Deutschlandradio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Die Ottonen kommen - Magdeburg, eine Imagekampagne und überraschende Forschungsergebnisse - Autor Michael Frantzen Red. Claus Rehfeld Länge 18'40" Sendung 28.06.11 - 13.07 Uhr Produktion 24.06.11, ab 17.30 Uhr Regie Klaus Michael Klingsporn Moderation Lange war nicht nur Sachsen-Anhalt auf der Suche nach einer Identität, auch Magdeburg stocherte da und dort herum, fragte sich: Wer bin ich? Das Rätselraten hat nun ein Ende und OTTO ist der Anfang. Otto-Stadt Magdeburg - mit einer richtigen Ottostadt-Website. Ja, mit den Ottonen soll nun alles besser werden. Noch lebende (!) Nachfahren, also namenstechnische Nachgeborene, werden deshalb am 1. Juli aus der ganzen Republik in die Landeshauptstadt gekarrt. Ich bin ein Otto - dieser Ruf wird über die Stadtgrenzen hinaus in ganz Deutschland zu vernehmen sein. 3 Tage lang. Rechtzeitig ging Michael Frantzen deshalb schon mal der Frage nach, welche Spuren denn nun die Ottonen in Magdeburg hinterlassen haben? Überraschende Erkenntnisse eingeschlossen. - folgt Skript Beitrag - - Skript Beitrag- E 01 (Pape) "Also, ne Otto-Tour gibt's auch. Vielleicht ist das ja was für sie?" E 02 (Neßler) "Was denn jetzt für nen Otto?" AUT Otto der Erste. Herzog von Sachsen; König des Ostfrankenreiches; Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Summa summarum: Otto der Große. E 03 (Koch) "Da spielen wir wirklich Champions-League in dem Bereich." AUT In Magdeburg. Die ist jetzt ganz offiziell "Otto-Stadt". E 04 (Neßler) "Man spricht mittlerweile davon, dass die Stadt irgendwie ottorisiert wird." E 05 (Schönfeld) "Grad aus dem westdeutschen Bereich: Die kommen her und sind völlig baff." AUT Kann man wohl sagen. Gibt nämlich einiges zu entdecken. E 06 (Pape und Co) (Pape) "Laufen wir los? (Mann) Dann mal los! (Pape) Laufen wir in die Richtung, würd ich sagen. (Mann) Gut." (Unterhaltung, Laufgeräusche) Regie Frei stehen lassen und bei Laufgeräuschen unter O-Ton blenden E 07 (Klocke) "Ich denke schon, dass Magdeburg mit diesem Pfund des Mittelalters unbedingt wuchern soll." AUT Im "Aloria" wuchert es schon ganz gewaltig. Zwar ist der Laden in einem der frisch renovierten stalinistischen Monumentalbauten der Innenstadt untergebracht: Doch mit Stalin und Co hat Inhaber Dirk Klocke nichts am Hut. Mit Otto schon eher. E 08 (Klocke) "Wir machen diesen Mittelalter-Handel. Bei uns heißt das: Otto rüstet sich!" AUT Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. E 09 (Klocke) "Ich bin ein Sergeant der Tempelritter. Und habe dann eine schwarze Rüstung, eine schwarze Gewandung mit einem roten Kreuz und Schild dazu. Speer. Und Schwert." AUT Zehn, 15 Mal im Jahr macht Klocke "Urlaub vom Alltag" - und holt seine "Montur" aus dem Rüstungskeller, um in seine "ottonische Identität" zu schlüpfen. Hauptsächlich bei Mittelalter-Festivals, manchmal aber auch bei der Arbeit. E 10 (Klocke) "Diesen Mittelalter-Markt, den wir betreiben...dazu gehören: Getränke, Met, Weine in Amphoren-Flaschen. Trinkhörner. Und die Gewandung natürlich dazu: Schwerter, Schilder, Schmuck und Keramik. Also, alles, was das Herz begehrt." AUT Düster ist es im "Aloria". Muss aber so sein. Doziert Sergeant Klocke. Zu Ottos Zeiten hatten sie schließlich auch nur maximal Kerzen. Das mit der Authentizität ist dem Anfang Vierzigjährigen, der in Form eines "Burgfräuleins" die passende Frau zum Hobby hat, wichtig. Bei den Stiefeln, bei der Musik; bei der