschinenbauingenieur Robert Glock, 47, ist nicht mehr im Waffenbusiness, sondern Gastronom. Walzer, Telefonansage: Guten Tag und Willkommen bei Glock Austria, Ihr Anruf wird gleich persönlich entgegengenommen. Bitte haben Sie etwas Geduld... Die Firma Glock, heute ein Konzern mit Niederlassungen in den USA, Uruguay, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Hongkong, gilt als wenig auskunftsfreudig. Die Sprecherin verweigert einen Gesprächstermin, auch ein Besuch der Fabrik in Deutsch Wagram, nicht weit von Wien, wird abgelehnt. Schade eigentlich. Denn die Glock ist der Waffenexportschlager „made in Austria“. Und fast schon ein Mythos in der Waffenwelt. Sound aus Glock-Werbevideo Bruce Willis hält in "Stirb langsam 2" eine Glock in der Hand. Und schnauzt einen Flughafenpolizisten an: Filmton: Luggage? That punk pulled a Glock 7 on me. You know what that is? It's a porcelain gun made in Germany. It doesn't show up on your airport X-ray machines here and it costs more than what you make in a month! Dieser Idiot hatte eine Glock 7 auf mich gerichtet! Wissen Sie, was das ist? Eine Keramikpistole aus Deutschland, die man in ihrem Röntgenapparat nicht sieht. Die kostet mehr, als Sie in einem Monat hier verdienen! Das war eigentlich alles falsch: Die Glock kommt bekanntlich aus Österreich. Sie besteht aus Kunststoff und Metall. Man sieht sie sehr wohl auf dem Kontrollmonitor. Sie ist vergleichsweise billig. Und doch war es der Durchbruch für die Glock. Filmton: You‘ve a backup weapon?… Get yourself a Glock, loose that nickel plated sissy pistol... Also, ich durfte als Kind nicht mal eine Spritzpistole haben. Wir waren also immer… - Waffengegner möcht‘ ich mal nicht sagen – aber eigentlich immer dagegen. Bei mir auch selber, muss ich ehrlich sagen: ich hab zwar Waffen, immer greifbar und immer bei mir, aber sie werden das nie sehen und das wird nie einer bemerken. Roberts Vater, Gaston Glock, ein Ingenieur, schuf in einem Wiener Vorort ursprünglich schlichte Gebrauchsgegenstände. Vorhangringe etwa. Da hatten wir ein oder zwei Mitarbeiter. Ich hab mit acht Jahren den Hof zusammengekehrt und mit zwölf Jahren hab ich Maschinengewehrgurte zusammengeführt. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts begann Gaston Glock an einer neuen Pistole zu basteln. Leicht sollte sie sein, simpel, kompakt, verlässlich. Einfachheit! Die Glock-Pistole ist einfach einfach. Mehr kann man dazu nicht sagen: Leichtes Gewicht, wenig Teile. Funktioniert alles gut… Bald hatte Glock halb Europa erobert. Machte den Sprung auf den milliardenschweren Waffenmarkt der USA. Selbst die Story von der idealen Terroristenwaffe, die beim Flughafen-Check nicht zu erkennen sei, war letztlich hilfreich. Jeder wollte dann diese terroristische Waffe haben (lacht) Heute stattet Glock etwa zwei Drittel aller US-Gesetzeshüter aus. Das ist gut für‘s Image – selbst bei den Ganoven, wie Glock offen zugibt. Da wird natürlich jeder Kriminelle versuchen, auch diese Waffe zu haben. Auch in den meisten Filmen sehen sie halt diese Waffe. Weil die braucht man ja, sonst ist man‘s jo net. Auf der anderen Seite ist sie bei den Afroamerikanern sehr beliebt, weil sie halt komplett schwarz ist, und weil das halt cool ist und weil man das halt braucht. Nachrichtensprecherin: There has been a mass shooting... Dem Ruf der Glock hat nicht einmal geschadet, dass sie zu einer Lieblingswaffe der Massenmörder wurde. Die Glock hat mit Spezialmagazin, bis zu 33 Schuss. Ein Traum für jeden, der in kurzer Zeit maximales