KULTUR UND GESELLSCHAFT Reihe : Literatur Titel : Selfpublishing. Kein Verlag? Do it yourself! Autor : Ralph Gerstenberg Redakteurin : Dr. J”rg Plath Sendetermin : 23.10.2015 Regie : Beatrix Ackers Besetzung : Ilka Teichmller, Max von Pufendorf Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschtzt und darf vom Empf„nger ausschlieálich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielf„ltigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die ber den in den õõ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzul„ssig ¸ Deutschlandradio Deutschlandradio Kultur Funkhaus Berlin Hans-Rosenthal-Platz 10825 Berlin Telefon (030) 8503-0 O-Ton 1 Michael D”schner (4:55) Der Autor ist selbst der Verleger. Er muss selber seine Verantwortung wahrnehmen, sowohl fr den Inhalt als auch natrlich fr das Cover und die Pr„sentation des Titels. O-Ton 2 Nika Lubitsch (21:29) Ich hab in meinem Leben schon viel Geld verdient, aber so viel Geld wie als Selfpublisher habe ich noch nie in meinem Leben verdient. O-Ton 3 Matthias Matting (1:26) Die šberraschung lag eigentlich darin, dass es m”glich war, damit erfolgreich zu sein. O-Ton 4 Robert Merkel (1:06:10) Es ist aus meiner Sicht unerheblich, ob du ein Buch bei Goldmann oder Amazon oder direkt auf ner Plattform ver”ffentlichst. Denn am Ende ist es ein Autor, der eine Geschichte geschrieben hat. Ob?s nun gut oder schlecht ist, wird der Endkonsument so oder so an der Kasse entscheiden. O-Ton 5 Gunnar Cynybulk (6:16) Es ist und bleibt ein mystisches Gesch„ft. Kunst muss wirken. Und das wird jetzt nicht verbessert durch irgendwelche Vernetzungen im Internet usw. Nein, nein, nein, das geht so nicht. Musik: Wax Tailor ?Sometimes? Ansage: Selfpublishing. Kein Verlag? Do it yourself! Von Ralph Gerstenberg. Sprecherin: Kurz vor seinem Antritt als verlegerischer Gesch„ftsfhrer der Hanser-Literaturverlage berraschte Jo Lendle mit der Aussage, dass der Verlag von morgen ein Selbstverlag sein werde. Zitator: Waren Selbstverlage nicht von gestern? Um genau zu sein: so was von gestern? Aber heute stehen Produktions- und Distributionsmittel zur Verfgung, von denen sie gestern nichts als tr„umen konnten. Zwar standen auch fr Bcher aus Papier die Produktionsmittel l„ngst zur Verfgung. Aber Aufmerksamkeit lieá sich kaum gewinnen, und in die L„den kommt man damit einfach nicht. Im digitalen Schlaraffenland sind diese Sorgen ausger„umt. Seit das Umbl„ttern vom Wischen abgel”st wird ? und seitdem das Publikum ausreichend mit Leseger„ten versorgt ist ?, sitzt der Autor seinem Leser f”rmlich auf dem Schoá, so direkt ist der Kontakt. In dieser Welt ist jeder Autor sein eigener Lektor, Setzer, Gestalter, Booker, Marketingchef, wom”glich sogar sein eigener Rezensent ? oder er kauft sich diese Fertigkeiten dazu. In die L„den kommt man nun ohne jede Hrde. Nur heiáen sie inzwischen Plattformen. O-Ton 6 Gunnar Cynybulk (0:18) Das hat mich auch erstaunt, als ich das gelesen habe. Das find ich sehr khn und sehr vision„r. Sprecherin: Der Leiter des Aufbau Verlages Gunnar Cynybulk sitzt vor einer eindrucksvollen Bcherwand mit den gebundenen Werken seines Verlages ? von Victor Klemperer bis DBC Pierre. O-Ton 7 Gunnar Cynybulk: Ich bin eher skeptisch. Ich glaube nicht, dass der Verlag der Zukunft ein Selbstverlag sein wird. M”glicherweise wird es neue Mittel und Wege der Organisation und der Kommunikation geben, da bieten die neue Medien v”llig neue M”glichkeiten, aber ich glaube nicht daran, dass es eine Blte des Amateurverlegens geben wird. Sprecherin: Doch blht sie nicht l„ngst, die Szene der so genannten Selfpublisher-Do-it-yourself-Schriftsteller, auch Independent- oder kurz Indie-Autoren genannt, die ihre Bcher ohne einen Verlag im Internet publizieren? Zirka fnfzehn Prozent aller E-Book-Titel in Deutschland werden inzwischen auf diese Weise ver”ffentlicht, Tendenz steigend. Ausgel”st wurde