COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Zwischen Kunst, Kommerz & Kriminalität Die Graffiti-Szene in Berlin Autorin Ulrich, Adama Redaktion Stucke, Julius Regie Brennecke, Gabriele Länge 20 Minuten Sendung 27.07.2012 - 13 Uhr 07 So bunt und vielfältig wie die Hauptstadt sind auch ihre Wände und Straßenkünstler. Immer noch. Graffiti - in den 80er und 90er Jahren ein fester Bestandteil der Jugendkultur lebt und präsentiert sich bis heute. In unterschiedlichsten Ausprägungen. Es gibt die Straßenkünstler, die ihre Kunst und ihren Kick immer noch im illegalen besprühen von Wänden oder U-Bahn-Zügen suchen und finden - andere, die in legalem Auftrag als Streetart Künstler eingekauft werden - und solche, deren Kunst sich in Galerien wiederfindet. Das bunte Berlin - eine Bestandsaufnahme der Graffiti-Szene. M A N U S K R I P T B E I T R A G (Matte) Graffiti ist eine Lebenseinstellung. Manchmal peile ich gar nicht, dass meine Frau neben mir steht und mich vollquatscht. Die fragt mich irgendwas und ich verstehe es nicht, weil, ich bin in meinem Bild und bin dann einfach weg. Male vor mich hin. Das lebt man. Das macht man nicht einfach so. Man lebt es. ... Ansonsten bleibe zu Hause und spiele X-Box. Matte, so sein Künstlername, malt seit 1997 Graffitis an Wände und Züge. Groß geworden ist er im Ostteil Berlins, im Prenzlauer Berg. Die Graffitiszene habe sich in den letzten Jahren verändert, meint Matte - und Sprayer Gomez stimmt ihm zu. (Matte und Gomez) Es gibt viele Jungsche. Die wissen nicht, was Graffiti bedeutet. Die haben keinen Plan. Die machen nur kaputt. Sie zerstören nur mit Farbrolle irgendein großes neues Haus und das ist - na ja, kein Wunder, dass die Leute das nicht gut finden. Wenn sie was Vernünftiges machen würden, dann würden die Leute das auch besser finden. Aber wenn alles nur voll gekliert und beschmiert ist und da kein Sinn und Verstand hinter ist, dann hat es auch gar keinen Sinn. ... Finde ick och. ... Hauptsache schnell, Hauptsache groß. Die zerstören dann auch Sachen, wo wir ne Stunde rum gehangen haben und mal richtig bunt, geil gemalt haben. Mai 2012. Matte und Gomez stehen in einer halb verfallenen Halle im ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk, kurz RAW, in Berlin Friedrichshain. Auf dem großen Areal unterhalb der Warschauer Brücke, locken etliche Bars und Clubs junge Leute und Touristen an. Unter dem Motto "Wände ohne Ende" findet hier eine legale Graffitiaktion statt. Matte bemalt mit seiner Crew eine rote Backsteinmauer mit comichaften Figuren. (Matte) Und zwar, untergehender Tanker, Chemiewerk mit auslaufender Soße, die rin ins Meer gepumpt wird - alles Verpestung durch den Menschen. Irgendwelche Pelikane, vollgeschmaddert mit Öl. Das wollen wir rüber bringen, dass die Menschen die ganze Erde einfach nieder machen. Wir achten Mutter Natur gar nicht. Egal wo wir hin wollen, wir reißen einfach alles ab. (Jurij Paderin) Graffiti ist eben nicht Sitze aufschlitzen und Scheiben zerkratzen. Es ist nicht nur Vandalismus. Es ist auch Kunst. Jurij Paderin gehört zur Graffiti Lobby Berlin, die die Veranstaltung organisiert hat. 1990 ist er mit seinen Eltern von St. Petersburg nach Berlin gezogen. Ein paar Jahre später hat er begonnen, Wände zu bemalen. (Jurij Paderin) Als jemand der nicht gut deutsch sprechen konnte, wurde ich immer gehänselt. Da habe ich mir eine Nische gesucht, wo ich mir Respekt verschaffen konnte. Ich habe 96 angefangen zu malen in Berlin und habe viele Kontakte