Elend anrichten will. Glock reimt sich auf Amok. Sound TV-Ton /Glock-Werbung Als 1999 in einem Büro von Xerox in Honolulu 17 Menschen starben, kam das Feuer aus einer Glock. Der Student, der 2007 an der Virgina Tech 32 Studenten umbrachte, schoss mit einer Glock. Genau wie der Täter 2011 beim Massaker in Tucson, Arizona. Eine Glock ist fast immer dabei: 1991 in Killeen Texas, 1998 an der Oregon High School, und in Connecticut, 2008 an der Northern Illinois University, 2012 in einem Kino in Aurora, Colorado. Bei der Premiere des neuen Batman-Films "The Dark Knight Rises" in Saal 9. Sound TV-Ton/Glock-Werbung/ Breivik-Meldung Auch 2002 beim Amoklauf im Erfurter Gutenberg-Gymnasium ist die Waffe eine Glock. Im Juli 2011 erschoss der norwegische Rechtsradikale Anders Behring Breivik viele seine 69 Opfer auf der Insel Utöya mit seiner Glock. Er hatte sie zuvor mit Runenschrift verziert. Sound Glock-Werbung: And remember: Please don‘t try this at home Österreich ist – verglichen mit den USA, Russland, Deutschland oder Frankreich– kein bedeutender Waffenexporteur. Bei den Faustfeuerwaffen aber nimmt das Land eine Spitzenposition ein – mit bis zu 27 Prozent. Mit Abstand am wichtigsten ist das US-Geschäft. Paul M. Barrett, Autor des Buches “Glock: The Rise of America’s Gun”, schätzt, dass die Firma allein dort 100 Millionen Dollar pro Jahr umsetzt. Sohn Robert avancierte für einige Jahre zum Glock-Gesicht in den USA. Glock junior richtet sich auf, probiert einen verbindlichen Augenaufschlag und mutiert zum Waffenlobbyisten. Der Mann ist schwer zu fassen. Ein Waffennarr? Er winkt ab. Waffe hat für mich nicht wirklich eine Bedeutung. Ich bin weder ein Waffennarr, noch ein Jäger. Und doch spult er jetzt all die üblichen Argumente begeisterter Waffenbesitzer ab: Man müsse sich ja verteidigen können. Wenn man mir nach dem Leben trachtet, werde ich meine Waffe ziehen. Und dann werde ich auch ganz sicher treffen. Schaun sie, eine Waffe ist eine Maschine wie jede andere. Ich find eine Waffe wichtig, gut, war schon immer wichtig. Erstaunlich für einen Knaben, der nicht einmal eine Spritzpistole haben durfte. Glock grinst. Er habe trotzdem geschossen, sagt er, bei einem Freund der Familie, einem Oberst. Ja, ich glaub, da war ich so zehn oder elf Jahre alt. Es war ein Revolver, 38 Spezial. Denn Schießen, das sei einfach schön. ...und dann fahrn‘ sie nach Hause und sind irrsinnig entspannt. Macht er das regelmäßig? Ich mach das noch. Ich mach das noch, ja freilich. Muss man machen. Und er empört sich über diese „linksgrüne“ Antiwaffen-“Propaganda“. Die Herrschenden wollten dem Volk einfach nur die Waffen wegnehmen. die wollen ja einfach nur die Leute entwaffnen und nicht mehr Sicherheit im Staate. Weshalb Robert Glock sich bei der IWÖ engagiert, der „Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich“. Österreich baut gerade ein neue Register auf– man setzt eine entsprechende EU-Verordnung um. Lächerlich, findet Glock. Am Ende, heißt es in seinem Freundeskreis, sei es womöglich einfacher, sich eine illegale Waffe zu beschaffen. Auch ein anderer Freund von mir hat gesagt: Du, die geh‘n mir so am Arsch mit ihren Kontrollen. Das Beste ist, ich geb‘ einfach meine Waffe ab, besorg mir eine illegale und hab a Ruh von denen. Rap: Wir fangen einfach an / Das ist die kleine Glock/ die ist ein Expressfahrstuhl bis zu Deinem Gott/ Die macht ein kleines Loch / Sie hat 17 Schuss / Du lädst einmal durch / Feuerst bis zum Schluss / Sie ist ziemlich leicht / Weil sie aus Plastik