DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Feature Dienstag, 24.07.2007 Redaktion: Hermann Theißen 19.15 - 20.00 Uhr Die Stimme der Pygmäen Wem gehört Kongos Regenwald? Von Georg Roloff Co-Produktion DLF/WDR Kurzfassung URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. ? Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript - Atmo Regenwald - Gesang der Pygmäen von Liéke Lésolé O-Ton Pépé, Sprecher des Dorfs Liéke Lésolé, (lingala) 1. Übersetzer Unsere Vorfahren haben uns den Regenwald hinterlassen und sie sind immer noch in diesem Wald für uns da. Er ist unser Leben. Er ernährt uns, er kleidet uns und heilt uns. Wir rufen unsere Regierung und die Weltbank auf, uns unseren Wald zu lassen. Wenn man uns den Regenwald nimmt, werden wir auch untergehen. Atmo Pygmäen, Tuten auf Antilopenhorn Erzähler Die Stimme der Pygmäen, Wem gehört Kongos Regenwald? Ein Feature von Georg Roloff. Atmo Urwald, Pygmäen schleichen durch den Wald. O-Ton Delo u. Pépé, (lingala) 1. Übersetzer Wenn du einen Affen schießen willst, musst du dich sehr unauffällig anschleichen. Denn sobald er dich sieht, haut er ab und du siehst ihn so schnell nicht wieder. Erzähler Vorsichtig zieht Delo einen Pfeil aus dem Köcher. Die vergifteten Spitzen stecken in einer Tüte, die er aus einem Blatt gedreht hat. Der Jäger würde tot umfallen, wenn er sich an den Pfeilen verletzen würde. Delo spannt den kurzen Bogen und zielt. In diesem Moment springt die grüne Meerkatze auf einen Nachbarast und verschwindet im dichten Laub des Dschungels. Atmo Lockruf Erzähler Delo pflückt lautlos ein Blatt von dem Gebüsch, hinter dem er sich versteckt. Er legt es zwischen seine Lippen und stößt die Luft aus. ( " ..." ) Der Affe schaut neugierig durch die Zweige. Der Jäger hebt langsam den Bogen und zieht die Sehne durch. ( "..." ) Ohne einen Ton fällt das Tier zu Boden. Atmo Bogenschuss, Affe fällt vom Baum, Jubel der Pygmäen über die Beute (batwa) Erzähler Die Freudenrufe über das erlegte Wild sind ein Dank an die Ahnen, deren Geister im Wald leben und bei der Jagd helfen. Pygmäen jagen mit Pfeil und Bogen, größere Tiere auch mit Lanzen. Kleinere, wie Stachelschweine, werden in Fallen gefangen. Oft begleitet die Jäger ein Basenji, ein Pygmäenhund, auch Kongo-Terrier genannt. Die Jagd ist Männersache, dafür ist das Fischen den Frauen vorbehalten. Atmo Propellerflugzeug Erzähler Bei Kisangani macht der Kongo einen Knick nach links. Auf dem Weg zum Atlantik hat er noch über 2.000 km vor sich. Bis zu 10 km breit wälzt sich der braune Strom durch das Kongobecken, das zweitgrößte Regenwaldgebiet der Erde, nach dem Amazonas. Es ist eine Fläche von 130 Millionen Hektar, vergleichbar mit den Territorien Deutschlands, Frankreichs, Polens und der Beneluxstaaten zusammen. 40 Millionen Menschen leben unter dem Blätterdach oder sind unmittelbar vom Wald abhängig. Doch die grüne Decke weist Löcher auf, die sich in rasantem Tempo ausbreiten. Atmo Propellerflugzeug landet, Kisangani Stadt Erzähler Kisangani ist die Hauptstadt der Provinz Oriental. Im Jahre 2000 forderte der Krieg um die Bodenschätze allein hier mehr als 3000 zivile Todesopfer. Sie wurden in einem Massengrab hinter dem Zentral-Krankenhaus beerdigt. O-Ton Brazzy NKANZA "La richesse du Congo..." Erzähler "Der Reichtum des Kongo war auch immer sein Fluch." Diesen Spruch kennt hier jedes Kind. Gold und Diamanten lockten die Armeen der Nachbarländer in die Ost- und Nord-Provinzen, angestachelt und gesponsert vom Rohstoffhunger der Industrienationen. Bis heute leben viele Bewohner Kisanganis in den Ruinen ihrer zerstörten Häuser. Nach und nach werden die Hotels saniert, in denen sich Militärs eingenistet und alles demoliert hatten. Restaurants und Cafés haben wieder geöffnet. Off-Ton Abbé Willy Loyombo, Coordonnateur der NGO OSAPY Atmo Motorrad starten, abfahren Erzähler Abbé Willy Loyombo ist katholischer Priester und Koordinator der "Organisation für die Sesshaftwerdung, Alphabethisierung und Förderung der Pygmäen" kurz OSAPY. Einmal im Monat macht er sich mit dem Motorrad auf den Weg zu den Waldvölkern. Es geht nach Liéke Lésolé, einer Siedlung 400 km südöstlich von Kisangani. Vorne der Fahrer, zwei Benzinkanister mit je 20 Litern Sprit und das Gepäck hinten, dazwischen der Priester. Atmo Regenwald, Fahrt mit Motorrad nach Liéke Lésolé Erzähler Zwei Tage dauert die Tour über die zugewachsene Piste durch den Regenwald. Die Natur hat sich die ehemalige Kolonialstrasse zurückgeholt. Streckenweise ist sie gerade noch einen Meter breit. Auch hier hat der Krieg Spuren hinterlassen. Bambusstangen warnen vor ungeräumten Minenfeldern. Atmo: Fahrt mit Motorrad durch den Wald Erzähler In kurzen Abständen folgt ein Dorf dem anderen. Wo immer das