KULTUR UND GESELLSCHAFT Organisationseinheit : 46 Reihe : Literatur Ko Kostenträger : P 62 300 Titel der Sendung : "Weihnachten ist Burzeltag" Bären in der Literatur Autorin : Lutz Bunk Redakteurin : Dorothea Westphal Sendetermin : 24.12.2014 (Wdh. vom 12.12.2009) Besetzung : Regie : Stefanie Lazai Produktion : div. O-Töne, Musik Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig (c) Deutschlandradio Deutschlandradio Kultur Funkhaus Berlin Hans-Rosenthal-Platz 10825 Berlin Telefon (030) 8503- D Deutschlandradio Kultur Vor 50 Jahren "Paddington kommt nach England" Bären in der Literatur Sendeplatz : Literatur 24.12.2014, 18.05 (Wdh. vom 14.12.2008, 0.05 Uhr) Autor : Lutz Bunk Musik Sprecherin II Zitat Sei nicht hart gegen fremde Dschungelgefährten, sind heut sie auch hilflos und klein, denn es könnten die, denen wir Freundschaft gewährten, die Kinder des Bärenweibs sein. Musik Sprecher I Zitat Bären sind umgängliche Geschöpfe, aber sie bleiben am liebsten für sich, - und er war zufrieden, in diesem gemütlichen Sessel zu sitzen und allein zu essen. Er wusste inzwischen, dass bittersüße Gedanken an sein Leben im Wald nur störten und sein Glück untergruben. Ein Bär muss in der Gegenwart leben. Er aß einen Teller leer, rülpste leise und machte sich über den zweiten her und danach noch über mehrere Nachspeisen. ... Dann stand er auf, legte sich aufs Bett und machte die Augen zu. Saubere, gebügelte Bettwäsche ist für ein Mittagsschläfchen tausendmal besser als Fichtenzweige. Wunderbare Schwere erfüllte ihn, die Verträumtheit eines Bären, der sich ausruht. Sprecherin I So sieht es jedenfalls jener Bär mit dem seltsamen Namen Hal Jam; Hal Jam klingt im Englischen wie Höllen-Marmelade. Er ist einer der unbekannteren Bären, der Ihnen in der nächsten Stunde begegnen wird. Berühmter natürlich ist Balou aus dem Dschungelbuch. Er ist der Wahrer des Geheimnisses aller Wesen. Sprecher II Zitat Balou ließ Mowgli die Meisterworte in allen Sprachen lernen, in der Sprache der Bären natürlich, denn sie ist die Sprache aller jagenden Tiere, aber auch in den Sprachen der Vögel und Schlangen. Aber so unterschiedlich sie klangen, die Meisterworte meinten in allen Sprachen dasselbe: "Ihr und ich, wir sind vom gleichen Blute! Bruder dem Bruder - Doch weh dem, den wir hassen" Musik Basslauf BLENDE Musik Pomp & Circumstance-Marsch Sprecherin I Der eigentliche Anlass aber, warum wir uns hier und heute versammelt haben, ist ein Geburtstag. Wir gratulieren. Seinen Geburtstag, oder "Burzeltag", wie Pu der Bär sagen würde, feiert Paddington wie immer zu Weihnachten. Nicht weil er an diesem Tag geboren wurde, sondern weil es einfach ein schöner Tag zum Feiern ist. An welchem Tag und in welchem Jahr er geboren wurde, weiß nicht einmal er selbst. Musik Bass Sprecherin II Paddington, Balou, Hal Jam, Pu, Bruno und andere Bären in der Weltliteratur. Musik Bass Sprecherin I Paddington betrat am 20. Juli 1958 die Bühne der Weltgeschichte, da, wo man sie vielleicht am besten betreten kann, auf britischem Boden. Atmo Londoner Bahnhof (Dampf) Sprecher I Zitat drauf Mr. und Mrs. Brown lernten Paddington in einem Bahnhof kennen. Es war, genauer gesagt, im Londoner Bahnhof Paddington, und so kam Paddington auch zu seinem für einen Bären etwas ungewöhnlichen Namen. Eigentlich wollten die Browns nur ihre Tochter Judy abholen, die für die Ferien aus dem Internat nach Hause kam. Es war ein warmer Sommertag, und der Bahnhof wimmelte von Leuten, die ans Meer wollten. Züge pfiffen, Taxis hupten, Gepäckträger hetzten schreiend hin und her - es war ein derartiger Lärm, das Mrs. Brown gar nicht gleich verstand, als ihr Mann sagte, er habe gerade einen Bären gesehen, einen mit so einem komischen Hut auf. Sprecherin II Zitat Mrs Brown musterte ihren Mann erstaunt. "Unsinn, Henry. Hier gibt es doch keine Bären!" ... Sprecher I Zitat Ohne noch ein weiteres Wort von seiner Frau abzuwarten, ergriff er sie am Arm und schob sie durch die Menge, umrundete mit ihr eine Teebude, ... und führte sie schließlich durch einen Wald von Kofferstapeln in der Nähe des Fundbüros. "Na bitte ! Hab ich´s dir nicht gesagt !" rief er triumphierend und deutete mit dem Finger in eine dunkle Ecke. Mrs. Brown erkannte mit Mühe ein kleines pelziges Etwas im Halbdunkel. Es saß offenbar auf einem Hocker und es hatte eine Schnur mit einem Schild um den Hals. Der Koffer war alt und verbeult; HANDGEPÄCK stand in großen Buchstaben auf einer Seite. Sprecherin I Zum Leben erweckt wurde Paddington durch den britischen Arzt und Schriftsteller Michael Bond, Jahrgang 1926, bekannt auch als Autor von Kriminalromanen mit dem Serienhelden "Monsieur Pamplemousse" und dessen Hund "Pommes Frites", jeder Band komplettiert mit Kochrezepten von Paul Bocuse. Berühmt aber wurde Bond als der Erfinder des Bären Paddington. 13 Bücher sind bislang entstanden. Atmo Bahnhof Sprecher I Zitat drauf Mrs. Brown klammerte sich an ihren Mann. Sprecherin II Zitat "Aber Henry! Das ist ja wahrhaftig ein Bär!" Sprecher I Zitat Dann wagte sie sich einen Schritt vor. Es war auf alle Fälle kein gewöhnlicher Bär. Sein Pelz war braun, besser gesagt schmutzig-braun, und er trug einen seltsamen breitkrempigen Hut, genau wie ihr Mann gesagt hatte. Unter der Hutkrempe schauten zwei große runde Augen unverwandt zu ihr auf. Der Bär, der spürte, dass irgendetwas von ihm erwartet wurde, erhob sich, lüpfte höflich seinen Hut, wobei sich zwei schwarze Ohren zeigten, und sagte mit leiser Stimme: Sprecher II Zitat "Guten Tag." ... Sprecher I Zitat Einen Moment lang war es still. Sprecher II Zitat "Kann ich Ihnen behilflich sein?", erkundigte sich der Bär. Sprecher I Zitat Mr. Brown wurde ganz verlegen. "Also ... hm ... eigentlich nicht. Eigentlich dachten wir, ob wir vielleicht dir helfen könnten?" Mrs. Brown ging in die Hocke. "Bist du aber ein kleiner Bär!", sagte sie. Sprecher II Zitat "Ich gehöre zu einer sehr seltenen Bärenrasse", antwortete der Bär mit stolzgeschwellter Brust. "Da, wo ich herkomme, gibt es nicht mehr viele von uns." Sprecherin II Zitat "Und wo ist das?" Sprecher I Zitat Fragte Mrs. Brown. Vorsichtig spähte der Bär umher. Sprecher II Zitat "Finsterstes Peru. Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Ich bin nämlich ein blinder Passagier!" Sprecherin I Das Herkunftsland Peru beweist eindeutig, dass es sich bei Paddington um einen Brillenbären bzw. Andenbären handelt. Lateinisch Tremarctos ornatus. Andere Bären gibt´s nun mal nicht in Südamerika, und selbst die sind selten. Weshalb man diese Spezies auch in Zoos oft nicht nur einfach als Brillenbär sondern als Seltener Brillenbär bezeichnet, wie wir aus dem Roman "Die Bären sind los" von John Irving erfahren. Darin befreien die beiden Studenten Hannes Graff und Siegfried Schmidt, gewissermaßen frühe "Öko-Terroristen", im Jahr 1967 neben anderen Tieren auch zwei Seltene Brillenbären aus dem Tiergarten Schönbrunn in Hietzing bei Wien, nachdem sie miterleben mussten, wie der sadistische Tierpfleger Schrutt, ein alter Nazi, verschiedene Tiere, aber mit Vorliebe die Brillenbären, des nachts mit Elektroschocker und Gummiknüppel zu quälen pflegte. Die Flucht in die Wälder: Atmo Motorrad + Hund Sprecher I Zitat Wir fuhren gerade langsam mit unserem Motorrad, weil eine Schafherde neben der Straße weidete. Plötzlich brach der Hund des Schäfers in wütendes Bellen aus, als, Schulter an Schulter, das Pärchen Seltener Brillenbären aus dem Forst gepurzelt und keine zwanzig Meter vor mir über die Straße geschnauft kam. Der Schäferhund duckte sich flach auf den Boden - die Pfoten von sich gestreckt, die Ohren angelegt. Doch die Seltenen Brillenbären hielten nicht Ausschau nach Schafen oder Hunden - oder den Kühen auf der Nachbarwiese oder nach einem möglichen Stier im Wald oder nach sonst jemand. Sie rannten stetig nebeneinander, querten die Straße, überstiegen den Straßengraben, kletterten über ein Gatter, umrundeten mit nötigem Sicherheitsabstand den Schäferhund. Der jaulte bei den Schafen, aber die Bären strebten weiter - keineswegs in unvernünftigem Tempo; hatten es nicht einmal besonders eilig. Sie strebten einfach nur dem Wald am anderen Ende der Wiese zu - wo sie dann - allerhöchstwahrscheinlich - immer noch weiter rennen würden. Die unermüdlichen, bemerkenswerten und sehr "Seltenen Brillenbären" rannten zurück zu den Anden in Ecuador. Oder zumindest in Richtung Alpen. Wenn man als Tourist vielleicht einmal Urlaub macht in Klosterneuburg, sollte man einen Einheimischen fragen: Sprecherin II Zitat Sagen Sie, gibt´s in Klosterneuburg Bären? Sprecher II Zitat Mhhh. Sprecherin II Zitat Wirklich ? Sprecher II Zitat Mhhh. Bären. Sprecherin II Zitat Haben die schon mal Schaden angerichtet? Sprecher II Zitat Na, die Bären doch nicht. Das sind komische Bären. Sprecherin II Zitat Vielleicht Seltene Brillenbären? Sprecher II Zitat Davon weiß ich nix. Sprecherin II Zitat Vermehren die sich? Sprecher II Zitat Davon weiß ich auch nix. Aber die sind sehr nett zueinander, wissen Sie? Sprecherin I "Wir wissen´s, und das zu wissen, ist immerhin schon mal was", fügt John Irving hinzu. Musik-Akzent Sprecherin I Wer mehr über Brillenbären erfahren möchte, der sollte nach Peru gehen und die Ukukus fragen, die so genannten Bärenmenschen. Die größte Pilgerfahrt aller Indianer Südamerikas endet wie jedes Jahr Anfang Juni, ein paar Tage vor Fronleichnam, am Rande des Qoyllur Rit´i-Gletschers in knapp 5000 Meter Höhe. Sprecher I Dort warten die Ukukus, was in der Inka-Sprache Quechua schlicht "Bären" bedeutet, maskierte Llama-Hirten in Felle gehüllt und mit Peitschen bewaffnet. Die Nacht vor dem Fest verbringen die Ukukus auf dem Berg. Kommen sie am Morgen ohne Eis zurück, dann wird es im kommenden Jahr keinen Regen und Missernten geben. Sprecherin I Aber kehren wir zum berühmtesten Brillenbären zurück, zu Paddington, und zu jenem historischen Moment als Paddington nach England kam, - als illegaler Asylant ohne Aufenthaltserlaubnis für Großbritannien. Atmo Bahnhof Sprecher I Zitat "Ein blinder Passagier !" Mr. Brown senkte die Stimme und schaute über seine Schulter, als stünde hinter ihm schon der Polizist, der alles mithörte und notierte. Sprecher II Zitat "Ja", sagte der Bär. "Ich bin ausgewandert, wissen Sie." Er sah auf einmal ganz traurig aus. "Ich war immer bei meiner Tante Lucy in Peru, aber sie musste in ein Heim für pensionierte Bären." Sprecherin II Zitat "Du willst doch nicht etwa sagen, dass du mutterseelenallein von Südamerika nach London gereist bist!" rief Mrs. Brown. Sprecher II Zitat "Doch", nickte der Bär. "Tante Lucy hat sich immer gewünscht, dass ich auswandere, wenn ich erst mal alt genug bin. Deshalb hat sie mir auch Englisch beigebracht." Sprecher I Zitat "Aber was, um Himmels willen, hast du die ganze Zeit gegessen", fragte Mr. Brown. "Du musst doch halb verhungert sein." Mit einem kleinen Schlüssel, der ebenfalls an der Schnur um seinen Hals hing, öffnete der Bär seinen Koffer und brachte ein fast leer gegessenes Marmeladenglas zum Vorschein. Sprecher II Zitat "Orangenmarmelade", sagte er stolz. "Bären lieben Orangenmarmelade. Und gewohnt habe ich im Rettungsboot." Sprecher I Zitat "Und was hast du jetzt vor?", fragte Mr. Brown. "Du kannst doch nicht ewig hier im Bahnhof herumsitzen." Sprecher II Zitat "Ach, ich komme schon zurecht ... denke ich." Sprecher I Zitat Als der Bär sich bückte, um sein Marmeladenglas wieder zu verstauen, konnte Mrs. Brown die Schrift auf dem Schild entziffern. BITTE KÜMMERN SIE SICH UM DIESEN BÄREN. DANKE stand da. Sonst nichts. Sprecherin I Paddington hatte Glück, er lebt seit 1958 bei der Familie Brown in London. Gewachsen ist er seitdem nicht, ähnlich wie jener Oskar Matzerat in Günter Grass´ Blechtrommel. Aber anders als dieser scheint Paddington nie geschlechtsreif geworden zu sein, wie das eigentlich bei Bären in Kinderbüchern wohl auch als selbstverständlich gilt, - seien sie noch so gesellschaftskritisch. Musik-Trenner Hot Chocolate: sexy thing Sprecherin I Einen seltenen Einblick in die Sexualwelt erwachsener Bären gibt der amerikanische Schriftsteller William Kotzwinkle in seinem Roman "Ein Bär will nach oben". Die Geschichte des Bären "Hal Jam", der mit Hilfe eines gestohlenen Roman- Manuskripts zum Bestseller-Autor und gern gesehenen Gast in Talkshows wird. BLENDE Sprecherin II Zitat Mr Hal Jam, sagen Sie, woran denken Sie, wenn Sie an die USA denken? Sprecher I Zitat Sex und Pizza. Sprecherin II Zitat "Meinen Sie, dass unser hektisches Großstadtleben keine Zärtlichkeit mehr zulässt? Ist sexuelle Hingabe zwischen zwei Menschen in einer ruhigen, ländlichen Umgebung eher möglich?" Sprecher I Zitat Der Bär steckte seine lange