"Alles im Fluss" Franz Klammers Ex-Trainer will das Skifahren "revolutionieren" 1. Atmo - Teil 1(auf Piste aufgenommen) (Blanke) "Jawoll! Komm! Zieh rein! Den Außen-Arm seitwärts! Uuuuund: Reinziehen!" Regie: Frei stehen lassen und nach "reinziehen" unter 1. O-Ton blenden, danach wieder hochziehen 1. O-Ton (Schlamiger) "Free Motion bedeutet freie Bewegung." 1. Atmo - Teil 2 (Skier knirschen auf Piste) (Blanke) "Schunkeln! Tanzen! Rumziehen! Zum Berg schaun!" Regie: Nach "schaun" unter 2. O-Ton blenden, danach wieder hochziehen 2. O-Ton (Feunescu) "So leicht! Und immer links. Und immer rechts." 1. Atmo - Teil 3 (Blanke) "Jawoll. Weiter ziehen! Kopf hoch! Gucken! (Klacken der Skier) Regie: Nach Klacken Atmo unter 3. O-Ton blenden, danach wieder hochziehen 3. O-Ton (Petanjek) "Im Renn-Lauf ist es so: Wer ist schneller unten. In unserer Form Ski zu fahren, ist es: Wer hat den größeren Genuss der Bewegung." 1. Atmo - Teil 4 (Klacken von Skiern, Atmo von Skipiste) Regie: Kurz frei und dann Klacken/Ski-Atmo unter 4. O-Ton und folgenden Autor blenden Autor Selbst der Wettergott meint es heute Morgen gut mit Heinz Petanjek. Gestern waberten noch dichte Nebelschwaden über den Pisten im österreichischen Flachau. Heute aber: Strahlender Sonnenschein. Seit neun Uhr ist der drahtige Mann, dem man seine Mitte 70 nicht ansieht, auf Skiern unterwegs - umgeben vom grandiosen Alpen-Panorama des Salzburger Landes und anderen Frühaufstehern, die mehr oder weniger elegant ins Tal wedeln. Der Ex-Trainer von Ski-Legende Franz Klammer nimmt seine Skibrille ab und lacht. Hauptsache es macht Spaß. Der Spaßfaktor ist ihm wichtig - nicht zuletzt bei seiner Ski-Lernmethode - der "Free Motion". 5. O-Ton (Petanjek) "Vor allem auf eine Art, wo wir nicht erklären oder korrigieren. Und ich sag: Das geht doch nicht! Wir arbeiten also mit Rollenspielen. Und Bewegungsbildern. Wo eigentlich der Bewegungsablauf schon im Gehirn als Ablauf gespeichert ist. Als ein Beispiel: Um die Harmonie der Bewegungen zu zeigen haben wir: Singen und Schwingen. Dass man sich einfach zur Harmonie einer Melodie auf Skiern bewegt." 2. Atmo (auf Piste aufgenommen) (Blanke) "Komm jetzt! Schunkeln! Schunkel mit deinem Partner! Nimm ihn in den Arm. (fährt weg) Regie: Frei stehen lassen und beim Wegfahren unter Autor blenden Autor Ende der 90er hat Heinz Petanjek seine Ski-Methode entwickelt - gemeinsam mit seinem deutschen Freund Rolf Blanke. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem Ski-Lehrgang. Der Mann aus Sachsen-Anhalt war damals Sport-Dozent an der Universität in Halle an der Saale - und unter anderem dafür zuständig, seinen Studenten das Skifahren beizubringen. Den üblichen Lehrmethoden konnte der Anfang 60jährige, der ein gutes Dutzend Sportarten betreibt, wenig abgewinnen: Zu verkopft, zu kompliziert, die Skier: Viel zu lang für Anfänger. Blanke schwor sich, zusammen mit Petanjek, seinem Freund, Abhilfe zu schaffen. 6. O-Ton (Blanke) "Gehen. Joggen. Fahrradfahren: Auf das Skifahren eins zu eins übertragen. Und ohne Fach-Chinesisch unsere Begrifflichkeit der Alltagsmotorik verwenden." Autor Blankes "Versuchskaninchen" waren anfangs seine Studenten. Die kamen, genau wie ihr Lehrmeister, größtenteils aus den neuen Bundesländern. Das heißt: Wenn sie nicht gerade am Fuße des Fichtelbergs geboren waren oder als Jugendliche ihren Winter-Urlaub in den Alpen oder dem Riesengebirge verbracht hatten, waren Buckelpisten und Steilhänge für sie Neuland. 