überladene Motorrad auftaucht, strömen Kinder auf dem Dorfplatz zusammen. "Mupeh" bedeutet soviel wie "Mon Père!", "Mein Vater!". Gilt es dem Priester oder seinem weißen Begleiter? Der letzte Europäer, der hier durchkam, soll ein "Père blanc", ein belgischer Missionar gewesen sein. O-Ton: Kinder am Straßenrand schreien: "Mupeh!" (franz. umgspr.) Atmo Regenwald, Motorrad, Elefant Erzähler Handwerker, Bauern und Sammler säumen den Weg. Der Wald liefert ihnen das Holz für den Hausbau und große Blätter für die Dächer. Aus Schilf und Zweigen flechten die Waldbewohner Matten und Körbe. Ihre Produkte stehen in den Dörfern zum Verkauf. Schließlich liefert der Wald Nahrung wie Pilze, wilde Früchte, Insekten und Wild. Stachelschwein, Meerkatze, Antilope, aber auch Elefant, Leopard und Python stehen bei der Waldbevölkerung auf dem Speisezettel. Atmo: Feststimmung im Pygmäendorf, Stimmengewirr, Singen, Motorrad kommt an. Erzähler Die Pygmäen von Liéke Lésolé feiern die Ankunft von Abbé Willy mit einem spontanen Willkommensfest. Die Batwa, wie sie sich selbst nennen, leben hier am Waldrand in Gemeinschaft mit der Bantubevölkerung. - Jahrtausendelang zogen sie als Nomaden durch den Wald und bauten ihre Blätterhütten da, wo es ausreichend Wild für die Jagd gab. O-Ton Abbé Willy Loyombo, OSAPY, (franz.) 2. Übersetzer Pygmäen sind seit achtzehntausend Jahren hier im Kongobecken ansässig. Viel länger als die Bantuvölker. Sie waren einfach immer hier. Und diese Erde, das Recht an dem Wald, den ihre Vorfahren ihnen hinterlassen haben, wird ihnen jetzt stillschweigend aberkannt. Erzähler 600.000 Pygmäen leben heute im Kongobecken. Bei einer Körpergröße von durchschnittlich 1,40 m scheinen sie geradezu prädestiniert, übersehen zu werden. Die Ureinwohner genießen nicht dieselben Bürgerrechte wie die übrigen 60 Millionen Kongolesen. So wurde kürzlich im Osten ein ganzer Stamm aus dem Kahuzi-Biega- Gebiet ausgewiesen, nachdem dieses zum Nationalpark erklärt worden war. Das Ansehen der Jäger und Sammler sei, so Abbé Willy, bei der Bantubevölkerung denkbar schlecht. O-Ton Abbé Willy Loyombo, (franz.) 2. Übersetzer Ich kam vor fünf Jahren im Rahmen einer Evangelisation zu den Pygmäen. Und ich stellte fest, dass es nicht damit getan ist, mit den Menschen zu beten. Sie waren abgeschnitten von jeglicher Bildung und medizinischer Versorgung. Wir schlossen einen feierlichen Vertrag mit der Bantubevölkerung. Seitdem können Pygmäen an der Zivilisation teilnehmen, wenn sie es wollen. Pygmäen-Kinder gehen zusammen mit Bantu-Kindern in dieselbe Schule und sie gehören zu den Besten in ihren Klassen. OSAPY übernimmt für sie auch das Schulgeld. O-Ton Pépé Ekili, Sprecher des Dorfs Liéke Lésolé, (lingala) Erzähler Pépé Ekili ist dreißig Jahre alt. Als Kind konnte er nicht zur Schule gehen. Derzeit besucht er die erste Klasse der Sekundarstufe, gemeinsam mit den 10-jährigen Kindern aus dem benachbarten Bantu-Dorf. Nach dem Abitur, sagt er, wolle er wie Abbé Willy in Kinshahsa am Priesterseminar katholische Theologie studieren. O-Ton Pépé Ekili, Sprecher des Dorfs Liéke Lésolé, (lingala) 1. Übersetzer Wir können OSAPY nicht genug danken. Durch deren Hilfe sind wir zu dem geworden, was wir heute sind. Wir sind entwickelt. Ich habe schon mehrere Reisen nach Kisangani unternommen und bin ein Diener Gottes geworden. Atmo Fest, Gesang der Pygmäen, Propellerflugzeug, Landung Erzähler 1.500 km flussabwärts schlängelt sich der Kongo durch eine Hügelkette und passiert die Hauptstadt Kinshasa, bevor er in rasanter Fahrt zur letzten Etappe in Richtung Atlantik aufbricht. Atmo Straße Kinshasa, Ambiente, Musik am "Rondpoint Victoire" Erzähler Nach Jahrzehnten von Misswirtschaft und Krieg ist das Chaos in der 6-Millionen- Metropole nicht mehr zu übertreffen. Die Aufbruchstimmung nach der Wahl vom Juni 2006 war schnell verflogen. Das monatliche Prokopfeinkommen liegt bei unter 50 Euro. Staatsbeamte, Lehrer, Ärzte, Polizisten und Soldaten, werden nur unregelmäßig bezahlt. Trotzdem gibt sich Olivier Kamitatu, der Planungsminister, zuversichtlich. O-Ton Olivier Kamitatu, Planungsminister, Dem. Rep. Kongo, (franz.) 