Kleidung. E 11 (Klocke) "Im 10. Jahrhundert, wo Otto zugegen war, sah die Kleidung natürlich anders aus als im Hochmittelalter, im 12., 13. Jahrhundert. Von daher haben wir auch Produkte, die ganz einfach genäht sind. Mit einfachen Borden, einfachen Stoffen gefärbt wurden. Na, sie sehen ja selber: Die sind sehr schlicht im Schnitt. Die sind meistens aus zwei Farben." AUT Gut 50 Euro kostet das Kleid für "sie". "Er" kommt billiger weg. 30 Euro für ein Leinenhemd. Solide Handarbeit. Und garantiert made in Germany. E 12 (Klocke) "Das ist natürlich nen ganz tolles Tragegefühl. Wir haben hier zum Beispiel...das ist unser Favorit...(Klacken des Kleiderständers)...den hab ich auch selber unter meinem Kettenhemd. Und sie sehen hier: An der Seite - das ist wie aufgeschnitten, das Hemd. Es ist total verschnürt. Und wenn man die Verschnürung aufmacht, dann weht sozusagen die Luft durch dieses Hemd und führt sogleich zu einer Art Klimaanlage." A 01 Glocken des Doms Regie Schon unter letzten O-Ton blenden, frei stehen lassen und dann unter O-Ton blenden E 13 (Puhle) (Laufgeräusche) "Gehen wir rein! Mal sehen." (Tür geht auf) (Dom von innen, Hall) (Tür fällt zu) (Gemurmel)." Regie Frei stehen lassen und dann unter Autor blenden AUT Auf einem Mittelalter-Trip ist auch Matthias Puhle - von Berufswegen. Auch so eine Wahl-Ottone. Kurz nach der Wende wagte der promovierte Historiker den Sprung von West nach Ost - und machte die Magdeburger Museen sattelfest für die neue Zeit; die kapitalistische. Zwanzig Jahre später ist Puhle nicht nur Vorsitzender des Museumsverbands Sachsen-Anhalt und Träger des Bundesverdienstkreuzes, sondern auch DER Kenner von Otto. Dem Großen. E 14 (Puhle) "Otto Magnus Imperator, kann man da lesen, liegt hier begraben. Das ist ein einfaches, schlichtes Grab, wie es im 10. Jahrhundert üblich war. Aus Muschelkalk, darüber eine Marmorplatte. Und wir sehen, dass dieses Grab auf dem Boden steht." AUT Sind sie mächtig stolz drauf. In Magdeburg. Dass der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im Dom begraben liegt. Samt Gattin. E 15 (Puhle) "Edita ist, wie wir jetzt inzwischen wissen...da waren wir ja lange im Zweifel, im Chor-Umgang. Also einige Meter hinter dem Altar. Aber auch nicht weit weg von ihrem Gatten. Ein Thronfolger musste damals wie heute politisch heiraten. Und hatte gewissermassen nur einen engen Spielraum, innerhalb dieser zur Verfügung stehenden Prinzessinnen dann jemanden zu suchen. Aus dieser Eheschließung ist doch ein glückliches Paar hervorgegangen. Wir sehen doch deutlich, dass Otto der Große sehr lange getrauert hat, nach dem Tod seiner Frau. Er hat ja erst fünf Jahre später wieder geheiratet." E 16 (Nitsche) "Wir haben diese Identifikation festgestellt, als damals das Grab von Königin Edita entdeckt worden ist. Und der Leichnam....ja, zunächst einmal zu Untersuchungen nach Halle gebracht worden ist. Das hat hier zu einem mittleren Aufruhr geführt. Da hat man schon gesehen: Das empfinden die Magdeburger, als nähme man ihnen ein Stück Geschichte weg." AUT Allen voran Rainer Nitsche, seines Zeichens Magdeburgs Wirtschaftsbeigeordneter. Es gibt nicht wenige in der "Otto-Stadt", die meinen, das mit dem "Otto" sei auf seinem Mist gewachsen. E 17 (Nitsche) "Hm. Das wäre vielleicht etwas übertrieben. Ich hatte die Aufgabe, der Stadt ein neues Image zu geben. Ein neues Logo. Eine neue Identität. Ein neues Corporate Design. Wir haben die Agentur ausgesucht; die Kampagne gestartet. Gegen