DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Feature Dienstag, 29.01.2008 Redaktion: Hermann Theißen 19.15 - 20.00 Uhr Schnee auf Zitrusbäumen Eine Hochzeit in Georgien Von Andreas F. Müller Co-Produktion DLF/RBB Kurzfassung DLF URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. ? Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript - Atmo Musik (Hochzeitstango) /Hochrufe auf das Brautpaar Deutsch und Georgisch: Sie leben Hoch....Gaugimardschos... Maia: Jetzt will ich ja auf die Hochzeit trinken. Vielleicht ist bisschen komisch, aber ich weiß es nicht, das war für mich die schönste Tag in meinem Leben. Für mich war wirklich so schön, also wirklich...schön...und deswegen will ich // auf diese schönen Tage trinken. Danke Danke vielmals wirklich...ihr seid wirklich super super (Klopfen auf Holztisch) ...beste Menschen (Stimmen Georgisch) Matti: Didi Madloba ...tief in die Augen schauen...korzils gaumardschos... (Gläser klirren) Hochzeitstango Ansage: Schnee auf Zitrusbäumen Eine Hochzeit in Georgien Ein Feature von Andreas F. Müller Atmo: Grillen, Schritte Autor: Auf dem Hügel von Natanebi, ein paar Kilometer über der georgischen Schwarzmeerküste. Eine schwüle, subtropische Nacht. Atmo: Hund, Grillen, Stimmen im Hintergrund, sich nähernder Zug Maia: Ja, schön hier, aber is nicht leicht, ja (lacht) gibt's kein Arbeit, leider. In Tiflis vielleicht, in der Großstadt, aber hier in Dörfern oder in anderen Städten, das ist nicht so leicht...das ist schon schwer... ....wie mein Cousin zum Beispiel...//der will auch aus dem Dorf raus und nach Tiflis, in der Hoffnung, dass der irgendwo einen Job findet und...was verdienen kann...und solche Sachen...aber...is nicht leicht... Maia: Der Zug... Der fährt jetzt nach Tiflis, der Zug, um die Zeit immer... Atmo: Stimmen (georgisch) im Hintergrund Hund schlägt an, beginnt zu bellen, Pfiff, die anderen Hunde im Dorf bellen... Autor: Mein erster Abend in Natanebi, wo ich zur Hochzeit geladen bin. Mit dem jungen Paar und ein paar Dorfbewohnern gehen wir durch ein von Efeu überwuchertes Gehölz hinauf zur kahlen Hügelkuppe, die wie der Höcker eines Kamels den Wald überragt. ...Nach Osten, den Berg hinab, scheinbar hingestreut, die hellen, durch das dichte Laub der Zitrusbäume schimmernden Flachdächer von Natanebi. Und nach Westen, ein paar Kilometer entfernt das Meer. Maia: Das is so toll, der Mond, auf'm Meer... Autor: Maia aus Natananebi... Matti: der Spiegel?... Maia: Ja... Matti: Oh, da denkt ma ja das sind Wolken, dabei is dis das Meer... (Schritte...Grillen) Schön...echt schön Autor: Und Mathias aus München, mein Neffe... Braut und Bräutigam, beide Mitte zwanzig. In einer Woche soll ihr großes Fest stattfinden, hier im Südwesten Georgiens. Maia: Jetzt kommen wir auf so einen kleinen Ort, da war ja früher bei kommunistische Zeit ein Wasserhälter, davon kam fürs Dorf das Wasser. Und danach war ja kaputtgegangen...das is ja so bisschen höher, und dann sieht man Poti, wo die Pipeline ist...also alte kolchische Ort...sozusagen Das sieht man jetzt von dort... Autor: (im O-Ton)Wohin die Argonauten... Maia: Medea und Jason...hingegangen sind Autor: (O-Ton)... haben das goldene Vlies gesucht... Maia: Aber Medea hat ihm geholfen, von eigene Papa das zu stehlen...Weil die war ja in Jason verliebt, und Jason war ja auf der Suche nach diesem goldenen Vlies und...dann Medea hat ihm geholfen von eigene Papa das zu stehlen...Also ich kenn so diese Geschichte... Autor: Gold soll es wirklich gegeben haben, in diesem fruchtbaren Tiefland - der antiken Kolchis - und in den hohen Kaukasusbergen dahinter Silber, Kupfer und Eisen. Man habe, heißt es, damit die Schwerter geschmiedet, mit denen um Troia gekämpft wurde. Heute gibt es hier Teesträucher, Weinstöcke, Zitrusbäume. Vor allem mit den Zitrusfrüchten haben die früheren Kolchosbauern den gesamten sowjetischen Markt beherrscht. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden die Großpflanzungen unter den Bauern aufgeteilt, doch fehlt ihnen nun der Absatzmarkt. Russland wird heute von holländischen und moldawischen Erzeugnissen überschwemmt - die EU ist noch fern. Atmo Schritte, Stimmen Maia: Das hat alles verändert hier...Es gab Tourismus, da kamen viele Touristen aus Deutschland, aus Bulgarien, Polen und so weiter...hier war wirklich was los, aber jetzt, alles tote Hose. Atmo Haus Gudjabidze (Stimmen, Hämmern, Tiere) Autor: Nur im halbfertigen Haus der Gujabidze, dem letzten unter der Hügelkuppe, ist Bewegung. Es ist schön -, vielleicht am schönsten gelegen von allen. Doch es fehlt an vielem. Das Wasser muss eimerweise aus dem Ziehbrunnen der Nachbarin geholt werden, es gibt weder Bad noch Klo im Haus, die Küche ist nur notdürftig verputzt und verfügt über nichts als einen alten Gasherd und eine Kredenz. Einige Räume haben keine Fenster, es gibt kein Treppengeländer, und das, obwohl fast jeden Abend der Strom ausfällt. Ein Rohbau seit 1989. Und hier soll in einer Woche Hochzeit gehalten werden. Man erwartet georgische und deutsche Verwandte, Nachbarn, Freunde: 250 Gäste. Doch die Brauteltern sind gelassen. O-Ton Georgisch (O-Ton Issetti bednieri ...gogo 0-09): Ende matiasz Nana Kaffeesatz) Sprecherin: Auf einem Markt im Nachbardorf, erzählt Maias Mutter, habe sie einmal eine Frau angesprochen, die sie nicht kannte. Sie wollte ihr aus dem Kaffeesatz lesen. Sie habe eingewilligt, ohne sich viel dabei zu denken. Die Frau drehte die Tasse, hielt sie schräg gegen den Himmel, kniff die Augen zusammen: Dann habe sie gesagt: Du hast drei Kinder: zwei Mädchen und einen Jungen. Deine mittlere Tochter wird einmal der glücklichste Mensch auf Erden sein. Autor: Die mittlere Tochter, das ist Maia, Mathias' Braut. Vor sieben Jahren war sie als Au-pair Mädchen nach Deutschland gegangen. Dann begann sie ein Deutschstudium. Dazwischen Bügeln, Putzen, Probleme mit der Aufenthaltsgenehmigung. Vor zwei Jahren hat sie Mathias kennen gelernt, der als Feinmechaniker in München arbeitet. Matti: (lacht) Mit meiner Arbeit...haben wir einen Ausflug auf' s Oktoberfest gemacht, und das is ja eigentlich der letzte Ort, wo man Menschen fürs Leben trifft - allerdings wenn man überlegt, dass in einem Bierzelt, wo 5000 Menschen sind, sich der Mensch findet, wo man eigentlich nach dem zweiten Treffen weiß, dass es der Mensch ist, mit dem man immer zusammenleben will, is es eigentlich wieder eine schöne Geschichte. Maia: Also ich bin ja mit meiner Freundin zusammen hingegangen, und ihre Schwester war noch dabei. //Und dann plötzlich kommt der Mathias zu mir und dann sagt er, darf ich mich mir hier setzen, und ich hab gesagt, ja bitte schön. Und dann hat gehört, dass ich mit meine Freundinnen nicht Deutsch unterhalten habe. Und dann hat gefragt, woher ich komme? Und dann habe ich gesagt, ja, aus Georgien, ich war mir aber so sicher, der kennt bestimmt nicht Georgien. Und der so, ja Kaukasus, Armenien, Georgien...das war richtig schön für mich, der wusste ja sogar, das die Leute im Stadion Sonnenblumenkerne essen, // und das hat mir wahnsinnig angetan. //Dann haben wir weiter geredet. Und dann ist er rausgegangen, und hat der sofort SMS geschrieben, und dann hab ich gedacht: Ja, der ist bestimmt nett, aber nichts weiter. Claudia: Ja es war so, er war am Wochenende bei uns zu Besuch in Dorfen, und is dann nach München gefahren mit so einem verschmitzten Lächeln. Hat er g'sagt: Ihr müsst mir die Daumen drücken, ich hab heut' ein "Date". Autor: Mathias' Mutter Claudia: Und nach ein paar Tagen hab ich ihn dann angerufen und hab so mal nachgefragt: Und, wie war dein Date...Hat er gesagt: Superdate war's ...und: Ich werd' sie wiedertreffen, und wir gehen ins Kino und... Ja, es hat mich gefreut, ich hab gemerkt, dass er offensichtlich sehr verliebt // war... Und, es hat gar nicht lang gedauert, da hat er mich angerufen und hat gsagt: Du, ich würd' ganz gerne euch mit der Maia euch mal besuchen, die möchte euch gerne ... kennen lernen... und da war ich schon n' bisschen verwundert, denn der Mathias hatte immer wieder Freundinnen, // die huschten mehr oder weniger grußlos an uns vorbei. Insofern war ich schon ein bisschen verwundert. Matti: Maia war ja auch sechs Jahre davor schon in Deutschland, und ihr Bruder hatte sie nicht besucht, und wo er dann gehört hat, die Maia hat einen Jungen in Deutschland, dann hat's gar nicht lange gedauert, dass er sie mal in Deutschland besucht hat, um mal nach dem Rechten zu sehen. Und da hat's aber auch sofort gepasst und das war ...sehr schöne drei Wochen, die wir da hatten. Mussten wir natürlich unsere intensive Liebe ein bisschen so verstecken. Maia: Ja, der hat auch mir vertraut, total, aber dem war auch wichtig, dass der irgendwie ihm davor kennen lernt, ... weil der Bruder ist, aber mehr, weil wir eine besondere Beziehung haben miteinander. Claudia: Ja, und dann kam der Mathias mit der Maia zu uns, und ich hab eine sehr interessierte junge Frau erlebt. Die hat unglaublich nachgefragt, dass, ja ich hab gemerkt, dass Familie