Glühend verehrt, schmerzlich entzaubert Eine Lange Nacht über Vorbilder in der Musik Autorin: Sylvia Systermans Regie: Burkhard Reinartz Redaktion: Dr. Monika Künzel SprecherInnen: Nicole Engeln Nicola Gründel Matthias Ponnier Tom Jacobs Sendetermine: 21. April 2018 Deutschlandfunk Kultur 21./22. April 2018 Deutschlandfunk __________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde Musik: Tanja Tetzlaff, Violine. Barcarola aus Suite für Violoncello solo op.87 von Benjamin Britten (Archiv: 6051011 CD2, Track 8) 2'10" 1. O-Ton Tetzlaff Große Vorbilder sind für mich Leute, die einfach in dem Moment, wo sie sich hinstellen, mit dem ganzen Körper und mit allem sagen, ich stehe hinter dem, was ich mache und was ich aussagen möchte und nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch. 2. O-Ton Stockhausen Mein Vater war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Aber es gab in seinem Charakter Mängel, die ich schon früh spürte, wo ich dachte, da konnte er mir nicht Vorbild sein, da habe ich einfach anders gefühlt. Ich wollte nicht nur, weil ich Stockhausen heiße, seine Stücke spielen, sondern ich wollte als Trompeter gut sein. Ich wollte es einfach wissen, wie gut muss man sein, um dieser Welt zu genügen. 3. O-Ton Widmann Es gab einen richtigen Schlüsselmoment, wo ich wirklich dachte, ich hör einfach auf mit Geige, das war in Paris bei einem Meisterkurs. Mit meiner Lehrerin haben ganz viele andere Geiger dagesessen. Ich hatte fünf, sechs Stücke vorbereitet und sie sagte, sie möchte gerne Paganini fünfte Caprice hören. Ich habe die jetzt seit einem halben Jahr nicht gespielt, dann habe ich mich irgendwie durchgekämpft und sie hat sich totgelacht, sich eine Zigarette angesteckt und gesagt: Nee, also, dann kann es ja nichts werden. 4. O-Ton Richter Meine Eltern haben immer gesagt, dass es ihnen einfach darum geht, dass wir glücklich sind und ob das nun mit der Musik oder mit etwas anderem passiert, ist zweitrangig. Aber natürlich, wenn man das immer so mitbekommen hat, dann hat man einfach auch eine Freude daran. Sprecherin Sie faszinieren uns als Persönlichkeit und überzeugen als Meister ihres Fachs. Sie sind Projektionsfläche für unser Selbst und starke Gefährten auf dem Weg zur eigenen Profession. Sie fördern und fordern, stärken und motivieren. Unnachgiebig streng oder spielerisch liebevoll: Vorbilder. "Jemand muss uns tief berühren, damit er für uns zum Vorbild wird. Das sind keine bewussten Entscheidungen, die wir da treffen", sagt die Bratschistin Monika Henschel. Sie war noch ein Kind, als der Dirigent Sergiu Celibidache für zwei Jahre ins Haus der Henschels zog. "Mit ihm kam ein Vorbild in unsere Familie, dem man sich gar nicht entziehen konnte." Auch die Cellistin Tanja Tetzlaff und die Geigerin Carolin Widmann, die Sängerin Anna Lucia Richter und die Trompeter Markus Stockhausen und Manfred Schoof erinnern sich an Vorbilder, die für sie prägend waren. Sie erzählen in dieser Langen Nacht Geschichten von älteren Brüdern und berühmten Vätern, charismatischen Lehrerinnen und überragenden Künstlern, von gelungenen Beziehungen und schmerzhaften Trennungen. Musik: Carolin Widmann, Violine aus: Konzert für Violine und Orchester KV 216 von W.A. Mozart 5. O-Ton Widmann Ich erinnere mich an ein Mädchen, die hatte beim gleichen Lehrer Unterricht wie ich und die konnte wunderbar Mozart-Konzert spielen damals. Sie war mir ein Vorbild auch noch viele Jahre, weil die hatte meines Erachtens das, was ich dachte, das ich nicht hätte. Nämlich sie konnte unglaublich fein spielen, jeder Ton war wie eine Perle auf der Perlenkette aufgereiht, sie konnte so sauber spielen, so unglaublich rein, ich habe dieses Mädchen richtig vor mir, dieses fast puppenartige Gesicht und lange Haare, die glänzten. Musik: Carolin Widmann aus: Konzert für Violine und Orchester KV 216 von W.A. Mozart Sprecherin Carolin Widmann. Geigerin. Geboren 1976 in München. Eine der profiliertesten Interpretinnen zeitgenössischer Musik, die es liebt, wenn in der Musik von Rihm bis Sciarrino "alles pfeift und rauscht". Die mit ebensolcher Hingabe Schumann, Brahms und Beethoven spielt. Oder zur Barockgeige greift und Mozarts Violinkonzert von der Geige aus leitet. Zuallererst erkundete Carolin Widmann Musik mit ihrem Bruder, dem Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann. Mit ihm spielte sie als Kind mit Stofftieren die "Zauberflöte" nach, besuchte Konzerte von Miles Davis und war die erste, die seine frühen Violinwerke aufführte. Heute konzertiert Carolin Widmann weltweit als Solistin und Kammermusikerin und ist Professorin an der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig. Sie hat es geschafft. Durch 10.000 Übestunden hindurch, die man braucht, um ein Instrument zu beherrschen, durch Höhenflüge gewonnener Wettbewerbe und jähe Abstürze nicht enden wollender Selbstzweifel. Eine Perfektionistin, deren Blick auf Vorbilder das eigene Können mitunter verblassen ließ und die sich selbst zu Höchstleistungen antrieb. Mit Härte und Disziplin. 6. O-Ton Widmann Ich hatte zwar Temperament und ich kann schon draufgängerisch spielen, aber wenn es darum geht wirklich mal was perfekt abzuliefern, das konnte ich nicht. Wenn ich dann bei "Jugend musiziert" ein bisschen aufgeregt war, dann gingen halt zwei Töne daneben, und das passierte bei ihr niemals. Ich weiß noch, wie sie einmal dieses Mozart-Konzert, von dem ich heute noch spreche, gespielt hat und habe wirklich geweint danach, weil ich dachte, das werde ich nie können, und wenn ich das schon nicht kann, wie soll ich denn überhaupt irgendwas probieren im Leben. Ich werde es nie schaffen, ein Stück mal ohne die sogenannten Schmutzflecken, wie mein Lehrer das damals dann ausdrückte, vorzuspielen. Aber der hat mich angetrieben, genau durch diese Härte. Der war wirklich fast brutal zu Kindern. Der hat mit der Stoppuhr gestoppt, wer wie schnell Paganini moto perpetuo spielen kann und wer 2 Sekunden schneller war, hat die Schokolade bekommen. Das war der gleiche Lehrer, der zu mir damals gesagt hatte als ich neun Jahre alt war, ich würde dich niemals nehmen wegen deinem Geige spielen, aber du hast schöne rote Haare. Ich weiß noch genau, wie meine Mutter gesagt hat, bist du dir sicher, dass du das willst und ich sagte, ich will genau das, weil ich wusste, dass ich das brauche um weiterzukommen. Das wusste ich im zarten Alter von Neun. Sprecherin Ehrgeiz und Disziplin. Carolin Widmann lernte früh, dass beides so wichtig war wie flinke Finger und Musikalität, wenn sie werden wollte, wozu sie sich berufen fühlte: Geigerin. Der zynische Spruch ihres Lehrers schien da nur ein weiterer Antrieb um zu beweisen, dass die schönsten roten Haare vergessen sind, sobald der erste Ton durch den Raum schwebt. Musik: Moto perpetuo von Paganini Sprecherin Zuckerbrot und Peitsche. Pädagogische Prinzipien, die heute kontrovers diskutiert werden, waren im 19. Jahrhundert an der Tagesordnung. Unter ihnen litt ausgerechnet jener Geiger, an dessen Virtuosenstücke bis heute Geiger gemessen werden und die zum technisch schwersten gehören, was für die Geige geschrieben wurde. Der als Kind in Genua von seinem Vater zu stundenlangem Üben gezwungen wurde und der nichts zu essen bekam, wenn der Vater mit den Fortschritten seines Sprösslings nicht zufrieden war. Niccolò Paganini. Musik: Moto perpetuo von Paganini Sprecherin Als Paganini 1828 zum ersten Mal zu Konzertreisen außerhalb Italiens aufbrach, eilte ihm der Ruf eines dämonischen Künstlers voraus, der mit dem Teufel im Bunde steht. Sein von Syphilis, Tuberkulose und Quecksilberbehandlungen ausgezehrter Körper, strähnig zerzaustes Haar und ein zahnloser, von Knochennekrose eingefallener Mund ließen den Mittvierziger älter wirken als er war. Fraglos bot Paganini die perfekte Projektionsfläche für dunkle Fantasien und hartnäckige Gerüchte, etwa dem, die Saiten seiner Geige seien mit den Gedärmen einer ermordeten Geliebten umsponnen. Heinrich Heine hat die auffällige Erscheinung des Virtuosen nach einem Konzert in Hamburg 1830 mit sarkastisch fasziniertem Tonfall beschrieben. Zitator 1 (Zitat Heinrich Heine) "Endlich aber, auf der Bühne, kam eine dunkle Gestalt zum Vorschein, die der Unterwelt entstiegen zu sein schien. Das war Paganini in seiner schwarzen Gala. Der schwarze Frack und die schwarze Weste von einem entsetzlichen Zuschnitt, wie er vielleicht am Hofe Proserpinens von der höllischen Etikette vorgeschrieben ist. Die schwarzen Hosen ängstlich schlotternd um die dünnen Beine. Die langen Arme schienen noch verlängert, indem er in der einen Hand die Violine und in der anderen den Bogen gesenkt hielt und damit fast die Erde berührte, als er vor dem Publikum seine unerhörten Verbeugungen auskramte. In den eckigen Krümmungen seines Leibes lag eine schauerliche Hölzernheit und zugleich etwas närrisch Tierisches, dass uns bei diesen Verbeugungen eine sonderbare Lachlust anwandeln musste; aber sein Gesicht, das durch die grelle Orchesterbeleuchtung noch leichenartig weißer erschien, hatte alsdann so etwas Flehendes, so etwas blödsinnig Demütiges, dass ein grauenhaftes Mitleid unsere Lachlust niederdrückte. Ist dieser bittende Blick der eines Todkranken, oder lauert dahinter der Spott eines schlauen Geizhalses? Ist das ein Lebender der im Verscheiden begriffen ist und der das Publikum in der Kunstarena, wie ein sterbender Fechter, mit seinen Zuckungen ergötzen soll? Oder ist es ein Toter, der aus dem Grabe gestiegen, ein Vampir mit der Violine, der uns, wo nicht das Blut aus dem Herzen, doch auf jeden Fall das Geld aus den Taschen saugt? Solche Fragen kreuzten sich in unseren Köpfen; aber alle dergleichen Gedanken mussten stracks verstummen, als der wunderbare Meister seine Violine ans Kinn setzte und zu spielen begann." Musik: Leonid Cogan, Violine. "Cantabile" von Paganini Sprecherin Virtuosität und Seelenzauber - mit seiner Persönlichkeit und seinem ekstatischen Spiel war Paganini Vorbild vieler Zeitgenossen. Allen voran für Franz Liszt, dem Paganini des Klaviers, der den Geiger bei einem Konzert in Paris erlebt hatte und sich mitreißen ließ vom Strudel der Paganini-Euphorie. Für Carolin Widmann war und ist Virtuosität nie Selbstzweck, sondern probates Mittel, mit dem sie auch emotionale Tiefenschichten der Musik ergründet. Ihr einflussreichstes Vorbild war nicht Paganini, sondern die französische Geigerin Michèle Auclair. Jahrgang 1924. 7. O-Ton Widmann Ich ging direkt nach dem Abitur mit Achtzehn nach Paris um mit ihr zu studieren und dabei muss ich sagen, wenn sie in Sibirien gewesen, wäre ich auch dorthin gegangen. Das war eine unglaublich faszinierende Person, die wirklich gesagt hat, was sie denkt, ein unglaublich politischer Mensch. Sie war verheiratet mit einem Widerstandskämpfer im dritten Reich in Frankreich und sie war eine Interpretin, die großartig war. Sie musste mit 34 aufhören zu spielen, weil sie sich die Schulter gebrochen hatte bei einem Autounfall. Aber davor war sie eine gestandene Solistin. Sie hatte in ihrem Unterrichtsstil eine unglaubliche unerbittlicher Strenge und Härte, die mich aber wirklich angetrieben hat zu Höchstleistungen. Es gab auch immer wieder Momente, wo es mich fast gebrochen hätte, weil ich auch das Gefühl hatte, vielleicht denkt sie auch, das hat keinen Sinn mit mir. Das hat sie mir vielleicht zu wenig vermittelt nach den heutigen Standards der Pädagogik, dass sie an mich glaubt. Sie hatte zum Beispiel nach sehr guten Konzerten mich richtig in die Mangel genommen, das ist nicht gut, das ist nicht gut. Das war jetzt ein Erfolg, weil die Leute das gar nicht kapieren, dass du das nicht kannst. Daran musst du arbeiten und ich werde die Letzte sein, die dir das sagt. Nach mir wird dich keiner mehr so kritisieren, wie ich das tue. Sie hat recht behalten. Ich weiß gar nicht, ob das ein Vor- oder Nachteil ist, aber es hat sich auch verinnerlicht, also, ich bin so ein großer Kritiker von mir selber. Der Vorteil ist natürlich, dass man immer weitersucht, immer weiterarbeitet, immer. Aber der große Nachteil ist natürlich, dass dieser Zweifel einen manchmal fast auffrisst. Musik: Carolin Widmann, Violine. Aus: "anthèmes" von Pierre Boulez. Archiv: 6501220. Track 1 Sprecherin Ob uns Vorbilder fördern oder schaden - immer sind wir es selbst, die wir uns unsere Vorbilder suchen. Wir entscheiden, an wem wir uns orientieren. Ein aktiver, wenn auch oft unbewusster Prozess. Folgen wir Vorbildern blind, stilisieren wir sie zum Ideal, laufen wir Gefahr, uns selbst zu verlieren, statt uns zu finden. Wie leidvoll ein solcher Weg sein kann, hat die Geigerin Midori 2004 in ihrer Autobiografie beschrieben. Musik: Midori, Violine/Robert McDonald, Klavier. "The Dancing Doll von Ede Poldini (Archiv: 6053617, Track 10) Oder "Pression" von Helmut Lachenmann Zitatorin (Literatur "Einfach Midori" - eine Autobiografie. Henschel-Verlag 2004) Bevor ich mir richtig darüber klarwerden konnte, war das Üben für mich schon zu einer ernst zu nehmenden Aufgabe geworden, die großes Verantwortungsgefühl erforderte. Mit reinem Freizeitspaß hatte das sehr rasch nichts mehr zu tun. Meine Mutter gehörte zu jenen Lehrern, die nie zufrieden sind. Nie sprach sie ein Lob aus, doch ich wusste auch so, wann ich gut genug gespielt hatte. Manchmal wählte sie gleiche mehrere Passagen aus, die ich eine nach der anderen spielen musste, immer und immer wieder. Wenn eine Stelle besonders schwierig war oder ich sie einfach nicht knacken konnte, musste ich sei bis zu zehn Mal wiederholen, bevor ich etwas anderes spielen durfte. Diese Praxis behielt ich bei, wenn ich für mich allein übte. Egal, ob meine Mutter dabei war oder nicht, irgendwann hatte ich die Anwesenheit einer Person, die über meine Disziplin wachte, sozusagen verinnerlicht. Mein "innerer Aufpasser" machte sich auch bemerkbar, wenn ich nicht genug geübt hatte. Erst wenn ich fast den ganzen Tag über nichts anderes gemacht hatte, war "er" zufrieden mit mir. Aber wehe, wenn nicht! Allmählich betrachtete ich alles, was mich vom Üben abhielt, als Störung. Und ständig sagte die Stimme: "Midori, geh üben! Jede Minute, die du nicht übst, ist eine verschwendete Minute." // Ich übte jeden Tag. // Aber so sehr ich mich auch anstrengte, am Ende des Tages war nie genug Zeit da gewesen, um richtig zu üben. Mein innerer Aufpasser sorgte mittlerweile ständig dafür, dass ich ein schlechtes Gewissen hatte. Oft weinte ich mich vor Scham in den Schlaf. Egal, wie viel ich übte, das Ergebnis war immer gleich unbefriedigend. Musik: Midori / Anna Lucia Richter, Sopran/Michael Gees, Klavier "How sweet the answer" von Benjamin Britten 8. O-Ton Richter Das allererste Vorbild, bevor ich das überhaupt wissen konnte, war wahrscheinlich meine Mutter. Denn als sie mit mir schwanger war, hat sie als Sängerin noch sehr viel konzertiert, und ich habe schon in ihrem Bauch Musik gehört und sie singen gehört, also sozusagen nicht nur, dass meine Mutter sowieso meine erste Lehrerin war und mich ab meinem neunten Lebensjahr unterrichtet hat, ich habe quasi schon im Mutterleib Gesangsunterricht durch sie bekommen und Musik wahrgenommen. Sprecherin Anna Lucia Richter. Sopranistin. Geboren 1990 in Köln. Die Mutter: Sängerin. Der Vater: Geiger im Gürzenich-Orchester Köln. Der Großvater: ein musikalischer Allrounder, der außer Klavier hervorragend Trompete spielte und als Tenor in Bach- Passionen sang. Die Großmutter: Bratschistin. Der Onkel: Cellist. Die Tante: Flötistin. Der Bruder: Kontrabassist. Der Urgroßvater: Generalmusikdirektor in Bonn und Gründer der Bonner Bach-Gemeinschaft. 