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Auf eine Insellage inmitten der Mondlandschaft muß sich eine andere Gemeinde vorbereiten. Und an einer anderen Ecke ist jetzt "Bergbautourismus" angesagt - Jeep- Safari für Mondlandschaftsüchtige. Neue Landschaften, neue Horizonte oder was?! Matthias Baxmann hat sich umgeschaut. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag Atmo Bergwerk ca. 5´´ frei, dann immer unter Autor bis Ende Bergwerk O-Ton Arnold: Was sie hören, dieses Geräusch, ist unten die Kohlebandanlage. Und der Bagger hier vorne, ist ein Schaufelradbagger von der Grube, und der baggert sich grade ins Flöz rein. Autor: Bergbauingenieurin Denise Arnold weist von einer Abraumkante in 50 Meter Tiefe. Der Graben erstreckt sich über knapp vier Kilometer. Parallel zum Grund verläuft ein pechschwarzer Streifen: Die Braunkohle. Um hier unten anzukommen, musste eine Schicht von über 100 Metern Erdreich abgebaggert werden. O-Ton Arnold: Hier unter uns haben die Bagger praktisch bis hier ran geschnitten, die haben praktisch maximal an unsere Abraumkante die Kohle verschnitten. Autor: Quer über die Grube spannt sich die Förderbrücke für den Abraum. Das Gerät ist etwa anderthalb mal so lang wie der Eiffelturm hoch. Auf der einen Seite der Brücke wird gebaggert, um die Kohle freizulegen, auf der anderen Seite wird der Abraum abgekippt. So fressen sich die Eimerketten- und Schaufelradbagger Tag und Nacht terrassenförmig in die Landschaft. O-Ton Arnold: 20 Millionen haben wir ungefähr im Jahr, 20 Millionen Tonnen im Jahr. Wir sind eigentlich der Tagebau, der am meisten Kohle bringt von den Lausitzer Tagebauen. Autor: Welzow-Süd ist der Größte von den 5 aktiven Tagebauen im südlichen Brandenburg. Sein Ausmaß, inklusive der hinterlassenen Mondlandschaft und der teils rekultivierten Flächen entspricht etwa einem Viertel des Bodensees. Doch er soll noch wachsen. Dafür muss die 500 Meter lange Förderbrücke gedreht werden. Auf zwei Kilometern Schienen wird der Koloss eine 90 Grad-Kurve fahren. O-Ton Arnold: Heute die Fahrt ist im Grunde in 7 Stunden gemacht, während wir über Monate gebaut haben, um das alles so hinzukriegen. Autor: Die Umsetzung der Brücke ist nötig, um das so genannte Teilfeld 1 abzubaggern. Dafür wurde bis 2006 das letzte Haus der Gemeinde Haidemühl geräumt und 662 Einwohner wurden umgesiedelt. Der Tagebau gehört dem Stromkonzern Vattenfall, und die Kohle wird in seinen Kraftwerken verfeuert. Laut Bundesbergbaugesetz sind 10% Förderabgabe für gewonnene Bodenschätze zu entrichten. Durch entsprechend interpretierte Regelungen des deutschen Einigungsvertrages bekommt Vattenfall die Kohle quasi umsonst. Während im Süden der Grube die letzten Ruinen von Haidemühl der Abrissbirne weichen, hat man im Norden mit der Rekultivierung begonnen. Atmo Akzent Autostart, Abfahrt Autor: Die Route um den Tagbau führt durch eine Art Wüstenlandschaft mit schwachem Baumbewuchs. Radwanderwege kreuzen die Straße und laden zu Touren durch das steppenartige Gelände ein. Im Norden der Grube erstreckten sich früher die "Steinitzer Alpen", ein durch die Eiszeit aufgeschobener Höhenzug. Er gab der Gemeinde Wolkenberg seinen Namen. Auch dieser Ort musste den Baggern weichen. Die "Steinitzer Alpen" gibt es ebenfalls nicht mehr. Dafür wurde vor der ehemaligen Kippenkante ein Sandhügel aufgeschüttet. Atmo Wind, darüber weiter mit Text bis Ende Weinberg Autor: Von hier aus blickt man über den Tagebau bis zu den 15 Kilometer entfernten Dampfschwaden der Kühltürme von Schwarze Pumpe, dem zum Tagebau gehörigen Kraftwerk. Vor dem Horizont fährt die Förderbrücke ihre Kurve. Attraktion an