für sie einfach was Wichtiges is. Wir haben auch über ihr Land geredet, was sie alles macht, wie sie hier hergekommen is. Und das hat mich sehr beeindruckt, wie sie sich so aufmacht, wirklich weit weit weg von daheim versucht, ihr Leben in den Griff zu bekommen, arbeiten muss, ihr Studium finanzieren muss. Ich hab da großen Respekt gehabt. Atmo Stimmen , Feuer, Tischatmo Autor: Alles ist sehr einfach hier. Maias Eltern schlafen unter dem offenen Giebeldach im ersten Stock, wo auf nacktem Beton noch drei ,vier weitere Pritschen stehen, auf denen ich jeden Morgen andere Gesichter entdecke. Der Maurer, der die Küche verputzen soll, Cousins und Cousinen, Nachbarn. Ich habe ein Zimmer ganz für mich, - das elterliche Schlafzimmer, vermute ich. Aus dem Fenster sehe ich über dem grünen Dach der Zitrusbäume in der Ferne dunkle, sanft und lang geschwungene Bergketten, die Berge Meßchetiens, die zum kleinen Kaukasus ansteigen. Dahinter, irgendwo, die Türkei und Armenien. - Schönes, reiches Land, denke ich: Immer scheint die Sonne, und ständig regnet es. Die Tomaten, Gurken, Auberginen, deren sich die langsam wachsende Gästeschar täglich bedient, scheinen über Nacht nachzureifen. Und wenn Maias Bruder Lewan einen störrischen Ziegenbock hinter Onkel Surabis Scheune zerrt, weiß man, was abends auf dem Tisch steht. Dieser reichen Natur allein, sagt man mir, haben viele Bewohner Natanebis ihr Überleben zu verdanken. Gudjabidzes Haus, so unkomfortabel es auch sein mag, ist inzwischen zum Mittelpunkt der Nachbarschaft geworden. Oft wird draußen, auf offenem Feuer gekocht. Immer wieder wird neu aufgedeckt, immer fließt der Wein, und nie fehlt es an Trinksprüchen. Nicht selten sind sie alle hier, die Onkel Surabi und Gulveri, die Tanten Siuri und Leila, Maias Geschwister Lewan und Macca, die Cousinen Ekka und Nino, die Cousins Mirco, Iaguri und Giorgi, Oma Emilia, die immer mit dem Kopf schüttelt, wie um zu sagen, verrückte Welt, die Enkel Mirian, Mari, Maia und die kaum fünfjährige Tatjuschka, deren Mutter fernab in Italien das ganze Jahr fremde Kinder hütet. Eine schöne und lebhafte Gemeinschaft. Doch zwischen den Brautleuten gibt es eine Missstimmung. Mathias soll sich beim Mamao, dem orthodoxen Priester taufen lassen. Matti: Also es is einfach so dass die Maia auch sagt : wenn wir jetzt nicht kirchlich heiraten, dass nach dem Leben unsere Seelen zum Beispiel getrennte Wege gehen werden...Und des sind so Sachen, die mich da schon aufhorchen lassen, weil ich das natürlich erstens auch nicht will, und zweitens...nicht eine unglückliche Maia dann haben will. Für mich persönlich isses allerdings so, dass ich nicht nur für die Hochzeit n'andern Glauben annehmen werde, da hab ich natürlich schon auch Prinzipien... Maia: Also nur wegen mir, dass der orthodox wird, das will ich auch nicht. Auf gar keinen Fall, genau... Aber...ja, schön wär's schon...lacht Claudia.: Also dass da tatsächlich noch mal eine Taufe notwendig ist, und nicht einfach ein formaler Akt das gewesen wäre, also dass im orthodoxen Glauben die evangelische Taufe eigentlich Null und Nichts wert ist ...das hat mich irritiert. Maia: Also für Mathias Protestantismus heißt ja nicht viel. // Davor hat er nie interessiert... Und das versteh ich einfach nicht, warum jetzt auf einmal für ihn dieser Protestantismus so wichtig geworden ist, und sagt ja: Nee, ich bin ein stolzer Protestant, und ich glaub ich will so bleiben, und manchmal das kann ich nicht verstehen. //Jetzt wenn er zu mir sagen würde, willst du ja evangelisch werden, dann wär für mich ja schade...weil ich war immer das...Der war das nie...also. Atmo Maia + Mathias im Auto (darauf) Autor: Nach dem Gespräch mit dem Priester Maia: Aber der hat gut erklärt irgendwie...Wahnsinnig schön... Oh ich bin irgendwie so...weißt du wenn's so ein Stein runtergefallen hätte. Aber du sagst nicht bis Ende so was du denkst irgendwie... !? Matti: Weil ich jetzt selber noch nicht weiß. Lass mir doch n' bissl Zeit. Ich will jetzt nicht gleich übers Knie brechen. Maia: Ja, aber bist du eher so bissl positiv?... Matti: Von ihm als Persönlichkeit bin ich richtig beeindruckt. /Wie er gesagt hat, der Mensch an sich ist wichtig, und nicht, wo er herkommt, oder was er für eine Kultur hat, sondern dass man dem Menschen an sich Respekt erweisen muss. Des sind eben so die Schlagwörter oder auch die Aspekte, die mir wichtig sind, wo ich sage des wär im Einklang mit meinem Bewusstsein. ... Maia: Aber wie gesagt, mir würde auch wirklich