COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport Sendung vom 1.2.2011, 13.07 Hamburg ist Umwelthauptstadt 2011 Nicht wenige fragen: Warum? Autor: Rainer Link Red.: C. Perez Anmoderation: "Weidetiere hautnah" oder "Urlaub bei den Kegel-Robben" oder "Das Zusammenleben von Wolf und Mensch" oder die Innenarchitektur des Vattenfall-Konzerns: das Hamburger Umwelthauptstadt-Jahr ist noch jung. Und ganz sicher werden zu diesen ausgewählten Veranstaltungen im Laufe des Jahres 2011 noch einige dazu kommen. Da können sie sich ja schon jetzt mal drauf freuen. Kernstück der ökologischen Bemühungen aber wird ein Zug sein, der "train of idears - eine Waggon-Wanderausstellung, die durch 18 europäische Städte rollen und von "Stadtentwicklung und Wohnen" bis zu "Natur und Stadtgrün" die Hansestadt als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit präsentieren soll. Etliche Millionen Euro darf die Kampagne mit dem rollenden Zug der Ideen kosten. Hamburg lässt sich halt nicht lumpen. Ob Originalität und finanzielle Vernunft sich da in einem wundersamen Zusammenspiel der Kräfte vereinigt haben, wird man erst am Ende des Jahres wissen. Warum nur ist der Bürger eigentlich immer so skeptisch, wenn mit seinem Geld etwas schönes angefangen wird. Rainer Link untersucht die Angelegenheit im folgenden Stück. Sprecher: Den Hamburgern eilt der Ruf voraus, dass sie zurückhaltend sind und sich mental meist gut im Griff haben. Überschäumende Emotionen sind der hanseatischen Seele fremd. Die Freude darüber, dass Hamburg zur "Europäischen Umwelthauptstadt 2011 gewählt wurde, ließen sich die Hamburger jedenfalls nicht anmerken. Als Bürgermeister Christoph Ahlhaus Mitte Januar auf den Hamburger Rathausmarkt trat, um seinen Bürgern die frohe Botschaft von der Umwelthauptstadt zu künden, war die Zahl der Begeisterten spärlich, wie auch deren Beifall zögerlich. Eindeutig dominierten die Buhrufe und Pfiffe der sog. Wutbürger - die früher einmal Demonstranten hießen. 1. O-Ton Rathausmarkt Bitte begrüßen Sie den Ersten Bürgermeister.... Rufe: "Umwelthauptstadt Hui, Kohlekraftwerk Pfui" Ahlhaus: "Mit Geschrei gewinnt man keine Zukunft." Sprecher. Abgeschirmt von seinen Bodyguards eilte der ausgebuhte Bürgermeister zurück hinter die sicheren Mauern des Hamburger Rathauses. Die offizielle Verkündung der Europäischen Umwelthauptstadt 2011 fiel gründlich ins Wasser. Die Parole der Wutbürger: "Umwelthauptstadt Hui - Kohlekraftwerk Pfui" bezieht sich auf ein riesiges Kohlekraftwerk, dass zur Zeit im Hamburger Hafenstadtteil Moorburg hochgezogen wird. Dieser fossile Meiler wird jedes Jahr 8 Millionen Tonnen C02 zusätzlich in die Luft blasen. 2. O-Ton Manfred Braasch, Moorburg Das ist für den Klimaschutz natürlich ein schwerer Schlag, weil dieses Kohlekraftwerk enorm viel CO 2 emittieren wird, es wird 40, 50 Jahre voraussichtlich laufen. All das sind keine guten Nachrichten für den Klimaschutz. Sprecher: ... sagt Manfred Braasch, Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND. Er findet die Tatsache, dass die EU-Kommission der Hansestadt den Titel "Green Capital City" verliehen hat, "nicht völlig unplausibel, sieht aber die Gefahr, dass es ein reine PR- Veranstaltung werden könnte. Denn, man höre und staune: Hamburg hätte gerade deshalb den Titel gewonnen, weil die Jury im fernen Brüssel die hamburgischen Anstrengungen beim Klimaschutz als besonders vorbildlich bewertete. Zwar hätte der Senat ein dickleibiges Klimaschutzprogramm mit rund 400 Einzelmaßnahmen auf den Tisch gelegt, sich dann aber anderen Dingen zugewandt. Aber wahrscheinlich hat dieser dicke Packen Papier in Brüssel das Kohlekraftwerk Moorburg vergessen lassen. 