COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Die Kleine Sprachgeschichte. Sorbisch Oder: Warum die da so anders sprechen Autor Matthias Biskupek Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 26.7. 2012 - 13.07 Uhr Länge 16.41 Minuten Autor, Atmo, O-Töne autorisierte Fassung vom 26. Juli 2012 Moderationsvorschlag Ist denn hier schon Polen? fragen sich manche Touristen, so sie einen Sorben hören, also einen Nachfahren jener slawischen Stämme, die vor über 1.500 Jahren in das damals fast menschenleere Gebiet zwischen Rügen und Ostthüringen einwanderten. Die Völkerwan- derpfade sind nicht mehr sichtbar, wiewohl Ortsnamenschilder da und dort noch davon künden. Eine Sprachinsel auf dem Festland ist geblieben, eine der vier anerkannten Min- derheitensprachen in Deutschland hörbar. Sorbisch. Matthias Biskupek ging der Frage nach, warum die da so anders sprechen. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag E Atmo Kneipe (sorbisches Sprachgemurmel, darauf): AUT Wir sind mitten in Deutschland, mitten in Bautzen, mitten in der Gaststätte "Wjel- bik", zu deutsch "Gewölbe". In einer Stadt, in der man in der Touristinformation auch so begrüßt wird: E 02 dobry Dobry den - wutrobnje witamy. AUT Guten Tag, wir sind herzlich willkommen. Ebenso in der sorbischen Buchhandlung. E 02A Tu smy w Smolerjec kniharni. Je to jenicka serbska kniharnja w Nemskej. A poskicamy tu serbske knihi serbskich awtorow, ale wezo tez nemske knihi serbskich awtorow. AUT. In der gibt es also Bücher sorbischer Autoren auf sorbisch und deutsch, aber auch sorbische Übersetzungen deutscher Autoren. Wir sind in einer Region, in der man einst überhaupt nicht deutsch sprach. Wie Professor Scholze weiß. Wir besuchen ihn an seinem Schreibtisch. Der steht im Serbski Institut, im Sorbischen Institut in der Bahnhofstraße, der Dwórniscowa zu Bautzen, also in Budysin. E 03 Erster Sorbe Der erste Sachse war ein Sorbe. Das stand als Überschrift über der ersten Landesausstellung im Kloster Marienstern. Und das ist auch eine Tatsache. Nachdem nämlich hier bis etwa 400 germanische Stämme wie die Burgunder abgewandert waren, sind dann nach 600 - heute sagen manche auch erst später, nach 700 - slawische Stämme, Familien, Sippenverbände, eingewandert aus dem Osten. AUT Die einst hämische westdeutsche Bezeichnung für die DDR - ein Land zwischen Deutschland und Polen - hat also ihren historischen Hintergrund. E 04 Ehem DDR Die ganze ehemalige DDR ist im Grunde ursprünglich von Slawen besiedelt gewesen, deshalb sind ja auch 40 % der Ortsnamen slawischer Herkunft, wenn man sie sich ansieht, in Mecklenburg genauso wie in Sachsen oder auch in geringerem Ausmaß in Thüringen. AUT Die stammen aus einer Zeit, als heutige Landes- gar Staatsgrenzen noch kaum existierten. E 05 nie Staat Wir gehen in unseren historischen Darstellungen davon aus, dass diese slawischen Stämme, diese Sippenverbände, die nie einen eigenen Staat gebildet haben, die ersten 300 Jahre ungestört untereinander leben konnten. Dann aber kam im zehn- ten Jahrhundert die deutsche Ostexpansion. Das fränkische Reich bewegte sich über die Saale hinweg nach Osten und fand dort also slawische Besiedlung vor, es wurden Militärstützpunkte eingerichtet, wie etwa in Bautzen die Ortenburg und die Slawen gerieten allmählich in die Defensive. AUT Eine Defensive, die allerdings nie zur Kapitulation, zur Niederlage führte. E 06 Zusammenleben Nun fragt man sich natürlich heute, wenn man sich diese Zweisprachigkeit ansieht, in Sachsen und in Brandenburg, besonders in den beiden Lausitzen: Wie ist das möglich? Wie ist das