aufgebaut. ... Das hat mir gefallen. Die HipHop und Graffitiszene hat mir sehr viel gegeben in meinem Leben. Allerdings gab es auch viel Ärger. Immer wieder wurde Jurij bei illegalen Aktionen von der Polizei auf frischer Tat ertappt. (Jurij Paderin) Irgendwann meinte der Richter zu mir. Herr Paderin, wenn wir sie noch mal erwischen, müssen wir sie leider nach Russland zurück schicken. Damals war Russland für mich Armee, Tschetschenien oder so. Eine Kugel in den Kopf, das wollte ich nicht. Da habe ich mir gesagt, dann bleibe ich trotzdem in der Szene, gehe aber nicht mehr illegal malen, sondern kläre Wände für die Leute, wo sie sich veröffentlichen können. Und so kam es zu der Aktion auf dem RAW Gelände, wo sich neben einigen Bars und Discotheken, einer Skaterhalle und mehreren Kletterwänden etliche marode Lager- und Rangierhallen befinden. (Jurij Paderin) Den Leuten ist es egal, welche Wand sie malen. Sie sind einfach glücklich, dass sie zusammen kommen und malen können - und in Ruhe gelassen werden. Wir haben auch mit den Kontaktbeamten hier vor Ort gesprochen von der Polizei. Die finden es super, dass wir sie informiert haben. Und sie werden auch nicht jeden Tag einen Streifenwagen vorbeischicken, der uns kontrolliert. Alle sind informiert: Die Verwalter, die Besitzer, die Gewerbetreiber, die Sprüher. 2500 Quadratmeter Fläche stehen den Graffitikünstlern hier insgesamt zur Verfügung. Etwa 50 von ihnen machen sich daran zu schaffen. Sie kommen nicht nur aus Berlin. Einige sind von weit her angereist. (Alaniz) Berlin es una ciudad ... Berlin ist eine wunderbare, besondere Stadt. Vor allem gibt es einen gigantischen kulturellen Austausch. Ich weiß nicht, ob andere Städte in der Welt jetzt diesen Austausch haben. Ich glaube, vorher passierte vergleichbares in New York, Paris oder in London. Aber jetzt ist Berlin ist in dieser guten Phase. Darum bin ich hier. Alaniz, so sein Künstlername, stammt aus Mendoza, einer Stadt in Argentinien, nahe der chilenischen Grenze. Bevor er nach Berlin kam, hat er 15 Jahre in Buenos Aires gelebt. (Alaniz) Lo bueno que ti en Berlin ... Das Gute an Berlin ist, dass es so viele Graffitikünstler gibt. Dadurch kommt viel Bewegung in die Szene und das führt dazu, dass sich jeder Künstler spezialisiert, seinen Stil kreiert und versucht, etwas Eigenes zu machen. (Jurij Paderin) Die New York Times schreibt, dass Berlin die Hauptstadt der Sprüher ist - auf der ganzen Welt. Das heißt, hier kommen Leute her, setzen sich in die Ringbahn und suchen sich eine Stelle aus. Das heißt, es hat sehr, sehr viele Sprüher aber wenige Plätze, wo sie sich alle austoben können. Darum gehen sie auf die Straße und malen alle illegal oder Züge. Dass sich daran etwas ändern würde, wenn es mehr legale Flächen gäbe, ist umstritten. Andreas Langer ist seit 2008 Kommissariatsleiter des LKA 713, das ausschließlich die Berliner Graffitiszene verfolgt. (Langer) Unsere Erfahrung ist, dass auf den legalen Flächen geübt wird und dann an anderer Stelle das Geübte angewandt wird. Leider da, wo es dann nicht mehr legal ist. Deshalb sind legale Wände wichtig - aber wir sehen sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge, weil in der Umgebung eine Vermüllung und wilde Zunahme von illegalen Graffitis zu verzeichnen waren. Das LKA 713 wurde 1994 gegründet, als es in Berlin zu einem rasanten Anstieg von Graffitis kam. (Langer) Das hängt sicherlich mit dem Fall der Mauer zusammen. Dieses Phänomen schwappte dann rüber - ursprünglich aus Amerika kommend - und hat dann mit der neuen Freiheit, die in Berlin herrschte, einen breiten Radius eingenommen. Graffitis gibt es in der ganzen Stadt. Besonders viele sind in Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg zu sehen. Aber die Anonymität der Plattenbauten lockt illegale Sprayer auch in die Randbezirke nach Hellersdorf oder Marzahn. 