DEUTSCHLANDFUNK Redaktion Hintergrund Kultur / Hhörspiel Redaktion: Tina Klopp Feature Der Überwacher in uns. Voyeuristische Selbstversuche Von Georg Cadeggianini und Tina Klopp Produktion: DLF 2015 Sprecher: Guido Lambrecht Regie: Hannah Georgi Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Sendung: Freitag, 30. Januar 2015, 20.10 - 21.00 Uhr Collage Wanze, Autoverfolgung, Gestochere von Lockpicker - "offen", Telefonat Tina-Georg, Tina rennt - "krass", Georg "ich bin safe", Autotür darunter Musik: komischer Funk-Rausch-Sound Ansage: Der Überwacher in uns - Voyeuristische Selbstversuche. Mit Georg Cadeggianini und Tina Klopp 1. Atmo Auto, Autoradio, mitsingen Sprecher: Das ist Tina. 38 Jahre alt. Hier ist sie gerade unterwegs zu ihrem ersten Termin. Ihre Aufgabe: So viel wie möglich über Georg herausfinden. Über seine Persönlichkeit, seine Schwächen, alles, was er vor anderen lieber kaschieren möchte. Tina kennt Georg aus Hamburg, sie weiß, dass er wie sie Autor und Journalist ist, dass er mit seiner Familie in München lebt. Was er sonst so treibt, weiß sie nicht. Sie wird ihn verfolgen, ihn analysieren, ihn überwachen. Tina ist unsere Jägerin. 2. Tina danach-befragt Also ich glaub ja ehrlich gesagt, dass wir alle ganz schön voyeuristisch sind. Also auch bei dieser NSA-Geschichte wars ja so, dass man glaube ich bei den Mitarbeitern teilweise Nacktfotos gefunden hat die da so rumgingen und ähm, dass es, äh, Gespräche abgehört wurden, so von den Nachbarn und direkt vonirgendwelchen Bekannten - ich glaube, dass es allen Leuten ziemlich viel Spaß macht, so was rauszufinden über andere. Sound kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät 3. Atmo Familie, Tastatur, Georg zu Hause, tippt, hält inne, seufzt Sprecher: Das ist Georg. Unser Opfer. 37 Jahre alt. Noch sitzt er völlig unbehelligt mit seinen sieben Kindern in seiner Münchner Wohnung und versucht, an einem Artikel zu arbeiten. Seine Aufgabe: Sich vor Tinas Zugriffen zu schützen. Und vor allem: sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. 4. Georg danach-befragt Interessieren sich die Leute überhaupt für Überwachung? Ich bin mir da gar nicht so sicher. Mich hat daran interessiert, wenn man das wirklich ernst nimmt - was passiert mit einem, wenn man sich ständig beobachtet fühlt, wenn man die Überwaschung an sich ranlässt auch. 5. Atmo Autotür, Schritte Sprecher: Neuss in Nordrhein-Westfalen. Tina steuert auf ein schlichtes Eckgebäude zu, auf dem Schild an der Tür: Gudrun Müller, Forensische Text- und Schriftanalyse. Atmo Türklingel 6. O-Ton Klopp/Müller: 10. Ich habe ja jetzt ein paar offizielle, ausgedruckte Dokumente ergattert - können Sie da irgendwas draus schließen, wenn Sie jetzt nur diese Papiere anschauen? (..) Sprecher: Tina legt Briefe auf den Tisch, die sie in Georgs Altpapiertonne gefunden hat. Vor allem drei Schreiben von Georg wecken Müllers Interesse, zwei offizielle Behördenbriefe und eine Beschwerde an einen Handyhersteller: Atmo Papier 7. O-Ton Müller (...)aus denen geht hervor, dass es jemand ist, der erstaunlich wenig Fehler macht, allerdings ist mir eine interessante Schreibweise von bedauerlicherweise aufgefallen, und zwar in dem Brief ans Amt, der auch beigefügt ist, und da steht bedauerlicherweise zusammengeschrieben und klein. Und das ist eher so oldschool Schreibweise. Andererseits hat er sich so konsequent an die Doppel-S und ß-Schreibeweise gehalten, da habe ich keinen einzigen Fehler gefunden, dass ich denke, er ist noch nicht so alt wie ich, also er noch so, würde ich sagen, würde ich sagen, irgendwas so über 30, das wäre jetzt mal ganz blind geschätzt. Sprecher Normalerweise wird Müller von Polizei oder Gerichten bestellt, um die Verfasser von Drohbriefen oder Bekennerschreiben zu ermitteln. Tina erfährt von ihr: Georg ist mit der neuen Rechtschreibung sehr vertraut, was sein ungefähres Alter verrät. Aus der Wortwahl schließt Müller auf seine sozialwissenschaftliche Bildung, vermutlich Hochschulabschluss. Außerdem gibt sich Georg anhand des Worts "Sprengel" als Süddeutschen zu erkennen. Am Ende wagt Müller auch eine vorsichtige Aussage über seinen Charakter. 8. 11. (...)-also es gibt ja einen Brief an einen Schuldirektor - und da ist er sehr - also er kann sich perfekt in die Position hineinversetzen, ist höflich, auf der anderen Seite bleibt er zielstrebig bei seinem Anliegen, und das ohne irgendwie matschig, weich, unhöflich, oder kadavergehorsam oder irgendwie schleimig freundlich zu sein. Das kriegt er wirklich gut hin. 9. 15. Also der wahre Charakter eines Menschen zeigt sich glaube ich unter anderem darin, wie geht jemand mit Ärger um. Also er beschwert sich ja, in dem einen Brief, über sein Mobilphone, und da finde ich das sehr nachhaltig, wie er argumentiert, und es sind - er hat es sehr gut unter Kontrolle. Es ist son leiser Anklang von Ärger dann auch zu hören, aber nur so ganz sanft. Und behält sich dann noch son open ending vor. Und das macht nicht jeder. Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät 10. Atmo Tür öffnen Sprecher: Georg hat sich den Wohnpsychologen Uwe Linke nach Hause geholt. Die beiden gehen durch Georgs Wohnung. Georg will von Linke wissen, was er bereits über sich Preis gibt, wenn er nur Bilder seiner Wohnung bei Airbnb im Netz hochlädt. 11. Atmo Wohnung Georg/Herumgehen 12. O-Ton Linke/Georg Diese Wohnung ist zum Großteil sehr vergangenheitsbezogen. Das heißt: Offensichtlich zehren die Bewohner von der Zeit, die abgelaufen ist. Das sieht man an den Möbeln, an dieser Hin Gewandtheit zu den 50er oder 60er Jahren. Im Prinzip wäre es doch mal eine interessante Möglichkeit zu sagen: Warum hänge ich mir nicht die Bilder vom Urlaub auf von den Orten, wo ich noch hin will. 13. O-Ton Uwe Linke ((Georg)) So, wo gehen wir hin? 11. Atmo Wohnung Georg/Herumgehen 14. Wenn das der Zugang zum Elternschlafzimmer ist, dann wirds spannend. Ist es offensichtlich ((evtl. Türöffnung aus Atmo 11 ganz am Schluss drunter?)) Hier gibt es also ein Bett, lustiger weise vor dem Fenster. Ich kenne keinen Menschen, der sein Bett vor dem Fenster aufstellen würde. Sehr spannend, dass das Bett keinen Kopfteil hat, und der Kopf an der Außenmauer zum Fenster liegt. Würde ich nicht so machen, kenne ich auch nicht viele Leute, die das ertragen würden. Sie haben den Kopf direkt an der Außenwelt. Hier scheinen die Menschen sehr offen, und auf eine gewisse art und Weise auch unbesorgt zu sein. Hier entsteht wenig Schutzsituation, d.h. dass die Leute auch offensichtlich auch gar keine Angst haben, vor dem was ihnen passiert. Das sind Menschen, die haben keine Angst vorm Leben. Sprecher Georg erfährt vom Wohnpsychologen, dass eine neue Bekanntschaft hier höchstens für einen Seitensprung bliebe. Georgs Wohnung outet ihn als unverbindlichen Charakter: viele Provisorien, nichts hier ist kostbar und auf Dauer eingerichtet. Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät 15. Zuspiel Atmo Stimmhaus 16. O-Ton Waibel 8. 