möglich dass hier über tausend Jahre zwei Völker zusammen- gelebt haben, ohne dass das eine das andere beseitigt hat? Man muss insgesamt sagen: es ist eine Symbiose entstanden und man muss auch zugunsten der Deut- schen sagen: sie haben die Sorben nicht einfach abgemurkst oder ausgerottet, wie vielleicht in anderen Weltgegenden. Es hat immer Formen der Zusammenarbeit gegeben, wobei aber die Sorben, die ursprünglich ein landwirtschaftliches Volk ge- wesen sind, auch lange Zeit nicht den Anspruch erhoben haben, das Land zu regie- ren. Das haben sie den Deutschen überlassen, dem deutschen Adel, der eigene sorbische Adel ist schnell assimiliert worden, hat sich den Deutschen dann ange- passt, gibt es noch sorbische Namen im Adelsregister - aber sonst hatte die Füh- rung immer der deutsche Staat inne. AUT In der einstigen Hauptstadt jener damaligen deutschen Ostmark, in Meißen, weiß die Stadtführerin: E 06A Amtssprache Bis zum 15. Jahrhundert wurde Sorbisch noch als Amtssprache gebraucht, aber dann hat sich's in unserer Gegend völlig verloren. AUT: Zuvor begann bereits 1066 die Christianisierung. Als Bischof Benno aus der Gosla- rer Gegend kam. Er hatte E 06B Bekehrung die Bevölkerung versammelt, an einem recht heißen Tag, alle waren durstig und da hat er damals mit seinem Hirtenstab auf den Boden geschlagen, eine Quelle entsprang, alle konnten trinken und ließen sich nun ganz unproblematisch zum Christentum bekehren. AUT Und so wohnten nun sorbische Christen in all den Dörfern. E 06C Pillnitz Pillnitz oder Wachwitz, Gombitz, Gorbitz, Recknitz, Omsewitz, Tolkewitz, Blasewitz oder in der Nähe Hainitz, Schenitz, Kanitz, Schrebitz, Uhnitz, Mutschwitz, Nimm- titz, Nünchchritz, Seußlitz und Spittewitz und Lautzschen, Paltzschen, Mutzschen, Weitzschen, Mahlitzsch, Zscheila, Bohnitzsch, Zitzschewig gibt's, also recht viele Zischlaute, was für slawische Sprachen typisch ist. AUT Seit dem 14. Jahrhundert herrschten in den Zünften aber strenge Bestimmungen: Meister durfte nur werden, wer deutschen Geblüts - also der deutschen Sprache mächtig - war. Dennoch wurde nach dem 30-jährigen Krieg eine erste sorbische Grammatik erarbeitet. In Preußen ging man rigide gegen die sorbische Sprache vor, in Sachsen verhielt man sich toleranter, weshalb bis heute das Niedersorbi- sche in Brandenburg stärker vom Aussterben bedroht ist, als das Obersorbische um Bautzen. Die Domowina als Dachorganisation der Sorben wurde 1912 hier ge- gründet, doch dann kam die wirkliche Bedrohung, wie der Sorben-Professor er- klärt: E 07 Nazi DDR Die Sorben hatten in den zwanziger Jahren, in der Weimarer Republik zumindest eine gewisse Liberalisierung erlebt und durften ihre Vereine, ihre Veranstaltungen ausüben und sich da auch aktiv betätigen in ihrem, wie es damals hieß, wendi- schen Umkreis. Eine ganz andere Politik verfolgten dann die Nationalsozialisten mit ihrer ethnischen Säuberung, die schon damals eingeführt wurde und die verlang- ten also ab 1937 dass alles Sorbische, Wendische, in der Öffentlichkeit zu ver- schwinden hätte. Und dass sich die Sorben auch als Deutsche, als wendisch spre- chende Deutsche selbst identifizieren sollten. Das Ergebnis war dann, dass in den Kriegsjahren nur noch wenige hundert Men- schen überhaupt den Mut hatten, sich als Sorben zu bekennen. Das waren in der Regel die Hochburgen der katholischen Sorben, die wir auch heute noch haben, die auch heute noch mehrheitlich sorbisch sind. Nach dem Krieg als die Siegermächte hier in Ostdeutschland slawisch waren oder mit slawischen Ländern verbündet, musste natürlich die DDR etwas tun, für diese einzige Minderheit auf ihrem Territorium, zumal sie ja, die Minderheit, slawische Brüder der Russen, Polen, Tschechen und so weiter waren. Und so kam es zu die- ser Sorbenpolitik, erstmals eine positive Sorbenpolitik, keine staatlich verordnete Assimilation mehr, sondern Förderung dieses Volkstums. 