35 Beamte kümmern sich tagein, tagaus um die Berliner Graffitiszene. Von den zirka 15.000 Straftaten, die jährlich in Berlin angezeigt werden, übernimmt die Sondereinheit etwa 2000. Immer öfter gelingt es den Polizisten, illegalen Sprayern das Handwerk zu legen. Liegt die Aufklärungsrate bei den normalen Polizeidienststellen im Durchschnitt bei 25 Prozent, löst das LKA 713 90 Prozent seiner Fälle. (Langer) Im Einsatz sind wir ständig, denn der Graffitistraftäter ruht ja nicht. Der Graffitistraftäter will ja seine Motive, seine Taggs bekannt machen. Das kann er ja nur, in dem er eine Vielzahl in der Stadt anbringt, dass möglichst viele das sehen, sein Ruhm und seine Ehre sich mehren. Von daher sind das zum Großteil Wiederholungstäter. (Frau) Ich habe 1100 Euro Strafe bezahlt. Und dann kommt noch mal die Reinigung der öffentlichen Verkehrsmittel dazu. Die berechnen dann den Quadratmeter. Das waren 600 Euro. Ich habe lange gebraucht, um das abzubezahlen. Die junge Frau mit dem offenen Gesicht und den langen blonden Haaren wurde erst einmal erwischt. Sie arbeitet als Ingenieurin auf dem Bau und hat daher nicht so viel Zeit ihrem, zuweilen kostspieligem Hobby nachzugehen. Ein Kavaliersdelikt sieht Kriminalhauptkommissar Langer in Graffitistraftaten nicht. (Langer) Überall da, wo Rechte anderer verletzt werden, ist es eine ernst zu nehmende Sache. Denn keiner möchte, dass sein Haus, sein Auto besprüht wird und er das für zig tausend Euro reinigen lassen muss. Im Vergleich mit anderen Straftaten wie Raubdelikten oder körperlichen Auseinandersetzungen, ist es noch am Anfang der Karriereleiter. Aber trotzdem ist es unsere Auffassung, dass es nicht geduldet werden kann und genauso verfolgt wird, wie andere Dinge auch. (Frau) Ich sehe das halt anders. Ich habe niemandem etwas getan. Dahinter stehe ich auch. Ich mache da keinen Scheiß drauf. Ich zerstöre nichts. Ich tue keinem Menschen weh. ... Und ich finde, was dabei rauskommt, ist meistens schön. Ich finde es schade, dass man geahndet wird, wie ein Schwerverbrecher. ... Aber so ist halt die Politik. Wenn man jeden zählt, der sich in Berlin an einer Wand oder einem Zug verewigt, dann muss man mit mindestens 5000 Sprayern rechnen, schätzt das Berliner "Archiv der Jugendkulturen". Der harte Kern ist allerdings wesentlich kleiner, weiß Kriminalhauptkommissar Langer. (Langer) Die Szene setzt sich aus etwa 100 Personen (...) zusammen. Es hat eine gewisse Internationalisierung stattgefunden. Man kommuniziert über das Internet mit Sprayern anderer Länder, die man einlädt nach Berlin als Hotspot zu kommen, sich auch als Führer verdingt und mit denen Sprayen geht. Das beruht dann auf Gegenseitigkeit. Trotz polizeilicher Sondereinheit, ist Berlin bei den Sprayern beliebt. Auch viele Touristen werden von dem bunten Treiben angelockt. Einige glauben sogar, dass es hier legal sei, Hausfassaden, Brückenpfeiler oder Unterführungen bunt zu bemalen. Denn so viel Graffiti wie in Berlin, haben sie sonst noch nirgendwo gesehen. Matze Jung vom "Archiv der Jugendkulturen" diagnostiziert eine ziemlich ambivalente Form des Umgangs mit Graffiti von Seiten der Berliner