COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport 18.2.2011 Schüler lernen Zeitung Redaktion: C. Perez Autorin: A. Ulrich O-Ton Schüler Felix, Ich habe vorher auch nicht wirklich viel Zeitung gelesen. Das ist halt so in unserer Jugend. Wir sind eher mit dem Internet und Fernsehen, damit haben wir mehr zu tun. Atmo Zeitungsblättern Schülerin Lorena Ich wusste so mehr über Themen als ich gelesen habe. ... Wenn im Fernsehen irgendwas war, dann wusste ich noch andere Informationen. Atmo Zeitungsblättern Autorin Felix und Lorena gehen in die 9. Klasse der Städtischen Realschule Düsseldorf. Sie sind zwei von etwa 90 Schülern, die an den Projekten "ZeitungsZeit" und "Schüler lesen Zeitung" teilgenommen haben. O-Ton Lehrer Hoppe, Das Projekt "ZeitungsZeit NRW" war jetzt mehr so ein Projekt, was von den Verlagen ausgehend, Schüler an Zeitungen heranbringen sollte. Das Projekt "Schüler lesen Zeitung" geht mehr in Richtung des intensiven Kennenlernens einer Zeitung. O-Ton Lehrerin Köster, Wir haben am Anfang (...) die einzelnen Bereiche und Rubriken einer Zeitung kennen gelernt. Anschließend haben die Schüler eine eigene Reportage oder einen Bericht geschrieben und sind somit selbst Autoren geworden. Autorin René Hoppe und Eva Köster haben die Projekte an der Düsseldorfer Realschule betreut. Ihnen ist aufgefallen, dass die meisten Kinder keine Erfahrungen mit einer Tageszeitung haben. Einen Grund dafür sehen sie nicht nur in der starken Präsenz digitaler Medien, sondern auch darin, dass in den meisten Elternhäusern kaum noch Zeitungen gelesen werden. Das hat auch auf die schulischen Leistungen Auswirkungen. Wie die letzte PISA-Studie gezeigt hat, lesen deutsche Schulkinder eher schlecht. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben Zeitungsprojekte eine große Bedeutung. O-Ton Lehrer Hoppe, Das ist einmal eine wichtige Sache in Richtung Lesekompetenzförderung aber auch für das Heranführen an das Medium. Weil wir doch festgestellt haben, dass eine ganze Reihe der Schüler mit dem Medium Zeitung nicht wirklich vertraut sind - jedenfalls nicht mit, in diesem Fall, der Rheinischen Post, sondern doch eher die Boulevardpresse bevorzugen, Bild oder Express, ohne die gänzlich verteufeln zu wollen. ... Von daher haben wir das auch in Klasse 9 verlegt und nicht in Klasse 8, weil der Zugang auf einer etwas intellektuelleren Schiene sein kann, als das reine erarbeiten und verstehen: Das ist eine Zeitung und so funktioniert die. Atmo Zeitungsblättern O-Ton Schülerin Serina, Ich habe hier zum ersten Mal die "Rheinische Post" gelesen, die kommt so langweilig rüber. In der Bild sind mehr Bilder und mehr Farbe. O-Ton Schülerin, Das hat jetzt nichts daran geändert, dass ich jetzt mehr Zeitung lese. Ich mag auch eher so Promis und so. Das machen doch Mädchen halt. Ist doch so oder nicht? Atmo Zeitungsblättern Autorin Um Promis geht es bei den Projekten "ZeitungsZeit" und "Schüler lesen Zeitung" eher nicht. Trotzdem wissen viele Schüler den Erkenntnisgewinn, den ihnen diese Lektüre bringt, zu schätzen - auch wenn sie nicht gleich zu eingefleischten Zeitungslesern werden. Ein Ziel besteht auch darin, den Schülern eine Orientierung für ihr weiteres Leben zu geben. O-Ton Ministerin , Wir erleben immer wieder, dass junge Leute oft sehr wenig Vorstellungen davon haben, welche Berufsfelder es überhaupt gibt, dass in der unmittelbaren Umgebung eine Fülle von wirtschaftlichen Betätigungen stattfindet, die interessante Möglichkeiten bieten. Bis hin zu der Frage, ob nicht auch eine spätere Selbständigkeit eine Rolle spielen kann. Insofern vermitteln wir allgemeinbildend Wissen über wirtschaftliche Vorgänge und