dieser einstigen Grubenkante ist der terrassenförmig angelegte Weinberg, der an diesem Südhang von Vattenfall finanziert wurde. Er trägt den traditionsreichen Namen "Wolkenberg". O-Ton Zeisahr: Der Berg selbst ist ein Bestandteil der Rekultivierung. Autor: Uwe Zeisahr, vom Lehrstuhl für Bodenschutz und Rekultivierung der TU Cottbus. O-Ton Zeisahr: Und wir haben uns gemeinsam mit Vattenfall Gedanken gemacht wie man in dieses Landschaftsbauwerk einen Weinhang integrieren kann. Autor: Die gesamte Anlage im "Landschaftsbauwerk" ist etwa so groß wie neun Fußballfelder. Auf einer Hinweistafel informiert der Stromkonzern: "Vattenfall setzt auf eine facettenreiche und zukunftsorientierte Landschaft nach dem Bergbau. Der Weinbau setzt dabei neue Akzente in der Rekultivierung." O-Ton Zeisahr: Man sieht den Weinberg mit 20 % Gefälle. Und dann haben wir da unten den See, den wir gegebenenfalls dafzu nutzen, die Anlage wieder zu bewässern. Autor: Der Weinberg ist praktisch am Reißbrett konzipiert. Die Reben am Wolkenberg wurden 2010 gepflanzt. In 4 Jahren will man hier 36.000 Liter Wein keltern. O-Ton Zeisahr: Über Finanzierungskonzepte werde ich jetzt hier nichts sagen. Es ist ein Objekt, was natürlich ein sehr großes Alleinstellungsmerkmal hat. Autor: An der Mosel kostet ein Hektar Weinberg von der Anpflanzung bis zur ersten Ernte nach drei Jahren circa 50.000 ? - auf gewachsenen Böden und unter ganz anderen klimatischen Verhältnissen als in der Lausitz. Hier am Kippenrand müssen noch 9 Hektar unfruchtbaren Bodens kultiviert werden. Man kann erahnen, was sich Vattenfall dieses Prestigeobjekt kosten lässt. O-Ton Zeisahr: Es ist einfach ein Zeichen, was man mit Hilfe der Kohle oder der Rekultivierung nach der Kohle alles gestalten kann. Autor: Auch jenseits des Grubenrandes mit seinem Weinberg ist die Gegend zumindest vorgestaltet. Hier erstreckt sich eine trostlose Weite, regelmäßig bepflanzt mit kniehohem Nadelgestrüpp. O-Ton Zeisahr: Vor uns sehen wir gerade Wacholder. Es wird sich im Laufe der Zeit ein Waldbestand entwickeln, der die Attraktivität dieses Berges noch wesentlich erhöhen wird. O-Ton Autor: Wie lange wird das dauern, bis das hier nach Wald aussieht? O-Ton Zeisahr: Wenn man weiß, eine ausgewachsene Kiefer wird 120 Jahre, ehe sie geerntet wird, wissen wir also, wie lange sich das eigentlich noch hinziehen wird. Autor: Die Rekultivierungsbaustelle des Lausitzer Braunkohlenreviers ist aber nicht geprägt durch das, was einmal Wald oder Acker werden soll. Südlich der Welzower Grube entstand die größte künstlich erschaffene Gewässerlandschaft Europas mit einer Wasserfläche von 140 Quadratkilometern. Die Flutung von 23 Tagebaurestlöchern dauert zum Teil noch an. Jeder der 10 größten Seen hat etwa die Ausmaße des Berliner Müggelsees. Unterhalb der Kleinstadt Welzow liegt das größte geflutete Restloch. Bis 200 Meter vor die Wasserkante darf man an den Sedlitzer See heran, dann ist Endstation. "Sperrbereich, Betreten verboten!" - Rutschungsgefahr. Etwas ist anders an diesem See im Vergleich zu natürlichen Brandenburger Gewässern. Es fehlt der Schilfgürtel. In diesem See wachsen keine Pflanzen. Es gibt auch keine Fische. Es gibt hier überhaupt kein Leben. O-Ton Reichmuth: Es ist eine Seenlandschaft, aber irgendwie passt die nicht in diese Gegend, sage ich mal so. Autor: Regina Reichmuth engagiert sich für die Tagebau-Randbetroffenen von Welzow. O-Ton Reichmuth: Wir sind hier Sandböden und Kiefernwälder und jetzt haben wir hier solche Riesenseen, die ja von der Wasserqualität her sehr zu wünschen übrig lassen. Das ist ja verdünntes Essigwasser. Nur mit ganz viel Aufwand, mit Kalken und