1948 niedergelegt im sächsischen Sorbengesetz. Und da entstanden dann verschiedene Einrichtungen. Es wurde ein Schulwesen aufgebaut, das es früher überhaupt nicht gab, ein strikt sorbisches Schulwesen, vom Kindergarten bis über die Oberschule, also das Gym- nasium bis zur Universität in Leipzig, und es entstanden Einrichtungen wie das sorbische Theater, das sorbische Nationalensemble, ein sorbischer Verlag, ein sor- bisches Forschungsinstitut und die Domowina selbst, die ja 1912 gegründet wor- den war als Dachverband sorbischer Vereine - die wurde nun zu einer Massenor- ganisation. Man strebte an, wie auch sonst bei FDJ oder FDGB strebte man an, dass alle sorbischen Menschen in diese Domowina eintreten sollten. So dass die in der DDR bis zu 15 000 Mitglieder hatte. AUT Ganz private Erinnerungen hat der sorbisch-deutsche Dichter und zeitweilige säch- sische Landtagsabgeordnete Benedikt Dyrlich, was seiner Muttersprache bis 45 wi- derfuhr. E 08 Dyrl befreit In der Kirche, in Schule ist das Sorbische verboten worden. Meine Mutter durfte nicht mehr ihre Kirchenlieder sorbisch singen. Alle Pfarrer sind hinter die Elbe ver- setzt worden. So. Von den Nazis. So, jetzt kommt die Befreiung, deshalb haben viele Sorben, auch meine katholische sorbische Mutter, mein Vater, die haben zwar nicht gesagt Befreiung, die haben gesagt, gottseidank sind wir von diesem schrecklichen System, also System haben die nicht gesagt, von diesem "Iibell" so- zusagen befreit worden. AUT So kam es, dass in den fünfziger und sechziger Jahren Sorbisch wieder zur wahren MUTTER-Sprache wurde. E 09 Dy zu Hause Also ich habe zu Hause, mit meinen Geschwistern und meinen Eltern, nur - oder fast nur - sorbisch gesprochen. Auch dieses sorbische Dorf, wo auch der Minister- präsident des Freistaates Sachsen, Herr Tillich geboren ist, nämlich in Neudörfel bei Räcklewitz - auch dort kommt der Juri Brezan, der Schriftsteller her - wir ha- ben also dort nur miteinander sorbisch kommuniziert, nach dem Rhythmus der ka- tholischen Kirche - Jahresrhythmus, das heißt Sonntagsgottesdienst - gleichzeitig haben wir bereits in der Schule von Räcklewitz. Dort hab ich natürlich schon die deutsche Sprache erlebt. Und als Ministrant in der Kirche habe ich ja auch deutschsprachige Gottesdienste mitgemacht. Wobei ich mit dem siebten, achten Lebensjahr doch meine große Schwierigkeiten hatte zu beschreiben, wie die Milch von der Kuh über die Rampe bis in Molkerei gebracht wird. Da hab ich noch solche blöden Sätze geschrieben: Die Kanne geht mit der Milch auf die Rampe, springt dann auf einen Lastwagen - ziemlich gestelzte deutsche Sprache, sorbisch konnt ich das fließend schreiben. AUT Hören wir rein ins Credo, ins "Überflüssige Bekenntnis" eines sorbischen Dichters: E 10 Dyrl Credo Sym ludzik kiz lecec dyrbi Sym ludzik kiz korjen trjeba Tradam polaritu E 11 Credo deutsch Bin ein Völklein das fliegen muss Bin ein Völklein, das wurzeln muss Leide Polarität AUT Nach diesem Credo muss Dyrlich beschreiben, was Heimat ist. E 12 Engere Heimat Meine engere Heimat ist das Sorbische. Das ist der ländliche Raum. Das ist meine Wurzel. Und dieser Raum, diese engere Heimat ist eine sehr melodische Sprache, die sehr getragen wird von Verben und von Vokalen. I, A, U. Im Sorbischen haben alle Vögel ihre dumpfen oder