7. O-Ton (Blanke) "Man muss sich vorstellen, dass ein Flachländer die Bergwelt und die Gefahren der Bergwelt aus eigenem Erleben nicht kennt. Für ihn ist schon die Höhe ein Problem. Dann die Ski-Ausrüstung. Dann die Geschwindigkeit, die man erlangen kann. Und das entsprechend umzusetzen. Und auch auf die Sensibilität des Flachländers einzugehen und ihm trotzdem in sehr kurzer Zeit einen Erfolg zu vermitteln: Das hat uns also sehr kreativ gemacht. Und nach Mitteln und Wegen suchen lassen, dass man in sehr kurzer Zeit Fahr-sicher wird; Erfolg hat; mit Freude Ski fährt; sich nicht verletzt, also gesund bleibt." 8. O-Ton (Petanjek) "Es ist oft für mich sehr lustig, wenn uns jemand fragt: Könntest du vielleicht auch unsere Leute ausbilden? Zum Beispiel in österreichischen Skischulen, die interessiert sind. Da sage ich: Ja, ich würde das gerne mit dem Rolfi machen. Weil wir einander gut ergänzen. Und den Rolf brauche ich dazu. Der unheimlich viele zusätzliche methodische Hinweise hat. Und dann immer: Wieso? Das gibt's doch nett, dass uns ein Deutscher in Österreich Skifahren beibringt! Aber wenn wir dann zusammen auftreten, dann haben wir schon die entsprechende Rückmeldung auch. Wo sie erkennen, dass es egal ist, ob jemand aus Deutschland kommt. Und schon gar aus dem Osten Deutschlands." (lacht) Autor Meint der Mann, der von sich selbst sagt, er habe Konventionen immer schon in Frage gestellt - auch auf die Gefahr hin anzuecken. Petanjeks Augen funkeln. Das war schon in den 70ern und 80ern so, als er seine Schützlinge - die Klammers und Reschs - zu hartem Konditionstraining verdonnerte. Und darüber wachte, was sie aßen. Was heute Standard ist: Damals war es die Ausnahme. Ein paar Sachen seien ihm mit der Zeit klar geworden, erklärt der Ex-Trainer der österreichischen Herren-Ski-Nationalmannschaft. Zu viel Theorie beispielsweise: Das geht meistens schief. 9. O-Ton (Petanjek) "Bei Rennläufern war es sehr schwierig, wenn man denen das dann analytisch erklärt hat. Dass er angefangen hat zu denken. Und das ist der Tod beim Renn-Lauf." Autor Heinz Petanjek fallen gleich eine Reihe ehemaliger Schützlinge ein, denen es so ging - darunter Hansi Hinterseer, der Silbermedaillengewinner im Riesenslalom bei der Ski-WM 1974. Wenn man so will, ist der Mann, der sich inzwischen einen Namen gemacht hat als Schlagersänger, Schuld daran, dass es "Free Motion" überhaupt gibt. In den 80er Jahren, als Hinterseers Stern zu sinken begann, zog es den Österreicher in die Vereinigten Staaten, zur US-Tour der Profi-Skifahrer. Das Geld lockte. Hinterseer wurde nicht nur ein reicher Mann, sondern entdeckte im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" auch "Big Foot", einen Ski, der seinem Namen nicht gerade Ehre macht: Statt groß ist er klein. Halt nicht viel mehr als ein "großer Fuß". Irgendwann brachte Hinterseer seinem alten Trainer ein Exemplar mit nach Österreich. 10. O-Ton (Petanjek) "Meine erste Fahrt (lacht) war natürlich eine Katastrophe. Ein steiles Gelände war für mich ja nie ein Problem. Wenn man mit diesem Kurzgerät drauf fährt: Da bin ich drauf gekommen, dass mein Gehirn schon programmiert war auf längere Skier. Und da war der Druck zu groß. Dann ist das so eine unruhige Fahrt geworden. Dass ich mir gedacht habe: Er wollte sich revanchieren für all die mühseligen Stunden, die ich ihm bereitet habe als Trainer auch. Aber dann hab ich mir gedacht: Der Hans denkt sich ja was dabei. Dann bin ich nach einer kurzen Pause auf einen flacheren Hang. Und da ist mir gekommen, dass diese Skier für mich ein Lehrmeister waren. Wo ich auch gemerkt habe: Dass ich das ganz einfach vermitteln kann, was ich in meinen vielen