2. Übersetzer Der Rahmen für den Wiederaufbau wurde von Präsident Kabila in einem Fünfjahresplan definiert. An erster Stelle steht die Wiederherstellung von Sicherheit und Staatsautorität. Weiterhin die Infrastruktur, Wasser und Strom, eine akzeptable Gesundheitsversorgung, Arbeit für alle Kongolesen sowie eine gute Schulausbildung für jedes Kind. Erzähler Die Weltbank unterstützt den Kongo mit Millionen-Krediten und setzt dabei auf die Ausbeutung der reichen Bodenschätze. Es geht um Gold, Diamanten, Kupfer und Kobalt, aber auch der Regenwald soll industriell genutzt werden. So will es das "Nothilfeprojekt zur sozialen und ökonomischen Wiedervereinigung der Demokratischen Republik Kongo" aus dem Jahre 2002, kurz PUSPRES. Zitat aus dem Dokument PUSPRES, dem Sofortprogramm der Weltbank für den Wiederaufbau im Kongo, von 2002 Sprecherin: 60 Millionen Hektar des kongolesischen Regenwalds stellen eine potentielle Einnahmequelle für 35 Millionen Menschen dar. Derzeit beträgt die jährliche Holz- Produktion nur 1 Prozent von möglichen 60 bis 100 Millionen Kubikmetern nachhaltiger Ernte pro Jahr. Bei richtiger Ausbeutung kann dieser Sektor 60.000 Arbeitsplätze schaffen und ein Bruttovolumen von 1 Milliarde US-Dollar, wovon 30 Prozent direkt in die ländlichen Gemeinden zurückfließen können. Erzähler Aus derselben Feder wie das Nothilfeprojekt stammt der "Code Forestier", das Forstgesetz, das die industrielle Nutzung der Wälder regelt. Für solche ehrgeizigen Visionen hat selbst die Holzindustrie im Kongo nur Kopfschütteln übrig. Angesichts der völlig unzureichenden Infrastruktur sei das eine Illusion. Die Waldbevölkerung und die Umweltverbände, so Abbé Willy, sehen in dem Projekt einen Fahrplan zum Untergang des Waldes und seiner Ureinwohner. O-Ton Abbé Willy, OSAPY, (franz.) 2. Übersetzer Die Weltbank hat die traditionellen Rechte der Pygmäen völlig ignoriert. Die Zuweisungen der Fäll-Konzessionen wurden mit Hilfe von Satellitenbildern erteilt. Auf ihnen ist nur Wald zu sehen, nicht die Menschen, die darin leben. Nehmen sie zum Beispiel das Dorf Liéke Lésolé. Es liegt mitten in einer Zone, die als industriell nutzbar ausgewiesen ist. Erzähler Laurent Debroux, der verantwortliche Forstexperte der Weltbank in Kinshasa, weist solche Vorwürfe zurück. O-Ton Laurent Debroux, Forstexperte Banque Mondiale, Kinshasa (franz.) 3. Übersetzer Die Stimmen der Pygmäen werden bei der Weltbank sehr wohl gehört. Unsere Politik ist speziell auf die Bedürfnisse der Ureinwohner und der anderen Waldbewohner des Kongobeckens zugeschnitten. Uns ist bewusst, in welchem Masse sie vom Wald abhängen. Erzähler Nach der Veröffentlichung des Nothilfeprojekts PUSPRES, hatten OSAPY und die "Bewegung der Ureinwohner" versucht, mit der Weltbank ins Gespräch zu kommen. Ihre Eingaben blieben jedoch unbeantwortet. 2005 riefen sie schließlich das Inspection Panel, das unabhängige Kontrollorgan der Weltbank in New York, an. O-Ton Werner Kiene, WB Inspection Panel, Kinshasa März 2007, (engl.) Wir werden den Hoffnungen der Menschen Rechnung tragen, indem wir die Fakten ermitteln. Wir sprechen mit denjenigen, die bei der Weltbank für die Projektplanung und ihre Durchführung verantwortlich sind. Dann treffen wir die Antragsteller, die sind uns am wichtigsten. Erzähler Im März 2007 trafen der österreichische Entwicklungsexperte Werner Kiene und drei weitere Mitglieder der unabhängigen Untersuchungskommission der Weltbank in Kinshasa ein, um die Vorwürfe der Antragsteller prüfen. Ihr Bericht hat keine bindende Wirkung auf die Entscheidungen der Weltbank. Heute kommen 90 Prozent des Tropenholzes auf dem europäischen Markt aus Afrika. Nach der fast vollständigen Zerstörung der Wälder in Kamerun und der Elfenbeinküste, gilt seit dem Kriegsende das Hauptinteresse der Holzexporteure der Demokratischen Republik Kongo. Präsident Kabila hat den Regenwald bis zur Prüfung der insgesamt 156 Neuanträge zwar unter den Schutz eines Moratoriums gestellt. Doch während sich die Genehmigungsverfahren hinziehen, nimmt der Holzexport kontinuierlich zu. Atmo Bumba, Fahrt zu , "K 8", Gesang Off-Ton, Erläuterungen Mr. Clément Chewingnon, SIFORCO (franz.) Erzähler Die Stadt Bumba liegt 500 km stromabwärts von Kisangani. Um 7.00 Uhr früh ist Dieter Haag, der Geschäftsführer der deutschen Holzfirma SIFORCO, auf dem Weg nach "K 8 oder Kilo 8", einer von drei Konzessionen mit einer Ausdehnung von insgesamt knapp 2 Millionen Hektar. 200 km führt die Stichstraße in den Wald. Mit 120 Sachen rauscht der Land Cruiser über die gut ausgebaute Piste. Fußgänger, die Körbe oder Wasserkanister auf ihren Köpfen tragen, schauen stumm der Staubwolke nach, bis sie selbst von ihr eingehüllt werden. Atmo Wald, in der Ferne Waldarbeiter... Motorsägen Erzähler Um 8:30 Uhr hält Dieter Haag an einer Wegkreuzung. In der Teambaracke trifft er sich mit seinen Kolonnenführern zur Besprechung. Karten und Satellitenaufnahmen vom Wald sind an die Wände gepinnt, die Wege zu den nummerierten Objekten exakt eingezeichnet. SIFORCO hat den Wald in Planrechtecke aufgeteilt. Jedes hat etwa die Größe eines Fußballfeldes. Pro Block werden ein bis zwei Bäume herausgeholt. Der Rest bleibt stehen und soll sich regenerieren. Eine zweite sogenannte Rotation soll es dann erst wieder in 25 bis 30 Jahren geben. Atmo Gang durchs Gestrüpp, Freischlagen mit der Machete