3. O-Ton De Buhr Gelobt hat man eigentlich die gesamte Bandbreite des Umweltschutzes. Wir haben also bei den ganzen Indikatoren, die abgefragt wurden, keine Ausreißer gehabt. ... Wir hatten einige Highlights, das war zum Beispiel der Bereich des Klimaschutzes. Wir haben im Klimaschutz als beste Stadt abgeschnitten. Sprecher: Hamburg - beste Stadt im Klimaschutz? Klaus de Buhr, Mitarbeiter der Umweltbehörde, der federführend Hamburgs Bewerbung als European Green Capital betreute, war von dieser Bewertung überrascht. Während der jahrelangen Vorbereitung sei er nie voll überzeugt von den Chancen der Hansestadt gewesen. Um Sieg wäre es auch gar nicht gegangen. Die schwarzgrüne Stadtregierung hätte sich einfach nur mal routinemäßig um den Titel der Umwelthauptstadt beworben, um auszuloten, wo man im europäischen Ranking so stehe. Und dann stand man plötzlich als loorberumkränzter Finalist auf dem Siegertreppchen. Dumm gelaufen, irgendwie. 4. O-Ton Klaus De Buhr Ja, das war für uns eine Überraschung. Wir hatten unter den letzten acht Konkurrenten wie Stockholm, Kopenhagen, Oslo, auch die beiden deutschen Städte Münster und Freiburg, die eher als Ökostädte bekannt sind. Also, das hat uns schon überrascht und wir waren natürlich total glücklich. Sprecher: Dem Gefühl der Glückseligkeit ist inzwischen ein gewisse Verunsicherung gefolgt. Track Ja, ich war auch überrascht. Ich war überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass Hamburg im Quervergleich so gut dasteht. Track Insofern muss man sagen: Unter den Blinden ist der Einäugige König und deshalb hat Hamburg wohl diesen Titel bekommen. Sprecher: Sagt Alexander Porschke, früher mal Umweltsenator und heute Chef des Naturschutzbundes in Hamburg. Auch Manfred Braasch, vom BUND glaubt eigentlich nicht an Wunder. 6. O-Ton Manfred Braasch Als bekannt wurde, Hamburg hat den Titel Europäische Umwelthauptstadt 2011, haben wir uns zunächst sehr gewundert ... aber es war auch ein Preis, der erklärtermaßen noch verdient werden muss. Sprecher: Unverdient verdient - den Titel sozusagen auf Pump erworben, so sehen es die Zeitungen der Stadt und so sieht es auch die politische Opposition. Thomas Böver, SPD: 7. O-TonThomas Böwer Als Hamburger ist man stolz darauf, dass man das ist, was den Bereich der Umwelthauptstadt angeht, aber das ist auch in Wahrheit ein Vorschuss. Das ist ein Kredit, den wir bekommen. Und den müssen wir abarbeiten. Sprecher: Die Kriterien für den Europäischen Umwelthauptstadtpreis sind dehnbar wie ein Gummiband. Zum einen wird eine ökologische Bilanz gezogen, aber mit völlig diffusen Kriterien. Man kann durchaus Umwelthauptstadt werden, wenn man seinen Strom zu 100% aus Atomkraft bezieht, denn dann ist die C02-Bilanz