Jahren bei der Ski-Nationalmannschaft gesehen habe; durch Beobachtungen: Diese feinen, weichen Schwung-Übergänge. Und das man das mit dem Gerät eigentlich jedermann zugänglich machen kann." 3. Atmo (Klacken von Skiern, Atmo von Skipiste) Autor Es ist Mittag geworden. Noch einmal hoch zur Birkenhahnalm, per "Achter-Jet", der Luxus-Kabinenbahn mit ihren beheizten Sitzen: Danach will Heinz Petanjek eine Verschnauf-Pause einlegen. Bevor es am frühen Nachmittag weiter geht. Ein paar Skianfänger haben sich angekündigt; Leute, die es dem ehemaligen dänischen Ministerpräsidenten Lars Rasmussen gleich tun wollen. Der, erinnert sich sein alter Ski-Trainer, sei innerhalb weniger Tage vom Laien zum "Helden der Piste" mutiert. Dank Free Motion. Das Programm ist immer dasselbe: Möglichst kräftige Schübe mit den Skistöcken, um Sicherheit zu gewinnen; die Skier: Möglichst parallel halten. Und ansonsten: Üben, üben, üben. 11. O-Ton (Petanjek) "Zum Beispiel: Fliege wie ein Adler! Das kennt jedes Kind: So zu laufen. Die Arme ausstrecken. Da ist also auch dieser Bewegungsablauf im Gehirn gespeichert. Das ist mir aufgefallen in meiner Arbeit mit geistig behinderten Menschen. Wenn man denen etwas erklärt, dann sagen die zwar immer Ja, aber die können das kaum nachvollziehen. Aber: Fliegen wie ein Adler können sie. Wenn ein Behinderter mit den herkömmlichen Methoden unterrichtet worden ist, dann braucht er ungefähr drei Jahre bis er selbstständig einen einfachen Hang hinunterfahren kann. Und mit unserer Methode fährt er bereits am dritten, vierten Tag parallel." 4. Atmo (Mann redet Englisch, dann deutsch) "Gute Rückreise an alle. Und vielleicht sehen wir uns nächstes Jahr wieder. Danke schön! (Applaus) Regie: Frei stehen lassen und bei Applaus unter Autor blenden Autor Mit geistig behinderten Sportlern arbeiten Heinz Petanjek und sein Mitstreiter Rolf Blanke seit Jahren zusammen. So viele Teilnehmer wie dieses Mal in Murau, einem malerischen Flecken im Salzburger Land samt Barockkirche und Gletscherbach, sind aber die Ausnahme: Mehr als 50 Sportler und Betreuer aus insgesamt sechs Ländern. Darunter Rumänen, Iren, Österreicher und Deutsche. Peter Maurer ist aus der Nähe von München angereist - zusammen mit Philipp, seinem 21 Jahre alten Sohn. Philipp ist Autist. Eine Woche hat das Vater-Sohn-Gespann in Murau verbracht - die meiste Zeit auf der Piste, wo Peter Maurers anfängliche Zweifel an der "Free Motion"-Methode in dem Maße verflog wie Philipp Fortschritte machte. 12. O-Ton (Maurer) "Es sind drei, vier Übungen, die man sehr gut vermitteln kann. Nicht durch großes Erklären, sondern durch vormachen. Mit diesen drei, vier Übungen ist er dann aber in der Lage Kurven zu fahren, den Berg runterzufahren, anzuhalten." Autor Sport ist wichtig bei Familie Maurer. Für Peter Maurer allein schon als Ausgleich zu seinem anstrengenden Job. In München betreut er vermögende Privat- kunden. Beim Skifahren und Mountain-Biken kann der sportbegeisterte Mann abschalten. Diesen Sommer hat er per Mountain-Bike die Alpen überquert: 400 Kilometer von Mayrhofen im Allgäu bis zum italienischen Gardasee. Er hat es nicht alleine getan: Philipp ist mitgefahren. Es hat perfekt geklappt, freut sich der Vater, der den Sohn früh zum Sport gebracht hat. 13. O-Ton (Maurer) "Von klein auf haben wir ihn immer mitgenommen zum Ski-Fahren. Am Anfang war das unwahrscheinlich schwierig, weil wir auch keinen Skilehrer gefunden haben, der unseren behinderten Sohn mit aufgenommen hat. Aber so nach und nach haben wir's versucht. Oder ich selbst das Know-how zu vermitteln. Mein