der Trend durch das nordamerikanische Onlinekaufhaus Amazon. O-Ton 8 Matthias Matting (0:13) 2011 im April hat Amazon das Kindle-Directpublishing in Deutschland gestartet. Und da habe ich ber eine Presseagentur interessante Erfolgsgeschichten geh”rt von deren Klienten. Und das konnte ich natrlich nicht so stehen lassen, wenn ich es nicht selber ausprobiert habe. Sprecherin: Der Journalist Matthias Matting landete mit seinem probeweise bei Amazon eingestellten Titel einen veritablen Bestseller und startete damit seine zweite Karriere als Selfpublisher. O-Ton 9 Matthias Matting (1:01) Mein Buch war ein Handbuch zum Kindle, den es damals nur auf Englisch gab und ohne jegliche Anleitung. Und da die Deutschen auch gerne Handbcher lesen, war das entsprechend erfolgreich. Sprecherin: Inzwischen hat Matthias Matting ber fnfzig Bcher als Selfpublisher ver”ffentlicht. Er ist E-Book-Programmleiter der Mnchner Verlagsgruppe MVG, und u und unundddded betreibt als ?Selfpublishing-Papst? die Website Selfpublisherbibel.de, auf der er regelm„áig Artikel zum Thema publiziert und Einsteigern Tipps gibt, wie sie in fnf Schritten zum erfolgreichen Autorverleger werden. Musik: Eels ?Your mama warned you? Zitator: Erster Schritt: Lassen Sie Ihr Manuskript lesen. Leser, die bei einem Onlineh„ndler auf ihr Buch stoáen, haben daran dieselben Anforderungen wie an einen Titel aus einem Verlag. Das heiát, es muss fehlerfrei und in sich stimmig sein. Dafr brauchen Sie normalerweise die Hilfe eines Lektors. O-Ton 10 Matthias Matting (3:05) Das ist eigentlich glcklicherweise kein Problem, weil die Verlage so in den letzten zehn, zwanzig Jahren auch an Personal durchaus eingespart haben und sich in der Regel auch freier Lektoren bedienen. Und die gleichen Lektoren, die ich als Verlag besch„ftigen kann, die stehen mir natrlich auch als Selfpublisher, als freiem Autor sehr gerne zur Verfgung. Und darber kann ich schon mal eine sehr gute Textqualit„t erreichen. O-Ton 11 Nika Lubitsch: Ich habe mir einen Lektor genommen, der dieses Buch vollkommen auseinander genommen hat, aber wirklich vollkommen. Sprecherin: Nach einigen Absagen von namhaften Verlagen nahm Nika Lubitsch ihre Krimikarriere selbst in die Hand. O-Ton 12 Nika Lubitsch: Es endete damit, ich habe hinten im Abspann einigen Leuten gedankt ? einem deutschlandweit bekannten Strafverteidiger, einem bekannten Finanzmakler ?, und da schrieb er dann unten runter: Und all diese Experten haben diesen Quatsch zugelassen! Er hat mich also permanent beleidigt. Und ich hab damals heulend dieses Lektorat zur Seite geworfen und gesagt: Nee, also danach kann ich keine Zeile mehr schreiben und habe nur das ge„ndert, wo ich gesehen habe, da k”nnte er recht haben. Sprecherin: Ihren Krimi ?Der 7. Tag? lud Nika Lubitsch im August 2013 bei Amazon hoch. Seitdem verkaufte sie etwa 350 000 E-Books. O-Ton 13 Nika Lubitsch (9:00) Also wenn man ein bisschen Geld damit verdient hat, dann reinvestiert man das natrlich in seine eigene Arbeit. Das bedeutet, dass man sich auf jeden Fall erstmal einen vernnftigen Lektor sucht, also ich arbeite heute mit drei Lektoren zusammen. Sprecherin: Ein professionelles Lektorat sei wichtig, aber es reiche nicht aus, meint Aufbau-Verlagsleiter Gunnar Cynybulk. Um aus einem guten Manuskript ein richtig gutes und erfolgreiches Buch zu machen, durchl„uft es in einem Verlag mehrere Abteilungen. O-Ton 14 Gunnar Cynybulk (2:53) Sie haben den Vertrieb, der eine ganz ungefilterte Reaktion zurckgibt und z.B. erkl„ren kann, warum ein Held, eine Heldin nicht sympathisch ist, warum man sich langweilt. Das sind oft Kategorien, die in einem Gespr„ch zwischen Autor und Lektor nicht formuliert werden, entweder aus Scheu, Zurckhaltung usw. Hier liest die Presse mit, die Presseabteilung, hier liest die Marketingabteilung mit. Und ein Text wird ganz vielfach gespiegelt. Das kann ein Lektor