neuen Verfahren werden dort die Wasserqualitäten verbessert. Aber bis diese Seen wirklich, sage ich mal, so wie die Müritz oder wie das Havelland werden - das erleben meine Kinder nicht mehr. Autor: Durch den Tagebau wird Pyrit freigelegt. Es reagiert bei der Flutung mit einströmenden Grundwasser und Luft zu Schwefelsäure. Das Wasser wird sauer. Eine Durchflutung der Seen von Schwarzer Elster und Spree hebt die Sulfatbelastung der Flüsse und wird schließlich zu einer Gefährdung des Trinkwassers bis nach Berlin. Die Einbringung von neutralisierendem Substrat erscheint bei diesen Wassermassen aberwitzig. Außerdem strömt saures Kippengrundwasser ständig weiter in die Seen. Doch es scheint Hoffnung zu geben. In den farbenfrohen Prospekten des Lausitzer Seelandes wird auf viele freizeitliche Aktivitäten hingewiesen. Einer dieser bereits erschlossenen und gepriesenen touristischen Orte ist Geierswalde am gleichnamigen See: Segeln, Kaiten, Surfen, Baden. Zwar ist noch Vorsaison, doch ein Café sucht man hier in Geierswalde vergeblich. Außer am Strand ist das Betreten der Uferzonen rund um den See auch hier verboten. Versinkungsgefahr! Baden ist erlaubt. Davor wird allerdings gewarnt. Auf einer Hinweistafel. Der See hat einen ph-Wert von 4,5. 7 wäre normal. Ph 4,5, das entspricht dem Gemix aus einem Schnapsglas mit Essigreiniger in nur drei Liter Wasser. Atmo Bergwerk als leichtes Hintergrundgeräusch, darüber Text: Autor: Das touristische Highlight des Seenlandes befindet sich in der Kleinstadt Welzow, Einwohnerzahl knapp 4.000, Tendenz: stark fallend. Der Ort gab sich den klingenden Beinamen Gartenstadt am Tagebau. Der erste Teil des Namens bleibt rätselhaft. Doch der Tagebau liegt direkt vor der Tür. Bei starkem Nordwind wird die Stadt durch den angewehten Staub vernebelt und des Nachts ist er für ihre Bewohner unüberhörbar, Risse in den Gebäuden durch abgesenkte und wieder angehobene Grundwasserwasserspiegel. Zwischen DDR-Plattenbauten steht das ehemalige Bahnhofsgebäude, ein dreistöckiger Klinkerbau aus der Zeit der Jahrhundertwende. Hier macht der Bergbautourismus-Verein "Excursio" seine Angebote. O-Ton Junge: Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, Tourismus zu betreiben im aktiven Tagebau Welzow-Süd. Autor: Horst Junge, der Vereinsvorsitzende O-Ton Junge: Wir fahren mit Gästen und Touristen der Stadt in den Tagebau mit Mannschaftstransportwagen, mit dem Jeep oder mit Quads, auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß werden Wanderungen durchgeführt. Und viele der Gäste, die hier kommen, sind natürlich immer wieder überrascht von der Größe der Geräte die wir hier im Tagebau finden. Autor Hinter den Empfangstresen warten zwei Männer vergeblich auf Besucher an diesem Wochentag. Sie wären eingeladen, sich an der Gigantomanie des menschlich Möglichen zu berauschen. Fünf weitere Angestellte sitzen oben in den Büros. Nebenan im Kinosaal läuft ein Film über das Bergwerk in Endlosschleife. Mit sentimentalen Bildinszenierungen werden der Tagebau und seine monströsen Maschinen verklärt. Eine ökologische Katastrophe wird zu Kunst stilisiert. Das Excuriso-Gebäude ist topsaniert und mit modernster Multimediatechnik ausgestattet. O-Ton Junge: Die ganze Renovierung ist über Ministerien passiert, die sich hieran beteiligt haben, sonst wäre das wahrscheinlich gar nicht gegangen in der Qualität wie das hier ist. Autor: Auch der laufende Betrieb mit seinen 8 Mitarbeitern wird von der Stadt unterstützt und von Vattenfall mitfinanziert. Über die Aufteilung der Geldströme ist nichts zu erfahren. Das Ganze wirkt wie eine öffentlich geförderte Werbeveranstaltung für den Stromkonzern, seine Bergwerke und die Veredlung von Kohle in Strom wie es hier heißt. O-Ton Junge: Das ist der geplante Tagebau,so wie er jetzt in Anspruch genommen wird. Autor: Der Vorsitzende weist auf einer Landkarte ins Welzower Teilfeld 1 in das die Förderbrücke inzwischen angekommen sein dürfte. O-Ton Junge: Dicht an Welzow vorbei. Und wenn das Teilfeld 2 genehmigt wird, wird es auch passieren, dass Proschim und ein Teil von Welzow mit in Anspruch genommen wird durch die Grube.