wahnsinnig viel bedeuten, wenn du da anders überlegst So. Matti: Das weiß ich, des weiß ich... Maia: Genau: Aber das sag ich dir jetzt Oder? Matti:Warn schönes Gespräch, auf jeden Fall. Maia: Doch. Auf jeden Fall. Maia: Bis du bisschen nervös... Matti: Nein. Ich lass es jetzt mal ein bisschen wirken und ich schlaf jetzt eine Nacht drüber...und dann kriegst du ganz schnell von mir eine Antwort, weil so viel Zeit ham wa ja auch nicht mehr. Atmo Gesang Mamao Autor: Tags darauf tritt Mathias zum orthodoxen Glauben über. Taufsermon Mamao: Sermon kurz Maia: Also du musst jetzt alles ausziehen, Mathias... Matti: Echt. Vor allen Leuten? Maia: Also die Frauen können schon raus...(fragt Mamao) ...Doch, die Unterhose darfst du (kichert, Glöckchen, Flüstern kleine Mädchen) Jetzt Draußen...(gehen raus) Autor: Der Mamao weiht das Wasser im großen Zinkbottich vor der Kirche. Und dann... Atmo (Taufe Tauchen) Mamao taucht Mathias dreimal in den Wasserbottich vor der Kirche //Tauchen Musik Atmo im Auto, Musik aus dem Radio Maia: Matti, wenn jemand jetzt so fragt, wegen Glaube, sagst du ja... Matti: Nee, sag ich fei mit Stolz, also Maia: (freut sich) wirst du stolz sagen, dass du orthodox bist... Matti: ja, weil dis is natürlich auch was Rares in Deutschland, oder...und wie sagt man, du weißt ja, dafür hab ich'n faible für rare Sachen Maia: (lacht, übersetzt es ihrem Cousin...) Matti: Bisschen cool, darf man da schon sagen.... Atmo: Stille Nüsseknacken Flüstern Gähnen Schnarchen Autor: Abends im Esszimmer - wieder einmal ist der Strom ausgefallen, die südamerikanische Soap hat ihr abruptes Ende gefunden. Ruhe kehrt ein, eine Ruhe, das spürt man deutlich, die auf den Sturm wartet. Ein riesiger Wassertank soll für die Hochzeit herantransportiert werden, dazu ein Generator, Fensterrahmen müssen eingemauert - ein Zelt für 250 Leute aufgebaut werden, das Vieh geschlachtet, das Essen bereitet, die Band engagiert werden... Es sind gerade noch vier Tage bis zum Fest. Morgen kommt Maias erste Au-pair-Familie aus München, auch Mathias' Eltern werden von ihrer Rundreise durch Georgien zurückkehren. Atmo Zimmer, Schnarchen Und dann schläft Maias Vater vor Erschöpfung ein... Atmo: Klaviermusik [ georgisches Lied - das Klavier ist verstimmt Spaziergang , Schritte, Stimmen, Stimmen Maia, ihre kleine Nichte (Georgisch...), dann... Maia: Hier konnten wir nicht gehen, weil das war alles zugesperrt. Da waren zum Beispiel die Hunde und so, und du durftest nicht einfach so spazieren gehen. Die haben Angst gehabt, dass die Zitrusfrüchte geklaut werden...und hier jetzt nicht so...Aber sonst sind wir schon öfters rausgegangen. Das hat alles verändert hier...wo der Kommunismus weg war. Ja, alles...Das Leben war anders. Atmo Spaziergang, Kind, Vögel Autor: Die alte Zitruskolchose auf halber Strecke zwischen Meer und dem Haus der Gujabidze. Eine fast romantische Ruinenlandschaft. Der Kindergarten, die Verwaltung, ein Kino, das sozialistische Erholungsheim. Runde Emporen, getragen von klassischen Säulen - und herausgerissene Türstöcke, Fensterrahmen, aufgehackte Treppen... Zwischen den Häusern immer wieder Ausblicke auf grünes Hügelland. Im Schatten der verfallenen Mauern grasen Kühe, Ziegen, auch Pferde. O-Ton Georgisch (Nana -Maias Mutter) Sprecherin: Ja der Kindergarten, das Gemeindehaus. Die Leute seien damals außer Rand und Band gewesen. Jeder wollte nur seinen Magen füllen. Es gab kein Brennholz, da haben sie die Türen im Kindergarten gesehen: "Da arbeitet ja sowieso keiner mehr, die nehmen wir uns!" Eine wilde Zeit sei das gewsen, da habe niemand daran gedacht, irgendwann Kinder zu haben, die vielleicht einen Kindergarten bräuchten. Jeder habe nur an sich gedacht. O-Ton (Nana) Sprecherin: Die Straße hier oben sei damals auch nicht gerade perfekt gewesen, doch besser als heute. Jeder wusste, dass es mit dem Sozialismus zu Ende geht. Keiner bemühte sich, dass irgendetwas bleibt. Man hatte kein Geld für Strom, einige kappten die Stromleitungen, klauten den Strom und verkauften ihn weiter. Anarchie habe geherrscht. O-Ton Goneri Sprecherin: Zu Zeiten des Kommunismus, erzählt Maias Vater, seien die Straßen jedes Jahr neu geteert worden, aber immer so schlecht, dass sie im nächsten Jahr wieder kaputt waren. Das war die sicherste Methode, neue Zuwendungen, neues Baumaterial zu bekommen. Alle profitierten davon. Und die Straße konnte uns schließlich keiner stehlen. Aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sei gar nichts mehr passiert. O-Nana