ist... Papas Firma unterstützt in den USA seit Jahren die Hardliner von der National Rifle Association. Niemals einlenken. Gut verdienen. Glock profitierte von Panikkäufen, als Bill Clinton 1993 ein etwas leicht verschärftes Waffengesetz unterschrieb. Glock ist überall. Selbst im Irak und in Afghanistan verteilte das US-Militär Unmengen von Glocks als Erstausstattung an die Polizei. Und verlor bald den Überblick. Atmo Telefonansage Glock Die Firma sagt dazu kein Wort. Der Glock-Konzern hat sogar Amnesty International verklagt, als die Menschenrechtsorganisation Kritik an Glock übte. Und verloren. Es gibt einen großen Streit, wo die ganze Familie halt gegen meinen Vater vorgeht. Doch da tobt noch eine andere Schlacht: Glock gegen Glock Ansage: Pferdesport auf höchstem Niveau Milliardär Gaston Glock, 84, lebt in Kärnten mit seiner neuen Gattin Kathrin, 33. Sie leitet ein pompöses Reitzentrum, das „Glock Horse Performance Center“. Trailer: Höchste Perfektion, auch im Pferdesport. Glock Perfection Oft lädt das Paar zum internationalen „Showjumping“ nach Kärnten. Natürlich gibt es einen Hubschrauberlandeplatz. Und einen Wellnessbereich für Hunde, mit Masseur. Frau: Die Hunde sind freundlich... Trailer: Horses and Stars, erleben Sie Weltelite im Springreiten im Glock Horse Performance Center...… Pferde und Promis. Mit Klatschspaltengesichtern wie Gerard Depardieu, Lionel Ritchie oder Roger Moore. Im Juli 2013 wurden Naomi Campbell, Jerry Lewis und Sharon Stone eingeflogen. Die Großerbin Athina Onassis ritt anmutig ihr Pferd. Ton Siegerehrung Horse Performance Center Gaston Glock kann es sich leisten. Zisch, Musik, Werbesprecher: Ich möchte Sie ganz herzlich willkommen zur Dressage international im Glock Horse Performance Center, dass sich seinen Gästen auch in diesem Frühling wieder in eiserner Eleganz und Perfektion präsentiert. Robert Glock ist längst nicht mehr bei Glock. Robert, seine beiden Geschwister und Mutter Helga prozessieren seit Jahren gegen den Patriarchen. Ein Streit um Macht und Millionen. Im Hause Glock“, schlagzeilt das Boulevardblatt Kronenzeitung, „wird jetzt scharf geschossen.“ Ja, und das werden halt die Gericht entscheiden. Das wird auch noch dauern – fünf Jahre, zehn Jahre, oder länger. Wer weiß, was die Gerichte entscheiden. Und dann werden wir mal schauen, wem was gehört und wie das alles ausschaut. Reportage 4: Halali für die Herren Wir ham da ein unvergleichliches Panorama, wie man‘s sicher ganz selten finden wird. Wir san da im Weng im Gesäuse. Zu unserer Linken sehen wir grad den Gesäuseeingang, mit den Gesäusebergen. Vis a vis von uns ist die Krumau. Man hat do eine sehr hohe Lebensqualität, tät‘ ich sogn. Es ist einfach ein Platz zum Wohlfühlen. Eine Alpenidylle in der Steiermark. Kalkberge rundum, grau und steil, weiter unten: viel Wald. Der Große Buchstein, der Grabnerstein, die Hochtorgruppe. Jägerlehrling Florian ist verzückt von seinem Arbeitsplatz hier in Weng im Gesäuse. Aber was bitte ist ein Gesäuse? Weil das irgendwo ein Geräusch ist. Es kommt von der Enns und des is des Geräusch, das durch die Enns eben ist. Es ist das Geräusch, dass durch das steile Gefälle des Flusses Enns entsteht, der hier durch die Nordalpen bricht. Ich bin momentan 20 Jahre alt, und bin nicht da gebürtig, bin a bisserl weiter ins Oberennstal aufi zuhause, aus Donnersbach alt (oder Ort). Florian – Bärtchen, Brille, kurze Haare – trägt Lederhosen, Gummistiefel mit Stutzn, ein grünes, waidgerechtes Hemd. Ich bin da irgendwo a bisserl familiär