Sohn merkt: Er hat Schwächen und Stärken. Und Stärken hat er im Sport: Beim Skifahren; beim Radeln. Und da fühlt er sich unwahrscheinlich wohl." Autor Zu Weihnachten hat Philipp ein Paar Kurz-Skier bekommen. Sein Vater kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Hätte sich Peter Maurer auch nicht träumen lassen; dass er seinem Sohn ausgerechnet einmal die Skier schenken würde, die er vor kurzem noch als "Kinderkram" abgetan hat. 14. O-Ton (Maurer) "Ich war anfangs skeptisch - muss ich sagen. Ich hab das beobachtet. Und bin dann auch am zweiten Tag auf Kurz-Skier umgestiegen. Und ich muss sagen: Ich war begeistert. Es ist eine ganz neue Fahrtechnik. Man hat einen ganz neues Gefühl. Es ist auch alles viel, viel einfacher. Von der Umsetzung; von der Anspannung; vom Körper her. Man kann länger fahren. Man fährt fast auf Wolken." 15. O-Ton (Feunescu) "Das ist so ein Ski-Fluss. Die neue Methode ist leicht. Ist so wie eine Musik." Autor Ergänzt Christian Feunescu, der Leiter des rumänischen Behinderten-Teams. Auch er ein Ski-Begeisterter. Seit gut 25 Jahren gibt der Anfang 50jährige, dessen Vorfahren aus Deutschland stammen, Ski-Unterricht - meist in den Karpaten, dem rumänischen Skigebiet. Bis vor kurzem, meint Feunescu und streckt soweit es geht seine Arme aus, seien seine Skier wahre Ungetümer gewesen. 1,80 Meter und mehr. Das war einmal. Der Mann mit dem ansteckenden Lachen führt seine Arme langsam wieder zusammen. Auf einen Meter sind seine Skier geschrumpft. Dank Heinz Petanjek und dessen Ski- Pädagogik, die den Mann aus Siebenbürgen verzückt. 3. Musik Regie: Schon unter Ende des letzten Autors blenden, kurz frei, danach unter 16. O-Ton und Beginn des folgenden Autors blenden 16. O-Ton "Mozart! Mozart-Musik. Ja! So leicht. Du kannst fliegen auf die Piste. Wie in eine Harmonie." Autor Mozart auf der Piste - das ist Marc Angelini dann doch ein bisschen zu viel des Guten. Der Zweimeter-Mann, dem man seine Liebe zum guten Essen ansieht, mag es nüchterner. Angelini koordiniert seit Ende der 70er die Arbeit von "Special Olympcis Austria", des österreichischen Teams geistig Behinderter. Fast genauso lange kennt er Heinz Petanjek. 17. O-Ton (Angelini) "Ich bin Luxemburger. Hab das Skifahren relativ spät erlernt. Hab am Anfang hohe Latten gehabt von 1,92 Metern. Und hab mich immer unwohl gefühlt mit diesen hohen Latten. Ich hab damals zu meiner Frau gesagt, die eine sehr gute Skifahrerin ist. Du, gibt mir Kleine, dort komm ich klar. Einfach intuitiv. Ohne zu wissen, was ich dort eigentlich gesagt hab. Dann ist der Heinz irgendwann dahergekommen und hat gesagt: Du, Marc, schau mal her. Hat mir das dann an die Füß gehängt. Und hab gemerkt: Hey, hey!" Autor Seit Anfang der 80er lebt und arbeitet Marc Angelini in Österreich. Anfangs pendelte er noch zwischen Luxemburg und seiner neuen Wahlheimat, aber das war auf Dauer zu anstrengend. Sein Job als Koordinator des österreichischen Behindertensports entpuppte sich als aufwendiger als gedacht. Allein schon wegen der Vorurteile, die es galt abzubauen. Warum Behinderte Sport machen sollten - das leuchtete nur wenigen ein. Heute ist das anders. 