Sprecherin: Nach der Wende sei alles schlimmer geworden. Die Industrie brach zusammen... Das Autowerk in Kutaissi bezog Motoren aus Russland, georgisches Manganerz wurde in der Ukraine zu Stahl geschmolzen.... Alles sei zu Sowjetzeiten so organisiert gewesen, dass die einzelnen Republiken voneinander abhängig blieben. Den Ton habe Moskau angegeben... Atmo Klavier "Tbilisi"...Stimmen Schritte Maia: Als Kind ich kann's schön erinnern...ich hab schöne Kindheit gehabt...Wenn ich meine Eltern frage, für denen war nicht schön, weil so alles nicht frei war...und die mussten ja alles so machen, wie das, ... die duften nichts frei machen. Aber für mich, ich hab damals nicht so alles kapiert, aber ich hab schöne Kindheit gehabt... Wir sind ja auch öfters dann in Urlaub gefahren, was des jetzt nur davon träumen kann man, irgendwo mit Eltern in Urlaub nach Russland fahren oder so... Keti: Die Russen kamen zum Schwarzen Meer, da haben sie eine Kinohaus gehabt, und Kulturhaus gehabt, und sehr viele Touristen kamen. Und herrschte das Leben wirklich. Autor: Keti, Vorgängerin in Maias Au-pair Familie in Deutschland Keti Und die Einheimischen haben auch dabei gearbeitet. Die haben gut verdient. Aber nach der Zeitwende kamen keine Touristen, Diese großen Werke, Fabriken die es damals hier gab, die Bestellungen kamen von Russland. Und auf einmal gab's keine Bestellungen, und gab's auch keine Fabriken, und deswegen liegt jetzt alles völlig zerstört und kaputt. O-Ton Nana Sprecherin: Ja, damals habe reges Leben im Dorf geherrscht. Jedes Jahr seien Praktikanten von der Subtropischen Universität in Sochumi und aus Samtredìa gekommen. - Einmal halfen auch Studenten aus Deutschland, Polen und anderen sozialistischen Ländern. Aber da waren wir regelrecht eingeschneit, ganze Äste von Zitrusbäumen brachen unter der Last des Schnees. Es war schlimm. Die Georgier allein konnten das nicht mehr schaffen. Klaviermusik Maia: Meine Mutter kommt aus Caspi, das liegt in der Nähe von Tiflis. Mein Vater soll sie in einem Kurort kennen gelernt haben. Und wie die sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Am Hochzeitstag war meine Mutter zum ersten Mal im subtropischen Gurien. Sie hat nie zuvor Zitrusbäume gesehen. Und damals war auch ein ungewöhnlich kalter Winter. Als sie da weißen Schnee auf'm Grün der Zitrusbäume sah, soll sie gerufen haben: Oh, mein Gott, bin ich hier im Paradies gelandet? Autor: Später erzählt Maia, dass einmal im Jahr hohe Funktionäre zum Frühstück erschienen. Der Vater hatte zuvor einen riesigen Lastwagen mit Zitrusfrüchten aus den umliegenden Gärten beladen. Die Funktionäre lieferten offensichtlich die Papiere für eine ungestörte Fahrt nach Russland, wo sich die begehrten Früchte sehr vorteilhaft privat verkaufen ließen. 30 Prozent aller georgischen Zitrusfrüchte, heißt es, kamen damals aus privaten Beständen. Georgien war das Paradies der Sowjetunion. Hier herrschten andere Gesetze. Maia erinnert sich, dass der Vater mit Koffern voller Geldscheine zurückkam, die in großen Alumilchkannen in der Erde vergraben wurden. Schewardnaze aber sei es gewesen, der nach der Wende die Menschen ermutigte, ihr Geld zu behalten, wodurch schließlich alles verloren ging. O-Ton Nana Sprecherin: 1988, kurz vor der Wende, hätten sie mit dem Hausbau begonnen. Doch dann seien schwierige Zeiten gekommen und das Geld sei nichts mehr wert gewesen. Keti: Der Brot kam mit Auto an der Haltestelle, ich musste anderthalb Kilometer zu Fuß gehen zu dieser Haltestelle, und pro Person hat die Familie 600 Gramm Brot genommen, und dieses Brot war grün und kaputt, das konnte man überhaupt nicht essen. Aber es gab kein Essen. Dann gab's so große Inflation, und die Leute, die das Geld in der Bank hatten, einfach verschwunden gegangen. Und kam diese Geld - Couponi, womit du überhaupt nichts kaufen konntest, und einfach hatten Bankrott gehabt, jede Familie. O-Ton Nana Sprecherin: Das stimme schon, das ganze Dorf ist jetzt arbeitslos. Damals hatte man wenig, aber man konnte leben. Heute wüssten viele nicht , wie es weitergehen soll. Sehr viele Leute seien arm. Wenn es hart auf hart komme, erzählt Maias Mutter, würden sie Vieh verkaufen. Mit Zitrusfrüchten könne man heute in Georgien kaum verdienen... Autor: Inmitten der wildschönen Rivieralandschaft zwischen Batumi und Natanebi bieten die verwahrlosten Teeplantagen einen traurigen Anblick. Georgischer Tee, einst hochgeschätzt, konnte auf dem Weltmarkt nicht bestehen. Die "Zitrussen" von Natanebi, wie Maia