1,70, schlank, ich glaube nicht, dass er dick ist, vielleicht hat er ein kleines Bäuchlein, aber das ist unwesentlich, ansonsten würde ich sagen, ist die Fettverteilung maximal im Bauch, aber ansonsten ist er eher schlank. Also nicht zu groß, schlank, vielleicht sogar drahtig, so drahtig nicht, ich glaube nicht, dass der in besonderer Weise jetzt körperlich trainiert ist oder regelmäßig ins Fitnessstudio geht, aber auch das kann sein. Sprecher: Jochen Waibel vom Stimmhaus hat Tina mit seiner Website gelockt: Er könne die Persönlichkeit eines Menschen anhand der Stimme ermitteln. O-Ton Tina Waibel 15. 1 Atmo Stimmhaus 17. 2. (darunter Georgs Stimmprobe) Also hier ist die Stimme sehr verhaucht. Das fällt auf. (noch etwas Stimmprobe) 18. 3. Also er wirkt in dieser Stimmaufnahme ja sympathisch, aber dieses Unlockere, also dieses Festhalten, würde ich jetzt auch erst mal hypothetisch in den Raum stellen, das könnte eine Grundstruktur von ihm sein. Also eher schauen, dass ich auf der sicheren Seite bin, Sicherheitsbedürfnis, höheres Kontrollbedürfnis. Sprecher: Tina tippt Georgs Nummer in ihr Handy und reicht es dem Stimmexperten. 19. (drunter laufen lassen) ((5. (Anruf) .. ist das auf laut? Nee, Stimmt. (Klingeln) Hallo? Mit wem spreche ich da? Hallo, Georg Cadeggianini hier. Ah, Georg? Wer spricht denn dort? 20. 6. Und hat das noch irgendeinen neuen Eindruck von ihm verschafft? Es zeigt einfach, - die Stimme, die eher ins Helle geht, wo das die dunkleren Anteile, die tiefen Resonanzen weniger repräsentiert sind. Ja. 21. 7. Wenn es jetzt darum geht, ich muss ja ausloten, als Angreiferin, ist er ein geeignetes Opfer, komme ich gut an ihn ran, wenn er jetzt eine total tiefe, resonante Stimme schon gehabt hätte, würde man ja vermuten, es ist vermutlich schwieriger, an ihn ranzukommen. Es geht dann um den Dominanz-Effekt möglicherweise. Also ist er mehr oder weniger dominant. In diesem Telefonat jetzt war ich ja auf ne Art dominant, ich habe ihn angerufen, ich habe ihm keine Information über mich gegeben, es ging jetzt darum, einfach seine Stimme noch mal kurz zu hören, und das versteckt, verborgen. Da habe ich das Feld bestimmt.)) Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät 22. O-Ton Georg/Dietz Ich würde sagen, wir legen mal los oder? Ich bräuchte von Ihnen noch ein bis zwei Erlaubnisse: Eine Erlaubnis wäre: Darf ich Ihr Unbewusstes duzen und Georg nennen? Gerne, ja. okay, Prima. Die zweite, das weiß ich noch nicht, ob das wichtig wäre, ob ich evtl. in der Trance die Hände anfassen darf. Auch das. Gerne. Dann würde ich Sie als erstes mal bitten, es sich hier wirklich bequem zu machen. Sprecher: Georg sitzt, die Ellbogen auf den Armlehnen aufgestellt, in einem weißen Leder -Sessel. Der gehört Elke Dietz, einer Hynotherapeutin. Sie wird ausloten, welche Geheimnisse in seinem Unterbewusstsein schlummern. 23. O-Ton Georg/Dietz Unbewusstes, unbewusstes von Georg, ist es in Ordnung, wenn Georg hier und heute Hypnose nutzt, um die Persönlichkeitsmerkmale für sich anzutreffen, die ihm vielleicht selbst gar nicht so bewusst sind. Wenn das so in Ordnung ist, dann Unbewusstes lass bitte die linke Hand nach unten gehen. Wenn ein anderes Thema oder anderes Vorgehen wichtig und richtig ist, dann bitte lass die rechte Hand nach unten gehen. Das scheint eine hervorragende Idee zu sein. Die linke Hand geht nach unten. Prima. Sprecher Georg erfährt von der Hypnotherapeutin, dass er extrem leicht zu hypnotisieren ist: "Wie mit dem warmen Messer durch Butter," sagt sie. Die Hypnose lockt vor allem zwei Themen aus seinem Unbewussten: Dass er sich auf dem Mut von anderen ausruht. Dass er nicht gut Alleinsein kann. 24. Georg danach-befragt Naja, ich war da auch ziemlich skeptisch erst mal. Und hatte gedacht, häh, funktioniert das, dass das Unbewusste dann plötzlich meine Hände übernimmt, da die Regie übernimmt? Und ich saß da, hab die Fragen gehört, ganz bewusst, aber die Hände haben geantwortet. Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät 25. Atmo Film Balanceboard Sprecher: Köln, südlicher Stadtrand, Tina sitzt im Büro der Physiognomikerin Anita Horn-Lingk. Sie schauen gemeinsam auf einen Bildschirm: Georg beim Sport. 26. O-Ton Einstieg Physiognomikerin O-Ton 35. - (...) Ja. Hm. Es ist ne Person, die man letztendlich nicht so leicht manipulieren kann. Das ist was, was man sieht. Weil wenn man jemanden sucht, den man auch ja, für Dinge einsetzen kann, und der vielleicht lapidar gesagt auch mal nach seiner Pfeife tanzt, dann ist er nicht der Typ. Weil man das ganz klar sieht. Dazu ist seine Nase zu präsent, er will auch gerne irgendwie selbst den Ton angeben, also da würde er sich mit seinem Gesicht schon verrate, dass er sich da nicht so leicht unterordnet. Psychophisiognomik wird auch im Personalmanagement oder im Human Ressource Management oft eingesetzt, das müssen natürlich aber auch Leute sein, die da eine gewisse Kompetenz haben, Menschen nicht zu kategorisieren, sondern in ihrer Ganzheit zu sehen, deswegen muss man immer vorsichtig sein damit. Aber es gibt einfach auch die Haltung zu sagen: jeder soll auch zu der Stelle passen, sonst wird - fühlt er sich ja auch nicht wohl. Sprecher Tina erfährt, dass Georg einen guten Orientierungssinn hat. Das erkennt die Physiognomikerin an den neanderthalerähnlichen Wölbungen über Georgs Augenbrauen. Sein markantes Clownskinn - die Partie, die bei Clowns weiß geschminkt ist - kennzeichnet ihn als Menschen, der oft lacht. Sonst wären diese Muskelpartien nicht so ausgeprägt. Die hohe Stirnpartie zeugt davon, dass er sehr moralisch denkt. Ob er aber tatsächlich auch so handelt, kann man daran nicht sehen. 27. 36. Was auch noch ne kleine Diskrepanz ist: er kann eigentlich sehr gut beim Reden denken, also während er redet kann er noch besser lösungsorientiert sein. Das nutzt er aber nicht so richtig. - woran sieht man das? Das sind die Ohren. Und zwar gibt es zwei Ohrleisten, die äußere und die innere, und wenn die innere Helix oder Ohrleiste so wenn man von vorne draufguckt hervorsteht, dann hat man dieses innere Kommunikationsvermögen. Also diese Ohrleiste, wenn die sichtbar ist, von vorne gesehen. - Also es ist sozusagen diese Rille die nochmal neben dem eigentlichen Ohrrand irgendwie auf der Mitte zu sehen ist, okay. Und die bedeutet, man kann sehr gut über inneres Reden, und über vieles im Gespräch reden, so dass sich aus dem Redevorgang die Lösungen entwickeln. Menschen die das nicht haben, die werden ganz ungeduldig, wenn jemand so vom Höckschen aufs Stöckschen kommt und so assoziativ, Sprechdenken macht. Das führt oftmals zu Konflikten oder zu Kommunikationsproblemen. - woran sehen Sie, dass er das nicht nutzt? Das ist der Glanz. Also wenn man Areale stark nutzt, wenn die quasi in Resonanz gehen und aktiv sind, dann glänzen die. Also manchmal, wenn man so sagt, ah ich habe da, mir glänzt die Stirn oder die Nasenspitze, dann heißt das nicht was negatives, sondern bei den Physiognomen ist das was sehr schönes, weil man eine Anlage lebt.)) 28. 1. Atmo Eingang, Klingel, Fahrstuhl Sprecher: Tina sucht den Hacker Pablo Endres auf. Sie hat gehört, es sei eigentlich ganz einfach, Email-Konten zu hacken und so an persönliche Informationen zu gelangen. Zuspiel Atmo Starplatz/Fahrstuhl/Klingel Pablo schlägt ihr vor, Georg mit Hilfe einer geklonten Website anzugreifen. Dafür bauen sie eine Seite nach, die 1 zu 1 aussieht wie das Original, wie Wikipedia oder Perlentaucher zum Beispiel. Nur - im Hintergrund wird Pablo für Tina die Fäden ziehen. 