COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Mehr als nur nass... - Geschichten rund um die Berliner Wasserversorgung - Autor Julius Stucke Redaktion Claudia Perez Sendung 04.01.2011 - 13.07 Uhr Länge 19.45 Minuten INTRO MUSIK 01 (Die 3 Peheiros - "Wasser ist zum Waschen da" Plätschern, Instrumentalintro und erste Zeilen) Wenn der Beduine mit Kamel Nach Ägypten zieht braucht er kein Öl Aber ab und zu mal Wasser Denn er kommt sonst nie zu Nasser. COLLAGE 01 (Stephan Natz) Wasser ist der Ursprung von Allem, Wasser ist ein Lebensmittel, ein Genussmittel - ohne Wasser geht gar nichts. (Prof. Barjenbruch) Die Wasserversorgung sollte schon maßgebend von den Städten, vom Staat reglementiert werden. Ob dann der Betrieb selber, ob man sich da Dritten bedient...das funktioniert auch. (Monika Kayser) Wasser sollte immer Allgemeingut sein. AUTOR Es geht ein Gespenst um in Deutschland. Rekommunalisierung. Kommunen beweinen das einst verkaufte Tafelsilber - einst privatisierte Versorger sollen zurück in die öffentliche Hand. Stromnetze, Gasversorgung, Verkehrsbetriebe und mehr. In Berlin geht es - unter anderem - ums Wasser. Die 1999 teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe sollen zurück in die Hände der Stadt - das wünschen sich Bürgerinitiativen - und so steht es in der Koalitionsvereinbarung des rot-roten Senats aus dem Jahr 2006: ZITATOR 01 (Auszug aus der Koalitionsvereinbarung SPD & Linke Berlin 2006-2011) Die Koalition lehnt Privatisierungen bei Betrieben der Daseinsvorsorge ab. Die generelle Aufgabe für Betriebe der Daseinsvorsorge ist die Preis- und Tarifstabilität bei Aufrechterhaltung hoher Qualitätsstandards. [...] Die Koalition setzt sich für die Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe ein. AUTOR In Berlin würde der Wasserhahn damit allerdings nicht zum ersten Mal von privat zurück auf öffentlich gedreht. Denn privat war auch der Beginn der zentralen Wasserversorgung der Hauptstadt. AUSFLUG IN DIE GESCHICHTE ATMO 01 (Außenatmo Müggelsee, Schritte im Schnee) AUTOR Friedrichshagen - ein Ortsteil im äußersten Südosten Berlins. Weit weg vom Innenstadttrubel, winterliche Ruhe, Villen mit Blick auf den größten See der Stadt, den Müggelsee. Verschneite Straßen führen in regelmäßigen Abständen an Schildern vorbei - blau und weiß: Wasserschutzgebiet. Am kopfsteingepflasterten Müggelseedamm stehen, direkt am See, schöne alte Backsteinhäuser. Maschinenhäuser und Hallen des alten Wasserwerks Friedrichshagen. Eines der ersten Wasserwerke Berlins - 1893 in Betrieb genommen. Heute beherbergen die restaurierten Gemäuer ein Museum. ATMO 02 (im Werk, Anschalten der Maschinen, Schlüssel im Schloss, dann laufen Dampfmaschinen an) OT 01 (Monika Kayser) Diese drei Dampfmaschinen haben Wasser geschöpft bis 1979. AUTOR Monika Kayser von den Berliner Wasserbetrieben führt durch das Museum - lässt eine der großen schwarzen Dampfmaschinen laufen. Zeugen der zentralen, organisierten Wasserversorgung, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Bis dahin hatten die Berliner ihr Trinkwasser aus Haus- und Straßenbrunnen gezapft. Und Entsorgung? Faulige, überquellende Rinnsteine, die durch die Straßen und Gassen mäanderten... OT 02 (Kayser) Aber mit der Industrialisierung und der zunehmenden Besiedlung der Stadt war man der Flut des Schmutzwassers, konnte man nicht mehr gerecht werden und der Schmutz, der auf den Straßen, Wegen und Plätzen lag, ebenso die Dichte des Schmutzes am Brunnen hat dazu geführt, dass Krankheiten wie Cholera und Pest ausbrachen... AUTOR Und so ging es Mitte des 19ten Jahrhunderts weniger darum, die Berliner mit Trinkwasser zu versorgen... OT 03 (Shahrooz Mohajeri) ...aus meiner Sicht war das zentrale Motiv: Modernisierung der Stadt. Damals war das Ansehen und das Stadtbild von Berlin katastrophal. AUTOR Modernisierung. Shahrooz Mohajeri, der über die Geschichte der Berliner Wasserversorgung promoviert hat und heute ein Institut für Ressourcenmanagement leitet, bezeichnet diesen Aspekt als entscheidend. Man blickte auf moderne europäische Vorbilder: London, Paris. Und es ging darum, die Straßen sauber zu spülen - Berlin vom Schmutz zu befreien. 