vorbelastet. Jäger? Sein Traumberuf. Seit dem siebten Lebensjahr hat alles angefangen. Ich bin ja dann öfter mit dem Großvater immer auf der Pirsch gewesen. Man verliebt sich irgendwo in des. Man ist dauernd draußen, hat viel mit den Tiern zu doan und es ist irgendwo a Supersache, was ma doch sehr guat gefollt. Da kommt der Chef mit dem Kaffee. Auch in Lederhosen. Ja, mein Name ist Heimo Kranzer. ich bin Berufsjäger bei den Steiermärkischen Landesforsten, betreu‘ dort die Wirtschaftsrevier und bin im Nationalpark Gesäuse für das Wildtiermanagement zuständig. Hob drei Kinder und bin heuer fünfzig Jahr‘ alt. Leider (lacht) 800 Hektar Revier und 12000 Hektar Nationalpark. Viel Fläche. Viel Arbeit. Da muss er früh raus. Um halb vier im Sommer. Egal, auch er liebt den Beruf. Früher war der Berufsjäger eher mit Jagdherrn unterwegs, ist eher die halberte Zeit auf der Hüttn geblieben dann, da war die Hauptaufgabe eben der Jagdschutz, also gegen Wilderer, und eben Tiere zu erlegen oder den Jagdherrn zu Schuss zu bringen. Den Jagdherrn zum Schuss bringen. Ja, das muss er immer noch. Ich find des absolut in Ordnung und nix schlechtes dabei. Also mein persönlicher Zugang ist der: Wieso soll ein Politiker oder irgendein Industrieller nicht auf die Jagd gehen genauso wie mir, weil er halt Freude an der Natur hat und Freunde an dem Leben hat, das er da vorfindet? Also seh‘ ich nix entfremdetes dabei, wenn sich da zwei treffen dann und die machen da irgendein Geschäft draus. Sondern ich denk‘: Das ist ja gut. Wir san halt in einem Zeitalter, wo wir jeden Arbeitsplatz brauchen. Es ist wohl der Ast, auf dem er sitzt. Es gibt imma wieda Leut‘, die wo sich gern eine Jagd leisten können und wolln. Und san ma froh, des is so is. Weil da ham wir unsren Beruf, können unsere Familie ernähren und des paßt, glaub I. Den Berufsjäger Kranzer ärgern eher die schießwütigen Ballermänner. Ma, es gibt bei die Autofoarer Idiot‘n, bei die Motorradlfahrer Idiot‘n, genauso gibt es bei die Jäger Idiot‘n... Des Jägers klassische Rolle bleibt: Dass er Raubtier spielt... ...also Bär, Wolf, Luchs, die wo es früher eben gegeben hat, in der heutigen Zeit ersetzt. Sonst wären da ja bald viel zu viele Tiere. Die würden die ganzen kleinen Bäume zusammenfressen, vor allem im Schutzwald und so, der wo ja die menschlichen Siedlungen und so schützen soll und die Einrichtungen. Und aus diesem Grund muss man eben als Jäger schauen, dass man den Zuwachs abschöpft... Abschöpft. Mit dem Schießgewehr. Bringt das dem Jäger eigentlich Freude? Also ich bin wirklich froh, wenn im Dezember die Schusszeit vorbei ist und ich kann mein Gewehr in Waffenschrank einistelln und brauch‘s bis in Mai net mehr angreif‘n, muss ich ehrlich sag‘n. Haben sie Skrupel beim Töten der Tiere? Im Augenblick von Schuss denk ich eigentlich eigentlich mehr an des, dass der Schuss hundertprozentig passt. Des is für mich in dem Moment des is des Wichtigste: Dass man die Kreatur so schnell und schmerzlos wia möglich erlöst quasi. Also des ist sehr zwiespältig, ist auch net immer angenehm und net immer lustig, muss ich ehrlich sagen. Ein Zwiespalt, den sie in sich tragen. Ich will net sagn, dass ich‘s gar net tuan würd‘, aber irgendwo widerstrebt‘s dir trotzdem oft wieder, dass man sagt: OK, jetzt muaßt scho wieda wos schießn. Also es ist nicht so, dass man die Lust am Töten hat oder so, also überhaupt net, genau das Gegenteil ist der Fall. Und wenn ich halt einen Hirsch oder was zehn Joar oder elf Joar bei der Fütterung hab und kenn ihn genau und wart