Deutschlandradio Kultur Länderreport Merkwürdige Ortsnamen. Saarland -Was Ortsnamen so alles erzählen können - Autor Detlef Schönauer Red. Claus Stephan Rehfeld Sdg. 17.08.2011 - 13.07 Uhr Länge 17.56 Minuten Spr. Detlef Schönauer ( als Jacques + Jupp) Moderation Langweiler wohnten da im Saarland. Das stimmt nicht. Langweiler gibt es tatsächlich, jedenfalls heißen so die Einwohner von ... Langweiler. Aber das liegt hinter der Landesgrenze, da in Rheinland-Pfalz. Nein, kurzweilig geht es im Saarland zu, jedenfalls in Ballern. Und zwischen Waldhexe und Pfaffenkopf liegen nur ein paar Kilometer, mehr passen nicht dazwischen in dem kleinen Saarland. Gar schön dünkt uns auch und vor allem Falscheid. Nordwestlich der Landeshauptstadt gelegen. Falscheid. Da weiß man, woran man ist ... da im Saarland. Ja, Ortsnamen im Saarland. Detlef Schönauer alias Jacques kommt da nicht aus dem Plaudern heraus. Oh leck. -folgt Script Beitrag- Script Beitrag- G 01 (man hört Atmo Wald, Jacques und sein Freund Jupp stehen auf einem Waldparkplatz, um eine kleine Wanderung zu unternehmen) JB: Oh la la, is ein ganz schöner Stück. Jupp, weißte was: mir gehe erst die 4er-Weg, dann is so ein Hütte, unn von da den S3-er, dann komme mir da unne wieder auf die Parkplatz. D'accord? Jupp: Ei gudd, unn dann? JB: Dann? Was macht eine Saarlander nach die Arbeit? Er geht einer trinke, oder? Jupp: Das glaubschd du abber. Da könnte mer grad in Schmelz zum Willy... JB: Bon, d'accord, geh mer zum Willy, nach Schmelz. Komischer Name... Jupp: Was? Willy? JB: Non, "Schmelz"! Für ein Stadt. Klingt irgendwie bedrohlisch, wie wenn was schmilzt... muss isch directement denk an Japan. Jupp: Japan? Wieso? JB: Naturellement, die Kernkraftwerk: Kernschmelz... wo se erst gar nix verzählt habe, immer nur beschönigend: ja, alles klar, keine problème, alles unner contrôle... unn dann? Jupp: So sind die Japaner halt: nur nischt auffallen, diskret zurückhalten und immer freundlisch lächeln dabei. Joh! JB: Sischer, immer läscheln... na gut, heut strahle se noch dabei. Jupp: Aber hier, Schmelz, das ist ein alter Ortsname, das kommt von der Hüttenindustrie. JB: Ah, isch versteh: von die montaner Tradition an die Sarre. Jupp: Ei, da hotte es im 17. Jahrhundert eine Eisenschmelze gegeben, daher rührt halt der Name. JB: Oh la la, da hab isch ja rischtisch Glück, dass Du eine Lehrer bist. Jupp: War...Vorruhestand. Aber für so was muss man kein Lehrer sein: Saarländer reischt auch, der wo ein bißschen Interesse an seiner Heimat hat. JB: Bon, Jupp, dann kennst Du bestimmt auch die rischtisch Weg. Alors, wo musse mir langs? Jupp: Ei isch täte sagen: der doo Weg sieht gudd aus. Alla! REGIE (sie gehen los) JB: Is schon kürios, was so Ortsname alles aussage über ein Region, gell? Wobei da in die Sarrelande die sinn ja ganz durscheinander. Rischtisch wie die Kraut unn wie die ehem... Jupp: Rüben... ei wieso das? JB: Kuck mal unser Nachbarn, die Pälzer, da hört ja fast jeder Ort auf mit "...heim". Dursche die Banque... Jupp: "...heim"? Ei joh, das gibt's hier auch. JB: Sischer, Bischmisheim, Webenheim, Rubenheim... aber gibt ja auch noch viel mehr. Auch viele Orte mit "...weiler" hinne. Sinn die dann kleiner oder was? Jupp: Nein, das hat viel mehr mit unserer wechselvollen Geschischte zu tun. Ein Weiler muss nischt kleiner sein, holl mal "Dudweiler", von wegen klein: das war lange Zeit das größte Dorf Europas. JB: He? Was? Unser Dudeweilère? Jupp: Ei allenmol, das hotte Anfangs der 60er Jahre fast 30.000 Einwohner und war trotzdem ein Dorf, ohne Stadtreschte... JB: Ach? Also isch hätt jetzt gedenkt, Weiler sinn kleiner. Aber is trotzdem ein ganz schöner Küddel-di-Müddel mit die Ortsname hier in die Sarrelande. Gibt ja auch welsche, wo aufhöre mit "ingen" hinne... so wie in die Baden-Württemdibersche, bei die Schwabe... Jupp: Vielleischt gab es ja auch entspreschende Einwanderer. JB: Stimmt, mit schwäbisches Migrationshintergrund - könnt sein, solang's nix kost'. Jupp: Ja, Püttlingen, Dillingen, Marpingen... da gibt's schon einige. Aber die Endung "ingen" verweist eigentlisch auf Ortsgründungen dursch die Moselfranken. JB: Apropos Franken... gibt auch Orte, wo nur mit "...ing" aufhöre, also quasi die Einzahl von "...ingen". Unn das kennt mer ja immer von Bayern. Jupp: Nein, vorsischt. Weil, Orte, die wo mit "...ing" aufhören, die liegen eben nischt im Saarland, sondern grad hier über die Grenze, im benachbarten Frankreisch: "Etzling, Alsting, Stiering..." JB: Naja, das is kein rischtisch Fronkreische: das is Lothringen, das zähle mir gar nischt. Jupp: Nur ein Beispiel: da gibt's ein ganz kleines Dorf direkt auf der Grenze: "Leidingen". Gehört zur Gemeinde "Wallerfangen" und mitten da dursch verläuft die Grenze: der eine Teil, "Leidingen" ist saarländisch... JB: Also deutsch... Jupp: Sagen wir: saarländisch. Und der andere Teil "Leiding", das gehört dann schon zu Frankreisch. JB: Sage mir: Lorraine, zu Lothringen. Aber is auch ein blöder Name, "Leidingen", da wollt' isch nischt wohnen. Klingt so depressiv: nur Leid die ganzes Tag. Jupp: Ach, das kommt doch wo ganz wo anderster her. JB: Komm, es gibt viele Orte, wo mer die Armut von die Saarlander directement raushört. Weil, die ganzer Berschleut unn Hüttearbeiter, das ware ja arme Wutze... viel geschafft unn nix zu beisse. Genauso habe se gewohnt, also gehaust: in Dörfer wie, ehem... "Mangelhausen", alors, da klingt doch die Hunger directement dursch. Oder wemmer hat rischtisch die Arschecarte gezogt unn wohnt in "Habenichts" - alors. Ouias, das gibt's wirklisch. Jupp: Ja, gehört zu Marpingen. Aber das waren früher andere Zeiten. Heute geht's den Leuten doch viel besser. Grad den Bergleuten. Und das ist ja das Dilemma, dass der Bergbau jetzt ausläuft. JB: Oui, die pfeift auf die letztes Loch. Bald gibt kein einzischtes Berschmann mehr, dafür mehr Arbeitslose, die ziehe dann allegar nach "Habenischtse". Jupp: Komm, es gibt auch genügend Gegen-Beispiele: Orte, wo vom Reischtum zeugen. Allein "Habkirschen". Oder? Das hat was. JB: "Habkirschen"? Sischer: die Kirsch hat schon immer alles gehabt. Das hat sisch bis heut nischt geändert... Allein in die Stadt "Neunkirschen". Wer kann sisch schon so viele Kirschen leisten? Jupp: Ach Jacques, schwätzt nischt so dumm daher: "Neunkirchen" heißt doch nischt, dass es neun Kirchen gibt. Das war ein Dorf mit einer neuen Kirche. Daher kommt das. JB: Muss auch schon lang her sein, wo gibt's heut noch neue Kirsche? Wo die Leut heut eh nischt mehr in die Kirsch tappe... seh isch schon bei uns dehemm: unner die Woch, Frühmess', keinWutz da. Unn Sonntags? Nur ein paar alte Mütterschen, unn warum? Weil die Doktor zu hat. Jupp: Oh Du bist ein ganz schöner Dummschwätzer, weisst Du das? JB: Non, isch bin eine Patron, eine Wirt in eine Bistro... unn das ist gar nischt weit von die