Im Labyrinth der Seelen Eine Lange Nacht über Ingmar Bergman Autoren: Markus Metz und Georg Seeßlen Regie: Claudia Mützelfeldt Redaktion: Dr. Monika Künzel SprecherInnen: Barbara Stoll Volker Risch Bruno Winzen Hendrik Stickan Claudia Mützelfeldt Sendetermine: 14. Juli 2018 Deutschlandfunk Kultur 14./15. Juli 2018 Deutschlandfunk __________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde 45 Filme und einige Schatten: Die lange und wechselvolle Karriere des Ingmar Bergman SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Nachtschwarm“ + „Das Wehen vom Meer“ DARÜBER ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Wer war Ingmar Bergman? DARÜBER ERZÄHLER VOLKER RISCH Mit den Worten eines seiner größten Bewunderer, des amerikanischen Regisseurs Martin Scorsese: O-TON Martin Scorsese SPRECHER BRUNO WINZEN Ingmar Bergmans Werk ist weltweit eines der hervorragendsten, aufregendsten und mutigsten des modernen Films. Beginnend 1946 mit „Krise“ bis zu „Sarabande“ 2003 entwickelte er seine Erzählkunst und Charakterdarstellung ständig weiter und lernte dabei immer mehr über die Welt und über die Menschen. Und er schuf seine eigene Welt, wie alle großen Künstler. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Welt, die Ingmar Bergman in seinen Filmen und durch seine Theaterarbeit schuf, prägte eine intensive Beschäftigung mit sich selbst, mit einem Leben, das in Kindheit und Jugend, gelinde gesagt, nicht wirklich glücklich verlief und auch im Verlauf von 89 Jahren, neben dem künstlerischen Triumph, begleitet war von Ängsten, Zweifeln und persönlichen Niederlagen. Die Kunst, und auch da ähnelt Ingmar Bergman sicher einer Reihe von großen Künstlerinnen und Künstlern, war am Anfang vor allem auch Selbsttherapie, Überlebenshilfe. Aber aus der stetigen Auseinandersetzung mit sich selbst, mit dem Selbstportrait als work in progress, erwuchs auch etwas ganz anderes. Man kann es mit Menschenkenntnis, Intimität, Mitleid, Neugier umschreiben. Es ist Seelenforschung mit der Kamera. Durch seine Gabe genau zu beobachten, wurde Ingmar Bergman auch zum Chronisten der Beziehungs- und Gefühlsverzweiflung des modernen Menschen. Er suchte nach den Wurzeln dessen, was er selbst bezeichnete als... ZITATOR HENDRIK STICKAN ...den emotionalen Analphabetismus unserer Zeit. SPRECHER BRUNO WINZEN 45 Filme und einige Schatten. Die lange und wechselvolle Karriere des Ingmar Bergman O-TON Ingmar Bergman Ich bin sehr kleinbürgerlich, ich liebe das einfache Leben, das ruhige einfache Leben. Ich will alles geplant haben und bitte Ordnung und ruhig. Und dann will ich also da drin fleißig sein und mit Integrität leben und arbeiten. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ingmar Bergman, geboren am 17. Juli 1918 in Uppsala als Sohn des Pastors Erik Bergman und seiner Ehefrau Karin, wächst in einer strengen, bürgerlichen und natürlich vom protestantischen Glauben geprägten Familie heran. Moralisch predigend der Vater, herrisch und impulsiv die Mutter, erinnert sich Ingmar Bergman in seiner Autobiographie „Laterna Magica“. ZITATOR HENDRIK STICKAN Mutters Ohrfeigentechnik war nicht zu überbieten. Der Schlag wurde blitzschnell und mit der linken Hand ausgeführt, an der zwei schwere Eheringe der Strafe schmerzhaften Nachdruck verliehen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Aber da beginnt schon rasch das andere, das Rätselhafte im Leben des Ingmar Bergman, das ihn auch nach dem Tod der Mutter verfolgt. Mochte es sein, dass die Verhältnisse im Pastorenhaus gar nicht so ordentlich waren, wie es nach außen den Anschein hatte? War Ingmar vielleicht gar nicht der Sohn von Karin Bergman, sondern der einer Haushälterin, mit der der Vater ein außereheliches Verhältnis pflegte? ­ERZÄHLER VOLKER RISCH Die Familie, die Identität, die Lüge, die Maskerade, die Liebe und noch mehr der Mangel daran, der unauflösbare Widerspruch zwischen Lust und Moral, Heuchelei und Entlarvung – das alles wird jedenfalls in Ingmar Bergmans Filmen eine große Rolle spielen. Und vieles, wenn nicht beinahe alles, ist maskierte Autobiographie, ist zugleich Fabel und Bekenntnis, ist zugleich moderne Seelenerforschung und cineastisches Revivre. Ein Mensch schafft ein Meisterwerk auf der Suche nach sich selbst. Oder aber: Ein Mensch schafft ein Meisterwerk auf der Flucht vor sich selbst. Auf der Flucht vor einer traumatischen Erfahrung von Familie und Kindheit wird er schon früh zu einem Träumer. Zu einem Beobachter. Und zu einem Lügner. So jedenfalls beschreibt sich Ingmar Bergman selbst in seiner Autobiographie. MUSIK: Anemine: „Adams“ ZITATOR HENDRIK STICKAN Ich glaube ich kam noch am besten davon, weil ich mich zum Lügner ausbildete. Ich schuf eine äußere Person, die mit meinem wirklichen Ich sehr wenig zu tun hatte. Da ich Maske und Ich nicht auseinanderhalten konnte, hatten diese Schäden noch Konsequenzen, als ich längst erwachsen war, und sie beeinträchtigten auch meine Kreativität. Manchmal musste ich mich damit trösten, dass der, der in der Lüge gelebt hat, die Wahrheit liebt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Wahrheit, nach Ingmar Bergman, ist, dass Menschen Menschen Leid zufügen, auch wenn sie es nicht wollen, dass Schmerzen und Verlust das Leben begleiten, dass das Leben eine Vorform der Hölle ist. Immer wieder nimmt Bergman für seine Filmfiguren Anleihen bei der eigenen Familie, beim eigenen Leben. O-TON Ingmar Bergman Mein Vater war ja Pfarrer und die Religiösität war bei uns so etwas wie die Luft in der Lunge. Wir atmeten natürlich Religiosität die ganze Zeit. Und plötzlich habe ich dann dagegen revoltiert. Das war ein Riesenproblem natürlich. Und dann habe ich über diese Fragen sehr viel gearbeitet. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Zu Beginn seiner Karriere sieht sich Ingmar Bergman in der Tradition der skandinavischen Literatur – Henrik Ibsen und August Strindberg sind seine Meister, Seelenforscher, Psychologen der Theaterbühne. Das Kino hat für ihn gleich mehrere Anknüpfungspunkte. Da ist der nordische Stil, mit seinen schweren, expressiven Bildern wie bei dem dänischen Filmemacher Carl Theodor Dreyer oder Bergmans Landsmann Victor Sjöström. Da ist der poetische Realismus des französischen und der Neorealismus des italienischen Kinos. Aber Ingmar Bergman hat immer auch die Direktheit, die Expressivität, die Stilisierung des Stummfilms geliebt. In seinen Filmen wird viel gesprochen, gewiss, dennoch sind die Bilder in ihnen so wuchtig und ausdrucksstark wie in den frühen Stummfilmen. Und immer wieder gibt es Szenen, die nicht von Dialogen, sondern allein von Musik getragen werden. FILMAUSSCHNITT „Hafenstadt“ (Musik) ERZÄHLER VOLKER RISCH In seinen frühen Filmen zeigt Ingmar Bergman die Ausgestoßenen und Außenseiter, die Unverstandenen und Rebellen in einer sehr konkreten Umwelt, zum Beispiel in einer Hafenstadt wie in dem gleichnamigen Film, in dem es um damals sehr aktuelle und sehr tabuisierte Themen geht wie etwa Selbstmord, rigide Heimerziehung und illegale Abtreibung. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Aber auch hier schon gibt es die später so klassischen Bergman-Elemente: Die hartherzige und emotional gestörte Mutter, die Kommunikationsunfähigkeit, die fundamentale Einsamkeit der Personen, das Leben als Alptraum. FILMAUSSCHNITT „Hafenstadt“: (Streit Mutter - Tochter) ERZÄHLER VOLKER RISCH Das Theater und der Film sind für Ingmar Bergman zu einem zweiten Leben, einer zweiten Form der menschlichen Beziehungen geworden. Und Zeit seines Lebens hat Ingmar Bergman darüber auch nachgedacht. O-TON Ingmar Bergman Ich beschäftige mich mit Film, mit Theater, denn ich will Kontakt pflegen mit anderen Menschen. Ich will andere Menschen an der Hand nehmen und sagen: Also hör mal, hier ist was, ich glaube, ich habe was verstanden, siehst du, das ist soundso... Im Theater habe ich also einen Text von Ibsen oder Strindberg oder Goethe, Hugo von Hofmannsthal oder Shakespeare, dann sage ich: Guck mal, ist das nicht schön? ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Was zu diesem Familien-Theater hinzu kam, dem Bergman mit... ZITATOR HENDRIK STICKAN ... unsentimentaler Zärtlichkeit ERZÄHLERIN BARBARA STOLL .... zusah, war die Liebe zu den Stücken von August Strindberg und Hendrik Ibsen. So war auch der Filmregisseur als Autor einer, der die Paar- und Familienbeziehungen im Mittelstand, in all ihrer Widersprüchlichkeit aus Zuneigung und Demütigung, Verlustangst und Machtwillen, Nähe und Entfremdung vermaß. Die Kamera blieb immer Teil dieser Vermessung, teilte den Raum mit den Personen, teilte Intimität und Leere mit ihnen. SOUND/MUSIKCOLLAGE Anemine: „Das Wehen vom Meer“ ERZÄHLER VOLKER RISCH Wegen eines Magenleidens – das ihn Zeit seines Lebens plagen wird – vom Militärdienst befreit, studierte Ingmar Bergman Literaturgeschichte und arbeitete für eine Amateurbühne an Strindberg-Aufführungen. Dort wurde er von einem Agenten von Svensk Filmindustri, der staatlichen schwedischen Filmproduktion, als Drehbuchautor bzw. als Retter verkorkster Skripte entdeckt. Immer blieb Ingmar Bergman auch dem Theater verbunden, ab 1944 in Helsingborg, dann am Stadttheater von Malmö und endlich in Stockholm am Dramatischen Theater. Am Theater fand er auch die meisten Schauspieler für seine Filme; es entwickelte sich ein fester Arbeitsrhythmus: Acht Monate lange wurde Theater gespielt, die Sommerpause wurde dazu verwendet, einen Film zu drehen. Oft gingen Vorbereitungen auf eine Theater-Inszenierung und für einen Film ineinander über, und immer wieder greift Bergman auch bei seinen Theater-Inszenierungen auf filmische Techniken wie Rahmenhandlung oder Montage zurück. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Als den ersten Bergman-Film kann man „Die Hörige“ aus dem Jahr 1944 ansehen, zu dem Ingmar Bergman das Drehbuch schrieb – in einer Zeit von Krankheit und Depression – und bei dem er dem Regisseur Alf Sjöberg assistierte: Ein Schüler wird von seinen Mitschülern und noch mehr von Erwachsenen, von psychopathisch-sadistischen Lehrern und verständnislosen Eltern drangsaliert. Die verzweifelte Auseinandersetzung mit der Autorität bleibt ein wichtiges Thema in Bergmans Filmen – neben der Einsamkeit und der Unfähigkeit zu aufrichtigen Beziehungen. ERZÄHLER VOLKER RISCH „Die Hörige“ machte nicht nur den Regisseur Alf Sjöberg, sondern auch den Drehbuchautor Bergman international bekannt. Bergmans erster Film in eigener Regie entstand 1945: „Krise“, eine Geschichte aus dem Milieu der Zuhälter, der verstoßenen Mädchen und überforderten Mütter. Im Nachhinein hat man Bergmans frühe Filme als „naturalistisch“ bezeichnet: Immer wieder erzählen sie Geschichten von ausgebeuteten und erniedrigten Frauen, die aus dem kleinbürgerlichen Milieu ins gesellschaftliche Abseits gestoßen werden. Und immer wieder gibt die Liebe eine Hoffnung, die sich schließlich doch nicht erfüllen lassen wird. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman konnte immer über einen Stamm von ausgezeichneten Schauspielern verfügen, von denen keiner unbedingt der Star sein musste. Die selben Schauspieler traten einmal in Haupt-, das andere mal in Nebenrollen auf. Ingmar Bergman war immer ein radikaler Autorenfilmer und ein großer Ensembleleiter. Einen sicheren Rückhalt verschafften ihm die staatliche Filmproduktion Svensk Filmindustri, deren Verantwortliche auch nach kommerziellen und kritischen Niederlagen zu ihm standen. Und eine beständige technisch-künstlerische Crew. Mit Kamermann Sven Nykvist bildet Ingmar Bergman für lange Zeit eine künstlerische Einheit. O-TON Ingmar Bergman ZITATOR HENDRIK STICKAN Dieser große blonde Junge, der wie ein Kapitän aussieht, ist genau so verrückt und vielleicht noch viel besessener von seinem Beruf als ich. Wir verstehen uns inzwischen praktisch ohne Worte. Ich bin verdammt abhängig von ihm. Natürlich könnte ich mit einem anderen Kameramann arbeiten und solch ein Verhältnis wieder aufbauen. Aber warum sollte ich? SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „White Series“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Als Filmregisseur riskiert Ingmar Bergman schon früh Verstöße gegen Regeln und Konventionen. Zum Beispiel sehen wir in „Die Zeit mit Monika“ Harriet Andersson, wie sie der Musik aus einer Jukebox zuhört und dann – mit wahrhaft unverschämter Neugier zur Kamera, direkt zu den Zuschauern – diese zu einem nicht besonders unschuldigen Tanz aufzufordern scheint. Während sich die Figuren in den klassischen Film-Melodramen stets auf Augenhöhe begegnen und einander ansehen, bricht Ingmar Bergman ihre Blicke durch Spiegel, Türen und Bewegungen; nur ganz selten sehen sich Menschen bei Bergman in die Augen, meistens redet jeder in sein eigenes Spiegelbild, in sein eigenes Chaos. Als könnte man schon in dieser Inszenierung erkennen, wie wenig Hoffnung für die Paare und Partner bleibt, wie sehr sie ganz buchstäblich aneinander vorbei reden, so sehr sie sich auch nach Liebe und Geborgenheit sehnen mögen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Später verlässt Ingmar Bergman den realistischen Raum ganz und lässt seine Figuren in einer Traumarchitektur agieren. Aber diese Nähe des Films zum Traum steckt bereits in seinen frühen Filmen und macht den Bergman-Stil so einzigartig, wie es der darin – und wohl nur in solcher Traumhaftigkeit! – verwandte Stil von Federico Fellini ist. Gemeinsam – oder auch gegeneinander, wie man es nimmt – überwinden Fellini und Bergman die engen Begrenzungen des Erzählkinos. MUSIK Nino Rota: „La dolce vita“ (Fellini) ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Wer von den beiden der größere Lügner war....? O-TON Margarethe von Trotta Der Fellini war ein noch größerer Lügner. Wenn man dort angerufen hat, das hat man mir erzählt, und er mit jemandem nicht sprechen wollte, dann hat er die Stimme seiner Zugehfrau imitiert und so getan, als ob er nicht zu Hause wäre. ERZÄHLER VOLKER RISCH In ihrem Dokumentarfilm „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ spürt Margarethe von Trotta ihrer ganz persönlichen Verbindung zu diesem nach. O-TON Margarethe von Trotta Der wirklich große Schauspieler war Fellini – und die wollten einen Film zusammen machen, Kurosawa, Fellini und Bergman und die hatten sich auch schon mal getroffen in Rom und sich wohl auch ganz gut verstanden. Dann sollten sie sich wieder treffen, Kurosawa war schon vorher ausgestiegen, aber Fellini und er waren verabredet. Bergmann kam an, hatte alles vorbereitet, kam pünktlich – der war ein super pünktlicher Mensch, also krankhaft pünktlich, was ja oft Menschen sind, die von inneren Ängsten besetzt sind, dass die diese Außenorganisation ganz besonders penibel einhalten wollen, damit sie nicht sonst überfallen werden von der „Stunde des Wolfs“, wie auch der Titel seines Films ist. Er kam an, alles vorbereitet, auch schon die Geschichte geschrieben und vorbereitet – und wer nicht erschien, war Fellini. Bergman hat gewartet und nach 30 Minuten, als Fellini immer noch nicht auftauchte, ist er gegangen – und damit war es für ihn abgeschlossen. Fellini hatte sicherlich nichts vorbereitet, alles improvisiert und pünktlich sind Italiener auch nicht – das konnte gar nicht gut gehen, die beiden zusammen. Aber sie waren voneinander angezogen und die Idee war vielleicht für beide ganz schön, aber in Wirklichkeit ging's nicht. FILMAUSSCHNITT „Hafenstadt“ (Gepräch Berit mit ihren Vorgesetzten) ERZÄHLER VOLKER RISCH Es zeigt sich der Einfluss des Neorealismus, etwa in „Hafenstadt“ von 1948. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das ihre Jugend im Erziehungsheim verbringt, als Fabrikarbeiterin die Hoffnung auf ein erfülltes Leben verliert und in der Liebe zu einem Matrosen einen Ausweg zu erkennen meint, der sie vor dem Selbstmord rettet. 17 Filme umfasst das Werk, das man Bergmans „naturalistische Phase“ genannt hat. In dieser ist sogar Platz für das Komödiantische wie in „Sehnsucht der Frauen“ (1952), wo sich Frauen, die zum jährlichen Fest auf die verspäteten Männer warten, in auch für sie selbst überraschender Offenheit über ihre Enttäuschungen und Wünsche sprechen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman war in dieser Phase ein Filmemacher, den man international zwar beachtete, der aber noch weit davon entfernt war, ein Regie-Star zu sein. Die Kritik sah das Talent, fand aber immer etwas auszusetzen, etwa an der Unausgewogenheit seiner Arbeiten. Die Wende kam mit der Auszeichnung für „Das Lächeln einer Sommernacht“ 1956 in Cannes. Eine Komödie. Wirklich, eine Komödie. ERZÄHLER VOLKER RISCH Und mit „Wilde Erdbeeren“ 1957 errang Ingmar Bergman nach ziemlich einhelliger Meinung der zeitgenössischen Kritik den Rang eines Meisterregisseurs des europäischen Films. FILMAUSSCHNITT „Wilde Erdbeeren“ DARÜBER ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der verehrte Regisseur Viktor Sjöström spielt einen alten, müde gewordenen Professor, der wegen einer akademischen Ehrung zusammen mit seiner Schwiegertochter, die sich gerade von seinem Sohn getrennt hat, eine Reise unternimmt. Die Reise führt ihn an Stätten seiner Kindheit und Jugend zurück, zu der Stelle wo es die wilden Erdbeeren gibt zum Beispiel, die übrigens in mehreren Bergman-Filmen Metaphern der ersten Liebe sind; sie führt ihn zur alten, hartherzigen Mutter und konfrontiert ihn mit mehr oder weniger unbeschwerten Jugendlichen als quirlige Gegenbilder zu seiner Ermattung. FILMAUSSCHNITT „Wilde Erdbeeren“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Drei Generationen, drei Arten, mit dem vergangenen, gegenwärtigen oder absehbaren Scheitern am eigenen emotionalen Analphabetismus umzugehen. Und natürlich gibt es die Traum- oder doch Albtraumsequenzen, in denen Bergman sein ganzes visuelles Gespür entfalten kann. FILMAUSSCHNITT „Wilde Erdbeeren“ (Musik Traumszene) DARÜBER ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Wie konnte sich ein so junger Filmemacher in die Situation eines alten Mannes in Todesnähe hinein versetzen? Vielleicht eine falsche Frage. Denn natürlich war auch dieser Professor Isak Borg ein verkapptes Selbstportrait. O-TON Ingmar Bergman DARÜBER ZITATOR HENDRIK STICKAN Ich sage es immer im Scherz, dass ich erst nachträglich bemerkt hätte, dass Isaak Borg die selben Initialien hat wie ich. Das ist aber gelogen, denn das war Absicht. So einfach ist das. Das hat rein gar nichts mit Victor Sjöström oder seinem Leben zu tun, sondern es ging wie bei „Abend der Gaukler“ um ein Selbstportrait. Das ist die Triebkraft. MUSIK Anemine: Plasson O-TON Margarethe von Trotta Ich bin Anfang der sechziger Jahre nach Paris gegangen, um Französisch zu lernen und zu studieren – nicht ahnend dass ich da also Kino entdecken werde. ERZÄHLER VOLKER RISCH – Margarethe von Trotta – O-TON Margarethe von Trotta Dann habe ich französische Studenten dort getroffen und die waren total begeistert von der Nouvelle Vague und haben mir davon erzählt und richtig gedrängt, mit Ihnen ins Kino zu gehen. Dadurch war mein erster Film, den ich im Quartier Latin sah, das „Siebente Siegel“ von Ingmar Bergman. Und das war natürlich ein solches Erlebnis, nachdem ich Kino überhaupt sonst nicht wahrgenommen hatte und auf einmal saß ich vor diesem Film, schwarz-weiß und dann auch noch mit all den Problemen beschäftigt, die mich auch beschäftigt haben damals: Tod und Religion und Glauben. Und auf einmal habe ich in einem Film all das zusammen vorgefunden, was man sonst sich einzelnen anschauen oder aneignen oder erobern müsste. Damals hatte ich das Gefühl, er war ein Gott. ERZÄHLER VOLKER RISCH Weltberühmt, weit über den Kreis der Cineasten hinaus, wird Ingmar Bergman 1963 mit dem Film „Das Schweigen“. FILMAUSSCHNITT Das Schweigen ERZÄHLER VOLKER RISCH Wir sind ganz nah an der Figur des zwölfjährigen Johan, der mit seiner Mutter und deren kranker Schwester in einer fremden Stadt in einem Hotel gelandet ist. Seine Mutter lässt sich von Johann in der Badewanne den Rücken waschen. Dann geht sie aus, wird in einem Varieté Zeuge, wie ein Paar ein paar Sitzreihen hinter ihr kopuliert, später hat sie Sex mit einem Kellner. Johan durchstreift das Hotel, in dem er seltsame, verwirrende Bilder sieht, in dem er erfahren muss, wie einsam man sein kann. FILMAUSSCHNITT Das Schweigen ERZÄHLERIN BARBARA STOLL „Das Schweigen“ war zu seiner Zeit ein ungeheurer Skandal – und wirkt heute eher wie ein Essay über Sehen oder Nicht-Sehen. Moderne Psychologie, archaische Kulissen und negative Theologie bilden eine Einheit, die sich in wilden, nie gesehenen Bildern ausdrückt. ERZÄHLER VOLKER RISCH „Das Schweigen“ ist der Abschluss einer so genannten Trilogie des Existentialismus in Bergmans Werk. Die ersten beiden Teile sind „Wie in einem Spiegel“ und „Licht im Winter“. „Wie in einem Spiegel“ erzählt von einem Ferienaufenthalt auf einer Insel: Beinahe schon typische Bergman-Charaktere lieben und quälen sich da, ein erfolgloser, aber immer noch ehrgeiziger Schriftsteller, seine psychisch labile Tochter, ihr Ehemann, der zwar ein bekannter Arzt ist, sie aber weder verstehen noch gar ihr helfen kann, und der Sohn, der darunter leidet, dass sein Vater nie eine gefühlsmäßige Bindung an ihn zeigt. Weil man nicht direkt miteinander sprechen kann, kleiden die Kinder ihr Leid in ein kleines Theaterstück, das sie für den Vater aufführen und das schließlich zur Katastrophe führt. „Licht im Winter“ schildert die Krise des Pastors Ericsson, der nicht nur seinem Gott, sondern auch den Menschen um ihn herum entfremdet ist. Die Bauern, die Rat und Trost bei ihm suchen, bekommen nur mäandernde Monologe zu hören. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Zweifellos spukt in diesem Pastor auch der eigene Vater, der mit so viel Strenge und Unverständnis regierte. ERZÄHLER VOLKER RISCH Drei Filme über den Zusammenbruch bürgerlicher Beziehungen und Familien, drei Filme aber auch, in denen eine verzweifelte und vergebliche Suche nach einem erlösenden Gott zu sehen ist. „Das Schweigen“ hieß ursprünglich „Das Schweigen Gottes“, dieser Titel ist gewiss für alle Filme der Trilogie gültig. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Hätte Ingmar Bergman nur diese Filme gedreht, ein Platz unter den großen, bahnbrechenden Regisseuren der filmischen Moderne wäre ihm schon sicher gewesen. Dass er vor allem mit der erotisch provozierenden Sequenz in „Das Schweigen“ weltberühmt geworden ist, war wohl weder geplant noch wurde es den Filmen gerecht. In Ingmar Bergmans Filmen sieht man Menschen, die sich psychisch und oft auch physisch entblößen. Doch der Tabubruch und der Schock-Moment sind hier nicht Selbstzweck; man versteht durchaus, dass der Autor und Regisseur manchmal selbst darüber erschrickt, was seine Figuren, was seine Phantasien machen, und welche Szenen dann in seinen Filmen auftauchen. O-TON Ingmar Bergman Die Szenen haben sich selbst dahin gesetzt in meine Filme. Ich habe nicht gedacht, das ist etwas zum Schockieren. Als ich diesen Film „Das Schweigen“ gemacht habe, habe ich zu dem Produzenten gesagt: Dies ist eine Publikumskatastrophe, niemand will diesen Film sehen. Und dann habe ich dem Produzenten versprochen, eine Komödie zu machen. Er hat gesagt: Lieber Ingmar, ich glaube, nach diesem Film ist mit deiner Karriere Schluss. Ich wusste ja nicht, damals, dass in diesem „Schweigen“ so ein Dynamit wäre. Ich habe es nicht geahnt. Aber heute kann man diesen Film ja Konfirmanden zeigen, nicht wahr. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Und damals? ERZÄHLER VOLKER RISCH Beim bundesdeutschen Start 1964 echauffierten sich konservative Kritiker. Hohe kirchliche Würdenträger meldeten sich zu Wort, und der Film wurde – einmalig in ganz Europa – im bundesdeutschen Parlament behandelt. Eine „Aktion Saubere Leinwand“ und ein Teil der CDU/CSU forderten eine Verfassungsänderung. Die Freiheit der Kunst, die das Grundgesetz gewährt, sollte begrenzt sein durch den... SPRECHER 2 BRUNO WINZEN ... Rahmen der allgemeinen sittlichen Ordnung. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ein Verbot wurde verlangt, Kinos mit Boykottaufrufen konfrontiert. Der Vorspann-Text, den man der deutschen Fassung vorangestellt hatte, zeitigte wohl auch nicht die gewünschte Wirkung. „Das Schweigen“, hieß es da, schildere... SPRECHER 2 BRUNO WINZEN ... eine Welt, in der es Gott nicht mehr gibt. Und eine Welt, in der Gott schweigt, ist die Hölle. O-TON Ingmar Bergman „Ein Regisseur, der Filmschaffende, soll immer alles infrage stellen. Das ist sein Beruf. Das ist seine Schuldigkeit. Darum steht er da. Er muss ein bisschen gefährlich sein. Das gehört dazu.“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Man konnte sich zweifellos fragen, wie viel Lust an der Provokation in Filmen wie „Das Schweigen“ steckte oder in „Die Jungfrauenquelle“ mit einer für das Jahr 1959 schockierenden Vergewaltigungsszene. Aber es ist immer auch die Konsequenz von Bergmans Filmen, nicht gnädig wegzusehen, den Blick der Kamera und des Publikums so starr auf dem Geschehen zu lassen, bis man das Gefühl hat, das Bild, die Maske, der Körper könne sich vor den eigenen Augen auflösen. Mit diesem insistenten Blick freilich gerät das Kino auch immer wieder an den Rand der Selbstauflösung und der Selbstzerstörung. Demaskierung ist ein Motiv, das immer wiederkehrt: etwa bei den Balletttänzern in „Einen Sommer lang“. FILMAUSSCHNITT „Einen Sommer lang“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman hat sich seine Figuren und deren Beziehungen nie ausgedacht, um irgend etwas zu zeigen oder gar zu beweisen. Es waren Bilder, die in ihm aufstiegen und denen er in seinen Filmen eine Geschichte gibt. Wie etwa in „Schreie und Flüstern“, in vielem eine späte Reaktion auf „Das Schweigen“, wieder die Geschichte einer Frau und ihrer kranken Schwester, und wieder zentriert um starke und alle Konventionen brechende Bilder. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Oceano mare“ + „Bajan“ O-TON Ingmar Bergman DARÜBER ZITATOR HENDRIK STICKAN Wenn ich anfange zu schreiben, habe ich eine Art Grundszene im Kopf. Bei „Schreie und Flüstern“ hatte ich eine Szene im Kopf mit vier weißgekleideten Frauen in einem roten Raum. Dann dachte ich darüber nach, warum sie da waren und worüber sie sich unterhielten. Das war eine mystische Szene, und sie kam immer wieder zurück. Diese Szene ließ mir keine Ruhe. MUSIK Khatia Buniatishvili: Chopin, Mazurka in A-Moll, op. 17, Nr. 5, ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Zu den Zumutungen gehört hier die Szene, in der sich Ingrid Thulin die Vagina mit einer Glasscheibe verstümmelt. Aber anders als in den sechziger Jahren, als „Das Schweigen“ noch einen solchen Skandal machen konnte, waren die Kinozuschauer in den siebziger Jahren nicht mehr so leicht zu schockieren. ERZÄHLER VOLKER RISCH Was Kritiker wie Bewunderer stets aufs neue verblüffte, war, dass Ingmar Bergman trotz der Abfolge von Skandalerfolgen und ökonomischen Flops, trotz der spürbaren Anstrengung in manchen Filmen und trotz öffentlicher Anfeindungen ein enormes Arbeitspensum bewältigte. Während im Privatleben des Regisseurs die nächste Beziehungskrise auf die nächste Ehescheidung folgte, entstand Film um Film, von denen nur mürrische Kritiker zu sagen wussten, was Haupt- und was Nebenwerk war, welcher Film Meisterwerk, welcher Film interessant misslungen war. Es war freilich auch ein Leben, das ansonsten nach eigenen, strengen Regeln verlief. O-TON Ingmar Bergman Ich bin furchtbar moralisch. Ich bin fleißig. Ich bin pünktlich. Ich bin pedantisch. Und ich versuche, die Wahrheit zu sagen. Was ich glaube, was die Wahrheit ist, versuche ich zu sagen. Das ist Moral. O-TON Rainer Rother Erstens ist es die Zusammenarbeit mit den Kameramännern, die diesen Filmen eine bestimmte Qualität gibt, das ist eine Fotografie, die wirklich im Gedächtnis hängenbleibt. ERZÄHLER VOLKER RISCH – Rainer Rother, künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek und Leiter der Retrospektive der Berliner Filmfestspiele – O-TON Rainer Rother Er konnte Gesichter fotografieren – oder sagen wir Gunnar Fischer und Sven Nyquist, seine Kameraleute, konnten Gesichter fotografieren, wie man es so noch nicht gesehen hatte, nicht nur erbarmungslos, sondern auch unglaublich zärtlich. Aber das was die Filmemacher an ihm am meisten interessiert hat – und er gehört sicher zu den Regisseuren, die für sehr sehr viele Filmemacher ein Vorbild wurden – ist viel weniger ein bestimmter Stil, sondern eine bestimmte Konsequenz im Künstlertum. Bergmann hat sich auf das konzentriert, was er machen wollte und von dem er glaubte, dass er das auch machen musste, und hat keine Kompromisse geschlossen, hat sich nicht abbringen lassen von dem Weg, hat auch immer wieder neue Experimente gewagt, Filme gedreht, die unglaublich karg sind und gleich danach wie Fanny & Alexander einen sehr opulenten Film. Und diese Konsequenz in der eigenen Arbeit, die sozusagen immer von der eigenen Idee ausgeht und für diese Idee nur das mobilisiert, was zur Realisierung notwendig ist, hat Filmemacher wie Hans-Christian Schmid, aber unter anderem auch so große Namen wie Stanley Kubrick oder Wong Kar-Wei unglaublich beeinflusst. MUSIK Anemine: Eliswin Reprise ERZÄHLER VOLKER RISCH Auf die naturalistische war eine metaphysische und auf diese eine psychologische Phase gefolgt – wenn man Ingmar Bergmans Werk auf eine solche Weise einteilen will. Aber zu Beginn der siebziger Jahre verkörperte er zweifellos bei den jungen Cineasten nicht mehr den rebellischen Geist, wie - sagen wir - Jean Luc Godard oder Rainer Werner Fassbinder. Es fehlte die eindeutige politische Geste, es fehlte die Herausforderung des Systems, wie man damals sagte. Filme wie „Der Ritus“ oder „Passion“, beide aus dem Jahr 1969, erschienen so pessimistisch und ausweglos, als wären sie diametral gegen die Stimmung von Aufbruch und Utopie jener Jahre gedreht. „Schreie und Flüstern“ konnte vielleicht deshalb erst später als einer der ganz großen Bergman-Filme erkannt werden. Stattdessen machte ein anderer Film Furore, genauer gesagt ein Hybrid zwischen Fernseh-Mehrteiler und Kinofilm. Auch dies ein Film, der scheinbar vollkommen quer steht zu der formalen und politischen Rebellion im Kino: „Szenen einer Ehe“ mit Liv Ullman und Erland Josephson. FILMAUSSCHNITT „Szenen einer Ehe“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ein Sprung in der Zeit, ein Sprung von 1973 ins Jahr 2003. Der Sprung von „Szenen einer Ehe“ zu „Sarabande“, den man als eine Fortsetzung, einen Nachklang sehen kann. FILMAUSSCHNITT „Sarabande“ ERZÄHLER VOLKER RISCH „Sarabande“ sollte nach eigenem Bekunden Bergmans letzter Film werden. Wieder spielen Liv Ullman und Erland Josephson das lang getrennte Paar, das sich noch einmal trifft und sich nun mit einer jüngeren Generation konfrontiert sieht. Es sollte noch einmal darum gehen, neue Maßstäbe zu setzen, auch im Bereich der Filmtechnik. Der Film wurde im HDTV-Digitalverfahren gedreht, für die Fernsehausstrahlung, und erst anschließend für die Kino-Auswertung auf das damals immer noch unabdingbare Filmmaterial von 35mm übertragen. Sollte diese Übertragung nicht zu seiner Befriedigung ausfallen, so ließ Bergman verkünden, würde er einer Auswertung im Kino nicht zustimmen. Der Regisseur hatte das Fernsehen für seine Arbeit entdeckt; ihm ging es nicht darum, seine Filme im populären Medium auszuwerten, sondern darum, die Möglichkeiten dieses Mediums kreativ zu nutzen. Schon „Szenen einer Ehe“ und „Fanny und Alexander“ waren als Kinofassung und deutlich längere Fernsehvariante entstanden. „Nach der Probe“ (1984) und „Dabei Ein Clown“ (1997) waren reine Fernseharbeiten, ihre Schönheit entstand gerade durch die bewusste Reduktion der Bilder. MUSIK Paul Badura-Skoda: Franz Schubert, Klaviersonate B-Dur, D 960, Andante sostenuto ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Aber der für das Fernsehen gewählte Alternativtitel, etwa „In Anwesenheit eines Clowns“, verweist erneut auf das Gespenst, das Bergmans Filme beständig begleitet, den weiß geschminkten Tod, der einem in die Kindheit scheint. Doch hier hat er die Gestalt eines alten Weibes, das dem Patienten im Krankenhaus den nackten Hintern entgegenstreckt. Nein, an drastischen Bildern hat es in Bergmans Filmen nie gefehlt. ERZÄHLER VOLKER RISCH Carl ist ein 54 Jahre altes Kind mit einer Vorliebe für Franz Schubert und skurrile Ideen. Doch weil er seine Frau beinahe zu Tode geprügelt hat, verbringt er sein Leben in einer psychiatrischen Klinik. Dort lernt er den Mitpatienten Osvald kennen, und die beiden beschließen, gemeinsam ein neues Projekt in Angriff zu nehmen, nämlich einen Film zu drehen, die Geschichte vom Leben und vom Lieben des Franz Schubert. Mit dem... SPRECHER 2 BRUNO WINZEN ... ersten lebend-gesprochenen Film in der Geschichte der Kinematographie ERZÄHLER VOLKER RISCH ... landen sie schließlich in einer nordschwedischen Stadt, wo die Vorstellung schließlich trotz vieler katastrophaler Ereignisse zu Ende geführt wird. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Wie sollten wir in alledem nicht eine weitere magische Biographie des Filmemachers Ingmar Bergman sehen, der sich aus seiner Schuld, aus seinen Ängsten, aus seinen Niederlagen durch das Licht des Kinematographen zu befreien versucht. ZITATOR HENDRIK STICKAN Hätte ich meine Kreativität nicht ausleben können, dann wäre ich wohl selbst in der Anstalt gelandet. ERZÄHLER VOLKER RISCH Wie um das zu bestätigen, hat er selbst einen Gastauftritt als einer der Insassen. Und die Helden seiner Geschichte sind aus dem eigenen Familienroman bekannt: Sein Onkel Carl, das „schwarze Schaf“ der Familie, das wir aus „Fanny und Alexander“ kennen, und Professor Osvald Vogler, wie der Arzt mit Namen heißt, eine wiederkehrende Figur. Es ist eine Liebeserklärung an die beiden alten Narren, die vor ihrem Tod noch eine große Vorstellung geben, und die Liebesgeschichte zwischen einer jungen Frau und einem todesnahen Mann. Ausklang Musik Franz Schubert ERZÄHLER VOLKER RISCH Im Lauf seiner Karriere hat Ingmar Bergman mehrfach sehr genau Auskunft über sein Leben, seine Arbeit und seine Filme gegeben. 1992 reiste der französische Regisseur und Filmkritiker Olivier Assayas nach Schweden, um ein langes Interview für die Cahiers du Cinéma zu führen. Es war die Reise eines wissbegierigen jungen Cineasten in die ganz eigene Welt, die Ingmar Bergman nicht nur in seinen Filmen, sondern auch in seinem künstlerischen Umfeld geschaffen hatte. Auf der Suche nach dem Ursprung der Bilder-Magie. SPRECHER 2 BRUNO WINZEN Hier fand ich die Kraft der Stummfilme, wie durch Halluzinationen hervorgebrachte Bilder aus anderen Zeiten, Visionen, deren Geheimnis von unwiderstehlicher Kraft ist, die es ihnen ermöglicht, sich in unserem Innersten einzuprägen, mit der Macht unserer eigenen unbewussten Schöpfungen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Aber Ingmar Bergman pflegt auch hier die Kunst des Ausweichens, des Anekdotischen, der Distanz. Wenn man etwas über Bergman erfahren will, was tiefer geht als die große Beichte seiner Biographie in dem Buch „Laterna Magica“, dann muss man es seinen Filmen entnehmen. Nahezu jeder von ihnen behandelt eine Krise. Eine Krise, die man psychologisch, moralisch, gesellschaftlich, theologisch oder künstlerisch auffassen kann. Krisenfilme aus einem Krisenleben. ERZÄHLER VOLKER RISCH Flashback. 1968 zeichnete sich nicht nur ideell und ideologisch die große Krise in der Karriere des Ingmar Bergman ab. Rebellische Studenten stürmten sein Theater. Die Arbeit wurde immer schwerer. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL In den siebziger Jahren waren Bergmans Stil und Motive weniger gefragt als zuvor, zu bürgerlich erschienen seine Figuren und ihre Probleme, zu wenig trugen die Filme zu einer Veränderung der Wirklichkeit, zur großen Befreiungsbewegung bei. Aber seine eigene Bewegung war vielleicht viel stärker. Denn nach dem naturalistischen Stil des Beginns und der symbolistischen Phase dazwischen arbeitete Bergman nun quasi-dokumentarisch, erster Höhepunkt war „Szenen einer Ehe“. Jedoch bleibt das Kammerspiel seine Domäne, wenn er sich politischen Themen widmet oder sich an anderen Erzählweisen erprobt, dann misslingen ihm Filme wie etwa „Das Schlangenei“. Natürlich ist bei Bergman auch das Misslingen interessant. Aber es ist eben doch ein Misslingen. Und niemand ist so unbarmherzig gegenüber misslungenen Bergman-Filmen wie Ingmar Bergman selbst. ZITATOR HENDRIK STICKAN Die beständige Angst quält mich: Was hast du geschaffen, das lange hält? Gibt es in deinen Filmen einen einzigen Meter, der die Gegenwart überdauert? Eine einzige Replik, eine einzige Situation, die wirklich und unverrückbar wahr ist? SOUND/MUSIKCOLLAGE Anemine: „Adams“ + „Nachtschwarm“ + „Das Wehen“ 2. Stunde Ingmar Bergmans Theaterarbeit und die Mühen des Exils MUSIK Bela Bartok: 3. Pianokonzert, 1. Satz Alegretto AUSSCHNITT Ingmar Bergman inszeniert „Traumspiel“ MUSIK: Anemine: „Das Wehen“ O-TON Robert Atzorn Ich war am Residenztheater engagiert seit 1975. 1976 kam Bergman, das Theater stand Kopf: Ein Weltstar kommt nach München. Alle Schauspieler haben gezittert, voller Hochachtung. Als die erste Besetzung rauskam – ich war nicht drauf –, war jeder enttäuscht, der in seiner ersten Inszenierung „Traumspiel“ nicht mitspielen durfte. Gerüchte gingen durchs Theater: Mein Gott, ist der kompliziert, immer 100% will er haben, pünktlich musst Du sein! AUSSCHNITT Ingmar Bergman inszeniert „Traumspiel“ O-TON C. Bernd Sucher Es war durchaus eine Euphorie, man kannte die Filme, wenige kannten die Inszenierungen aus seinem Heimatland. Andererseits war man erstaunt, dass er ausgerechnet an dieses Theater kam – er hätte ja auch nach Berlin oder Hamburg gehen können. SPRECHER 2 BRUNO WINZEN Ingmar Bergmans Theaterarbeit und die Mühen des Exils ERZÄHLERIN BARBARA STOLL München 1977: Ingmar Bergman inszeniert am Residenztheater. Die Medien, das Publikum, die Kritiker – das kulturelle München ist elektrisiert. Wird der schwedische Meisterregisseur ein Theaterwunder vollbringen? Wird er einmal mehr durch seine Arbeit tief in die Seele der Mitmenschen und vor allem seine eigene blicken lassen? Wird der Ruhm des Filmregisseurs auf dem Theater standhalten? Wird der strenge skandinavische Gefühlsforscher in der barocken Stadt bestehen? Folgt der Begegnung dieses Künstlers mit dieser Stadt Triumph oder Fiasko? ERZÄHLER VOLKER RISCH Dass Ingmar Bergman in München lebte und arbeitete, hat eine Vorgeschichte in Schweden. Ohne sie wäre manches vermutlich ganz anders verlaufen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Mitte der 1970er Jahre schien die Steuerbürokratie des sehr sozialdemokratischen schwedischen Staates jedes Maß und Ziel zu verlieren. Zu den prominentesten Opfern gehörten die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren und Ingmar Bergman. ERZÄHLER VOLKER RISCH 1975 wurde gegen den Filmemacher Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben. Es folgten Schlagzeilen in der heimischen Presse, deren Ton zwischen Häme, Ironie und Mitleid changierte. Ingmar Bergman notierte in seinem Arbeitsbuch: ZITATOR HENDRIK STICKAN Die Furcht, die Angst, die Schande. Die Demütigung. Das Problem ist, dass ich kindlich und hässlich reagiere, zum Vergnügen derer, die mich beschuldigen. Ich will ihnen Recht geben. Ich will gestehen, ich will lieb sein, ich will bezahlen. Aus den dunklen Ängsten der Kindheit taucht plötzlich ein gefährliches Gefühl auf. Dies ist Wirklichkeit, soll ich weitermachen mit meinen Spielen? ERZÄHLER VOLKER RISCH Zunächst machte Ingmar Bergman weiter. Während die Beamten und Rechtsanwälte sich immer tiefer in den „Fall Bergman“ verbissen, schloß er den Schnitt seines Films „Von Angesicht zu Angesicht“ ab, arbeitete am Drehbuch zu seinem nächsten großen Projekt „Das Schlangenei“ und leitete die Proben zu August Strindbergs „Totentanz“ am Stockholmer „Dramaten“. Anfang 1976 holten ihn Beamte der Steuerfahndung mitten aus der Probenarbeit. Sein Pass wurde ihm abgenommen. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Deveria“ + „White Series“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Eine hässliche, unverständige Wirklichkeit hat das Spiel unterbrochen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ein Zusammenbruch führte Bergman in eine psychiatrische Klinik. Auf den gewaltsamen Einbruch in sein Leben folgte eine Zeit der erschöpfenden Leere. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Einiges davon – der Mensch als Objekt wissenschaftlicher Neugier, das Gefühl des Ausgeliefertseins, der trostlose Alltag im Sanatorium – wird sich später in Ingmar Bergmans Theater- und Filmarbeit in Deutschland niederschlagen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Nach dem Zusammenbruch der Aufbruch. Der 58-jährige Ingmar Bergman verlässt im April 1976 seine Heimat im Protest und landet nach einigen Zwischenstationen in München. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Deveria“ + „White Series“ O-TON Ingmar Bergman Ich konnte nicht an anderes denken als an dieses Problem. Und konnte ich nicht an etwas anderes denken, konnte ich nicht mehr schaffen. Und kann ich nicht schaffen, dann habe ich keine Identität mehr. Denn in meinem ganzen Leben habe ich geschafft. Ich war ja zwei Jahre alt, da habe ich meine ersten Zeichnungen gemacht und dann habe ich Tag und Nacht geschafft. Höre ich auf zu schaffen, dann habe ich keine Identität mehr und dann ist das Leben ganz meinungslos. Dann logisch musste ich also weg, um wieder an andere Dinge zu denken und andere Gedanken zu kriegen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Kränkung, das verdrehte Schuldgefühl, der bittere Zorn und ein Gefühl des Verlustes – all das, was er selber als seine „Lebenskatastrophe“ bezeichnet, begleitet Ingmar Bergman in die Jahre seines Exils, macht ihn möglicherweise an manchen Stellen empfindlicher und an anderen verschlossener als es bei einem normalen künstlerischen Auslandsaufenthalt der Fall gewesen wäre. Beruflicher Neuanfang und persönliche Krise greifen ineinander. Das ist nichts Neues in der Biographie des Regisseurs, aber es vollzieht sich in einer Umgebung, die für nördliche Seelenkrisen sowohl auf der Bühne als auch hinter ihr ein eher limitiertes Verständnis zeigt. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ingmar Bergman kommt in eine Stadt, die sich zu dieser Zeit selbst in einer Aufbruchstimmung wähnt und in der große Stars durchaus willkommen sind. Das Wort von der „heimlichen Hauptstadt“ hat die Runde gemacht und ist dann doch wieder verworfen worden. München fühlt sich aufgeschlossen, weltoffen, avantgardistisch. Einerseits. Zum ökonomischen Glamour der Stadt gehört auch eine aufblühende Filmproduktion mit amerikanischen und europäischen Partnern. Andererseits herrscht eine konservative Grundstimmung in Politik und Kunst, es gibt einen unüberbrückbaren Graben zwischen alter und neuer Kultur. Als etwa die Städtische Galerie im Lenbachhaus 1979 Joseph Beuys’ Installation „Zeige deine Wunde“ ankaufen will, führt das zu einem wochenlangen Kulturkampf, einige CSU-Politiker sehen in Fett und Filz gar das Abendland untergehen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Von einem Künstler wird in dieser Stadt zu dieser Zeit vor allem eines verlangt: Dass er München erlöst von der Angst vor der eigenen Provinzialität. ERZÄHLER VOLKER RISCH Der Theaterkritiker Curt Bernd Sucher erinnert sich an die Stimmung: O-TON Curt Bernd Sucher Ich kam 1980 nach München, man erzählte allen, das Klima ist provinziell: Strauß und Achternbusch und Kroetz, Vorurteile gab es. Es war nicht provinzieller als in anderen Städten und der Umgang war unaggressiver als in richtigen Großstädten. Andererseits ist München eine Stadt, die wie keine andere gute Zeitungen hat. Das muss Bergman gefallen haben, weil er auch von den Boulevardzeitungen begrüßt wurde. ERZÄHLER VOLKER RISCH München ist für Ingmar Bergman zunächst nicht die Stadt seiner Wahl für sein trotziges Exil, zuvor hat er Paris oder Kalifornien ins Auge gefasst. Es sind eher Zufälle und Gelegenheiten, die ihn hierher bringen. Hier nämlich, in den Bavaria-Studios, kann „Das Schlangenei“, Bergmans düstere Vision vom Vorabend des deutschen Faschismus, realisiert werden. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Bergman will der Welt beweisen, dass er das Filmemachen auch unter widrigen Umständen beherrscht. In einem Zustand ständiger Aufgedrehtheit, der Angst und der Erinnerung an die Schmach in der Heimat, entwickelt Bergman – vielleicht ist es das, was er seine ‚Schizophrenie’ nennt – eine Mischung aus Größenwahn und Kompromissbereitschaft gegenüber der Produktion. Beides eher ungewohnt in seiner Karriere als Filmemacher. ERZÄHLER VOLKER RISCH In einer alten Simplicissimus-Ausgabe sieht Bergman eine expressionistische Kohlezeichnung einer Berliner Straße, die zu alledem auch noch Bergmannstraße heißt. Der Regisseur wird besessen von diesem Bild. Er setzt durch, dass diese Bergmannstraße bis ins Detail der Straßenbahngleise, der Hinterhofdurchgänge und der Reklameschilder auf dem Studiogelände der Bavaria nachgebaut wird. MUSIK Paul Hindemith: Rag-Time ERZÄHLER VOLKER RISCH Es ist das Krisenjahr 1923. Die Inflation galoppiert, faschistische Schlägertrupps gehen auf Menschenjagd. Zwei gescheiterte Artisten, Abel Rosenberg – gespielt von David Carradine – und seine Schwägerin Marianne – gespielt von Liv Ullman – erleben die ersten Anzeichen der Barbarei. Abels Bruder Max hat sich unter ungeklärten Umständen das Leben genommen, eine geheimnisvolle Mordserie hält die Stadt in Atem. Ein Gönner der Artisten – gespielt von Heinz Bennent – entpuppt sich als wahres Monster: Als Chefarzt einer Klinik führt er grausame Menschenversuche durch. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Mit einer Figur wie diesem Dr. Vergerus verweist Ingmar Bergman auf die späteren Nazi-Verbrechen. FILMAUSSCHNITT „Das Schlangenei“: Vergerus erläutert seine Foltermethoden ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die opulente Kulisse der Bergmannstraße überdeckt das Anliegen des Films so sehr wie der Glamour der internationalen Besetzung der Neuneinhalb-Millionen-DM-Produktion. ERZÄHLER VOLKER RISCH Die Kritiker der Springer-Zeitungen sind einhellig empört über das Zerrbild vom hässlichen Deutschen, das ein schwedischer Regisseur da bediene. Andere sehen darin einen Versuch, ausgerechnet in der Charakterisierung von Nazi-Gestalten klammheimliche Rache an den Steuerbeamten und Staatsanwälten zu nehmen, die ihn in Schweden drangsalierten. Kurzum: „Das Schlangenei“ stieß nicht auf viel Wohlwollen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der einen Fraktion schien Bergman zu aggressiv, zu analytisch und zu unnachsichtig, der anderen zu konventionell und zu formbewusst. Kein guter Beginn also für eine Hassliebesgeschichte zwischen einem Künstler und einer Stadt. ERZÄHLER VOLKER RISCH Noch während er „Das Schlangenei“ dreht, vereinbart Bergman mit Kurt Meisel, dem Indendanten des Münchner Residenztheaters, Strindbergs „Traumspiel“ zu inszenieren. O-TON Ingmar Bergman Mein Beruf ist ein Erfahrungsberuf. Es gibt Stücke, die mich durchs Leben begleiten und plötzlich kriege ich durch neue Erfahrungen neue Aspekte. Ursprünglich hat Meisel gefragt: Was willst du inszenieren? Ich habe gesagt: Ich bin weg aus Schweden, also etwas ganz schwedisches, „Traumspiel“. Das ist Erfahrung genug, es mit deutschen Schauspielern in fremder Sprache zu inszenieren. AUSSCHNITT Bergman inszeniert „Traumspiel“ O-TON Ingmar Bergman Meine Liebe war nie unkritisch und rein und unschuldig, ich bin sehr sehr ambivalent mit Strindberg. Es gibt Dinge, die Strindberg geschrieben hat, die sind furchtbar. Aber dieses verdammte „Traumspiel“ habe ich 100-mal in den Wald geschmissen und habe doch gedacht: Ich muß wieder wieder darauf zurückkommen, da ist ein Geheimnis drin. Seine Kammerspiele wie „Fräulein Julie“ sind fabelhaft. Das ist ein Schatz für mich, eine Erlebnisquelle ähnlich wie die Mozart-Symphonien oder wie das 3. Pianokonzert von Bartok, die Beethoven-Quartette. Für mich ist das eine Lebensquelle. MUSIK: Philarmonia Quartett Berlin: L.v.Beethoven, Streichquartett, op. 18, Nr. 5, Andante cantabile ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Auch wenn es Bergman nie in den Sinn gekommen wäre, Strindberg forsch zu modernisieren oder gar zu dekonstruieren – das „Traumspiel“ hätte ein Theater-Höhepunkt werden können. ERZÄHLER VOLKER RISCH Was für Schauspieler und Regisseur ein hoch emotionaler und durchaus nicht unglücklicher Beginn der Zusammenarbeit ist, wird vom deutschen Feuilleton im allgemeinen und von der Münchner Kritik im besonderen eher missmutig aufgenommen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergmans künstlerischer und menschlicher Prozess der Gesundung hat also mit einer Ernüchterung begonnen. Ein Film geht schief, eine Theater-Inszenierung geht schief – und für beides sucht er die Schuld zuerst einmal bei sich selbst. ZITATOR HENDRIK STICKAN Die „Traumspiel“-Ruine ist Teil des gleichen Wahnsinns wie die Bergmannstraße. Es handelte sich um hohen Blutdruck und Hyperaktivität. Mir schwindelte vor Enthusiasmus. ERZÄHLER VOLKER RISCH Am Residenztheater wird in diesem Jahr 1977 der leicht schizophrene Enthusiasmus des Ingmar Bergman durchaus geteilt, vor allem von den jungen Schauspielern wie Christine Buchegger oder Robert Atzorn. O-TON Christine Buchegger Bergman hat sich fürs Resi entschieden, weil da Schauspieler seien, die offen seien, mit den man gut arbeiten könne, hat er später erzählt. Er war anfangs sehr schüchtern, hat ganz gut Deutsch gesprochen und das hat sich verbessert mit der Zeit. Aber es ging von ihm eine große Wärme aus und eine große Liebe für die Schauspieler, obwohl er immer so schwierige, tiefenpsychologische Themen und Abgründe gezeigt hat. O-TON Robert Atzorn Als ich ihn kennenlernte und zu ihm auf die Bühne kam, hatte man das Gefühl: Es kann alles passieren, er weiß alles über das Menschsein, nicht zuletzt durch seine vielen Ehen und unzähligen Kinder. Auch wenn er später mal von seiner Insel und persönlichen Erlebnissen erzählte, merkte man: Der hat alles gesehen, von Morden, Eifersuchtsszenen, psychologischen Exzessen, Alkohol – alles hat er gesehen und verarbeitet und deshalb hat das auch diese menschliche Tiefe. O-TON Ingmar Bergman Das Schönste, was es gibt, ist für mich die Arbeit im Theater. Ohne Film kann ich leben, aber ohne Theater nicht. Ein schönes Stück zu haben, einen Klassiker, einen Text – und mit Schauspielern am Morgen zusammenzukommen in diesem dunklen Probensaal und wir sitzen den ganzen Tag zusammen und arbeiten an diesem Text. Das ist für mich das Schönste, das ist wirklich das reine Glück. Das kann manchmal kompliziert sein und schwierig und unangenehm, aber meistens ist es fabelhaft. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Von allem, was passieren kann, in Ingmar Bergmans Münchner Theater-Arbeit, scheint aber meist das weniger Glückliche eingetreten zu sein: Als wäre hier eine Falle neben der anderen aufgestellt, und ein paar habe sich der Regisseur gleich noch selbst mitgebracht. Und es scheint, als hätte Ingmar Bergman nicht eine einzige davon ausgelassen. Manche hat er gar nicht oder zu spät erkannt, andere indes hat er sich wohl auch von gutmeinenden Menschen in seiner Umgebung nicht ausreden lassen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Da sind die Bergman-Schauspieler und ihre geschlossene Welt. Ingmar Bergman polarisiert in seiner Arbeit, schart eine Gruppe von Schauspielern um sich, mit denen er vorzüglich zusammen arbeitet und die er nach Kräften fördert. Notgedrungen müssen sich andere ausgeschlossen oder zurückgewiesen fühlen. Mit anderen Worten: Ingmar Bergman macht sich auch in der Innenwelt des Theaters, das er gerne seine Heimat nennt, nicht nur Freunde. Er setzt sich für die Belange der Schauspieler ein, was ihn in Widerspruch zur Theaterleitung bringt. Er führt öffentliche Proben ein, um jungen Leuten die Gelegenheit zu geben, Theater zu sehen und zu erfahren. Das beschert ihm keineswegs nur Beifall. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Dann ist da die Auswahl seiner Stücke. Wenn Bergman sich um die nordischen Klassiker Strindberg oder Ibsen kümmert, wirft man ihm eine Skandinavisierung des Spielplans vor, nimmt er sich aber französische oder englische Klassiker vor, heißt es, er habe sich von seinem Spezialgebiet in fremdes Gelände verirrt. In seiner Münchner Zeit inszeniert Bergman Shakespeare, Anouilh, Camus und O’Neill; wirklich diskutiert wird aber nur über die Stücke skandinavischer Autoren oder die Tschechows, immerhin, und über das Scheitern Bergmans etwa an Molière. ERZÄHLER VOLKER RISCH Mit der Inszenierung von „Aus dem Leben der Regenwürmer“, eines zumindest hierzulande kaum geschätzten Stückes von Per Olov Enquist, bietet Ingmar Bergman der Kritik offene Flanken. Der Ton wird rauer. O-TON Curt Bernd Sucher Ich fand das Stück schon ganz mittelmäßig, ich fragte mich, warum macht er das überhaupt? Ich kam zum Schluß, was man von seinen Filmen auch wußte: Dass er mit Frauen weit besser arbeiten kann als mit Männern, die immer schnell zu Karikaturen, Schablonen werden. Starke Frauen ist das, was er kann. Und das bestätigte sich an diesem Abend. O-TON Margarethe von Trotta Ich denke schon, dass er Frauen gewählt hat als Typen, die er in der schwedischen Gesellschaft vorgefunden hat. Die waren viel emanzipierter als wir das waren oder die Italiener oder Franzosen. ERZÄHLER VOLKER RISCH – Margarethe von Trotta – O-TON Margarethe von Trotta Das waren eben Gestalten wie Ingrid Thulin oder auch Harriet Anderson, die zwar in sein Filmen nicht immer die emanzipierte Frau spielt, aber die einfach weiß, was sie wert ist. Das merkt man selbst in den Rollen, wo sie eher ein Opfer ist, dass sie im Leben sehr wohl ihren Wert kannte. Diese Art von Sicht auf eine Modernität, das war außergewöhnlich für die Zeit auch hauptsächlich bei ihm. Ich würde trotzdem sagen, er war auch die Frau: Wenn er eine Frau gezeigt hat, war es sowohl eine Darstellung der Frauen, die er vorgefunden hat, aber immer auch er selbst. Zum Beispiel in „Persona“ ist es ja ganz deutlich, wo er die Liv Ullmann ist. Und in anderen Filmen denke ich auch, dass er sich oft auch mit den Frauen identifiziert hat. ERZÄHLER VOLKER RISCH Der Theatermann Bergman wird immer am berühmten Filmregisseur Bergman gemessen. Genau gesagt werfen die Filmkritiker Ingmar Bergman in dieser Zeit vor, zu theaterhaft zu sein, und die Theaterkritiker werfen ihm vor, zu filmisch zu denken. MUSIK Anton Plate „You must finish your journey alone“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ganz nah kommen sich die zwei Welten in einem Film, den Ingmar Bergman mit den Schauspielern des Residenz-Theaters als Produktion für das ZDF realisieren kann: „Aus dem Leben der Marionetten“ – vielleicht eines der radikalsten, auf jeden Fall eines der pessimistischsten Werke des Autors und Regisseurs. ERZÄHLER VOLKER RISCH Protagonisten des Films sind ein Paar, das schon in „Szenen einer Ehe“ vorkommt, als Kontrast zu den Auseinandersetzungen der Hauptpersonen. AUSSCHNITT „Aus dem Leben der Marionetten“ (Überdruß) ERZÄHLER VOLKER RISCH In seinem Buch „Bilder“ genügen Ingmar Bergman wenige Worte, um die Situation des Paares zu charakterisieren: ZITATOR HENDRIK STICKAN Sie verüben so grausam Sabotage, wie sie nur zwei Menschen in ihrer Situation einfallen kann. Ihr Zusammenleben ist ein subtiler Todestanz und ein Entmenschlichungsprozess. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Dieses Paar kennen wir aus dem Bergman-Kosmos: Es verfolgt uns und vermutlich noch mehr den Regisseur seit „Wilde Erdbeeren“. Es ist der Störfall, der Endpunkt, die triste Spiegelung aller einander Liebenden und miteinander Kämpfenden. Dieses Paar muss einmal ganz in den Vordergrund treten und seine Tragödie oder Groteske bis zum Ende durchspielen. Und vermutlich ist es kein Zufall, dass dies in Bergmans deutschem Exil geschehen muss. ERZÄHLER VOLKER RISCH Und ebenso wenig dürfte es Zufall sein, dass auch dieses Werk ein furchtbarer ökonomischer Fehlschlag wird – schlimmer noch: ein erneuter Anlass für Missverständnisse. Sie beginnen damit, dass der Fernsehfilm entgegen der Absicht des Regisseurs in einigen Ländern ins Kino kommt. Dort geht die kleine Produktion so rasch unter, dass nicht einmal die Bergman-Bewunderer unter den Kritikern Gelegenheit haben, ihre Gedanken zu sortieren. Hauptdarstellerin Christine Buchegger: O-TON Christine Buchegger Der Film kam in Paris raus, Welturaufführung. Die Schauspieler dachten, jetzt ist was Großes im Gange. Nach drei Tagen wurde er abgesetzt, hier ist er gar nicht im Kino gelaufen, nur ein paar Mal im Fernsehen. Das war natürlich eine Enttäuschung – für ihn weniger, glaube ich. Dass es ein Riesenerfolg wird, war ihm nicht so wichtig – er war ja wahnsinnig erfolgreich. ERZÄHLER VOLKER RISCH Hauptdarsteller Robert Atzorn: O-TON Robert Atzorn Ich dachte, ich mache jetzt Weltkarriere, aber es weiß bis heute keiner, dass es diesen Film überhaupt gibt. Ich dachte, jetzt habe ich es geschafft – und jahrelang kam gar nichts. Aber ich liebe den Film. Natürlich ist das total deprimierend wie alle seine Filme, du konntest am Schluß eigentlich nur Pistole nehmen. Deshalb war es immer so gut, wenn man ihn selbst erlebte, dass er selber so drüber lachen konnte. Aber er wollte wirklich in die Seele der Menschen greifen und ihnen Sachen klarmachen. Er war ja glaub ich der erste, der die Figuren so psychologisch auseinandernahm, die sich so entäußerten, so viel von sich selber erzählten. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Deveria“ + „Sherman“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Leicht hat es Ingmar Bergman wohl niemandem gemacht. Das reicht bis in die Eigenheiten seiner Person: Er kann die Abgründe in anderen nur sehen, weil er die eigenen kennt und mit manchmal durchaus rigiden Mitteln kontrolliert. O-TON Ingmar Bergman Ich kann nicht improvisieren – nur wenn ich ganz genau vorbereitet bin. Improvisation auf Improvisation, das geht nicht, das wird nur ein Durcheinander. O-TON Robert Atzorn Er brauchte wohl diesen Rhythmus, um sein eigenes inneres Chaos zu bewältigen, er brauchte eine klare Struktur. Das ging soweit, dass er bei den Theaterproben jeden Tag das gleiche anhatte. Wir dachten zuerst: Duscht der nicht? Wechselt der sein Hemd nicht? Bis ihn irgendjemand fragte: Ingmar, du hast ja immer den gleichen Pullover an, so eine braune Strickweste? Ja, sagt er, das habe ich zwölfmal im Schrank hängen. Er fühlte sich in dieser Farbkombination einfach wohl: kariertes Hemd, Strickjacke drüber, braune Hose, das hat er dann immer angezogen. O-TON Christine Buchegger Disziplin war bei ihm oberstes Gebot, auch für Schauspieler. Wenn jemand nicht vorbereitet auf die Probe kam, das hat er sofort gemerkt. Er konnte sehr gut zuhören, hatte ungeheures Ohr, er war ja sehr musikalisch. Für ihn war das Stück die Partitur, er hatte immer das Werk auf einem komischen Notenständer, hat darin geblättert und Zeichen gemacht oder Männchen gezeichnet, da haben sich Schauspieler immer lustig gemacht. Er hatte alles im Kopf, sagte aber immer: Das kann dann ganz anders werden. Es ist aber nie anders geworden, weil das war sein Korsett, er brauchte das. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der arrogante Skandinavier, der in München eine kleine Anzahl von Schauspielern adoptiert und den Betrieb darum herum verachtet; der tyrannische Regisseur, der hinter seiner liebenswürdigen Fassade unbeirrbar seine egomanen Konzepte durchsetzt, nicht bereit, sich mit seinen Kritikern auf Augenhöhe auseinander zu setzen; ein heiliges Monster, das ständig wehleidig in sich selbst hinein horcht, aber anderen Menschen gegenüber unnachsichtig ist. O-TON Robert Atzorn Diese dunklen Seite gibt es in ihm. Er ist auf der einen Seite wie ein Engel, unterstützend, liebevoll, zärtlich. Andererseits hat er auch eine satanische Ecke gehabt, nicht nur seinen 1000 prozentigen Anspruch. Als ein Tonmann nicht funktionierte, hat er ihn unter Prügeln aus Studio geschmissen, weil er sagte: Es gibt beim Film Momente, die bekommst du nie wieder hin, kannst du nie wiederholen. Das akzeptiert er nicht. DARÜBER ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Münchner Kultur will Ingmar Bergman offenbar nicht adoptieren, schon gar nicht auf ein Ganz oder gar nicht-Spiel eingehen. Weil er nur eine Diskussion über seine Person, nicht aber über Konzeptionen, Methoden oder Stilfragen zulässt, besteht die Kritik insgeheim aus einem ständigen Kurzschluss zwischen seiner Arbeit und der Person Ingmar Bergman. So wenig der auf seine Kritiker eingehen will oder kann, so wenig gehen die Kritiker auf seine indirekten oder verschlüsselten Versuche ein, sein künstlerisches Programm zu erklären. Sie resümieren weiter seine Fehler und dokumentieren mit Vorliebe, in welche Fallen er wieder tappt. ERZÄHLER VOLKER RISCH Dazu gehört nur zum Beispiel die Weigerung, an der „Bambi“-Verleihung teilzunehmen, die man als Skandal und Affront bezeichnet. Dazu gehört nicht zuletzt eine Feier mit Franz Joseph Strauß, die politisch ausgeschlachtet wird und den Regisseur etliche Sympathien von der Linken bis in die liberale Mitte kostet. Plötzlich steht Ingmar Bergman als jemand da, der wie sein Gastgeber die Linke für alles Übel in der Welt verantwortlich macht. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ein schwieriger Mensch, ein politischer Reaktionär und ein Regisseur, der auf der Bühne keine Abweichungen vom Text, keine Experimente und keine Widersprüche duldet. Negativer kann wohl ein öffentliches Image zu dieser Zeit nicht ausfallen. Dass beinahe alles, die Mär vom politischen Reaktionär aber ganz besonders, auf Missverständnisse und Manipulationen zurück geht, ist viel schwerer zu vermitteln. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ingmar Bergman bekennt dann melancholisch, er habe nun ein paar Tricks der deutschen Politik kennen gelernt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Tatsächlich hat er sich danach nie wieder so naiv missbrauchen lassen und ist allen politischen Äußerungen weiträumig aus dem Weg gegangen. Einen diplomatischen Umgang mit der Presse hat Ingmar Bergman sich deswegen allerdings nicht angeeignet. ZITATOR HENDRIK STICKAN Ich finde, wenn ein Regisseur über seine Inszenierung spricht, geht das Mitgefühl verloren. Dann stehen meine Worte zwischen dem Publikum und Tschechow. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Vielleicht hätten ein paar Worte zum Handwerk mehr und ein paar Worte weniger zum emotionalen Analphabetismus seiner Zeitgenossen Ingmar Bergman und seiner Beziehung zur Münchner Kultur nicht geschadet. Am Ende seiner Exiljahre bekennt er, er habe es sicher versäumt, den Journalisten und Kritikern in dieser Stadt „schön zu tun“. Aber da hat er sich schon wieder verrannt. Als könne er schon nichts mehr sagen, ohne darin seinen verkappten Zorn und seine Enttäuschung auszudrücken. ERZÄHLER VOLKER RISCH Die Kritiker verurteilen Ingmar Bergmans Inszenierungen in München gewiss nicht pauschal. Aber auch als er seine Anfangsschwierigkeiten überwunden hat und entspannter mit den Schauspielern, dem Publikum und vielleicht sogar mit sich selbst hätte umgehen können, findet man kaum Begeisterung, Sympathie oder gar Liebe. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Und bei allen Erklärungsversuchen, bei allen Blicken hinter die Legenden und Missverständnisse macht einen diese Kälte in der Beziehung zwischen einem Künstler und einer Stadt heute noch schaudern. ERZÄHLER VOLKER RISCH Hinter dem Streit um die Qualität von Ingmar Bergmans Inszenierungen am Münchner Residenztheater aber steckt womöglich ein grundsätzlicheres Problem. Immer wieder wird der Vorwurf einer allzu biederen Werktreue erhoben, und je öfter er erhoben wird, desto hartnäckiger weigert sich Bergman, das Spiel des deutschen Regietheaters mitzumachen. Vielleicht geht es ja in diesem verzwickten Streit nicht nur um eine Person, und um die konkreten Arbeiten auf der Bühne, sondern um nichts weniger als die Zukunft des Theaters. Beinahe jede neue Inszenierung von Bergman in München kann man auch verstehen als Kritik an einer Bearbeitungs- und Inszenierungspraxis, die sich als offen, modern und avantgardistisch versteht. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL In seinem späten Fernsehspiel „Nach der Probe“ lässt Bergman seinen Protagonisten, einen alten Regisseur, zynisch sagen: SPRECHER 2, BRUNO WINZEN Ich vergewaltige Strindberg. Das geht sehr gut und ist die Mode des Tages. Die Kritik feiert mich: Ich habe den alten Narren endlich entstaubt. Nur Theaterleute können sich solche billigen Gewaltakte leisten. An Ibsen kann jeder Idiot herumschmieren, aber keiner wagt es, Mozart zu vergewaltigen. MUSIK W.A. Mozart, „Die Zauberflöte, Ouverture ERZÄHLER VOLKER RISCH Doch Bergmans Werktreue findet auch beim konservativen Publikum nicht allzu viel Anklang. Dazu ist sein psychologischer Scharfsinn, vielleicht auch sein negatives Sendungsbewusstseins zu ausgeprägt, das er auf der Bühne und mehr noch in gereizten oder aufgekratzten Interviews pflegt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Jedenfalls kommt Bergman diesbezüglich so wenig bei der konservativen Fraktion der Anzüge und Abendkleider an wie in den öffentlichen Proben bei der Turnschuhfraktion, die ihre eigenen Vorstellungen von Emanzipation hat. ERZÄHLER VOLKER RISCH Bergman geht zwar ganz nahe an die Menschen heran, aber wo bleibt die Verdinglichung der Gefühle im Spätkapitalismus, wo bleiben Marcuse und Reich? Oder wenigstens die Fortschritte der psychologischen Aufklärung? MUSIK W.A. Mozart, „Die Zauberflöte, Ouverture + Anemine: „Du Meer“ FILMAUSSCHNITT „Aus dem Leben der Marionetten“ (Gespräch mit dem Psychologen) ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman ist in seinen Filmen, in seinen Theaterinszenierungen und selbst in seinen so widerspenstigen Äußerungen in der Presse ein Chronist der sexuellen Entfremdung, der seinem Publikum die Hoffnung auf Therapie schlicht verweigert. Da kommt alles zusammen: die Auswahl der Stücke, die Treue zum Text der Vergangenheit, die Disziplinierung der Schauspieler, der Mangel an rebellischer Illusion, die Verweigerung moderner oder postmoderner Brechungen. Die Hölle ist die Hölle ist die Hölle... ERZÄHLER VOLKER RISCH Ab 1979 beginnen sich die Verhältnisse zu entspannen. Ab 1981 dreht er wieder in seiner schwedischer Heimat: „Fanny und Alexander“ soll sein letzter Kinofilm werden. Auch die Ruhephasen auf Farö sind wieder möglich. Aber der Regisseur bleibt München verpflichtet, und das gewiss nicht nur aus vertraglichen Gründen. 1981 tut er etwas, von dem er erklärt, es werde nur einmal in seinem Leben stattfinden. Am gleichen Tag führt er am Residenztheater hintereinander Ibsens „Nora“ und Strindbergs „Fräulein Julie“ auf sowie im Marstall-Theater eine Bühnenfasssung seiner „Szenen einer Ehe“. O-TON Margarethe von Trotta Ich hab das nie verstanden, warum das das sein Begehr war, vielleicht auch weil er schon wusste, solange bleibt er nicht mehr in in München und das war sozusagen der letzte Berg, den er noch besteigen muss. ERZÄHLER VOLKER RISCH – Margarethe von Trotta – O-TON Margarethe von Trotta Der Regieassistent sagt, er hätte es nicht gewagt, seinen eigenen Text als Bühnenstück allein aufzuführen. Ingmar Bergman hat dazu den Film gemacht, aber dass er sich damit zum ersten Mal ausgestellt hat als Theaterschriftsteller, das konnte er nur neben den beiden anderen. Wenn er Angst hatte, neben den andern nicht so zu bestehen, warum machte er das, indem er „Nora“ und dann noch „Fräulein Julie“ an demselben Abend zeigt – das sind zwar enorme Theaterstücke, gegen die er sich durchsetzen musste? Heutzutage spielt man ihn mehr, und auch seine Filme werden zu Theaterstücken umgeschrieben. Er ist bekannter fast mittlerweile als Theaterautor als als Filmregisseur, seine Filme werden kaum noch gespielt, aber seine Theaterstücke: Gerade hat man hier „Das Schlangenei“ umgeschrieben im Residenztheater auch wieder aufgeführt, und auch sonst werden seine Stücke, seine Filme als Theater aufgeführt. Also er hat es geschafft – und das war der Anfang, da hat er was gewagt und diese Saat sozusagen ist aufgegangen, auch wenn so viel später dann. MUSIK: Anemine: „Adams“ + „Das Wehen“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Gegen Ende seines Aufenthaltes in Deutschland war Ingmar Bergman fast so verzweifelt wie am Beginn seines Exils. ZITATOR HENDRIK STICKAN Was wird aus meiner künstlerischen Identität, wenn ich Essen und Wohnung bekomme, es aber niemanden gibt, der mich fordert? Der Forderungen stellt an Wissen, Phantasie, Lust und Leib? Niemand streitet mit mir oder umarmt mich, oder berührt mich wenigstes. Wir glauben auf der Welt zu sein, um die Herzen der Menschen zu rühren. Vielleicht rühren wir überhaupt nichts. Vielleicht sind wir nur langweilig? Werden wir gebraucht? Wird unser Theater gebraucht? ERZÄHLER VOLKER RISCH Die Antwort, die München gab, lautete: Nein. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Und dennoch wird es ein schwerer Abschied. Ingmar Bergman hat in München ja keineswegs nur negative Erfahrungen gemacht. Er hat die Schauspieler am Residenztheater wirklich geliebt, und die meisten Schauspieler haben ihn geliebt. Obwohl er von der Presse nicht besonders gut behandelt wird, obwohl er sich mit seinen werktreuen und psychoanalytischen Interpretationen zwischen die kulturellen Fraktionen gesetzt hat, hat er durchaus auch weiterhin Bewunderer. Und mittlerweile ist er wohl auch selber ein klein wenig verliebt in die Stadt und ihre Kultur. Es ist schon wieder ein Stück Heimat, was er da verlieren muss. ERZÄHLER VOLKER RISCH Es ist eine sanfte Scheidung – ohne Bosheit, Verletzung und Trauer. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Gibt es tatsächlich so etwas wie ein Missverständnis oder sogar einen Streit zwischen einem Künstler und einer Stadt? Ist Ingmar Bergman in und an München gescheitert? ERZÄHLER VOLKER RISCH Oder ist nicht doch, andersherum, die Stadt München, sind ihre kulturellen Institutionen und Repräsentanten an einem Künstler gescheitert, der zugegebenermaßen kaum eine Falle auslässt, in die er tappen kann? Aber hat Bergman nicht auch, bei allen Querelen, München geliebt, die Vitalität, die Aufregung, die Gelassenheit dieser Stadt? O-TON Ingmar Bergman Außerdem mag ich München sehr, ich mag die Musik, ich mag diese Stadt. Es ist schön hier zu wohnen, zu leben. Ich bin kein reisender Mann, ich will nicht herumreisen und irgendwo ein Stück inszenieren. Ich will irgendwo fest sein, ich habe hier meine Wohnung, mein Theater, anfangs auch mein Filmstudio, Bavaria. Das war für mich ein Dreieck. Und jetzt fange ich an, das langsam zu lösen. Ich kann das nicht so schnell abschneiden, bin nicht so dramatisch. In Deutschland höre ich jetzt langsam auf. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Eine Hassliebe zwischen einem protestantischen, asketischen und überscharfen Künstler und einer katholisch-barocken, lebens- und experimentierfreudigen und im großen und ganzen eher unscharfen Stadt? Wenn es eine Tragödie in der Beziehung von Bergman und München gegeben hat, dann vielleicht die, dass Ingmar Bergman München nicht von München erlöst hat, und dass München Ingmar Bergman nicht von Ingmar Bergman erlösen konnte. MUSIK Bela Bartok, 3. Klavierkonzert, 2. Satz Adagio religioso 3. Stunde Die Gespenster des Ingmar Bergman SOUND/MUSIKCOLLAGE: Benjamin Britten, 3. Cellosuite (op 87) O-TON Ingmar Bergman Ich wollte nie nach Schweden zurück, ich war so böse und wütend. Naja, menschlich ist natürlich die Verbindung da und mein Heim da auf dieser kleinen Insel. MUSIK: Anemine: „Das Wehen“ ERZÄHLER VOLKER RISCH Ingmar Bergmans Rückkehr nach Schweden stand zunächst unter keinem günstigen Stern. Wegen gesundheitlicher und psychischer Schwierigkeiten zog er sich auf die Insel Farö zurück, nach dem äußeren ein innerschwedisches Exil sozusagen. Zum ersten mal war Bergman auf die Insel gekommen, als er 1961 Kulissen für den Film „Wie in einem Spiegel“ suchte. Auf der Insel entstanden im Laufe der Zeit weitere Filme, darunter „Persona“, „Schande“ oder „Passion“. Bergman kaufte ein Stück Land und baute ein Haus für seine große Liebe. Später lebte er dort allein. SPRECHER 2 BRUNO WINZEN Die Gespenster des Ingmar Bergman ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Es fällt schwer, sich Ingmar Bergman als glücklichen Menschen vorzustellen. Das liegt an der Biographie, so weit der Regisseur und Autor sie preiszugeben bereit war. Das liegt aber auch an seinen Filmen. Sie handeln von den Schwierigkeiten des menschlichen Zusammenlebens, von der Sehnsucht nach Liebe und von der selbst verschuldeten Unfähigkeit dazu. Sie handeln von Einsamkeit, von Alpträumen, von Obsessionen. Sie handeln von Gespenstern. Das schlimmste von ihnen ist der Tod selber, der seinen großen Auftritt in „Das siebente Siegel“ hat. FILMAUSSCHNITT „Das siebente Siegel“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Gegenwärtig ist er in beinahe jedem Bergman-Film, als Drohung aber auch als Verlockung. In „Schreie und Flüstern“ zum Beispiel ist es die tote Agnes, die ihre Schwestern zu sich ruft. Aber immer ist da auch eine Gegenkraft, die Kraft des Lebens. Sie ist manchmal zaghaft, manchmal undeutlich. Die Schriftstellerin Renate Rasp schrieb über „Schreie und Flüstern“, oder, wie man es nimmt, über alle Bergman-Filme: SPRECHERIN CLAUDIA MÜTZELFELDT Diesmal formuliert es Bergman bis zur Grenze des Erträglichen: Der Mensch ist ein Gefangener seiner selbst, und nur für Augenblicke ist es ihm möglich, die Nähe eines anderen Menschen zu ertragen. Es gibt solche Momente in dem Film, und der Zuschauer begreift sie als Oasen: Wenn die Mutter das Kind, das sich zurückgesetzt glaubt, unerwartet an sich zieht oder wenn in der Szene zwischen Karin und Maria sich die Starre der Gesichter plötzlich löst und es zu einem Einverständnis kommt wie früher, als sie junge Mädchen waren, in der Kindheit – der Ton ist weggenommen, man sieht nur die Bewegung der Lippen zur Musik. Oder wenn sich die Schwestern mit dem Dienstmädchen über dem Körper der Sterbenden zu gemeinsamer Hilfeleistung treffen. In jedem Bergman-Film findet sich ein Element, das man als Hoffnungsstrahl bezeichnen könnte: eine Liebesbeziehung, eine glückliche Ehe, ein Kind. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Qcean“ + „Bajan“ O-TON Ingmar Bergman DARÜBER ZITATOR HENDRIK STICKAN Die Dämonen müssen auf gewisse Weise vor den Wagen gespannt werden. Ich leide zum Beispiel am Misstrauens-Dämon – ich bin ein ausgesprochen misstrauischer Mensch. Die Dämonen müssen anwesend sein. Sie müssen Gewehr bei Fuß stehen. So kann ich den Darstellern zeigen, wie das Misstrauen funktioniert und wie die Hypochondrie funktioniert – in Gesten, Tonfall oder Bewegungen. Es ist selbstverständlich, dass die Dämonen eingebunden werden müssen. Es wäre unglaublich riskant, sie nicht um sich zu haben. Aber sie müsen sehr gut bewacht werden. Im Studio oder Theater bin ich in einem kontrollierten Universum. Da sind auch die Dämonen kontrolliert. Die Leidenschaft – alles ist unter Kontrolle, meiner Kontrolle. Aber in dem Augenblick, in dem das Licht ausgeht und die Kamera anhält und ich durch den Bühnenausgang gehe, dann sind die Dämonen nicht mehr unter Kontrolle. Dann ist es nicht mehr mein Universum. Dann bin ich in dem oft unvorhersehbaren Universum, das ich immer versuchte zu kontrollieren – das mir aber stets Steine in den Weg legt. ZITATOR HENDRIK STICKAN Das Gespenst der Sexualität ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Sexualität gehört in Ingmar Bergmans Filmen offenbar nicht zu den Elementen, die Glück oder Hoffnung vermitteln. Sie ist eher Problem als Lösung, zumeist Ausdruck oder Ursache von Vereinsamung, sie ist oft mit Gewalt verbunden, ebenso oft mit Berechnung. ZITATOR HENDRIK STICKAN Die Menschen in meinen Filmen sind genau wie ich selbst Triebwesen, die bestenfalls dann denken, wenn sie reden. Der Körper ist der größte Teil, mit einer kleinen Ecke für die Seele. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ingmar Bergman hat nicht nur mit dem Skandalfilm „Das Schweigen“ einiges dazu beigetragen, dass im europäischen Kino Sexualität anders verhandelt werden konnte als zuvor. Aber nicht um den ewigen Eros, nicht um die fröhliche und oft auch komische Sinnlichkeit wie bei Federico Fellini ging es dabei, sondern um eine existentielle Provokation der Lust. Nicht dass es nicht auch bei Bergman einen Hauch des Grotesken gegeben hätte. So erzählte er etwa in einem Interview der französischen Filmzeitschrift „positif“: ZITATOR HENDRIK STICKAN Wie Sie wissen, gibt es zu Beginn jeder Filmkopie ein winziges Stück Film zum Scharfstellen nur für den Vorführer, und für den Film ‚Persona‘ hatte ich einen erigierten Penis dafür genommen. Das waren nur zwei, drei Einzelbilder, und da der Film mit 24 Bildern pro Sekunde durch den Projektor zieht, können Sie sich vorstellen, wie lang dieser Penis auf der Leinwand zu sehen war… eine Sechstelsekunde! Das war ein subliminales Bild. Aber man hat es entdeckt! Der Film hat großes Interesse erregt außerhalb Schwedens und wurde überall gezeigt, aber überall war der verdammte Penis weggeschnitten! Also habe ich das Negativ geprüft und – Sie mögen es glauben oder nicht –auch da war der Penis nicht mehr! Zum Glück habe ich dann eine noch intakte Kopie gefunden, wo das Stück vollständig war und ein neues Negativ ziehen lassen – als Grundlage für neue Kopien. Aber diese Entdeckung hat mich wirklich aufgerüttelt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Dabei ging es sicherlich nicht allein um einen kleinen erotischen Spaß, den sich der Filmemacher erlaubte. Die Episode zeigt auch, wie sehr Ingmar Bergman mit seinem Werk verbunden blieb. ERZÄHLER VOLKER RISCH Ein Credo, das in einem scheinbar so kohärenten Werk überrascht. ZITATOR HENDRIK STICKAN Man muss inkonsequent sein. Wenn Sie konsequent sind, entgleitet Ihnen die Schönheit. Auf der Ebene der Emotionen müssen sie stimmig sein. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Die Sexualität jedenfalls ist immer nur Auslöser von chaotischen Kettenreaktionen, und natürlich erkennt man in den Bildern voller Angst und Lust immer wieder den Autor. ZITATOR HENDRIK STICKAN Ich vertraute niemandem, liebte niemanden, vermisste niemanden. Ich war von einer Sexualität besessen, die mich zu ständiger Treulosigkeit und Zwangshandlungen trieb. Ich war ständig geplagt von Begierde, Furcht, Angst und schlechtem Gewissen. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Adams“ ZITATOR HENDRIK STICKAN Das Gespenst der Religion O-TON Ingmar Bergman Ich glaube, man kann es sich nicht ganz vorstellen heute, wie es war. Das war ganz autoritär: Hier oben war der Gott, der liebe Gott, aber von der Liebe sah man überhaupt nichts. Da war der König und da war der Vater, und dann war nichts, nichts, nichts – und dann war die Mutter, und dann war vielleicht 10 oder 20 nichts, und dann war der ältere Bruder, dann war noch nichts, und dann unten in der Pyramide war der kleine Junge, nicht wahr. Und Gott und alle anderen hatten immer recht. In meiner Kindheit habe ich nie gehört, meine Mutter hat nie gesagt, mein Vater nie gesagt: Verzeihung, ich habe etwas falsch gemacht oder sowas. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Man hat Ingmar Bergmans Filme vor allem der mittleren Periode gern als Gottsuche verstanden und auf sein Herkommen aus einem Pfarrhaus verwiesen. Aber gerade der Glaube kommt bei Bergman fast ausschließlich in gespenstischer Form, in einer entleerten und heuchlerischen Form vor. O-TON Rainer Rother Viele Filme haben ganz explizit dieses Verhältnis zu Gott thematisiert: „Licht im Winter“ ist vielleicht der am wenigsten bekannte, aber letztlich präziseste. Da geht es um einen Pfarrer, der den Glauben verloren hat und der seine Gemeinde deswegen aufgibt. ERZÄHLER VOLKER RISCH – Rainer Rother, künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek – O-TON Rainer Rother Diese Fragen haben Bergmann nicht nur wegen seiner Prägung in der Kindheit nicht losgelassen, sondern weil die Gewissheiten, die moderne Menschen haben, ja ohnehin gering sind. Insofern auch in der Phase, von der er dann schon gesagt hat: „Im Grunde habe ich da die Suche nach Gott abgeschlossen. Die Frage, ob es einen Gott gibt, war für mich nicht mehr interessant.“ Dennoch spielt es auch in den späteren Film in den sechziger, siebziger, achtziger Jahren noch eine große Rolle. ERZÄHLER VOLKER RISCH Bemerkenswert sind biblische Bezüge, auffallend oft gibt es bestimmte Namen. Isaak, so heißt etwa der Professor, der seinen eigenen Tod träumt in „Wilde Erdbeeren“. Isaak – was wörtlich heisst „Gott lächelt“ oder aber „Gott hat jemanden zum Lächeln gebracht“ – ist der Sohn, den Gott vor einem Vater rettete, der bereit war, ihn für seinen Glauben zu opfern. Am häufigsten kommt der Nachname Vogler vor, eine teutonische Anmutung des schwedischen Wortes f°agel. Nach eigenem Bekunden plagte Ingmar Bergman stets eine panische Angst vor Vögeln, so können wir uns zumindest vorstellen, dass die Figuren mit dem Namen Vogler immer eine gewisse Bedrohung ausstrahlen. Wie die Vögel sind einige dieser Figuren förmlich vom Himmel gefallen, sie durchmessen einen leeren Raum zwischen der irdischen Sinnlichkeit und der göttlichen Metaphysik. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Männer der Kirche sind in Bergmans Filmen alles andere als Sympathieträger, sondern fast immer ebenso zweifelnde wie zweifelhafte Charaktere. Schon früh hat sich Ingmar Bergman von der Kirche, nie aber von der Religion abgewandt. AUSSCHNITT „Wilde Erdbeeren“ (Theologiestudent) MUSIK: Eric Nordgren, „Wilde Erbeeren Suite“ ZITATOR HENDRIK STICKAN Kinder O-TON Ingmar Bergman DARÜBER ZITATOR HENDRIK STICKAN Ich tu so, als wäre ich erwachsen. Ich spiele einen Erwachsenen. Die Leute hören auf mich. Und sie geben mir recht. Sie denken nicht daran, dass wir alle nur Kinder sind, die Erwachsene spielen. Sie haben vergessen, dass sie eigentlich nur Kinder sind. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL An den Krisenstadien der Beziehungen erkennen viele Bergman-Figuren, dass ihre Partner das mit dem Erwachsenwerden noch nicht geschafft haben. Zugleich aber ist der Moment des Erwachsenwerdens das Ende der unbeschwerten, glücklichen Liebe. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman, so erinnert sich, in einer Mischung aus Furcht und Liebe, seine Tochter Linn Ullmann, war einer, dem es Zeit Lebens vor dem Erwachsenwerden gegraut hat und der schon deshalb... ZITATORIN CLAUDIA MÜTZELFELDT ... ein lausiger Vater ERZÄHLERIN BARBARA STOLL ... sein musste. Verzweifelt hört sie den Vater sagen: ZITATOR HENDRIK STICKAN Jetzt hat Gott mich aus dem Kinderzimmer geworfen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Da war Ingmar Bergman 74 Jahre alt. ERZÄHLER VOLKER RISCH In Ingmar Bergmans Filmen sieht man ab und an die Welt mit den Augen von Kindern. Aber gleichzeitig sind Kinder, wenn sie überhaupt eine Rolle spielen, kaum in die Beziehungsdramen der Menschen mit einbezogen. Natürlich ist auch das als Reflex von Bergmans Leben zu verstehen. Zwar ist er Vater von insgesamt neun Kindern, aber nie hat er eines von ihnen beim Aufwachsen begleitet, stets blieb er seinen Kindern bis in deren Erwachsenenstadium fern. Es ist eine Anwesenheit durch Abwesenheit, immer sind sie in Erzählungen und Erinnerungen präsent, nur eben in gespenstischer Form. ZITATOR HENDRIK STICKAN Filme machen hat auch seine Wurzeln tief in der Welt der Kindheit, der untersten Etage meiner Werkstatt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der Zorn auf die Bedingungen der eigenen Kindheit gebiert die Kinder als Ungeheuer in Bergmans Werk. In „Wilde Erdbeeren“ wird Professor Borg noch einmal Kind im Haus seiner strengen und selbstsüchtigen Mutter; die Erinnerungen an seine Kindheit bestimmen aber auch sonst seinen Weg. Und es gibt durchweg eine Analogie: Der Blick des Künstlers ist der des Kindes. Und Kinder sehen nicht die alltägliche Wirklichkeit, sondern die Wahrheit, in ihrer ganzen Grausamkeit und in ihrer ganzen Schönheit. FILMAUSSCHNITT „Wilde Erdbeeren“ ERZÄHLER VOLKER RISCH Übrigens konnte sich Ingmar Bergman im letzten Jahrzehnt seines Lebens nicht mehr den Traum erfüllen, den er lange mit sich herum trug und der in den achtziger Jahren immer wieder scheiterte: Die Verfilmung des Kinderbuchs „Lotta zieht um“ von Astrid Lindgren. MUSIK Eric Nordgren, „Wilde Erbeeren Suite“ ZITATOR HENDRIK STICKAN Das Angesicht der Angst ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Immer wieder begegnen sich in Ingmar Bergmans Filmen die Prinzipien der Lebenslust und der Angst, oft sind sie in einen Dialog zwischen Mann und Frau gekleidet, wie etwa hier in „Einen Sommer lang“. FILMAUSSCHNITT „Einen Sommer lang“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Immer wieder zeigt Ingmar Bergman in Nahaufnahmen Menschen, die von Angst geplagt sind wie Max von Sydow in „Das siebente Siegel“ (1956), wie Viktor Sjöströms Angst vor dem Tod in „Wilde Erdbeeren“ (1957), die Einsamkeit von Ingrid Thulin in „Das Schweigen“ (1962), Liv Ullmans Verzweiflung in „Von Angesicht zu Angesicht“ (1975). Es sind diese Nahaufnahmen offensichtlich Bilder, auf die die Filme hinaus wollen, sie weisen beinahe wie Standbilder darauf hin, dass es eigentlich nicht mehr weiter gehen kann. Nur der Film geht unerbittlich weiter. Das macht das Gespenst dieser Bilder aus, und auch das Publikum wird von solchen Bildern verfolgt, die man nicht mehr los wird. Ingmar Bergmans Filme sind diesen Angesichtern gewidmet; wenn sie fehlen, scheint auch der Film in Bergmans Universum fehl am Platz. MUSIK Eric Nordgren, „Wilde Erbeeren Suite“ ERZÄHLER VOLKER RISCH „Das Gesicht“ von 1958 ist die Geschichte des Gauklers Vogler (gespielt von Max von Sydow), der im Haus von Konsul Egerman (gespielt von Erland Josephson) zeigen soll, ob er wirklich über magische Kräfte verfügt. Der Gaukler versteht sich, wie der Künstler, darauf, Wirklichkeit und Illusion perfekt miteinander zu verschmelzen und führt auf diese Weise die überlegene bürgerliche Welt von Medizinern und Polizisten vor. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Dieses filmische Angesicht ist das Neue an Bergmans Filmen, eine psychologische und zugleich eine philosophische Einsicht, die Selbsterkenntnis des Menschen, dem weder seine Religion noch seine weltlichen Ordnungen Sicherheit verleihen können. Im entscheidenden Moment so allein zu sein, wie im normalen Leben immer von sozialen Zwängen bestimmt. Man begreift in Bergmans Filmen, dass sich nichts hinter der Maske verbirgt; die Menschen sind ihre Masken, dahinter kann nur eine Leere stecken. Darauf wies Bergman immer wieder deutlich, für manche Kritiker gar überdeutlich hin: Das Ich als Illusion. O-TON Ingmar Bergman Das ist ja das Phantastische am Film. Das man so genau das menschliche Gesicht sieht. Das kann man ganz aus der Nähe studieren. Das ist phantastisch. Die Augen, die Haut, die Lippen – diese tausend Nuancen kannst du ganz von der Nähe studieren. Das ist unwahrscheinlich. Und kein anderes künstlerisches Ausdrucksmittel hat diese phantastische Möglichkeit. Ich finde: Das menschliche Gesicht ist ein unbekanntes Land. Ich höre nie auf, das zu studieren. MUSIK: Robert Schumann, Klavierquintett E-Dur, op 44, Tr. 06 ERZÄHLER VOLKER RISCH Im Wesentlichen sind Ingmar Bergmans Filme weniger Filme über Gesellschaften, sondern Filme über das menschliche Innenleben. Dabei brechen immer auch reale Ängste in die existentiellen ein, in „Licht im Winter“ zum Beispiel sind es die Ängste vor der Atombombe. Das Politische kommt in Ingmar Bergmans Filmen eher von den Rändern her, von einem Jenseits der Inseln und sozialen Gefängnisse, in denen die meisten von ihnen sprechen. Manchmal bricht diese politische Wirklichkeit in Form von Gewalt in die innere Handlung ein, meistens aber gehört es zur Isolation und Lähmung der Menschen, dass die äußere Welt so radikal ausgeschlossen ist. ZITATOR HENDRIK STICKAN Politisch stehe ich nirgends, ERZÄHLER VOLKER RISCH sagt Ingmar Bergman in einem Interview. ZITATOR HENDRIK STICKAN Wenn es eine Partei für aufgeschreckte Menschen gäbe, würde ich ihr beitreten. ERZÄHLER VOLKER RISCH Zweifellos waren politische Aspekte im Werk von Ingmar Bergman, wenn nicht vordergründig, so doch auch immer vorhanden. In „Schande“ aus dem Jahr 1968 spiegelt er förmlich die Distanz zum Weltgeschehen in der Geschichte zweier Musiker auf einer Insel, die sich in Sicherheit wähnen, während auf dem Festland Krieg und Bürgerkrieg wüten. Doch plötzlich erreicht der Schrecken auch die scheinbar so sichere Insel. Dass der Vietnamkrieg gemeint ist, scheint eindeutig. Und 1969 in „Passion“ unterbrechen Verfremdungen wie Interviews mit den Darstellern und Szenen aus der politischen Realität die schwierige Insel- und Liebesgeschichte. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ein bisschen verzweifelt, so scheint es, versucht Ingmar Bergman hier, Anschluss an die Verfremdungseffekte des neuen politischen Kinos zu finden. Dass er die Forderungen und die Kultur von 68 ablehnt, hat sicherlich damit zu tun, dass hier etwas aus der Balance gerät. Denn durch die neue, anarchische Forderung, das Private öffentlich zu machen, sah Ingmar Bergman seine Grundlagen, seine Methode, sein Modell eines bäuerlich-bürgerlichen Personentheaters gefährdet. O-TON Ingmar Bergman Ich habe großen Respekt vor Kollegen, die ihre Arbeit politisch verstehen. Das ist für sie ein moralischer Imperativ. Aber bei mir geht es um die Emotionen. Sind die Emotionen rein? Und habe ich in diesem Prozess andere Menschen gefühlsmäßig berührt, dann fangen die vielleicht danach an zu denken. Film ist für mich emotional. Es ist nicht intellektuell. Film soll emotional sein, ganz wie Musik, Musik kann nicht intellektuell sein. MUSIK: Robert Schuman, Klavierquintett E-Dur, op. 44 ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Für Ingmar Bergman waren Film und Theater immer zwei Formen der Geisterbeschwörung, der Geister der Kulturgeschichte ebenso wie der höchstpersönlichen Geister des Ingmar Bergman. Die Schauspieler sind daher bei Bergman sehr nah am eigenen Leben; sie sind eigentlich immer die gleichen, die man in andere Zusammenhänge gestellt hat – archetypische Menschen, eine eigene Tragedia dell’Arte, deren Rollen stets denen ähneln, die sie im wirklichen Leben als Freunde, Geliebte, Ehefrauen und Ehemänner inne haben. O-TON Margarethe von Trotta Er hat sich immer eine Gruppe von Menschen zusammengesucht. Das hat ihn sicher gemacht, wenn er immer wieder mit denselben zu tun hat und arbeiten konnte. ERZÄHLER VOLKER RISCH • Margarethe von Trotta – O-TON Margarethe von Trotta Das sieht man auch in seinen Filmen, er hat immer wieder die selben Leute eingesetzt, und auch am Theater in in Stockholm. Er hatte eine künstlerisch-technische Crew, Sven Nyquist, der dann ab einem bestimmten Moment alle Filme mit ihm gedreht hat, und die haben dann zusammen technisch auch experimentiert, aber nicht in dem Sinne experimentiert, dass er immer wieder neue Leute gesucht hat und mit ihnen gearbeitet hat. Mit denen fühlte er sich sicher, die kannten auch seine Phobien, und die kannten ihn aber auch als als fröhlichen Menschen. Als ich jetzt den Film gemacht habe und die ganzen Dokumente mir auch angesehen habe, die um seine Dreharbeiten herum gemacht worden sind – der lacht dann manchmal, also hat ein unglaublich explodierendes, wunderbares kräftiges Lachen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Direkt oder indirekt reflektiert Ingmar Bergman die Rolle der Kunst, ihre Beschränkungen durch Macht, durch die Gesellschaft und ihre Konventionen, durch die Borniertheit, aber auch immer wieder durch die Künstler selbst. Sie erzeugen ihre Gespenster selbst, nicht nur im schlechten Schauspieler in „Fanny und Alexander“, der als guter (aber recht schüchterner) Geist wiederkehrt. Denn der Künstler in Ingmar Bergmans Welt ist stets die Wiederkehr des Kindes, das die Welt erforscht, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was es zu entdecken gibt und was besser unentdeckt bleiben sollte. O-TON Ingmar Bergman ZITATOR HENDRIK STICKAN Trotz meiner begreiflichen Melancholie konnte ich nie etwas wirklich ernst nehmen. Das passt ganz gut, weil genau so ist es bei mir. Selbst wenn man die ganze Abscheulichkeit der Welt schildert, bekommt man schon beim Schreiben oder dann beim Drehen, Lust, es nicht so ernst zu nehmen. Man empfindet eine gewisse Freude, auch das Schreckliche zu schildern. Denn wenn man sich von seinen Filmen runterziehen lässt, obwohl ich das gar nicht nachvollziehen kann, kann man sich auch gleich aufhängen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Was man an Ingmar Bergmans Film-Skripten oft bemängelt hat, ist der Schluss. Oft werden wir mit einer Art Pseudo-Happy End entlassen. Da scheinen plötzlich die finstersten Kammerspiele der Qual und der Verzweiflung mit einem Notausgang versehen, da wird eine Liebe gepriesen, von der in der Handlung nichts mehr zu spüren ist, wie in „Von Angesicht zu Angesicht“ oder ein Gespräch zwischen Vater und Sohn geführt, das vorher vollkommen unmöglich schien wie in „Wie in einem Spiegel“. Beinahe scheint es, als wäre es die Gnade des „Ego te absolvo“ nach einer schwierigen Beichte, als wäre es dem Filmemacher in seiner unsentimentalen Zärtlichkeit unmöglich, seine Figuren ganz ohne Hoffnung und ohne Trost zu lassen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Bergmans Filme spielen ursprünglich in Un-Zeit und Un-Ort. In „Das Schweigen“ ist das menschenarme Hotel ein Un-Ort par excellence. Auch die Reise durch die schwedischen Wälder in „Wilde Erdbeeren“ folgt nicht einer topografischen Logik, ganz zu schweigen von den leeren Orten in „Das siebente Siegel“. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Alle Landschaften haben etwas Gespenstisches an sich. Erst wenn sich Autobiographie und Stück ohne Scheu zueinander bekennen, in Ingmar Bergmans Spätwerk also, verlieren die Settings dieses Gespenstische. MUSIK Frédéric Chopin, Prelude Nr.2, A-Moll, op.28, Nr.2 ZITATOR HENDRIK STICKAN Das Gespenst der Familie O-TON Ingmar Bergman Ich bin als Kind mit einem Gefühl von Schuld aufgewachsen, von schlechtem Gewissen, von Alleinsein. Ich hatte immer das Gefühl, dass immer was falsch war, und auch von Schrecken – das war immer dieses Gefühl. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der Pfarrhaushalt, in dem er aufwuchs, war für Ingmar Bergman der erste Erzählraum, aber auch die erste Versuchsstation dafür, wie aus Beobachtung und Kreativität noch aus der furchtbarsten Situation etwas Spielerisches und Heilsames gewonnen werden kann. Diese Mischung aus Pflichtbewusstsein, Disziplin und Maskerade war für ihn im Rückblick dem Filmemachen gar nicht so unähnlich. ERZÄHLER VOLKER RISCH In diesen Familienraum kehrt Ingmar Bergman mit „Fanny und Alexander“ zurück, dem letzten Kino-Triumph des Regisseurs, der allein mit vier Oscars ausgezeichnet wurde, darunter natürlich der für den besten ausländischen Film und die Kamera von Sven Nykvist. Mehr noch als in der gut dreistündigen Kino-Version erschließt sich die epische Dimension in der fünfeinhalbstündigen Fernseh-Version, wo das Schwelgerische und Elegische noch besser zum Ausdruck kommt. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Es ist nicht mehr die pessimistische Vermessung einer ganz und gar verlorenen und verzweifelten Welt wie in vielen Bergman-Filmen zuvor, sondern ganz einfach... ZITATOR HENDRIK STICKAN ... eine Hommage an das Leben. ERZÄHLER VOLKER RISCH Im Haus Ekdahl wird wie jedes Jahr Weihnachten gefeiert, unter der freundlichen Aufsicht der Großmutter Helena, die ihr Regiment über die drei Söhne und ihre Familien weit weniger despotisch führt als andere Mütter zuvor in Bergmans Filmen. Kurz darauf aber stirbt der älteste Sohn, der Vater von Fanny und Alexander. Als ihre Mutter bald den Bischof heiratet, beginnt die Passion der Kinder. FILMAUSSCHNITT „Fanny und Alexander ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Wieder sieht Bergman die Welt durch Kinderaugen, wie schon in „Das Schweigen“, wie vielleicht in einer Vielzahl seiner Filme. Da ist es beinahe schon normal, dass sich Marmorstatuen bewegen und der Geist des toten Vaters erscheint, um den Kindern wenigstens ein Stück über das Unbegreifliche hinweg zu helfen und der seine Rolle nun besser spielt als es seine schauspielerischen Versuche im Leben waren. Denn der Tod ereilte den Vater just, als er auf der Bühne die Geisterscheinung von Hamlets Vater rezitierte, und als gütiger Geist kommt er auch zu seinem verstörten Kind zurück. ERZÄHLER VOLKER RISCH Aus dem Paradies der behaglichen Sinnlichkeit vertrieben in die Hölle im bigotten und heuchlerischen Haus des Bischofs rettet Fanny und Alexander nur eine dritte Welt, die Welt des jüdischen Antiquitätenhändlers Isaak Jacobi, des Geliebten der Großmutter. Dem ist die Aufgabe zuteil geworden, die Kinder aus ihrem Gefängnis zu befreien. Und da ist der Ton in dieser Welt der lebendig gewordenen Marionetten märchenhaft genug, dass schließlich das Monster, der böse Bischoff, verbrennen muss, damit die Familie zurückkehren kann in ihr verlorenes Idyll und am Ende wieder das kleine Glück der Lügner und Träumer herrscht. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Mit „Fanny und Alexander“ gibt Bergman das Metaphorische und Maskierte auf und erzählt ganz direkt von seiner Familie und seinem Leben, was er nebenbei nun auch in seinen biographischen Texten und in den weiteren Filmen tut, die für das Fernsehen entstehen. ERZÄHLER VOLKER RISCH Natürlich spukt vieles von Bergmans eigenen Kindheitserinnerungen durch dieses Bild, aber es ist nun ein versöhnliches Bild von einem Leben, in dem in Wahrheit vieles unversöhnt bleiben musste. Nur zum Beispiel war der junge Ingmar Bergman nach einem Besuch in Deutschland ein glühender Bewunderer des Nationalsozialismus geworden und blieb es auch während der Kriegszeit. Als er von den Konzentrationslagern und den Kriegsverbrechern hörte, brach für ihn eine Welt zusammen. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Anders als es bei seinen intensiven filmischen Versuchen über die Seelenqualen der Liebe, gelingt es Ingmar Bergman nie, das Gespenst seines politischen Irrtums gerecht zu verarbeiten. Wenn die Liebe die Angst nie vollständig besiegen kann, so kann das Bewusstsein auch die Erinnerung an den Krieg, den Holocaust und eine sozusagen innere Mitschuld nie vollständig besiegen. Wenn es überhaupt etwas gibt in der Welt von Ingmar Bergman, das Frieden und Versöhnung bringen kann, dann ist es die Musik. MUSIK Bach, Cello Suite Nr 5, C-Moll, Tr. 10 ZITATOR HENDRIK STICKAN Der Tod und Erlösung ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Der Schatten des Todes schwebt über den Figuren. In „Wilde Erdbeeren“ erleben wir die letzte Reise eines alten Mannes, in „Das siebente Siegel“ tritt der Tod leibhaftig auf. In den siebziger Jahren sehen wir in einer Reihe von Filmen buchstäblich Menschen beim Sterben zu: In „Schreie und Flüstern“ erweist sich eine Familie als unfähig, einer krebskranken jungen Frau Trost und emotionale Zuwendung entgegen zu bringen. „Von Angesicht zu Angesicht“ behandelt den Zusammenbruch einer scheinbar lebensfrohen Psychiaterin. ERZÄHLER VOLKER RISCH Schon als junger Filmemacher hat sich Ingmar Bergman immer wieder die Figur des alternden, melancholischen, todesnahen Mannes geschaffen, den er in Kontrast zu sinnenfrohen, aufgedrehten Jugendlichen setzte – neben „Wilde Erdbeeren“ etwa auch in „Frauenträume“. Als alternder Filmemacher dagegen schafft er, neben dem Selbstportrait, immer wieder Jugend- und schließlich Kinder-Versionen von sich selbst. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Das Logische, Konsequente und Methodische in Ingmar Bergmans Filmwelt ist ja vor allem eine nachträgliche Konstruktion der Kritik. Bergman selber hat sich standhaft gegen alle Interpretationen und Zuordnungen gewehrt. Für ihn blieb das Drehbuchschreiben wie das Filmen immer ein offenes Spiel. In einer seiner wenigen direkten Kommentare zu seiner Arbeit meinte er in Bezug auf den Film „Das Lächeln einer Sommernacht“: ZITATOR HENDRIK STICKAN „Das Lächeln einer Sommernacht“ ist illusionslos. Der Film zeigt eine Serie von Verhaltensweisen. Er ist nicht besonders psychologisierend, sondern er zeigt eben gewisse Möglichkeiten… Das eigentümlich stimulierende am Spiel ist, dass man es die ganze Zeit ernst nehmen und sich gleichzeitig dessen bewusst sein muss, dass es sich auch in den Augenblicken, in denen man seine blutigsten Eröffnungen macht, nur um ein Spiel handelt. Es ist immer Zufall. Genauso ist es, wenn man ein Manuskript schreibt: vielleicht wird man gerade von einer Woge getragen. Dann kommt jemand und sagt, das Telefon klingelt. Wenn man zurückkommt, ist die Woge verebbt, und dann wird stattdessen etwas anderes hervorgebracht. Alles ist ein Zufall. Oder ein Spiel. Es wäre falsch, diese Tatsache nicht ständig im Gedächtnis zu behalten, nämlich, dass es sich um ein Spiel handelt und dass man in der privilegierten Stellung ist, eine Menge von Spannungen in sich selbst und um sich herum zu ritualisieren. SOUND/MUSIKCOLLAGE: Anemine: „Das Wehen“ ERZÄHLER VOLKER RISCH Nach seiner Rückkehr aus dem deutschen Exil litt Ingmar Bergman einige Zeit unter seinem Rückzug in die Einsamkeit der Insel Farö und unter der Angst vor versiegender Kreativität. ZITATOR HENDRIK STICKAN Es wurde allmählich dunkel, ohne dass ich die Dunkelheit sah, ERZÄHLER VOLKER RISCH ... schrieb er in seiner Biographie „Laterna Magica“. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Vielleicht ist es auch nur eine Phantasie: Aber es liegt nahe, dass sich Ingmar Bergman auf Farö seinen Obsessionen und Gespenstern teils bewusst und teils machtlos aussetzt. Wie später Onkel Carl in „Dabei ein Clown“ zu einer ganz speziellen Schubert-Stelle kehrt auch Bergman in seinen finsteren Stunden zu einem speziellen Musikstück, zu Mozarts „Zauberflöte“ und der tröstenden Gewissheit von Paminas Leben zurück. MUSIK Mozart: Die „Zauberflöte“, Ouverture ERZÄHLERIN BARBARA STOLL In „Die Treulosen“, den Liv Ullman 2000 inszenierte, sehen wir Ingmar Bergman alias Erland Josephson, der beim Auftrittslied des Papageno einer weiblichen Gestalt begegnet, mit der er ein gemeinsames Projekt hat und zugleich eine Liebesgeschichte. Der Film entstand nach einem Drehbuch von Bergman und zeigt ohne Scham die Mischung aus Melancholie, Zärtlichkeit und Komik einer vielleicht letzten Liebe. MUSIK Mozart: Die „Zauberflöte“, Ouverture / Anemine: „Adams“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Hat Ingmar Bergman sich von seinen Gespenstern befreien können? Hat er seinen Zuschauerinnen und Zuschauern dabei geholfen, sich von den ihren zu befreien oder wenigstens sich ihnen zu stellen? O-TON Ingmar Bergman Ich mache Vorschläge. Siehst du, hier ist ein Gefühl, ist eine Spannung, ist eine Wut oder eine Liebe – nehmt es und macht damit, was ihr wollt. ERZÄHLER VOLKER RISCH Seinen letzten Film „Sarabande“, für das Fernsehen entstanden, drehte Bergman mit seinen langjährigen Darstellern Liv Ullmann und Erland Josephson. Noch einmal ein wagemutiger Film, natürlich ein weiteres Selbstportrait. Noch einmal erweist Martin Scorsese einem seiner großen Vorbilder Respekt. O-TON Martin Scorsese VOICE OVER SPRECHER BRUNO WINZEN Das ist ein ganz besonderer Film. Ich glaube nur wenige Filmemacher haben die Gelegenheit für einen solchen Film ergriffen. Das ist der Film eines älteren Mannes, der sich keine Sorgen macht, der bei seiner persönlichen Rückschau keine Rücksicht darauf nimmt, ob das Publikum zufrieden ist, ob der Film Geld einspielt. Er ist ein alter Mann und er hat das Recht, das zu sagen, was er will. So nimmt sich der Autor die Freiheit, sich mit den Themen zu beschäftigen, die ihn interessieren. Er wählt Rollen und Orte frei, er kehrt zurück zu den Figuren und Orten seines Lebens und seines Werkes, wählt die Aspekte des Lebens, die er noch einmal genauer betrachten will, aus jeder möglichen Perspektive und mit jedem möglichen Abstand, in welcher Ton- und Stimmungslage er es möchte. FILMAUSSCHNITT „Sarabande“ ERZÄHLERIN BARBARA STOLL „Sarabande“ erzählt auf ganz eigene, freie Weise die Geschichte des Paares von „Szenen einer Ehe“ weiter. Lange nach der Aussöhnung am Ende von „Szenen einer Ehe“ geht es nun vor allem um Erinnerungen, um das Gemeinsame wie das Trennende darin. Aber was, einmal mehr, die eigentliche Wirkung eines Bergman-Filmes ausmacht, ist die Intimität, und die Erinnerung an die Intimität. FILMAUSSCHNITT Sarabande („... gute Nacht…“) SOUND/MUSIKCOLLAGE: J.S. Bach, Cello Suite Nr 5, C-Moll, Tr. 10 + Anemine: „Das Wehen vom Meer“ ERZÄHLER VOLKER RISCH Liv Ullman erinnert sich an den Abschied. O-TON Liv Ullman SPRECHERIN CLAUDIA MÜTZELFELDT Und plötzlich stand er da am Studio-Ausgang, winkte und sagte: „Auf Wiedersehen“ . Und dann ging er, nahm einen Flug nach Farö und kam nie zurück. Weder in die Studios noch nach Stockholm. Er blieb auf Farö. So endeten seine Dreharbeiten und so endete wohl das große Abenteuer für alle, die die Ehre hatten, mit ihm arbeiten zu dürfen. MUSIK: Anemine: „Das Wehen vom Meer“ O-TON Ingmar Bergman Ich liebe dieses grausame schöne Leben, wirklich. Ich finde das fantastisch. ERZÄHLERIN BARBARA STOLL Ingmar Bergman starb am 30. Juli 2007 auf der Insel Farö. Und mit ihm ging ein Kapitel der modernen Filmkunst endgültig zu Ende. MUSIK Robert Schumann, Klavierquintett E-Dur, op.44 Absage: Sie hörten Im Labyrinth der Seelen, eine Lange Nacht über Ingmar Bergman von Markus Metz und Georg Seeßlen es sprachen: Barbara Stoll, Volker Risch, Hendrik Stickan und Bruno Winzen. für den guten Ton sorgten: Wolfgang Rixius und Roman Weingardt Regie: Claudia Mützelfeldt; Redaktion: Monika Künzel Musik Musikliste 1. Stunde Titel: Deveria Länge: 02:02 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: La dolce vita Länge: 00:57 Interpret: Orchester Komponist: Nino Rota, Dino Verde Label: I T M Best.-Nr: ITM14108 Plattentitel: Original music for the movies of Federico Fellini Titel: Mazurka für Klavier a-Moll, op. 17 Nr. 4 Länge: 02:43 Solist: Katia Buniatischwili (Klavier) Komponist: Frédéric Chopin Label: Sony Classical Best.-Nr: 88691971292 Titel: Eliswin Reprise Länge: 01:06 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: aus: Sonate für Klavier B-Dur, D 960 (op. post.), 1. Satz: Molto moderato Länge: 03:26 Solist: Paul Badura-Skoda (Klavier)(Bösendorfer No. 23274 (Baujahr 1923)) Komponist: Franz Schubert Label: GENUIN Best.-Nr: GEN 12251 Titel: Plasson Länge: 01:54 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: Adams Länge: 05:43 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: Das Wehen vom Meer Länge: 05:00 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: Nachtschwarm Länge: 02:43 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: White Series 256 Länge: 01:09 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten 2. Stunde Titel: Deveria Länge: 03:25 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: Du Meer Länge: 01:31 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: aus: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3, Sz 119, 1. Satz: Allegretto Länge: 01:39 Solist: Keith Jarrett (Klavier) Orchester: New Japan Philharmonic Orchestra Dirigent: Dennis Russell Davies Komponist: Béla Bartók Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 2445 Titel: aus: Suite "1922" für Klavier, op. 26, Nr. 5: Ragtime Länge: 00:58 Solist: Anna Gourari (Klavier) Komponist: Paul Hindemith Label: ECM-Records Best.-Nr: 476 4661 Titel: aus: Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello A-Dur, op. 18 Nr. 5, 3. Satz: Andante cantabile Länge: 02:19 Ensemble: Philharmonia Quartett Berlin Komponist: Ludwig van Beethoven Label: THOROFON Best.-Nr: CTH2456/2 Titel: Adams Länge: 01:11 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: Das Wehen vom Meer Länge: 03:14 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: You must finish your journey alone für Orchester (ME 8'26 + 25" Beifall) Länge: 02:19 Orchester: Philharmonisches Staatsorchester Hamburg Dirigent: Ingo Metzmacher Komponist: Anton Plate Label: JAMBUS Best.-Nr: SXP 130098 Titel: Oceano Mare Reprise Länge: 02:38 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: aus: Die Zauberflöte. Singspiel in 2 Akten, KV 620, Ouvertüre Länge: 01:54 Ensemble: Orchester: Bayerisches Staatsorchester Dirigent: Wolfgang Sawallisch Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart Label: RCA Records Label Best.-Nr: RL 30797 Titel: aus: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3, Sz 119, 2. Satz: Adagio religioso Länge: 05:39 Solist: Keith Jarrett (Klavier) Orchester: New Japan Philharmonic Orchestra Dirigent: Dennis Russell Davies Komponist: Béla Bartók Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 2445 3. Stunde Titel: Deveria Länge: 02:02 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: aus: Die Zauberflöte. Singspiel in 2 Akten, KV 620, Ouvertüre Länge: 01:39 Orchester: Bayerisches Staatsorchester Dirigent: Wolfgang Sawallisch Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart Label: RCA Records Label Best.-Nr: RL 30797 Titel: Adams Länge: 03:22 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten Titel: aus: Suite für Violoncello solo Nr. 5 c-Moll, BWV 1011, 4. Satz: Sarabande Länge: 00:23 Solist: Thomas Demenga (1954-)(Violoncello) Komponist: Johann Sebastian Bach Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM2530/31 Titel: 1. Satz: Allegro brillante, Länge: 08:24 Solist: Tobias Koch (Hammerklavier) Ensemble: Pleyel Quartett Köln Komponist: Robert Schumann Label: CAvi-music Best.-Nr: 8553333 Titel: aus: Suite für Violoncello solo Nr. 3, op. 87 , 7. Satz: Recitativo. Fantastico Länge: 01:07 Solist: Alban Gerhardt (Violoncello) Komponist: Benjamin Britten Label: Hyperion Best.-Nr: CDA67941/2 Titel: Wilde Erdbeeren. Suite (Smulltronstället.), Länge: 02:52 Orchester: Slowakische Philharmonie Bratislawa Dirigent: Adriano Komponist: Erik Nordgren Label: Marco Polo Best.-Nr: 8.223682 Titel: aus: Quintett für Klavier, 2 Violinen, Viola und Violoncello Es-Dur, op. 44, 3. Satz: Scherzo. Molto vivace Länge: 01:02 Solist: Tobias Koch (Hammerklavier) Ensemble: Pleyel Quartett Köln Komponist: Robert Schumann Label: CAvi-music Best.-Nr: 8553333 Titel: Prélude für Klavier e-Moll, op. 28 Nr. 4 Länge: 01:58 Solist: Khatia Buniatishvili (Klavier) Komponist: Frédéric Chopin Label: Eigenproduktion SR Titel: aus: Suite für Violoncello solo Nr. 3, op. 87, 9. Satz: Passacaglia. Lento solenne Länge: 00:45 Solist: Alban Gerhardt (Violoncello) Komponist: Benjamin Britten Label: Hyperion Best.-Nr: CDA67941/2 Titel: Das Wehen vom Meer Länge: 02:38 Interpret: Anemine Komponist: Roman Weingardt, Alexander Hardt Label: LEMONGRASSMUSIC Best.-Nr: LGM 156-4 Plattentitel: Album: Meereswelten