9. O-Ton Richter Es war nie ein Zwang dahinter, sondern einfach ganz viel Freude. Wenn mein Vater sich sonntags ans Klavier gesetzt hat, war mein Lieblingsort unter dem Flügel auf dem weichen Teppich zu liegen mit Blick nach oben und quasi den Resonanzboden zu betrachten oder seine Füße, wie die Pedale sich bewegen. Das sind ganz, ganz frühe Erinnerungen. Mein Großvater war immer so ein Spielkind, der hat einfach sich oft ans Klavier gesetzt und los gespielt, was ihm gerade in den Kopf kam. Er hat einfach Lieder, die ich ihm vorgesungen habe, ad hoc begleitet oder plötzlich in ganz andere Epochen bewegt. Dann war ein Lied plötzlich Mozart-begleitet oder schuberthaft oder was auch immer. Musik: Anna Lucia Richter (Improvisation mit Michael Gees) Sprecherin Anna Lucia Richter ist in einer behüteten Umgebung aufgewachsen, der Zugang zur Musik war spielerisch, ihre ersten Vorbilder warmherzig und wohlmeinend. Prägend war der Unterricht der Mutter, Sängerin am Kölner Dom-Chor und zuständig für die Stimmbildung am berühmten Mädchenchor am Kölner Dom. Bunte Kringel aus dem Handgelenk auf Packpapier malen, mit Zeitungspapier rascheln und in lange Streifen reißen, mit dem Becken kreisen, Geschichten lauschen. Mit allen Sinnen erkundete Anna Lucia Richter als Kind in den Unterrichtsstunden der Mutter Körper und Stimme. 10. O-Ton Richter Weil wir haben nun mal unser Instrument im Körper und dieses Instrument kann nur wachsen und gedeihen und funktionieren, wenn wir wissen wie unser Körper tickt. Und da hat sie mit ganz, ganz fantasievollen Mitteln auch durch ihren damaligen Lehrer Kurt Widmer Möglichkeiten entwickelt, mit Malen und Tanzen und Puppenspiel in die Musik rein zu wachsen und so, dass es so spielerisch war, dass man eigentlich gar nicht mitbekommen hat, dass man da gerade was gelernt hat und es sich dann aber so in den Körper manifestiert und übertragen hat, das es eben geblieben ist, wenn man dann stillstehen musste letztlich auf der Bühne. Das war eine ganz, ganz gute Grundlage, die ich bei ihr lernen konnte, weil diese spielerische Seite daran, diese Lebensfreude, die das trägt, der Musik wahnsinnig hilfreich ist. Eine Musikalität auszubilden, die den Gesang unterstützt und fördert, das hat meine Mutter wirklich ganz, ganz toll raus, wie man das machen kann und sollte ich irgendwann mal unterrichten, werde ich sie ganz sicher als eines meiner größten Vorbilder nehmen und sie mit Sicherheit noch tausend Dinge fragen, weil sie da einen Weg gefunden hat, den ich sehr vernünftig finde. Sprecherin Mit 16 Jahren tritt Anna Lucia Richter aus dem Mädchenchor aus, macht die Aufnahmeprüfung als Jungstudentin an der Musikhochschule in Köln, studiert parallel zum Abitur bei Klesie Kelly und Kurt Widmer. Zwei wichtige Bezugspersonen in einer Zeit, in der sich Anna Lucia Richter allmählich von der Mutter abnabelt. Zum zentralen Vorbild wird dann schon bald eine Sängerin, die Anna Lucia Richter persönlich nicht mehr kennenlernen kann. Die US-amerikanische Sängerin Arleen Augér. Verstorben 1993 mit 54 Jahren. Musik: Arleen Augér, Sopran / Lambert Orkis, Klavier "Auf dem Wasser zu singen" von Franz Schubert. Archiv 6006026 Track 20. Oder Arleen Augér, Sopran/ 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker "Danca" aus: Bachianas Brasileiras Nr.5 von Heitor Villa-Lobos. Archiv 6504059 Track 2. 11. O-Ton Richter Eine der größten Sopranistinnen, Konzert- und Opernsängerinnen, die es gab, finde ich. Sie war, ich glaube, sieben Jahre fest an der Wiener Staatsoper und hat sich dann verabschiedet von der Oper, weil sie gesagt hat, dass sie nur dann Oper singen möchte, wenn die richtigen Sänger die richtigen Partien singen können, und wenn genügend Proben da sind, dass das Orchester eben auch die Sänger tragen kann und das hat sie damals in Wien offenbar nicht genügend gefunden. Das ist ein irrsinniger Mut, der dazugehört, ein wahnsinniger Sprung in die Freiberuflichkeit. Diesen Sprung hat sie fantastisch gemeistert, sie ist dann zu einer der tollsten Bach-Sängerinnen geworden mit Rilling und hat dann später noch eine zweite große Karriere in Amerika aufgebaut, wo sie ursprünglich herkommt. Und diese ganz klare Art zu denken und diese Entscheidungen zu treffen, die dann durchzuziehen und zu formulieren, da kann man gerade als junger Sänger sehr viel von lernen. Augér war eine unglaublich disziplinierte Person, sie hat immer an ihrer Technik gearbeitet, aber eben ganz genau gewusst, wo mangelt es sozusagen an Arbeit, die ich erbringen kann und wohin kann ich nicht kommen, weil das nun mal nicht meine Stimme ist. Es geht um Perfektion, das ist schon klar. Aber man muss ganz genau sehen, wo ist der Punkt, dass Charme verloren geht. Da hat Arleen Augér einen ganz tollen Weg gefunden, sie hatte eine perfekte Technik und eine wunderschöne Stimme, aber sie ist menschlich geblieben und sie hat sich das auch von niemandem verbieten lassen menschlich zu sein und sich eben nicht verbiegen lassen, das finde ich ganz besonders. Musik: Philippe Jaroussky, Countertenor. "Tutti nemici, e rei" aus Adriano in Siria von J.Chr. Bach Archiv: 6500751 Track 7 Zitatorin (Literatur "Der Virtuose" von Margriet de Moor) Es heißt, die Schöpfung sei zu groß für die Menschen, zu groß und zu düster, und deswegen, aus ebendiesem Grund, habe man die Sprache erfunden. Sprache, Worte, und ganz am Ende der Worte die Musik. Gottes Schöpfung, aufgelöst in einem berauschenden Trank menschlicher Mixtur. Gasparo begann seine Arie hoch. Der weiche, lang angehaltene und immer stärker anschwellende Ton war mindestens ein zweigestrichenes Fis. Ich lauschte, ohne an etwas Besonderes zu denken. Gasparo sang einen Text, den jeder kannte. Alessandro bricht mit seiner Armee nach Indien auf. Dort besiegt er den überaus edlen Poro. Poros verzweifelte Geliebte versucht, Alessandro gnädig zu stimmen. Sie führt die schönsten Gespräche mit ihm. Schließlich erhält Poro sein Land, die Freundin und die Freiheit zurück. Können wir über diese Intrige weinen? Darüber entscheidet der Sänger. Wir wollen, dass sich die Leidenschaft in den höchsten Tönen ausdrückt, in den höchsten Tönen und äußerst virtuos. Wir wollen eine kunstvoll gestaltete Ekstase. Dann können wir weinen; nicht über die Geschichte, sondern über uns selbst. // Er war fast am Ende seiner Arie angelangt. Das Orchester schwieg. Der Sänger setzte zu seiner Kadenz an. Ohne erkennbare Anstrengung und ohne auch nur ein Stocken seiner Lungen produzierte er - mit diesem indischen Garten hinter sich und einem roten Himmel über sich - eine Dreiklangreihe von ungestümer Kraft und Rasanz, die er dann in eine derart halsbrecherische Folge gehämmerter Triolen übergehen ließ, dass das Publikum vor lauter aufgestauter Liebe es nicht mehr aushielt. Noch bevor die Glanzleistung vollbracht war, setzten die Jubelschreie ein. "Gasparino. Wir lieben dich! Wir lieben deine Kehle und deinen Mund!" Musik: Philippe Jaroussky, Countertenor Sprecherin Es ist nicht allein das bebende Vibrato einer Stimme oder die seelenvolle Kantilene eines Cellos, die uns bewegen, nicht allein der Erfindungsreichtum einer Melodie, ihr rhythmischer Puls, ihr wiegendes Tempo, sondern ihr Klang. Einer, der sich darauf verstand wie kein Zweiter, war Antonio Stradivari. Seine Geigen, Bratschen und Celli aus der kleinen Werkstatt in Cremona waren und sind Vorbild für Generationen von Geigenbauern weltweit. Sie wurden schon chemisch analysiert, in Teilchenbeschleunigern durchleuchtet, von Computern vermessen, um dem Geheimnis ihres Klangs auf die Spur zu kommen. Eines des berühmtesten Celli von Stradivari: "Mara". Wolf Wondratschek hat die bewegte Geschichte des Instruments erzählt. Oder besser, von Mara selbst erzählen lassen. Es ist das Jahr 1954. "Mara" ist im Besitz eines Cellisten aus Italien, Amadeo Baldovino. Er ist auf Tournee in Südamerika. Ein Flug von Montevideo nach Buenos Aires wird abgesagt. Die Stadt liegt in dichtem Nebel. Um weiterzukommen, steigt Amadeo Baldovino auf eine Fähre, die am nächsten Morgen Buenos Aires erreichen soll. Musik: Heinrich Schiff, Violoncello (Satz aus Cello Suiten von J.S. Bach) Zitator 1 (Literatur "Mara" von Wolf Wondratschek, Hanser Verlag 2003) Baldovino starte an die Decke. Die Augen zu schließen, getraute er sich noch nicht. Aber was änderte das? Auch mit offenen Augen sah er keine Hoffnung, wohlbehalten anzukommen, nicht auf diesem Schiff. Er stellte sich das Wasser vor, auf dem sie trieben. Wo fing dieser dunkle, träge, fast stillstehende Fluss an, wo hörte er auf? Das war gar kein Fluss mehr, sondern ein Grab zur Gespensterstunde. // Er streife im Liegen die Schuhe ab und knipste das Licht aus. Gleichzeitig klopfte es an der Tür. Einige Jungs der Mannschaft liefen durch die Gänge und teilten jedem, der seinen Kopf aus der Tür steckte mit, sich an Deck zu begeben. Was ist los? Geht das Schiff unter? Nicht alle, die nach oben stürmten, waren schon wach oder angezogen. Und es dauerte, bis sie ihre Lage begriffen. Dann aber stürzten sie zu den Rettungsboten, rissen sie aus ihrer Verankerung, warfen sie über Bord und sprangen hinterher. // Ich rutschte über Bord, trieb vom brennenden, sich aufbäumenden und dann im Rio de la Plata, diesem Giganten unter den Strömen der Erde, schnell und lautlos absaufenden Schiff fort. // Es gurgelte ein bisschen, als uns das Gewicht des in den Kasten eindringenden Wassers langsam nach unten drückte. // Ich war, glaub ich, sehr bald irgendwie weg, wie weggetreten, nicht mehr der Gegenstand, der ich sonst bin. // Als wieder Tag war, hatte uns die Strömung ans Ufer gespült. Da lagen wir, ich ein zerfallenes Gerippe, der Kasten aufgeweicht. // Ich war kein Cello mehr, kein Instrument, keine Mara mehr, sondern nur noch ein Haufen Kleinholz, schmutzig, verdreckt, durch und durch triefend. // Drei, vier Wochen hat es gedauert, bis die ganze verdammte Salzbrühe verdampft und das Holz wieder einigermaßen trocken war. // Neun Monate oder, genauer gesagt, alles in allem siebenhundert Arbeitsstunden dauerte die Notoperation, die dann doch nicht in New York, sondern in London bei den Hills, wo sonst, stattfand. Jedenfalls wachte ich dort wieder auf, mit Paraffin gepolstert, eingepackt in kleine Säckchen mit heißem Sand. // Was soll ich noch sagen? // Ich landete wieder in London, lag wieder im Safe - und war wieder käuflich. Vier Millionen und ein paar Zerquetschte, was soll's. Was sich ein wohlhabender deutscher Fabrikant nach einer Nacht des Nachdenkens dann auch sagte - und das Sümmchen hinblätterte. // Nein, selbst wollte er nicht wieder ernsthaft mit dem Cellospielen beginnen, nicht bei der knappen Zeit, die ihm seine Geschäfte ließen. Aber er war schon lange von einem fasziniert, der es konnte, sehr gut sogar. Ein Österreicher. // Wie er heißt, mein Österreicher? Lachen Sie nicht. Schiff. Ja, wirklich. Schiff, Heinrich Schiff, und das mir, bei meiner Vergangenheit. Das hat mir noch gefehlt. Aber dem Humor kann ich, mal sehen, sicher etwas abgewinnen. Musik: Heinrich Schiff, Violoncello (Satz aus Cello Suiten von J.S. Bach) 12. O-Ton Tetzlaff Heinrich Schiff war für mich musikalisch gesehen und als Cellist ein riesiges Vorbild und sogar auch im Leben. So diese unbändige Lebensfreude, das war für mich ein Vorbild, und gleichzeitig habe ich aber auch die Schattenseiten natürlich schon gesehen. Sprecherin Tanja Tetzlaff. Geboren Anfang 1970 in Hamburg. Die ältere Schwester: Flötistin. Ein älterer Bruder: Dirigent. Ein weiterer Bruder: der Geiger Christian Tetzlaff. Von ihm wird noch die Rede sein. Tanja Tetzlaff ist 17 Jahre alt, als sie die Möglichkeit bekommt, Heinrich Schiff vorzuspielen. Den großen Cellovirtuosen, der auf dem sagenumwobenen "Mara" von Stradivari und "Sleeping Beauty" von Montagnana spielte, kannte sie aus seiner Zusammenarbeit mit ihrem Bruder Christian. In den 1980er und 1990er Jahren gehörte Heinrich Schiff zu den wenigen Stars am Cello, die Konzerthallen füllten. Noch vor dem Boom zur Jahrtausendwende, als der Markt mit herausragenden Cellisten geradezu geflutet wurde. Mit seinen roten Cellokästen, dem weißen Porsche und einem exzentrischen Lebensstil umgab Heinrich Schiff ein gewisser Starkult. Mit größter Ernsthaftigkeit fühlte er sich Werk und Willen der Komponisten verpflichtet und engagierte sich intensiv als Lehrer und Mentor für seine Schüler. 13. O-Ton Tetzlaff Ich bin dahin gekommen und war voller Verehrung, weil, ich kannte natürlich seine Aufnahmen und er war sowieso eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Also, ich war einfach ganz schüchtern damals noch und ordentlich aufgeregt, wenn ich ihm vorgespielt habe und am Anfang, da bin ich wirklich dann immer für die Wochenenden, weil ich noch Schule hatte, runtergefahren nach Salzburg. Das war sehr, sehr anstrengend, aber unglaublich intensiv und das ist sowieso das Schlagwort für den Unterricht. Er war wahnsinnig konzentriert, wenn man anderthalb Stunden Unterricht hatte, ging das anderthalb Stunden hochkonzentriert zu und von beiden Seiten und ich fand es großartig, dass er sich wirklich auf jeden Schüler anders eingestellt hat. Sprecherin Intensiver Unterricht, intensives Üben in der übrigen Zeit des Tages und abends Kulinarisches, persönlich zubereitet von Heinrich Schiff. Sieben Schüler und ein passionierter Lehrer. Eine eingeschworene Gemeinschaft. Tanja Tetzlaff erinnert sich gut an die Faszination, die von Heinrich Schiff ausging als Lehrer, Musiker, Mensch. 