bestens. Man kann auch Umwelthauptstadt werden, wenn man ein Kohlekraftwerk neu auf die Wiese setzt und argumentiert, dies wäre der Brückenweg zu einer atomfreien Energieerzeugung. Man kann übrigens auch erhebliche ökologische Probleme benennen und einen grandiosen Plan für deren Beseitigung vorlegen. Auch eine solche Absichtserklärung kann Punkte bei den Juroren der EU-Kommission bringen. Hamburg hat in seiner Bewerbung z. B. den Plan skizziert, mit einer Stadtbahn die Verkehrsprobleme der Stadt lösen zu wollen. Das kam gut an und vermutlich hat man in Brüssel gar nicht gemerkt, dass der Senat das Stadtbahnprojekt gerade passend zum Umwelthauptstadtjahr beerdigt hat. Überhaupt der Verkehr: Hamburg kündigte eine City - Maut und eine Umweltzone an. Da konnte es sich das ansonsten doch recht lokalpatriotische NDR-Fernsehen nicht verkneifen, vergiftetes Lob über das Klima- Eldorado Hamburg zu gießen. 8. O-Ton NDR auf Musik: Hamburg die Umwelthauptstadt. Ein toller Titel für die Hansestadt, die ganz ohne Umweltzone auskommt. Nur hier in Hamburg dürfen die Autos in die Innenstadt und ins Wohngebiet. Phantastisch! Die einzige Metropole ohne Umweltzone. Senatorin Gundelach: Eine Umweltzone macht nur dann Sinn, wenn sie auch stringent durchgeführt werden kann. Sprecher: sagt Interims - Umweltsenatorin Herlind Gundelach, die, weil die Amtsinhaberin entlassen wurde, vor wenigen Wochen dieses Amt übernahm, und es vermutlich in 4 Wochen an die politische Konkurrenz weiterreichen wird. Die politische Lage in Hamburg ist derzeit hochkompliziert. Da war zunächst ein strahlender Kapitän Ole von Beust von der CDU; der holte die Grünen an Bord und gemeinsam versprach man, einen langen Katalog an ökologischen Fragen abzuarbeiten. Im Sommer 2010 wurde Ole von Beust von den Wellen einer Volksabstimmung zum Thema Schulpolitik über Bord gespült. Als neuer Lotse übernahm Christoph Ahlhaus das Ruder, ein Christdemokrat, der als ehemaliger Innensenator eher der Law and Order- als der Öko-Fraktion zugerechnet wird. Diese Personalie auf der Kapitänsbrücke verärgerte die grünen Matrosen so sehr, dass sie ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist abmusterten. Der Regierungskahn treibt nun mit einer Notmannschaft und mit reichlich Schlagseite auf Neuwahlen am 20. Februar zu. Da kommt die Europäische Umwelthauptstadt 2011 nicht wirklich gelegen. 9. O-Ton NDR, zweiter Teil: Sprecher: Aber die Feierlichkeiten der European green capital 2011 gehen weiter. Eine Event- Agentur hat sich etwas besonderes ausgedacht: Tanzen für die Umwelt. Ein sog. Sustainable Dancefloor" steht auf dem Rathausmarkt, sieht aus wie die illuminierte Tanzfläche einer Dorf- Disco, ist aber voller. Wenn man hier tanzt, produziert man durch die Kompression elektrische Energie. "Dancing for a better future" - versprechen die Veranstalter. 