saarlandisches Landtag ...da lernt man rücke-di-zücke: dumm zu schwätz! Brauchst hier nischt so zu mache, nur weil Du eine Lehrer bist, weil das sinn die Rischtige: Lehrer! Habe morgens immer rescht unn dafür mittags frei. Jupp: Geh fort! Da kann isch aber froh sein, dass isch im Ruhestand bin, sonst müßte isch misch jetzt kriminal da drüpper uffreschen. JB: Ah übrigens: das weisst Du bestimmt! Hab isch misch immer gefragt, da gibt eine Ort in die Sarrelande, ehem, wart mal... muss isch in die Karte... (man hört wie er die Karte aus dem Rucksack nimmt) Jupp: Ei, machen wir doch grad eine Pause und hucken und kurz da hin. Doo, auf diesen Baumknorzen. REGIE (die Schritte werden langsamer, sie setzen sich) (Jupp nimmt eine Flasche aus dem Rucksack, öffnet sie und trinkt, während Jacques seine große Karte ausbreitet und glatt streicht) JB: Alors, das hat so ein komisches Nam... Hier, ehem... genau: "Einöd". Is doch blöd, oder? Wie kann sisch eine Ort nenne "Einöd"? Jupp: Da muss isch dir jetzt mal rescht geben. Das klingt unpassend. Grad in dieser schönen Gegend: Wald, Hügel, Wiesen, Felder, eine herrlische Landschaft, wo andere Leute Urlaub machen. JB: Bas ouais, gibt ja in die Saarlande die meister Wald, gell? Jupp: Bezogen auf die Grundfläsche... JB: Oh la la, Besserwisser! Jupp: Jacques, isch war Lehrer! JB: Eben, sag isch doch. Jupp: Aber "Einöd" heißt ja nischt, dass das eine Einöde is? Das kommt ursprünglisch vom althochdeutschen: "einôti" - über das mittelhochteutsche "Einoede" ... und... JB: ...das sagt eine Saarlander, wo nischt mal ein einfaches Hochedeutsche kann! Jupp: Ach! "Einöde", war ursprünglisch ein einzelstehendes Gehöft. Es geht gar die Mär... JB: Wer? Jupp: Die Sage... dass dort ein Einsiedler gelebt hat, der wo die erste kleine Kapelle dort im Wald errischtet hat. JB: Oui, da is überall Wald drumrum. Jupp: Der Wald hat sisch auch in vielen Ortsnamen niedergeschlagen: hier "Sitterswald". JB: Sitterwald? He, ein sittlischer Wald... (lacht). Oh la la, muss sowas sein wie Fraueparkplätz. Jupp: Ach was! Das kommt auch aus dem Althochdeutschen und bedeutet sumpfiges, seischtes Land. JB: Seischt! Hier gibt sogar "Heiligenwald"... da passiert nix Böses, brav und fromm. Da klingt "Altenwald" schon ein bißschen robuster. Jupp: Der Waldreischtum findet sisch in vielen Namen... allein hier: "Holz". JB: Ach? Nur "Holz"? Ohne "...heim" oder "...bersch". Jupp: "Holz"! Reischt auch, das kommt auch von der montanen Tradition. Holz war ein wischtiger Rohstoff im Bergbau. JB: Ah ouais, für abzustütze die Schäschte? Jupp: Nein, die Stollen! Also der waagreschte Grubenbau. Schäschte verlaufen senkrescht. JB: Oh, was Du nischt alles weisst. Jupp: Wenn Du ein eschter Saarländer geben willst, musst Du sowas wissen. Mit Grubenholz wurden früher die Stollen abgestützt. JB: Moment, so dumm isch bin auch nischt: da kommt nämlisch die Mutterklötzschen her, was die Berschleut auf die Schischte immer habe geklaut. Jupp: Moment! Nischt "geklaut"! Wir sagen: "organisiert". JB: Aha, unn was is die Untergeschied? Jupp: Klauen ist kriminell. JB: Und "organisiert"? Jupp: Das war eine Art Gewohnheitsrescht. Die Bergleute durften jeden Tag einen Klotz, also ein Holzrest vom Grubenholz mit hemm hollen, als Anmachholz für den Ofen. JB: Bei die Mutter. Unn wenn se ihr nix mitgebracht habe, dann lief nix in die Nachte. Drum heißt "Mutterklötzje" Jupp: A propos: hier ist