14. O-Ton Tetzlaff Die unglaubliche Energie, die er in das Cello spielen und in das Unterrichten und in das Kochen und Billardspielen und alles reingesteckt hat und ich war immer so ein bisschen mit niedrigen Blutdruck unterwegs im Leben und habe da glaube ich eine ganze Menge abgucken können und gelernt, dass das mal einfach in dem Moment, wo man was rüberbringen möchte, muss man einfach unendlich dabei sein und voller Energie sein. Er hat unterrichtet, also zugehört, dann sehr viel vorgemacht, er hat verschiedene Möglichkeiten angeboten und er hat auch durchaus mal nachgemacht, wenn was blöd war, das ist natürlich immer fies, aber er hat dann auch immer dazu gesagt, okay, das ist jetzt übertrieben und für mich ist er so ein Feuer gewesen wirklich. Sprecherin Ein Feuer, das sich selbst verzehrt hat. Irgendwann begannen Schulter und Bogen-Arm zu schmerzen, hielten der ständigen Beanspruchung nicht mehr stand. Bis zu jenem denkwürdigen Konzert am 25. April 2010. Im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses spielte Heinrich Schiff Werke von Beethoven für Cello und Klavier. Wolf Wondratschek hat in der sechsten Auflage seines Romans "Mara" die Erinnerungen Heinrich Schiffs an seinen letzten Auftritt als Cellist festgehalten. Zitator 1 (aus "Mara" von Wolf Wondratschek) "Der Schmerz kam zurück, stärker, stechender als zuvor. Wie viele Takte würde ich noch durchhalten können bis zur völligen Lähmung des rechten Arms? Ich spielte, solange es überhaupt ging, brach dann ab, fing wieder an ... Das Publikum verharrte reglos in den Sitzen, versuchte zu verstehen, was sich gerade abspielte." Sprecherin Seit diesem Abend hat Heinrich Schiff nie mehr öffentlich Cello gespielt. Stattdessen konzentrierte er sich auf seine zweite, viele Jahre mit Leidenschaft und Hingabe praktizierte Profession, das Dirigieren. Im Dezember 2016, einen Tag vor Heiligabend, starb Heinrich Schiff. Musik: Tanja Tetzlaff, Violoncello "Yta III für Violoncello solo" von Esa-Pekka Salonen. Archiv 6051011 CD2, Track 4 15. O-Ton Tetzlaff Wenn jemand so schnell lebt und brennt, dann ist das Leben natürlich kürzer wahrscheinlich. In seinem Fall auf jeden Fall ungesünder und als ich da studiert habe, hat er immer schon gesagt, ‚die Ärzte sagen ja sowieso, mit dem Bluthochdruck kann man gar nicht so alt werden wie ich jetzt schon bin.' Also er hat damit kokettiert und er hat nichts dagegen gemacht und dieses Leben am Abgrund hat irgendwie in die Zeit gepasst und nach Österreich gepasst und war faszinierend für so eine kleine Hamburger Dirn. Wir haben das alle kopiert mehr oder weniger, wir haben also alle geraucht schon so beim Frühstück und wir haben natürlich seinen Weinkeller leer getrunken und wir hatten immer so subversive Sprüche drauf. Meine Antwort auf alles war immer nur, "hier bleibt nur Selbstmord". So dieses Kokettieren mit der schlechten Laune war irgendwie auch durchaus in unserer Klasse gang und gäbe. Aber wir haben alle gleichzeitig so viel Energie und so viel Spaß am Cellospielen mitgekriegt. Keiner ist unter die Räder gekommen, das ist sehr wichtig, denn wenn man so als Student von einer Party zur andern eilt, dann kann es ja auch sein, dass man aufhört zu üben und dass man sich aufgibt und das haben wir nicht, weil wir eine ganz kleine Klasse waren und jeder das Privileg gefühlt hat, dass wir da mitmachen dürfen. Oder Musik: Tanja Tetzlaff, Violoncello "Vanitas vanitatum" aus Fünf Stücke im Volkston op.102 von Robert Schumann Archiv 6051011 CD1, Track 4 16. O-Ton Tetzlaff Was ich wirklich durch ihn gelernt habe, den Text so wahnsinnig ernst zu nehmen, was der Komponist geschrieben hat und wenn da piano und kein weiteres crescendo steht, dass ich das dann erstmal umsetze, bevor ich meinen eigenen Senf dazu gebe. Das ist bestimmt was, was ich bei einem anderen Lehrer nicht so mitbekommen hätte und was woran ich auch voll glaube. Nach wie vor denke ich oberste Priorität sollte wirklich der Komponist sein und nicht mein eigenes Ego. Musik: aus Don Juan op.20 von Richard Strauss. SWR Stuttgart Radio Symphony Orchester Celibidache, Dirigent. Archiv 6044073 Track 1 Zitator 2 (Literatur "Celibidache - Musiker und Philosoph" von Klaus Weiler) Nicht jedes Konzert Celibidaches ist eine Offenbarung des Außerordentlichen, weil diese einem Menschen nicht möglich ist. Aber jedes trägt doch das unverkennbare Signum seiner Persönlichkeit. Celibidaches Interpretationen und seine Auffassungen der Musik überhaupt zwingen zum Nachdenken, zur Stellungnahme, lassen kein Unbeteiligtsein und keine Unentschiedenheit zu. Der Hörer ist zur aktiven Teilnahme am Werden der Musik aufgefordert. Gewiss will auch Celibidache begeistern und mitreißen, indem er sich dem musikalischen Geschehen hingibt. Aber er will auch belehren, will den Wesenskern der Musik herausschälen, will das Kunstwerk als solches dem aufmerksam mitgehenden Hörer erschließen und verständlicher machen. Das pädagogische Genie Celibidaches ist noch im Konzertsaal präsent, nicht anders als während der Proben; die Erziehungsarbeit umgreift auch den Hörer, der sich der charismatischen Ausstrahlung dieses Mannes nur schwer entziehen kann. Und genau hier scheiden sich die Geister, oder prosaischer ausgedrückt: beginnt die Polarisierung des Publikums in Für und Wider - auf der einen Seite diejenigen, die sich überzeugen und anregen lassen, die lernen und Neues erfahren wollen, auf der anderen Seite jene, die vor allem genießen und im Gewohnten verharren wollen, weil sie sich darin bestätigt finden. Unter den zeitgenössischen großen Künstlern im Bereich der Musik hat Celibidache wohl die stärkste Polarisierung des Publikums hervorgerufen, was nicht heißen soll, er habe sie beabsichtigt. Vielmehr ist diese Polarisierung Ausdruck seiner extrem vielschichtigen Persönlichkeit und seines hohen Anspruchs. 17. O-Ton Henschel Celibidache hat in seiner Stuttgarter Zeit bei uns in der Familie auch gelebt und kam mit einer unglaublichen Energie in unsere Familie rein, wir waren Kinder und automatisch war natürlich das Vorbild da. Sprecherin Monika Henschel. Bratschistin. Aufgewachsen mit zwei Geige spielenden Brüdern. Studien unter anderem in London und bei internationalen Meisterkursen. 1994 gründeten Monika Henschel und ihre Brüder zusammen mit dem Cellisten Mathias Beyer-Karlshoj das Henschel Quartett. Neben den Eltern, die beide Berufsmusiker waren, erinnert sich Monika Henschel an bedeutende Lehrer, wie die Mitglieder des Amadeus Quartetts. Sie gaben wichtige Impulse und beeinflussten die Klangkultur und Spielweise des jungen Streichquartetts. Prägendes Vorbild ihrer Kindheit war jedoch der Dirigent Sergiu Celibidache. 18. O-Ton Henschel Unser Vater war Mitglied im Orchester und Maestro wollte nicht in einem Hotel wohnen, sondern privat und man wusste, dass wir Platz haben und so guckte das Orchester unseren Vater an und unsere Mutter wurde dann überrascht und keiner wusste, dass es zwei Jahre sein würden, aber es war natürlich eine unendliche Bereicherung. So kam plötzlich ein Vorbild in unser Leben um es mal so ganz konkret zu schildern, dem man sich gar nicht entziehen konnte. Es wäre gelogen, wenn sich irgendjemand diesem Geist hätte entziehen können, so streitbar er war. Da sind wir ja alle völlig einig. Das war eben ein starker Einfluss, ein starkes Vorbild. Sprecherin Ein Fels in der Brandung, dem die Geschwister folgten und vieles zugestanden. Und in gewisser Hinsicht bis heute für Monika Henschel eine unumstößliche Instanz. 19. O-Ton Henschel Musikalisch gesehen unanfechtbar für mich, bis heute Leitstern von uns allen Vieren übrigens, der Cellist hat auch bei Celibidache dann studiert, und wir sind später nach Mainz in seine Kurse gegangen. Das ist musikalisch dieser Bogen, den er bilden konnte. Er hat das sehr philosophisch ausgedrückt. Da konnte man ihn auch schon sehr anfechten, den Meister. Es kam einem am Anfang vor wie chinesische Dörfer, bis man sich da eingehört hat, was meint er da eigentlich, aber man hat irgendwann eine Erfahrung gemacht aus dem was er erzählt und dann eben auch in Konzerten, die wir erlebten, wie enorm er in der Lage war, eine Architektur zu machen in der Musik. Diesen Spannungsbogen vom Anfang bis zum Ende, das ist eine Ebene, die geht meilenweit über die Diskussion des Tempos hinaus. Was wir auch versuchen zu leben, man hat so diese Vorstellung des großen Bogens und manchmal, manchmal gelingt es. Dann gab es Dinge, die ich als Kind unreflektiert bewundert habe, für mich war er vermeintlich jemand, der unglaublich sicher war. Und alles wusste und keine offenen Fragen hatte. Und dann ist man erwachsen geworden und dann stellt man plötzlich doch fest, wie reflektiert er selber war und auch teilweise sehr unsicher, was mitunter zu persönlichen Schwachstellen geführt hat. Wenn er Leute so unglaublich angegriffen hat, dann war das oft ein Schutzmechanismus, weil er selber unwahrscheinlich verletzbar war. Dann hatte er indische Gurus, an denen er sich orientiert hat, was sicher auch faszinierend ist, aber es zeigt, was für eine Persönlichkeit dahintersteckt. Das habe ich als Kind nicht wahrgenommen. Für uns war er wie ein Fels in der Brandung. Musik: Henschel Quartett vierter Satz aus Streichquartett Nr. 1von Erwin Schulhoff oder Intermezzo aus Streichquartett a-Moll op.13 von Felix Mendelssohn Bartholdy (CD 2, Track 13) 2. Stunde Musik: Stockhausen Quadrivium Sprecherin Erdig satte Celloklänge, samtmattes Schaben und Pochen von Besen und Stöcken auf Fell und Metall, hingetupfte Töne im Klavier, sanfte Linien des Flügelhorns - "Quadrivium" heißt die Jazzformation um den Trompeter Markus Stockhausen, deren kammermusikalische Improvisationen aufgespannt sind zwischen klangpoetischer Erzählung und furiosem Drive. Musik: Stockhausen Quadrivium Sprecherin "Quadrivium" ist eine von vielen Formationen, mit denen Markus Stockhausen im Jazz, aber auch in der freien Improvisation, der "Intuitiven Musik", wie er sie nennt, über Jahrzehnte eine eigene Klangsprache entwickelt hat. Auf jeder Etappe diente ihm ein anderes Vorbild als Wegweiser. Die Prozesse, in die Markus Stockhausen dabei eintauchte, beschreibt er als Osmose. 1. O-Ton Stockhausen Mit jedem Vorbild war es verschieden, zum Beispiel Freddie Hubbard, den ich als 13, 14-Jähriger kennengelernt habe mit seiner ersten Platte "First light", da habe ich stundenlang mit Kopfhörern gesessen an meinem Tonbandgerät und habe das immer wieder gehört und immer wieder nachgespielt, weil ich wollte wissen, wie geht das, was er macht, welche Knöpfe drückt er, was spielt der für Phrasen. Das heißt, das macht man solange, bis man es draufhat. Und dann ist es gut, dann wird es zur eigenen Sprache. Oder mit anderen Aufnahmen, die ich kopiert habe auch ganz bewusst von Miles Davis, von Kenny Wheeler oder Frank Duval, er wurde auch ein Lehrer und Vorbild. Das heißt jetzt nicht, dass man jahrelang nur sowas macht, sondern punktuell bis man satt ist. Ja, man ist hungrig und will wissen, wie geht das und dann hat man das in sich aufgenommen, wie bei der Osmose. Man hat ein Vorbild und da ist so viel Austausch energetisch zwischen dem Vorbild und einem selbst, bis die Osmose stattgefunden hat. Bis der Ausgleich da ist, und dann ist es Zeit zu gehen. Sprecherin Wichtiges Vorbild und Lehrer im Jazz war in frühen Jahren für Markus Stockhausen einer der prägenden deutschen Jazztrompeter im 20. Jahrhundert: Manfred Schoof. Beide interpretierten daneben auch zeitgenössische Musik und hatten zwei bedeutende Avantgardisten der Nachkriegszeit zum Vorbild. Markus Stockhausen seinen Vater Karlheinz Stockhausen. Manfred Schoof seinen Kompositionslehrer an der Kölner Musikhochschule und Antipode Stockhausens, Bernd Alois Zimmermann. Musik: Schoof Quintett Sprecherin Von Vätern und Söhnen, Schülern und Lehrern, strenger Kontrolle und künstlerischer Freiheit erzählen Markus Stockhausen und Manfred Schoof in der zweiten Stunde der Langen Nacht über Vorbilder in der Musik. 2. O-Ton M Stockhausen Ich habe bei meinem Vater eine wirklich die hohe Schule der Interpretation kennengelernt mit sehr schwieriger Musik und höchsten Anforderungen, die ich auch selber mit stimuliert habe. Ich habe ihn herausgefordert, auch für die Trompete Sachen zu schreiben, die ich derzeit noch nicht spielen konnte, aber ich habe nicht nein gesagt, sondern wollte das probieren, das muss ich irgendwie schaffen. Ich fand es interessant vor allen Dingen, wenn man etwas anregt im Detail, im Zusammenhang eines größeren Werks wird es ja viel schwieriger. Heute kann ich das gelassener sehen, aber damals habe ich echt gekämpft. Sprecherin Markus Stockhausen, geboren 1957 in Köln. Sohn von Karlheinz Stockhausen und Doris Andreae. Drei Schwestern, zwei Halbgeschwister aus der Ehe seines Vaters mit der Künstlerin Mary Bauermeister. Mit 12 beginnt Markus Stockhausen Trompete zu spielen. Das Instrument wird ihm schnell zur zweiten Natur. Von Tanzmusik bis Kirchen- und Hochzeitsmusik nutzt er jede Gelegenheit, sich an dem Instrument zu erproben. Größte Inspirationsquelle dieser Jahre des Lernens sind Konzertreisen mit seinem Vater, nachzulesen in der Biografie Markus Stockhausens. Zitator 2 (Zitat M Stockhausen) Ich erinnere eine Europa Tour 1967 mit MOMENTE mit der unbeschreiblichen Sopranistin Martina Arroyo. Dann durfte ich eine 7-wöchige Reise mit meinem Vater als Dreizehnjähriger nach Bali und Japan machen, wo er die Musik bei der EXPO '70 in Osaka für den deutschen Pavillon konzipiert hatte. Das war die große Welt. Morgens streunte ich bei den 180 Pavillons aller Länder herum und sog Musik und kulturelle Eindrücke aus der ganzen Welt in mich auf, nachmittags hörte ich seine Musik, die von mehr als 20 Interpreten, auch mit viel elektronischer Musik, dargeboten wurde. Tiefe und wunderbare Eindrücke! Andere Konzertreisen, 1969 in den Libanon, wo er Konzerte in den fantastischen Grotten von Jeita gab, mit Besuchen auch nach Baalbek und Palmyra, oder 1972 nach Persien, wo er beim Shiraz Festival zwei Wochen lang konzertierte, auch in der unvergesslichen, antiken Ruinenlandschaft von Persepolis, werde ich nie vergessen. Sprecherin Markus Stockhausen ist 16 Jahre alt, als er die ersten Partien in Stücken seines Vaters übernimmt, "Sirius" und "Sternklang". Er ist 20, als sein Vater das erste Trompetenkonzert für ihn schreibt: "Michaels Reise". Eine intensive Zeit. Musikalisch und in der persönlichen Beziehung zu seinem Vater, dem Markus Stockhausen nach der Trennung der Eltern, als er sieben war, vor allem durchs gemeinsame Musizieren nahe sein kann. Musik: Michaels Reise aus Donnerstag aus Licht 3. O-Ton M Stockhausen Das war vor allem 1978 bei "Michaels Reise um die Erde", wo ich zwei Monate bei ihm lebte in Kürten. Und dann hat er dieses Werk geschrieben und jeden Tag haben wir Sachen probiert und ich habe sie immer geliebt und so entstand dann langsam dieses Stück. Was wirklich schwer war für mich, eine riesen Herausforderung. Zitator 1 (Zitat Karlheinz Stockhausen) "Michaels Reise" für Trompete und Orchester habe ich 1978 für meinen Sohn Markus geschrieben. Er lebte zweieinhalb Monate in einem Blockhaus in etwa 150 Meter Entfernung. Jeden Tag haben wir uns ein paarmal zusammengesetzt. Er hat dann morgens ausprobiert, was ich in der Nacht geschrieben hatte, und nachmittags kam er wieder, und wir haben meine Korrekturen ausprobiert. Dann habe ich wieder etwas geändert oder hinzuerfunden. Manchmal kam er und sagte: "Hast Du das schon mal gehört? Das habe ich heute Morgen entdeckt." So entsteht allmählich ein Werk in Zusammenarbeit. 