scho jetzt jeden Herbst wieder, wann er wieder doa steht, und muss ihn dann halt erlegen, sag ich mol:. San halt so zwiespältige Gefühle.. Atmo Ansprache Pröll Jagdhornbläserkonzert im Innenhof des Wiener Rathaus. Menschen kommen in zünftiger Tracht. In Leder und Loden. Männer mit Gehrock und grünem Hut. Frauen im Dirndl. Josef Pröll spricht. Urgestein der Volkspartei. Jetzt ist er in der Wirtschaft. Und Landesjägermeister von Niederösterreich. Am Bühnenrand steht Walter, mit seinem Horn. Ein Pensionist. Und mei Hobby is‘ halt die Jagd, das Blasn. Und in die Berge, soweit man halt noch kann. Ist das irgendwie urösterreichisch? Ja. Schon ja. Und woher rührt das? Jo, des kommt scho aus der Kaiserzeiten das Ganze. Aber es sich hat sich halt so entwickelt, dass die kleinere Schicht auch dazukommt. Und eben hauptsächlich das Brauchtum ganz hoch getragen wird, des is speziell mit der Jagdhornmusik. Der Chor der Kärnter Jägerschaft schmettert noch ein paar Ständchen, besingt die Berge und Täler, öffnet Herz für die Heimat. Die Jagd. Das ist auch konservative Identität. Brauchtumspflege. Zugleich ein Stelldichein der Wichtigen aus Politik und Wirtschaft. Zur Kontaktpflege. Und Geschäftsanbahnung. Und auch eine Demonstration von Rang, Status, Macht, Reichtum. Wir haben sehr, sehr viele Sachen, wir haben... Ein paar Straßen weiter, in der kaiserlichen Burg, zeigt Matthias Pfaffenbichler, Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer, seine Schätze. Streitkolben, Lanzen, Harnische. Prunkwaffen, mit Samt überzogen, mit Elfenbein und Edelsteinen besetzt. Auch die Rüstungen der Herrscher waren nicht einfach Schutzblech. Sie gingen mit der Mode. Ganz, ganz stark. Sie sehen ja die Schnabelschuhe, die sind ja nur dazu da, elegant herumzustehen. Damit kann man schlecht gehen. Aber das betont den sozialen Status. Waren Österreichs Herrscher Waffennarren? Alle! Also gut, der Thronfolger, der Franz Ferdinand, war sicher, was die Jagd anbelangt, der Extremste. Mit über 200 000 Abschüssen. Aber auch Karl VI. war nicht schlecht. Man darf nicht vergessen: Die Jagd spielt für die Herrscher eine ganz große Rolle. Weil da ist der einzige Zeitpunkt, wo sie dem Protokoll nicht unterworfen sind. Normalerweise wird alles was sie machen, mit wem sie reden, sofort politisch gedeutet. Also wenn sie mit dem Grafen Hardeck mehr reden als mit dem Fürsten Schwarzenberg, fragt man sich: Warum? Warum mit dem? Und warum nicht mit dem Fürstenberg gerade? Oder welche Rolle spielt jetzt der Liechtenstein? Sie müssen also unheimlich aufpassen, mit wem sie reden. Das ist sehr anstrengend. Wenn sie aber auf der Jagd sind, haben sie nur ihren Büchsenspanner mit. Und sie können einfach ganz normal Mensch sein. Die Flucht vor dem Hofstaat. Entspannung im Unterholz. Und man schießt auch einfach gerne. Manchmal auf die Falschen. Karl VI war dummerweise kurzsichtig. Und bei so einer höfischen Jagd dürfte der Fürst Schwarzenberg mit einem Eber verwechselt worden sein. Und er schießt den armen Fürste n Schwarzenberg an, der drei Tage später stirbt. Das war ihm so peinlich – weil es ja irgendwie doch nicht angeht, dass man den eigenen Hofstaat ausrottet – dass er sich dann auf alle Gewehre Monokel montieren hat lassen. Zeit zu gehen. Gleich kommen die Touristen. Als Museumsmann kriegt man so einen Reflex wie ein Kerkermeister. Man muss immer alle Türen auf- und zusperren. Literatur 2 Gregor und  Pijo  hatten ihre Gewehre schon nach Jägerart umgehängt. Pijo stieß Gregor zwischen die Rippen, dieser trat einen Schritt zurück, nahm die Titovka vom Kopf und sagte ernst: „Auf der Schulter das Gewehr, den Rucksack hinten drauf, Jägerherz und Jägergewissen am rechten Fleck, Waidmannsheil und Tod dem Faschismus.