29. 4. (gekruschtel) - was hast du da gemacht? also wie hast du versucht, auf den Server zu kommen, kann man das erklären für einen Laien? Ja, da gibt es ein wieder ein Stück Software, der die verschiedene Eintrittsmöglichkeiten von dem Server probiert, um zu gucken, was läuft da drauf, was ist da für ein anderes Programm, die auf der anderen Seite antwortet, und da kann man relativ schnell sehen: kann man da weiter, kann man sich einen Fuß da fassen oder geht das gar nicht. Und der Server sieht erst mal gut aus. Mindestens nicht direkt angreifbar. - Und du meintest ein Problem ist, dass wir versuchen ihm nicht zu schaden, also dass das das besonders schwierig macht. - Ja klar, wenn wir das nicht so viel Rücksicht haben, dann könnten wir vielleicht einen Virus hinschicken oder einen Trojaner hinschicken, und man weiß nicht ganz genau, wie sein Rechner damit reagieren. Manche reagieren ganz allergisch, oder dieser Trojaner, wahrscheinlich würde ich was einsetzen, das ich selber nicht geschrieben habe, dann weiß ich nicht ganz genau, was das Ding macht, und da habe ich ein bisschen Zweifel daran. - Okay, also wir habens so besonders schwierig, weil wir so nett sind. Genau. - Schade, warum sind wir eigentlich so nett. (lachen) Aber das hat ja wahrscheinlich auch noch den Vorteil, dass er es nicht merkt, ne, wenn wir jetzt versuchen, bei ihm ... genau. 30. 18. (Atmo Eignungsdiagnostik, Kaffee, bla, bla) Sprecher: Georg ist auf Jobsuche. Tina hat ihn überredet, sich von einem Unternehmen für Eignungsdiagnostik testen zu lassen - viele große Unternehmen nutzen solche Programme für ihre Bewerbungsverfahren. Was Georg nicht weiß: Tina hat ihm auch einen Test untergeschoben, der sogenanntes kontraproduktives Verhalten misst. Jetzt sitzt Tina bei dem Geschäftsführer Andreas Lohffs im Büro. 31. O-Ton 24. Wir haben ihn einen Fragebogen machen lassen, den hat er leider nicht so richtig ordentlich gemacht. Mir scheint, aus seinem Profil heraus, wenn man ihn an die richtige Stelle setzt, würde ich sagen: hat man keine Probleme. - Aber was hätten Sie dabei herausfinden können? Da hätten wir rausfinden können so was wie grundsätzliche Zuverlässigkeit, also wie sehr hält sich jemand an Zusagen, an Versprechen, die jemand gegeben hat, wie risikofreudig ist er, wie sehr kann er einschätzen, wie die Folgen einer bestimmten Tat sind. (...) Und eigentlich, wenn man sich die Forschung zu diesem Bereich anschaut, dann weiß man, dass eigentlich jeder früher oder später unter bestimmten Bedingungen kontraproduktives ethisch nicht ganz korrektes Verhalten an den Tag legen kann. (...) - Und da hat er so schnell geantwortet, oder warum sagen Sie, Da hat er ein bisschen schnell geantwortet und die Ergebnisse, die wir haben sind alle sind nicht sehr aussagekräftig, da hat er sich ein bisschen durchgeschummelt, würde ich sagen. Aber ich würde jetzt daraus nicht sagen, er ist kein zuverlässiger Mensch. Dazu ist mir das Ergebnis jetzt zu unzuverlässig von der Beantwortung her. 32. 23. Meine Aufgabe ist ja so viel wie möglich über Georg herauszufinden, vor allem, was seine Persönlichkeit betrifft und was er vielleicht auch vor mir zu verbergen trachtet. Könnte Sie - das ist jetzt vermutlich schwierig, jetzt daraus zu schließen, aber könnten Sie mir irgendeinen Hinweis geben, wo ich da mal bei ihm nachhaken müsste. Ich könnte mir vorstellen, dass er seine dieses leicht chaotische, das er hat, dass er das versucht zu überspielen. Und vielleicht sich da son bissschen durchschlängelt. Ich - da würde ich vielleicht mal hingucken. Atmo im Netz klicken, Rechnersummen Sprecher: Tina surft im Netz und liest sich die Nutzerkommentare zu einer Abhörwanze durch Tina (liest grübelnd vor): G. Hertler, 5 von 5 Sternen Durch die einfache Bedienung ist es nicht nur "Digital Natives" und Technik-Begeisterten möglich, die Wanze an einem sicheren Ort zu verstecken (hier ist sowieso mehr die Kreativität gefragt). Für den häuslichen Gebrauch ist das Gerät ohnehin zu empfehlen, denn in meiner Familie gibt es seit Anschaffung des Gerätes keine Geheimnisse mehr und der Umgang miteinander ist offener und (zumindest meinem Empfinden nach) auch herzlicher geworden. - na super! Susi 3 von 5 Sternen Habe das Gerät im Portemonnaie meines Freundes versteckt, leider hatte er in dem Dorf kein Empfang und die rote Lampe blinkte dauernd, so hat es mich verraten. Schade, denn man hört eigentlich gut, Stimmen, Radio, etc. 33. Atmo Wanzensound Sprecher: Tina bestellt die Wanze und lässt sie an die Adresse einer Hamburger Bekannten versenden, bei der Georg wegen eines Jobs ein paar Tage übernachten wird. Schon während die Wanze per Post unterwegs ist, kann Tina die Umgebung mithören- einfach, indem sie auf der Sim-Karte anruft, die in dem Streichholzschachtel-großen Gerät installiert ist. 33. Atmo Wanzensound 34. Tina- telefoniert mit Freundin Okay, und er kommt immer abends irgendwann zu Hause Ja, dann tu die Wanze ... Nein, nicht in sein Schlafzimmer bitte, das wäre mir irgendwie voll unangenehm, da anzurufen (...) Atmo Kekstüte raschelt, Kauen, Tee eingießen Sprecher: Tina und Pablo sitzen in Pablos Wohnzimmer, trinken Tee und essen Marshmallow-Kekse. 35. O-Ton Pablo/Tina 3. - Okay. Wie schaut's aus? Er hat noch nicht auf unsere Links gegangen, aber ich versuche jetzt parallel dazu seine Email-Account zu knacken, das Passwort dafür rauszufinden. Dafür verwendet man so ein schönes Programmchen, und ich gebe dem eine Liste von möglichen Passwörtern, und er klapperts einfach all durch. Ich habe ihm jetzt eine Liste von 400.000 Passwörtern gegeben, und jetzt arbeitet sich dieses Programm einfach alle Passwörter hintereinander durch. - ah, okay, und das ist - ich sehe jetzt nur son Textfeld, mit grünen Zeichen, Wahnsinn, das sind dann immer die Passwörter, die er ausprobiert? Alisa, Alison, Allah - Ja, ich habe ihm einfach ein relativ breites Wörterbuch gegeben, und dann mit Glück ist da sein Passwort das er hat in unserer Liste drin. Wenn er ein vernünftiges Passwort hat, dann kann man das vergessen, das wird nicht funktionieren. - Vielleicht hat er bei Facebook ein einfaches Passwort. Das kann auch sein. Aber Facebook, wenn man so was bei Facebook macht, merkt da Facebook relativ schnell, dass man - also irgendwie nach drei, vier versuchen wird man geblockt. - Alleine dass sein Programm das nicht merkt ist schon erstaunlich, oder? Ich denke - diese Website ist beim deutschen Hoster gehostet und ich glaube die werden das auch merken. Vielleicht kommen dann die auf mich wieder zu. Dann werde ich die auf dich verweisen. - Ich backe dir einen Kuchen mit ner Feile drin, wenn du im Knast bist. Das ist lieb von dir. (Lachen) Sprecher Tina bekommt von Pablo ein kleines Zusatzprogramm: "Streak" zeigt an, wann der Empfänger eine Email geöffnet hat und wie oft und wo er sich dabei gerade befand. Tina entlarvt damit nicht nur Ausreden von Georg wie: "habe deine Mail erst heute früh gesehen", oder "ich bin noch bei meiner Großtante im Schwarzwald". Sie weiß auch, dass Georg ihre letzte Email nicht weniger als sieben mal geöffnet hat, bevor seine Antwort kam. Sie könnte daraus schließen: Er hat immer wieder an seiner Antwort gebastelt. Er gibt nur vor, total cool und busy zu sein. 36. Atmo Wanzensound Donnerstagmorgen in Hamburg Lachen, Verschlafen, Kaffee trinken Sprecher: Es ist Donnerstagfrüh. Tina hat Kopfhörer auf und lauscht, was die Wanze mitschneidet, deponiert von der Bekannten auf einem Regal über dem Küchentisch. Sprecher Tina erfährt: Die beiden haben verschlafen und trinken Kaffee. Es ist schon nach halb zehn, eigentlich müsste Georg bei der Arbeit sein, offensichtlich ist es gestern Abend spät geworden. Interessante Informationen für einen misstrauischen Arbeitgeber oder eine eifersüchtige Ehefrau. Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät ATMO Büro 37. O-Ton Stalking-Opfer Christine Doering Bei mir ist ja auch Post zum Beispiel geklaut worden. Und dann sinds Dinge: Man kriegt eine Woche lang überhaupt keine Post. Und dann fängt man an, sich zu fragen: Wäre jetzt eine da gewesen? ist die weg? Sprecher: Georg ist verunsichert. Neuerdings bringt er den Absturz seines Rechners oder einen verirrten Telefonanruf sofort mit Tina in Verbindung. In ihren Mails erwähnt sie manchmal Dinge, die sie gar nicht wissen kann. Georg spricht mit Christine Doering darüber. Sie war über zwei Jahre lang Opfer eines Stalkers. 38. O-Ton Stalking-Opfer Christine Doering Es schränkt einen halt unheimlich ein, wenn man das ganze Leben darauf ausrichtet, dass dieser Mensch nicht an Informationen über einen kommt. Das geht schon beim Müll wegwerfen los. Bei mir gehen meine Kassenzettel und alle Unterlagen. Alles, wo irgendwas Persönliches draufsteht, geht einmal durch n Schredder und landet dann erst im Müll. Das ganze Leben richtet sich darauf aus, dass man vom Täter nicht gefunden wird. Sprecher: Georg sitzt mit Doering im leeren Büro eines Bekannten von ihr. -Mitten im Satz fährt auf einmal die Lüftung des Bürodruckers hoch. Beide zucken zusammen. Wird dann halt schon in gewissem Sinne auch paranoid. Ist da jetzt wieder was gewesen? Wird einem mal das Auto zugestellt mit irgendwelchen Gegenständen, was jetzt völliger Zufall sein kann. Es kann halt auch mal irgendeiner vorbei gehen, der meint, er muss jetzt so was spaßmäßigmachen. Da kommt sehr viel im Alltag zusammen, wo man dann einfach nicht mehr weiß, wie man s einordnen soll. Was war das jetzt? Was bedeutet das jetzt? Und was kommt als nächstes? 40 Atmo Praxis Sprecher: Nach dem Gespräch mit Döring sucht Georg den Münchner Psychotherapeuten Martin Pröstler auf, um sich von ihm beruhigen zu lassen. 41. O-Ton Georg/Martin Pröstler Ich denke wir sind alle kleine Voyeuristen. Kleine oder große Voyeuristen. Weil diese Schaulust, die ist ja schon was Menschliches. ...Also der Nobelpreisträger setzt ja im Prinzip seine Neugier auch nur ein, um etwas Neues zu finden und sich nicht mit schnellen Lösungen zufrieden zu geben.... Sozial akzeptiert plötzlich. Der Voyeurist, der sozusagen hinter der Gardine steht und seine Nachbarn neugierig ausspäht, ist dagegen sozial nicht so akzeptiert. Ich glaube aber, der Trieb, die Gier oder die Motivation, ist schon vergleichbar der beiden. ((Georg)) Was an Voyeurismus ist ganz alltäglich? Naja, Voyeurismus hat ja auch so was, erstmal: Ich bin doch kein Voyeur. Aber wenn man mal einfach hinschaut. Es ist wirklich die Lust zu schauen, die Lust zu sehen, die Lust, die Welt zu entdecken. Ganz wertfrei, fast eher noch positiv besetzt. ... Natürlich ist es dann so, und da sind die Grenzen auch vielleicht ins Pathologische fließend, wenn es absolut überhand nimmt, dass ein Mensch sozusagen die Befriedigung nur noch daraus zieht, andere zu belauschen. Dann wirds grenzwertig ..., Also er findet sich selbst bei sich selbst nicht mehr. Dann sprechen wir natürlich gerade auch in der Psychotherapie schon auch von Störungen. 42. ATMO Kratzgeräusche Sprecher Georg beobachtet Martin Huebler, wie er mit einer Mischung aus Zahnarztbesteck und Stricknadel in einem Schloss herumstochert. Es ist ein Standard-Schließzylinder, wie er im Großteil der Haustüren verbaut ist. 42. ATMO Kratzgeräusche . Offen. 43 O-Ton Lockpicker Ich bin nicht so gut in Übung. In Wettbewerben werden solche Schlösser sehr schnell geöffnet. Typischerweise im Sekundenbereich. 20 Sekunden, 30 Sekunden für einfache Schlösser Sprecher Stalkingopfer Döring hatte einen Panzerriegel an ihrer Wohnungstür. Georg möchte nun von Huebler wissen, wie leicht man seine Haustür öffnen könnte. Huebler ist Vereinsvorsitzender der Münchner Gruppe der Sportsfreunde der Sperrtechnik. Er ist ein sogenannter Lockpicker. 44. Wenn wir jetzt meinen Schlüssel noch mal zur Hand nehmen, meinen Schlüsselbund. Welcher ist der beste Schlüssel hier? Der hier? Der hat sehr, sehr viele Bohrmulden. Und ist quasi etwas, was man nicht unbedingt picken würde. Was ich natürlich machen würde, ist ein Abguss davon und ihnen den nachgießen. Oder bei der Hausverwaltung die Schließanlage klauen und beim Hersteller nachbestellen. Aber ansonsten zum Picken ist das sehr schwierig ATMO Post Sprecher: Aber Tina interessiert sich nicht für Schließtechnik, sie bringt gerade ein Paket zur Post. Darin: die Wanze. Sie hat im Netz den Namen einer Nachbarin von Georg gefunden. Der schickt sie jetzt das Paket mit der Wanze, c/o an die Adresse von Georg. Atmo kurzes Rauschen/Krisseln, wie Senderwechsel bei einem alten Fernsehgerät (vielleicht hier minimal länger gezogen) Sprecher: Zwei Tage später nimmt Georg in München das Paket entgegen. Er legt es auf die Ablage im Flur, es ist für seine Nachbarin 45. Atmo Wanzensound in München: Kinderlärm Sprecher: Mehrmals täglich ruft Tina die Wanze an. Doch immer hört sie nur: Kinderlärm. Tina wird nervös, dass die Batterie schlapp macht. Dann, am Donnerstagabend, hört sie ein Telefonat ab. Georg spricht mit einer gemeinsamen Bekannten: die beiden Lästern. Das Thema: Tina und die Männer. Es wird ziemlich viel gelacht. 46. Tina danach-befragt Äh, das hat mich erstaunlicherweise wirklich total gepackt. Ich konnte die Nacht drauf überhaupt nicht schlafen und habe die ganze Zeit gedacht so: ähm. Super, was mache ich jetzt eigentlich mit der Information? Ist ja klar, manchmal reden andere Leute über einen aber mir war irgendwie nicht klar, wie unangenehm das ist, das anzuhören. Am nächsten Tag hat mir diese Bekannte dann auch ne SMS geschickt, ne total nette. Und ich hab gedacht so - ich habe zuerst überhaupt nicht drauf geantwortet - und habe gedacht, du blöde Kuh. Sprecher: Tina sitzt vor dem Rechner, öffnet eine Mail von Pablo, dem Hacker, mit einem Strandfoto im Anhang. "Bin in Südamerika, hab keine Lust mehr zum Hacken, lass uns aufgeben. Adios." Tina guckt lange auf das Foto vom Meer. Dann kickt sie mit dem Fuß gegen ihren Abfalleimer. Sie wählt die Nummer von Georg - sie will ihn direkt mit ihren Verdächtigungen konfrontieren. Sie lässt KishKish mitlaufen - einen digitalen Lügendetektor. Kishkish gibt es gratis im Netz, angeblich hat er Bill Clintons Aussage zu Monica Lewinsky als Lüge entlarvt. 