zunächst einmal erheblichen Widerstand. Oder Unzufriedenheit; Unwissen auch. Diese Widerstände galt es schon zu überwinden. Und das möchte ich schon mir in der Tat persönlich zu einem Teil zurechnen, dieser Kampagne zum Erfolg verholfen zu haben." AUT Otto der Große, ist historischen Quellen zu entnehmen, leidet zu Lebzeiten nicht gerade an mangelndem Selbstbewusstsein. Und Durchsetzungsvermögen. Die eigenen Brüder, der eigene Sohn: Werden abserviert; die Ungarn 955 auf dem Lechfeld besiegt. E 18 (Nitsche) "Otto hat Erfolg." AUT Wenn man so will, sind sich Otto der Große und Rainer Nitsche nicht ganz unähnlich. Sieht man einmal davon ab, dass sich der Ottonen-Kaiser noch nicht den Kopf zerbrechen musste über sein "corporate design", kurz: CD. Auch Nitsche kann austeilen. Und einstecken. "Otto muss rechnen", höhnte die tonangebende "Magdeburger Volksstimme" Ende letzten Jahres, als sich herausstellte, dass der Wirtschaftsbeigeordnete das Volumen seiner "Ottostadt- Kampagne" 2010 um 100.000 Euro überschritten hatte. Otto-Hinweisschilder, Otto-Poster, mehrere Stockwerke hohe Otto-Plakate - "Otto sagt Hallo", "Otto hebt ab", Otto dies, Otto das. Das ging ins Geld. Nitsche sass die Kritik aus - genau wie den Vorwurf, warum er denn mit Scholz and Friends ausgerechnet eine Berliner Werbeagentur beauftragt habe, die Kampagne auszuarbeiten - und keine Magdeburger. Was für eine Frage?! Magdeburgs Mann für die Finanzen schüttelt den Kopf. Natürlich weil sie die besten waren. Die professionellsten; die unkonventionellsten. E 19 (Nitsche) "Zunächst einmal dachten viele, wir würden jetzt Magdeburg als Elbe- Stadt, als Domstadt, als grüne Stadt, als Wissenschafts-Stadt mehr hervorheben wollen. Aber wir haben uns ganz bewusst von solchen 0-8-15 Slogans abgesetzt. Und haben versucht, Alleinstellungsmerkmale zu entdecken. Haben damit provoziert. Und haben allein schon durch die heftige Diskussion, die darüber entstanden ist, in den ersten Monaten, dieses neue CD, diese neue Dachmarke, diese neue Kampagne, überhaupt bekannt gemacht." E 20 (Schönfeld) "Man hat dieses Logo genommen: Was braun, beige aufgebaut ist. Aber ihm fehlt der Witz. Also, man muss sich auch selber nen bisschen auf die Schüppe nehmen können, glaube ich. Wenn man sich schon Otto-Stadt nennt. Man muss sich auch zum Otto machen können." AUT Findet Dirk Schönfeld, ein Mann Mitte dreißig, der im Windschatten des Doms seinen Souvenir-Laden betreibt - und nicht so richtig mitmachen will beim "Otto- Hype", wie er das nennt. Schönfeld hat T-Shirts mit dem Dom im Sortiment, DVDs zur Stadtgeschichte, den berühmten Magdeburger Halbkugelversuch in Miniatur-Format: Nur "Otto-Merchandising-Produkte" sucht man bei ihm vergeblich. Sind ihm zu "piefig". Besucher, die etwas mit "Otto" drauf haben wollen, schickt er zur Touristeninformation auf der anderen Seite des Domplatzes. Dabei könnte alles so einfach sein. Dirk Schönfeld hat nämlich eine Idee. E 21 (Schönfeld) (Lacht) "Otto Waalkes war mal zum Gastspiel in Magdeburg. Der hat bei uns in der Zeitung ne witzige Zeichnung hinterlassen: Quasi das Stadtwappen, was ja aus ner Burg besteht, wo ne Jungfrau mit einem Kranz drauf is. Und der hatte den Ottifanten mit dem Kranz drauf. Das fand ich witzig. Und dann hat er nur "Otto-Stadt" drunter geschrieben. So was könnte man..." AUT Mal besser sein lassen. Olaf Ahrens, der Geschäftsführer vom Stadtmarketing Magdeburg, hebt die Hände. Alles, nur das nicht! Er habe ja gar nichts