sie nennt, gedeihen zwar noch, doch früher waren es zehnmal so viel. Im Inland verkaufen heißt, so gut wie nichts zu verdienen. Viele versuchen es auf eigene Faust im Ausland, doch es ist riskant. Um in die Ukraine zu kommen, muss man die separatistische Provinz Abchasien umschiffen, der Transport wird teuer. Die Beziehungen mit Russland sind schwer belastet, seit der junge Präsident Saakaschwili und alle bedeutenden Oppositionsgruppen sich so entschieden zu den USA-, zum Westen allgemein bekannt haben, - seit durch die Baku-Tiflis-Ceyhan Pipeline so viel Erdöl aus dem Kaspischen ins östliche Mittelmeer fließt. Nana O-Ton Sprecherin: Die Kinder seien jetzt ihre große Hoffnung. Maia helfe ihrem Bruder, und der helfe der ganzen Familie. Ihre größte und schönste Hoffnung seien ihre Kinder. Atmo Grillen Regen Autor: Wir warten auf Gäste aus Deutschland, Mathias' Geschwister mit Freunden, dazu die Oma. Es regnet, kein Licht weit und breit, Natanebis Stromnetz ist wieder zusammengebrochen. Um vier Uhr nachts dann sind sie da, glücklich, aber erschöpft. Maias Bruder und sein Cousin haben die Ankömmlinge hinter der nahen türkischen Grenze abgepasst und in regenschwarzer Nacht die achsenbrecherische Buckelpiste heil bis hier hoch geleitet. Im Schein gekrümmter Kerosinkerzen sitzen wir alle um den großen Esstisch, der wie immer reich gedeckt ist. Der Vater begrüßt die Gäste, trinkt auf den Frieden, die Reise, die Vorfahren: "auf dass sie im Hellen sind." Atmo Trinkspruch Gulveri Georgisch Autor: Und dann trinkt Onkel Gulveri auf zwei Frauen aus der Nachbarschaft, die in Italien arbeiten. Maia: Der will ja damit sagen: dafür braucht man wirklich einen starken Charakter, so was zu machen. Die haben beide wahnsinnig tolle Familien, aber die Ekka hat so kleine Tochter Wolfi: Des Kind, ja genau, des is die Schwierigkeit...Ich kann nicht einfach... Maia: Und deshalb will Gulveri auf diese zwei Menschen trinken... Anstoßen der Gläser Prosit Gaumardschos...Gläser...Stimmen Musik Maia: Wo ich vom Flugzeug sogar schon Deutschland gesehen habe, hab ich gesagt: Wahnsinn, das ist so wunderschön, und hat mir wirklich alles gefallen, die Häuser, die Leute -. ...Ach, das Wetter hat mir nicht gefallen. Das war Juli, und im Juli ist es hier wirklich bis 40 Grad...Da war da am 8. Juli sieben Grad. Und das war für mich, was mir wirklich schockiert hat bisschen. Aber alles andere war toll. Autor: Maia kam im Jahr 2000 nach Deutschland. Georgien war seit neun Jahren unabhängig. Die Bürger- und Sezessionskriege, die das Land Anfang der 90er zu zerreißen drohten, waren vorbei. Es regierte Schewardnadse: ein paar Reformen wurden angestoßen, doch eine wirkliche Wende war nicht in Sicht. Korruption und Vetternwirtschaft gediehen, es gab keine Pressefreiheit, keine unabhängigen Gerichte. Unter der verarmten Landbevölkerung schwand jede Hoffnung auf wirtschaftliche Gesundung. Hundertausende wanderten aus. Viele sahen im Kleinhandel die einzige Überlebenschance: Textilien, Elektrogeräte, vor allem Autos. Man kaufte sie mit Schwarzmarktdevisen im Ausland, und verkaufte sie wieder vorteilhaft in Georgien. Viele junge Frauen suchten ihr Glück als Au-pair-Mädchen, vornehmlich in Deutschland und den USA. Maia: Nach Deutschland bin ich schon von eigene Traum gegangen...nicht von Not. Ich hab auch eine wundervolle Familie gehabt. Henning: Die Maia war sehr ruhig, wirkte sehr religiös, also sie hatte immer eine Bibel da liegen, so kleine Bildchen und auch eine Kerze hatte sie... Autor: Henning, der Vater in Maias münchner Au-pair Familie... Henning: Hat sehr viel Zeit in ihrem Zimmer zugebracht. Also man hat förmlich gespürt, wie sie anfängt, sich einzuleben und immer vertrauter geworden, also war jetzt im Nachhinein eine unglaubliche Geschichte, wenn man sieht, wo sie heute steht. Und für mich wird es jetzt so rückwirkend immer klarer durch was die Mädchen eigentlich durchgegangen sind. Maia: Also das war von Anfang an so, dass ich immer nach Georgien zurück wollte, und... Henn: Die Option, in Deutschland zu bleiben...hat sie glaub ich überhaupt nicht begriffen in der Tiefe, dass die überhaupt besteht, die Möglichkeit. Maia: Irgendwann habe ich mir gedacht: Ich will ja doch nicht mehr nach Georgien zurück. Weil in Georgien hab' ich zwar auch studiert, aber ich war immer von meinen Eltern abhängig. Und hier war ganz anders, da war ich ein freier, unabhängiger Mensch. Und das hat mir sehr gut gefallen. Henning: Und es war immer spürbar, dass sie gerne in