10. O-Ton Countdown, Erklärung mit Daresallam Danke dem Team von der Hochbahn und das Ergebnis ist unverschämt hoch 8,345 Joule. Sprecher: Die Joule-Angaben werden in Geld umgerechnet und sollen an ein Umweltprojekt in Dar- esalam gehen. Dass hierbei nicht viel mehr als nur einige Euro und wenige Cent zusammenkommen können, hat wohl niemand bedacht. Zuschauer dieses bizarren Öko- Events kräuseln irritiert die Stirn und stellen die Frage: Wird Hamburg in seiner unermesslichen Großzügigkeit den fälligen Kleinstbetrag aufzurunden oder wird die hanseatische Kaufmannsseele obsiegen und in eine centgenaue Abrechnung mit den afrikanischen Partnern münden? Track Zwei Minuten Zeit für das Team von Siemens.( Musik startet. Simensianer tanzen) weiter bei Track Stopp. Das waren über 20.000 Joule für das Team von Siemens. Ihr habt Euch bewegt, ihr seid am Hüpfen gewesen. Sprecher: Siemens, der Weltkonzern, hat als Hauptsponsor eine Million Euro auf den Tisch des Rathauses gezählt und sich damit den Titel des Premiumpartners gesichert. Dass wiederum hat tiefe Irritationen bei den umweltbewussten Unterstützern der green capital Idee verursacht. Zum Beispiel bei Manfred Braasch, dem Chef des BUND. 12. O-Ton Manfred Braasch Und wir haben frühzeitig, schon Anfang 2010 gesagt, wenn Ihr Euch Sponsoren holt- das ist erst mal legitim - dann aber bitte mit klaren Kriterien: Rüstung, Atomwirtschaft und grüne Gentechnik gehen aus Sicht des BUND nicht. Greenpeace hat diese Position unterstützt.... Dann hat sich die Stadt entschieden Siemens reinzunehmen und da können wir nur konsequenterweise sagen: Dann steigen wir aus, nehmen auch kein Geld aus diesem Topf. Sprecher: Siemens sieht sich verleumdet. Man wäre doch schon seit Jahren ein richtig grüner Konzern mit nachweislicher Nachhaltigkeitsstrategie und hätte sich längst vom Nuklear- Saulus zum Regenerativ-Paulus fortentwickelt. Siemens als Hauptsponsor - das ist der Sponsoren-GAU schlechthin, sagt beispielsweise der PR-Fachmann Lars Meyer. "Dadurch wäre die green capital-Kampagne unglaubwürdig geworden. Dass wäre so, als wenn Schweden König Carl Gustaf seine Untertanen zur Monogamie aufriefe", kritisiert der Agenturchef. In der Umweltbehörde zeigt man sich trotzig: Selbst die grüne Senatorin, die nun nicht mehr auf der politischen Brücke steht, habe - als sie noch Verantwortung trug - keine Einwände gegen die pekuniären Gaben des Siemens-Konzerns erhoben. 14. O-Ton De Buhr Für mich ist diese Kritik eigentlich rückwärts gewandt. Die Kritik richtete sich gegen Siemens. Es wurde dann häufig gesagt, die gehören zur Atomindustrie. Das sind so die Schlachten der 70er und 80er Jahre. Der Konzern hat sich deutlich gewandelt, er hat sein Hauptgeschäft in ganz anderen Teilbereichen jetzt, in der grünen Infrastruktur zum Beispiel, in der regenerativen Energie. 15. O-Ton Manfred Braasch Siemens redet sich immer raus mit dem Argument, wir bauen ja keine Nuklearbereiche mehr. Das ist insoweit richtig, aber sie liefern die entscheidenden konventionellen Komponenten eines Atomkraftwerkes: Steuerungstechnik, Generatoren und weiteres. Von daher sind sie zentral am Bau von AKWs beteiligt. Das wäre so, wenn sie sagen: ich baue ja den Panzer gar nicht, ich liefere nur den Motor und die Ketten. Sprecher: Wenn die Klimapolitik der Hamburger als so vorwärts weisend gewertet wurde, wo liegen eigentlich die ökologischen Maluspunkte? Oder ist alles in Butter...? 