Off-Ton Erläuterungen Mr. Clément Chewingnon, (franz.) Erzähler Am Anfang steht die Prospection, die Bestandsaufnahme der Edelhölzer. Ausgewählte Bäume erhalten eine Nummer und werden im betreffenden Blockplan mit ihrem Standort vermerkt. Vor dem eigentlichen Fällen muss dann mit der Machete ein Pfad vom Holzweg bis zum Baum geschlagen werden. Der Arbeitsweg für die spätere Bergung des Stamms mit schwerem Gerät. Atmo: Arbeiten mit dem Buschmesser, Motorsäge wird gestartet Erzähler Das Buschwerk im Umkreis von 30 Metern um einen Sapelli mit der Nr. 411 wurde schon mit dem Messer weggehauen. Die Waldarbeiter klappen den Gehörschutz am Helm herunter. Monsieur Stany wirft die 15 Kilo schwere Motorsäge an. Auch beim Fällen des 300 Jahre alten Baumriesen werde nichts dem Zufall überlassen, erklärt der junge französische Forstingenieur Clément Chewingnon. O-Ton: Mr. Clément Chewingnon, Forstingenieur SIFORCO, (franz.) 3. Übersetzer Vor ein paar Jahren wurden die Arbeiter hier von Forstexperten einer Schweizer Firma ausgebildet. Sie haben gelernt, zunächst einen genau berechneten Keil in den Stamm zu schneiden. Dadurch hatten wir beim Fällen der Bäume entscheidend weniger Verluste durch Holzbruch. Das ist besser für die Natur und besser für uns. Atmo Motorsäge, Warnruf des Fällteams, Baum fällt Erzähler Beinahe geräuschlos ist der mächtige Baum im exakt vorbestimmten Winkel zu Boden gegangen. Clément Chevignon ist zufrieden. Für Stany, den kongolesischen Holzfäller, war es eine halbe Stunde Knochenarbeit. Schweigend steht das fünfköpfige Team um den anderthalb Meter breiten Stumpf. O-Ton Clément Chevignon, (franz.) 3. Übersetzer Das macht schon etwas mit einem. Das sollte es auch. Da sind gerade eine Menge Jahre gefallen. Das ist immer ein Moment, den man sich bewahren sollte. - Das ist die Poesie des Berufs. Atmo: Einschlagen des Stempels Erzähler Schließlich wird die Registriernummer eingeschlagen, erst in den Stumpf, dann in den Stamm. Sie gewährleistet, dass im Zweifelsfall die Herkunft eines Baums zurückverfolgt werden kann. Noch im Jahre 2004 wurde der deutsche Danzer-Konzern, zu dem auch SIFORCO gehört, in einem Greenpeace-Bericht in Verbindung mit illegalem Holzeinschlag und Schmiergeldzahlungen gebracht. Daraufhin habe sich das Unternehmen der Prüfung durch ein Schweizer Institut für Industrieüberwachung unterzogen und ein Zertifikat erhalten, erklärt Dieter Haag. O-Ton Dieter Haag, Geschäftsführer SIFORCO Die Legalitätskontrolle ist für uns wichtig, weil wir zeigen wollen, dass wir auch in einem sehr schwierigen Umfeld legal arbeiten. Was er jetzt eingeschlagen hat, das heißt, der Stamm kommt von Kilo 8 - das ist unser Chantier hier - der Stamm hat die Nummer 411 und es ist der erste Teilstamm. Atmo: Fällarbeiten, Abtransport, Liéke Lésolé, Gang durch den Regenwald, gedämpfte Unterhaltung (lingala ) Erzähler Der Botaniker Richard Lokoka begleitet Pépé und Delo in die Dschungel-Apotheke. Sie weihen den Mitarbeiter von OSAPY in das traditionelle Wissen um die Heilpflanzen ein. Bisher wurde die Naturheilkunde bei den Pygmäen nur mündlich überliefert. Richard macht sich Notizen und will seine Recherchen als Buch veröffentlichen. O-Ton: Richard Lokoka, Botaniker OSAPY, (franz.) 2. Übersetzer Der wissenschaftliche Name dieses Baums ist Amidium Umanini. Er produziert große Früchte, die essbar sind. Die Pygmäen können tagelang im Wald unterwegs sein und sich ausschließlich von diesen Früchten ernähren. Außerdem kann man aus der Rinde des Baums einen Trank bereiten, der gegen Rückenschmerzen hilft. Erzähler Für die Heilung seien jedoch nicht nur die Heilpflanzen verantwortlich, erklärt Pépé Ekili, sondern auch die rituelle Fürbitte bei den Geistern der Vorfahren. O-Ton: Pépé Ekili des Pygmäendorfs Liéke Lésolé, (lingala) 1. Übersetzer Die Ahnen haben uns die Worte hinterlassen, mit denen wir sie anrufen können. Durch den Tanz und den Gesang. Fällt beispielsweise jemand ins Koma, dann holen wir im Wald bestimmte Pflanzen. Die halten wir über den Kranken und dann singen wir und tanzen um den Kranken herum. Und bald danach, nachdem wir unsere Ahnen so gerufen haben, wird diese Person gesund. Atmo: Trommel, Stimme der Ahnen, Gesang an die Ahnen Atmo SIFORCO-Sägewerk in Maluku, Verladerampe Off-Ton Dieter Haag, Erläuterungen zur Produktion, (deutsch) Erzähler In Maluku, 80 km vor Kinshasa, betreibt SIFORCO das größte Sägewerk im Kongo. Hier ist die einwöchige Reise der Stämme per Floß zu Ende. Mehr als 10.000 sind es im Jahr. Ein Spezialkran hebt die 5-Tonnen-Kolosse aus dem Fluss. Schon hier wird das Holz nach Art und Qualität sortiert. Rund zwei Drittel werden zu 1 mm-Furnier für Möbel und Türen, zu Parkett oder hochwertigem Bauholz verarbeitet. Ein Drittel der Stämme geht direkt zum Seehafen Matadi in den Export. 