Deutschland ist, sie genießt es, sie nimmt es mit, sie würde aber akzeptieren im Kopf, dass sie irgendwann zurück muss, weil die Behörde sie einfach nicht mehr lässt, oder die Uni sie rauswirft. Und dann hab ich mir gedacht, dass wenn's mein eigenes Kind wäre, würde ich die Verpflichtung fühlen, hier jetzt helfen zu müssen. Maia: Nach 4 1/2 Jahren// hat // Henning mit mir ernst geredet, und hat // zu mir gesagt: Was will ich eigentlich? //Und dann hab ich ihm gesagt: Ich weiß schon, was ich machen will, aber leider hab ich ja auch nicht so freie Auswahl, zum Beispiel das studieren oder das studieren. Ich war bisschen gezwungen, Deutsch zu studieren, weil ich keine freie Auswahl hatte. Und dann hab hab ich Arbeit gefunden. Und dann bin ich umgezogen. Und da war ich noch mal doppelt so sicher, dass ich richtig bin in Deutschland hier. Musik Claudia: Ich hab dann manchmal n'bisschen Zweifel bekommen wegen der Tatsache, wegen der Tatsache, ich hab dann erfahren, sie hat ihr Studium in Deutschland abgebrochen, und wenn sie jetzt keine Alternative gehabt hätte, hätte sie nach Georgien zurückgehen müssen. Maia: Ja, auf jeden Fall, dann müsst ich ja dann zurück...gehen. Und das wär richtig schwer für mich, richtig...also ich will gar net vorstellen. Claudia: Das heißt, sie war in der jetzigen Phase, wo sie den Mathias kennen gelernt hat, wirklich in soner totalen Entscheidung gestanden: Wie kann ich mir meinen Aufenthalt in Deutschland sichern, und was erwartet mich in Georgien. Und diese Zweifel haben ein bisschen an mir genagt, ob sie jetzt sagt, ich muss mir jetzt einfach n' Mann angeln, und wenn er nett ist, hab ich einfach Glück. Dann is es schön... Maia: Also, ich war nie so drauf dass ich irgendwie so auf Männerangel gegangen bin. Oder so...Dass ich...oh Gott, hoffentlich werd' ich mal jemand kennen lernen, dass ich hier bleiben kann. Eigentlich hab ich ja nur mit meinem Studium versucht, dass ich ja wirklich studiere und damit Visum weiter kriege. Claudia: Des wär mir lieber gewesen, es wär bei ihr soweit alles klar...geregelt gewesen. Dann hätt ich nicht so Angst, ob da net noch son ein Druck und sone Not bei ihr dahinter wär...Trotzdem, man spürt, die beiden lieben sich, aber diese Zweifel ham schon eine ganze Weile an mir genagt. Atmo Frauen Vorbereitungen Autor: Zwischen Haus und Gemüsegarten würfeln Frauen auf langen Biertischen Auberginen, filettieren Tomaten, versengen das Gefieder der Hühner am offenen Feuer, rupfen die Tiere, nehmen das eben geschlachtete, noch warme Schwein aus, kochen die Nieren, schneiden das Lenden- und Bauchfleisch mit langen Messern in Würfel - schieben sie dann auf Messingspieße, bereiten Mirabellensoßen und Peperonipasten , zerstampfen Wallnüsse zu Mus und zaubern immer wieder Chatschapuri, heißes Käsebrot und Chinkali, mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen, die sie zwischendurch - für den ärgsten Hunger, anbieten. Unter ihnen ist auch Macca, die gerade ein Jahr ältere Schwester von Maia, eine zierliche junge Frau mit feinen, sehr ernsten Gesichtszügen. Bisher hat sie sich selten sehen lassen, nur ihre beiden Kinder waren ständige Begleiter der Hochzeitsgesellschaft. Sie ist freundlich, gleichwohl verschlossener als die anderen. NanaO-Ton Sprecherin: Einmal, erzählt Maias Mutter, habe ihre große Tochter Macca sie gefragt: Warum habt ihr mir eigentlich keine richtige Hochzeit ausgerichtet? Sie habe geantwortet: Das wäre für uns unvorstellbar gewesen. Maia: Ich glaub', sie ist sehr sehr glücklich, dass mir so gut geht, die will glaube ich nicht, dass ich das Gleiche erleben muss wie sie, insofern ist sie glaube ich sehr sehr glücklich. Wo das bei ihr passiert ist, das habe ich alles mitgekriegt. Aber ich war so nervös, und es war für mich so unvorstellbar, dass ich einfach nicht bewegen konnte. Ich bin wie ein Stein stehen geblieben, statt hinzugehen und meine Schwester auch zu packen und vom Auto rauszuziehen, konnt' ich gar nichts machen. Also, wir waren bei der Nachbarin, ich, meine Cousine und Macca, wir waren bei der Nachbarin. Und meine Eltern wussten schon, dass mein Schwager damals so gesagt hat, ich will Macca unbedingt als Frau haben, und für meine Eltern die Macca war kleines Mädchen, die war fünfzehn, und für die war unvorstellbar überhaupt, dass Macca jemand heiraten kann. Die wussten ja, dass er immer zu meiner Nachbarin kommt, und meine Eltern haben gesagt: Wenn Swerti kommt, bitte komm sofort heim. Und meine Schwester wollte das halt