16. O-Ton De Buhr ne, ne ne, Tadel hatten wir noch gar nicht. Pardon. Ich will Sie nicht unterbrechen. Punkte, wo wir uns noch verbessern können, sind Bereiche, z. B. Der Bereich des Mülltrennens . Hamburg hat hier aber deutlichen Verbesserungsbedarf und wir versuchen das auch durch eine Recyclingoffensive, die gerade jetzt zum Jahr begonnen hat, zu verbessern. Sprecher: Als Belohnung für vorbildliche Müllpolitik hat Hamburg den Titel Umwelthauptstadt 2011 mit Sicherheit nicht verdient. Schon wurde überall im Land Hausmüll fleißig getrennt gesammelt, da kam der Hamburger Müll zu einhundert Prozent in die Verbrennungsanlage. Die Stadt hatte einfach eine Überkapazität an Müllverbrennungsöfen gebaut, deshalb scheuten die Verantwortlichen neue, umweltfreundliche Entsorgungswege. Das hätte ihre Fehlkalkulation offenbart. Aber- Umwelthauptstadt sei dank - Seit genau einem Monat kann auch die Hamburgerin eine Bio-Tonne und der Hamburger eine Altpapier-Tonne beantragen. 17. O-Ton De Buhr Der zweite Punkt sind die Radwege dieser Stadt, die sind noch nicht in einem Zustand, dass man sagen kann, hier haben wir schon das Level erreicht, das andere Städte, auch vergleichbare Städte wie Kopenhagen, von Münster da will ich gar nicht sprechen, da sind andere Voraussetzungen. Sprecher: Auch wer nicht zur Zielgruppe der Risikoradfahrer zählt, dem wird geraten in Hamburg nicht ohne Schutzhelm auf dem Kopf und Erste Hilfe - Paket im Gepäckkorb in den Sattel zu steigen. Wer das pedalgetriebene Risiko des Hamburger Holperwegenetzes gänzlich ausschalten will, muss an den öffentlichen Nahverkehr verwiesen werden. Dem kann man sich anvertrauen, auch ohne Kopfschutz und Erste Hilfe Notfall-Pack. Ein zentrales Vorhaben, der jüngeren Hamburger Verkehrspolitik war die Einführung der Stadtbahn. Ein oberirdisches Schienenfahrzeug, das billiger ist als eine U-Bahn und schneller als ein Bus ist. Mit der Stadtbahn warben die Hamburger Vertreter in Brüssel auch eifrig für den Umwelthauptstadt Titel. Jetzt will Bürgermeister Ahlhaus von der Stadtbahn nichts mehr wissen; das wäre halt ein grünes Projekt und die Grünen wären ja nun nicht mehr im Senat. Und er erntet für diese Absage kaum Kritik, denn auch die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Olaf Scholz, stellt im Umwelthauptstadtjahr dieses Projekt infrage. Auch er ist in den Augen der Hamburger Umweltverbände keine Ausgeburt des ökologischen Fortschrittsdenkens. 18. O-Ton Porschke Olaf Scholz hab ich jetzt erlebt auf dem Empfang des Hamburger Abendblatts, da ist Umwelt offensichtlich für ihn ein Fremdwort. Die SPD versucht die CDU an der Frage anscheinend noch rechts zu überholen Ich war völlig fassungslos, als ich dessen Rede gehört habe. Aber man kann sich die Politiker ja nicht schnitzen, mit denen man zu tun hat. 19. O-Ton Klaviermusik aus EU Video, darauf Sprecher: Blicken wir über die Ostsee. Im Jahr 2010 wurde zum ersten mal die Green Capital Europas gekürt und die Jury entschied sich für die schwedische Metropole Stockholm. 