15 Millionen Euro setzt SIFORCO pro Jahr im Kongo um. Davon fließen gerade einmal 1.3 Millionen in Form von Steuern und Abgaben an den kongolesischen Staat zurück. Einen jährlichen Sozialetat von ca. 300.000 Euro gibt die Firma direkt an die Bevölkerung weiter. O-Ton Dieter Haag, Eröffnungsrede Krankenstation, (franz.), Applaus, Volksfest, Animation "Je déclare ce centre de santé ouvert!" Erzähler In Yamongili, einem Nest in der Umgebung von Bumba, ist das ganze Dorf auf den Beinen. Dieter Haag eröffnet eine neue Krankenstation. Das kongolesische Forstgesetz schreibt vor, dass die Holzfirmen vor Beginn des Einschlags mit den Anrainer-Gemeinden ein Leistungspaket vereinbaren. Die darin enthaltenen Punkte sind Verhandlungssache. Beim Aushandeln des Leistungspakets fehlt den Waldbewohnern oft das Geschick, da sie keine Vorstellung vom Marktwert ihrer Bäume haben. Nicht selten treten sie für vier Fahrräder, fünf Spaten, zehn Kisten Bier und zwanzig Stück Seife oder Ähnliches, die Rechte an ihrem Wald ab. In Yamongili unterzeichnet der Verwaltungschef von Bumba, Léonard Kavula, in einem eigens errichteten Pavillon den mit der Krankenstation erfüllten Vertrag. Für ihn ist die deutsche Holzfirma der einzige Lichtblick in diesen schweren Zeiten. O-Ton: Ansprache Léonard Kavula, Verwaltungschef, Bumba (franz.) 2. Übersetzer Im ganzen Land liegt die Infrastruktur am Boden. Besonders im medizinischen Bereich wird deutlich, dass der Staat seine Aufgaben nicht mehr erfüllt. Daher schätzen wir uns glücklich, dass SIFORCO nun diese Krankenstation realisiert hat. Schulen, Straßen, kostenlose Beförderung von Waren auf ihren Schiffen usw. usw. Ich gehe soweit zu fragen, was soll aus uns werden, wenn SIFORCO sich eines Tages aus dieser Region zurückzieht. Atmo Applaus, Jubel Off-Ton: Ansprache Dieter Haag, (franz.) Erzähler Dieter Haag ist seit 1990 im Kongo, zuerst für Mercedes Benz und seit 2003 für die Holzindustrie. Er weiß, dass die Laudatio des Verwaltungschefs mit entsprechend hohen Erwartungen verbunden ist. O-Ton Dieter Haag, Geschäftsführer SIFORCO, (deutsch) Der Staat macht gar nichts. In den Gebieten wo wir sind, da ersetzen wir sozusagen den Staat. Das ist jetzt nicht im negativen Sinn gedacht, sondern im positiven. Wenn die Leute Probleme haben, kommen sie zu uns und wenn das in unseren Möglichkeiten liegt, dann helfen wir auch. Atmo Schulkinder singen ein Lied, (franz.) Erzähler 1.400 Arbeitsplätze hat SIFORCO im Kongo geschaffen. Je nach Qualifikation verdient ein Arbeiter um die 60 Euro im Monat. Das liegt über den Durchschnittslöhnen, schützt aber nicht vor Armut. Kinderreiche Familien zum Beispiel können nicht alle ihre Kinder zur Schule schicken, weil sie das Schulgeld nicht bezahlen können. Eltern fordern, die Firma solle die Kosten übernehmen. Atmo Schule, Mathe-Unterricht (franz.) O-Ton Dieter Haag, Geschäftsführer SIFORCO Im Moment könnte ich nicht mehr machen als das, was wir schon machen. Die spüren auch, wenn man nicht mehr kann. Wir haben einen dichten Kontakt zur Bevölkerung und ich denke, dass es im Moment für die SIFORCO keine sehr großen Probleme mit der Bevölkerung gibt. Es sind einzelne Leute, die versuchen, Probleme zu machen, aber die kommen nicht weiter, weil das Gros der Bevölkerung schon für die SIFORCO ist. O-Ton Société Civile, Vorsitzender Bumba, (franz.) 1. Übersetzer Die Frage ist doch, ob das, was Sie tun, den Erwartungen der Bevölkerung entspricht oder nicht. Sprechen wir zum Beispiel von unseren Bäumen, die verschwinden. Erzähler Vertreter der sogenannten Société Civile, der lokalen Organisationen, die in den Provinzen die Interessen der Waldbevölkerung vertreten, haben Dieter Haag um ein Gespräch gebeten. "Die Leistungen der Firma stehen in keinem gesunden Verhältnis zu den Opfern, die die Bevölkerung bringen muss", sagen sie. Zum Beispiel der Sapellibaum; er gehört zur Mahagoni-Familie und wird als Möbelfurnier und Parkett exportiert. O-Ton Société Civile Bumba, (franz.) 1. Übersetzer Diese Bäume ersetzen uns den Kühlschrank, den wir nicht haben. Sie produzieren unsere Raupen. Sie fallen in der Saison vom Baum und wir sammeln sie ein. O-Ton Société Civile Bumba, (franz.) 