“ Er machte eine militärische Kehrtwende und sie brachen wie alte Jäger auf, die in friedlichen Zeiten jagen und sich um nichts anderes als die Jagd kümmern. Rok erzählte die Geschichte von Herrschafts-Jäger Hugo und den drei aus Gorenjska kamen nach   Ferlach und erstanden die Jagdgewehre. Es waren Arbeiter aus Trži? ohne Geld, waren heimlich über die Grenze gekommen und wollten auch heimlich zurückkehren. Sie befanden sich bereits in Grenznähe und rasteten bei Trögern. Da kam ein junger Herrschaftsjäger daher und wollte wissen, was sie denn hier täten? Sie erklärten es ihm. Der Jäger aber schrie: „ Hände hoch“, griff nach der Pistole und drückte auf die nichts ahnenden Burschen ab. Zwei waren sofort tot. Der dritte schleppte sich zu Pristóvnik in Trögern, wo er an seiner schweren Verwundung starb. Die Bewohner waren aufgebracht. Sie hatten Pistolenschüsse vernommen, was bewies, dass die Arbeiter nicht geschossen hatten. Der Jäger hatte sie wie Katzen umgebracht und begrub die Opfer und errichtete ein Kreuz an diesem Unglücksort. Der Graf aber  zeichnete den Jäger mit einem besonders schönen Gewehr als Geschenk aus. Die Strafe traf ihn aber doch. Im Jahre 1942 schoss er auf Partisanen. Doch die Partisanen zielten besser. Und er fiel. Reportage 6: Ferlach – Stadt der Büchsenmacher Hintergrundstimmen, normaler Kaffee?… Der Schulleiter hat noch einen Augenblick Zeit. In zehn Minuten beginnen die Ferien. Mein Name ist Max Winkler. Ich bin der Direktor der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt Ferlach. Ein moderner Bau, viel Metall und Glas. Eine Lehrstätte für Technik, Kunst, Design in Ferlach, ganz im Süden Österreichs, knapp vor den Karawanken, der Grenze zum Balkan. In den Vitrinen im Flur bestaunt man die üblichen Gruppenfotos und Urkunden, aber auch Beschussmunition, Riesenkartuschen, Gewehrläufe, Spezialprojektile. Dazwischen eine Diplomarbeit über die Flugbahn des 9 mm Polizeigeschosses. Ferlach ist ein Nest. Es gilt als Wiege des Büchsenmacherhandwerks. Ich würde einmal sagen: Zu 99 Prozent der Büchsenmacher in Österreich und Deutschland kommen aus Ferlach. Seit vielen Jahrhunderten. Grundsätzlich es es immer so, dass die Handwerker vor 500,600,700 Jahren immer den Rohstoffen nachgezogen sind. Ferlach an den Karawanken hat auch Eisenerz gehabt. Und das Eisen war auch vom Kohlenstoff her interessant für die Büchsenmacher der damaligen Zeit. Und die sind aus Holland zu uns hergezogen, haben sich da niedergelassen. Und es hat ihnen einfach gefallen. Warum es grad in Ferlach ist? Natürlich weil hier die kuk Büchsenmacherschule war. Und der heraus entstand dann auch natürlich auch das Interesse an der Konstruktion von Waffen und damit auch an der Waffentechnik. Eine weitere Lehrkraft ist eingetreten. Hallo, mein Name ist Meyer Florian, ich bin hier Abteilungsvorstand für Waffen- und Sicherheitstechnik. Auf dem Lehrplan steht viel Handerk. Und zwei Stunden Religion. Das Waffen-Knowhow der Lehranstalt, erzählt stolz der Direktor, locke Neugierige aus aller Welt an. Unsere Schule wird besucht, also ich sag mal: politischen, militärischen und wirtschaftlichen Chefs aus Südamerika, Mittelamerika, aus dem arabischen Raum, aus den Königshäusern Europas und aus de Hochfinanz Europas Auch von russischen Oligarchen, die inzwischen angeblich die besten