noch ein Ortsname mit "...holz" JB: "Schwarzenholz". Da war die Holz schon vorher verbrennt? Jupp: Nein, dort wurde Holzkohle hergestellt, das ist ein Köhlerdorf... JB: Holzkohle? Klar, das is wirschtisch für Saarlander, brauche die zum grillen. Wird doch jeder Wocheend die Schwenkergrill rasugeholl... Jupp: Da merkt man wieder, dass Du kein Saarländer bist: der Schwenker wird mit Buchenholz befeuert, nischt mit Grillkohle. Das machen nur Pälzer ... Nein, die Holzkohle brauchte man bei der Verhüttung von Eisen. JB: Unn die kam von "Schwarzenholz". Jupp: Unter anderem, joh. Bis später auf Kohle umgestiegen wurde. JB: Unn die Köhler aus "Schwarzenholz" arbeitslos ware. Jupp: Ja, die hatten dann nix mehr zu beissen. Seitdem heissen die Leute dort "Hundsfresser". JB: Ach? Aber immer noch besser als zu darben, wie in "Mangelshausen". Weil grad für Saarlander is tragisch, wenn nix auf die Tisch kommt. Wo's hier die Lebensmotto heißt: "Hauptsach gudd gess, geschafft hann mir schnell!" Sieht mer sogar auf die Landcarte... gibt viele Orte, wo kulinarisches im Name steht: "Brotdorf", "Eiweiler", "Reisbach", "Kohlhof" oder "Wecklingen" (lacht) - hat alles mit Esse zu tun... Jupp: Ach Gott, wie topisch! Du Banause. "Brotdorf", z.B. kommt von "Bruchdorf" oder "Reisbach", war ursprünglisch die Siedlung des Radi... des Sippenvaters. Und "Wecklingen", das war nach einem fränklischen Sippenführer benannt, dem "Wackilo" JB: Oh la, jetzt haste 's mir aber gegebe... komm, mir gehe weiter... REGIE (sie stehen auf, man hört wieder die Schritte durch den Wald) JB: Aber gibt schon viel Ortsname, was habe mit Esserei zu tun, oder mit die Landwirtschafte: "Schafbrücke", "Obersaubach", "Geislautern", "Hühnerfeld"... Jupp: Du hast wieder keine Ahnung: "Hühnerfeld" das hieß früher: hinter dem Feld, hinnerm Feld! JB: Ah, Hinnerfeld! Bon... und der feine Saarlander prononciert das ein bißschen vornehmer: "Hühnerfölde"... je comprends. Aber da (die Karte raschelt) erklär mal, was das is: "Peppenkum". Klingt doch nach reinem Pfeffer. Bestimmt kommt daher die Expression: "geh hin, wo die Peffer wächst!" Ha, in die Saarlande! Jupp: Pfeffer, mein lieber Jacques, kommt unter anderem aus Südamerika. Und "Peppenkum" hat damit garnix zu tun. Das geht auf das Wort "Bobbenkeim" zurück... auf Getreide! JB: Moment, unn wieso heißt da ein Ort "Oberwürzebach"? Würz... da isses doch klar, könnt sogar "Maggidorf" heiße! Jupp: "Ober-" und "Niederwürzbach" kommt von einem kleinen Bach, der so heißt: "Würzbach". JB: Ah, eine Bach. Komischer Name? Wahrscheinlisch habe die damals schon lauter Unrat da reingeschmisst. Ja, die Leut von "Aschbach"... he, he... das gibt's ja da auch. Jupp: Unsinn! JB: Wieso? Früher habe die nischt so viel Firledifance gemacht mit die Hygiene, kein Toilette, nix Dixi-Klos im Wald. Wurd alles biologisch entsorscht, ab in die Bach! Hat schon die Wasserqualité eine bißschen beeinflüßt. "Stinkbach" wollt' mer nischt sage und "Piesbach" gab's ja schon... (lacht) Jupp: Vorsischt: "Piesbach" liegt nischt am "Würzbach" sondern an der "Prims". JB: Das is doch egal, die wollte nischt zugebe, dass ihr Bäschlein is fäkal belastet. Unn wege die Tourismus, habe ein bißschen optimistischer ausgedrückt: "Würzebach". Jupp: Dummschwätzer! JB: Trotzdem, gibt immer noch genug Dörfer, wo mer raushört, dass die Eingeborene gern gegesse habe: "Altenkessel"... da habe se die Supp gekocht oder "Düppenweiler"... das kommt doch bestimmt von... Jupp: Da muss isch Dir sogar mal Rescht geben. In "Düppenweiler" gab es in der Tat eine Töpferei, da wurden "Dippen" gefertischt. JB: Bas ouais, "Düppenweiler"... bei uns würd' heiße: "Casserolle-Ville". Aber selbst auf die Landcartemer sieht: Saarlander sind lebensfröhlisch unn genußsüschtisch: esse gern, trinke viel... kenn isch doch von meine Bistro, wo die Leut nur an die Thek' stehe, an die Büffet. Warum? Weil sinn Biertrinker. Wolle möglischst nah an die Zappanlag... Bier! Drum gibt auch keine "Weinheim", kein "Dornfeld" oder "Traubendorf", dafür "Bierbach", "Bierfeld"... sogar "Karlsberg" - voilà. Jupp: Ja, das war der Namensgeber für das gleischnamige Bier. JB: Unn warum sollt' eine Dorf sonst "Labach" heiße? "Labach" - wo mer sisch labt. Jupp: Doch nischt an Bier, nein, an einem Born, einem frischen Quell... Du tust grad so, als ob das ganze Land aus Alkoholiker bestehen täte. JB: Na, wenn isch sowas hör wie "Großhumpendorf? Humpen! Sagt doch alles! Jupp: Vorsischt... "Großhumpendorf" gibt's wohl, aber da geht's nischt um den popelischen Bierhumpen... dort befindet sisch, der Sage nach, der Heilige Gral der Tempelritter. JB: Oh la! Aber kann ja auch ein kleiner Gefäß sein, wie bei die Ort "Grügelborn" (lacht), ouais, unn wer mehr Durst hat, trinkt sein Bier in "Krughütte"... unn mit ein rischtisch Brand geht mer besser nach "Eimersweiler" - unn schluckt die Bier literweise. Ah, da kommt bestimmt auch die Ortsname "Litermont" her. Jupp: Mein Gott, Jacques, das tut schon weh. Der "Litermont" ist ein Berg... und der hat mit einem Liter überhaupt nix zu tun. Meistens kommen so Ortsnamen wo ganz wo anderster her, als wie es auf den ersten Blick erscheint. JB: Bas ouais, denke isch nur an "Rammelfangen", oh la la. Unn frag misch, was macht mer die ganzes Tag in "Rammelfangen"? Jupp: Ei, steht doch im Namen drin. JB: Jupp, pfui! Jupp: Dort fängt man eben Rammelen, was immer das ist. Es läßt sisch nischt jeder Ortsname bis ins kleinste erklären. JB: Also, isch find schon, das klingt wutzisch. Genauso wie... ehem: "Niedergailbach". Non, da wollt' isch nischt für geschenkt wohne! In "Obergailbach", ouais, das würd' isch mir gefalle lasse... Jupp: Da muss isch Disch enttäuschen: "Obergailbach" gibt's nischt. JB: Ach? Vielleischt gibt's deswege in die Saaraland auch so wenisch Kinner. Obwohl's eine Dorf gibt, wo heißt ehem: "Fickingen" - also bitte, da is doch klar, wo die Name herkommt, "Fickingen"... da muss es abgehe, dass sogar die Rammelfanger neidisch werde... Jupp: Tut mir leid, da muss isch disch wieder enttäuschen: "Fickingen" gibt's auch nischt - mehr, das wurd' umbenannt, und heißt heute: "Saarfels". JB: Aha, die habe's wohl zu doll getriebe. Dafür sterbe jetzt die Saarlander langsam aus. Jupp: Gott bewahre, nein! JB: Da helft die Gott auch nix mehr. Aber gut, wen soll mer schon rufe in so ein frommer Lande. Non, wenischer fromm, eher nur katholisch. Das merkt mer aber auch in viele Ortsname, gell? Jupp: Ei allenmal: "St. Ingbert", "St. Wendel", "St. Gangolf"... lauter Schutzheilige... oder "Mariahütte"... das war wahrscheinz eine Eisenhütte, die von der Heiligen Jungfrau beschützt wurde. JB: "Mariahütte"... hm, hätt isch jetzt eher gedenkt, da war ein mittelalterlisches Hundhütte, mit so ein klein Pinscher drin: Maria! (lacht) Jupp: Du bist ja ein rischtischer Scherzkeks... JB: Ja, isch