Politik. (Matze Jung) Einerseits freut man sich über das bunte Stadtbild, über die Attraktivitätssteigerung mancher Kieze durch diese Lebendigkeit, dieses Ungeplante, dieses Frische. Auf der anderen Seite wird sich beschwert, dass sich Graffiti immer mehr zu einem Problem auswächst und nicht richtig Einhalt geboten wird von gesetzlicher Seite. Matze Jung ist selber seit 15 Jahren Sprayer. Im Rahmen seines Geografiestudiums hat er sich aber auch theoretisch mit diesem Phänomen beschäftigt. (Matze Jung) Graffiti ... hat so Ende der 60er/Anfang der 70er in Philadelphia und New York angefangen. Ich würde es so beschreiben, dass es ein relativ unschuldiger Zeitvertreib von Jugendlichen war und Kindern aus den eher benachteiligten Stadtteilen, die angefangen haben, ihre Namen und Spitznamen mit Eddings auf Wände und allerlei städtisches Mobiliar zu schreiben. Irgendwann haben sie die U-Bahn entdeckt, als eine Möglichkeit, den Namen durch die ganze Stadt zu schicken. Damals in New York hießen die Sprayer: "Taco 183", "Papo 184", "Junior 161" oder Barbara 62. Heute in Berlin heißen sie "One Up", "TFZ", "NHS" oder "HSK". (Matze Jung) Warum glaubt ihr denn, dass so viele Bilder in silber und schwarz gemalt sind? ... Matze Jung zieht mit etwa 20 Jugendlichen, die eine Erzieherausbildung absolvieren, durch den Wrangelkiez in Kreuzberg. Er erläutert die fließenden Grenzen zwischen Street Art und Graffiti, bietet Einblicke in legale und illegale Sprühaktionen, und erklärt, warum welche Formen oder Farben verwendet werden. (Matze Jung) Teerschwarz wird oft eingesetzt, um einen Kontrast zu erzielen und weil schwarz auch noch sehr gut deckt auch noch auf ... nassem Silber, wenn das noch nicht getrocknet ist. Deswegen ist es die klassische Bombingkombination. Bombing heißt einfach illegales, schnelles Malen. Einmal monatlich bietet das "Archiv der Jugendkulturen" so eine Graffitiführung an. Die Tour dauert etwa zwei Stunden. Der Kreuzberger Wrangelkiez eignet sich dafür sehr gut. Hier gibt es eine hohe Graffitidichte und -vielfalt. Die Bandbreite reicht von mit Namenskürzeln beschmierten Türen über schnelle, illegal gesprühte Bilder und Schablonengraffiti bis hin zu Auftragswerken, die ganze Hausfassaden füllen. Matze Jung steht mit seiner Gruppe vor einem Haus in der Skalitzer Straße. An der Ecke ein Fahrradladen, die Fassade drum herum bunt bemalt: Die Eingangstür befindet sich in einem grünen Blätterdschungel. Daneben lungert ein einsamer Mann unter einer Laterne herum. Unter den Fenstern steht mit quittegelben, übergroßen Lettern "Pedalkraft" geschrieben. (Matze Jung) Jetzt sehen wir hier eine Auftragsarbeit, die von der Hausverwaltung in Auftrag gegeben wurde. Das ist eine beliebte Art, seine Fassade so zu erhalten, wie man sie möchte. Vor allem dann, wenn sie von Sprühern ausgeführt wird, die jetzt hier im Kiez bekannt sind und über deren Werke dann einfach nicht drüber gemalt wird. Was hat sich in den letzten 20 Jahren in der Graffitiszene verändert? Bei der legalen Mal- und Sprayaktion im Mai 2012 auf dem RAW-Gelände in Berlin Friedrichshain, sind auch viele Oldschooler. Sie sind seit Mitte der 80er, Anfang der 90er Jahre dabei und haben die Entwicklung verfolgt. (Ast) Damals war es mehr so dieses Gemeinschaftsding. Heute ist so, gerade in Berlin, jeder gegen jeden. Das ist es, was mir am meisten aufstößt. Ich bin eigentlich so ein Community-Mensch und habe gerne mit vielen verschiedenen Leuten zu tun. Das ist leider so ein bisschen