Zunge in die Tüte mit Käseflipps. "Wenn ich´s im Wald gemacht habe und nicht vorsichtig war, bin ich schon manchmal übel zugerichtet worden. ... Ich musste sie ganz fest von hinten packen, sonst hätten mich die Weibchen, äh, Frauen zerrissen. ... Seit ich in der Stadt bin, mache ich´s öfter, und es ist sicherer." Sprecherin II Zitat "Wir sind ja alle für sicheren Sex", fügte die Talk-Masterin politisch korrekt hinzu. "Und da wären wir gleich bei einem ganz kontroversen Thema: Mit wem haben Sie lieber Sex? Mit Männern oder mit Frauen ? Sprecher I Zitat "Brezel", sagte der Bär. Ein Bär hat nichts gegen Schwule, da Bären ein tolerantes Sexualverhalten pflegen. Wenn junge Bären kein Weibchen finden, treiben sie es gelegentlich auch mal miteinander, und keiner macht viel Aufhebens davon. Musik-Trenner Hot Chocolate. Winner Sprecherin I Und wenn sie keine Bärinnen finden, dann treiben sie es auch mit Menschen, - zumindest bei Kotzwinkle. Nur muss man als Bär erst lernen, was Frauen wollen. Sprecher I Zitat Was sagt man zu einer Menschenfrau, wenn sie läufig ist? ... Als sie ihn zu ihrem Bau mitnahm, hatte Hal Jam geglaubt, es gäbe noch einen Imbiss. Den gab es nicht. Dann hatte die Frau ein paar einladende Bewegungen gemacht, aber nichts Besonderes, kein wiegender Gang, kein Sabbern, kein Knurren. Sie hatte nicht die Zähne gefletscht und auch nicht auffordernd mit dem Hintern gewackelt. Menschenfrauen wussten einfach nicht, wie man einen Bären in Fahrt brachte. Sprecherin I Aber wenn man, sprich Frau, sich Mühe gibt, dann geht das schon: Bären sind Sohlengänger und können bis zu 50 Stundenkilometer schnell werden! Hal Jams erste Nacht mit Zou Zou, der Werbechefin seines Bestseller-Verlages. Sprecher I Zitat Eine erschöpfte Zou Zou stand am Fenster der Plaza-Suite und starrte durch das Zwielicht auf den See im Central Park. Hal Jam schlief. Sie setzte sich neben ihn und strich sachte über sein Bein. Sprecherin II Zitat "Im Bett bist du ein Tier", sagte sie. Er war nur langsam in Fahrt gekommen, aber als er erstmal loslegte, war es für sie wie nie zuvor. Er hatte sie plötzlich hochgehoben und wie eine Puppe herumgeschleudert. Das und der Gedanke an Diät- Milchmixgetränke hatten auf sie wie ein gewaltiges Aphrodisiakum gewirkt. Und dann seine Geräusche - das Gegrunze und Gebrüll, die aufregend unverständlichen Sachen, die er ihr ins Ohr gebrummt hatte -, einfach umwerfend. Und seine Technik war so vollkommen anders, die Art, wie er sie herumgerissen und in den Nacken gebissen hatte und dann - nun, als er kam, war es als taufe jemand den Panzerkreuzer Potemkin. ... Hinter dieser schüchternen, altmodischen Fassade verbarg sich ein heldenhafter Liebhaber. Und gerade diese Ungereimtheit machte alles so aufregend - dass dieser zurückhaltende dicke Kerl als Liebhaber genauso großartig war wie als Schriftsteller. Musik-Akzent Hot Chocolate: sexy thing Sprecherin I Gut fand Hal Jam, dass sich die Menschenweibchen vor dem Sex zum Fressen mit ihm verabredeten. Schwierig war es für ihn, sich daran zu gewöhnen, dass bei den Menschen die Brunftzeit das ganze Jahr über dauert. Sprecher I Zitat Zunächst kam seine biologische Uhr durcheinander, weil er ein Weibchen gedeckt hatte, ohne dass für ihn Paarungszeit war. Danach war er ständig mitten in der Nacht aufgewacht und hatte an den Wänden gekratzt. Das ließ aber nach, als er es öfter tat. Der zweite wichtige Meilenstein seines Lebens lag hinter ihm: Er hatte es mehr als einmal pro Jahr gemacht. Und ein Menschenweibchen zu decken gab einem das Gefühl, jemand zu sein. Vielleicht machen es die Menschen deshalb so oft. Sprecherin I Wussten Sie, dass Bären einen Menschen aus 1,5 Kilometern Entfernung riechen können, einen leckeren Kadaver aus 15 und eine läufige Eisbärin in der Arktis sogar aus 150 Kilometern? Die Indianer Nordamerikas sagen: "Wenn auch nur eine einzige Kiefernnadel vom Baum fällt, - der Adler sieht sie, - und der Bär kann sie riechen. Was Wunder, wenn ein Bär Menschenfrauen mag. Sprecher I Zitat Menschenweibchen brachten ihren Brunftgeruch viel feiner ins Spiel, sprühten noch andere Gerüche darüber, damit er nicht so leicht auszumachen war. Und dann deckten sie alles mit Rüschenhöschen zu. Das war Evolution. Bärendamen hatten noch so viel zu lernen und würden wahrscheinlich niemals Rüschenhöschen tragen. Sprecherin I Bestsellerautor Hal Jam lebt heute in Kalifornien, in seinem luxuriösen, als Liebesnest verschrieenen Strandhaus nahe Malibu. Sprecher I Zitat Hal Jam hatte sich Zeit gelassen bei der Einrichtung seiner Wohnung, denn sie sollte perfekt aussehen. Das Licht kam aus pulsierenden Lavalampen. An einer Wand hing eine auf Samt gemalte Forelle. Die Wände waren mit einer bunten Kinderzimmertapete beklebt, auf der Teddybären mit Luftballons spielten. Vor dem Fernseher mit Großbildschirm lag ein Sitzsack, der sich der Gestalt des Bären angepasst hatte. Er saß gerade darauf und schaute sich einen Zeichentrickfilm an. Ein grellfarbener Kojote, der von einer Abrissbirne getroffen, flach an der Wand klebte, gefiel dem Bären ganz besonders. Er knipste die Lampe neben sich an, in der Tropfen von beleuchtetem Öl auf eine mit Blattgold überzogene Gips-Venus niederrieselten. Das Objekt mochte der Bär ganz besonders. Das war so, weil er ein Bär war. Musik Sprecherin I Die USA, das Land der großen Gegensätze: Da existiert noch immer der Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Traum, wo ein Bär wie Hal Jam Bestsellerautor werden kann; auf der anderen Seite ist nach dem 11. September 2001 ein paranoides Überwachungssystem entstanden, in dessen Anti-Terror- Räderwerk auch ein unschuldiger Normal-Bürger beziehungsweise Normal-Bär geraten kann, wie beispielsweise der Bär Winkie, - mit mindestens 84 Jahren der älteste Bär in unserer Sammlung. Im Jahr 2005 wird Winkie wegen Terrorismus-Verdachts vor ein US-amerikanisches Gericht gestellt. Begonnen hatte alles, als ein Army-General mit einem Laserpointer auf ein plakatgroßes Foto zeigte. Sprecher I Zitat "Das ist die Satellitenaufnahme einer Biowaffenanlage, in der nach unseren Informationen so genannte "Killer-Bären" hergestellt werden." Mit dem Laserpointer kreiste der General mehrere verschwommene Rechtecke ein. "Und zwar hier ... hier ... und hier", setzte er schnarrend hinzu. "Man könnte sie als eine