in seinem Werkstattgespr„ch mit dem Autor zurckfhren und wieder aufnehmen und verwenden. Also ich glaube, dass das Spektrum des Gespr„chs ber einen Text im Verlag viel gr”áer ist. Musik: Eels ?Your mama warned you? Zitator: Zweiter Schritt, mit dem Sie am besten ins Selfpublishing starten: Entwerfen Sie Cover und Klappentext. Wenn Sie grafisch nicht wirklich begabt sind, wrde ich es nicht mit einer Eigenanfertigung probieren, zumal Sie schon fr unter 100 Euro brauchbare Cover kaufen k”nnen (ich gebe hiermit zu, dass ich mein allererstes E-Book mit einem selbst gestalteten Cover in den Handel gebracht habe ? es hat sich trotzdem sehr gut verkauft). O-Ton 15 Nika Lubitsch (6:35) Ich habe das Glck gehabt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem richtigen Produkt zu sein. Sicherlich hat das auch was mit dem Cover zu tun, das ich ja selbst noch gebastelt habe. Sprecherin: Das Cover von Nika Lubitschs Krimi ?Der 7. Tag? verweist wie viele Titelgrafiken von Selfpublishern vor allem auf das Genre des Buches. Es zeigt eine blutige Messerspitze sowie Blutspritzer. Die Zahl 7 ist blutrot hervorgehoben, der Name der Autorin prangt im selben Farbton auf weiáem Grund. O-Ton 16 Nika Lubitsch (7:20) Das Blutbild hab ich mir aus ner Datenbank geholt und dann hab ich da noch ein bisschen einen Titel raufgemacht und das war's dann. Und ich hab damals schon ber meinen Blog ? ich hab dann auch sofort begonnen, Blog zu schreiben und Social Media zu machen ? hab ich dann die Leute gefragt, welches Cover, also ich hatte fnf Cover zur Auswahl, welches Cover denn gut w„re, und alle wollten unbedingt dieses Messer mit dem Rot haben. Ich fand das ganz schrecklich. Aber gut, wenn die meinen, dann nehm? ich das jetzt mal. Und das hat geklappt, sitzt, passt, steht. Sprecherin: Mit dem Erfolg von ?Der 7. Tag? wurde das Titelbild zum Markenzeichen. Bei den Nachfolgewerken ?Das 5. Gebot?, ?Das 2. Gesicht? und ?Der 1. Mann? setzte Nika Lubitsch nicht nur mit den Zahlen im Titel, sondern auch in der grafischen Gestaltung auf den Wiedererkennungseffekt. O-Ton 17 Nika Lubitsch (15:50) Ich hab s„mtliche Grafiker gegen mich aufgebracht, weil Grafiker natrlich dieses Design schauderhaft finden, klar, hat natrlich ein Amateur gemacht: ich, und ich bei jedem Buch natrlich die Maágabe habe, es muss aber so aussehen, als ob es von mir ist. O-Ton 18 Matthias Matting (3:35) Ein ordentliches Layout fr mein Buch, ein interessantes Cover, fr all das gibt's auch freie Grafiker, freie Setzer, die das fr mich tun. Da fehlt mir eigentlich nichts, was der Verlag nicht auch hat. Ich bekomme natrlich keinen Vorschuss, den ich blicherweise von einem Verlag als Autor bekommen wrde. Und ich muss auch selber Geld investieren, das heiát ja Selfpublishing, also ich bin selbst Verleger und muss natrlich alles das leisten, was sonst der Verleger fr mich als Autor tun wrde. Musik: Eels ?Your mama warned you? Zitator: Dritter Schritt, mit dem Sie am besten ins Selfpublishing starten: Wandeln Sie Ihr Manuskript in ein E-Book um. Um aus dem Manuskript ein E-Book zu machen, sollten Sie ein gutes Werkzeug nutzen. Wenn Sie mit Word oder OpenOffice gearbeitet haben, empfehle ich immer Jutoh. Wenn Sie sich den Umgang damit nicht zutrauen, fragen Sie am besten einen E-Book-Dienstleister; der Service kostet unter 100 Euro. O-Ton 19 Nika Lubitsch (3:31) Dazu habe ich mir s„mtliche Sekund„rliteratur reingezogen. Es war so furchtbar schwierig, diese Umwandlung in Mobi und ePub. Das habe ich zweimal selber gemacht, und mir ist heute noch schlecht. O-Ton 20 Michael D”schner (3:43) Es ist wirklich heute so einfach wie noch nie, ein Manuskript zum Leser zu bringen, das kann man schon mal vorweg schieben. Sprecherin: Michal D”schner ist Verlagsleiter Elektronisches Publizieren beim Verlag Droemer Knaur, der die Selfpublishingplattform neobooks betreibt, eine so genannte