- O-Ton Autor: Aber da wohnen doch Leute.- Junge: Ja, das ist richtig! Es ist nicht das Erste. Es sind ja schon mehrere Dörfer, die hier in Anspruch genommen wurden. Autor: Allein wegen des Tagebaus Welzow wurden 10 Orte vor der Wende und 6 danach "in Anspruch genommen", beziehungsweise weggebaggert, um genau zu sein. Etwa Dreieinhalb tausend Menschen wurden umgesiedelt. Das Teilfeld 2 von dem Horst Junge spricht, ist ein neues Vorhaben von Vattenfall. Die Bergbaupläne dafür lagen im Herbst 2010 öffentlich aus. Danach sollen im nächsten Jahrzehnt die Orte Proschim, Lindenfeld und Teile von Welzow geräumt und über 800 Menschen umgesiedelt werden. Die Gartenstadt Welzow wäre dann fast vollständig von der Grubenkante umgeben, der Ort Ließke eine Insel zwischen geflutetem Restloch und den Vorschneidebaggern des neuen Abgrundes. Ein Ort ohne etwas drum herum. Über 5.000 Stellungnahmen der Bürger sind gegen diese Pläne eingegangen. O-Ton Ziesch: Mein Name ist Angela Ziesch. Ich bin 49 Jahre alt. Und wir sind jetzt in Welzow, in dem Bereich, wenn der neue Tagebau Welzow Süd 2 genehmigt wird, der umgesiedelt werden soll. Atmo Garten/Vögel (wie unter O-Ton Ziesch) unter Autor Autor: Der Bereich, das Wohngebiet 5 ist eine ehemalige Bergarbeitersiedlung aus den 20iger Jahren: Dreigeschossige sanierte Klinkerkerbauten, Einfamilienhäuser, dazwischen Gartenanlagen. Über 300 Bewohner wären von Umsiedlung betroffen. O-Ton Zisch: Das Ganze ist noch nicht genehmigt und trotzdem wird hier schon Stimmung gemacht. Stimmung in dem Sinne, dass die Bevölkerung gespalten wird. Der eine Teil: Ich will so schnell wie möglich hier weg. Es geht los, dass die Leute nicht mehr unbedingt miteinender reden. Wie es hier jetzt schon passiert, na ja, du kriegst ja und wir nicht, und das kriegt ihr ja alles bezahlt. Also, dieser Neid untereinander kommt ganz stark auf, dann dieses Gefühl, dass man ... man wird irgendwo hingeschoben. Autor: Für Angela Zisch kommen die bereits stattfindenden Verhandlungen über Umsiedlung einer Kapitulationserklärung gleich. Sie will hier bleiben. Schon einmal wurde sie wegen der Kohle umgesiedelt. O-Ton Zisch: Das alles aufzugeben ist natürlich wahnsinnig schwer. Ich kriege das zwar ersetzt, aber es ist die Heimat, und die Heimat kann man an sich nicht bezahlen. Autor: Das Leitbild der Gartenstadt Welzow wurde zusammen mit der Vattenfall Europe Mining Aktiengesellschaft entwickelt. Ein gerade eingeweihter Solarpark mit 18 Megawatt westlich der Stadt ist bereits als Bergbaufläche ausgewiesen. Auch das Wohngebiet von Angela Zisch existiert in dieser Vision nicht mehr. Die Stadtverordneten stimmten seiner Abbaggerung mehrheitlich zu. Eine Stadt schafft sich selbst ab. Im Leitbild heißt es, Zitat: "Mit der eventuellen Abbaggerung der Stadtteile WK V, erfolgt wie in vielen Städten bereits, ein Rückbau von Außenlagen zu Gunsten der Innenentwicklung. Welzow kann somit den Leitbildern der "kurzen Wege" und der "kompakten Stadt" gerecht werden", Zitatende. Die Umsetzung dieses ehrgeizigen Stadtumbaus gleicht, dem Leitbild folgend, einer Totalsanierung. Wer das Vorhaben in dieser strukturschwachen Gegend