Kunden in Ferlach sind? Das ist die Höchstfinanz. (lacht) Sprecher Alter Film: Von Ferlach gehen jährlich Tausende Jagdgewehre in die Welt. Einfach Flinten und komplizierte Büchsen. Meistens noch in idyllischen Hauswerkstätten erzeugt, nicht in Fabriken. Etwa 120 Meister wenden ihre Kunst und ihre Liebe daran. Und jedes Gewehr hat sozusagen noch eine Seele… Der Mythos lebt weiter. Und ist bis heute einträglich. Weil Ferlach einfach ein Synonym ist für Waffen aus dem Höchstpreisbereich. Und da kann man schon sagen: So, ich bin in Ferlach ausgebildet worden, ich kenn die Ferlacher Büchse. Und deswegen verlang‘ ich nicht, 50 000 Euro, sondern 100 000 Euro. Oder 500 000. Aber es geht hier nicht nur um die traditionelle, fein gravierte Büchse mit dem Nussholzwurzelschaft. Die Techniker und Ingenieure machen knallharte Rüstungstechnik. Wir ernähren uns quasi selbst. Auf einen Seite immer neue Waffen, neue Munition, neue Wirkung. Auf der anderen Seite immer neue Panzerungen. Und man muss die System immer aufeinander anpassen. Waffe ist Waffe. aber wir schaun auch, dass die Waffe immer weniger Böses anrichtet. Wir beschießen schusssichere Westen, wir bestechen stichsichere Westen. Wir machen Glasbeschüsse. Wir machen Türbeschüsse. Und wir machen damit die Welt ein bisschen sicherer. Alter Film: Der Meister legt das Gewehr auf. Ganz ruhig ist seine Hand … Es kommen Leute her, die das Thema Waffen einfach lieben. Fragt sich, wie weit diese Liebe geht. wir sind in Kärnten, wo der Rechtspopulist Jörg Haider und seine Erben bis zum Frühjahr 2013 viele Jahre lang regierten. Die Ferlacher Schule geriet in die Schlagzeilen, weil es Ermittlungen zu Kontakten von Schülern in die rechtsextreme Szene gab. Ein Schüler soll einen Einbruch geplant und zwei angeblichen Komplizen gedroht haben, sie umzubringen, als diese aussteigen wollten. Wir reden also mit jedem Schüler, der zu uns kommt. So, warum kommst du zu uns, was willst machen, was willst werden? Und dann? Durch die Gespräche in der Zwischenzeit sind wir selber schon sensibiliert. Kommen natürlich wilde G‘schihten raus. Und dann sagen wir: Naa, der Junge ist uns zu heiß. Den werden wir ganz sicher nicht zum Waffentechniker ausbilden. Büchsenmachergesang Es gibt sie noch, die alten Büchsenmacher. Gleich um die Ecke Mit der Schwester arbeiten wir zusammen. Der Vater ist auch noch im Betrieb. Also klassischer Familienbetrieb. Patrick Fanzoy, Büchsenmacher und Betriebswirt, verkörpert die neunte Generation der Firma Johann Fanzoy – Jagdgewehre seit 1790. Und die Stückzahlen sind eben gesunken. Und dafür halt die Ausführungen immer edler und, ja, immer mehr Sondersachen drauf verpackt. Prachtstücke für die Reichsten. Noch edler als einst für den Kaiser. Gewehre, sagt Patrick Fanzoy, seien heute wie Maßanzüge. Vor 20 Jahren hat der Vater noch 100 Gewehre im Jahr produziert. Jetzt schaffen sie grade mal 30. Es ist so unglaublich viel Feinarbeit. Nee, Obergrenzen gibt es eigentlich nie. Kommt drauf an, was der alles drauf verpackt haben will. Edelsteine, welche Koffer, welches Leder beim Koffer, welche Gravurarten, Goldeinlagen… Also des ist relativ frei, sog I mol. Lieferzeit? Bis drei Jahre. Also, kommt aufs Projekt drauf an. Früher gab es viele deutsche Kunden. Heute lebt die Kundschaft anderswo. Hauptsächlich im Osten. Also Russland geht sehr gut. Und die Nachbarländer halt. Die Websites der letzten Ferlacher Luxusbüchsenmacher sind längst auch auf Russisch verfügbar. Alter Film: Und dann ist es so weit. Auf dem Schießstand