2. Übersetzer Aber es gibt keine mehr! Bei der Bevölkerung häufen sich schon Mangelerscheinungen. Die Raupen sind für unsere traditionelle Ernährung wichtig. Wir essen sie, weil sie wichtige Proteine enthalten. Wir haben um eine Entschädigung gebeten, um Fleisch. Aber nichts passiert! Atmo Regenwald, Regen, Motorboot Erzähler Nach zwei Stunden Fahrt stromabwärts mit dem Motorboot durch ein Labyrinth von Inseln, die wie lange grüne Schlieren den braunen Fluss durchziehen, erreicht man Yakata. Hier, mitten im Regenwald, produziert SEDAF, eine kongolesische Holzfirma unter der Leitung von SIFORCO, monatlich 2.000 Kubikmeter Tropenholz. Über die schnurgerade Holzstraße kommt man nach einer weiteren Stunde in das Pygmäen- Dorf Yengu. Atmo Pygmäendorf Yengu, Gesang (batwa) Erzähler Die dorfälteste Frau eilt herbei. Ihr Gesichtsausdruck ist grimmig. Darüber können auch die Blumen, die auf ihre Wangen tätowiert sind, nicht hinwegtäuschen. Sie schneidet rasch zwei große Wedel aus einem Busch und dirigiert damit mit ausladenden Bewegungen und stampfenden Tanzschritten den Begrüßungschor, der eilig zusammengeströmt ist. Dann werden die Besucher zu Kombi Basele, dem Dorf- Chef geführt. Auch er blickt düster drein und kommt schnell zum Thema. O-Ton Kombi Basele, Chef der Lokalité Yengu, (batwa) 1. Übersetzer Früher gingen wir mit der Lanze auf die Jagd, wie schon unsere Ahnen. Es gab hier genügend Affen, Antilopen und auch Elefanten im Wald. Dann kamen die Maschinen und Fahrzeuge und verjagten die Tiere mit ihrem Krach. Seitdem ist der Wald leer. Wir finden nicht mehr genug Wild, um unsere Familien zu ernähren. Unsere Kinder sterben, weil wir ihnen nicht genug zu essen geben können. Atmo Regenwald Erzähler Der Wald um das Dorf Yengu wird seit zwei Jahren industriell genutzt. Anfangs gab es sogar Jobs für die Pygmäen, als Maschinenwächter. Nach und nach wurde jedoch allen gekündigt, weil sie gelegentlich ihre Posten verlassen hatten. Aber auch die Rückkehr zum traditionellen Leben, zur Jagd, sei ihnen nicht mehr möglich, sagt Kombi Basele, sie seien zu Fremden in ihrem eigenen Wald geworden. Er spricht "Batwa", die alte Sprache der Pygmäen. O-Ton Kombi Basele, Chef der Lokalité Yengu, (batwa) 1. Übersetzer Aus dem Saft vom Baum, den wir Kwapasa nennen, haben wir ein Medikament gewonnen, das gegen die Malaria hilft. Und mit seiner Rinde haben wir uns eingerieben bevor wir auf die Jagd gingen. Der Duft lockte die Tiere an. Aber nun gibt es fast keine Kwapasa mehr. Nun wird uns auch dieser Baum nicht mehr helfen, die Tiere wiederzufinden. Erzähler Können ein bis zwei Bäume aus einem Waldstück von der Größe eines Fußballfelds wirklich das traditionelle Leben der Jäger und Sammler so empfindlich stören? Dieter Haag winkt ab. O-Ton Dieter Haag, Geschäftsführer SIFORCO, (deutsch) Die Pygmäen sind kein sesshaftes Volk. Die sind früher schon immer den Tieren hinterher marschiert, ich denke, dass sie das heute auch noch können. Erzähler Kombi Basele will sich allerdings nicht vorschreiben lassen, was er auf seinem Grund und Boden zu tun oder zu lassen hat. O-Ton Kombi Basele, Chef der Lokalité Yengu, (batwa) 1. Übersetzer Die Pygmäen sind die Verantwortlichen und rechtmäßigen Besitzer des Waldes. Warum bezahlt man uns nicht wenigstens dafür, dass man unser Wild verjagt hat? Wovon sollen wir jetzt leben in unserem eigenen Wald? - Man hat uns eine Schule und eine Krankenstation versprochen, und sehen sie hier etwas davon? Atmo: Erregtes Stimmengewirr bei der "Société Civile" (franz.) Off-Ton: Zitat des Artikel 56 u. 57 des kongolesischen Verfassung Erzähler In Bumba haben sich die Vertreter der "Société Civile", der "Zivilgesellschaft" im runden Pavillon vor dem Haus des Verwaltungschefs zu einer Anhörung versammelt. Sie beklagen, dass die Prüfungskommission der Weltbank ihrer Einladung nicht gefolgt ist. Sie weisen auf die Artikel 56 und 57 der kongolesischen Verfassung hin, welche die Plünderung natürlicher Reichtümer beziehungsweise die Übervorteilung ihrer traditionellen Eigentümer unter Strafe stellt. O-Ton Albert Legrand, Vertreter der "Société Civile" Bumba, (franz.) 1. Übersetzer Die Verfassung ist die Mutter aller Gesetze und ich denke, das Forstgesetz darf nicht gegen die Verfassung stehen, sonst ist es verfassungsfeindlich und damit wirkungslos. Hier werden die Ressourcen der Bevölkerung geplündert. Dazu können wir nicht schweigen! Die Weltbank finanziert das doch alles. Wir wünschen diese Leute zu sehen! Die müssen wissen, was hier läuft und müssen auch mal die Stimme der Bevölkerung hören. Off-Ton Albert Legrand, Société Civile, (franz.) Erzähler Die lokalen Umwelt- und Hilfsorganisationen der "Société Civile" haben im Allgemeinen internationale Partner, die sie finanziell und ideell unterstützen. Sie sind daher näher am Geschehen, als die Behörden, die zudem praktisch ohne Etat arbeiten. Albert Legrand beklagt sich beim Verwaltungschef im Namen der Organisation "Stimme der Unterdrückten" über rücksichtslose Zerstörungen rund um die Pygmäendörfer. O-Ton Albert Legrand, VOIX des OPPRIMÈS, (franz.) 