18. O-Ton (Angelini) "Sport vermittelt Handlungskompetenz. Sport vermittelt Kraft. Sport vermittelt Selbstbewusstsein. Ich glaub, das sind alles Punkte, die einem Menschen mit einer Behinderung helfen, sich ganz einfach besser zu bewähren. Es gibt auch entsprechende Studien diesbezüglich. Da reden wir nicht einfach nur von den gesundheitlichen Faktoren. Dann kommen die ganzen sozial- integrativen Faktoren dazu. Oder ich geb ihnen ein ganz einfaches Beispiel: Wenn eine Familie mit einem behinderten Kind dem Behinderten eine gewisse Kondition beibringt, dann können die vielleicht wieder ihren sonntäglichen Spaziergang gemeinsam machen. Wenn man's nicht tut, ist er immer ein bisschen am Rande. Und so ist er mitten im Geschehen." Autor Geistig Behinderte mitten im Geschehen - das gilt in Österreich inzwischen auch in vielen Sportvereinen. 19. O-Ton (Angelini) "Das Lustige ist dann, dass sie uns sagen: Ihr Verein kriegt ne andere soziale Dimension. Oder in der Schule, wo uns jetzt Lehrer gesagt haben: Seit ihr mit den Special-Olympics-Progamm in die Schulen kommt, haben wir eigentlich auch wieder Ansatzpunkte für die vielen Nicht- Behinderten, aber motorisch defizitären Jugendlichen." Autor "Special Olympics Austria" ist heute in jedem österreichischen Bundesland vertreten. Ein vergleichbar enges Netz an Stützpunkten gibt es in Europa allenfalls noch in Irland. Dementsprechend ist es auch kein Zufall, dass das Team von der grünen Insel an diesem Abend bei der Abschiedsfeier gleich mit sechs Athleten dabei ist. Plus drei Betreuerinnen. Barbara Cahol ist eine davon. 20. O-Ton A: (Cahol) "Within Irland: We were very lucky: We hosted the Special Olympics World Summer Games in 2003." Ü: Wir haben in Irland wirklich Glück gehabt: Wir waren 2003 Gastgeber der Sommerspiele der Special Olympics. Das gesamte Land stand hinter uns. Jeder noch so kleine Landkreis wollte dabei sein. Diese Euphorie hat dafür gesorgt, dass ein großangelegtes Programm für behinderte Sportler auf den Weg gebracht wurde. Wir sind da führend in Europa. Wir haben fünf Regional-Büros und über 400 Vereine, wo Behinderte und Nicht-Behinderte zusammen Sport treiben. Unser Komitee unterstützt über 4000 Athleten. Also: Wir haben wirklich Glück - auch wenn der Staat uns wegen der Wirtschaftskrise die Mittel gekürzt hat. Aber uns geht es immer noch verhältnismäßig gut. Deshalb unterstützen wir auch andere europäische Länder, die noch nicht so weit sind wie wir, damit sie ähnliche Programme entwickeln können. E: "...in giving them advice as much as we can - to develop their programs." Autor Für das irische Team war die Woche in Murau etwas Besonderes. Berge gibt es in Irland keine, also auch keine Skipisten, wo die behinderten Skifahrer trainieren könnten. Barbara Cahol hebt die Hände. So ganz stimmt das nicht. Im Sommer trainieren sie auf Trockenpisten. Doch natürlich sei das kein Vergleich zu "the real thing" - dem Training auf echtem Schnee; auf einer echten Piste; noch dazu unterstützt von speziell geschulten Skilehrern. Die Frau mit dem kurzen, blonden Haar blickt im holzvertäfelten Clubraum nach links - zu einer Gruppe junger Skilehrer. Alles Studenten von Rolf Blankes alter Universität in Halle. Sie unterrichten die Behinderten nach der "Free Motion"- Methode. Kommt gut an, meint Cahol. Gerade bei Autisten. 21. O-Ton A: (Cahol) "If you and I were given instructions to do something we would put our own little slant on it." Ü: Wenn uns jemand etwas erklärte, würden wir es nicht Eins-zu-eins umsetzen, sondern dem ganzen unsere persönliche Note geben. Das ist bei Athleten mit geistiger Behinderung anders: Sie nehmen die Information auf und halten sich strikt an das, was man ihnen sagt. Oft lernen sie deshalb schneller als Sie oder ich. Einer unserer Athleten zum Beispiel: Stuart. Er ist Autist. Er verarbeitet jede Information absolut methodisch. Und sie sollten ihn jetzt mal auf der Piste sehen: Er gleitet den Abhang herunter: Wahnsinn! Dabei ist er absoluter Anfänger. Aber er war großartig; einfach großartig. Wegen seiner Behinderung. E: "Absolutely fabulous. And that's because of his disability." 