20. O-Ton BGM Stockholm Stockholm has reduced CO 2 about 25 % since 1990 an wie doubled Bycicle-..... auf englischen O-Ton Sprecher. Der Umweltbotschafter der schwedischen Öko-Metropole erläutert uns gerade, dass man die Zahl der Fahrradfahrer verdoppelt habe. Und das es an den gut ausgebauten Velorouten überall Pumpstationen gäbe, wo man die Pneus des Rades kostenlos aufpumpen könne. Eine europäische Innovation. Ansonsten hätte Stockholm die Treibhausgase erheblich reduziert. Was kein Wunder ist, denn der Schwede hat vor allem Atom und Wasserkraft in der Steckdose. Ansonsten hat Stockholm nicht mehr zu bieten als Kopenhagen oder Oslo oder eine andere halbwegs gut geführte Metropole. Insoweit stellt die Kür Hamburgs keinen Ausreißer dar. Und auch der Ausblick auf das Jahr 2013 zeigt uns keinen Wettbewerbsgewinner, der die ökologische Vision einer hochprozentigen Versorgung mit grüner Energie vorlebt. 21. O-Ton De Buhr Eine unserer Nachfolgestädte, sogar die direkte Nachfolgestadt, ist die Stadt Nantes und sie kennen ja die Situation in Frankreich mit den Atomkraftwerken. Sprecher: Wenn ausgewiesene Ökostädte wie die Solarstadt Freiburg oder das Fahrrad-Eldorado Münster leer ausgehen, Stockholm, Hamburg, Nantes den Titel abräumen, dann kann man ins Zweifeln kommen. Das Auswahlverfahren der EU-Kommission wäre ungefähr so transparent und plausibel wie die FIFA Entscheidung zugunsten Katars, sagen Kritiker. 22. O-Ton Manfred Braasch Der Vergleich zur FiFA- Entscheidung Katar, den finde ich nicht ganz richtig, weil Hamburg, hat einiges erreicht, muss aber noch einiges machen. .... Aber ein Punkt, der hat auch Gewicht, war sicherlich die Präsentation der Bewerbung und hier hat Hamburg sehr gut abgeschnitten: und auch das war sicher ein Ausschlag dafür Hamburg den Preis zu geben. Einfach diese sehr gute, aber auch teuer finanzierte Bewerbung dort zur Kenntnis genommen wurde. 23. OTon Porschke Also, es gibt sicherlich Dinge, wo der Reichtum der Stadt eine Rolle gespielt hat. ..... Hinsichtlich der Frage, wieweit der Aufwand für die Propaganda auch ne Rolle gespielt hat, glaube ich auch, dass das ne Rolle gespielt hat. Sprecher: Hamburg ist die deutsche Hauptstadt der Werbeagenturen. Der Senat hat mehrere der führenden Kampagnenmacher unter Vertrag genommen, um das Öko-Image für die Brüsseler EU-Juroren zu verbessern. Mehrere Millionen Euro soll die Vorbereitung und die eigentliche Abwicklung des Umwelthauptstadt-Jahres gekostet haben. Summen, bei denen die Stadtkämmerer von kleineren Bewerberstädten natürlich passen müssen. Sogar für die Zitat: "situationsbedingte Beratung in der Konfliktkommunikation" im laufenden Jahr hat man eine passende Agentur beauftragt - offensichtlich hat man die Wutbürger gleich mit ins Budget eingeplant. 24. O-Ton Thomas Böwer Wenn wir eines zu viel haben in Hamburg, dann sind das Öffentlichkeitsarbeiter ... . ... dann geht man hin und nimmt eine Agentur, gib der eine Million Euro, wo ich behaupte, ein solches Kommunikationskonzept kriegt man auch bei ner Flasche Wein aufgeschrieben und hofft dann den Zettel, auf dem man das geschrieben hat, auch am nächsten Morgen noch lesen zu können, um es dann umzusetzen. Sprecher: Das Hamburger Umwelthauptstadt-Jahr ist noch jung. Zu 200 Veranstaltungen lädt das Programmheft. Darunter auch Themen, die etwas weiter ausholen: So wird zu einer Exkursion "Weidetiere hautnah erleben" geladen. Ein Dia-Abend "Helgoland - Winter bei den Kegel-Robben" wartet ebenso auf Besucher wie