getarnte Armee von Kampfmaschinen bezeichnen, abgerichtet, alles zu töten, was sich ihnen in den Weg stellt. Ich sage nur: Das Netzwerk des Terrors. Ein Stöhnen ging durch die Reihen der Offiziere. " Atmo Eule Sprecher II Zitat Wie in den drei Nächten zuvor ging Winkie sein ganzes Leben durch, auf der Suche nach etwas, an das er sich gern erinnerte, einen kleinen Moment des Glücks, der ihn Hoffnung schöpfen ließ. O-Ton Chase "A rhythmic chopping roving flashes ......................... .................................." Musik The End Doors - Hubschrauber + Atmo Hunde wild + Atmo Hubschrauber Sprecher II Zitat drauf Da drang plötzlich ein hackendes Geräusch in sein Ohr, Irrlichter wanderten. Winkie barg den Kopf in seinen Pfoten, doch der Lärm wurde immer lauter. ... Der Krach drehte auf, wuchs zu einem erbarmungslosen Heulen, das bläulich-weiße Licht wurde auf einmal blendend grell. ... Er spähte aus dem Fenster und sah ein großes metallisch-grünes Objekt, das knatternd über der Hütte schwebte. Der Hubschrauber verharrte scheinbar in der Zeit, ging weder tiefer noch höher. Aber er schaukelte ungeduldig in der hellweißen Luft, und die Bäume ringsum schaukelten wie wild. Mit seinem Suchscheinwerfer leuchtete der Hubschrauber dem Bären direkt ins Gesicht. Dann sah Winkie auch noch andere Lichter, die von allen Seiten aus dem Wald auf ihn zukamen. "Sie sind umstellt!", sagte das schwebende Ungetüm. Seine tiefe, blecherne Stimme drang durch den Rotorlärm. "Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!" O-Ton Chase Lesung frei + Musik frei "Paws in the air Winkie stood .... Sprecher II Zitat drauf Mit hochgerissenen Pfoten trat Winkie vor die Tür seiner Hütte und blinzelte in den gleißenden Sturm, der von dem Hubschrauber ausging. Wahrscheinlich machten sie das bei entlaufenen Plüschtieren immer so, dachte er. Hinten im Wald erkannte er auch blinkende Blaulichter und schemenhafte Gestalten, die irgendwie durcheinander zu sein schienen, denn die Pistolen und Taschenlampen zeigten mal hierhin, mal dorthin. Sogar der Hubschrauber konnte sich offenbar nicht entscheiden und pendelte hin und her. Der Hubschrauber tat Winkie leid, denn zwischen den Bäumen konnte er nicht landen. ... Ein einzelner Schuss gellte. Winkie spürte, wie die Kugel knapp an seinem rechten Ohr vorbeisauste. ... Wenn sie so weitermachten, waren sie morgen noch nicht bei ihm. Und obwohl der Bär keinen Mucks von sich gab, gleichermaßen zu Tode gelangweilt wie zu Tode erschrocken, schrien die Gestalten. Sprecher I Zitat "Bleib, wo du bist ! Keine Bewegung ! Wehe, du rührst dich, du kleiner Schwanzlutscher ! Ich knall dich ab ! Echt, ich puste dir die Rübe weg. Glaubst wohl, ich mach´s nicht?" Sprecher II Zitat Der Mann schluchzte beinahe. Sprecher I Zitat Doch, du Arschloch, ich tu´s ! Sprecher II Zitat Da dachte Winkie: Mann, den sollte auch mal wieder einer in den Arm nehmen. Im nächsten Moment sah er eine winzige Explosion. ... Atmo Uzi ... Und einer der nachfolgend abgegebenen 39 Schüsse streckte ihn nieder. O-Ton Ende frei "........................... 39 shots knocked him over." Sprecherin I Winkie überlebt. Als er dann während des Gerichtsprozesses wegen Terrorismus-Verdachtes auf Kaution aus der Haft entlassen wird, nutzt er die Chance, - sein Vertrauen in die Justiz der USA ist erschüttert -, setzt sich ins Ausland ab und taucht in Ägypten unter. Ein Foto, das durch die amerikanische Presse ging, zeigt ihn vor den Pyramiden, gekleidet in einen Burnus. Atmo Chase I A 045 ... Straße ... Sprecherin I drauf Im Jahr 2006 kommt es in Berlin Schöneberg zu einem konspirativen Treffen mit Winkie und dessen Romanautor und Beschützer Clifford Chase. Da Winkie aber keine fiktive Romanfigur sondern ein echter Teddybär ist, sind die Röntgen- Kontrollen auf Flughäfen das Hauptrisiko bei Auslandreisen. O-Ton Chase "I did wonder a little bit about going to airport security with Winkie. You know the x-ray in the book is a real x-ray. So he would go through the maschine, and they would see exactely what you see in the book, so I was afraid. There are metall parts inside, and I thought what will they think what these metall parts are. They could think it´s a teddybear with a bomb inside, something." Sprecher I Übersetzung Man wird unruhig, wenn beim Einchecken das Gepäck geröntgt wird. Und das Röntgen-Foto von Winkie in dem Buch ist ja echt, also lauter Metallteile, Drähte usw. Da könnte man schon denken: ach, guck mal, ein Teddybär mit ´ner Bombe drin! Sprecherin I Bitte sagen Sie es nicht weiter, aber der ideale Platz, um eine Bombe ins Flugzeug zu schmuggeln, scheint im Inneren eines Teddybären zu sein. Chase transportiert Winkie stets in einem unauffälligen Rucksack. O-Ton Chase ... "................................." Sprecher I drauf In dem Rucksack eine Schuhschachtel, ausgelegt mit Papier und Samt. Winkie ist klein, nur 35 cm groß, sein Fell fadenscheinig. Er ist mindestens 84 Jahre alt, denn 1924 lag er unter dem Weihnachtsbaum von Chase' Mutter. Die nannte ihn Marie. Insofern ist Winkie der erste Bär, von dem eine Geschlechtsumwandlung bekannt ist, jedenfalls was den Namen angeht. Chase Mutter gab Winkie, alias Marie, an ihre fünf Kinder weiter. Chase war der Jüngste. Er nannte ihn Winkie. Bärenspezialisten fallen sofort Winkies große Ohren auf, typisch für britische Teddybären, zu finden auch bei Paddington und bei Pu. Was Winkie aber zu einer seltenen Rarität macht, das sind seine Puppen-Schlafaugen. Das heißt, nur noch eins bewegt sich; das andere wurde durch einen Hundbiss in Mitleidenschaft gezogen. Aber wenn man ganz leise ist, dann kann man hören, wie das eine Auge noch "klick" macht, wenn es sich schließt: O-Ton ........... frei : "............ klick ...