Prozesse und können gleichzeitig etwas für die Berufsbildung der Jugendlichen leisten. Unabhängig davon, ob sie nach dem 10. Schuljahr weiter zur Schule gehen werden, ihr Abitur machen und daran eine Ausbildung oder Studium anschließen oder ob sie direkt versuchen in eine Ausbildung zu gehen. Autorin Angelica Schwall-Düren ist Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien in Nordrhein-Westfalen. Zusammen mit dem Zeitungsverlegerverband haben ihre Mitarbeiter das Projekt "ZeitungsZeit" auf die Beine gestellt. Mit mehr als 50.000 teilnehmenden Schülern an 860 Schulen ist es das bundesweit größte Projekt dieser Art. Durchgeführt wird die auf zwei Jahre angelegte Initiative von der Stiftung "Partner für Schule NRW". Sie wurde 2003 von der Landesregierung und von Unternehmen in Nordrhein-Westfalen gegründet. O-Ton Roland Berger, Ziel ist, die Zusammenarbeit Schule und Wirtschaft voranzubringen, zu professionalisieren, weiterzuentwickeln, so dass die Schüler erfahren, was denn tatsächlich wirtschaftlicher Alltag bedeutet und eine enge Kooperation zwischen Unternehmen und Schule stattfindet. Autorin Roland Berger ist der Vorsitzende der Stiftung "Partner für Schule". Neben der "ZeitungsZeit" fördert sie 17 weitere Projekte, die sich mit dem Übergang von der Schule ins Berufsleben beschäftigen. Der Stiftungsstock ist klein. Daher müssen die Projekte mit Hilfe von Partnern finanziert werden. O-Ton Berger, Wichtige Partner sind die Bundesagentur für Arbeit, mit denen wir viele Projekte im Übergang Schule - Beruf machen. Aber auch das Wirtschaftsministerium in NRW, mit dem das Thema ökonomische Bildung vorangetrieben wird. Autorin Das finanzielle Projektvolumen von "ZeitungsZeit" beträgt etwa 20. Millionen Euro. O-Ton Roland Berger, Das sind Gelder, die dazu dienen, die Abonnements mitzufinanzieren, die Verlage unterstützen das, auch die EU unterstützt das. Das sind Lehrerstunden, die hier mit eingebracht werden. Zur Unterrichtsgestaltung, zur Gestaltung von Materialien, von Arbeitsgruppen. Wenn man das alles aufaddiert, dann kommt man im Verlauf von 2 Jahren auf diese Summe. NRW ist nun mal ein großes Land. Wir haben fast 900 Schulen die sich beteiligt haben, 50.000 Schüler. Das muss auch gestemmt werden. Autorin Drei Monate erhalten die Schülerinnen und Schüler täglich eine von insgesamt 50 verschiedenen regionalen oder lokalen Tageszeitungen sowie zwei Wochen lang zusätzlich eine Boulevardzeitung. Ob sich der ganze Aufwand lohnt, muss sich noch zeigen. Medienministerin Schwall-Düren ist optimistisch. O-Ton Ministerin, Zunächst kann ich das nur nach ersten Gesprächen beurteilen, dass hier für die Schüler Erstaunliches zutage tritt, wenn sie mal angefangen haben, sich damit zu beschäftigen. Aber wir werden das Projekt evaluieren. Das heißt, es gibt eine wissenschaftliche Begleitung und wir werden nach Beendigung dieser Projektphase auswerten, welche Ergebnisse in den verschiedenen Feldern der Kompetenzgewinnung dann tatsächlich positiv abgeschnitten haben, so das wir erst dann objektiv sagen können, es hat wirklich etwas gebracht. Atmo Zeitungsblättern O-Ton, Schüler Felix, ... Das hat mich auf jeden Fall näher an die Zeitung ran gebracht. Ich würde jetzt eher eine Zeitung lesen als vorher. 