hohen Töne. Pischpoli - da weißte schon, wie der Vo- gel... Kumka. Das ist schon wieder ein anderer Vogel. AUT Wir hörten das Zwitschern kleiner Vögel: pischpoli. Und den Vogelruf wie eine Un- ke. Kum-Ka. Der Dichter kommt dann auch auf die Verwandtschaft zu anderen slawischen Sprachen, der großen Melancholie im Russischen. E 13 Wehmut Im Sorbischen ist das alles eigentlich nur die Wehmut, dass man eine Birke verlo- ren hat oder ein Teich verloren geht. Noch nicht die ganze Welt geht da unter. Wenn im Sorbischen eine "breza", also eine Birke fällt. Das ist traurig genug. Für die meisten Sorben ist das dann die ganze Welt. AUT In den Bäumen steckt überhaupt die Welt der Sorben, meint Dyrlich. "dub" - die Eiche und "lipa" die Linde. Das harte Eichenholz. Dub. Das weiche der Linde: Lipa. Der Dichter weiß aber auch um kräftigere Sprüche: E 14 Mütze "Ty stara metsa" heißt Du alte Mütze, Du alte Pfeife. Metsa kommt aus dem Deut- schen. (...) Zu jungen Damen, die sich bisschen blöd benommen haben (...) ham wir gesagt (...) "Ty hupa koza", Du dumme Ziege. "Koza" versteht auch jeder: Zie- ge. AUT. Einen Trinkspruch weiß der Dichter auch noch, angeblich einmalig in der Kultur Mitteleuropas: E 15 Höre Dich Ja ce widzu, ja ce slysu! - ich höre Dich ich sehe Dich. Man muss nur aufpassen, dass man bis in die Nacht hinein diesen schönen Satz vernünftig sagen kann. AUT Der vernünftige Sprachwissenschaftler Scholze erklärt uns sorbische Einflüsse aufs Deutsche. Das geht mit Ortsnamen am besten: E 16 Dresden Wenn man sprachlich sensibel ist, merkt man, dass in dem Wort Dresden etwas nicht stimmt. Es gibt im Deutschen kein Beispiel, wo man nach einem S ein wei- ches D, wie wir in Sachsen sagen, findet. Aber in "Dresden" isses so. Das heißt, das Wort muss irgendwie eine Besonderheit haben. Die Besonderheit ist die sorbi- sche Herkunft. AUT Es kommt von drezd'any, Wald, Dickicht - und so hieß das heutige Zentrum Dres- dens, wo die Milzener hausten, ein anderer slawischer Stamm. Doch auch die um- gekehrte Situation schildert Scholze, die Übernahme von deutschen Begriffen ins Sorbische: E 17 Haza So haben wir für ein Wort wie Gasse im Sorbischen nur "haza". Was offensichtlich eine Übernahme des deutschen Wortes "Gasse" ist. Und da haben die Sorben eben, die aus dem Land in die Städte kamen - Bautzen hatte zum Beispiel im sechzehnten Jahrhundert ein Drittel sorbische Einwohner, also etwa zweieinhalb- tausend von 7000 Einwohnern. Die kamen und übernahmen und lernten dann die städtischen Begriffe. E 17A Quark Begriffe, etwa aus dem Handwerk, für das die Deutschen immer berühmt waren, auch kompetent waren, die sind oft nach Osten in die slawischen Sprachen einge- drungen, auch ins Sorbische. Auch im Sorbischen haben wir da viele Begriffe, die aus der deutschen Handwerkersprache kommen. Umgekehrt sind aus dem ländlichen, aus dem bäuerlichen Bereich Begriffe wie et- wa Gurke oder Quark oder auch andere Dinge sind aus den slawischen Sprachen, vielleicht auch aus dem Sorbischen ins Deutsche eingedrungen. Wir haben ja heute im Sorbischen etwa die Begriffe für Quark twaro oder twarog und für Gurke kurka. AUT In jüngster Zeit kommen wieder neue - alte - Begriffe im Sorbischen vor. E 18 Sejm Die Sorben sagen heute wieder zum sächsischen Landtag - wie bis 1952 - "Sakski Krajne Sejm". Sejm wie auch im Polnischen der Landtag eben Sejm heißt - Die Zusammenkunft. AUT Und da sind wir in der Großen - oder mitteldeutschen - Politik. E 19 Matschie Wir haben ja hier in Mitteldeutschland einen Politiker, der Matschie heißt und das klingt in Thüringen ein bisschen exotisch. In