// ... klick .... Sprecher I weiter drauf Für Teddybär-Spezialisten: Es gab weltweit nur eine einzige Firma, die Teddybären mit Schlafaugen herstellte, die "Whole Sale Toy Company" im Norden Londons, - patentiert 1921. Heute sieht Winkie eher ein bisschen wie Frankenstein aus. Auf seiner Webseite: freewinkie.de trägt er ein Gefängnis-T- Shirt, die Sträflingsnummer ist gleichzeitig das Geburtsdatum von Oscar Wilde. Sprecherin I Allerdings ist Autor Clifford Chase, - was Bären- und Kinderliteratur betrifft -, erschreckend wenig sattelfest. An Paddington und Pu kann er sich gar nicht richtig erinnern. Und er schwört, dass er als Kind Winkie Winkie taufte, weil er mit der Pfote immer winke-winke machte. Dass Winkie auch der Name eines Landes in dem Kinderbuch "Der Zauberer von Oz" ist, - 1900 von L. Frank Baum geschrieben -, bestreitet Chase, gewusst zu haben. Warum er den Roman Winkie geschrieben hat? O-Ton Chase "I felt so constantly outraged by really starting september 12th 2001, // people are held without charges, kangooroo-courts in Guantanamo, people being tortured, and all the way through to the war in Iraque, the biggest and most gigantic abuse of power and huge mistake, // september 11 happened // that night or next night president Bush gave this TV-speech, and I was sitting in my apartement listening to this speech and I was literarily crying, because he is such an idiot // (but) it was possible to write about it, // the war on terror, the so called war on terror, how can you have a war on terror, it is like a war on emotions // I was the thinking all the way back to Shakespeare, as comedy being a way to really think more radically." Sprecher I Übersetzung Ich war so wütend über das, was gleich am 12. September 2001 begann: Menschen wurden ohne Anklage inhaftiert, dann Guantanamo, Folter, bis hin zum Krieg im Irak, diesem gigantischen Machtmissbrauch. Mir sind bei Bushs erster Rede noch am Abend des 11. September vor Wut buchstäblich die Tränen gekommen, - Idiot. Krieg gegen den Terror, wie kann man gegen Terror Krieg führen? Das ist ein Krieg gegen Gefühle. Und ich musste an das denken, was Shakespeare einmal gesagt hat: Humor und Satire helfen den Menschen, radikaler zu denken. Musik Sprecherin I Auch als Teddybär gerät man leicht in die Mühlen von Politik und Ideologien. Atmo Live-Ticker Sprecher II Zitat 06. November 2007. Dpa meldet: in der sudanesischen Hauptstadt Khartum ist die britische Lehrerin Gillian Gibbons verhaftet worden. Ihr wird "Verunglimpfung des Propheten" vorgeworfen. Sie hatte das Klassenmaskottchen, einen Teddybären, Mohammed genannt. Gillian Gibbons muss am kommenden Donnerstag vor Gericht erscheinen. Bei einer Verurteilung drohen ihr 40 Peitschenhiebe, sechs Monate Gefängnis oder eine Geldstrafe. Sprecherin I Gillian Gibbons wurde allerdings freigesprochen. Einer ihrer Schüler, der siebenjährige Mohammed, erklärte vor Gericht, der Vorschlag, den Teddy Mohammed zu nennen, sei von ihm gekommen. Der Siebenjährige sagte aus, die Lehrerin habe ihn gefragt, wie er den Teddy nennen wolle, und er habe ihm einfach seinen eigenen Namen Mohammed gegeben. Die Lehrerin sei sehr nett und habe mit ihren Schülern nie über Religion gesprochen. Sprecher I Aber alle Mitbären seien gewarnt: Religion mag Opium für die Menschen sein, für Bären ist sie geradezu Gift, egal wie ökumenisch ihr Denken ist. Sprecherin I Davon jedenfalls schreibt der finnische Schriftsteller Arto Paasilinna in seinem Roman "Ein Bär im Betstuhl". Dort zieht der Pastor Oskar Huuskonen einen verwaisten Bären groß, den er "Sapperlot" nennt. Dessen Mutter war in einer Hochspannungsleitung zu Asche zerbrutzelt, womit wir gleich auch die einzige Bärin in der Weltliteratur erwähnt hätten. Sprecher I Zitat Pastor Huuskonen teilte Sapperlots Ausbildungsprogramm in drei Teile ein, die man Fächer nennen könnte. Als erstes bekam der Bär Tanzstunden, das zweite Fach war Religion, und das dritte beinhaltete die praktischen Fähigkeiten: Haushalt, Servieren und Ähnliches. Sprecher II Zitat Der Unterricht wurde so gestaltet, dass Tanja, die Haushälterin, dem Bären an ihren freien Tagen Tanzunterricht gab, ihm den Trepak, - einen in Finnland sehr beliebten ukrainischen Männertanz im 2/4-Takt mit Spagatsprüngen und mit tiefen Pliés, also Hockschritten -, beibrachte; aber auch alte Gesellschaftstänze wie Walzer, Mazurka und sogar Polonaise vernachlässigte sie nicht. Ein Kofferradio mit Kassettenteil, das sie immer in den Wald mitbrachte, sorgte für die musikalische Begleitung. Sprecher I Zitat Pastor Huuskonen übernahm den Religionsunterricht. Der Bär schlug ja bereits geschickt das Kreuz und faltete die Tatzen oder ließ sich auf alle viere nieder, hob das Maul gen Himmel und sah fromm und andächtig aus. Jetzt bekamen diese Fähigkeiten ihren letzten Schliff, und der Bär lernte weitere religiöse Gebärden. Der Pastor unterwies ihn in den liturgischen Handlungen: Taufe, Trauung und Beerdigung. Zu singen lernte er natürlich nicht, aber er wiegte sich mit andächtiger Miene im Takt von Huuskonens Gesang. Sprecher II Zitat Zusätzlich zu diesen christlichen Bräuchen aber lehrte Huuskonen ihn, sich nach islamischer Sitte auf den Boden zu werfen und in Richtung Mekka zu verneigen, - ferner brachte er ihm auch ein paar Meditative Handlungen des Buddhismus und des Schintoismus bei, an die er sich zufällig erinnerte. Im Übrigen war der Bär sehr begierig darauf, die Zeichensprache der Gläubigen zu lernen. Sprecher I Zitat Wenn Huuskonen ihm den Befehl gab zu beten, dann vibrierten die Nüstern des Bären, und seine Lippen bewegten sich so, wie der Pastor es ihm vorgemacht hatte. Die Bibel hielt er geübt in den Tatzen und blätterte darin, so als könnte er das Evangelium lesen. Sprecherin I Trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner ökumenischen Ausbildung aber, kommt es Monate später auf der Mittelmeerinsel Malta zu einem Eklat: Während einer internationalen Konferenz über Religionsfragen, zu der Huuskonen den Bären mitgenommen hatte, überfällt den, - angesichts der Engstirnigkeit der Religionsvertreter -, die Wut, und nach einem tätlichen Angriff auf Priester, Rabbis und Mullahs gleichermaßen, wird Sapperlot abgeführt. Musik-Akzent Sprecherin I Noch schlimmer erging es Bruno. Obwohl Bruno, wahrscheinlich konfessionslos, schlicht jenen Fehler beging, sich ohne gültige Papiere für das falsche Auswanderungsland zu entscheiden. Sprecher II Es war das Jahr des Sommermärchens, 2006, als Bruno die deutsche Grenze überschritt. 2006, "das Jahr des Bären", so nennt es der Schriftsteller Gerhard Falkner in seiner 2008 erschienen Novelle mit dem schlichten Titel "Bruno". 