09:09 Außerdem habe ich durch das Projekt gemerkt, wenn ich vorher eine Zeitung in der Hand hatte, dann wusste ich gar nicht, dass, wenn vorne auf der Titelseite ein Thema zu sehen ist, dass auf einer anderen Seite noch ein Leitartikel dazu geschrieben ist. Autorin An rund 50 Schultagen ist die Zeitungslektüre dann auch Unterrichtsstoff. Das ist zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, findet René Hoppe von der Düsseldorfer Realschule. O-Ton Lehrer, Das hehre Ziel, was dahinter steht, zu sagen, wir bringen die nicht nur ans Zeitung lesen an sich ran, sondern die bleiben auch dabei und interessieren sich unglaublich für Politik und für wirtschaftliche Zusammenhänge, das ist halt ein hehres Ziel aber nicht wirklich durchsetzbar in der Breite. Es sind sicherlich einige dabei, die ein bisschen mehr Verständnis entwickeln. Atmo Zeitungsblättern Autorin Eines steht jedenfalls fest: Jugendliche beziehen ihre Informationen hauptsächlich aus Fernsehen und Internet und nicht aus der Zeitung. Haben 1990 noch 68 Prozent der 14 bis 19jährigen regelmäßig Zeitung gelesen, waren es 2009 nur noch 45,5 Prozent. Das wurmt nicht nur die Schulen, sondern vor allem die Verlage. Sie haben Angst, dass ihnen im Zeitalter der digitalen Medien peu a peu die Leser aussterben. O-Ton Vogler, Wir haben eine Menge Projekte für Schüler, weil wir glauben, dass das die Zukunft für die gesamte Branche ist. Autorin Martin Vogler ist Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung. Sie erscheint mit einer Auflage von 125.000 Exemplaren hauptsächlich im Raum Düsseldorf, Wuppertal, Krefeld, Mönchengladbach und Neuss. Natürlich sähe es Chefradakteur Vogler gerne, dass sich durch die Schulprojekte die Abonnement- Auflage der Zeitungen kurzfristig steigern würde. Doch er bleibt realistisch. O-Ton Vogler, Das wäre eine Illusion. Das ist ein Vorhaben, dass wir mit ganz viel Energie betreiben, um die Gattung Zeitung zu stärken, um überhaupt Leute ans lesen einer Tageszeitung heranzuführen und auch für eine konstruktive Mediennutzung fit zu machen. Autorin Die Westdeutsche Zeitung, kurz WZ, hat für dieses Vorhaben den Titel "Klasse" gewählt. Seit fünf Jahren gibt es die Initiative bereits. In diesem Schuljahr nehmen etwa 20.000 Schüler daran teil. Sie bekommen vier Wochen lang die Zeitung in die Schule geliefert, arbeiten damit und erhalten darüber hinaus Unterrichtsmaterialen, die in Medienkunde, Deutsch oder Politik eingesetzt werden können. O-Ton Vogler, Unsere Redakteure besuchen auf Wunsch den Unterricht, berichten aus dem Alltag. Wir machen zusammen Seiten mit Schulklassen, die sich dafür bewerben, zu speziellen Themen und veröffentlichen diese Seiten auch. Autorin Es gibt ein ganzes Team von Journalisten und Volontären, die sich um das "Klasse"-Projekt kümmern. Heiko Mülleneisen gehört zu ihnen. O-Ton Redakteur, ... Es geht damit los, eine Zeitungsseite zu bauen, die aus verschiedenen Elementen besteht. Es geht auch um den Blick auf verschiedene Medien. Wie andere Zeitungen oder Boulevardblätter über ein Thema dann berichten. In dem Fall hatten wir den Schwerpunkt Loveparade, weil das ganz unterschiedlich aufgemacht wurde. ... (etwa 11:00) Wir besuchen auch so die Klassen und erklären, was ein Reporter macht, was ein Journalist so macht, wie der Tagesablauf aussieht, wie wir an die Geschichten kommen. 11.30 Da sind die Fragen ganz unterschiedlich: Ob Journalisten eine spezielle Berufskleidung haben oder wie sie sich vorbereiten, wie die Themen in die Zeitung kommen oder wie der Arbeitsalltag tatsächlich aussieht. Autorin Darüber hinaus organisiert das "Klasse"-Team Druckereibesichtigungen oder einen Bastel-Wettbewerb für Grundschüler. Die Teilnehmer erhalten Schülerpresseausweise. Es gibt Kreuzworträtsel zu Zeitungsbegriffen, Fotogeschichten und Psychotests. Die Schüler sollen auf diese Weise einen spielerischen Zugang zum Medium Zeitung finden. Atmo Schulklingel Atmo Setzt euch mal. Ich kann stehen, bin noch nicht so alt. So, da sind die drei Schwangeren, die drei Rollstuhlfahrerinnen, der Busfahrer und da ist noch