1852 beauftragte Friedrich Wilhelm der 4., König von Preußen, den Polizeipräsidenten Carl Ludwig Friedrich von Hinckeldey damit, das Problem zu lösen - vorbei am Widerstand der Stadtverwaltung. Auf deren Zusammenarbeit war nicht zu bauen, so Shahrooz Mohajeri: OT 04 (Shahrooz Mohajeri) Weil damals die Stadtverwaltung noch nicht fest davon überzeugt war, dass die Wasserversorgung und Wasserinfrastruktur einen wesentlichen Beitrag zur Modernisierung der Stadt beiträgt und dass das dringend notwendig ist. Die Menschen hatten damals Wasser es gab keinen gesellschaftlichen Druck und deswegen war die Stadtverwaltung nicht davon überzeugt. AUTOR Hinzu kam ein Problem, dass Berlin auch heute noch kennt, so Monika Kayser von den Berliner Wasserbetrieben: OT 05 (Monika Kayser) Die Stadt hatte, vergleichsweise mit heute auch Geldnot, es gab kein Geld in der Stadtkasse... AUTOR Also sah sich Polizeipräsident Hinckeldey in königlichem Auftrag woanders um... OT 06 (Monika Kayser) ...und die modernste Technik fand er in England, in London. Dort fand er Gesellschafter. AUTOR Charles Fox und Thomas Russel Crampton - mit ihnen schloss von Hinckeldey im Auftrag des Königs und der zuständigen Minister einen Vertrag. 1853 wurde in London eine Aktiengesellschaft gegründet, die Berlin Waterworks Company. Sie kaufte ein Grundstück vor dem Stralauer Tor an der Spree - der Bau des ersten Wasserwerks und das Verlegen von Leitungen konnte beginnen. Eine silberne Grundsteinplatte - heute Museumsinventar - erinnert an den Vertrag mit den Engländern: ZITATOR 02 (Auszug Grundsteinplatte erstes Wasserwerk) ... in welchem sich die Genannten verbindlich machen, die Stadt Berlin mit fließendem Wasser zu versehen [...] Möge das Werk dem Willen Seiner Majestät entsprechend zum Seegen der Einwohner, zur Ehre der Unternehmer [...] glücklich zu Ende geführt werden. AUTOR Das vorerst auf 25 Jahre angelegte private Unterfangen wurde nur teilweise ‚glücklich zu Ende geführt'... Ab 1856 konnten die ersten Berliner mit Wasser versorgt werden. Rund 180 Kilometer Rohrleitungen hatte man verlegt. Deutlich mehr als die im Vertrag vereinbarten rund 60 Kilometer. Wasser für kommunale Zwecke - für die Reinigung der Rinnsteine, für die Feuerwehr - stand wie vereinbart kostenlos bereit. Sechs öffentliche Springbrunnen - ebenfalls mehr als vertraglich vereinbart - erregten die Aufmerksamkeit der Berliner. Es dauerte allerdings eine Weile, bis diese sich dazu durchringen konnten, Hausanschlüsse zu beantragen: OT 07 (Monika Kayser) Geld wegzugeben für etwas, was man als normal empfindet, tut immer im ersten Moment weh. Und sie hatten Brunnen, sie haben sich über Jahrhunderte hinweg über Brunnen versorgt und jetzt muss man Wasser bezahlen an eine Gesellschaft - da ist man erst mal skeptisch ob das notwendig ist. Und die Berliner haben sich auch nicht so schnell herangewagt, an das Wasserwerk. Sie haben es erst mal nicht so sehr akzeptieren wollen... AUTOR Und so waren nach einem Jahr gerade mal 314 Häuser an das zentrale Wassernetz angeschlossen. In den folgenden Jahren wuchs die Zahl der Neuanschlüsse jedoch kontinuierlich - das Unterfangen schien auf gutem Weg in vielerlei Hinsicht... OT 08 (Shahrooz Mohajeri) Das hat sehr gut geklappt - aus unternehmerischer Sicht, die haben gut Geld verdient... Für die Stadtverwaltung, durchaus ein Erfolg, weil das die Stadt modernisiert hat... aus technologischer Sicht ein Erfolg, weil das eingerichtete System, die Technologie einwandfrei