sponsert, ist den Welzowern ein ebenso offenes Geheimnis wie das zustande gekommene Votum ihrer Stadtverordneten. Atmo Biogasanlage Autor: Man hört hier nicht die Eimerkettenbagger aus der Grube, sondern die Biogasanlage von Proschim. O-Ton Rösch: Das ist eine 500ter Anlage. Autor: Petra Rösch ist die Ortsvorsteherin des Dorfes. O-Ton Rösch: Wir machen hier Strom aus unserer Rindergülle. Autor: Und Leiterin der Landwirte GmbH Proschim. O-Ton Rösch: Wir haben hier eine Jungrinder- und Mastanlage und dann auch Mais und minderwertigem Getreide. Wir bringen also unterirdisch von der Mastanlage die Gülle hier rein und die Gärreststoffe werden wieder rüber ins Endlager gebracht, die dann wirklich einen hervorragenden wirtschaftseigenen Dünger für unsere Kulturen darstellt. Und wir beheizen mit der Wärme unseren ganzen Wirtschaftshof, die Büroanlage und wir haben hier drüben eine Trocknung. Dort wird Getreide getrocknet, aber auch andere Materialien, auch Holzhackschnitzel. Autor: Mit der Biogasanlage und einem Solarkraftwerk erzeugt Proschim mit 1,4 Megawatt mehr Strom als der Ort verbraucht. Im 700 Jahre alten einst sorbischen Dorf leben 340 Menschen. Die Gemeinde wurde mehrfach als schönstes und aktivstes Dorf des Landkreises ausgezeichnet. Mit Proschim soll nicht allein die energiewirtschaftliche Zukunft unter die Eimerkettenbagger kommen. Es geht nicht nur um die Zerstörung einer ganzen Infra- und Sozialstruktur, sondern auch um die Vernichtung landwirtschaftlicher Flächen, die 89 Angestellten ihre Existenz sichern. O-Ton Rösch: Gewachsenen Boden kann man nirgends zaubern, die Welt ist verteilt. Wir verlieren ja jetzt im Teilfeld 1 noch mal reichlich und dann geht das für uns, wenn das Teilfeld 2 kommen würde, auf 1.000 Hektar noch mal zu, was wir jetzt noch verlieren, gewachsenen Boden. Die Kippenflächen sind ja ein Problem für sich insgesamt von der Fruchtbarkeit her. Und in dem Braunkohlenplan für das Teilfeld 2 ist ja auch an einer Stelle ausgewiesen, in 60 bis 80 Jahren könnte die Kippe dasselbe wieder bringen wie der gewachsene Boden, der natürlich stehende Boden. Aber: könnte! Und eine Sache, bei Kippenflächen - es gibt ja diese vielen Rutschungen überall. Es sind ja Kippenflächen im Land Brandenburg gesperrt, 36.000 Hektar waren es und jetzt ist wohl etwas zurückgenommen wieder. Altkippen: Es weiß keiner wie sich das Wasser den Weg irgendwann mal sucht, es kann keiner sagen, warum die Rutschungen nach so viel Jahrzehnten Altkippe passieren. Also, da sind mehr Fragen als Antworten da. Das ist für uns auch keine Zukunft, die irgendwo gesichert ist. Autor: Der Tagebau Welzow hat nach Vattenfalls Angaben die Aufgabe, das Kraftwerk Schwarze Pumpe zu versorgen. Die Kohle aus Teilfeld 1 reicht dafür bis ins Jahr 2040. Das jetzt geplante zweite Teilfeld wäre innerhalb von 10 Jahren ausgekohlt. Dafür würde ein ganzer Landstrich auf unabsehbare Zeit zur Ödnis. Atmo Orgel Kirche Proschim darüber Autor und O-Ton Kapelle Autor: Noch ist die hundertjährige Kirche von Proschim sonntags gut besucht. Der wohl älteste Einwohner des Dorfes, Heinz Kapelle, begleitet die Gemeinde hier gelegentlich beim Gottesdienst. Um die Orgel vorzustellen, hat er einen passenden Choral herausgesucht: O-Ton Kapelle: Dieser Choral heißt: "Jesu, meine Freude", und da heißt es in der dritten Strophe: "Trotz dem alten Drachen, Trotz der Todesfurcht,, tobe Welt und springe, ich steh' hier und singe in gar sicherer Ruh." Der Drache ist jedenfalls nicht die Schwedische Regierung, und das sind nicht die Bergleute, sondern welche, die maßlos Gewinne machen wollen. Atmo Orgel steht bis Ende des Chorals frei - Ende - 1