47. Gespräch Georg-Tina leise/Skype-Sounds Das Problem: Bei Georg schlägt KishKish bei jeder Antwort aus. 48. ATMO Mannheim Tina speichert das Gespräch, und fährt damit zu Arnulf Deppermann. Er empfängt sie in Mannheim am Deutschen Institut für Sprache 48. O-Ton Tina/Mannheim 55. (.blablabla Ausschnitt aus dem Originalgespräch über Computerlautsprecher..) wieder lange Pause. Sehr lange Pause. Das ist auffällig. .. (ich würde mir schon - also ich glaube, bei mir ist noch Platz für gute Freunde, ich habe mal neulich mit jemanden geredet, der hat gesagt bei ihm sei - das wahnsinnig hässliche Wort - er habe gerade Aufnahmestopp.) jetzt spricht er wieder über andere. Also sehen Sie, das ist so ne Bewegung, die er ganz schnell hat. Er nimmt die Frage an, für sich, sagt meistens eine erste Sache die irgendwas mit ihm zu tun hat, die aber klarerweise nur ein Antwortbeginn ist, und dann geht er auf Dritte. Sprecher Von Deppermann erfährt Tina, dass sich Georg linguistisch genau so verhält wie er sich selbst beschreibt. Er hält Georg deswegen für ehrlich. So beschreibt sich Georg als jemand, dem es schwer fällt, sich zu fokussieren. Und genauso lavieren auch seine ausufernden Antworten. 49. 47. - Was glauben Sie, welche Art von Konflikten man mit ihm hat? Dass er sich schwer entscheiden kann. Ja, dass er sich schwer entscheiden kann und vielleicht auch, wenn Sie jemand sind, der ein anderes Tempo hat, dass es schwierig wird. Also dass er nicht jemand ist, - er lässt sich viel Zeit und da liegt sicherlich seine Stärke drin, aber dass Sie wenn Sie eng getaktet arbeiten wollen, (...) dass das nicht so sein Ding ist. Sprecher Aber vor allem stellt der Linguist fest: Tina hat Georg falsch befragt. Um wirklich etwas über jemanden zu erfahren, muss man ihn erzählen lassen, und gerade keine konkreten, nachbohrenden Fragen stellen wie: "Bist du treu?" oder "Hast du Angst, kein echter Mann zu sein?" 50. Das ist jetzt linguistisch sehr interessant, in der ganzen Interview, was ne halbe Stunde, fast ne halbe Stunde lang ist, bringt er nur zwei Erzählungen. Das ist sehr auffällig wenig. (...) Eine Erzählung geht gar nicht über ihn, sondern über seinen Bruder und dessen Verhältnis zum Vater und eine geht über ihn, wo er über die Ferienreise mit seinem Freund, dem er da die Kamera beschädigt, dann spricht. Das fand ich sehr aufschlussreich, und das gibt's ganz selten, dass er sehr viel über sich sagt, aber nicht narrativ, nicht erzählend. Atmo irgendeine Atmo, Büro/ Polizeistation Sprecher: Tina trifft den Profiler Axel Petermann, der für die Bremer Kriminalpolizei zahlreiche Mordfälle aufgeklärt hat. Er hat Computerausdrucke dabei. Screenshots, Texte aus dem Internet, Fotos. Auf manchen ist Georg zu sehen. 51. O-Ton Axel Petermann 6. Also er ist jetzt Mitte 30, ist Kind von Eltern, die der Kirche sehr verbunden sind, bzw. in der Kirche gearbeitet haben. Er hat mehrere Geschwister, ich denke Brüder. Er hat aktiv in der Kirche gewirkt, hat dann an einem unter anderem an einer Veranstaltung Kirche hat Zukunft teilgenommen, hat dann dort ein Projekt geleitet, ‚Gemeinsames Essen mit Jung und Alt', ich denke, dass das die Wurzeln waren, dass das die Anlagen waren für sein späteres Leben, nämlich eine Großfamilie zu gründen. Das Erste Kind kam ungewollt, war nicht geplant, aber trotzdem hat die Familie das weitere Leben oder so geführt, dass es in Freiheit ist, hat sich nicht beeindrucken lassen, hat es sich nicht einfach gemacht, denke ich mal. Später ist man dann auf die Idee gekommen, Bücher über das Familienleben zu schreiben, in die Öffentlichkeit also zu treten, und darüber zu berichten. 52. 1. - Wenn Sie ihn versuchen - Sie haben ja schon mit ganz vielen Straftätern und Verbrechern zu tun gehabt und wenn Sie in eine Kategorie einteilen müssten, in welche würden Sie am ehesten denken, da könnte irgendwas sein? Also er steht in der Öffentlichkeit, dadurch, dass er als Journalist arbeitet, dadurch dass er Autor ist, dadurch dass er Lesungen hat, hm, ich denke mal, er ist jemand, der sich schon bewusst ist, dass er Ausstrahlung hat, dass unterstützt er auch dadurch, dass er z.B. seine gebrochene Nase sich nicht operieren lässt, oder richten lässt, ich habe auch ein Bild von ihm gesehen, auf dem er doch mit einer ziemlich auffälligen Ray-Ban ähnlichen Brille abgebildet war, also er weiß schon, dass er wirkt, und dann könnte ich mir so ein wenig in Richtung Hochstaplerei oder Betrug hinzielen oder hinschielen sage ich mal. 53. 10. - Wenn Sie Indizien sammeln müssten, vor Gericht, ich denke jetzt eher an so ein amerikanisches Geschworenengericht, die gegen Georg verwendet werden könnte. Was wäre das? Dann würde ich sagen, er hat seinen Namen abgelegt, er hat sein Geburtsnamen Buchetmann, der vielleicht in der Öffentlichkeit nicht so wirkt, den hat er gegen einen wohlklingenden italienischen Namen eingetauscht. Er drängt sich in den Vordergrund, indem er über die Familie berichtet, aber nur 14-tägig zu Hause ist, ansonsten kümmert sich seine Frau um die Familie, wer weiß, was er dort in Hamburg dann tut in der Zwischenzeit? .. Sprecher Axel Petermann warnt Tina. Auch wenn er selbst Georg sympathisch findet. Die Hand ins Feuer legen würde er nicht für ihn, das würde er für niemanden. 54. 13. es gibt da einen Fall, der sehr bemerkenswert ist. Und zwar geht es darum, dass vor vielen Jahren hier in Bremen eine Frau ermordet wurde in einem in einer Garage und dass es zunächst überhaupt gar keine Hinweise auf den Täter gab. Allerdings waren rund 100 Meter entfernt in einem Nebengebäude, in einem Keller gab es eine Plastiktüte mit einer Gasmaske, mit Tape, mit Plastikbeuteln, mit einer Fahrradspeiche und noch so anderen Acessoires. Und wenn man sich dann überlegt, womit benutzt man eine Gasmaske, dann kann das arbeitsschutzrechtliche Gründe haben, oder gesundheitliche Gründe haben, aber es kann etwas damit zu tun haben, dass man Atem kontrolliert, das man sado-masochistische Veranlagungen hat. Und diesen Ansatz habe ich dann aufgenommen, und tatsächlich fanden sich dann in der Gasmaske DNA, weil sie getragen war, und bei dem Opfer unter den Fingernägeln fanden sich auch einige Merkmale, die übereinstimmten. Und demjenigen, dem die gehörten, das war ein junger Mann, ungefähr dreißig Jahre alt, der hatte Theologie studiert einige Semester, der hatte Jura studiert, und wollte Lehrer werden, und das war ein Typ wie der Lieblingsschwiegersohn, sage ich mal. Und nach und nach, je mehr ich mich mit diesem Mann beschäftigt habe, desto mehr habe ich über ihn herausgefunden. Dass er zu Dominas ging, um sich in bestimmte Praktiken unterrichten zu lassen, dass er aber danebenher so ein Parallelleben führte. Das eben halt sich nicht groß von vielen anderen Menschen unterschied. Und das fand ich so faszinierend, so frappierend. Wie es doch Menschen gelingt, so die Fassade zu wahren. So, als hätten Sie gar keine Schwächen. Und das hat mir auch eigentlich sehr viel gezeigt, dass wir doch in uns ja auch Ströme haben können, die wir gerne für uns behalten wollen. Die andere nicht wissen müssen. Aber während der Zeit der Taten war er ganz unauffällig. - so wie Georg Genau, wie Georg, klar. Jetzt haben wir aus Georg nicht nur einen Hochstapler gemacht und Betrüger sondern auch noch einen Sexualmörder. Oh je. Das ging ja fix. 55. Georg danach-befragt Das was erst mal für mich rausgekommen ist, ist dass diese Leute sich einfach gern ein Bild machen von den anderen. Und es ging erstaunlich schnell. Die haben ein, zwei Sätze von mir gehört, mehr nicht und haben dann irgendwelche Sachen daherbehauptet, ich sei Kontrollfreak oder würde gut mit Problemen umgehen. Überraschend für mich war die Analyse von dem Linguisten. Der meinte ich kann ne ganze Menge reden, ohne irgendwas von mir Preis zu geben. Teil 2 Zuspiel Flugzeug Sprecher: Tina fliegt nach München. Sie soll Georg observieren. 