funktioniert hat. Und für die Nutzer, für die Kunden auch durchaus eine interessante Sache... AUTOR ...nach einer ersten Phase des Kennenlernens sorgte Mund-zu-Mund Propaganda für ein großes Interesse der Bevölkerung. Nun wiederum stieß das Unterfangen in anderer Hinsicht an sein Grenzen. OT 09 (Shahrooz Mohajeri) Auch in den Regionen, den Bezirken in Berlin, die keine zentrale Versorgung hatten: - eine ganz große Nachfrage der Bevölkerung. Was von den privaten Versorgern nicht bedient werden konnte. OT 10 (Monika Kayser) Es war schon gut, was die Engländer gemacht haben aber der Zuwachs der Einwohnerzahl ging ja weiter und die Engländer wollten nicht weiter expandieren, sie haben ihr Werk betrieben aber alle neu Zugewanderten erhielten keine Hausanschlüsse... AUTOR Eine Schwäche des Vertrags wurde nun deutlich. Der räumte den Unternehmern aus England ein alleiniges Wasserlieferungsrecht ein. Verpflichtete diese allerdings nicht dazu, eine bestimmte Zahl von Haushalten mit Wasser zu versorgen. Und da die Privaten mittlerweile ansehnliche Dividenden erwirtschafteten - fehlte der Anreiz, mehr ins Netz zu investieren ohne im Gegenzug eine Vertragsverlängerung von der Stadt zugesichert zu bekommen. OT 11 (Mohajeri) Sachlich gesehen war die Stadtverwaltung damit nicht einverstanden und nicht zufrieden, dass die privaten Investoren nicht bereit waren, ihre Leitungsnetze überall in die Stadt zu ziehen. Und damit die entstehende Nachfrage auch zu bedienen. Aber politisch gesehen waren sie nicht damit zufrieden, dass sie von einem privaten Versorger unter Druck gesetzt werden konnten. ZITATOR 03 (Deutsche Bauzeitung, 1873) Die Stadtgemeinde hat abermals es erfahren müssen, welche Uebelstände für ihre Bürger es mit sich bringt [...] wenn die Herstellung und Ausnutzung öffentlicher, für das Gemeinwohl unentbehrlicher Einrichtungen in den Händen einer Erwerbsgesellschaft sich befindet. AUTOR Und so endete das private Unterfangen Wasserversorgung im Dezember 1873. Acht Jahre vor dem offiziellen Ende des Vertrags. Für 1,25 Millionen Pfund Sterling - mehr als 8 Millionen Taler - wanderten Wasserwerk, Rohrleitungen und Zubehör in die Hände der Stadt. Für die englische Betreibergesellschaft das lukrative Ende eines bis dahin lukrativen Geschäfts. Und die Stadtverwaltung? OT 12 (Mohajeri) ... im Gegensatz zu den Privaten waren sie bereit, in neue Netze zu investieren. Im Gegensatz zu den Privaten haben sie Geld in die Hand genommen und das Netz in der gesamten Stadt verbreitet. BERLINER WASSER GEGENWÄRTIG MUSIK 02 (Die 3 Peheiros - "Wasser ist zum Waschen da") Wasser ist zum Waschen da - Falleri und Fallera. Auch zum Zähneputzen - Kann man es benutzen. COLLAGE 02 (Stephan Natz) Wasser schmeckt eigentlich immer nach Heimat... (Kayser) Es ist jeden Tag da, man braucht nicht drüber nachdenken und andere Menschen haben jeden Tag einen neuen Kampf - sich mit Wasser zu versorgen. (Natz)...den Geruch und den Geschmack, den man als Kind mitbekommt, den vergisst man eigentlich sein ganzes Leben nicht. AUTOR Es ließen sich noch etliche Geschichten über die Geschichte der Wasserversorgung in Berlin erzählen. Eines aber blieb lange unverändert. Das Wasser in der Hand der Stadt. 126 Jahre lang. Bis 1999. Dann wurden die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert. 50,1 Prozent blieben im Besitz Berlins. Den restlichen Anteil, 49,9 Prozent, verkaufte das Land an RWE und den französische Konzern Vivendi, heute: Veolia. AUTOR An die nicht nur positiven Erfahrungen mit privatisiertem Wasser schien sich - zumindest in der damaligen schwarz-roten Landesregierung kaum einer mehr erinnern zu wollen. Dabei half ein Kaufbetrag von mehr als drei Milliarden D-Mark. Flüssiges für den ausgetrockneten Berliner Haushalt. Und die Teilprivatisierung weckte Hoffnungen: auf flexiblere Wasserbetriebe. Effizienter, Ergebnisorientiert. Besserer Service und Vorteile für die Verbraucher, Investitionen in die Zukunft. Haben sich die Hoffnungen erfüllt? Nun, zumindest hat sich der Betrieb grundlegend verändert. Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe: OT 13 (Stephan Natz) In diesen vergangenen zehn Jahren ist die Unternehmensgruppe Berlinwasser nachhaltig umgebaut und rationalisiert und in Teilen auch saniert worden. Und die Berliner Wasserbetriebe sind in den vergangenen zehn Jahren sehr sehr stark in Richtung Effizienz, in Richtung Rationalisierung vorangekommen - man kann sagen, dass in den letzten zehn Jahren eigentlich jeder Mitarbeiter von uns durchaus Einflüsse an seinem Arbeitsplatz erfahren hat. AUTOR So er seinen Arbeitsplatz nicht verloren hat. Denn immerhin haben die Berliner Wasserbetriebe seit der Teilprivatisierung mehr als 1000 Stellen abgebaut. Entgegen anderslautenden Hoffnungen und Voraussagen der Politik. Vielleicht liegt es auch daran, dass Stephan Natz nicht besonders glücklich aussieht - beim Wort ‚Effizienz' OT 14 (Stephan Natz) Effizienz ist ja kein Selbstzweck, man ist effizient um Dinge zu erreichen, Vorteile für seine Kunden zu erreichen, Kostenvorteile für sich und seine Gesellschafter zu erreichen. AUTOR Vorteile habe die teilprivatisierte Zeit gebracht, so Stephan Natz. Internationale Vergleiche mit großen Unternehmen der Wasserbranche zeigten - man sei hervorragend aufgestellt. OT 15 (Natz) Es ist etwas schade, dass das die Berliner vielleicht nicht am Wasserpreis merken - STREIT UMS WASSER COLLAGE 03 (Shahrooz Mohajeri) Der Kern der Sache ist: wie wollen wir unsere Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zukünftig gestalten. (Prof. Barjenbruch) Ich persönlich finde das nicht schlimm, wenn Fachleute den Betrieb organisieren und möglicherweise effektiver organisieren, als die Kommune, das ist ein Element im Wassersektor, was man machen kann. Und ich denke in Berlin hat das eigentlich...funktioniert es ganz gut. (Stephan Natz) Wasser ist immer was Lokales - und von den Gegebenheiten beeinflusst - Es nimmt die lokalen Gegebenheiten an. AUTOR Wenn letzteres stimmt, lässt sich nur hoffen, dass das Berliner Wasser nicht bald bitter schmeckt - nach all dem Streit um die teilprivatisierten Wasserbetriebe. Nicht nur die Hoffnung auf stabile Personalentwicklung wurde enttäuscht. Gesunkene Investitionen, gestiegene Preise. Ungleichgewicht bei den Gewinnen: Das Land Berlin erhielt über die Jahre gesehen trotz 50-prozentigem Anteil nur zwischen 30 und 40 Prozent der Gewinne, den größeren Teil behielten die Privaten. Im vergangenen Jahr spitzte sich der Streit zu. Ein Stein des Anstoßes: das viele hundert Seiten umfassende Vertragswerk zwischen der Stadt und den Privaten blieb der Öffentlichkeit verschlossen. Geheimverträge. Die Bürgerinitiative Berliner Wassertisch rief die Bevölkerung zum Volksbegehren auf. Das Ziel: Offenlegung der Verträge. Ein äußerst erfolgreiches Begehren, mehr als 280 Tausend gültige Unterschriften sammelte die Initiative. Nur rund 172 Tausend wären notwendig gewesen um die nächste Stufe, den Volksentscheid, zu erzwingen. Kurz bevor genügend Stimmen gesammelt waren, veröffentlichte die tageszeitung Auszüge der Verträge, die man den Journalisten zugespielt hatte. Wenig später folgten Regierung und die Unternehmen, stellten weitere Vertragstexte in Internet. Der Berliner Wassertisch hält aber am Vorhaben Volksentscheid fest: will einerseits Rechtssicherheit, und bezeichnet andererseits die bisherige Offenlegung als nach wie vor unvollständig. Die Initiative will den Volksentscheid - auch um die Verträge von damals anzufechten. In einer Passage des Textes, über den die Berliner abstimmen sollen, heißt es, nicht veröffentlichte Verträge, Beschlüsse, Nebenabreden seien unwirksam. Denn dem