weiss: die Sarrelande is die katholischster Lande... Jupp: Das ist korrekt, auch wenn das oft übersehen wird. JB: Bei uns gibt ja prozentual mehr Katholike als bei die fromme Bayern. Aber die saarlander zeige das nischt so. Sinn nach ausse ja eher lebenslustisch... unn sinnenfroh... unn manschmal ganz schön sündisch, oh la la. Jupp: Na, na, jetzt aber. JB: Bas ouais, früher habe die Leut auf die Grub' unn die Hütt' Material unn Werkzeusch "organisiert" - nach die Motto: "isch hann's mo metgeholl, damit's net fortkommt!" Unn heut? Die Sarrelande is das Bundesland mit die meiste Seitesprüng, unn über die Macheschafte von unser Jamaika-Regierung sage mer besser garnix. Überall nur Sünde: Sodom und Gonorrhoe... Jupp: Jetzt mal gemach, gemach... JB: Da is praktisch, wemmer is katholisch... da sinn alle Sünde rücke-di-zücke weggebeischtet. Einfach in die Beischtestuhl, ein paar Gebete runnerleiern, unn zack: alle Sünde weg. Unn Du fühlst Disch sauber, rein, frei... schöner Gefühl: kannst grad von vorne anfang. Jupp: Ja, das ist schon vorteilhaft. Als Katholik brauchst Du nischt bei jeder Sünde hin- und her zu überlegen, ob Du die Dir noch leisten kannst, so wie die Evangelischen. JB: Genau, der Katholik sagt:"Och scheissegal, wenn's zu viel wird, geh isch am Samstg beischte!" Protestante könne das nischt. Die musse jede Sünde bis zu die Schlüß mitschleppe... Jupp: Immer alles auf den Buckel laden, joh. JB: Deswege gehe die immer so gebückt. Bandscheibevorfall, ein typisch Protestantekrankheit. Jupp: Ja, aber hier gibt's vornehmlisch Katholiken. Sieht man schon in den Ortsnamen: "St. Nikolaus", "St. Barbara", "St. Arnual"... JB: Oder, in sowas, iss nischt, ob Du kennst: "Pfaffenkopf"... gibt's auch, ganz ohne Sankt davor, also nischt ganz heilisch, unn auch nur noch die Kopp... weißt Du, wo das herkommt? Jupp: Ja, es einen Berg dieses Namens, aber wieso der so heißt, das weiss nur Gott allein. JB: Vielleischt hat da mal ein geistlischer Mann eine bißje zu fleischlisch gelebt... soll da ja öfter vorkomme. Unn früher habe die nischt so gefackelt: kurzes Prozeß - Kopp ab - fertisch. Weil sowas wie die Rübe ab, das war damals weit verbreitet. Jupp: Das hotten uns jo die Franzosen beschert, Euer Napoleon... JB: Oui, die Guillotine, ein franzosisch Erfindung. Naturellement. Wer da eine bißschen zu viel dumm geschwätzt hat, zack, eine Kopp kleiner. Da sinn nsicht so viel Dummschwätzer rumgelauft wie heut. War gar nischt so ein schleschter Erfindung. Jupp: Na, na, na... JB: Und da hat bestimmt eine Priester bisje über die Strenge geschlagt, directement: krk! Da kommt auch dieses saarlandisches Expression her: "oh leck, fallt mir de Kopp ab!" Jupp: Komm, Jacques, jetzt phantasierst Du aber... JB: Naturellement. Da gab sogar eine Henker in Ottweiler, wo die ganzer Famille: Uropa, Opa, Papa, alles Henker, die Bub auch. Aber der war ein bißschen zart besaitet, musst sisch immer vorher Mut antrinke, bevor er zum Henken gegange is... unn der mußt dann mehrfach ansetze die Messer. Da kommt auch ein saarlandisches Ausdruck her: "Oh leck, do fallt mer do de Kopp in Scheibe ab!" (ab hier wird es leiser, man hört, wie sich die beiden entfernen) Jupp: Oh Jacques, du bist wirklisch ein Dummschwätzer... JB: Oh la la... jetzt aber... Jupp: Wenn du Disch selbert hören könntest... JB: Kann isch ja rischtisch froh sein, dass kein Guillotine mehr gibt, oh la la. -ENDE Script-