gegen Otto Waalkes, sprudelt es aus dem Werbemann heraus, aber einen Ottifanten als offizielles Logo der Stadt - das gehe nun mal gar nicht. Ist ja auch nicht so, dass sie keinen Humor haben. Die Ottonen des 21. Jahrhunderts. E 22 (Ahrens) "Man arbeitet ja immer mit Otto. Und dann tut Otto irgendetwas, ja?! Zum Beispiel: Otto trifft Otto. Beim Otto-Treffen. Oder: Otto singt. Oder neulich hab ich nen kleinen Zettel gefunden: Otto ist schwul. Gut, nicht jeder Otto. Aber: Es kann angepasst werden an jedes Bedürfnis." AUT Von "Bedürfnissen" versteht Olaf Ahrens eine ganze Menge. Besonders denen des Stadt-Marketings. Otto kann perspektivisch nämlich nicht nur schwul sein, sondern auch ganz doll knuddeln. E 23 (Ahrens) ""Otto knuddelt" ist einfach unser kleiner Teddy-Bär, der auf seinem Pullover diesen Slogan trägt." AUT Ist nicht allein auf weiter Flur - der Ottonen-Bär. Hat nämlich noch eine stoffgewordene Gefährtin. E 24 (Ahrens) "Die Magdeburger Jungfrau ist so was wie unser Maskottchen. Es ist natürlich eine Legendenhafte Figur, die man hier im Wappen der Landeshauptstadt Magdeburg seit Jahrhunderten findet. Es ist so, dass wir mit dieser Magdeburger Jungfrau auch im Marketing natürlich arbeiten. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit für Reisende sich von der Magdeburger Jungfrau begrüßen zu lassen: Mit Brot und Salz." AUT Wie zu ottonischen Zeiten. E 25 (Ahrens) "Wir haben eine Amtierende, wie analog einer Weinkönigin sozusagen...haben wir eine amtierende lebendige Magdeburger Jungfrau." AUT Lebendig. E 26 "Eine junge Dame, die wir einsetzen für Messen, für Promotion-Veranstaltungen oder Präsentationen. Die übrigens in diesem Jahr neugewählt wird. Also, man kann sich auch noch bewerben dafür." AUT Man. E 27 (Ahrens) "Im September wird diese Magdeburger Jungfrau dann neu gewählt." A 02 Glocke des Doms Regie Frei stehen lassen und dann unter O-Ton blenden E 28 (Neßler) "Da wurde natürlich viel diskutiert: Über Sinn und Unsinn einer Kampagne. Über Geldverschwendung. Und: Wir machen uns doch nicht zum Otto. Das haben sie ja sicherlich auch schon gehört." AUT Haben wir. E 29 (Neßler) "Ich heiße Dörte Neßler und ich bin Fachbereichs-Leiterin an der Volkshochschule. Natürlich bin ich irgendwo auch nen bisschen Otta. Ich nenn's jetzt einfach mal Otta. Oder Ottilie." AUT Dörte Schrägstrich Ottilie Neßler hat den Magdeburgern ihren Otto näher gebracht. Nicht nur den ganz Großen: In der Volkshochschule gab es gleich eine ganze Veranstaltungsreihe zu den Ottos dieser Stadt. Otto von Guericke war darunter, der berühmte Naturwissenschaftler und Bürgermeister aus dem 17. Jahrhundert; Otto Peters, ein Stadtrat aus dem 19. Jahrhundert, der viel für den sozialen Wohnungsbau tat; und: "Otto-Normalverbraucher". Letzterer erblickte 1948 im Film "Berliner Ballade" das Licht der Welt - passenderweise unter der Regie des Magdeburgers Robert Stemmle. Lauter Ottos. Die der Stadt an der Elbe zu etwas mehr Glanz verhelfen sollen. Hofft Ottilie. E 30 (Neßler) "Ich glaub, die Negativbilder sind schon so oft bemüht worden, dass man sie gar nicht mehr wiederholen möchte." AUT Über Magdeburg. Besonders zu DDR-Zeiten. E 31 (Neßler) "Das ist also: Arbeiter-Stadt. Trostlose Stadt. Nicht viel an Kultur. Viel zerstört." AUT Schade eigentlich! Jetzt ist Magdeburg zwar kein zweites Dresden, aber am Elb- Ufer lässt es sich spätestens seit der Internationalen Bauausstellung letztes Jahr fast genauso schön flanieren wie auf den Brühler