1. Übersetzer Vom Umweltstandpunkt aus gesehen, ist es eine Sauerei. Die richten den totalen Kahlschlag an! - Haben Sie es nicht bemerkt, dass das Klima sich verändert? Die Trockenperiode dauert schon viel zu lange und das Wasser wird knapp! Erzähler Der Verwaltungschef nimmt die Klage zur Kenntnis. Er warnt jedoch gleichzeitig die "Société Civile" davor, sich in die Politik einzumischen. O-Ton Léonard Kavula, Verwaltungschef, Bumba, (franz.) 2. Übersetzer Die Dörfer befinden sich in einer Region der "Kategorie C". C steht für "permanente Produktion". Wer hier von Missbrauch spricht, der irrt sich. Man kann nicht einfach das Forstgesetz außer Kraft setzen wollen. Da kann keiner dran rütteln, weder Pygmäen noch Ausländer! Atmo Büro CENADEP, Kinshasa - Off-Töne (franz.) Erzähler In der Zentrale von CENADEP in Kinshasa laufen die Berichte aller unabhängigen Organisationen, der "Zivilgesellschaft" zusammen. Koordinator Joseph Bobia berichtet von schweren Übergriffen gegen die Waldbevölkerung. Zum Teil beschäftigten die Holzfirmen einen privaten Werkschutz, für den sie ehemalige Söldner und arbeitslose Staatsbeamte rekrutieren. O-Ton Joseph BOBIA, Coordinator CENADEP, Kinshasa, (franz.) 2. Übersetzer Es wurden Leute ausgepeitscht, weil sie die Konzession einer Firma betreten hatten. Ausgepeitscht und eingesperrt, weil sie Pilze sammeln wollten, was völlig legal ist! Es wird Zeit, dass die Menschen dort ihre Rechte kennenlernen. Es ist ihr Wald, sie leben davon. Hätten ihre Vorfahren ihn so schlecht behandelt, wäre er heute nicht mehr da. Erzähler Die Mentalität der Einwohner des reichsten Landes Afrikas hat sich der Armut und Willkür gebeugt. Nach der Kolonialzeit, die angefangen mit dem Gewaltregime König Leopolds des Zweiten Ende des 19. Jahrhunderts 10 Millionen Menschen das Leben kostete, hat das kongolesische Volk nicht mehr das Gefühl von Rechtssicherheit kennengelernt. Off -Ton Françoise van der Ven, Holzindustrie im Kongo, (franz.) Erzähler Die Holzindustrie halte sich wenigstens an das Forstgesetz. Anders die illegalen Abholzer, sagt Françoise van der Ven. Sie ist die Sprecherin des Dachverbands der bisher 15 nationalen und Internationalen Konzessionseigner. O-Ton Françoise van der Ven, (franz.) Sprecherin Sie sehen es am Durchmesser, an der Länge der Stämme und an der Qualität. Die nehmen alles, Holz ist Holz...! Sie kaufen sich irgendwo eine Einschlagerlaubnis und haben weder mit Oberflächensteuer noch einem Leistungspaket etwas am Hut. Im Hafen von Matadi sitzen asiatische Firmen mit einem Büro in irgend einem Container. Die kaufen alles auf, ohne Fragen zu stellen. Erzähler Viele dieser Firmen verfügen weder über die technischen noch die finanziellen Mittel, die bereits geschlagen Bäume abzutransportieren. So lagern die Stämme jahrelang an Ort und Stelle, bis sie nach und nach vermodern. Die Waldbevölkerung muss tatenlos zusehen, wie sich diese Firmen als die neuen Besitzer ihres traditionellen Grund und Bodens aufführen. Didace Pembe, Umweltminister im Kabinett Kabila, hat ihnen den Kampf angesagt, aber viel mehr als drohen, kann er nicht. O-Ton Didace PEMBE, Umweltminister RDC, (franz.) 2. Übersetzer Das sind diese kleinen Ausbeuter, die nach und nach den Regenwald kahlschlagen. - Sie sind es! Die Behörden sind derzeit noch nicht in der Lage, das zu kontrollieren. Aber ich sage ihnen eins. Ich werde Mittel und Wege finden, das abzustellen. Da werde ich mir vielleicht ein paar Feinde machen, aber dann herrscht endlich Ordnung. Atmo Büro Umweltkommissar, Bumba Erzähler In Bumba residieren die beiden Beamten der Umweltbehörde in einem kahlen Büro. Ihre Infrastruktur besteht aus zwei leeren Schreibtischen, zwei Stühlen und einem Portrait von Präsident Joseph Kabila. Von einem Computer oder einem Fahrzeug könnten sie nur träumen, klagt François Mboyo. O-Ton François Mboyo Umweltkommissar, Bumba, (franz.) 2. Übersetzer Das Gebiet ist riesig und wir haben noch nicht einmal ein Motorrad, um im Wald zu patrouillieren. Viermal im Jahr werden wir bei den Konzessionären vorstellig und kontrollieren, ob sie die Einschlagsgenehmigungen bezahlt haben. Wir sind darauf angewiesen, dass uns die Holzfirma eventuelle Gesetzesübertretungen im Wald meldet und uns auch hinbringt. Atmo Feuer, der Wald brennt Erzähler Entlang der Forstwirtschaftswege, die die Holzindustrie hinterlässt, finden sich alle paar Kilometer die verkohlten Überreste von illegalen Brandrodungen, die Regionen rund um Städte wie Bumba nach und nach zu entwalden drohen. O-Ton François Mboyo Umweltkommissar, Bumba, (franz.) 2. Übersetzer Ich weiß, das sind unsere Bauern hier. Sie schlagen kahl und dann brennen sie ab, um nachher Mais zu pflanzen. Das ist verboten. Bisher konnten wir aber noch niemanden inflagranti erwischen. Die machen das meistens nachts. Ehrlich gesagt, wenn wir ankommen, ist es schon zu spät. Wir konnten noch niemanden zur Verantwortung ziehen. Atmo: Flugzeug, allgem. Konferenz ConForDRC, Applaus O-Ton Konferenzleiter, Ansage (franz.) 