4. O-Ton M Stockhausen Das ist wirklich ein forderndes Werk, umfassend, was die Technik betrifft, was die Darstellung betrifft, man spielt alles auswendig und hat sechs Dämpfer, man bewegt sich auf der Bühne. Das war schon ein Meilenstein in der Trompeten-Literatur auch bis heute. Sprecherin "Michaels Reise" für Trompete und Orchester ist Teil der Oper "Donnerstag aus Licht", dem ersten fertiggestellten Tag seines gewaltigen siebenteiligen Opus Summum "Licht". Über die Uraufführung 1981 in Mailand schreibt Markus Stockhausen später: Zitator 2 (Zitat M Stockhausen) Die ganze Oper auswendig spielen, und als Darsteller mit Kostüm und choreographierten Bewegungen Trompete spielend auf der Bühne agieren, das war wirklich etwas Neues! Zehn Wochen lang lebten wir in Mailand, keine schöne Stadt im Winter, grau, regnerisch... Proben den ganzen Tag. Ich lernte sehr viel, auch italienisch. Die Orchestermusiker waren freundlich zu uns, die Bühnenbildnerin Gae Aulenti und der Regisseur Luca Ronconi große Persönlichkeiten. Mein Vater stritt sich immer wieder mit der Intendanz, musste um vieles kämpfen, gab Interviews ... die Tage waren vollgepackt. Neun Aufführungen dann ... am Tag der Uraufführung war ich krank mit Bronchitis; ich hatte mich völlig ausgepowert in den Tagen davor bei den Generalproben der einzelnen Akte - an einem Tag wurde aus bühnentechnischen Gründen der 2. Akt - mein Trompetenkonzert - gleich dreimal hintereinander gespielt. In einer großen, rotierenden Erdkugel mit neun Meter Durchmesser und schräger Achse, spielte ich die verschiedenen Stationen von MICHAELS REISE aus verschiedenen Öffnungen heraus; pure Akrobatik, die ich aber toll fand. Musik: KH Stockhausen Ausschnitt aus "Donnerstag aus Licht" Zitator 1 (Zitat KH Stockhausen) Obwohl ich schon viel komponiert hatte für Trompete, habe ich erst durch die siebzehnjährige Zusammenarbeit mit meinem Sohn Markus - seit seinem sechzehnten Lebensjahr bis heute - viele neue Möglichkeiten der Trompete entdeckt, die ich nirgends gelernt und also auch nie gehört hatte. Erst durch gemeinsames Experimentieren haben wir dieses Instrument quasi neu entdeckt. Dazu gehören nicht nur eine differenzierte Dämpfertechnik, sondern zahlreiche neue Arten von Klangerzeugung. Als Resultat schrieb ich mehrere Kompositionen, die das Trompete spielen erweitern bis in weite Zukunft. Sprecherin Karlheinz Stockhausen in seinen "Texten zur Musik" 5. O-Ton M Stockhausen Er war sehr genau und hatte eine wirklich idealistische Vorstellung, wie alles klingen muss. Ein Perfektionist und hat uns aber auch sehr ermutigt und war geduldig. Gut, es gab Momente, wo er dann ungeduldig wurde. Aber ich war sehr ehrgeizig und wollte diese Aufgabe, diese Herausforderung erfüllen können. Ja, ich wollte eben auch neben den anderen Trompetern dieser Welt wahrgenommen werden. Musik: Donnerstag aus Licht 6. O-Ton M Stockhausen Warum ist es so wichtig solche Vorbilder zu haben, weil man kann in diese Bilder, die man hat, hineinschlüpfen, in die Größe, die man so hautnah erlebt hat von jemanden. Das ist ein Geschenk und das weitet das Weltbild und zeigt einem Möglichkeiten auf, die in einem selber ja auch schlummern. Es gibt schon eine Resonanz. Sprecherin Vorbilder als gelebte Vision unseres Selbst. In ihnen zeigt sich unser Potential, wer wir sind und wer wir werden können. Durch Vorbilder, mit denen wir uns identifizieren, finden wir unseren Platz in der Gesellschaft. Dabei sind wir es selbst, die andere zum Vorbild machen und entscheiden, welche Vorbilder zu uns passen. Ein aktiver Prozess, der immer von demjenigen ausgeht, der nach Orientierung sucht. Markus Stockhausen fand in jungen Jahren Vorbilder in etwa gleichaltrigen klassischen Trompetern wie Reinhold Friedrich und Hakan Hardenberger. Mit ihnen konnte er sich messen und für ihr Können bewundert er sie bis heute. Selbst Sohn eines berühmten Komponisten zu sein, war sprudelnde Inspirationsquelle einerseits und übergroßer Schatten andererseits, aus dem es nicht leicht war herauszutreten. 7. O-Ton M Stockhausen Ich wollte nicht nur, weil ich Stockhausen heiße, seine Stücke spielen, sondern ich wollte als Trompeter gut sein und habe mich deswegen doppelt angestrengt und auch im klassischen Bereich Wettbewerbe mitgemacht. Ich wollte es einfach wissen, wie gut muss man sein um dieser Welt zu genügen. Das hat auch Spaß gemacht natürlich. Ich habe dann viel mit Orchester gespielt, Haydn Konzert oder Brandenburgisches Konzert, auch eine spezielle Herausforderung, die ich Anfang der 90er Jahre für mich noch meistern wollte. Das ist so wie ein Hochseilakt auf der Trompete. Musik: Trompetenkonzert Joseph Haydn (Solist M Stockhausen/Kadenz KH Stockhausen) Zitator 1 (Zitat KH Stockhausen) Markus kam irgendwann einmal zu mir: "Ich soll das Haydn-Konzert spielen." Und ich antwortete: "Was gibt es denn für Kadenzen?" Da meinte er: "Schauderhafte Sachen!" Ich sagte, ich würde ihm gerne eine Kadenz schreiben, und tatsächlich habe ich ihm eine Kadenz für den ersten Satz Anfang 1983 geschrieben, im März dieses Jahres (1985) die zweite. Musik: Trompetenkonzert Joseph Haydn (Solist M Stockhausen/Kadenz KH Stockhausen) 8. O-Ton M Stockhausen Mein Vater war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild, wenn man auf ihn als Person eingeht. In der letzten Zeit habe ich öfter darüber reflektiert, dass er ein sehr großzügiger Mensch war, was Geschenke betrifft, den Umgang mit Menschen in seiner Umgebung betraf, oft Leute zum Essen eingeladen und Kontakte zu sehr vielen Menschen gehabt, Briefwechsel in die ganze Welt. Er hat Partituren verschenkt an Leute immer, wenn er spürte, dass jemand seine Musik mag, er hat uns oft auf Reisen mitgenommen, dann war er ein sehr humorvoller Mensch, also er konnte wirklich spaßig sein. Die andere Seite war dann, dass er cholerisch sein konnte und pedantisch. Wenn er explodiert ist, dann hat er sich das erlaubt, einen wirklich zur Schnecke zu machen, wenn jemand schlecht vorbereitet war oder wenn etwas technisch nicht klappte. Oder er hat manchmal einen Sündenbock auch gesucht. Sprecherin Karlheinz Stockhausen, ein Künstler mit starker, streitbarer Persönlichkeit. Maßgeblich geprägt, wie die meisten seiner Generation, durch eine Jugend im Krieg mit allen Härten und Entbehrungen. 9. O-Ton M Stockhausen Sein Vater war ein einfacher Dorfschullehrer, das war eine ganz enge familiäre Situation durch die Kriegszeit und die Mutter ist im Krieg umgekommen. Sprecherin Gertrud Stockhausen. Karlheinz ist vier Jahre alt, als seine Mutter im Dezember 1932 von Nationalsozialisten vor seinen Augen abgeholt und in die geschlossene psychiatrische Anstalt Hadamar gebracht wird. Neun Jahre später wird sie dort mit 15.000 weiteren psychisch kranken und behinderten Menschen im Rahmen der "Aktion T 4", der sogenannten "Vernichtung lebensunwerten Lebens", in der Gaskammer von Hadamar ermordet. 10. O-Ton Stockhausen Der Vater ist dann schließlich an die Front gegangen, hat sich vielleicht sogar selber umgebracht, indem er sich freiwillig noch zur Front meldete 1945. Da war viel Zerstörung, da war viel Ende und mein Vater, 28 geboren, war 17 und musste noch als junger Helfer an der Westfront im Lazarett arbeiten, Tote beiseiteschaffen und Menschen, von denen einige noch lebten und zuckten. Der hat wahnsinnig viel mitgemacht, aber hat es irgendwie überstanden und danach kam die radikale Befreiung von allen Konventionen und der hat sich so wirklich nach vorne gepusht an die Front der Musikschaffenden, der kreativen Geister. Er hat seine Ideen, seine Impulse, seine Intuition 100% verfolgt, also hat die verrücktesten Werke geschrieben. Sprecherin Wie die Oper "Samstag aus Licht", uraufgeführt 1984 im Palazzo dello Sport in Mailand. Zitator 2 (Zitat M Stockhausen) Darin hatte ich eine kurze, halsbrecherische Partie zu spielen, den OBERLIPPENTANZ für Piccolo-Trompete. Halsbrecherisch nicht nur, weil das sehr schwer zu spielen war, sondern weil ich gleichzeitig auf einem Fernseh-Dollie ohne Geländer durch die Halle gefahren wurde, rauf und runter, im Streit mit zwei Luzifer- Figuren auf vier Meter hohen Stelzen, vor dem riesigen, vertikal aufgebauten Blasorchester, der Michigan Symphony Band. Doch ich war "in meinem Element". Sprecherin Oder die Uraufführung von "Fresco" am 15. November 1969 für vier orchestrale Gruppen. Ein Skandal. Zitator 2 (Zitat "Spiegel") Die 2000 Zuhörer lagen auf Turnmatten, die vom Bundesgrenzschutz ausgeliehen waren, übten Petting, spielten Skat und hänselten das Orchester: "Eine herrliche Pinkelmusik, die ihr da spielen müßt!" Die Musiker, längst einer Meinung mit dem Publikum, packten ihre Instrumente ein und gingen ins Foyer. Dort grölten sie: "Warum ist es am Rhein so schön?" So endete - vorzeitig und mit Eklat - der erste Versuch mit einer neuen Konzertform: In den sieben Sälen Fluren und Foyers der Bonner Beethovenhalle wurde von vier Orchestergruppen und von Tonbändern fast das gesamte Werk des Komponisten Karlheinz Stockhausen gleichzeitig aufgeführt. Für die Übergänge von Saal zu Saal und Werk zu Werk, von "Momenten" zu "Kurzwellen", von "Stimmung" zu "Prozession", von "Carré" zu "Hymne", von "Kontakten" zum "Gesang der Jünglinge" hatte Stockhausen eine Verbindungsmusik geschrieben, ein Instrumentalglissando, das er "Fresco" nannte. Doch Stockhausen- Partituren zu interpretieren - das war von den traditionell erzogenen Musikern, die seit ihrer Konservatoriumszeit offensichtlich nichts mehr dazugelernt haben, zuviel verlangt. Sonst "brav und bieder auf ihre guten alten Klassiker eingeschworen", verirrten sich die Bonner Stadtmusikanten schon bei den Proben in Stockhausens diffizilen Spielregeln, etwa "Glissandos nicht schneller als eine Oktave pro Minute" zu streichen und zu blasen. Sie stellten den Komponisten zur Rede, wollten wissen, was er sich bei derlei Angaben gedacht habe, doch Stockhausen lehnte ein Teach-in ab. Statt weiter zu proben, liefen einige Orchestermitglieder ans Telefon und fragten bei ihrer Gewerkschaft an, ob sie so etwas spielen müssten. Sie mussten. Der erste Konzertmeister Ernesto Mampaey, der zunächst mit Ohropax in den Ohren gespielt hatte, ignorierte diese Auskunft. Er fühlte sich "von den Herren Wangenheim und Stockhausen seelisch so gequält"' dass er seinem Chefdirigenten die Ermordung androhte und dann, wie auch etliche seiner Gesinnungsgenossen, aus der Probe verschwand. Die restlichen Musiker spielten nur unter Protest: "Wir spielen", stand handgemalt auf einem Schild im Stimmzimmer' "oder wir werden entlassen!" Doch auf den Notenständern lagen plötzlich statt Stockhausens Spielanweisungen Sinnsprüche wie "Stockhausen-Zoo. Bitte nicht füttern!" Manche Musiker hatten das auf fünf Stunden angelegte "Affentheater" schon nach einer Stunde satt und gingen nach Hause. Die restlichen saßen bald im Dunkeln. Unbekannte hatten das Licht an den Pulten gelöscht. Sprecherin So ein Rezensent im "Spiegel". Dass Werke und Aufführungskonzepte derart polarisieren, ist heute kaum mehr vorstellbar. Die Zeit der großen Musik-Skandale scheint vorbei. Statements von Künstlern zu gesellschaftlichen und politischen Themen polarisieren dagegen auch heute sehr wohl. Während Äußerungen Karlheinz Stockhausens, er sei auf dem Planeten Sirius ausgebildet worden, bei vielen noch irritiertes Kopfschütteln auslöste, sorgte sein Statement zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als größtes Kunstwerk aller Zeiten für einen Sturm der Entrüstung. Stockhausen hat nachher mehrfach betont, der Satz sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er habe gesagt, die Terrorplanung erscheine "wie das größte Kunstwerk Luzifers". Also das Zerstörungswerk des Teufels. Davon unbenommen ist Für Markus Stockhausen sein Vater als Künstler großes Vorbild geblieben. 11. O-Ton M Stockhausen Sagen wir mal so, jemand der für mich ein Vorbild ist, dass er seine Ideen seine Visionen umgesetzt hat in der Welt, er war immer zehn Schritte voraus. Ich glaube, dass er einfach ein absolut kreativer Geist war. Er hat ja auch selber gesagt, er kommt vom Sirius, wer weiß, was die da für eine Musik machen. Und dann ist er hier vielleicht auf eine Etappe hergekommen auf die Erde und hat hier versucht, seine musikalischen Visionen zu verwirklichen. Er ist ein genuiner Geist, ein Genie sagt man zu so jemandem, der zumindest in einem Gebiet, der Musik, so weit voraus war, viel zu viele Türen aufgemacht hat, wo nachher ganz viele Komponisten die Teilaspekte dann weiter ausgearbeitet haben. Musik: Stockhausen Jazz (z.B. Electric Treasures) 12. O-Ton Stockhausen Ich habe immer davon geträumt, mein Gott, ich möchte mal jemanden treffen, der sowohl mir musikalisch wie spirituell Vorbild und Meister ist. Nun hatte ich meinen Vater, der musikalisch ein super Meister war, die ganze Art, wie er das gemacht hat ... absolut beeindruckend. Aber es gab in seinem Charakter Mängel, die ich schon früh spürte, wo ich dachte, da ist er nicht Meister, da konnte er mir nicht Vorbild sein, da habe ich einfach anders gefühlt. Musik: Stockhausen Jazz Sprecherin Ein wichtiges Vorbild im Jazz hat Markus Stockhausen als junger Trompeter in Manfred Schoof gefunden. Einem der zentralen Protagonisten des europäischen Free Jazz. Für Markus Stockhausen nicht nur musikalisch ein wichtiger Ausgleich zur strengen Arbeit mit seinem Vater. 