Terrassen. E 32 (Puhle) (Spaziergang draußen) "Wir gehen gleich an einer neuen Ausgrabung vorbei, am sogenannten Sudenburger Tor. Da war die mittelalterliche Stadt Magdeburg an der Südseite zu Ende. Das hat man jetzt gefunden. Das wird jetzt wieder hergestellt - nicht im Ganzen, aber zumindest wird es so wiederhergestellt, dass man es als Bodendenkmal bewundern kann. Magdeburg ist ja sehr modern überformt. Zwei Zerstörungen: Im 17. Jahrhundert im Dreißigjährigen Krieg. Und im 20. Jahrhundert im Zweiten Weltkrieg. Und danach als moderne Stadt wieder aufgebaut. Da muss man, wenn man diese Mittelalter- Tradition und Geschichte wieder deutlich machen will, so ein wenig die Grenzen der Altstadt wieder deutlich machen. Dass man auf diese Weise als Magdeburger, aber auch als Gast hier sieht, wo die Altstadt zu Ende gewesen ist." AUT Den Magdeburgern ihre Tradition zurückzugeben, die ottonische: Matthias Puhle, der Zugezogene aus Braunschweig, hat einiges auf die Beine gestellt, um das hinzubekommen: Zwei große Ausstellungen zu Otto dem Großen; unzählige Vorträge; seit letztem Jahr lächelt der Historiker den Magdeburgern von Plakaten und Litfaßsäulen entgegen - als offizieller "Otto-Botschafter". Motto: "Otto macht Geschichte". Wird einfach unterschätzt - "sein" Magdeburg. Dabei gibt es etliche Pluspunkte hier. Die Sprache beispielsweise. Ottos Nachfahren, hat der Wahl-Magdeburger herausgefunden, lassen sich gut verstehen. E 33 (Puhle) "Also, ich glaub, linguistisch-germanistisch ist Magdeburg so nen bisschen an der Grenze zwischen dem Ostfälischen und dem Hochdeutschen. Und dann gibt's noch das ganz typische Börde-Platt, was einige hier wirklich in der Börde sprechen. Auch in Magdeburg gibt es das. Aber wie das so ist mit den Dialekten: Die sterben auch nen bisschen aus. Oder werden weniger. Also, es ist schon Hochdeutsch vom Grunde her. Aber doch sehr stark umgangssprachlich. Also, etwas verschliffen." AUT "Verschliffenes Hochdeutsch" sprechen sie auch an der "Otto von Guericke Universität" von Magdeburg. Bei Corinna Pape kommt das Deutsch sogar recht "ge-schliffen" daher. Die Mittdreißigerin ist Medien-Dozentin an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften - und als solche in der letzten Zeit tief abgetaucht in die Geschichte Magdeburgs. Das ganz große Programm: Einmal die Ottonen rauf und runter bis zu den Irrungen und Wirrungen des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit ihren Studenten hat sie nach Wegen gesucht, Magdeburgern und Besuchern gleichermaßen die Stadt-Geschichte schmackhaft zu machen. Herausgekommen ist laut eigenem Bekunden "Deutschlands erste interaktive Stadtführung." E 34 (Pape) "Wir versuchen wirklich auch, ganz klar, die Leute zu animieren und zu begeistern für ne ganz interaktive Gestaltung von Stadt-Kultur. Und das ist eben auch gelungen in diesem Amnesie-Projekt, indem Magdeburger aufgerufen wurden, ihre eigenen Geschichten miteinander zu teilen, genau dort, wo sie passiert sind. Mit Amnesie ist es tatsächlich gelungen, Magdeburger darauf aufmerksam zu machen, dass Geschichte blitzartig und Erinnerungen blitzartig wieder erscheinen. Das ist auch in der Struktur, dieser mobilen Software, gegeben, wenn sie da an eine Location laufen und da ankommen und da plötzlich etwas auf ploppt, ja?! AUT Auf ploppt?! E 35 (Pape) "Ein Video, ein Foto, ein Text." AUT Über Edita. Oder Otto den Großen, dessen Leichenzug 973 dreißig Tage im Reich unterwegs war, ehe seine