die Nadine mitgekommen. Autorin Klaus Albrecht unterrichtet seit 1981 am Gymnasium Nord-Ost in Essen Französisch, Musik und Politik. Er ist auch für die Zeitungsprojekte verantwortlich. O-Ton Lehrer, Ich mache das jetzt schon im 6. Jahr und bin jedes Mal wieder begeistert davon, wie die Schüler auf dieses ZEUS-Projekt ansprechen, weil sie eben den Unterricht mal ganz anders erleben als normalerweise. Atmo Zeitungsblättern O-Ton Schülerin, "Wie ein schwebender Sessel ... Wie schwer es doch sein kann, sich ein paar Meter weiter zu bewegen! Ja, im Normalfall benutzt man die Beine, aber heute ist es anders: Ich bin einen Vormittag lang an den Rollstuhl gefesselt. Möchte ich nach rechts, so muss ich mit dem linken Rad rollen und nach links genau umgekehrt. Meine ersten wackligen Fahrversuche mache ich?auf unserem Schulgelände. Das Gymnasium Nord-Ost ist durch einen Fahrstuhl, elektrische Türen und Behindertentoiletten kein Problem. Doch wie sieht es mit den öffentlichen Einrichtungen und Geschäften aus?" Autorin Josephine, Lin, Jathu und Pramya haben einen Tag lang getestet, wie sich Rollstuhlfahrer fühlen. Ihre Erfahrungen haben sie dann in einem Artikel zusammengefasst, der auch veröffentlicht wurde. O-Ton Schülerin, Es war was anderes als in der Schule irgendwelche Texte zu schreiben oder zu analysieren. Es war sehr spannend. Wir würden gerne noch mal so ein Projekt machen. Atmo Zeitungsblättern O-Ton, Marvin, "'Wir müssen um 5.45 Uhr ausfahren, aber vorher überprüfe ich den Bus noch nach Schäden.' Pünktlich fahren wir aus, es geht auf die Linie 184. Laut Fahrplan müssen wir in Steele einsetzen. Kaum angekommen müssen wir schon losfahren nach Steele, denn die Linie 184 ist seit dem 07. Januar mit der 164 eine Ringlinie. Es fahren nicht viele Fahrgäste im Bus mit, es herrscht zehn-Minuten-Takt, nur die Runde um sieben Uhr ist gut besetzt. Teilweise ist es totenstill und man hört nur den Motor und die Haltestellenansage." O-Ton Dahms, Toll. Ein super Text. Wie man so spannend eine Reportage schreiben kann - wirklich, Hut ab! O-Ton Marvin, Mir hat es viel Spaß gemacht so einen Artikel zu schreiben über das Bus fahren. Es ist ja auch mein Hobby. Dann wollte ich auch noch mal selber den Alltag erleben. Morgens auf dem Betriebshof, ganz früh aufstehen. Was passiert, wenn man morgens einen Bus zugewiesen bekommt? Worauf muss man achten und was erlebt man während der Fahrt? Autorin Marvin hat seinen Artikel "Ein Tag als Busfahrer: Mit 294 PS durch Essen" ebenfalls im Rahmen des "ZEUS"-Projekts geschrieben. Es wird von der WAZ- Mediengruppe organisiert, zu der mehrere Tageszeitungen in Nordrhein- Westfalen gehören. Andrea Dahms ist die stellvertretende Projektmanagerin. O-Ton Dahms, Der Erfolg des Projektes beruht auch darin, dass wir versuchen, Lehrer und Schüler darin zu unterstützen, Medienkompetenz zu erlangen. Wir liefern neben der Tageszeitung didaktisch aufbereitetes Unterrichtsmaterial. Und wir versuchen klarzumachen, was es heißt, für eine Tageszeitung Nachrichtenjournalismus zu betreiben. O-Ton Lehrer, Wir haben es eingebunden in den Deutsch- und Politikunterricht. Der sorgt v.a. dafür, dass verschiedene Textsorten analysiert werden und ich mache im Politikunterricht dann die praktische Ausführung. Man muss manche Schüler antreiben, weiter zu machen mit ihrem Text, manche brauchen dafür mehrere Tage, manche sind sehr schnell fertig. Man muss die Artikel auch noch mal überlesen. Die schreiben schon selbst die Schüler aber was Rechtschreibung angeht, muss man immer noch mal ein bisschen nachschauen, damit die Redakteure entlastet werden. Autorin Die Lesekompetenz zu verbessern und den Umgang mit