Distributionsplattform oder Distributor. O-Ton 21 Michael D”schner (3:50) Im Prinzip schreiben Sie Ihr Manuskript zum Beispiel in Word, k”nnen dann dieses Word bei uns auf der Plattform einfach hochladen. Wir haben eine Software, die dann automatisch aus diesem Word ein E-Book konvertiert. Sie k”nnen sich noch ein entweder vorgegebenes Cover aussuchen oder selber ein Cover erstellen, das Sie da mit dazu laden. Sie mssen ein paar Daten eingeben: Titel des Buches, worum geht's in dem Buch, Autorenname und natrlich auch fr uns die blichen Kontaktdaten, damit wir Geld berweisen k”nnen. Ja, und dann geht's eigentlich schon los. O-Ton 22 Matthias Matting (5:50) Ich muss mich im Grunde entscheiden, ob ich das direkt bei den E-Book-Stores hochlade: Apple, Amazon, Thalia, Weltbild usw. oder ob ich einen solchen Distributor benutze. Der macht das dann alles fr mich. Da lade ich dann mein E-Book nur ein einziges Mal hoch und der verteilt das dann auf alle E-Book-Anbieter. Vorteil ist natrlich, dass ich nur ein einziges Mal das Problem habe, das dort hochzuladen. Andererseits will die Firma natrlich ein bisschen Geld verdienen, und das tut sie, indem sie einen Prozentsatz von meistens dreiáig Prozent von meinen Einnahmen fr sich nimmt. Das ist klar, das ist deren Gesch„ftskonzept. Insofern muss ich als Autor berlegen: Ist es mir diese 30 Prozent wert oder will ich lieber diese 30 Prozent noch haben und nehme ich dann in Kauf, dass ich bei verschiedenen Anbietern hochladen muss. Sprecherin: Neobooks ist nach eigenen Angaben zurzeit marktfhrender E-Book-Distributor in Deutschland. Rund 12 000 Titel von Selfpublishern sind aktuell dort lieferbar. Entstanden ist die Plattform bereits 2010 als Portal zur Diskussion der vielen unangefordert eingesandten Manuskripte, die Tag fr Tag bei Droemer Knaur im Lektorat eingingen. O-Ton 23 Michael D”schner (1:13) So sind wir auf die Idee gekommen zu sagen: Es gibt ein Portal, in dem k”nnen junge Autoren ihre Manuskripte hochladen und wir bauen gleichzeitig eine Community auf, die diese Manuskripte dann vorselektieren, lesen und bewerten kann. So bekommen wir als Verlag einen ersten Indikator: Ach Mensch, da ist was Interessantes am Entstehen, das sollten wir uns vielleicht n„her anschauen. Also im Prinzip klassisch das Outsourcing sozusagen von diesen Sichtungen der Manuskripte. Daraus ist neobooks ursprnglich erwachsen. Vor zwei Jahren ist dann der Gedanke dazu gekommen, dass wir gesagt haben: Na ja, wir haben ja eigentlich alle Manuskripte der Nachwuchsautoren vorliegen, warum vertreiben wir die nicht eigentlich auch in ihrem Auftrag. Und so sind wir zur Distributionsplattform geworden. Sprecherin: Die Anbindung an den Verlag Droemer Knaur ist nach wie vor stark. Neobooks verfgt ber eine Community von zirka 40 000 Nutzern, die die Bcher lesen, rezensieren und Empfehlungen an die Redaktion schicken. Dort sichten und sondieren Lektoren, die sich mit ihren Kollegen aus dem Printprogramm austauschen, diese Titel und halten zudem Ausschau nach Talenten oder Bchern, die sich auáergew”hnlich gut verkaufen. O-Ton 24 Michael D”schner (7:50) Dann kommen diese Titel in eine monatliche Auswahl, die wir auf der Plattform wieder darstellen und sagen: Die wurden vom Lektorat einmal angeschaut und fr besonders interessant befunden. Das ist sozusagen die erste Stufe. Die zweite Stufe ist dann, dass wir diese Titel, die wir besonders interessant finden, auch ins Verlagsprogramm bernehmen. Wir haben auch da wieder ein zweistufiges Publikationsmodell. Das erste ist: Wir bernehmen die als reines E-Book und publizieren die unter dem Label Droemer Knaur. Und wenn das sich behauptet, das E-Book, dann geht das auch in die Printredaktion rber. Das ist dann die zweite Phase. O-Ton 25 frankly (Kommentar und Musik) Werbespot Frankly Sprecherin: Mit frankly gibt es inzwischen sogar einen Verlag fr Selfpublisher. O-Ton 