muss das Gewehr..... Es ist vor allem Konzentration. weil, sollte man etwas maßhaltig daneben sein, kann man wieder von vorne anfangen. Und wenn man schon mehrere Stunden oder Tage daran gearbeitet hat, ist das halt sehr ärgerlich Eine Werkstatt am Rande von Ferlach. Werkbänke, ein Holzhofen. Wenige Maschine, aber viel Werkzeug, Hämmer, Schraubenschlüssel, Unmengen von Feilen. Ein junger Büchsenmacher arbeitet am Seitenschloss einer Doppelbüchse, System Holland und Holland, für Büffel und Elefant gedacht. Sehr aufwändig sagt er. So eine Waffe besteht aus 110 bis 150 Teilen. Ja, ich bin der Christian Hausmann, komm ursprünglich aus der Nähe von Köln und bin 2000 nach Ferlach gekommen, hab die Schule gemacht, fünf Jahre lang, hab danach fünf Jahre lang in einer Werkstatt gearbeitet, als Büchsenmacher, hab da den Meister gemacht und bin seit zweieinhalb Jahren mit meinen beiden Kollegen in einer gleichberechtigten GmbH selbständig. Mein Name ist Florian Mutenthaler, ich bin ebenfalls bei der Firma Hausmann & Co beteiligt und bin auch seit zwölf Jahren hier in Ferlach. Komme ursprünglich aus Krems, aus Niederösterreich. Und ich bin der dritte im Bunde. Mein Name ist Georg Helm. Ich bin der Graveur im Unternehmen. Ich bin auch gebürtiger Niederösterreicher, aus der Nähe von Wien und seit 2001 in Ferlach. Ein Startup. Drei Schulfreunde, die es gewagt haben. 29, 26 und 31 Jahre alt. Der erste Eindruck war schon ein kleiner Schock. Man kommt sich, also wenn man die Asterix&Obelix Hefte kennt, dann kommt man sich sich so ein bisserl so vor, als ob man grad in dieses Dorf reinmarschiert. Es ist schon ein bisschen anders und sehr speziell. Und inzwischen funktioniere die Firma, sagen sie. Die ersten zwei Jahre waren hart. Ferlach hatte vor, sagen wir, 20 Jahren über 30 Büchsenmacherbetriebe. Jetzt haben wir noch zehn. Und die mussten alle den Wandel von der Massenware zur Luxuswaffe schaffen. Sie fuhren auf Messen. Wir wurden oft belächelt. und auch oder links liegengelassen. Und hatten ein paar Modelle parat, um zu zeigen, was sie können. Sogenannte Flagship guns, wo wir einfach unseren Geschmack komplett einfließen lassen, um den Kunden einfach zu zeigen: Was ist möglich, was ist unser Stil… Der Plan von Hausmann & Co: Runde, leichte, gefällige Waffen zu bauen. Edel, elegant. Und natürlich teuer. Da sind jetzt auf der Waffe ungefähr tausend Arbeitsstunden insgesamt drauf. Das kostet so viel wie ein Oberklassewagen. Aber wenn man das mal auf die Stunden umrechnet, sind wir relativ normale Handwerker. Aus der Musterwaffe ist eine ganze Familie geworden. Und mit dieser Variante killt man sich nicht jedes Mal den lackierten Fingernagel. Muss man auch dran denken. Die Kundschaft ist reich. Was für Wünsche äußern solche Kunden? Naja, da kommt von der Gravur der Frau aufs Gewehr über das Haus als Gravur kommt eigentlich eigentlich da alles. Das sind Leute, die schon alles zuhause haben. Schönes Haus, schönes Auto. und die können sich auch vieles oder alles leisten. Und die Träume die die haben, soll man erfüllen. Fürsten, Flinten, Füsiliere. Das waren „Gesichter Europas“ über Waffen in Österreich. Eine Sendung von Tom Schimmeck. Das Gedicht „Schützen“ von Georg Paul Michel entnahmen wir dem Band “Europa erlesen: Südtirol“. “Gämsen auf der Lawine“ von Karel Prušnik Gašper erscheint in diesem Herbst im Klagenfurter Wieser Verlag, beide Texte wurden vom Verleger Lojze Wieser gelesen. Die Redaktion hatte Katrin Michaelsen. Sie hörten eine Wiederholung aus dem Jahr 2013. 36