abhanden gekommen in der heutigen Zeit. Wie die meisten, will auch dieser Sprayer bei seinem Künstlernamen genannt werden. Ich bin der Ast. Ast war von 1990 bis 1994 in der Graffitiszene aktiv. Als er Vater wurde, hat er aufgehört. Doch als sein Sohn mit 14 selbst zu sprayen begann, hat Ast auch wieder mitgemacht. So entstand eine ganz besondere Vater-Sohn-Beziehung. (Ast) Er malt auch illegal, er malt auch Züge. Ich weiß lieber Bescheid, wo er ist und was er macht, wenn er nachts raus geht - bin mir vorher über die Konsequenzen im Klaren. Ich denke mal, dass ich da klar im Vorteil bin, gegenüber andern Eltern, die gar nicht wissen, was ihr Junge macht. Verbieten könnte ich es eh nicht. Ein paar Wände weiter malt Age-Age eine wabbelige Qualle, die dabei ist, eine ganze Stadt zu verschlingen und sich gerade noch einen Baum ins Maul stopft. (Age-Age) Damit ist so ein bisschen - na ja, was machen wir mit unserem Planeten? Wie stark sind wir manipuliert? Das ganze schwebt ja auch so ein bisschen abgehoben. Das ganze repräsentiert ein Stück weit die Denkweise der Welt, mit der ich mich selten in Verbindung setze. Das was außen passiert: Politik, Gesellschaft. Age-Age ist zwar erst 29, aber schon seit 15 Jahren in der Graffitiszene aktiv. (Age-Age) Graffiti ist für mich auf jeden Fall auch ein Stück Lebenseinstellung. Es hat mich stark geprägt. Er sieht die Entwicklung, die Graffiti genommen hat, eher positiv. (Age-Age) Ick denke, dass die Qualität auf jeden Fall enorm gestiegen ist. Wo es heute Leute gibt, die dit ganze nach vorne bringen. Grafikdesign, 3D, neue Farbsysteme sind raus gekommen. Dit Ganze wird supported durch die Industrie. Die hat in die Jugendkultur und die allgemeine Kultur einen starken Einzug gehalten. Das sind große Unterschiede zu früher. Ob legal oder illegal, ob Street Art oder Graffiti: Die kommerziellen Aspekte sind nicht zu unterschätzen. Matze Jung vom "Archiv der Jugendkulturen" erläutert, wie sich der Markt entwickelt hat. (Matze Jung) Wer erstmal verdient, das sind natürlich die Farbhersteller. Da ist ein unübersichtlicher Markt entstanden mit einer Vielzahl von Dosenherstellern. Der ganze Markt mit Accessoires - über Stifte, Klamotten, Blackbooks, Caps, und was noch alles gekauft wird von Graffiti-Fans ist riesig geworden. ... Dann, nicht zu verachten, ein ähnlich großer Markt ist natürlich die Entfernung von Graffiti, weil da Millionenschadenssummen jedes Jahr genannt werden im Berliner Bereich. Dann wäre es eigentlich auch mal spannend herauszufinden, wie viel damit verdient wird, die ganzen Graffiti wegzuputzen und welcher volkswirtschaftliche Gewinn damit erarbeitet wird. Unterdessen können auch einige Sprayer mit Graffiti Geld verdienen. Der Berliner Style 77 ist seit 20 Jahren in der Szene. (Style 77) Ganz am Anfang war es ganz wichtig, dass man was auf der Straße macht oder am Zug. Das hat sich auch verändert in Bezug auf Graffiti, weil, du kannst heute wirklich, und das rate ich auch jungen Leuten, die was drauf haben, mehr draus zu machen. Da kann man sich heute weiter entwickeln, Kunst studieren, Aufträge machen. ... Man ist nicht darauf angewiesen, sich illegal zu beweisen. STYLE 77, der auch eine Wand auf dem RAW Gelände in Berlin Friedrichshain bemalt, fasst die Motivation vieler Sprayer so zusammen. (Style 77) Für viele ist das ein Statement. ... Manche suchen einen Weg sich auszudrücken. Der eine macht Musik, der andere schreibt ein Buch, manche schreiben es einfach an die Wand. -E N D E- 1