sterblichen Überreste in den Magdeburger Dom überführt wurden. E 36 (Pape) "Also dazu brauchen sie schon ein Smart-Phone, um die Otto-Tour mitzumachen." AUT Ein "Smart-Phone"?! Haben wir leider nicht. Wird es also nichts mit der digital- ploppenden Otto-Tour. Dann lieber noch mal zurück ins "Aloria" - zum Sergeanten der Tempelritter. Der hat nämlich nicht nur ottonisch-angehauchte Hemden mit eingebauter Klimaanlage im Sortiment, sondern auch Hochprozentiges von anno dazumal. E 37 (Klocke) "Met! Natürlich unbedingt Met. Met is eigentlich ein Honigwein, wenn man's ganz genau sieht. Kühl und warm getrunken sind die ganz hervorragend. Also, von Pflaume, Bratapfel, Kirschwein, was immer sehr gut angenommen wird, sind so ne Erdbeer-Weine. Die klassischen Met-Sorten. Aber wir haben zum Beispiel auch hier: Dieser Met heißt Elfen-Zauber. Da hat man ne Vanille-Schote mit drinne. Und das gibt natürlich einen pikanten Vanille-Geschmack. Hier zum Beispiel: Auch sehr oft genommen: Tannen-Honig. Also, ein sehr kräftiger Met. Hat ungefähr die Prozentzahl von Wein, aber trinkt sich etwas flüssiger. (lacht) Macht also auch nich so nen Kopf nach einer Flasche, am nächsten Morgen." AUT Magdeburgs Ottonen haben nicht nur kulinarisch einiges zu bieten. Auch historisch sind sie an der Elbe ganz weit vorne. E 38 (Klocke) "Das Magdeburger Recht von Eicke von Repkow. Ganz doll wichtig. Wurde im Mittelalter bis weit in den Osten, bis hinter Moskau, getragen. Alle bedeutenden Städte im Osten, ob Thorn, ob Königsberg, haben das Magdeburger Recht übernommen." AUT Reiselustig waren sie immer schon: Die Ottonen. Otto den Großen hat es auf seinen Expansionszügen bis ins Burgund und nach Italien getrieben. Konflikte mit dem Schwert zu lösen - nach heutigen Maßstäben nicht unbedingt nachahmenswert. Und doch findet Matthias Puhle, dass Otto und Co auch heutzutage wenn nicht als Vorbilder taugen, dann doch als Fixpunkte. E 39 (Puhle im Dom) "Inzwischen sehen wir, dass es wichtig ist in dieser globalisierten Welt; auch Europa, was immer größer und unübersichtlicher wird...dass die Menschen wenigstens die Möglichkeit haben, sich in ihrer Region zu verordnen. Also, dafür ist es wichtig, dass man solche großen Persönlichkeiten, die ja auch europäische Geschichte geschrieben haben, auch tatsächlich verehrt; verehren kann. Dass man ihre Orte aufsuchen kann. Dafür ist es sehr wichtig, dass wir heute wissen, dass dieses Prachtgrab von 1510 für die Edita kein leeres Grabmahl ist, sondern ihre sterblichen Überreste tatsächlich drin liegen." AUT Davon können sich auch die Ottos der Republik überzeugen. E 40 (Ahrens) "Otto trifft Otto. Das kann man von vorne wie von hinten lesen. Kurz und prägnant." AUT Kommt einiges zu - auf Magdeburg. E 41 (Ahrens) "Vom ersten bis dritten Juli. Zum großen Otto-Treffen. Man könnte sagen: Zum größten Otto-Treffen aller Zeiten." AUT Otto als Nachname, Otto als Vorname: Hauptsache Otto. E 42 (Ahrens) "Natürlich haben wir Otto Waalkes angefragt. Nur: Wir gehen davon aus, aufgrund des dichten Terminkalenders, dass wir ihn nicht unbedingt bekommen werden an dem Tag." AUT Macht aber nichts. Denn eines ist klar. In Magdeburg. E 43 (Ahrens) "Wir sind Otto. Wir sind die Otto-Stadt." E 44 (Neßler) "Da kannste nich meckern." E 45 (Koch) "Nehmen sie mich beim Wort. Und Danke für das Interesse. (Pape) Vielen Dank. (Koch) Tschüss. (Pape) Tschüss. (Koch) Tschau! (Geht weg) Regie Frei stehen lassen und dann langsam ausblenden -ENDE Beitrag-