2. Übersetzer Das Wort hat der Vorsitzende der Vereinigung der belgischen Holzimporteure Armand Stockmans. O-Ton Armand Stockmanns, Fédération Belge, (franz.) 3. Übersetzer Nachhaltige Forstwirtschaft ist der einzige mögliche Weg, den Fortbestand unserer Industrie und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu sichern. Deshalb haben wir uns entschlossen, uns am "Timber Trade Action Plan" und der EU-Resolution zur Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags zu beteiligen. Erzähler Im Frühjahr 2007 berief die belgische Regierung die "Internationale Konferenz zur nachhaltigen Nutzung des kongolesischen Regenwalds" ein. Das öffentliche Interesse für den zweitgrößten Urwald des Planeten entstand vor allem durch seine Bedeutung für das Weltklima. Auch das Schlagwort "Avoided Deforestation" ("Vermiedener Kahlschlag") machte in Brüssel die Runde. Allerdings konnte keiner der Teilnehmer ein schlüssiges Konzept vorweisen, wie die Weltgemeinschaft den Kongo abfinden würde, wenn der Wald zum Nutzen aller stehen bliebe. O-Ton Konferenzleiter, Ansage (franz.) 2. Übersetzer Es spricht Simon Counsell von der "Regenwaldstiftung?. O-Ton Simon Counsell, Rainforest Foundation/Ansprache (engl.) 3. Übersetzer Wir haben ausgerechnet, dass nur durch selektiven Holzeinschlag, in den dafür ausgewiesenen 60 Millionen Hektar Regenwald, innerhalb des Konzessions- Zeitraums rund 6 Milliarden Tonnen Kohlendioxyd produziert würden. Atmo Konferenz Erzähler Das entspricht etwa der Menge an CO2, die die Erde derzeit innerhalb eines Jahres in die Atmosphäre entlässt. O-Ton Laurant Debroux, BM Kinshasa/Ansprache (franz.) 3. Übersetzer Fakt ist, dass dem Sektor Holz, nicht zuletzt wegen der großen Nachfrage, eine besondere Bedeutung bei der Finanzierung des Wiederaufbaus zukommen muss. Wir haben aber der kongolesischen Regierung empfohlen, vor der Vergabe weiterer Titel, die Erstellung von Waldwirtschaftsplänen zur Bedingung zu machen. Off-Ton Laurant Debroux, BM Kinshasa, (franz.) Erzähler Laurent Debroux, der Forstexperte der Weltbank in Kinshasa, rückt inzwischen von der ursprünglichen Empfehlung der Bank ab, die Jahres-Holzproduktion von derzeit 500.000 auf schwindelerregende 60 - 100 Millionen Kubikmeter zu steigern. Der Waldwirtschaftsplan schreibt den Holzfirmen eine umfassende Bestandsaufnahme der kompletten Flora und Fauna innerhalb eines betreffenden Waldgebietes vor. Die deutsche SIFORCO nimmt hierzu sogar professionelle Hilfe des World Wide Fund for Nature "WWF" in Anspruch. Atmo Konferenz O-Ton Konferenzleiter, Ansage (franz.) 2. Übersetzer Es spricht Adrien Sinafasi vom Netzwerk der Ureinwohner Zentralafrikas. O-Ton Ansprache Adrien Sinafasi, Konferenz Brüssel (franz.) 1. Übersetzer Eine nachhaltige Nutzung des Regenwalds ist möglich, wenn auch der spirituelle Blickwinkel der Pygmäen berücksichtigt wird. Ich spreche hier ausdrücklich im Namen unserer Ahnen. Eine klare Zonen-Aufteilung des Waldes gehört auf die Tagesordnung. Wir verlangen zwei feste Sitze innerhalb des interministeriellen Gremiums. Ebenso wollen wir bei der Entscheidung über weitere Fällkonzessionen beteiligt werden. Erzähler Mit der Unterstützung von OSAPY haben die Pygmäen inzwischen das "Netzwerk der Ureinwohner Zentralafrikas" ins Leben gerufen. Mittlerweile sind ihre Stimmen in Brüssel, London, Oslo, Berlin und Washington nicht mehr zu überhören. O-Ton: Adrien Sinafasi, Pygmäen-Vetreter - ConForDRC, (franz.) 1. Übersetzer Endlich sprechen auch offizielle Regierungsvertreter von uns, von der Urbevölkerung. Vorher hieß es, alle Kongolesen sind irgendwie Eingeborene. Das ist schon eine Revolution! Erzähler Derweil häufen sich Berichte über eine neuerliche Eskalation von Gewalt und Verstößen gegen die Menschenrechte im Kongo. Das gibt der Befürchtung Nahrung, dass die neue Regierung nicht den ersehnten Wechsel zu mehr Demokratie und sozialer Gerechtigkeit herbeiführen wird. Die UN-Friedensmission MONUC schaut weg, solange der internationale Handel mit den Bodenschätzen und dem Tropenholz nicht ernsthaft bedroht ist. O-Ton Adrien Sinafasi, Interview (franz.) 1. Übersetzer Wir haben gesagt, was wir zu sagen hatten. Ob man uns zugehört und auch verstanden hat, bleibt abzuwarten. Atmo Regenwald, Gesang der Pygmäen Erzähler "Die Stimme der Pygmäen - Wem gehört Kongos Regenwald?" Sie hörten ein Feature von Georg Roloff. Es sprachen: Hüseyin Cirpici, Claudia Mischke, Volker Risch, Hendrik Stickan und Karl-Heinz Tafel. Ton und Technik: Tim Sander Regie: der Autor Eine Produktion des Deutschlandfunks mit dem WDR Redaktion: Hermann Theißen Atmo Gesang der Pygmäen 25