der Vortrag über das "Zusammenleben von Wolf und Mensch". Der Vattenfall-Konzern lockt mit einer Besichtigung der Innenarchitektur seiner Firmenzentrale. Kernstück der ökologischen Bemühungen aber wird ein Zug sein, der "train of idears - eine Waggon-Wanderausstellung, die durch 18 europäische Städte rollen und von "Stadtentwicklung und Wohnen" bis zu "Natur und Stadtgrün" die Hansestadt als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit präsentieren soll. Etliche Millionen Euro darf die Kampagne mit dem rollenden Zug der Ideen kosten. Hamburg lässt sich halt nicht lumpen. Aber auch bei diesem Projekt wird die Originalität und finanzielle Vernunft angezweifelt. 25. O-TonThomas Böwer Bisher ist der Öffentlichkeit in Hamburg verkauft worden: da fährt jetzt ein Zug mit den ganzen Hamburger Umweltinhalten von einer europäischen Hauptstadt in die andere. Und dann steht man am Bahnsteig und dann kommen da die Leute in Oslo hin und sagen BOA! Hamburg!! Oder in München WHOW!! Nein. Der Zug fährt rein, die Container kommen auf einen Tieflader und werden in der jeweiligen Innenstadt abgesetzt. Das ist mehr so ein Klima-Fake. ... Wenn man über Umwelthauptstadt redet, redet man über Glaubwürdigkeit und diese Dinge sind nicht mehr glaubwürdig. Dann hätten wir auch sagen können, wir nehmen einen Tieflader und schicken die rüber. Und dafür geben wir 8,5 Millionen Euro aus. 26. O-Ton De Buhr Wir haben als Partner für den Train of idears die Bahn gewonnen und wir hoffen natürlich, dass alles klappen wird. Sprecher: Wird schon klappen, versichert der Sprecher der Bahn. 27. O-Ton DB-Sprecher: Wir werden speziell im Hauptstadtjahr den Zug der Ideen unterstützen, werden möglich machen, dass er durch ganz Europa fahren kann. Er wird ja insgesamt 18 europäische Städte anfahren. Und wir werden uns darum kümmern, dass der Zug überall problemlos hinkommt. Sprecher: Gefrorene Weichen?, überhitzte Klimaanlagen? Wie weit reicht die Garantie der Bahn? 28. O-Ton Porschke (lacht) ja vielleicht gibt es ja irgendwann eine Wetterphase zwischen 15 und 25 Grad , dann fahren die Züge ja auch wieder. 29. O-Ton DB - Sprecher Hier haben wir einen Güterzug mal ganz prinzipiell mit dem wir da fahren werden, da sind wir sehr sehr zuversichtlich, das wir den auch reibungslos werden transportieren können. Und da werden wir auch keine Probleme haben mit Klimaanlagen.... Sprecher: ... denn Güterzüge haben gar keine Klimaanlage. 30. O-Ton, Musik: Heil über Dir Hammonia, Polizeiorchester darauf der Sprecher: Und so wird Hamburg das Jahr 2011 damit bestreiten, neue Ideen für eine bessere Zukunft per Bahn in die europäische Öffentlichkeit zu tragen, Ideen, die mit der Realität an der Elbe in gewissem Kontrast stehen. Und wenn sich zum Jahresende das Polizeiorchester auf dem Rathausmarkt sammeln wird, um die hanseatische Hymne mit dem Namen " Heil über Dir Hammonia" zu spielen, dann kommt auch diese Textzeile vor: Stadt Hamburg, Vielbegabte, Freie ! So reich an Bürgersinn und Treue, So reich an Fleiss und Regsamkeit, Dein Lob erschalle weit und breit ! Sprecher: Zum fernen Jahresende wird zu bilanzieren sein, ob, ob des der Umwelttitels mehr Lob erschall oder Ungemach beklagt wurde.