26 frankly (Kommentar und Musik) Wir bei frankly glauben: Bcher sind einzigartig, bewegend, emotional. Etwas ganz Besonderes fr jeden von uns. Und deswegen ist frankly anders. O-Ton 27 Robert Merkel (6:20) Auf der einen Seite gibt es die ganz klassischen traditionellen Verlage, und die machen nen Riesenjob und das ist groáartig und die haben ein ganz tolles Prestige. Auf der anderen Seite stand Selfpublishing. Und die standen sich ein Stck weit feindlich gegenber. Und wir wollen das miteinander verbinden. Wir wollen ne Brcke schlagen unter dem Dach eines Verlags als Mitglied des B”rsenvereins, das ist ja sonst keine Selfpublishing-Plattform. Sprecherin: Im Leipziger frankly-Verlag gibt es keine Bcherw„nde wie im Aufbau-Verlag. Hier geht es um Publikationen fr Digital Natives, erkl„rt Verleger Robert Merkel, auch wenn man sich jetzt entschieden habe, Taschenbuchausgaben der E-Books auf Wunsch als Print on Demand anzubieten. frankly ist ein Verlag ohne Lektorat und bernimmt die volle Verantwortung fr die von Selfpublishern hochgeladenen Inhalte, auch die fr Rechtschreib- und andere Fehler. O-Ton 28 Robert Merkel (9:38) Da glauben wir einfach, dass es sich immer weiter professionalisiert. Und man sieht auch, dass die, die heute sehr erfolgreich sind, ihre Bcher sechs-, sieben-, zehnmal berarbeitet haben, bevor sie es online stellen. Und da ist?s wie immer: Die Spreu trennt sich vom Weizen. Qualit„t wird sich am Ende durchsetzen. Und dafr bernehmen wir gerne die Verantwortung. O-Ton 29 frankly (Kommentar und Musik) Wir sind ein Verlag, ein E-Book-Store und ein soziales Netzwerk, alles in einem. Und so funktioniert?s ?. Sprecherin: Bei frankly kann man zwei Varianten w„hlen. In der Standardvariante, bei der das Buch hochgeladen und ? wie bei einem Distributor ? an alle relevanten E-Book-Stores geliefert wird, wird der Autor wie blich mit 70 Prozent am Verkauf beteiligt. Zudem gibt es eine Plus-Variante mit Zusatzleistungen wie Werbung, einer Druckversion als Print-on-demand und der M”glichkeit, ein eigenes statt eines Standardcovers zu w„hlen. Dafr erh„lt der Autor 50 Prozent vom Nettoverlagserl”s. Auáerdem gibt es bei frankly eine Premiumsektion, fr die der Verlag gemeinsam mit externen Beratern, unter anderem vom Leipziger Literaturinstitut, einen Titel pro Monat ausw„hlt. O-Ton 30 Robert Merkel (14:09) Und dieser Titel bekommt alles, was er im klassischen Verlag auch bekommt, vom Lektorat, Korrektorat, individuelle Covergestaltung, Marketingkampagne, E-Book, Print, alles drum und dran, abzglich bestimmter Sachen, die wir heute als nicht notwendig erachten: Wir zahlen beispielsweise keinen Vorschuss, weil wir sagen: Unsere Autorenhonorare sind deutlich h”her als bei anderen Verlagen, weil wir wollen, dass der Autor und der Verlag am Ende davon profitieren. Und deswegen sagen wir: Wir bernehmen Kosten, aber wir k”nnen keinen Vorschuss zahlen. Und wir glauben, das ist ein fairer Deal. O-Ton 31 frankly (Kommentar und Musik) Denn alles bei uns ist frankly speaking: Always yours. Sprecherin: Ein halbes Jahr nach dem Start bei der Leipziger Buchmesse 2015 sind 16 Titel bei frankly erschienen, das entspricht in etwa der Halbjahresproduktion eines Kleinverlages. Einer davon, der Thriller ?Vergeltung? von Mark Sommer, hat es in die Top 100 bei Amazon Kindle geschafft, freut sich Robert Merkel. O-Ton 32 Robert Merkel (36:44) Wir sind mit den sechzehn Titeln, die wir ver”ffentlicht haben, im Rahmen dessen, was wir uns vorgestellt haben, denn wir wissen, wir sind ein neuer Anbieter, der sich auch erstmal etablieren muss, der auch gegenber Autoren beweisen muss, was er kann. Und jeder Autor steht vor der Qual der Wahl, wo er ver”ffentlicht. Viele sind bisher natrlich zu Amazon gegangen. Und sich dann einem neuen Anbieter anzuschlieáen und das Unbekannte sozusagen probieren zu wollen: Das braucht seine Zeit. Musik: Eels ?Your mama warned you? Zitator: Vierter Schritt, mit dem Sie am besten ins Selfpublishing starten: Stellen Sie Ihr E-Book bei Amazon ein. Amazon ist und bleibt der beste und bequemste Weg, Ihr Buch auf Markttauglichkeit zu testen. Andere E-Book-H„ndler wie die Tolino-Allianz machen es Selfpublishern noch immer deutlich schwerer, echte Erfolge zu erreichen. O-Ton 33 Matthias Matting (5:00) Es ist so, dass Tolino ja gerade im April erst gestartet ist, und da gibt's noch so ein paar kleine Kinderkrankheiten. Die gab's damals bei Amazon auch, aber das ist inzwischen natrlich schon 4 Jahre her. Die hatten einfach viel mehr Zeit, diese Kinderkrankheiten auszumerzen. Insofern haben die einfach einen zeitlichen Vorsprung, den sicher die deutschen Anbieter ber kurz oder lang ausgleichen werden. Sprecherin: Amazons Dominanz bei den E-Books sehen sowohl Autoren als auch Verlage und Buchh„ndler kritisch. Von einem Preisdiktat ist die Rede, vom Missbrauch der Marktmacht und der Zerst”rung vorhandener Buchhandelsstrukturen. Selfpublisher bei Kindle Direct Publishing wrden h„ufig mit dem Konzern Amazon gleichgesetzt, klagt Matthias Matting auf Selfpublisherbibel.de. Die Bestsellerautorin Nika Lubitsch kann das best„tigen. O-Ton 34 Nika Lubitsch (50:13) Ich habe in Berlin eine Lesung bei SoSch gehabt, und die Buchh„ndlerin leitete meine Lesung mit den Worten ein: Eigentlich steht die Erw„hnung des Wortes in meinem Laden unter Todesstrafe. Wir sprechen von Amazon. Es ist ein ganz groáer Widerstand gegen Selfpublisher, weil Selfpublisher gleich Amazon. Sprecherin: Selfpublishing lief am klassischen Buchhandel bislang gr”átenteils vorbei. Bestenfalls landeten gedruckte Versionen der E-Books, die Print-on-Demand-Ausgaben, in den Gesch„ften, nur selten fanden Lesungen mit anschlieáenden, in der Regel analogen Buchverk„ufen statt. Doch inzwischen holt der Buchhandel auf. Nach dem Selfpublishing-Portal der Tolino-Allianz, zu der sich meist groáe Ketten zusammengeschlossen haben, hat nun auch die regional dominierende Mayersche Buchhandlung mit bookmundo ein eigenes Online-Portal fr Selfpublisher ins Leben gerufen. Ob der Regionalfilialist die selbstverlegten Titel in seinen Gesch„ften anbieten wird, bleibt allerdings abzuwarten, meint Selfpublishing-Papst Matthias Matting. O-Ton 35 Matthias Matting (15:38) Da gibt es derzeit keinerlei definitive Aussagen. Man schreibt zwar, man ist interessiert, die sich gut verkaufenden Titel auch in den Buchhandlungen anzubieten, aber es ist momentan noch nicht so etwas, worauf man sich verlassen k”nnte. Und der kleine Nachteil ist, dass die Konditionen dort fr gedruckte Bcher etwas schlechter sind als bei anderen deutschen Anbietern. Sprecherin: Mittlerweile verfolgen Mitarbeiter vieler Verlage die E-Book-Bestsellerlisten der groáen Online-Buchh„ndler sehr genau, um erfolgreichen Selfpublishern gegebenenfalls die Taschenbuchrechte abzukaufen. Auch wenn das ihren Werken die Tren der klassischen Buchhandlungen ”ffnen wrde, irritieren die Verlagsangebote die Indie-Autoren gelegentlich, hat Michael D”schner festgestellt. Unter den Selfpublishern, so der Neobooks-Chef, sei ein ganz neuer Autorentypus entstanden: der Unternehmerautor. O-Ton 36 Michael D”schner (10:54) Die Selfpublisher sind in der Tat, dadurch dass sie selber Verleger fr sich selbst sind, auch Unternehmer. So dass diese Autoren mit ganz anderem Selbstbewusstsein sp„ter an den Verlag herantreten. Wenn ich also einen sehr erfolgreichen Selfpublisher an den Verlag akquiriere, dann stehe ich vor der Herausforderung, ihm zu sagen: Ja, du hast sicher Verst„ndnis, dass die erste Abrechnung erst in einem halben Jahr kommt. Und er sagt: Wie bitte, das krieg ich im Portal doch jeden Tag. Da muss einerseits der Verlag die Lernkurve machen und sagen: Okay, dann mssen wir anders mit dem Autor kommunizieren in Zukunft, und andererseits