1. O-Ton Mager morgens Einstieg Tina 1. - Es ist 8 Uhr irgendwas, es ist ziemlich kalt in München, ich bin ziemlich müde, weil ich um 4 schon aufgestanden bin, um von Köln zum Flughafen zu kommen. Und ich habe mit dem Herrn Mager telefoniert, mit dem Privatdetektiv, der mir gesagt hat, dass er in einem Audi sitzt und dass da eine Baustelle ist, 2. O-Ton Mager morgens Einstieg Tina 2. So. (Autotüren). Damit es etwas gemütlicher wird. Hatten Sie einen guten Flug? - Ich hatte einen guten Flug, ja. Und Sie hatten ne gute Anreise? Ja. - Und Sie haben diesen Ort aber gestern schon mal ausgekundschaftet, um was genau zu testen oder zu gucken? Also ausgekundschaftet haben wir das nicht. Das sind alles so böse Wörter, wir haben das mal, aufgeklärt, damit wir wissen, wie die Situation hier vor Ort ist. - Und was haben Sie das festgestellt, was ganz gut ist oder was vielleicht schwierig ist? Schwierig ist, dass man diesen Ort eigentlich nur ganz schwierig observieren kann. Weil der Ausgang dieses Hauses auf der straßenabgewandten Seite liegt, und wir nicht wissen, wo die Zielperson rausgehen kann, ob sie zum öffentlichen Verkehrsmittel gehen kann, ob sie ein eigenes Auto hat, ob sie mit dem Fahrrad fährt, wir haben kein Bild von der Zielperson, wir wissen gar nicht, wie die Person aussieht, das sind die ganzen Probleme, die heute schon auf uns zugekommen sind. Sprecherin: Georg weiß, in welcher Woche Tina und der Privatdetektiv Mager ihn observieren werden. Was er nicht weiß: an welchem Tag genau. ATMO Küchengeklimper 3. O-Ton Georg Ich habe gerade schon aus dem Fenster geschaut. Da war dann so n Mann, den ich nicht kannte mit Hund. // Das ist ja auch ganz gut an so ner Hochparterrewohnung. Man kann nicht nur gut reinsehen, sondern eben auch ganz gut raussehen. Und sieht, was die Leute da so treiben.// Also ich suche: Einen Herrn, ich schätze ihn um die 50, genannt Mager, dazu eine junge Dame, Tina Klopp, vielleicht verkleidet, vielleicht in Deckung, die spionieren hier irgendwo rum. Aber ich bin wachen Auges. Ich glaube: Sie haben eigentlich keine Chance... Ich sehe niemanden. Uhrenvergleich: Es ist 8.07, Donnerstag, ich glaub, ich bin safe. ... ... 4. 3. (Autotür, Mager kommt zurück). So. Boah. also es könnte die untere Wohnung links sein, wo Sie die Blumen da noch am Fenster sehen - nee, das ist keine Blume, das ist ne rote Lampe die hinten leuchtet. Und da kanns möglich sein, dass man - also aufgrund der Schränke, die auf dem Bild zu sehen sind, solche Schränke gibt's nämlich, wenn Sie hier reingucken in die Fenster, auf der anderen Seite. Aber das sage ich mit aller Vorsicht. 5. 4. (Schreiben.) - So, okay, Mist. Was hat das jetzt zu bedeuten, dass das Licht aus ist? Das kann sein, dass er weg ist, es kann sein, dass er weggeht, oder er sagt - jetzt brauche ich kein Licht mehr. - Es ist ja eigentlich nicht heller geworden. Ja, aber das ist nur .. reine Spekulation, was wir jetzt machen. - Es gibt tatsächlich überall so durchgänge, ne. Wenn man dahinten ist, denkt man: niemals würde man da weitergehen, aber da hier überall Durchgänge sind, wird er wahrscheinlich nicht hier langkommen. Kann man nicht sagen. Man weiß es nicht. Alles Spekulation - was wichtig ist, wenn man observiert: Man muss sich nur an die Fakten halten. 6. 7. (Straßenatmo, Schnaufen) - Irgendwann sieht man dann wahrscheinlich was, was gar nicht da ist. Wenns dunkel wird nachher, ne. Weils wenns dann so ins Dämmern geht, dann äh, und ich sage mal, so auf die Entfernung, so wie da vorne, zwischen dem hell und dunkelgrauen Haus, da können Sie nicht mehr entscheiden, was Sache ist, weil dann rennt einer raus, und sagt er kommt und alle hinterher, - er wars gar nicht. Dann müssen sie alle wieder zurück. 7. O-Ton Georg Da gegenüber ist ja der Friedhof. Da könnte man sich natürlich auch super verstecken. Da geht gerade jemand. Aber der geht so schnell, der schaut überhaupt nicht. // Gerade hat das Telefon geläutet, Rufnummernunterdrückung. Und als ich angenommen habe, war niemand dran. (...) Feige waren sie ja schon immer. Was wollen die überhaupt? Was wollen die denn rauskriegen? Einmal anrufen, mich verunsichern, dann wieder in Deckung gehen. Altes Spiel. // Ich geh mal auf den Balkon: muss zumindest mal diese Strickleiter nach oben ziehen. ATMO Weil wir befinden uns im Hochparterre und die Kinder haben da so ne Strickleiter runtergeworfen, dass sie da besser in den Hof können. Und man muss es den Privatdetektiven ja nicht einfacher machen, als es ohnehin schon ist. Das ist safe. 8. 8. (kruschel) - Ah, warme Socken habe ich mir jetzt gekauft. waren Sie auch erfolgreich? Relativ. Und zwar bin ich jetzt noch mal hintergegangen, und habe mir die Wohnung noch mal genauer angeschaut und habe also festgestellt, dass an den Fenster, was hinten gegen die Bahngleise ist, ein Bild, ein Kinderbild ist, Dann bin ich reingegangen in den Hof und habe so getan, als würde ich die Spielgeräte dort kontrollieren, und habe also festgestellt, dass die Wohnung sehr groß ist und mehrere Zimmer nach der Innenhofseite hat. Und in dem hinteren Zimmer, an der Innenhofseite, brennt licht. Das ist wohl ein Büro. Das heißt also, er ist noch da. - Ah.9. 10. (wieder Kampf mit den automatischen Anlagen) So, jetzt dürfte nix kommen. - Wahnsinn, ist das kalt. Also, ich weiß nicht, ich glaube, ich würde nur Detektiv sein wollen im Sommer. Im Winter ist das ja schrecklich. Aber es ist lustig, man hat sofort das Gefühl, dass alle Leute einen total auffällig finden und einen sofort beobachten, oder? Ganz genau, stimmt. Das ist aber nicht so. Ne, die Leute gucken einfach mal, wer läuft denn hier vorbei, so ganz belanglos. Aber weil wir irgendwie vorprogrammiert sind, denkt man eben, es guckt alles nach einem. Sprecher: Vier Uhr nachmittags. Nach acht Stunden Warten im eisigen Auto beschließen Tina und der Privatdetektiv, eine Pause einzulegen. Während sich Tina mit schlechter Laune und Wärmflasche ins Hotel zurückzieht, sitzt Georg weiter gemütlich an seinem Schreibtisch und freut sich des Lebens. 