2006, das Jahr des Bären. Sprecher I Zitat Bei dem Gedanken an einen Bären, so, wie er vorwärtsstürmt, musste ich an Michael Ballack denken. Ballack im Spiel gegen Polen am 14. Juni im Jahr des Bären. Als Erklärung für sein rastloses und weites Herumschweifen heißt es in dem Bericht einer Zeitung, der Bär wolle sich paaren. Sprecher II Zitat In einer anderen Zeitung, der "Märkischen Oderzeitung", wies man am 30. Mai auf den Migrationshintergrund der Familie von Bruno hin. Unter der Schlagzeile "Mutter vorbestraft: Der Bär Bruno kommt aus Problemfamilie" meldete die Zeitung, dass die Familie Brunos im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojektes von Slowenien ins italienische Trentino zwangsumgesiedelt worden war. Auf dem Foto auf der idyllischen Bergwiese sah Bruno eigentlich ganz sympathisch aus. Sprecher I Zitat Sein Gesicht ist ohne das Überflüssige des Grams oder Grolls, ohne die Überspanntheit der Reizbarkeit oder des Spotts, und zeigt auf seinem sanften Grundriss jene nur den Raubtieren Adler, Löwe und Bär vorbehaltene edle Unverfrorenheit, mit welcher sie auf den Wappen unzähliger Fürsten und Reiche dargestellt werden. Sprecherin I Auf dem Wappen von Bern, auf den Fahnen Berlins und Kaliforniens. Wären da nicht die toten Schafe gewesen. Sprecher I Zitat Aufgereiht für die Fotografen lagen ihre Kadaver in der Koppel, genauso bunt in ihren Wunden und so tot in ihren Zügen wie die toten Menschen nach dem amerikanischen Massaker im irakischen Haditha, die ein paar Seiten weiter in der gleichen Zeitung zu sehen waren. Der Bär soll auf seine Taten hin erschossen werden, der amerikanische Präsident nicht. Das Tier aber entzieht sich der zunächst angeordneten Hinrichtung, die nach einigen Tagen unter dem Druck öffentlichen Protestes in das Versprechen einer lebenslänglichen Haftstrafe umgewandelt wird, durch Flucht. Er entgeht den Röhrenfallen aus Kanada, den Gummigeschossen, Stromzäunen und Betäubungsgewehren und schlägt sich, über Kufstein ziehend, nach Tirol durch. Sprecher II Zitat Im Jahr des Bären, am 26.06.2006, früh um 4 Uhr 50 wird Bruno erschossen. Am 04.07.2006 verliert Deutschland gegen Italien. Sprecherin I Ein anderer Bären-Asylant, der zwei Jahre später, am 18. Juni 2008, bei einem illegalen Grenzübertritt erschossen wurde, war der Eisbär Òfeig. Nach einer Odyssee von 500 Kilometern, auf einer schmelzenden Eisscholle durch den Nordatlantik treibend, abgemagert und noch dazu an einer Pfote verletzt, hatte er isländischen Boden betreten. Atmo Live-Ticker Sprecher II Zitat Die Deutsche Presseagentur meldet, Auslöser für die Schüsse sei eine Panikattacke des Bären gewesen, als der sich, - nicht nur von der Polizei und von Zooexperten sondern auch noch von einer Gruppe Paparazzi -, verfolgt sah. In seiner Panik sei Ófeig in Richtung Meer gerannt, der Weg allerdings sei verstellt gewesen von den Paparazzi. Am 29.06.2008 verliert Deutschland gegen Spanien. Musik Sprecherin I Genug der schrecklichen Geschichten? Die schlimmste haben wir Ihnen bereits erspart: William Faulkners "Der große Wald". Old Ben hieß der Bär, den Sadisten aus purer Mordlust quälten und am Ende töteten. Bevor wir uns aber wieder erbaulicheren Aspekten der Bärenwelt widmen, doch noch ein letzter Wermutstropfen für alle Bärenseelen, - Stichwort Globalisierung. Aus James Hamilton-Patersons Roman: "Einarmsegeln mit Millie". Sprecher I Zitat Nicht zum ersten Mal beschäftigt mich die Frage, , was um alles in der Welt die werktätige chinesische Bauernschaft - unlängst erst den Menschenscheiße gedüngten Feldern der Provinz entkommen und nun in den Satansmühlen der Industriestätte gelandet - von den Leuten in Europa halten mag, für die sie Sachen produziert: Sachen wie die mechanischen Vibratoren, die Jesusse mit Batterien, die durchsichtigen Acrylklobrillen mit eingegossenen echten Geldscheinen oder die furzenden Teddybären. Sprecher II Zitat Was machen sich die Chinesen, die diesen billigen, albernen Schnickschnack produzieren, für eine Vorstellung von ihren Kunden? Halten sie uns für gehirnamputierte Aliens? Eines Tages werden wir es vielleicht erfahren. Sprecher I Zitat Ich selber, obwohl ein erwachsener Mann, hatte mir einen furzenden Bären gekauft. Der Pupsbär, ein Teddybär mit eingebauter Flatulenz, den ich bei einer Reise in die USA erstanden hatte, sitzt in seiner hellblauen Weste auf dem Spülkasten über dem Klo und hält seine pummeligen Ärmchen hoch, sei es, um alle Eintretenden zu begrüßen, sei es als Ausdruck des Staunens über die Eleganz dieser gemütlichen Zelle. Nur der kleine Aufnäher im Schambereich teilt mit, dass er das Licht der Welt in China erblickt hat. Musik Sprecherin I Genug des Horrors? Gerne, aber die Welt der Bären ist nun mal selten so heil wie die Paddingtons. Auch die Welt von Balou, dem Bären aus dem Dschungelbuch, war nicht heil, jedenfalls nicht in der Original-Fassung, die Rudyard Kipling 1894 geschrieben hatte. Die deutsche Fassung und auch die Disney- Version, die die meisten kennen, waren eine weich gespülte bzw. politisch entkernte Version, die ein NSDAP-Mitglied 1933 im Auftrag des Propaganda-Ministeriums erstellt hatte. Erst 1987 wurde Kiplings Original ins Deutsche übersetzt. Atmo Dschungel Sprecher II Zitat Balou brachte Mowgli die Gesetze des Dschungels bei, das Gesetz über den Wald und das Wasser. Und dass Mowgli zu den wilden Bienen besonders höflich sein sollte, falls er fünfzig Fuß über dem Boden in ihren Schwarm geriet. Und wie er sich bei Mang, der Fledermaus, entschuldigen müsse, wenn er in den Zweigen kletterte und Mangs Mittagsschlaf unterbrach. Und wie er die Wasserschlangen warnen konnte, ehe er zu ihnen in den Teich sprang. Denn keiner vom Dschungelvolk lässt sich gerne stören, und wer sich plötzlich bedroht sieht, fällt vielleicht blindlings über den Eindringling her. Sprecher I Zitat Auch lernte Mowgli den besonderen Jagdruf kennen, der in fremden Revieren so oft wiederholt wird, bis Antwort kommt. Er bedeutet: "Ich habe Hunger, lasst mich hier jagen!" Und die Antwort lautet: "Gut, dann stille deinen Hunger, aber jage nicht aus purer Lust!" Sprecher II Zitat Und Balou lehrte Mowgli auch jene "Meisterworte des Dschungels", - Meisterworte genannt, weil sie einem den Beistand aller Völker des Dschungels garantieren, jedenfalls aller Völker der Vögel und Schlangen und aller Tiere, die auf vier Beinen jagen. Balou ließ Mowgli die Meisterworte in allen Sprachen lernen, in der Sprache der Bären natürlich, denn sie ist die Sprache aller jagenden Tiere, aber auch in den Sprachen der Vögel und Schlangen. Aber