der Autor die Verst„ndniskurve aufbringen fr die Verlage, dass sie das natrlich nicht von heute auf morgen alles umstellen k”nnen, wie sie bisher gearbeitet haben O-Ton 37 Nika Lubitsch (11:58) Ich kriegte dann im Dezember die erste Anfrage von einem Verlag, die mir Konditionen anboten, da hab ich, ehrlich gesagt, laut gelacht. Man hat dann nachgebessert, aber ich war eigentlich so beleidigt. Es war so klar, da will jemand an mir mitverdienen und glaubt, jeder Selfpublisher wartet nur darauf, dass irgendein Verlag kommt und nach ihm fragt, so ist es ja nicht. Also fr mich war das Thema Verlag eigentlich durch zu diesem Zeitpunkt bereits. Sprecherin: Inzwischen erscheinen die Taschenbuchausgaben von Nika Lubitschs Kriminalromanen in der Mnchner Verlagsgruppe MVG. O-Ton 38 Nika Lubitsch (13:43) Nur letztendlich ntzt ihnen das auch als Selfpublisher relativ wenig, wenn ein Verlag, der fr Biografien und Finanzbcher einen guten Namen hat, wenn der einen Krimi rausbringt, dann liegt der nicht im Eingang bei Thalia oder Hugendubel, das heiát im Printbereich habe ich da einfach nicht den ganz groáen Erfolg, den ich als E-Book-Macherin habe. O-Ton 39 Michael D”schner (13:12) Je mehr Autoren Selfpublishing fr sich entdecken, desto gr”áer wird die Herausforderung fr die Verlage, weil sie eben ihre Gatekeeperfunktion verlieren. Dadurch mssen sie sich den Autoren gegenber in eine neue Rechtfertigungsposition bringen. Sprecherin: Die M”glichkeit, eigene Texte selbst zu publizieren, nimmt den klassischen Verlagen die Entscheidungshoheit darber, ob ein Text an die ™ffentlichkeit gelangt oder nicht. Wird das Manuskript eines Autors fr nicht druckwrdig befunden, ver”ffentlicht er es kurzerhand als E-Book. Der Verkauf von Drucklizenzen erfolgreicher Selfpublisher an Publikumsverlage ist fr Gunnar Cynybulk vom Aufbau Verlag hingegen ein klares Indiz fr den Drang eines jeden Autors, unter dem Dach eines klassischen Verlages sein Zuhause zu finden. O-Ton 40 Gunnar Cynybulk (9:35) Was ja auch zu beobachten ist, dass all diese Dinge zurck in die konventionellen Verlage dr„ngen. Man fhlt sich erst als etablierter und gestandener Autor, wenn man dann auch ein gedrucktes Buch, das bei Piper ? Piper macht das nach meiner Beobachtung ab und zu, Selfpublisher zu verlegen im Hauptprogramm ?, wenn es da eben erst als gedrucktes Buch erschienen ist. Das ist doch interessant, also ohne diese letzte Weihe ist die šbung dann eben doch nicht geglckt offenbar. Musik: Eels ?Your mama warned you? Zitator: Fnfter Schritt, mit dem Sie am besten ins Selfpublishing starten: Werben Sie fr Ihr E-Book. Ein neu ver”ffentlichtes Buch landet in einem Teufelskreis: Da es noch von niemandem gekauft wurde, taucht es in keiner Kategorie im Bestseller-Ranking auf. Da es aber nirgends sichtbar ist, kann es auch niemand kaufen. Diesen Teufelskreis mssen Sie durchbrechen. Das derzeit wirksamste Mittel ist dabei eine Preisaktion, also eine vorbergehende Preissenkung. O-Ton 41 Matthias Matting (10:23) Es gibt Internetseiten, die kmmern sich speziell um Schn„ppchenk„ufer, die wollen einfach m”glichst gnstige Bcher kaufen und die tummeln sich auf solchen Internetseiten und dort finden sie dann mein preisreduziertes Buch und kaufen es. Also da macht?s pling bei denen. Und gleichzeitig bewirken sie durch diesen Kauf, dass mein Buch im Ranking bei dem entsprechenden E-Book-Anbieter nach oben steigt. Und wenn die Preisaktion vorbei ist, dann bleibt das Buch erstmal weiter oben und die anderen K„ufer, denen es nicht so prim„r um den Preis geht, das sind ber 90 Prozent eigentlich, die sehen dann mein Buch und kaufen es dann ? so ist zumindest die Hoffnung. Sprecherin: Vermarktung, Pressearbeit und Werbung sind klassische Aufgabenbereiche konventioneller Verlage, und die meisten Autoren sch„tzen es sehr wohl, dass es dort Leute gibt, die das fr sie bernehmen. Kontakte