Berliner Wassertisch geht es um mehr, als nur Transparenz. Das Ziel: Die Wasserbetriebe sollen zurück in öffentliche Hand. Das will zwar auch der rot-rote Senat: Rekommunalisierung. Der Wassertisch vertraut der Politik hier jedoch nicht. Schließlich sei die SPD damals an den Verträgen beteiligt gewesen. Und der heutige Wirtschaftssenator der Linken, Harald Wolf, habe später Preiserhöhungen durchgewunken und - ebenfalls geheime - Vertragsänderungen vereinbart. In den Augen des Wassertischs geht es nicht um ‚Rekommunalisierung um jeden Preis'. Nur wenn die Gewinngarantien in den Verträgen als unwirksam, als nichtig erklärt werden - nur dann wäre, so das Argument, eine kostengünstige Rekommunalisierung überhaupt möglich. Thomas Rudek vom Berliner Wassertisch: OT 16 (Rudek) Denn - solange die Geheimverträge rechtskräftig sind würden natürlich die privaten Konzerne darauf bestehen, dass ihre Gewinngarantien in einem unbefristeten Vertrag in die Rückkaufsumme einkalkuliert werden. Das wäre dann eine Rekommunalisierung, die die Bürger wieder bezahlen müssten. AUTOR Im Vordergrund der Medienberichterstattung stand oft der Streit um gestiegene Wasserpreise. Nur um die Preise geht es dem Berliner Wassertisch allerdings nicht. OT 17 (Thomas Rudek) Der Preisaspekt der greift zu kurz - es geht einfach wirklich um die Frage: Können wir im Bereich der Daseinsvorsorge einfach auch ein anderes Geschäftsmodell entwickeln - ein Geschäftsmodell, dass dem Menschen dient und das freigestellt ist von Gewinnen. AUTOR Und wenn Gewinn - dann als Rücklage - nicht für private Anteilseigner sondern für Investitionen, Instandhaltung. OT 18 (Thomas Rudek) Das ist Geld, das man sicherlich besser verwenden könnte auch um Klärwerke zu modernisieren, nachzurüsten, dass die Wasserqualität hier einfach von exzellenter Natur ist. Das sollte man machen und deshalb sind wir eben der Ansicht, dass Gewinne - eben auch geheimvertraglich zugesicherte Gewinne - im Bereich der Wasserversorgung nichts verloren haben. AUTOR Offen bleibt die Frage: hätte ein kommunales Unternehmen das alles besser gemacht? Wären die Preise weniger stark gestiegen, wäre weniger Personal abgebaut worden? Hätten wir heute saubereres Wasser, mehr Investitionen? OT 19 (Stephan Natz) Also ich denke, dass diese Mischform, wie wir sie hier haben, wenn man sie vernünftig praktiziert, eigentlich ne ideale Form ist, um in Bereichen der Daseinsvorsorge zu arbeiten. Denn: die Kommune gibt die Regeln vor und der Private hat dann die Aufgabe, das so effizient wie möglich hinzubekommen. Wenn gleichzeitig aber die Leitplanken klar sind, also die Kommune ganz klar manifestiert hat, was ihr wichtig ist: Beschäftigung, Umweltschutz, Gewässerschutz etcetera - dann ist so ein Modell eigentlich ganz vernünftig handhabbar. Alles eine Frage der Vertragsgestaltung. Wenn man es gut macht glaube ich durchaus, dass diese Modelle Zukunft haben. MUSIK 03 (Die 3 Peheiros - "Wasser ist zum Waschen da") Ohne Wasser kann es nicht mehr gehn - Wenn wir auch mal bis zum Hals drin stehn. Auch kein Mensch kann so tief sinken - und das Wasser einmal trinken... AUTOR Wie geht es nun weiter - mit den Berliner Wasserbetrieben? Es folgt erst mal der Volksentscheid am 13. Februar. Und dann muss sich noch zeigen, ob der rot-rote Senat von Berlin die Rekommunalisierung auf den Weg bringt, die er sich auf die Fahnen geschrieben hat. Die Verträge mit den Privaten laufen noch - mindestens bis 2028 - und ob diese sich vorab zu günstigen Konditionen für die Stadt aus dem lukrativen Geschäft zurückziehen ist äußerst fraglich. Während RWE einen Verkauf seiner Anteile prinzipiell nicht ausschließt sind Verkaufsgespräche für Veolia-Wasser "kein Thema". Es könnte also dauern, bis sich die Geschichte noch einmal wiederholt - und sich die Stadt ihr Wasser wieder holt. -ENDE- 2 1