so unterschiedlich sie klangen, die Meisterworte meinten in allen Sprachen dasselbe: "Ihr und ich, wir sind vom gleichen Blute! Bruder dem Bruder - Doch weh dem, den wir hassen" Sprecher I Zitat So lautet das "Gesetz des Dschungels". Leg dich nicht an mit einem Bären wie dem weisen Balou; sicher, er wirkt schwerfällig, er ist alt und faul, der Pelz schon ein bisschen schäbig, aber denk dran, er ist groß und kann auffällig gesprächig werden, der "alte Eisenfuß", wie ihn sein Freund, der Panther Bagheera nennt. Leg dich nicht an mit Balou, sein bassdröhnender Kriegsruf ist schrecklich. Sprecher II Zitat AAhuuh-wuu-ra. Sprecher I Zitat Und seine Pranken arbeiten wie die Schaufeln eines Raddampfers. Patsch-Patsch-patsch setzte es nach links und rechts kräftige Hiebe. Musik-Akzent Sprecherin I Last not least, - den besten Honig lässt der Bär sich ja auch bis zuletzt übrig -, der berühmteste Bär der Welt: im Englischen Winnie-the-Pooh, im Deutschen Pu der Bär genannt. Er erblickte in jenem Jahr das Licht der Welt, als der Schöpfer von Paddington geboren wurde, am 14. Oktober 1926. Wo? In London. Das Kinderbuch von Alexander Alan Milne verkaufte sich bis heute 100 Millionen Mal und lag auf der ewigen Weltbestsellerliste auf Platz 3 hinter der Bibel und dem Koran, bis es beruhigenderweise wiederum von einem Kinderbuch überholt wurde, von Harry Potter. 1997 erschien Pu der Bär in Deutschland auch als Hörbuch, verkauft wurde es über 600 000 Mal. Sprecher II Zitat "Singt Ho ! der Bär soll leben ! Singt Ho ! der Bär soll leben ! Es ist mir egal, ob Schnee oder Regen, Meine Nase riecht Honig auf allen Wegen ! Es macht mir nichts aus, ob es schneit oder taut, Denn ich hab mir die Pfoten mit Honig besaut ! Singt Ho ! der Bär soll leben ! Singt Hu ! leben soll Pu ! Er braucht einen kleinen Mundvoll ab und zu !" Sprecherin I Autor Milne erfand und schrieb die Pu-Geschichte ursprünglich für seinen Sohn Christopher Robin, der auch in dem Buch mitspielt. Wie seine Schriftsteller-Kollegen Tolkien und Lewis Carrol hatte auch Milne das Grauen des 1. Weltkrieges in den Schützengräben Frankreichs erlebt. Alle drei Autoren wollten daraufhin Literatur schreiben, die zeigt, dass die Welt doch zu retten ist, dass sie schön sein kann, - keine Frage. Sprecher II Zitat Fragen, Fragen, immer nur Fragen. Es kann der Käfer den Specht nicht ertragen, gib mir ein Rätsel auf; ich werde sagen: Da musst Du jemand anders fragen. Sprecherin I Für Pu den Bären, den großen Philosophen, der allerdings im Buch als Bär mit geringem Verstand beschrieben wird, - pures britisches Understatement -, ist die Welt einfach und schön, solange er sich den Bauch mit Honig vollschlagen kann und genügend Buntstifte hat. Sprecher II Zitat Es war ein spezieller Buntstiftkasten, es gab Stifte, auf denen B stand, und das hieß Bär, und es gab Stifte, auf denen HB stand, und das hieß hilfsbereiter Bär, und es gab Stifte, auf denen TB stand, und das hieß tapferer Bär. Es gab ein Messer, mit dem man alle Stifte anspitzen konnte, und einen Radiergummi, mit dem man alles ausradieren konnte, falls man falsch buchstabiert hatte, und ein Lineal, damit die Wörter etwas hatten, auf dem sie gehen konnten; und Zentimeter waren auf dem Lineal verzeichnet, falls man wissen wollte, wie viel Zentimeter alles lang war, und blaue Stifte und rote Stifte und grüne Stifte, um spezielle Sachen in blau und rot und grün sagen zu können, und all diese Sachen waren in ihren eigenen kleinen Taschen in einem speziellen Kasten, der klick machte, wenn man ihn zuklickte, und sie waren alle für Pu. Sprecherin I Jedes Kind hat mindestens einen besten Freund, seinen Teddybären. 1902 erblickte der das Licht der Welt, ein Jahr später saß er auf der Leipziger Messe neben seiner Schöpferin Margarete Steiff. Zufällig kaufte dort der Sekretär des amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt einen der Steiff- Bären und brachte ihn dem Präsidenten mit, der ihn seiner Tochter zum Geburtstag schenkte. Die gab dem Steiff-Bären den Spitznamen ihres Vaters, dessen Freunde hatten aus Theodor, Theodor, einfach Teddy gemacht. Der Steiff-Teddy avancierte zum Medien-Star. Nur Wochen später bekam Margarete Steiff Post, die USA orderten die ersten 3000 "german teddy-bears". Atmo "Live-Ticker" Sprecher I Zitat drauf Die Deutsche Presseagentur meldet: die im Jahr 2004 nach China ausgelagerte Produktion von Steifftieren wird 2008 wieder nach Deutschland zurückverlegt. Sprecherin I Warum können die Chinesen, die alles bauen können, Olympia- Stadien, Transrapid-Bahnen und Pupsbären, ausgerechnet keine Steiff-Bären kopieren? Sprecher II Zitat Fragen, Fragen, immer nur Fragen. Ein Fisch kann nicht pfeifen, und ich kann nicht klagen, gib mir ein Rätsel auf; ich werde sagen: Da musst Du jemand anders fragen. Fragen, Fragen, immer nur Fragen. Unsichtbar wird der Honig im Magen. Gib mir ein Rätsel auf; ich werde sagen: Da musst Du jemand anders fragen. Sprecherin Es soll auch in Deutschland Menschen geben, die noch nie Pu der Bär gelesen haben, meist bedauerliche Opfer der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Sie haben Manches verpasst: Pus Freunde: Ferkel, Eule, I-Ah, den Esel, den ungestümen Tieger. Das Leben kann so einfach sein, verlassen Sie sich auf ihren Bauch, und natürlich auch auf Ihre Ohren. Sprecher II Zitat So, Ferkel, dann wollen wir mal nach Hause gehen. Aber Pu, schrie Ferkel ganz aufgeregt, weißt du denn den Weg? Nein, sagte Pu, aber in meinem Schrank stehen 12 Töpfe Honig, und die rufen mich schon seit Stunden; ich konnte sie vorher nicht richtig hören, weil Kaninchen immer geredet hat. Aber wenn sonst niemand etwas sagt, sondern nur die 12 Töpfe, dann, glaube ich, Ferkel, werde ich wissen, woher die Rufe kommen. Komm mit!" Musik-Akzent Sprecherin I Aber kommen wir zurück zum Anlass dieser Sendung, zu unserem Geburtstagskind Paddington. Er ist nicht der allerberühmtester aller Bären, obwohl die meisten wissen, wen sie vor sich haben, wenn sie einen Bären in einem Dufflecoat mit einem riesigen Schlapphut sehen, - egal ob in rot oder blau. Berühmt wurde er durch die Buch-Illustrationen von Peggy Fortnum. Der Disney-Konzern machte ihn zum Weltstar. Sprecher II Die Geschichten, die Paddington erlebt, sind sicherlich nicht ganz so aufregend wie die von Stephen King, aber es passiert