machen, heimzugehen, und da draußen hat das Auto gewartet, am Tor. Und da waren da Jungs drin, und meine Schwester hat die nicht gesehen. Und dann sind die sofort rausgekommen aus dem Auto, und die haben wirklich so wie ein Tier haben sie gefangen. Und meine Cousine hat meinen Schwager gehalten. Und der zu Jungs gerufen, ich kann nicht kommen, fahrt ihr einfach mit Macca weiter. Die sind einfach weitergefahren, die Macca war nicht ganz im Auto, die waren so tiermäßig, so...ihre Knie waren draußen, is Auto gefahren, ihre Knie waren auf der Straße, also die hat so richtige Narben. Und mein Schwager hat's natürlich irgendwann geschafft gegen meine Cousine, hat sich befreit und ist einfach hinterhergelaufen. Und dann hat mein Schwager meine Schwester zu seinem Onkel gebracht, mit Jungs. Und das Haus ist wirklich wie ein Gefängnis... überall diese Eisengitter, überall. Und dann sind die alle hin, und meine Schwester hat von innen geschrieen "Mama Papa hilft mir bitte, nimmt mir raus." Und meine Eltern konnten nichts tun, die haben Tür gebrochen, die haben Fenster gebrochen. Macca hat die Hände raus und hat geschrieen. Und auf einmal haben wieder die Jungs sie gepackt...und die Stimme war weg...in dem Haus...irgendwo...Und meine Eltern natürlich sind ja ohnmächtig geworden, die haben gedacht, die machen jetzt mit ihr was ganz Schlimmes. Und meine Eltern und alle denken, da hat mein Schwager Gewalt...ja, Autor: Also er hat sie vergewaltigt? Maia: Ungefähr so ... Und dabei kam danach Polizei... dann haben die die Tür aufgemacht und dann hat meine Schwester gesagt: Ich kann nicht mehr nach Hause gehen. Und das war schrecklich. Meine Eltern haben trotzdem meine Schwester gepackt im Auto. Die haben gesagt: Ist uns egal, was mit dir passiert. Du bist // unser Kind, ist uns egal. Aber meine Schwester hat wirklich dagegen gewehrt, "nein, ich muss da bleiben, ich muss dableiben" hat sie die ganze Zeit gesagt. Und danach haben die da wirklich die Autos haben die da geparkt, die Freunde von meinem Schwager, dass das Auto nicht mehr raus konnte. Die haben wirklich Macca wieder rausgezogen. Dann kamen meine Eltern zurück, und die waren wirklich drei Monate im Bett gelegen. Die sind nicht aufgestanden. Die haben wirklich nur Schluck Wasser genommen. Ich hab denen wirklich drei Monate lang gefüttert. Die haben geweint geweint geweint...die haben kein weiße Haar gehabt, in drei Monate sind die so weiß geworden. Atmo Viele Menschen, Feststimmung Autor: Am letzten Abend vor der Hochzeit. Die auswärtigen Gäste sind alle eingetroffen. Maia zeigt ihrer früheren Au-Pair-Familie den goldenen Hochzeitsring... Roswita: Der is glaub ich auch so weich, dass er auch Kerben bekommt. Das is das Schöne, weil jede Kerbe, das is wie in der Ehe, da gehören die Kerben einfach dazu...und das sieht man dann. Das ist schön. Sehr schön Maia hast'n rausgsucht. Henning: Trägst du den schon? Alle: Ja. Maia: Ich konnt'n nicht mehr im Schrank... Roswita: Er geht nicht mehr runter Henning: Das ist ja wie in ner Soap: Er geht nicht mehr runter... Maia: Schmarrn. Das geht scho runter... Maia: (lacht) Ich wollte schon... Roswita: Sie freut sich... Maia: Der hat gesagt, das darf man erst, wenn man... Henning: wird er doch dann angesteckt, oder Maia: Ja eigentlich schon Henning: das gilt ja noch gar nicht... Maia: der hat gesagt, das hat jetzt keine Bedeutung, das wird erst ab kirchlicher Heirat...der wird dann da... Henning: angeschaltet Maia: angeschaltet... Gelächter Atmo Vorabend Autor: Die Vorbereitungen laufen auf vollen Touren. Das ganze Dorf scheint mitzuhelfen. Doch plötzlich kippt die Stimmung... Atmo ritueller Gesang Kirche Küsse (Die Besucher der kirchlichen Trauung küssen die Brautleute, jeder flüstert ihnen seine Glückwünsche zu) Autor: Und dann die Küsse... Claudia: Ich wünsch dir alles alles Gute.... Oma: Mathiasle. Dass ich das noch erleben darf... Atmo Vor der Kirche Miriam: Ich find das auch mit den Ringen schön. Ja, des war schön, das Tauschen. Oma: Maia sah aus wie eine byzantinische Prinzessin mit der Krone, nicht? Das Gesicht und die Augen. So stellt man sich irgendwie die alte ...Byzanz vor. Claudia: Wir wünschen unseren Kindern einfach...das Beste. Absage: Schnee auf Zitrusbäumen Eine Hochzeit in Georgien Ein Feature von Andreas F. Müller Es sprachen: Isis Krüger und Daniel Berger Ton und Technik: Angelika Brochhaus und Michael Morawietz Regie: Andreas F. Müller Redaktion: Hermann Theißen Eine Produktion des Deutschlandfunk mit dem RBB 2008 24