13. O-Ton Stockhausen Manfred Schoof spielte wie kein anderer Trompeter, der hatte eine Technik, der konnte in den höchsten Höhen spielen damals, hat aber die Finger immer so bewegt wie ich das überhaupt nicht verstand auf der Trompete. Ich dachte, was spielt der für Skalen, was für Läufe und da habe ich mich mal getraut zu fragen bei irgendeinem Jazzkonzert damals in Köln 73 oder 74. Ja, wie machst du das eigentlich, welche Fingersätze nimmt man und der hat das im Grunde genommen sehr, sehr frei gemacht und bei der Geschwindigkeit kommen dann irgendwelche zufälligen Läufe raus. Aber er hat das so geschickt gemacht, dass es immer toll klang. Und er hat einen sehr kreativen Unterricht gemacht, also er war mir in Vielem auch menschlich ein Vorbild an der Hochschule. Er war nie pünktlich und der Unterricht hat nie regelmäßig stattgefunden, aber wenn wir uns dann getroffen haben, war es immer kreativ. Die kreative Seite hat er in mir auch heraus gekitzelt, er hat mich z.B. dann aufgefordert zu komponieren, ‚mach doch mal deine eigenen Stücke' und dann habe ich die mitgebracht in den Unterricht und wir haben fast gar nicht Trompete unterrichtet, sondern über die Stücke gesprochen. Musik: Schoof Quintett Archiv 6097935 Zitator 1 (Zitat aus "Europas Jazz" von Ekkehard Jost. Fischer-Verlag, 2015) "Manfred Schoof, als nomineller Bandleader Primus inter pares, tendiert in seinen Soli auf Trompete, Kornett und Flügelhorn, von einigen lyrischen Balladen abgesehen, zu einer extrovertierten Spielweise, die durch einen bemerkenswerten Dualismus von sehr kontrolliertem Einsatz instrumentaler Technik einerseits und einem geradezu ostentativen Verzicht auf Kontrolle andererseits gekennzeichnet ist. Technische Virtuosität ersten Ranges demonstriert er beispielsweise in seiner unbegleiteten Eröffnung eines Stückes mit dem bezeichnenden Titel: Cadenza: high notes bis zum g3 (sprich: dreigestrichenen g), gestochen scharfe Akzentuierungen, brillantes Laufwerk. Doch schon in diesem Solo wird auch jene andere Komponente in Schoofs Stilistik hörbar: grelle Klangbögen im höchsten Register, die keinerlei melodische Details erkennbar werden lassen, sondern ganzheitlich - als gedehnte Klänge - wahrgenommen werden. Schoof setzt diese energiegeladenen "fliegenden Linien" vor allem in up-tempo Stücken ein. Er produziert sie mit Hilfe des Ansatzes, verbunden mit sehr schnellen, quasi stochastischen (also zufallsgesteuerten) Ventilbewegungen. Zweifellos ein - im Wortsinne - extrem unordentliches Verfahren, das Schoof mit einer Kontrolle übergeordneter Art in einer Meisterschaft handhabt, wie sie in jener Zeit durchaus ungewöhnlich ist." Sprecherin Der 2017 verstorbene Jazzforscher Ekkehard Jost in seinem Buch "Europas Jazz". Musik: Schoof Quintett Archiv 6097935 14. O-Ton Schoof Ich habe verschiedene Trompetenschüler gehabt und sie haben mich nicht kopiert, so wie ich das alles bei Miles Davis und Chet Baker gemacht habe, sondern sie haben meine Erklärung und das was ich über Musik gesagt habe und was ich denen versucht habe beizubringen, persönliches eigenständiges Denken, eigenständige eigene Empfindungen zu einem eigenständigen Wesenszug ihrer Musik zu machen. Das betrifft jetzt mal z.B. Markus Stockhausen sicherlich. Der benutzt meine Übungen, die ich mit ihm mal gemacht habe. Ich habe immer versucht den Leuten klar zu machen, so denke ich, ihr denkt vielleicht anders, aber das, was ihr machen müsst, horcht auf euch. Ich habe deren Denken immer auf sich selbst gelenkt im Zusammenhang mit dem, was ich gesagt habe. Sprecherin Manfred Schoof. Jahrgang 1936. In den 60er Jahren einer der zentralen Pioniere des Free Jazz in Deutschland, jener Entfesselung von Rhythmus, Harmonie und lyrischer Melodie. Purer Ausdruck, kompromisslose Rebellion in Tönen und Emanzipation von amerikanischen Vorbildern. Manfred Schoof war Mitglied im Experimentalorchester von Harald Banter, im Quintett von Gunter Hampel, schließlich hatte er sein eigenes wegweisendes Quintett und spielte im "Globe Unity Orchestra" von Pianist Alexander von Schlippenbach. Als Lehrer ermutigte Manfred Schoof seine Schüler zu Eigenverantwortung und individuellem Klang. Die eigene Suche nach Vorbildern war geprägt von den Entbehrungen der Nachkriegszeit. 15. O-Ton Schoof Ja, ich glaube, dass mein erstes Vorbild Harry James war und zwar nicht durch sein Spiel, sondern vor allem durch diesen Film "Badende Venus", wo er aufgetreten ist, mit so einem glänzenden weißen Anzug und die Musiker aus seinem Orchester mit ebenfalls weißen Anzügen und goldenen Instrumenten und die Trompete sowieso als dieses Symbol für Signal, für Aufbruch und da glaube ich war der wirklich erste Eindruck, der erste Impuls, der mich bestärkt hat in meinem Ziel Musiker zu werden. Sprecherin Manfred Schoof hatte Glück, sein musikalisches Talent wurde von den Eltern früh erkannt und gefördert. An eine geordnete Ausbildung war in den Wirren der Nachkriegszeit jedoch nicht zu denken. Schon gar nicht als der Vater starb und die Mutter allein für den Lebensunterhalt sorgen musste. Doch der Wunsch, Musiker zu werden, war zwingend und Chet Baker das nächste Vorbild, dem Manfred Schoof als Teenager nacheiferte. 16. O-Ton Schoof Danach kam aber dann gleich ziemlich schnell Miles Davis, von dem ich dann auch noch gehört hatte, dass der also ziemlich sauer war darüber, dass Chet Baker Trompeter des Jahres wurde in Amerika, wo Miles eigentlich schon zwei Jahre lang das gewesen war mit Dizzy Gillespie. Plötzlich war dieser junge Chet Baker, der ein wunderbarer Improvisator war, aber wenn man ihn jetzt mit Miles Davis vergleicht, er war ja nur ein Interpret im Grunde und Miles Davis hat auch als Komponist Berge versetzt, er hat neue Entwicklungen angestoßen, also es war eine ganz andere Figur als Komponist und zum anderen aber auch als Gestalter seiner Soli. Er hat Intervalle benutzt und konnte wahnsinnig schnelle Tempi spielen, aber nicht besonders hoch, wie das andere Trompeter gemacht haben. Das war bei Miles Davis überhaupt nicht der Fall, sondern er spielte einfach das Essentielle, er hat eine ungeheure Intensität gehabt in seinen Soli und das hat mich fasziniert, das habe ich abgeguckt, manche Soli kann ich heute noch auswendig spielen oder singen sogar. Musik: Miles Davis Zitator 2 (Literatur: "Miles Davis - die Autobiografie". Hoffmann und Campe Verlag) Der Meister persönlich, Duke Ellington, mochte meine Musik. Ich hatte ihn bisher nur auf der Bühne gesehen und kannte alle seine Platten. Aber ich liebte ihn wirklich, seine Musik, seine Einstellungen und seinen Stil. Also fühlte ich mich sehr geschmeichelt, als er eines Tages einen Typen vorbeischickte und mir ausrichten ließ, Duke Ellington wolle mit mir reden. Der Typ, Joe hieß er, glaube ich, erzählt mir, dass Duke mich mag, die Art, wie ich mich kleide und mich gebe. Mann, das von einem seiner Idole zu hören, war ganz schön berauschend für einen zweiundzwanzig Jahre jungen Mann. Das stieg mir so zu Kopf, dass mein Ego richtig abhob.// Ich geh also zu Duke. Geschniegelt und gebügelt, steig die Treppen zu seinem Büro hoch, klopf an die Tür, und da sitzt Duke, in Shorts, mit ‚ner Frau auf dem Schoß. Mann, ich war geschockt. Der coolste, hipste, schärfste Typ in der Musikszene und dann sowas. Er grinst mich an und sagt, dass er mich für den Herbst eingeplant hat und mich gern in seinem Orchester hätte. Das haute mich fast um. Ich war wahnsinnig glücklich, echt geschmeichelt. Es haute mich einfach um, dass mich eins meiner Idole danach fragt, ob ich in seine Band will. Die tollste Band aus der Musikszene. Dass er überhaupt an mich dachte, von mir gehört hatte und meinen Stil mochte - es war einfach zu viel. Sprecherin Miles Davis in seiner Autobiografie über sein frühes Idol Duke Ellington. Davis selbst war stilbildend von Bebop über Cool Jazz bis Jazz Rock. Vorbild und Idol für Generationen von Musikern bis heute. Musik: Miles Davis 17. O-Ton Schoof Ich hatte meinen Weg, mein Ziel gesehen und dieses Ziel hatte sich nicht verändert, wo ich sagen würde, ich könnte jetzt mich mit klassischer Musik befassen, das heißt ernste Musik machen, neue moderne Musik vielleicht, Komposition studieren mit Schwerpunkt auf die neue Musik. Ich muss sagen, das war eigentlich nicht der Fall. Ich habe den Jazz immer als das erfüllende musikalische Gebiet gesehen, in dem ich mich aufhalten wollte. Sprecherin Und doch war es ein Komponist der zeitgenössischen Musik, der für den Jazztrompeter Manfred Schoof als Vorbild wegweisend wurde: Bernd Alois Zimmermann. Bei ihm studierte Manfred Schoof während seines Studiums von 1958 bis 1963 an der Hochschule für Musik in Köln Komposition. "Der war sehr interessiert an der Jazzmusik", erinnert sich Manfred Schoof. "Er hat erkannt, dass die Jazzmusik eine Bereicherung ist mit ihrer Improvisationsgabe. Bernd Alois Zimmermann war ein ganz wichtiger Mensch für mich, meine Arbeit und überhaupt für die Jazzmusik." Bernd Alois Zimmermann wurde Vorbild und Inspirationsquelle in einer Zeit, als sich im Jazz und in der neuen Musik gleichermaßen die Grenzen auflösten und sich beide Genres in Ausdruck und Gestik annäherten. 18. O-Ton Schoof Wo man sagte okay, da ist ein korrespondierendes Spiel, eine Bereicherung für eine neue Form der Gestaltung der neuen Musik und also, die Einbeziehung der Jazzmusik, der Jazzimprovisation, oder lassen wir mal das Wort "Jazz" weg, die Einbeziehung der Improvisation in die zeitgenössische Konzertmusik. Ich habe den Free Jazz mitgestaltet, mit auf den Weg gebracht und gerade was die neue Musik und den Rest zusammengeführt hat. Aber ich habe nie die Vergangenheit abgelegt und abgestreift und nicht mehr beachtet. Das lag daran, dass ich mir überlegt habe, ich könnte eigentlich auch E-Musik schreiben als Komponist. Bernd Alois Zimmermann war für mich ein ganz wichtiges, zeitlich unbegrenztes Vorbild, noch heute will ich damit sagen. Er hat mich damals angesprochen da einmal die Soldaten und das Trompetenkonzert zu spielen, in sämtlichen Werken wurde plötzlich das Jazzthema eingespannt, weil er spürte, dass diese Musik, diese impulsive und diese freidenkerische Musik eine Bereicherung für die neue Musik war. Musik: B.A. Zimmermann Trompetenkonzert Sprecherin Bernd Alois Zimmermann selbst, Jahrgang 1918, hatte es schwer, seinen Platz unter den bilderstürmenden Avantgardisten seiner Zeit zu finden. Auch wenn er zur jungen Komponistengeneration dazugehören wollte, hat er sich doch schmerzlich als Außenseiter empfunden: Zitator 1 (Zitat B.A. Zimmermann) "Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir als sogenannte mittlere Generation Gefahr laufen, von der älteren (Fortner, Egk, Orff etc.) und von der jungen (Stockhausen, Nono, Boulez etc.) zerdrückt zu werden; denn an der Stelle, an der wir eigentlich jetzt stehen sollten, steht immer noch die ältere Generation, und bis wir dort stehen, hat uns vermutlich die junge, wenn wir nicht sehr aufpassen, längst überspurtet: das ist das ‚Geschenk', welches das 1000-jährige Reich uns in den Schoss gelegt hat, als Ausgleich dafür, dass es uns die Jugend gestohlen hat." Sprecherin Zimmermann kritisierte, "die Generation der 20- und 30jährigen" hebe im Serialismus den technischen Aspekt des Musikalischen gegenüber dem rein Ausdrucksmäßigen zu stark hervor. Allen voran Karlheinz Stockhausen. Dagegen fand Manfred Schoof als Jazzmusiker in Kompositionen insbesondere seines Lehrers Bernd Alois Zimmermann ein enormes Reservoir an Ideen, das er für den Jazz nutzbar machen wollte. 19. O-Ton Schoof Wie können wir das, was wir durch Zimmermann in Erfahrung gebracht haben, was er uns als Vorbild gezeigt hat und wie er als Komponist gewirkt hat, wie können wir das in unseren Jazz einkleiden, wie können wir dem Jazz, diese, heute würde ich sagen europäische Prägung geben, was damals noch nicht so als Gedanke vordergründig war. Und das war für uns auch nicht einfach, weil wir natürlich sagten, okay, wir wollen diese Musik machen und wollen damit eine neue Ausdrucksform schaffen und das ist eigentlich auch gelungen, obwohl wir am Anfang auch gewisse Vorbilder hatten, in Form von Ornette Coleman. Dass die wichtigsten Impulse immer wieder aus Amerika kamen, obwohl wir Deutsche natürlich durch den Zweiten Weltkrieg völlig abgeschottet waren von dieser Art von Musik. Benny Goodman, Duke Ellington, Count Basie, Charlie Parker. Das kam hier wie ein wirres Gemisch, was für uns und die Leute, die sich überhaupt für Jazzmusik interessiert hatten, nicht verständlich war. Ich fand Zimmermann sehr beeindruckend als Mensch und alles, wenn er sich geäußert hat, das haben wir aufgesogen, wenn es um Musik ging. Wir haben versucht, das in unserem Sinne zu verarbeiten. Musik: Schoof Quintett Sprecherin Mit Bernd Alois Zimmermann hatte sich Manfred Schoof ein Vorbild gesucht, bei dem die enorme Wucht der Emotion eine essentielle Rolle spielt, in seinen komplexen Zitier- und Collagetechniken bis zum "pluralistischen Klang" mit seinen geschichteten Zeitebenen. "Die Musik setzt zwischen dem Menschen und der Zeit eine Ordnung der Bewegung, die den Menschen in seiner ganzen Wesenheit erfasst und ihm die Zeit als umfassende Einheit zum Bewusstsein bringt." schreibt Bernd Alois Zimmermann 1957 in seiner Schrift "Intervall und Zeit". Gut erinnert sich Manfred Schoof an die letzte Begegnung mit seinem Lehrer: 20. O-Ton Schoof Die war nur telefonischer Art, da hat er mir gesagt, ‚es war sehr schön, was Sie da gemacht haben mit dem Trompetenkonzert. Lassen Sie uns das in Zukunft noch öfter machen. Ich schreibe an einer Oper "Medea" und da habe ich noch viel mit Ihnen vor', und das waren seine letzten Worte, die ich gehört habe. Offensichtlich hat er ja den Jazz noch mehr in seine Arme geschlossen und wollte, dass wir mit ihm vielleicht eine neue musikalische Richtung kreieren und dazu ist es nicht mehr gekommen. Sprecherin Im August 1970 hatte sich Bernd Alois Zimmermann, nachdem er seine Kinder in die Ferien geschickt hatte, in seinem Haus in Königsdorf bis Köln erhängt. Fünf Tage, nachdem er sein letztes Werk vollendet hatte: "Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne". Ekklesiastische Aktion für zwei Sprecher, Bass und Orchester, das mit einem Zitat aus einer Bach-Kantate endet: "Es ist genug, Herr, wenn es dir gefällt, so spanne mich doch aus". Die Abschiedsworte eines unter schweren Depressionen und einer unheilbaren Augenkrankheit leidenden Komponisten. Musik: B.A. Zimmermann Schluss von "Ich wandte mich" Archiv 6500394 Sprecherin Selten enden Beziehungen zu Vorbildern derart tragisch und abrupt. Gleichwohl verändern sie sich im Laufe von Jahren und die Lösung von Vorbildern ist ein mitunter schmerzlicher Prozess, der mit harten Brüchen einhergehen kann. Wie sich Musiker von Vorbildern gelöst und eigene Wege eingeschlagen haben, davon erzählen sie in der dritten Stunde der Langen Nacht. Musik: Markus Stockhausen / Ferenc Snétberger "Rose" von CD "Streams" Track 9 (3'54") 3. Stunde Musik: Markus Stockhausen (optional von "Moving sounds") 1. O-Ton Stockhausen Es gibt natürlich, wenn man 25 Jahre zusammenarbeitet, wie ich mit ihm, eine Entwicklung von der engen Bindung dann etwas lockerer. 