5. Atmo (Unterhaltung, Frau fragt: "You are leaving? Good bye! (Mann) Good bye. (Frau) Good bye. Thanks again. (Unterhaltung) Regie: Frei stehen lassen und bei zweiten Unterhaltung unter Autor blenden Autor Aufbruch-Stimmung: Die letzten Athleten samt ihrer Betreuer haben ihre Sachen gepackt, draußen warten schon die Busse, die die Teams von Murau nach München oder Salzburg bringen, zu den nächstgelegenen Flughäfen. Zeit auch, für Heinz Petanjek aufzubrechen. 22. O-Ton (Petanjek) "Wenn ich helfen kann, mache ich das gerne. Und da war das erste Erlebnis, wo ich mir gedacht habe: Ist das schön! Ich hab mit denen gearbeitet. Und wenn ich was vorgeschlagen habe, waren die mit Begeisterung dabei. Haben rasche Erfolge gehabt. Und waren dann dankbar. Begeisterung und Dankbarkeit. Und seither machen wir das." 6. Atmo (Klacken von Skiern, Atmo von Skipiste) Autor Ein neuer Tag - die gleichen perfekten Ski-Bedingungen. Die Sonne: Scheint auch heute; die Pisten: Strahlend weiß wie gehabt. Seit zwei Stunden sind Heinz Petanjek und Rolf Blanke auf den Beinen. Immer die gleiche Routine: Frühstück um acht, in ihrem Hotel direkt am Hang, in dem die halbe EU als Service-Personal herumwirbelt und die Dame des Hauses das Sagen hat. Was man nicht nur an ihren Kommandos erkennt, sondern auch an gefühlt dreißig Fotos, auf denen sie und ihr Mann zusammen mit einem wahlweise deutschen oder österreichischen Promi zu sehen sind. Viertel vor neun Aufbruch, bis zur Talstation des Sessellifts sind es keine fünf Minuten. Wenn die Schlange nicht zu lang ist, sind die zwei Skiverrückten, die schon mal identisch-aussehende Skianzüge tragen, um neun oben. Am liebsten in Begleitung ihrer Schüler. Von drei bis 73 Jahren war schon alles dabei, sinniert Petanjek, von dem sie in Flachau sagen, es gebe kaum jemanden, der die Pisten so elegant herunterwedele wie er. Der Gelobte zupft an seinem Ski-Anzug, einem neongelben Hightech-Modell aus den USA. Ist ihm unangenehm - diese Lobhudelei. Und außerdem: Viel lieber wäre es ihm, wenn seine Österreicher ihn und seine "Free Motion"-Methode endlich voll und ganz akzeptierten. Dass er das Skifahren "revolutionieren" will, hat ihm in der Skifahrer-Nation nicht nur Freunde gemacht. Der österreichische Ski-Verband ÖSV ist erfolgreich; zu erfolgreich, sagen einige hinter vorgehaltener Hand. 23. O-Ton (Petanjek) "Ich war ja auch dabei und habe geholfen (lacht) Gold-Medaillen zu produzieren. Wir waren ja seinerzeit sehr erfolgreich. Haben also die Ära Toni Seiler wieder aufleben lassen, mit den Erfolgen. Natürlich! Die haben ihre eigene Ausbildung, die universitär gesteuert ist. Da wird nichts aufgenommen." Autor Schon gar nicht Petanjeks Trainings-Methode. Das hat Folgen. Ohne das OK des allmächtigen ÖSV schrecken die meisten Ski-Schulen der Alpenrepublik davor zurück, "Free Motion" ins Angebot zu nehmen; als Alternativ-Methode zur herkömmlichen. Flachau ist da keine Ausnahme. Die 2700 Einwohner zählende Gemeinde hat sechs Skischulen. Die bekannteste ist die von Hermann Maier, dem einheimischen Olympiasieger. Auf inzwischen vier Filialen hat es der "Herminator" gebracht. "Herminator" in Anspielung an Terminator Arnold Schwarzenegger. Ums Tagesgeschäft kümmert er sich kaum. Das überlässt er seinem Bruder Alex, einem ehemaligen Profi-Snowboard-Fahrer. Die Maiers geben in Flachau den Ton an. Gut fürs Image der Ski-Region, die kaum eine Gelegenheit auslässt, mit ihrem berühmtesten Sohn zu werben; nicht ganz so gut für jemanden wie Heinz Petanjek, wenn sich die Brüder Maier zwar "interessiert" zeigen an "Free Motion" - die Methode aber lieber doch nicht ins Repertoire aufnehmen - wie viele andere. 