10. Zuspiel Interview Tina Danach-befragt Ich würde echt sagen Wut. Wut war eigentlich das Gefühl, was dann irgendwann überwog, wenn ich an Georg dachte und an die ganze Situation, weil er mir einfach immer, bei allen Sachen, entkommen ist. Aber ohne dass er jetzt irgendwie besonders clever oder besonders geil das gemacht hat, sondern er hatte einfach immer super Glück. Es ist einfach so viel schief gegangen. Und auf der anderen Seite glaube ich war das auch ganz gut, dass ich irgendwann so wütend war, weil sonst wäre ich auch nicht so weit gegangen wie ich letztlich gegangen bin. Also ich habe dann irgendwie gedacht, Georg hat es auch nicht verdient, von mir gut behandelt zu werden. Sprecher: Um 8 Uhr abends fahren Privatdetektiv Mager und Tina erneut raus zu Georgs Wohnung. Es ist dunkel. Alle guten Parklücken sind besetzt. 11. O-Ton Mager abends Anfang 11. (kurz Atmo Auto) Es müsste jetzt mal einer noch mal an der Wohnung vorbeigehen, ob man was sieht. Wenn Licht ist. Und wenn müssen Sie das schon mal machen, weil ich muss mit dem Auto hier hin- und herfahren. (Aussteigen, Tür, Gehen) 12. O-Ton Mager - So, ich gehe jetzt auf jeden Fall an Georgs Haus vorbei. So, da brennt jetzt Licht. Mal sehen, ob man da ein bisschen reingucken kann. Wahrscheinlich bemerkt er mich gleich. Da brennt die rote Lampe. Und wenn dann würde er ja um die Haustür kommen, ich schaue jetzt einfach mal .... eine Joggerin ... man sieht irgendwie nix ... 13. O-Ton Mager also da hat eben schon mal ein Typ mit nem Handy gestanden und komisch geguckt. ich weiß nicht, ob er das eben war. Irgendwie habe ich grad n komisches Gefühl. .... .... Ah, ich glaube, da ist er. Da ist er... lauf los, (schnauf) zieht gerade die Jacke an. Wie krass. (Wind) .. das ist jetzt natürlich nicht sehr profimäßig. .... (Tür) Er zieht grad die Jacke an! Krass! Ich habe die ganze Zeit nix sehen können, hm hm und dann habe ich ihn eben jetzt gesehen, wie der die Jacke angezogen hat. Also entweder er geht jetzt in die Richtung oder in die andere. Das war jetzt natürlich nicht sehr profimäßig, dass ich gelaufen bin, aber ich habe mich grad so erschrocken, weil ich - vorher - man konnte halt nix sehen die ganz Zeit und dann - (Gurt ab) Wir machen das jetzt so: ich gehe jetzt mal Richtung Bushaltestelle, weil er mich nicht unbedingt kennt, und Sie bleiben mal hier und gucken mal wenns geht dahinten raus, dass Sie ihn vielleicht sehen. _ Ja, ich rufe an, falls er ... Ja, aber warten Sie mal den Schlüssel, ich nehme den mal lieber mit. - Ja. (Tür zu) 14. Atmo Ciao 15. O-Ton Georg So jetzt gehe ich hier draußen entlang. Bin aufm Weg zum Bus. Ich bin mir nahezu sicher, dass sie mir heute auf den Fersen sind. Mein Radl war platt. Also die wollen anscheinend nicht, dass ich mit dem Fahrrad fahre. 16. O-Ton Mager ... (Handy) Okay, dann ist er nämlich, jetzt gerade, dahinten lang, ich weiß nicht - da an dem Haus, wo ich meinte, dass das Haus so alt ausschaut, da geht er jetzt glaube ich gerade lang. 17. O-Ton Georg Vorher habe ich bei diesem Smart hier noch ein Licht gesehen, vielleicht hockt da jetzt jemand drin? Vielleicht kriechen sie auch gerade unters Lenkrad die beiden? Sprecher: Tatsächlich geht Georg nur wenige Meter an einem silbernen Audio vorbei. Darin hockt Tina auf dem Beifahrersitz und versucht, mit der Sitzgarnitur zu einem grauen Nichts zu verschmelzen. 18. O-Ton Mager Jetzt steht er da, aber - er ist voll an mir vorbeigegangen, und jetzt hat er sich auf die Bank gesetzt. .... Okay, ich bleib hier, okay. .... 19. O-Ton Georg Jetzt kann ich mich einfach ganz gut umsehen - ich glaube, ich entdecke die ja ohnehin sofort. Na gut, die Bushaltestelle ist leer. 21. O-Ton Georg Jetzt kreuze ich hier die Straße. Hier hält ein Auto sehr komisch, jagt den Blinker rein. Das wäre sehr unprofessionell. Vier Minuten, dann kommt der 62er. 20. O-Ton Mager Ach Georg, du hast natürlich geguckt, ob wir an der Bushaltestelle warten, aber du weißt nicht, wer der Mager ist. Das ist mein Trumpf. Der Mager. Du weißt nicht, wie er aussieht. Der Mager hat richtige Stinklaune. 21. O-Ton Georg (Fortsetzung 21.) Ich setze mich mal hin, dann kann ich besser beobachten, was hier alles so los ist. Normalerweise sieht man so was doch an den beschlagenen Fenstern oder so. // Da kommt mein Bus 22. ATMO Busanfahrt 23. O-Ton Mager Ah, da war die Bushaltestelle. Wir sind ja Supertrottel. Seufz. Jetzt sehe ich, wie er sich da hinten hinsetzt, ich könnte jetzt ein schönes Foto machen, - (Handy) Ja? - Er ist in den Bus gestiegen, in den 62er! Er setzt sich ganz hinten hin. 24. O-Ton Georg So wir fahren los. 25. O-Ton Mager ... Ich müsste - sind Sie weit weg? Ich könnte mal versuchen zu googeln, wo der langfährt. Aber sobald er aussteigt .. Ja, da kommen wir nicht mehr hinterher, wir müssen ja mit dem Auto erst mal hinterher fahren. (Tür, Geraschel, Auto) Es kann sein, dass er schon in den nächsten Bus eingestiegen ist, er macht das ja ganz gezielt, der muss nirgendwo hin (Auto starten) 26. O-Ton Georg Da geht kein Licht an. Kein Auto, dass sich irgendwie hinter uns bewegt. Wo sind sie? Ah da, nein das ist die Polizei. . 27. O-Ton Mager - Miniplan-Bus 62 MVG, jetzt lad das mal runter hier, ah! .... Autoton ... Schnallen Sie sich bitte an? - Ja, sorry. .. Autoton ... 28. ATMO Bus Haltestellenansage 29. O-Ton Mager - Was machen wir, wenn er jetzt gleich hält? Der Bus? - Ja. Müssen wir normalerweise vorbeifahren. 30. O-Ton Georg Das ist n bisschen weit weg, aber da hinten steht tatsächlich ein Auto, und verlangsamt jetzt auch, gibt jetzt auch Gas - das sind sie. Aha. Nee, die biegen ab, jetzt. Aber jetzt sehe ich irgendwie niemanden mehr hier. 31. O-Ton Mager .... ... Das ist der 52 der Bus, das ist nicht der 62. - Oh, stimmt. ... .... .... .... .... - Gärtnerplatz! Das ist aber die gleiche Linie. ... Navi: jetzt rechts abbiegen, blinken .. Navi: Bitte einen Kilometer der Straße folgen. ... (fahren) - Okay, er sagt danach auch Poccistraße an, jetzt könnten wir echt tatsächlich - dahinten fährt auch ein Bus, vielleicht ist das der aus der Gegenrichtung? Der ist längst über alle Berge, also Frau Klopp, ne, 32. O-Ton Georg Okay. ich glaub, ich habs echt gepackt. ((ATMO Atmer)) Ja, oder. Oder er sitzt im Bus. Oh Gott, ich hab jetzt gar nicht aufgepasst, wer da überhaupt drin war und wer reingekommen ist. Der Busfahrer? Nee. Das ist ne Frau. Ich glaube ich habe sie einfach abgehängt, ich bin safe hier. Und. Ich kann jetzt dann ausmachen. Was solls? Ich bin durch. Überwachung adé. ATMO Tür. 33. O-Ton Mager Ja, wo wollen Sie den denn jetzt finden hier? Sie wissen doch noch nicht mal wie der Bus Nummer 62 fährt, das ist ja - da hätte ich ja von vornherein nicht mitgemacht, das ist doch - Da ist er. Da ist er vielleicht drin. Wie bitte? - Da ist der 62er fährt grad vorbei. . 34. O-Ton Mager Aha. Da ist er aber nicht - Doch , dahinten, da steht er. Da steigt er jetzt aus. Das wäre ja echt der Witz. Steigt er da aus oder nicht? Ich muss jetzt erst mal ein Stück weiter vorfahren. - Aber ich glaube, da war er eben. Navi: die nächste links abbiegen, _ Da! Da ist er ausgestiegen. Das gibt's doch nicht. wir haben total Glück. Das gibt's doch nicht, das ist er. .... ... das ist ja irre. ... Sehen Sie ihn? Nee. ... - Wo ist er denn lang? ... Da. Das ist unglaublich. Ich habe das Gefühl, jetzt hat er mich gesehen. ... Er stand da eben an der Mittel - der steigt jetzt in nen anderen Bus. Hm. - Die Frage ist, ob er da wirklich in einen anderen Bus geht. Der steht da. 35. 