doch Einiges: Einmal muss sich sogar Scotland Yard einschalten, weil Paddington eine gefälschte Aktie gekauft hat. Sprecherin I Zu seinem Geburtstag trägt Paddington, wie immer bei besonderen Anlässen, eine hellblaue Jacke mit einem gelben Schlapphut, - was ihn irgendwie ein bisschen wie Queen Mum aussehen lässt. Sie erinnern sich: Es begann auf dem Bahnhof Paddington Station in London. Ein kleiner Bär mit einem Schild um den Hals. Atmo Bahnhof Sprecher I Zitat drauf BITTE KÜMMERN SIE SICH UM DIESEN BÄREN. DANKE stand da. Sonst nichts. Bittend wandte sich Mrs. Brown an ihren Mann: Sprecherin II Zitat "Henry, was machen wir denn jetzt? Wir können ihn doch nicht einfach hier sitzen lassen, wo ihm Gott weiß was zustoßen kann. London ist so schrecklich groß, wenn man nicht weiß wohin. Können wir ihn nicht für ein paar Tage bei uns aufnehmen? Er ist einfach reizend. Und er wäre ein netter Spielgefährte für Jonathan und Lucy." Sprecher I Zitat "Das scheint mir sehr gegen alle Vorschriften zu sein", sagte Mr. Brown unbehaglich, "Wahrscheinlich gibt es sogar ein Gesetz, dass man Bären nicht so einfach mitnehmen darf." Dann aber beugte er sich doch nieder. "Hättest du denn Lust, mit zu uns nach Hause zu kommen?", fragte er. "Natürlich nur, falls du nicht anderes vorhast", fügte er schnell hinzu. Er wollte auf keinen Fall aufdringlich erscheinen. Vor Aufregung sprang der Bär so hastig auf, dass ihm fast der Hut vom Kopf fiel. Sprecher II Zitat "Oh, sehr gerne "", rief er. "Ich weiß nämlich gar nicht wohin und alle haben es hier so eilig." Sprecherin II Zitat "Gut", sagte Mrs. Brown rasch, bevor es sich ihr Mann anders überlegen konnte. "Du bekommst bei uns jeden Morgen deine Orangenmarmelade zum Frühstück, und ..." Sie dachte angestrengt nach, was Bären wohl sonst noch mochten. Sprecher II Zitat "Jeden Morgen?" Der Bär schien seinen Ohren nicht zu trauen. "Bei uns gab es nur zu besonderen Gelegenheiten welche. Orangenmarmelade ist furchtbar teuer im Finstersten Peru." Sprecherin II Zitat "Nun, von jetzt an kannst du sie jeden Morgen essen", fuhr Mrs. Brown fort, und sonntags Honig." Akzent Sprecherin I Dass Paddington Marmelade lieber mag als Honig? Luxusprobleme! Gott segne Paddington und alle Bären im Vereinigten Königreich und in allen toleranten Überflussstaaten ohne Angst vor Fremden. Und auch nicht vor richtigen Bären. In Alaska leben 95 000 Bären, aber es sterben dort zehnmal mehr Menschen an Hundebissen als durch Bären. Problem- Bären sind selten. Bären insgesamt aber zahlreicher als man annimmt. Denken Sie an die Regieanweisung in Shakespeares Wintermärchen. Sprecher I Zitat 3. Akt, Szene 3: "Geht ab, gefolgt von einem Bären." Sprecherin I Es leben eine halbe Million wilde Bären in Deutschland, ihre Hauptstadt ist Kassel. Jene Bären mit der schwarzen Zorromaske, wie ein Foto-Negativ zur weißen Maske der Brillenbären. Gemeint sind die amerikanischen Waschbären; 1934 wurde zwei Pärchen in Deutschland angesiedelt. Sie haben die dümmlichen Bären aus Grimms Märchen abgelöst. Die Indianer verehren sie als Trickster, als die schlausten unter allen Tieren. Bären wissen, wie man die Realität unterwandert. Clifford Chase, Autor von Winkie: O-Ton Chase "I guess, the imagination is ultimatly subversiv, // and it´s a wonderfull thing particularily in these times, we need to subverse reality, because reality is so fucked up." Sprecher I Übersetzung Phantasie ist subversiv, und es ist Zeit, unsere Realität zu unterwandern; die ist nämlich ziemlich abgefuckt. Sprecherin I Seinem Roman Winkie vorangestellt hat Clifford Chase ein Zitat des polnisch-jüdischen Schriftstellers Bruno Schulz, 1942 im Drohobyczer Ghetto erschossen: Sprecher II Zitat Die Bücher, die wir in der Kindheit gelesen haben, existieren nicht mehr; sie sind mit dem Wind davongesegelt und haben nichts als nackte Skelette hinterlassen. Wem sie aber noch in Kopf und Knochen stecken, der sollte sie neu schreiben, so wie er sie erlebt hat. Sprecherin I Das tat 2003 die deutsche Schriftstellerin Karen Duwe; "Weihnachten mit Thomas Müller" heißt ihr Bärenbuch, - Thomas Müller ist der Name des Bären. Fast hätte Thomas Müllers Weihnachten tragisch geendet; am heiligen Abend hatte ihn die Familie Wortmann beim Einkauf verloren. Doch in letzter Sekunde wird er gerettet - von einer Katze namens Sandra Kaiser. Und dann begann der Weihnachtsabend. Sprecher I Zitat Thomas Müller hatte ein Polizeiauto bekommen und ein Schnipp-Schnapp-Spiel. Nach dem Geschenkeauspacken setzten sich alle vor den Baum und sangen: "Vom Himmel hoch", und dann aßen sie Printen und Marzipan und Dominosteine, bis ihnen schlecht wurde. Da gingen sie dann ins Bett. Sandra Kaiser, die Katze, schlief auf dem Sofa. Thomas Müller schlief mit im Bett von Marc Wortmann, weil Marc Wortmann sonst nicht einschlafen konnte. Als Marc Wortmann eingeschlafen war, stand Thomas Müller noch einmal auf und ging ins Wohnzimmer und krabbelte zu Sandra Kaiser auf das Sofa und flüsterte: Sprecher II Zitat Darf ich mich an dich schmiegen? Sprecherin II Zitat Meinetwegen. Sprecher I Zitat Thomas Müller grub seine Nase in das Fell der Katze und schnüffelte. Sprecher II Zitat Du riechst so gut. Sprecherin II Zitat Ah so? Wonach denn? Sprecher II Zitat Nach Panther. Sprecher I Zitat Sagte Thomas Müller und schlief ein. Sprecherin I Glücklicher Thomas Müller, und glücklicher Paddington, dir ein letztes Alles-Gute-zum-Geburtstag. Paddington und allen Bären reichen wir in Liebe unsere Hände. Ende. Musik Tusch Atmo Teddybär Musik ENDE 1) Arto Paasilinna: "Ein Bär im Betstuhl". Lübbe Verlag 2005. Übersetzung: Regine Pirschel. 2) Michael Bond: "Paddington schafft das schon". Hanser Verlag 2002. Ü.: Monika Osberghaus. 3) John Irving: "Die Bären sind los". Diogenes Verlag 1987. Ü.: Michael Walter. 4) Gerhard Falkner: "Bruno". Berlin Verlag 2008. 5) Clifford Chase: "Winkie". Berlin Verlag 2006. Ü.: Markus Ingendaay. 6) William Kotzwinkle: "Ein Bär will nach oben". Rowohlt Verlag 2000. Ü.: Hans Pfitzinger. 7) Rudyard Kipling: "Das Dschungelbuch". Dtv 2007. Ü.: Thilo Krapp. 8) James Hamilton-Paterson: "Einarmsegeln mit Millie". Klett- Cotta Verlag 2007. Ü.: Hans-Ulrich Möhring. 9) Karen Duwe: "Weihnachten mit Thomas Müller". Eichborn Berlin Verlag 2003. 10) Alan A. Milne: "Pu der Bär". Dressler Verlag 1989. Ü.: Harry Rowohlt. 1