1984 habe ich dann eine Absage gemacht, ich wollte bei der nächsten Oper nach "Donnerstag aus Licht" nicht mitmachen. Das war mir erstmal genug. Ich hatte mehrere Jahre sehr intensiv mit ihm gearbeitet und wollte nicht direkt wieder bei ihm in so ein großes Projekt hinein. Später in "Dienstag aus Licht" gab es noch mal wieder eine Hinbewegung, weil da gab es mehrere Trompetenparts, weil in der Thematik des Dienstags die Trompete in der Auseinandersetzung mit Luzifer wieder eine größere Rolle spielt. Aber da habe ich auch gezögert, da es das Thema Krieg, also Auseinandersetzung, Mars-Tag ist. Will ich mit so einer Thematik Michael-Lucifer, die sich bekriegen, will ich damit zu tun haben? Ich habe da schon gekämpft in mir und diskutiert, dann war aber die Verlockung auch okay, da gibt's schöne Parts für Trompete und ich kann andere Trompeter mit hineinnehmen. Das war einfach eine sehr freundschaftliche Zeit, aber wir haben uns dann nach und nach doch ein bisschen auseinandergelebt, mein Vater und ich. Bis ich 2001 dann so einen Schnitt gemacht habe und deutlich spürte, ich brauchte einen Freiraum, mental, psychologisch, musikalisch und habe ihm das dann gesagt und damit endete unserer Beziehung abrupt, denn das konnte er kaum verstehen, da war er sehr tief verletzt. Ich wollte überhaupt nicht den Kontakt abbrechen, ich wollte nur sagen, jetzt mache ich nicht mehr mit und das hat er aber auch auf unsere persönliche Beziehung bezogen. Hier konnte er nicht anders und die letzten Jahre bis zu seinem Tod, von 2001 bis 2007, waren dann menschlicher mühsam. Und es hat sich erst nach seinem Tod wieder aufgelöst. Musik: Markus Stockhausen (optional von "Moving sounds") Sprecherin Markus Stockhausen über den Bruch mit dem Vater, seinem zentralen Vorbild für viele Jahre. Wir brauchen Vorbilder um zu lernen wer wir sind. In dem Maße, in dem unsere eigene Persönlichkeit reift, wir Fähigkeiten unseres Vorbildes verinnerlicht haben, lösen wir uns aber auch von ihm. Ein natürlicher Prozess. Er kann reibungslos verlaufen, aber auch mit Kränkungen, Missverständnissen und Zurückweisung einhergehen. Von eigenen Wegen, schmerzlichen Brüchen und später Versöhnung handelt die dritte Stunde der Langen Nacht über Vorbilder in der Musik. Musik: Markus Stockhausen (optional von CD "Symbiosis") 2. O-Ton Stockhausen es war natürlich eine schwierige Zeit, aber das musste einfach sein, dass ich mich dann innerlich auch wirklich auf die eigenen Füße stelle. Ich habe dann angefangen sehr viel zu komponieren. Zehn Jahre lang, von 2002 etwa bis 2012, das war eine tolle Zeit. Ich hatte wirklich Freiraum für mein eigenes Empfinden und wollte auch wissen, wie drücke ich die Musik aus und hatte das Vorbild von ihm, dass man Sachen umsetzen kann auch autodidaktisch. Ich habe nie Kompositionsunterricht gehabt. Es gibt ganz viele Situationen, wo er mir nah ist. Wo ich sozusagen in seinem Geist denken und fühlen kann, wo er das vielleicht begleitet, überschattet, was ich gerade mache. Gerade bei der Gruppenimprovisation in der Intuitiven Musik, wo Klangstrukturen entstehen, die sind sehr verwandt mit Musik, die er gemacht hat. Dann weiß ich, jetzt bin ich in seinem Fahrwasser. Einer der berührendsten Momente war für mich vor ein paar Monaten, wo jemand in einem Konzert sagte, ich habe bei dem, was du machst, deinen Vater gesehen, der war da. Das war bei der Klangmeditation in der Kirche, ich habe gespielt, er war da und fand, das hast du gut gemacht. Das hat mich total berührt, da kamen mir die Tränen in die Augen, auch wenn ich jetzt noch dran denke, das war einfach ein wunderbarer Moment. Man hat eine tiefe Beziehung, die zeitlos ist und wenn dann solche Zeichen kommen, dann weiß ich, ach ja, dieses Leben, was man sonst immer nur im Alltäglichen so sieht, das hat einen viel größeren Zusammenhang. Es gibt Dimensionen, da sind wir verbunden auch über Zeit und Raum hinaus, über den Tod hinaus und das sind sehr schöne Erfahrungen, die sind für mich auch real. Es gibt Erinnerungsräume, aber es gibt eben auch Begegnungsräume, wo vielleicht durch diesen dicken Panzer unserer Wahrnehmung hindurch doch Verbindung spürbar wird. Sprecherin Spirituelle, posthume Versöhnung. Ein erlösender Moment nach einem langen, unumkehrbar scheinenden Bruch, der, wenn auch in der Radikalität nicht gewollt, doch unerlässlich war. 3. O-Ton Stockhausen Wenn dieser Lösungsprozess nicht passieren würde, dann würde eine Verkrampfung stattfinden, dann setzt allmählich eine Blockierung ein von Energien, weil dann der eigene innere Fluss plötzlich blockiert wird dadurch, dass er nicht fließen darf, weil das Andere, das Stärkere noch so nah ist. Irgendwann muss man sich befreien und den eigenen Raum, den eigenen Leerraum, den neuen Raum betreten und auch straucheln, auf die Nase fallen. Die Geschichte vom verlorenen Sohn, der ist weggegangen und hat zwar alles verprasst, was er mitbekommen hat von seinem Vater, aber nachher ist er umso willkommener wieder aufgenommen worden, weil er seinen eigenen Weg gegangen ist. Musik: Tetzlaff Quartett. 3. Satz aus Mendelssohn Quartett op.13 Archiv 6503578 Track 3 Sprecherin Für die Cellistin Tanja Tetzlaff haben Lösung und Versöhnung mit ihrem ersten großen Vorbild vor vielen Jahren ganz handfest und bodenständig im Diesseits stattgefunden. Mit ihm ist sie so vertraut wie mit nur wenigen Menschen. Ein international konzertierender Solist und wie sie selbst passionierter Kammermusiker, mit dem sie viele Konzerte gibt und eine gemeinsame musikalische Sprache spricht. Schön erzählen lässt sich die Geschichte, wenn man mit Tanja Tetzlaff ein Foto betrachtet. Sie als fünfjähriges Mädchen im elterlichen Wohnzimmer mit Schlabberhose, Wollsocken, verwuschelten Haaren und leuchtenden Augen. Ein Viertelcello zwischen den Knien, die Finger der linken Hand entspannt auf dem Griffbrett, der rechte Arm führt den Bogen gerade über die Saiten. Gut möglich, dass anderswo im Haus zur selben Zeit auch Flöte, Klavier oder Geige geübt wurden. 4. O-Ton Tetzlaff Ich denke mal, auf dem Foto bin ich so vier oder fünf vielleicht, ich habe mit vier angefangen, da kann ich schon meine linke Hand aufsetzen, also bin ich da schon fünf wahrscheinlich und meine großen Geschwister, die ein ganzes Stück älter sind, die haben natürlich alle schon richtig geübt und es war so ein Tohuwabohu in unserem Haus. Es war richtig laut und ich finde, man sieht irgendwie auf dem Foto auch diesen Stolz, wow, jetzt kann ich auch damit anfangen und vielleicht bin ich irgendwann genauso toll wie die Großen. Das hatte natürlich zwei Effekte gehabt, erstens natürlich, dass ich mich wirklich bemüht habe. Ich habe da wirklich viel Energie reingesteckt in das Cello spielen, aber es war natürlich auch ein riesiger Frustfaktor. Ich erinnere mich an etwas später, wenn wir zusammen Zuhause mal Sachen von Blatt gespielt haben oder im Gottesdienst bei meinem Vater Musik gemacht haben und ich das natürlich nicht so konnte wie die anderen ist ja total klar. Wenn man dann versucht mit neun oder zehn irgendwelche Quartette von Blatt zu spielen und ich habe natürlich absolute Wutanfälle gekriegt. Ich habe mehrmals wirklich fast mein Cello an die Wand geschmissen, wenn ich gemerkt habe, ich kann es einfach nicht und das war vielleicht so ein bisschen der negative Beigeschmack dabei, so ein Hinterherhecheln, das nicht zu schaffen ist. Dann war es eigentlich relativ bald so, dass mein Bruder Christian, der ja mit der Geige am nächsten dran war an meinem Instrument, fast so eine Lehrerrolle übernommen hat, was natürlich auch problematisch sein kann so im Rückblick. Er hat dann immer mit mir geübt und hat das wahnsinnig liebevoll gemacht und ich habe wirklich zu ihm aufgeblickt und ihn verehrt in allen Dingen, er konnte mir erzählen, was er wollte und ich habe ihm geglaubt. Und gleichzeitig habe ich aber auch da, wo ich Wut bekommen habe ... also, ich sehe das jetzt an meinen eigenen Kindern, wenn die sich gegenseitig kritisieren, ist das viel schlimmer, als wenn es von den Erwachsenen kommt. Sprecherin Die Zeit der Wutanfälle ist für Tanja Tetzlaff lange vorbei. Damals hat sie durch die Wut viel Kraft fürs Üben mobilisiert, vor allem um mit ihrem Bruder Christian gleichzuziehen. Heute haben Tanja und Christian Tetzlaff ein gemeinsames Streichquartett, spielen mit dem Pianisten Lars Vogt regelmäßig im Trio, musizieren seit zwanzig Jahren beim Kammermusikfest "Spannungen" in Heimbach. Dazwischen lag eine wichtige Zeit, in der sich Tanja Tetzlaff energisch von ihrem berühmten Bruder gelöst hat. 5. O-Ton Tetzlaff Das war auch gar nicht so einfach, es war eigentlich wie so eine kleine Pubertät, dass ich irgendwann angefangen habe, wirklich auch bockig zu reagieren, wenn wir zusammengespielt haben. Als es dann so losging, dass wir auch wirklich öffentliche Konzerte gespielt haben, dass ich dann so extra kritisch wurde und bei allem, was Christian dann angemerkt hat, erst mal kategorisch gedacht habe, nee, das kann ich jetzt nicht annehmen, denn dadurch begebe ich mich in so eine schwache Position. Und dann war es wirklich eine Zeitlang so, wenn wir Konzerte gespielt haben, dass ich auch verunsichert war und gedacht habe, darf ich jetzt hier nur spielen, weil ich die Schwester bin und das ist ein ganz ungesundes Gefühl, wenn man sich als eigenständige Person dahin begibt und was aussagen möchte. Aber ich glaube, ich musste da durch und in dem Moment, wo ich selber meine eigenen Projekte gemacht habe, konnte ich dann auch zurückkehren. Und jetzt ist es wirklich ganz wunderbar mit Christian zu spielen und zu denken, das ist ein Kollege, Freund, zufällig auch ein Bruder, der ähnlich tickt was Musikmachen angeht, vollkommen ohne Heldenverehrung, denn dazu kennen wir uns gegenseitig inzwischen viel zu gut. Musik: Tetzlaff Quartett Sprecherin Tanja Tetzlaff weiß, oft sind es gerade Geschwister oder Ehepartner, die nicht zusammenspielen können. Das Gefühl, sich behaupten zu müssen, steht der Freiheit beim Spielen im Weg. Auch an ihr zweites großes Vorbild, ihren Cellolehrer Heinrich Schiff, erinnert sich Tanja Tetzlaff heute mit ambivalenten Gefühlen. 6. O-Ton Tetzlaff Ich kann auf keinen Fall so mit Leuten umgehen, wie Heinrich manchmal mit Leuten umgegangen ist, der ist manchmal z.B. im Restaurant oder mit Förderern oder irgendwelchen Leuten, mit denen er eigentlich nichts zu tun hatte, da hat er irgendwie Dampf abgelassen, und die hat er zusammen geschrieen, das war dann regelmäßig so, dass er sich über irgendwas aufgeregt hat im Restaurant und verschwand dann in der Küche und wir hörten ihn schreien und wir haben wirklich so am Tisch gesessen und gedacht, um Gottes willen, ich gehöre nicht dazu. Da ist ganz viel auch als Negativbeispiel bei mir hängengeblieben. Das ist ja diese Sache mit Vorbildern. Je länger man die Vorbilder wirklich kennenlernt und zusammenarbeitet, dann mitbekommt, jedes Vorbild hat natürlich einfach ganz menschliche Seiten und auch im Beruf ist keiner unfehlbar, dann kommt man natürlich dahin, dass das langsam so ein bisschen abebbt und man auf den Teppich zurückkommt. Ich sehe da auch so ein bisschen die Gefahr, in dem Moment, wo man sich jemanden als Vorbild nimmt und den zum Helden hochstilisiert und denkt, man muss unfehlbar sein, um toll zu sein, da ist für mich der Knackpunkt, wo ich das eigentlich für schlecht halte. Ich versuche auch nicht unfehlbar zu sein, weder gegenüber den Studenten noch gegenüber den Kindern. Wenn ich zwischen zwei Proben und Haushalt und Kindern einfach so richtig schön genervt und ungerecht zu den Kindern bin, weiß ich, dass ich in dem Moment überhaupt kein Vorbild bin, sondern einfach nur überfordert und das sage ich dann aber hinterher auch, dass das nicht böse Absicht war und dass ich einfach überfordert war und ich glaube, dass ich dadurch ein ganz schönes Verhältnis zu meinen Kindern habe. Musik: Tetzlaff/Weithaas/Roberts/Tetzlaff. 2. Satz aus Quartett D804 Rosamunde von Franz Schubert Sprecherin Ob Eltern oder Lehrer, als Vorbilder sie uns mit ihrem Handeln, ihren Werten, ihrem Können, oft prägen sie weit über ihren Tod hinaus. Prägende Musiklehrer im 18. Jahrhundert waren etwa Johann Joachim Quantz, Flötist, Flötenbauer, Komponist, Verfasser eines wegweisenden Lehrbuchs für Flöte und Lehrer von Friedrich dem Großen. Oder Leopold Mozart, Geiger, Komponist, Autor einer umfassenden Violinschule, Lehrer und Manager seiner Kinder Wolfgang und Nannerl. Oder Friedrich Wieck, einer der großen Musikpädagogen Anfang des 19. Jahrhunderts. Vater von Clara Wieck, der späteren Frau Robert Schumanns. Die Erlaubnis zur Hochzeit mussten Clara und Robert gegen Widerstände des Vaters leidvoll erkämpfen. Der junge Schumann sieht in Friedrich Wieck jedoch noch keinen Kontrahenten, sondern einen Lehrer, den er vorbehaltlos bewundert. Musik: Sonate Nr.1 fis-Moll, op.11 von Robert Schumann Zitator 2 (aus: "Schumanns Schatten" von Peter Härtling, DTV, 1998, S. 86ff) Er ist neugierig auf ihn, denn immer wieder wird über ihn geredet: Der Wieck. Der große Klavierlehrer, der Eigentümer einer Pianofortefabrik. Der Betreiber einer Musikalienleihanstalt. Der erfinderische Kopf. Der Wieck. Dann steht er unterwartet vor ihm//. Eine "romantische Figur", ein möglicher künstlerischer Vater. Auf Anhieb ist Schumann beeindruckt. Der Mann ist nicht sonderlich groß, seine Stimme aber gewaltig und durchdringend. Wo er sich auch aufhält, macht er sich bemerkbar. Schumann bleibt in seiner Nähe, als er sich mit anderen Gästen unterhält, hört zu, wie er sich mit großer Kennerschaft über klavieristische Techniken auslässt und Moscheles kritisiert. Dass Wieck ihm ab und zu einen prüfenden Blick zuwirft, stimmt ihn glücklich. Nun hofft er nur noch darauf, dass Frau Agnes ihn zum Klavierspielen auffordere. Wieck muss ihn hören. Es könnte ja sein, dass er ihn dann von sich aus einlädt, wenigstens eine Stunde probeweise bei ihm zu nehmen. Weil er so verwirrt ist, endlich dem berühmten Wieck gegenüberzustehen, übersieht er das neunjährige Mädchen, das ihn begleitet. Er begrüßt es nicht. Wieck legt allerdings auch keinen Wert darauf, dass das Kind begrüßt wird. Es ist vorhanden, wie ein Teil von ihm. Ihr Köpfchen mit dem straff gekämmten, streng gescheitelten, dunklen Haar bleibt gesenkt. Sie wird von Carus ans Klavier gebeten: Bitte, Clara, zeig uns, was dein Vater dir beigebracht hat. So wird sie an ihr Instrument und in sein Bewusstsein gerufen. Ein Kind mit dem Namen Clara. Es bewegt sich gehorsam und rasch aus dem Schutz des Vaters zum Flügel. Ihr Spiel erstaunt ihn und macht ihm Angst. Sie spielt Czerny, wie er es nicht kann und wahrscheinlich nie können wird. Ihre Händchen, die sich auf den Tasten zu Händen auswachsen, können alles, Terzentriller, Fingerwechsel auf einer Taste, Doppeloktaven. Sie kann unglaublich zart anschlagen oder mit beinerner Härte. Bravo, Clara, ruft als erster Wieck und lässt die Gesellschaft wissen, dass das Kind demnächst im Gewandhaus debütiere. Nun sind Sie dran, bittet ihn Carus. Widerwillig setzt er sich an den Flügel. Warum jetzt? Warum nach diesem Kind? Mit einem Impromptu Schuberts antwortet er Clara, und Wieck antwortet ihm: Wenn Sie wollen, lieber Schumann, besuchen Sie mich in den nächsten Tagen. Wir können uns dann über die notwendigen Übungen unterhalten. Während Wieck ihm das sagt, schaut das Kind ihn an, den Kopf in den Nacken gehoben, die Augen etwas zusammengekniffen, und verzieht seinen kleinen, schön geschwungenen Mund zu einem Lächeln. Adieu, Herr Schumann. Adieu, Herr Wieck. Adieu, sagt das Kind. Adieu, Clara, erwidert er. Musik: Sonate Nr.1 fis-Moll, op.11 von Robert Schumann Sprecherin Wie es ist, als Lehrer Vorbild zu sein, das war für die Musiker des Henschel Quartetts eine Rolle, in die sie erst allmählich hineingewachsen sind. Die Bratschistin des Quartetts, Monika Henschel, erinnert sich gut, wie sie zu Beginn der Karriere Mitte der 90er Jahre mit einem Mal von Schülern und Fans bewundert wurden. 