24. O-Ton (Petanjek) "Das war ein Kriterium zum Beispiel, dass sie sagen: Ja, dann lernen die Leute zu schnell Skifahren. Ja. (lacht) Wer möchte nicht schnell Skifahren lernen. Aber es ist: Skifahren und Skifahren ist a Unterschied. Die Qualität, die wir anbieten, ist eine komplett andere; wirklich dieses Gleiten auf den Kanten; das Fahrgefühl; die Harmonie in den Bewegungen." 25. O-Ton (Huttdecker) "Prinzipiell: Sachen, die neu sind und neuartig sind: Es ist immer klar, dass die im ersten Moment abgelehnt werden." Autor Christian Huttdecker weiß, wovon er spricht. Schließlich hat er in seinen neun Jahren als Filialleiter des größten Flachauer Sportgeschäfts schon ein ums andere Mal erlebt, wie schwer es neue Produkte haben, ins Sortiment aufgenommen- und dann auch noch vom Publikum akzeptiert zu werden. Im Grunde genommen ist es bei "Free Motion" genauso. 26. O-Ton (Huttdecker) "Aber man soll es vorher nicht verurteilen, sondern erst Mal eine Meinung bilden. Ich war es immer gewöhnt, mit längeren Skiern zu fahren. Ich war zuerst skeptisch und bin dann die erste Abfahrt gefahren. Und für mich war sofort klar, dass es für mich ein neuartiges Gefühl war. Das ganze Erleben. Du hast eine extrem schnelle Rückmeldung. Ich habe ganz andere Möglich- keiten gesehen. Und das erste Mal hätte ich es nicht in Worte fassen können." Autor Überwältigt ist Huttdecker auch jedes Mal aufs Neue, wenn er seiner zweiten großen Sport-Leidenschaft frönt: Dem Bergsteigen. 27. O-Ton (Huttdecker klickt auf Bild auf Computer) "Das ist die Hohe Wand. Des ist mein Heimatberg, wo ich herstamme. Da drüben geht's zum Großglockner. Das ist ungefähr die Richtung raus. Du schaffst es nicht, wenn du dann auf einem Gipfel bist, an ein Problem zu denken." Autor Wie etliche Wintersportgebiete in Österreich lebt Flachau von und für den Skisport. Der Ort lässt sich das einiges kosten. Gerade erst wurde der "Achter- Jet", die Seilbahnanlage, modernisiert - für fünf Millionen Euro. Rund 230 Schneekanonen sorgen dafür, dass die Pisten auch dann zu befahren sind, wenn draußen anstatt Minusgraden frühlingshafte Temperaturen herrschen. Ökologisch mag das zwar langfristig wegen der dafür benötigten Riesen- Wassermengen fragwürdig sein: Kurzfristig aber sorgt die künstliche Schneepracht dafür, dass die Kasse klingelt. Bettina Plank - Flachaus Frau für Marketing und Skiverrückte - kann das nur recht sein. 28. O-Ton (Plank) "Mich haben sie mit drei Jahren auf die Ski gestellt, vor die Garage. Haben's mich a bissl angeschubst. Dann bin ich drei Mal hingefallen. Wieder aufgestanden. Und (lacht) das war der Beginn meiner Skifahr-Karriere. (lacht) Hinter unserem Haus war ein Übungslift. Da ist es dann weiter gegangen. Und dann mit sechs Jahren ist man dann gleich raufgefahren auf den Berg. Und dann anschließend war eigentlich so typisch für uns, dass man in späterer Folge dann die Skilehrer-Ausbildung macht." Autor Von Dezember bis Ende März dauert die Ski-Saison. Wenn Ostern spät fällt, so wie dieses Jahr, auch schon mal bis in den April hinein. Danach wird wieder Ruhe einkehren in den Skiort, der zur Hochsaison fast vier Mal so viele Gäste beherbergt wie Einheimische. Dann wird auch Bettina Plank wieder mehr Zeit finden, Ski zu fahren. Im Winter ist das nur an den Wochenenden drin. Natürlich hat auch sie schon von "Free Motion" gehört. Ihren Stil habe sie zwar nicht geändert. Weil: Dazu sei sie schon zu alt, meint die Anfang 30jährige lachend. Doch fahre sie neuerdings mit kürzeren Skiern. Und dem passenden "Free Motion-Ski-Schuh". 