dem Medium Zeitung zu vermitteln stehen sicher für Schulen und Verlage im Mittelpunkt der Projekte. Den meisten Schülern macht der praktische Teil am meisten Spaß. O-Ton Schülerin, Wir haben eine Art Selbstversuch gemacht. Wir haben uns ein Kissen unters T- Shirt gesteckt und sind damit durch die Essener Innenstadt gelaufen und haben geguckt, wie die Leute reagieren, was uns nachgerufen wird, wie die so gucken. Wir haben die Reaktionen aufgeschrieben und es zu einem Zeitungsartikel zusammengefasst. Dann kam das dabei raus. Atmo Zeitungsblättern Zitatorin "Schimpfe für Schwangere Wir haben festgestellt, dass nur ein kleiner Bruchteil der Leute gar nicht reagiert hat. Die meisten haben verblüfft oder sogar geschockt geguckt. Viele haben uns sogar tuschelnd hinterher geschaut. Doch es gab auch sehr positive Reaktionen. Leute, die uns Glück gewünscht haben und uns gratulierten. Insgesamt war es sehr merkwürdig, doch auch lustig zu sehen, wer wie reagiert. Besonders ältere Leute zeigten sich unverhohlen schockiert, starrten uns mit großen Augen an und empörten sich über uns junge Schwangere. Doch die härteste Reaktion bekamen wir bei ausländischen, meist muslimischen Menschen zu spüren. Ganz offensichtlich fanden sie unsere Schwangerschaft und den Akt davor als riesengroße Schande. Wenn Blicke töten könnten: diese Blicke hätten es zweifelsohne getan. Insgesamt sind wir der Ansicht, dass Jugendliche ihre Freizeit genießen sollten. Wir sagen nicht, dass sie nicht in der Lage wären, ein Kind zu erziehen. Wir meinen eher, dass sie auf Partys gehen und sich mit Freuden treffen sollten. Dass sie eben erstmal nur Verantwortung für sich selbst haben und nicht noch für ein kleines Kind." Autorin Karina, Sophie und Nadine haben den Artikel in der 8. Klasse geschrieben. Sie hatten damit großen Erfolg. O-Ton Schülerin, In Folge dieser Artikel wurden wir eingeladen zur ZEUS-Award-Verleihung und haben einen Preis bekommen und sind bei SAT 1 aufgetreten. Es hat alles ganz große Wellen geschlagen. ... Wenn man sich dann im Fernsehen selbst so sieht, das ist schon interessant. Wir haben nicht damit gerechnet. Das es in die Zeitung kommt schon - aber nicht ins Fernsehen. Autorin Projekte wie "ZeitungsZeit", "Schüler lesen Zeitung", "Klasse" oder "ZEUS" helfen nicht nur den Verlagen dabei, künftige Zeitungsleser zu rekrutieren. Für die Schüler sind sie eine willkommene Abwechslung im Schulalltag. Und manch Lehrer lernt den einen oder andern Schüler von einer ganz neuen Seite kennen. O-Ton Lehrer, Das Erstaunliche ist immer wieder, dass Schüler ganz neue Qualitäten zeigen bei diesem ZEUS-Projekt. Das bspw. schüchterne Schüler oder die sonst im Unterricht nicht besonders positiv auffallen, hier sich als sehr kreativ erweisen und selbständig. Wie umgekehrt auch manche Schüler, die sehr gute Zeugniszensuren haben, auf das ZEUS-Projekt nicht besonders ansprechen. 28.12 Das mag daran liegen, dass manche Schüler sich nicht so in das schulische Korsett einzwängen lassen, sondern Freiräume brauchen. Wenn man die ihnen bietet durch so ein Projekt, dann können die auch zum Tragen kommen. ... Atmo Zeitungsblättern O-Ton Schüler, Ich lese gerne die WAZ - aber online. O-Ton Schülerin, Ich lese meist nur so oberflächlich, die erste Seite, Kinderseite manchmal. Aber ich lese nicht so oft Zeitung, ab und zu halt. O-Ton Schüler, Man hat mal die Erfahrung gemacht, wie es so ist, als Journalist zu arbeiten und einen Artikel zu schreiben. Wir hatten schon Spaß dabei. Autorin Den Schülern des Essener Gymnasiums haben die Zeitungsprojekte auf jeden Fall Spaß gemacht. Ob sie nun auch zu regelmäßigen Zeitungslesern werden, wird sich zeigen.