7. O-Ton Henschel Das ist kein leichter Prozess gewesen, muss ich zugeben. Irgendwann waren die Wettbewerbe, da waren wir Anfang 20, dann haben wir viel konzertiert, dann kommt dieser Punkt, da fühlt man sich am Anfang noch unwohl mit, weil man damit gar nicht richtig umgehen kann. O19 Mit der Bewunderung. Das ist uns allen Vieren gleichermaßen fremd. Vor allem dieser Schritt zum Akzeptieren oder zum Willkommen heißen dann auch, weil es einfach wiederum wichtig ist für die Beziehung zu einem Menschen, der kommt, ob das jetzt jemand ist, den ich 5 Minuten sehe nach einem Konzert oder ob es ein Schüler wird in einer Meisterklasse, es ist ja eine Beziehung. Und in dieser Beziehung ist es ja wichtig, wenn er einen bewundert, dass man sich natürlich positioniert. Wenn man das nicht zulässt, ist die Beziehung ungesund. Das war ein Lernprozess bei uns allen, bis wir uns da selbst reflektiert und wohlgefühlt haben. Dass wir gesagt haben, das ist so und ich freue mich über diesen jungen Menschen, der da kommt. Musik: Henschel Quartett. 2. Satz aus Streichquartett Nr.1 von Erwin Schulhoff Sprecherin Wobei die Grenzen vom Vorbild, das Lernprozesse in Gang setzt, zum überhöhten Idol fließend sind, betont Monika Henschel. 8. O-Ton Henschel Idol ist ja etwas, dem man komplett unkritisch gegenübersteht und was ich eigentlich noch viel schlimmer finde als das Unkritisch sein ist, dass man passiv ist dabei. Ein Idol ist ja nichts, was man anstrebt. Idol ist einfach schon so hoch auf dem Sockel, das strebt man nicht an, das bewundert man nur. Das impliziert Passivität. Während ein Vorbild, würde ich per Definitionem sagen, ist etwas, dem man nacheifert, das man erreichen will. Vorbild, da möchte man hin. Sprecherin Monika Henschel will sich nicht auf einen Sockel stellen lassen. Um ihre Studenten nach vorne zu bringen, setzt sie als Lehrerin vielmehr darauf, emphatisch zu bestätigen und positiv zu bestärken, statt zu kritisieren und allein die Schwächen zu benennen. Dass die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern dabei auch kulturell geprägt ist, erlebt das Henschel Quartett seit vielen Jahren bei Konzerten und Meisterkursen in Japan. 9. O-Ton Henschel Im Allgemeinen tendiert Japan dazu, das ist auch in der Tradition des Landes selbstverständlich begriffen, dass der Meister nicht reflektiert oder um es noch einen Schritt weiterzutreiben, der Meister wird nicht hinterfragt. Oder gar kritisch hinterfragt. Da gibt es ja diesen Ausdruck Zensai, Meister, das wird dort durchaus auch gelebt, auch bei der neuen Generation. Wir haben ja auch vor 20 Jahren schon, waren wir selber noch jung, junge Leute dort unterrichtet. Da war es ein unglaublich schwerer Schritt, wenn man ihnen gesagt hat, das stimmt alles was Du machst, das ist wunderbar, aber jetzt musst Du zum Performer werden. Du musst das, was Du hier technisch gut machst, erleben. Und dieses Erlebnis als Performer auch noch teilen mit einem Publikum. Und dieser Schritt, dass tatsächlich diese Persönlichkeiten sich öffnen, den fanden wir häufig sehr, sehr schwierig zu gehen und das ist etwas, was wir beobachten, die junge Generation, die ist natürlich unwahrscheinlich viel individueller als die Generation davor. Das Internet lässt grüßen. Die haben auch alle ihre eigenen Ideen. Sie werden trotzdem nicht so weit gehen, den Lehrer oder Meister offen zu hinterfragen. Sprecherin Natürlich ist es leicht, im Internet Idole zu stilisieren, weil Glanz und Glamour abgebildet, Schwächen hingegen ausgeblendet werden. Gefahren und Chancen für Kinder und Jugendliche liegen hier für Monika Henschel dicht beieinander. 10. O-Ton Henschel Einmal die unglaubliche Suchtgefahr, da gibt es genügend sehr kluge Leute, die sich damit befassen, da als Erziehender ein Gefühl zu vermitteln demjenigen, dem man helfen will für eine Zeitkontrolle. Das ist das eine. Und das zweite, wovor ich Angst hatte, ich seh das ja bei meinen eigenen Kindern, dass die sich verlieren ob dieser immensen Überflutung und da hab ich dann doch festgestellt, offenbar hat der Mensch ein Regulativ, denn ich hab bei sämtlichen Studenten in der Musik und meinen Kindern und deren Freunden in anderen Bereichen festgestellt, dieses Regulativ führt trotz der Überflutung dazu, dass sie sich reduzieren und fokussieren auf ein paar Leute und da ist dann wieder der soziale Aspekt wichtig, die Kinder sind vernetzt, auch wenn sie bei youtube sind, sind sie ja nicht alleine unterwegs, sondern sind nach wie vor mit ihren Freunden vernetzt und gucken sich sogar gemeinsam irgendwelche Dinge an. Da ist meine Befürchtung Gott sei Dank ausgehebelt worden. Der Mensch hat dieses Regulativ, nur ist es offenbar ganz schwierig sich nicht zu verlieren zeitlich, dass man eben das Leben nebenher auch noch wahrnimmt. Sprecherin Nicht im Netz, sondern im realen Leben hat sich eine der weltbesten Geigerinnen in jungen Jahren verloren. Midori. Jahrgang 1971. Geboren in Japan. Ein Wunderkind. Mit vier nimmt sie zum ersten Mal eine Geige in die Hand. Mit sechs spielt sie die Paganini-Capricen. Mit 12 gibt sie ihr erstes Konzert mit den New Yorker Philharmonikern unter Zubin Mehta. Frenetischer Beifall, jubelnde Presse, verzücktes Publikum. Midori ist Anfang Zwanzig, als sie zusammenbricht. Sechs Jahre gibt sie keine Konzerte. Erst 1999 kehrt sie nach mehreren Klinikaufenthalten auf die Bühne zurück. In ihrer Autobiographie hat sich Midori den Druck von der Seele geschrieben. Hier erzählt sie, wie die Stimme der Mutter zum "Inneren Aufpasser" wird, wie sie viel zu früh alleine auf Tournee geschickt wird, sie irgendwann nicht mehr weiterkann. Magersucht, Tabletten, Depressionen. Klinikaufenthalte. Lange hat Midori gebraucht, um zur Bühne zurückzukehren. Musik: Midori. 2. Satz aus Tales of an Old Grandmother, op.31 von Sergej Prokofjew Archiv 6053617 Track 7 Oder: "Pression" von Helmut Lachenmann Zitatorin (Literatur: Einfach - Midori) Es war eine schreckliche Zeit. 1994 hatte ich von psychischen Erkrankungen wie Anorexie oder Depressionen keine Ahnung und wusste auch nicht, dass man so etwas stationär behandeln muss. // Meine Passivität war vermutlich Folge meines hohen Tranquilizerkonsums sowie meiner schweren Depression. Sicher spielte auch die Unterernährung eine Rolle. // Zunächst wurde ich in die Akutstation eingeliefert, in der ich fast die ganze Zeit durchschlief. Nach ein paar Wochen in der geschlossenen Abteilung versuchten die Ärzte, meine Tranquilizer abzusetzen - mit der Folge, dass ich unter Entzugserscheinungen litt. // Nächtelang plagte mich Schlaglosigkeit. Keine Möglichkeit, meinem Schicksal zu entfliehen, eingesperrt in eine Klinik, wo mithilfe von künstlicher Ernährung alles dafür getan wurde, mein Verweilen auf der Erde zu verlängern. Ich musste diesem Zustand ein Ende bereiten - nicht, weil ich es in der Klinik, sondern weil ich es in mir selbst nicht mehr aushielt. Wenn ich nachts in meinem Bett lag, hörte ich das teuflische Lachen des "Inneren Antreibers", wie er sich an meinem Unglück labte. // Wenn ich morgens aufwachte und feststellen musste, am Leben zu sein, war dies kaum zu ertragen. Mein Hass auf mich selbst war immens. Dabei hatte ich alles, was das Herz einer aufstrebenden jungen Geigerin nur begehren konnte: eine viel versprechende Karriere, einen Plattenvertrag, jede Menge Auftrittsmöglichkeiten, ohne mich darum bemühen zu müssen. Mehr als alles andere in der Welt wünschte ich mir freilich aus den Untiefen, in die ich geraten war, wieder aufzutauchen. Ich hatte ein Leben im Licht führen wollen, hatte es versucht, war gescheitert, und nun hatte ich den Mut verloren. Es war ein Teufelskreis, aus dem es keinen Ausweg zu geben schien. Ich saß in der Falle. Sprecherin Durch unnachgiebige Strenge, einen nicht erfüllbaren Perfektionsanspruch, der selbstzerstörerischen Verknüpfung von Leistung und Selbstwert, sozialer Isolation. Wenn die hochbegabte Geigerin heute den Geigenkasten aufklappt, das weiße Seidentuch über der grünen Samtvertiefung zurückschlägt und ihre Guarneri del Gesù in die Hand nimmt, begrüßt sie einen Freund. Entkommen ist Midori dem Teufelskreis von falschen Vorbildern und Idealen, als sie ihr Projekt "Midori & Friends" ins Leben rief. Damit bahnte sie sich einen Weg zurück in die Welt - bis zu jenen Orten, an denen eine Geige eigentlich keine Rolle spielt: an Schulen in sozialen Brennpunkten, in Jugendzentren, Heimen, Krankenhäusern. Manch einer vermutete dahinter eine geschickte Strategie zur Selbstvermarktung. Für Midori war es ein Weg zurück ins Leben. Musik: Mädchenchor am Kölner Dom Sprecherin Von einem Ideal, das ab einem bestimmten Alter nicht mehr zu ihr passte, musste sich die Sängerin Anna Lucia Richter lösen. Das Ideal einer Stimme, das sie am klaren Klang des Mädchenchores am Kölner Dom entwickelt hatte, in dem Anna Lucia Richter als Kind mit hellem Sopran die höchsten Partien gesungen hatte. 11. O-Ton Richter Dieses Klangideal eines Mädchenchores ist natürlich sehr, sehr gerade, fast kein Vibrato, ein, wenn ich es frech ausdrücke, Laserklang, fast sinusmäßig und das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich habe dann irgendwann gemerkt, vielleicht zwei, drei Jahre nachdem ich schon aus dem Chor raus war, dass ich immer noch dieses Ideal im Kopf hatte, so muss meine Höhe klingen und so kann aber eine erwachsene Stimme nicht mehr klingen und so kann vor allem eine solistische Stimme nicht klingen. Das ist für den Mädchenchor perfekt, weil es sich gut mischt und weil es einen schönen Gesamtklang macht, aber es ist nicht rund und es ist mit Kraft verbunden, die einem dann woanders fehlt, wenn man solistisch singt und das war ein ziemlich langer Prozess, der sogar jetzt vielleicht in manchen Stellen noch nicht ganz abgeschlossen ist, sich von diesem Klangideal zu lösen und hin zu diesem runderen, fraulicheren Klang zu gehen, zu diesem verbundeneren Klang sozusagen und davon musste ich mich wirklich sehr hart verabschieden. Musik: Anna Lucia Richter, Improvisation mit Michael Gees, Klavier 12. O-Ton Richter Wir Frauen haben ja durchaus auch einen Stimmbruch, der nur nicht so wahrgenommen wird und durch den wir eigentlich hindurchsingen, was nicht unbedingt einfach ist, weil plötzlich Dinge nicht mehr funktionieren, die immer funktioniert haben und ich erinnere mich, dass es da eben eine Zeit gab, wo ich plötzlich merkte, da ist was anstrengend und dann habe ich zu meiner Mutter gesagt, ich will Altistin werden, ich will nie wieder hoch singen und da hat sie dann mir auch sehr geholfen, da durchzukommen. Das waren so kleine Abschiede von diesem Klangideal hin zu dem eigene-Stimme-finden. Und da ist es ganz gut, wenn man verschiedene Mentoren und Vorbilder hat, an denen man sich orientiert. Dieses Vorbild ist zum Beispiel Arleen Augér was ihre intelligente Herangehensweise an Interpretation angeht und was ihre Klarheit angeht und was ihre Herangehensweise an Technik betrifft ein tolles Vorbild für mich. Aber was ihr Repertoire betrifft, ist sie überhaupt kein Vorbild für mich, weil ihre Stimme einfach höher ist als meine und es für mich eben nicht gut wäre, wenn ich das singen würde, was sie in meinem Alter gesungen hat und da zu differenzieren, der eine ist vielleicht in einem Lebensbereich ein Vorbild für einen und der andere ist in einem anderen Bereich ein Vorbild für einen. Sprecherin Die Ablösung von der Mutter, bei der Anna Lucia Richter im Mädchenchor so viele Jahre unterrichtet worden war, verlief undramatisch. Die Mutter ließ die Tochter ihrer Wege ziehen, als sie nach ihrem Austritt aus dem Mädchenchor andere Lehrer suchte, mit denen sie vieles ausprobierte, was die Mutter eher nicht gutgeheißen hätte. 13. O-Ton Richter Sie war klug genug, das mir gar nicht zu zeigen, ich habe es trotzdem manchmal gerochen, wie man das eben so hat bei Mutter und Tochter. Aber ich musste mich natürlich dementsprechend von ihr lösen, dass ich nicht immer geschielt habe, findet sie das jetzt gut oder nicht, oder würde sie das auch so machen. Aber es musste Gott sei Dank zwischen uns nicht zum Bruch kommen und da habe ich sowieso in meiner Laufbahn bisher Glück, dass es eigentlich keine wirklich schlimmen Brüche gab, von denen ich so berichten könnte. Sprecherin Es ist diese Mischung aus spielerischer Neugier und hohem künstlerischem Anspruch, mit der Anna Lucia Richter ihre Stimme kontinuierlich weiterentwickelt. Eine Arbeit, die nie abgeschlossen sein wird. 14. O-Ton Richter Das ist für uns Sänger ein lebenslanger Prozess, weil unsere Stimme sich sekündlich, stündlich, täglich, jährlich ändert, und das ist eigentlich auch etwas, was mich an diesem Beruf so fasziniert, weil es natürlich auch auf der einen Seite immer Möglichkeiten offenhält und es wird dadurch natürlich auch nie langweilig, weil man immer Neues entdeckt. Andererseits fordert es natürlich auch ziemlich viel von einem, weil man sich nie zurücklehnen darf und diese Stimmarbeit ist natürlich schon auch eine sehr disziplinierte Arbeit, dass man sich jeden Tag dransetzt und schaut, was hat meine Stimme mir heute zu sagen. Wo sind die Ecken und Kanten und wo umarme ich sie sozusagen einmal und wir gehen ein Stückchen weiter und an welchen Stellen will sie vielleicht einfach gerade mal in Ruhe gelassen werden, damit sie sich weiterentwickeln kann. Sprecherin Im Barock, als es Frau noch verboten war, in Kirchenchören und Konzerten zu singen und übernatürlich hohe Stimmen als Ideal galten, wurden unzählige Knaben im Kindesalter entmannt, für einen engelsgleich reinen Klang ihrer Stimmen. Allein in Italien sollen es im 18. Jahrhundert 500.000 Jungen gewesen sein. Wer die gefährliche Operation überlebte und tatsächlich musikalisch genug war, konnte es schaffen und als Kastrat in der Gunst von Päpsten und Adel stehen. Farinelli, Caffarelli, Salimbeni oder Porporino gehörten zu den berühmtesten Kastraten ihrer Zeit. Überragende, als Idole verehrte Virtuosen. Musik: Philippe Jaroussky, Monteverdi Archiv 6500387 Zitatorin (Literatur "Der Virtuose" von Margriet de Moor) Der Junge darf nicht älter als zwölf sein, zwölf ist die Grenze, doch schon geraume Zeit davor muss der zum Singen bestimmte Knabe im Auge behalten werden. Nur ein Kenner sieht, dass die Rundung der Kieferpartie knochiger wird. In den Augen schimmert eine Mattigkeit, die verrät, dass Haut und Blut zu suchen beginnen. Das ist der Wendepunkt. Lippen und Wangen sind noch die eines Kindes, aber die Bewegungen werden ungelenker, und das gibt den Ausschlag: Morgen werden die Pferde eingespannt. Der Eingriff in Norcia ist nicht besonders schwer. Nur jeder vierte Junge überlebt ihn nicht. Der Chirurg setzt alles daran, die Samenstränge und Hoden zu entfernen, ohne sonst irgend etwa zu beschädigen. Wenn das gelingt - und das ist häufig genug der Fall - erlangt das Kind, nachdem die Wunde verheilt ist, sein normales Körpergefühl und alle Lebenslust wieder. Der Junge wird sich entwickeln, und die ihm verbliebenen Drüsen werden seinen Körper der ungewöhnlichen Umstände wegen mit ein paar originellen, unschuldigen, reizvollen Akzenten ausstatten. Mit einer Haut, die weich und nahezu unbehaart ist. Mit einem Brustkorb, der äußerst geübten Lungen reichlich Raum bietet. Und mit einem vollendet modellierten Kehlkopf, der eine Stimme voller schmerzlicher Schönheit hervorbringt, eine Stimme, die bewegt, berauscht, die von einer Welt außerhalb der Welt zeugt, aber dennoch zu einem ganz normalen Körper gehört: warm und voll dunkler Sehnsüchte. Musik: Philippe Jaroussky, Montevrdi Archiv 6500387 Musik: Carolin Widmann (oder Michèle Auclair) 15. O-Ton Widmann Ich habe auch heute noch, das hüte ich wie meinen wertvollsten Schatz, weil sie leider nicht mehr lebt, ich habe ein paar Notizen von ihr, wo sie in den Semesterferien mir Listen gemacht hat, woran ich arbeiten muss, welches Repertoire gut für mich wäre und da hat sie immer geschrieben, du musst arbeiten, wie ein Handwerker, nicht wie ein Künstler. Sie hat immer gesagt, Künstler das haste alles. Das werde ich nie vergessen. Sprecherin Bis heute ist Carolin Widmann Michèle Auclair dankbar. Auch wenn sie als junge Geigerin unter der Strenge ihrer 2005 verstorbenen Lehrerin oft gelitten hat. Aber genau diese Strenge hat Carolin Widmann gesucht, um den hohen Anforderungen als Solistin, Professorin und zweifache Mutter über Jahre hinweg zu genügen. 