29. O-Ton (Plank) "Man ist viel schneller in diesem Schuh drinne. Ich schaff es in 30 Sekunden. Man hat mir gesagt, dass es manche in 20 Sekunden schaffen. Ich bin a bisschen langsamer, ich schaff's in 30 Sekunden." Autor 20 bis 30 Sekunden fürs An- oder Ausziehen: Bei normalen Skischuhen kann man davon nur träumen. Doch beim "Free Motion"-Schuh ist das anders. Wo herkömmliche Schalenschuhe hart und schwer sind, schwärmt Vertriebsleiter Erich Schlaminger, ist der Free Motion-Schuh weich und leicht. 30. O-Ton (Schlaminger) "Wir haben mit unserem Ski-Schuh die Möglichkeit geschaffen, sich frei bewegen zu können. Auch im Ski. Und im Schuh, mit den Füssen hat man nicht mehr diese fixe Positionierung, wo man eingeklemmt ist. Sondern man hat auch Bewegungsfreiheit im Schuh, mit den Zehen. Das heißt, die Durchblutung des Fußes ist mit unserem System um einiges besser." Autor Entwickelt hat den Free Motion-Schuh Kurt Hilgarth, einer der bekanntesten Tüftler von Wintersportgeräten in Österreich. Dass der Schuh genauso heißt wie die Trainings-Methode von Heinz Petanjek ist kein Zufall. Beide Männer sind befreundet. Der Ex-Trainer der österreichischen Herren-Ski- Nationalmannschaft hat mit am Schuh getüftelt, der genau das ermöglichen soll, was ihm immer schon vorschwebte: Maximale Bewegungsfreiheit auf der Piste. Petanjek war eine große Hilfe, meint Erich Schlaminger. Allein schon wegen seines großen Erfahrungsschatzes als jemand, der weiß, welches Verletzungsrisiko das Skifahren birgt. 31. O-Ton (Schlaminger) "Die Geschichte mit den Knien, ja?! Wenn du einen Sturz hast: Mit Hartschalen-Ski-Schuhen, wo du richtig reingepresst bist: Das erste bewegliche Teil ist dein Knie. Und somit auch die Bänder. Kreuzbänder, Seitenbänder sind da sehr belastet. Wo bei unserem Schuh das eigentlich reduziert worden ist, das Risiko der Verletzung. Weil eben dieses Sprunggelenk frei beweglich gehalten wird." Autor "Die Skischuh-Revolution" - mit diesem Slogan werben die Hersteller des "Freemotion Schuhs" für ihr Produkt. Doch das mit Revolutionen ist nicht nur in der Politik, sondern auch im Skisport so eine Sache. 32. O-Ton (Schlaminger) "Unsere aktuellen Mitbewerber - die schauen schon mit Argusaugen, was hier passiert. Wie Free Motion, diese Innovation, auch am Markt positioniert wird. Und wie auch die Endkunden, sprich die Skifahrer darauf reagieren." 9. Atmo (auf Piste aufgenommen) (Blanke) "Und weiter! Schön rum bleiben! Rumziehen! Kopf hoch! Lächeln! Locker sein!..." Regie: Nach "locker sein unter Autor blenden) Autor Es ist später Nachmittag geworden. Den ganzen Tag sind Heinz Petanjek und Rolf Blanke fast pausenlos Ski gefahren. Ihre Schüler seien anfangs immer etwas verwundert, sinniert Heinz Petanjek am Rande der Piste; dass zwei reifere Herren jenseits der 60 es konditionell immer noch mit 20jährigen aufnehmen könnten. Für den "Ski-Revoluzzer" alles eine Frage der richtigen Technik. Und der richtigen Einstellung; besonders der musikalischen. 33. O-Ton (Petanjek) "Ein Musiker macht nicht Musik, sondern muss die Musik sein. Und so ist es bei uns auch: Wir sind einfach die Abfahrt. Wenn du zu dieser Melodie, zu dieser Harmonie dieser Melodie fährst, dann bewegst du dich nur und du brauchst an nichts anderes zu denken. Und auf einmal kommt man drauf: Ja! Ich brauch mich ja gar nicht mehr anzustrengen. 1