der Oberlausitz ist das ein ganz nor- maler Name. Er hat auch Verwandtschaft in der Oberlausitz, der Politiker Matschie. Denn es kommt entweder von dem Vornamen Matschie, der für Matthias benutzt wird in sorbisch - oder - und das ist der häufigere Fall - es kommt von dem Wort für Mutter. Mutter heißt auch im Sorbischen - so ähnlich wie im Russischen - Match. Und wenn man nach der Mutter ruft, benutzt man hier den Ruf-Fall, den Vokativ - und da heißt es Matschie. AUT Nein, über Vokativ und die vielen grammatischen Fälle in slawischen Sprachen, über deren noch unüberschaubarere Aspekte wollen wir jetzt nichts wissen. Wir hören uns diese von manchen als klangvoll - von anderen einfach nur als schwer verständlich - bezeichnete Sprache an. Am besten im "Wjelbik", wo wir bereits einkehrten und die Tochter der Wirtsleute Mahling - ein häufiger Name im Sorbi- schen - die jetzt verheiratete Frau Lukasch, also Kne Lukaschowa, uns ihre Spei- sen gern zweisprachig nennt. E 20 Speisen Wir bieten eine sorbische Hochzeitssuppe an. - Serbska kwasna poljuka - das sor- bische Hochzeitsessen - Krin s hobija s mjasom - Quark mit Leinöl, twarom sljal- jem woljom ... AUT Was auch Fernwestdeutsche manchmal kennen, die von der Lausitz nur als Oster- ei-Bemalgegend hörten. Frau Lukasch - also Knej Lukaschowa weiß auch um di- verse sorbische Sprüche. Damit wir nicht rätseln müssen und das bei Ostdeutschen manchmal in Rudimenten noch vorhandene Schulrussisch oder die von diversen Urlaubsreisen mitgebrachten polnischen oder kroatischen Brocken bemühen müs- sen, übersetzt sie für uns: E 21 Bier Sto bychmy bjez piwa byli a sto swet bjez nas? - Was wären wir ohne Bier - und was wäre die Welt ohne uns E 22 Mücken Stoz che mec leco, dyrbi cez kuntwory zniesc - Wer den Sommer haben will, muss auch die Mücken ertragen. E 23 Löffel Njetykaj swoju tzicu do cuzeje skle! - Stecke Deinen Löffel nicht in fremde Schüs- seln! E 24 genießen Stuiz po kuzkach wuziwa - wuziwa doha. - Wer stückchenweis genießt, genießt lange. AUT Der Spruch mit dem Bier stammt übrigens von dem sorbischen klassischen Dichter Jakub Bart-Cisinski. Der gegenwärtige Dichter Dyrlich hingegen vermisst derzeit, dass E 25 öffentliche Räume Sprache auch im öffentlichen Raum präsent ist. Nicht nur auf zweisprachigen Be- schilderungen, sondern dass der Polizist oder weiß Gott wer in der Schule, in der Kirche noch in Räumen, in öffentlichen Räumen sorbisch gesprochen wird. Das geht Schritt für Schritt zurück. AUT Also wenige Chancen für die Zukunft des Sorbischen? E 26 Gegenseitigkeit Die Gegenseitigkeit von deutscher Sprache, sorbischer Sprache oder heute auch tschechischer und polnischer, diese muss erst noch entwickelt werden - dann hät- te das Sorbische eine Chance, weil das Sorbische eben grade die Tür ist zu den Nachbarsprachen. AUT Was nichts daran ändert, dass derzeit nur noch 25 Tausend das Obersorbische und weniger als 5 Tausend das Niedersorbische wirklich praktizieren. Der Sorbenpro- fessor Scholze resümiert: E 27 Entwicklung Diese Entwicklung ist vermutlich nur schwer aufzuhalten. Man versucht es heute durch das Witaj-Projekt oder die Witaj-Bewegung, wo in Kindergärten und Schulen Kinder auch aus deutschen Familien in Sorbisch mit erzogen werden und dann also zweisprachig sind und hoffentlich auch bleiben in ihrem späteren Leben ... AUT Doch das können wir nicht wissen. Wie auch die vor anderthalb tausend Jahren eingewanderten slawischen Stämme nicht wissen konnten, was mit ihrer Sprache im Laufe der Zeit geschehen wird. ( Atmo Kneipengemurmel vom Beginn ein- und ausblenden) - Ende Script -