16. O-Ton Widmann Das denke ich bis heute, wenn ich die Geige in die Hand nehme jeden Tag, tu deine Arbeit als Handwerker, das ist immer das erste wirklich, das hat sich so eingeprägt und insofern bin ich ihr auch so unendlich dankbar und insofern ist es auch alles vergessen. Das Leid ist so viel weniger als das, was es mir Positives gibt und sie hat ja an mich geglaubt, sonst hätte sie doch nicht so viel investiert. Das ist doch auch eine Investition, so viel Zeit mit jemand zu verbringen und sich Gedanken zu machen. Also die Frau hat mich um 8 Uhr morgens angerufen und bist du am Üben, ich bin gerade noch im Bett, na gut in einer halben Stunde treffen wir uns und du spielst mir die C- Dur-Tonleiter vor. Da musste sie ja auch aufstehen und in die Hochschule gehen. Solche Sachen gab's da eben und die haben mich so geprägt und so viel stärker gemacht und auch so überzeugt, dass das der richtige Weg ist. Unser Beruf ist so hart, es kann man sich überhaupt gar nicht vorstellen und das waren so die Sitzungen, die haben mich wirklich vorbereitet für das, was in einem Solistenleben so manchmal vorkommen kann. Ich glaube, was ich gelernt habe ist, das ist nicht mal Härte, Härte klingt immer so negativ behaftet in unserer Kultur, aber so eine Geradlinigkeit ohne Selbstmitleid. Sie hatte so ein hartes Leben, wenn ich mir das überlege, sie hat ein Kind bekommen, als sie 18 war, das war alles mitten im Krieg, dann musste sie das Kind alleine erziehen, hatte noch eine Karriere. Damals gab's das noch nicht so, dass man Kind und Karriere unter einen Hut brachte, das hat sie alles hingekriegt mit einem geigerischen Niveau zum Niederknien und sie hat, glaube ich, niemals gejammert. Das ist mir aufgefallen und für mich war das entscheidende, dass ich jemanden getroffen habe, der so sein Leben gelebt hat. Das habe ich gesehen und das habe ich mitbekommen und so wie sie war, hat sie ihr Leben gelebt zu 100%. Und die Gespräche sind so klar gewesen, die man mit ihr geführt hat, sie hatte so einen klaren Geist. Will ich so sein? Nein, aber ich will genauso, wie ich bin, mein Leben leben zu 100%. Das ist für mich bis heute eine große Inspiration. Musik: Carolin Widmann 17. O-Ton Widmann Meine einzige Trauer ist, dass sie mich nicht sehen kann, jetzt könnte ich ihr wirklich die Früchte ihrer Arbeit zeigen und sie ist gestorben, weit bevor ich das hätte behaupten können und das tut mir so leid. Ich weiß auch noch den Moment, wie ich gespielt habe in einem Wettbewerb in Paris und ich bin nicht ins Finale gekommen damals. Aber ich weiß noch, wie Michèle Auclair mich eingeladen hat zum Abendessen und sie gesagt hat, seit dem heutigen Tag weiß ich, dass du es schaffst! Aber ich würde ihr so gerne zeigen, dass ich es geschafft habe. Ich glaube, sie wäre schon sehr stolz, wenn sie sehen würde, dass ich meinen Lebensunterhalt mit Geige spielen bestreite. Insofern würde ich ihr schon wahnsinnig gerne zeigen, dass wirklich sie jeden Tag Einfluss auf mich hat. Sobald ich den Geigenkasten öffne, denke ich an sie und ich bin nicht ein Mensch, der jetzt ein Foto von ihr in den Geigenkasten tut, so platt läuft das nicht ab. Aber jetzt gerade habe ich zwei Preise gewonnen, da gibt's schon so Momente, wo ich ihr einen Gruß in den Himmel schicke. Musik: Carolin Widmann Absage: "Glühend bewundert, schmerzlich entzaubert. Eine Lange Nacht über Vorbilder in der Musik". Von Sylvia Systermans. Es sprachen: Ton: Technik: Regie: Burkhard Reinartz Redaktion: Monika Künzel. Musik Musikliste 1. Stunde Titel: aus: Suite für Violoncello solo, op. 87, (4) Barcarola. Lento Länge: 01:46 Solist: Tanja Tetzlaff (Violoncello) Komponist: Benjamin Britten Titel: Konzert für Violine und Orchester Nr.3 G-Dur KV216 Länge: 01:57 Solist: Carolin Widmann (Violine) Orchester: NDR Radiophilharmonie Dirigent: Andrew Manze Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart Titel: Moto perpetuo, op. 11 Bearbeitet für Violine und Klavier Länge: 00:52 Solisten: Itzhak Perlman (Violine), Samuel Sanders (Klavier) Komponist: Niccoló Paganini Label: Emi Best.-Nr: 747467-2 Titel: Cantabile für Violine und Gitarre D-Dur, op. 17 (M.S. 109) Länge: 02:30 Solisten: Rainer Kussmaul (Violine), Sonja Prunnbauer (Gitarre) Komponist: Niccolò Paganini Label: MDG Best.-Nr: 6031169-2 Titel: Pression für einen Cellisten Länge: 00:44 Solist: Michael M. Kasper (Violoncello) Komponist: Helmut Lachenmann Label: ENSEMBLE MODERN MEDIEN Best.-Nr: EMCD-006 Titel: How sweet the answer aus: Folks song Arr. Vol4 Moore' Irish melodies Länge: 02:29 Solisten: Anna Lucia Richter (Sopran), Michael Gees (Klavier) Komponist: Benjamin Britten Titel: Auf dem Wasser zu singen. Für Singstimme und Klavier, D 774 (op. 72) Länge: 02:13 Solisten: Arleen Auger (Sopran), Lambert Orkis (Hammerklavier) Komponist: Franz Schubert Label: VIRGIN CLASSICS Best.-Nr: 791195-2; 261252 Titel: aus: "Ebben si vada" - "Io ti lascio". Rezitativ und Rondo für Sopran, Oboe, Klavier und Orchester (Ich verlasse dich, und ob dieser Abschied), (2) "Io ti lascio, e questo addio". Rondo Länge: 00:56 Solist: Philippe Jaroussky (Countertenor) Orchester: Le Cercle de l'Harmonie Dirigent: Jérémie Rhorer Komponist: Johann Christian Bach Label: VIRGIN CLASSICS Best.-Nr: 5099968572600 Titel: aus: Suite für Violoncello solo Nr. 2 d-Moll, BWV 1008, (1) Prélude (ME 2'57) Länge: 02:09 Solist: Heinrich Schiff (Violoncello) Komponist: Johann Sebastian Bach Label: EMI CLASSICS Best.-Nr: 574179-2 Titel: aus: Suite für Violoncello solo, op. 87, (4) Barcarola. Lento Länge: 00:53 Solist: Tanja Tetzlaff (Violoncello) Komponist: Benjamin Britten Titel: aus: Pini die Roma, 3. Satz: Die Pinien auf dem Janiculum. Lento Länge: 01:46 Orchester: Radio-Sinfonie Orchester Stuttgart Dirigent: Sergiu Celibidache Komponist: Ottorino Respighi Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 453191-2 Titel: dritter Satz "Intermezzo" aus: Streichquartett a-Moll, op.13 Länge: 04:40 Ensemble: Henschel Quartett Komponist: Felix Mendelssohn Bartholdy Label: Ariola Arte Nova Classics Best.-Nr: 82876640092 2. Stunde Titel: towards the light Länge: 01:41 Interpret: Markus Stockhausen (Trompete) Komponist: Markus Stockhausen, Jörg Brinkmann, Angelo Comisso, Christian Thomé Plattentitel: Quadrivium Titel: Scales Länge: 01:08 Interpret: Manfred Schoof Quintett Komponist: Manfred Schoof Label: ECM-Records Best.-Nr: 1780453 Plattentitel: Resonance Titel: Michaels Reise, für Orchester (Fassung für Trompeter, 9 Mitspieler und Klangregisseur) Länge: 00:18 Solist: Markus Stockhausen (Trompete) Ensemble: Ensemble Dirigent: Karlheinz Stockhausen Komponist: Karlheinz Stockhausen Label: ECM-Records Best.-Nr: 437188-2 Titel: aus: Tierkreis - 12 Melodien der Sternzeichen Realisation 1 für Baßklarinette, Posaune, Akkordeon, Schlagzeug, Violoncello, Kontrabaß und Spieluhren Realisation 2 für 6 Improvisatoren, Spieluhren und Zuspielband, Nr. 1: Steinbock (Realisation 2) (attacca) Länge: 00:46 Ensemble: Ausführende Dirigent: Mike Svoboda Komponist: Karlheinz Stockhausen Label: Wergo Best.-Nr: 6659-2 Titel: aus: Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur, Hob. VIIe: 1, 3. Satz: Finale. Allegro Länge: 01:19 Solist: Markus Stockhausen (Trompete) Orchester: Radio-Symphonie-Orchester Berlin Dirigent: Karlheinz Stockhausen Komponist: Joseph Haydn, Karlheinz Stockhausen Label: ACANTA Best.-Nr: 43813 Titel: aus: Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur, Hob. VIIe: 1, 1. Satz: Allegro Länge: 00:28 Solist: Markus Stockhausen (Trompete) Orchester: Radio-Symphonie-Orchester Berlin Dirigent: Karlheinz Stockhausen Komponist: Joseph Haydn, Karlheinz Stockhausen Label: ACANTA Best.-Nr: 43813 Titel: Oberlippentanz aus: Samstag aus Licht, 3. szene Luzifers Tanz Länge: 00:28 Solist: Markus Stockhausen (Trompete) Komponist: Karl Heinz Stockhausen Titel: Carré für vier Orchester und vier Chöre Länge: 00:36 Chor: Rias Kammerchor Dirigent: Mark Foster Komponist: Karlheinz Stockhausen Titel: Electric Treasures Six Länge: 03:41 Interpret: Markus Stockhausen (Trompete) Komponist: Markus Stockhausen, Vladyslav Sendecki, Arild Andersen, Patrice Héral Label: Aktivraum Best.-Nr: AR10107 Plattentitel: Electric Treasures Titel: Horizons Länge: 01:08 Interpret: Manfred Schoof Quintett Komponist: Manfred Schoof Label: ECM-Records Best.-Nr: 1780453 Plattentitel: Resonance Titel: Tropi Länge: 01:34 Interpret: Manfred Schoof Quintett Komponist: Alexander von Schlippenbach Label: L + R Records Best.-Nr: CDLR661929 Plattentitel: Frankfurt Sound: Past & presence of a Jazz movement Titel: So what Länge: 01:32 Interpret und Koponist: Miles Davis (Trompete) Label: COLUMBIA Best.-Nr: CK65418 Plattentitel: Greatest Hits Titel: Seven Steps to Heaven Länge: 02:39 Interpret und Komponist: Miles Davis (Trompete) Label: COLUMBIA Best.-Nr: CK65418 Plattentitel: Greatest Hits Titel: Konzert für Trompete und Orchester Länge: 01:37 Solist: Håkan Hardenberger (Trompete) Orchester: Sinfonieorchester des Südwestfunks Dirigent: Michael Gielen Komponist: Bernd Alois Zimmermann Label: Philips Best.-Nr: 434114-2 Titel: For Marianne Länge: 02:24 Interpret: Manfred Schoof Quintett Komponist: Manfred Schoof Label: ECM-Records Best.-Nr: 1780453 Plattentitel: Resonance Titel: Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne. Ekklesiastische Aktion für 2 Sprecher, Basssolo und Orchester Länge: 00:56 Solisten: Andreas Schmidt (Bass), Gerd Böckmann, Robert Hunger-Bühler (Sprechstimmen) Orchester: WDR Sinfonierorchester Köln Dirigent: Heinz Holliger Komponist: Bernd Alois Zimmermann Label: ECM-Records Best.-Nr: 0028947668855 Titel: Rose Länge: 03:49 Interpret: Markus Stockhausen (Trompete) Komponist: Markus Stockhausen, Ferenc Snétberger Label: Enja Records Best.-Nr: ENJ-95112 Plattentitel: Streams 3. Stunde Titel: Emergenzen Länge: 05:45 Interpret: Markus Stockhausen & Florian Weber Komponist: Florian Weber Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM2477 Plattentitel: Alba Titel: Zephir Länge: 00:25 Interpret und Komponist: Markus Stockhausen Label: Aktivraum Best.-Nr: AR10103 Plattentitel: Thinking about Titel: aus: Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello Nr. 2 a-Moll, op. 13 (MWV R 22), 1. Satz: Adagio - Allegro vivace Länge: 02:28 Ensemble: Tetzlaff Quartett Komponist: Felix Mendelssohn Bartholdy Label: CAvi-music Best.-Nr: 8553266 Titel: aus: Konzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester C-Dur, op. 56, 2. Satz: Largo Länge: 01:22 Solist: Lars Vogt (1970-)(Klavier) Orchester: Royal Northern Sinfonia Dirigent: Lars Vogt Komponist: Ludwig van Beethoven Label: ONDINE Best.-Nr: 1297-2 Titel: aus: Fantasie für Klavier C-Dur, op. 17, 2. Satz: Mäßig. Durchaus energisch Länge: 01:24 Solist: András Schiff (Klavier) Komponist: Robert Schumann Label: ECM-Records Best.-Nr: 4763910 Titel: aus: Variationen über ein Thema von Robert Schumann für Klavier, op. 20, Variation 1 Länge: 00:49 Solist: Ragna Schirmer (Klavier)(Instrument: Julius Blüthner, Leipzig 1856) Komponist: Clara Schumann Label: BERLIN Classics Best.-Nr: 0300683 BC Titel: Pression für einen Cellisten Länge: 00:23 Solist: Michael M. Kasper (Violoncello) Komponist: Helmut Lachenmann Label: ENSEMBLE MODERN MEDIEN Best.-Nr: EMCD-006 Titel: zweiter Satz aus: Streichquartett Nr.1 Länge: 01:20 Ensemble: Henschel Quartett Komponist: Erwin Schulhoff Label: NEOS Best.-Nr: 2886897 Titel: aus: Cum essem parvulus Länge: 02:56 Chor: Mädchenchor am Kölner Dom Dirigent: Oliver Sperling Komponist: Bengt Johansson Titel: Zauberblick Länge: 01:22 Solisten: Anna Lucia Richter (Sopran), Michael Gees (Klavier) Komponist: Anna Lucia Richter, Michael Gees Titel: aus: Lamento della ninfa. Madrigal für 4 Singstimmen und Basso continuo (Klagelied der Nymphe8. MadrigalbuchAmor, sprach sie, hielt inne und blickte zum Himmel), Nr. 2: Amor, dicea il ciel mirando, il piè fermo Länge: 03:13 Solisten: Nuria Rial (Sopran), Cyril Auvity (Tenor), Jan van Elsacker (Tenor), Nicolas Achten (Bariton) Ensemble: L'Arpeggiata Dirigent: Christina Pluhar Komponist: Claudio Monteverdi Label: VIRGIN CLASSICS Best.-Nr: 5099923614024 Titel: Si dolce è 'l tormento che in seno mi sta. Madrigal für Singstimme und Basso continuo (So süß ist die Qual, die in meiner Brust wohnt) Länge: 02:44 Solist: Philippe Jaroussky (Countertenor) Ensemble: L'Arpeggiata Dirigent: Christina Pluhar Komponist: Claudio Monteverdi Label: VIRGIN CLASSICS Best.-Nr: 5099923614024 Titel: Tzigane für Violine und Orchester Länge: 01:02 Solist: Michel Auclair (Violine) Orchester: Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig Dirigent: Heinz Rögner Komponist: Maurice Ravel Titel: aus: Sonate für Violine solo (Nr. 2) a-Moll, op. 27 Nr. 2, 2. Satz: Malinconia. Poco lento Länge: 00:33 Solist: Carolin Widmann (Violine) Komponist: Eugène Ysaye Label: TELOS RECORDS Best.-Nr: TLS 116 Titel: aus: Konzert für Violine und Orchester d-Moll, WoO 23, 2. Satz: Langsam Länge: 05:46 Solist: Thomas Zehetmair (1961-)(Violine) Orchester: Orchestre de Chambre de Paris Dirigent: Thomas Zehetmair Komponist: Robert Schumann Label: ECM-Records Best.-Nr: 2396 Glühend verehrt, schmerzlich entzaubert Eine Lange Nacht über Vorbilder in der Musik Seite 2