von Verlagsmitarbeitern zu Agenturen, Redaktionen und Journalisten sind ber Jahre gewachsen. Und wer tritt schon gerne in die ™ffentlichkeit und preist sein eigenes Werk an? O-Ton 42 Gunnar Cynybulk (19:30) Es ist immer eleganter, wenn andere fr einen Reklame machen. Und es ist auch glaubwrdiger. Jemand, der sich hinstellt und sagt: Ich hab das gr”áte Buch unter der Sonne geschrieben, dem glaubt man vielleicht nicht ohne weiteres. Also es braucht Gew„hrsleute dafr. Und die finden sich in Verlagen. Sprecherin: Beim Selfpublishing spielen konventionelle Werbemaánahmen ? Anzeigen im Feuilleton der wichtigen Zeitungen oder auch im Internet ? keine groáe Rolle. Sie sind zu teuer und zu wenig auf bestimmte Zielgruppen abgestimmt. Viel wichtiger ist es, sich als Autor zu vernetzen. Deshalb stellt das Distributionsportal Neobooks den Selfpublishern ein eigenes soziales Netzwerk zur Verfgung. O-Ton 43 Michael D”schner (20:20) Dort k”nnen Sie ganz schnell Kontakt schlieáen und sich einige gute Rezensenten aussuchen, die sofort Rezensionen fr Sie schreiben k”nnen. Dann geht?s weiter, dass man auf facebook selbst aktiv wird, entweder indem man einen eigenen kleinen Account aufmacht und fr sich als Autor und sein Buch Werbung macht oder indem man selber sogar Facebook-Ads bucht. Dann wrden Sie den Markt absuchen und sagen: Okay, es gibt einige Newsletter, die E-Books empfehlen, es gibt bei Amazon ein Kindle-Forum, da muss ich vielleicht aktiv werden, es gibt bei Lovelybooks ein groáes Rezensentenforum, da muss ich aktiv werden. Also Sie mssen sich so ein richtiges Puzzle aufbauen an verschiedenen Baustellen, wo Sie sagen: Da werde ich berall aktiv und versuche mich zu vernetzen, so dass Sie immer mehr Leser in diesen Bereichen entwickeln und aufbauen k”nnen. Wir sehen gerade, dass die besonders aktiven Autoren auch die meisten Verk„ufe erzielen. O-Ton 44 Nika Lubitsch (23:35) Was ich wirklich sch„tze, an dieser ganzen Social-Media-Kiste und auch an diesen E-Books, ist der direkte Kontakt zum Leser. Ich kriege ein solches Feedback, also man lernt seine Leser kennen. Ich hab ber 4000 Mails gekriegt inzwischen von Lesern. Das macht einen unheimlich stolz. Ja, stolz ist der richtige Ausdruck, glcklich. Musik: Wax Tailor ?Sometimes? Sprecherin: Nicht jeder Indie-Autor kann wie Nika Lubitsch einen Bestseller landen. Die meisten Titel werden berhaupt nicht wahrgenommen. Denn sichtbar wird nur, wer in Bestsellerlisten nach oben rutscht. Und dort sind die Pl„tze hart umk„mpft. Andere M”glichkeiten, Aufmerksamkeit fr ein Buch zu wecken, fehlen fast v”llig. Selfpublishervereinigungen und -preise gibt es zwar seit einigen Jahren, werden aber bisher nur von Insidern wahrgenommen. Und unabh„ngige Vermittler fehlen, weil der etablierte Literaturbetrieb ? das Feuilleton, die Literaturh„user, die Kritiker, die Preisstifter ? die Autorverleger links liegen l„sst. Das h„ngt gewiss auch damit zusammen, dass die meisten ihrer Bcher einen klar definierten Genrebezug haben. O-Ton 45 Matthias Matting (28:10) Da gibt?s halt Liebe, Romantik, Fantasy, Thriller, Krimi ... O-Ton 46 Gunnar Cynybulk (11:24) Krimi, Thriller, Erotik, Fantasy, Dystopien manchmal, manchmal Frauenunterhaltung, das sind die Genres, ja. O-Ton 47 Michael D”schner (14:55) Selfpublishung produziert eher schlechte Massenware. Das w„re die Klischeehaltung gegenber dem Selfpublisher. Das ver„ndert sich jetzt gerade sehr aktuell seit den letzten Jahren. Es ist auch ein Weg fr literarisch anspruchsvollere Autoren, in den Markt zu kommen. Die klassischen Verlage haben das vielleicht noch nicht in ihrer Wahrnehmungsschwelle aufgenommen, aber ich glaub, das wird sich „ndern jetzt. O-Ton 48 Robert Merkel (1:05:20) Ich wrde mir wnschen, dass wir in der Zukunft das Wort Selfpublishing-Autor aus unserem Sprachgebrauch gestrichen haben und einfach nur noch das Wort Autor verwenden. 1