13. - Wenigstens friert Georg jetzt auch mal ein bisschen. ... ... ich bin so froh, dass ich mir von der Freundin die Schuhe leihen konnte, die warmen. ... 36. 15. ... - Der Bus hat Verspätung. Da kommt einer. .... .... .... ... .... ... Ja, 58. ... ... ... ... 58 Hauptbahnhof Nord. Ich gebe das mal in mein Handy ein, wo der weiterfährt. ... ... ... ... ... ... ... ... (Piepsen, Fahren) .... - ist er wieder nach hinten gegangen? Ne, da sitzt er, er hat jetzt überhaupt nicht geguckt ... - Juhu! ... Wo saß er, eher in der Mitte? Ja, in der Mitte, der sieht und jetzt nicht. - Ich glaube, der ist sich ziemlich sicher, dass wir nicht hinter ihm her sind, oder? ... Ich mache keine Spekulation. Fakt ist, dass er da drin sitzt, und wir sind hintendran. ... 37. 16. ... ... ... ... ... .... .... ... Es kann natürlich sein, dass der Bus hier grünes Licht hat, und wir müssen warten. ... Jetzt können Sie ihn auch sehen, hier an der Seite. ... .. Da ist er. ... Oh, da darf ich nicht durch, sehen Sie? Das ist schon mal, jetzt ist für uns hier, die Observation beendet. ... - Oh Durchfahrt verboten. - Oh. Da kann ich nicht durch, das tut mir leid, mache ich auch nicht. - Nee. .. Steigt er da aus? Das wäre jetzt noch die einzige Hoffnung. .... So, dann müssen Sie mal kurz rausspringen - ne, da hinten ist er, dahinten ist er - Moment (Auto piepst) schnell das Licht ausmachen. .. - Wo ist er? Hinter uns ... Also wir stehen hier einigermaßen geschützt. - ahha (auto-elektronik geht an inklusive Festbeleuchtung) Hören Sie auf, nicht an den Knöpfen rumdrücken hier, das ist natürlich jetzt schlecht. .. Er geht über die Straße dahinten. So, jetzt riskieren wir einfach ein Ticket mit. ... (türen/Draußen) ... ... .... Nee, bleiben Sie draußen, ich stell nur das Auto ... .... - Herr Mager parkt das Auto um und wir verfolgen ihn wieder mal. .... ..... ... .... ... ... - Jetzt steigt er aus. Und ich habe mich hier ziemlich gut versteckt. Und Herr Mager gibt mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen soll. ... (gehen) ... Jetzt darüber. - Okay. ... ... ... 38. - Also der Mager ist jetzt reingegangen ins Mariandl und schaut ob er da ist, da waren ziemlich viele Leute, ich kenne den Laden irgendwie, irgendwie könnte ich mir schon vorstellen, dass Georg da reingeht, aber .... ist auch ein bisschen chic, ah, obwohl, vielleicht kennt Georg so chice Leute, weiß man nicht so genau .... Ja genau der mit der dunklen Brille. - Ja, der wartet auf seine Verabredung. Hat er ne Verabredung. .. Sie machen den Fehler, dass Sie viel zu viel da reininterpretieren. Einfach bei den Fakten bleiben. Er sitzt jetzt da drin. Mehr macht er nicht. Weil Sie vermuten, dass er vielleicht eine Verabredung hat. - Aber man geht doch nicht alleine in ne Bar. Wieso, ich bin auch schon, das ist doch keine Bar! Das ein Musikcafé oder irgendsoetwas. Das ist ja keine Bar. 40. 19. Sie interpretieren viel zu viel. Wenn Sie so einen Observationsbericht schreiben, den kriegen Sie nur um die Ohren gehauen. - Ich kriege so einiges um die Ohren gehauen heute. Ich besetzte jetzt mal den Platz hier. Und verteidige den. Gut, ich gehe mal das Auto holen. 41. 20. Das ist schon echt ne komische Nummer hier, so durch son Fenster zu gucken ob da der Georg drin sitze, das ist echt sehr, sehr strange. Dann son bösen Mager, der die ganze Zeit das Gefühl hat, er wird verarscht. Alles nicht so einfach. Außerdem habe ich total Halsschmerzen und werde grad monsterkrank. Ich mag nicht mehr. 42. 23. Ich hoffe, Sie denken dran, dass wir - so was öfter machen und dementsprechend leiden müssen auch. Aber das ist unser Job. - Sie haben aber glaube ich ne ganz gute Jacke an, oder? Nö, die ist dünn. Dünne Windjacke ja. Ich bins halt gewohnt mehr oder weniger. 43. 22. - Das ist eigentlich fast unmöglich, wenn einer mit dem Bus fährt, den zu verfolgen, über längere Zeit Das ist anfürsich überhaupt nicht unmöglich. Wir sind zu wenige. Na. So ne Observation zu machen, wie wir das heute abend gemacht haben, das war Glück, war Zufall, und normalerweise macht man so was nicht, Sie müssen normalerweise mindestens drei Leute haben, das habe ich Ihnen ja heute morgen schon gesagt, um alle Eventualitäten abzudecken. Weil einer hätte jetzt mit dem Bus mitfahren müssen, den er noch nicht gesehen hat. Die anderen folgen ihm mit dem Fahrzeug nachher. Ne. Und so muss man immer auch mit dem Bus mal wieder halten, da steigt mal einer aus, und der nächste steigt ein, so muss man das machen. Aber wir hier, das ist ja - normalerweise hätten wir das ganze Ding anders angefasst. Aber. ... 44. Georg danach-befragt Also im Cafe habe ich mich total safe gefühlt. Da wars für mich ganz klar, da ist niemand. 45. 26. .. (Tür) Da könnte ich Ihnen Recht geben, das könnte ne Verabredung sein. Na, ich muss Ihnen ja auch mal recht geben. - Okay, wir haben jetzt beobachtet, er hat sich mit einer Frau getroffen, Im Café B in der Goethestraße in München. - Sie sind nicht eng umschlungen, sondern sie reden einfach ganz sachlich am Tresen. Kann ja noch kommen. - Sie sollen doch nicht spekulieren. Nein, normalerweise müsste jetzt einer von uns rein, müsste sich an die Theke setzen und gucken, was die so machen. 29. Georg ich seh dich. Ich bin dir ganz schön nah. .... .... .... .... ... Es ist irgendwie schon komisch, den so zu beobachten. Trinkt Bier, lacht, quatscht, zieht die Schultern ein bisschen komisch hoch, sitzt sehr ungünstig .... Flirtet er? nee, er flirtet nicht. Schon krass, ich bin so .. 10 Meter Luftlinie von ihm entfernt, man hört die Musik von drinnen Er hat die Hand auf sein Knie gelegt, sitzt ihr sehr zugewandt, Man könnte zumindest ein Foto machen. Das wäre wie so ne Trophäe. 47. Georg danach-befragt Das fand ich ziemlich unheimlich, dass ich da jetzt erfahren habe, dass Tina ganz nah dran war an mir und das alles beobachtet hat, wie ich da saß an der Theke mit der Freundin. Ich meine Freundin, - das ist ne Bekannte, also. Ich glaube, ich hätte mich anders kontrolliert. Ich hätte ständig auch mit ihren Augen draufgeschaut wie das wohl wirkt und ich hätte einfach besser aufgepasst noch mal. 48. Tina danach-befragt Ich glaube mein Fazit ist, dass Observieren richtig, richtig schwer ist. Und, was mich aber frappiert hat, war dass Georg von dem ganzen nichts mitbekommen hat. Also ich habe mich soo deppig angestellt, und ist so viel Mist passiert, wir sind irgendwie - bei diesem Auto ging ständig diese komische, automatische Musikanlage an, wir waren hell erleuchtet wie ein Weihnachtsbaum, Georg ist einen Meter an mir vorbeigegangen und hat es überhaupt nicht mitgekriegt. Stopptaste. Zurückspulen. (wie mitgeschnitten aufgenommen) Georg ist einen Meter an mir vorbeigegangen und hat es überhaupt nicht mitgekriegt. Schlussschluss So, okay, kannst ausmachen, dann sind wir jetzt fertig. Super. Gut, dann fahre ich jetzt mal wieder. Gibst du mir noch die Wanze wieder? Ich habe die nicht, die Wanze, Tina. Ähm, du hattest die - wir hatten die aber hier zuletzt bei dir. Ja, die lag da mal, aber die ist da längst nicht mehr, ich weiß nicht, wo die ist. (darüber) Absage Der Überwacher in uns - Voyeuristische Selbstversuche Von Georg Cadeggianini und Tina Klopp 55. Atmo Raumrauschen Dietz