Deutschlandradio Kultur Länderreport COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. Geld für den Ex Vergütungen für ehemalige Minister & Ministerpräsidenten in den Ländern Beiträge von Blanka Weber (Beitrag 1- 04'30'') Dietrich Mohaupt (Beitrag 2- 04'15'') Susanne Schrammar (Beitrag 3- 04'05'') Redaktion Julius Stucke Sendung 06.10.2011 (13 Uhr 07) Die Politik in Thüringen streitet seit einiger Zeit über die Vergütung von ehemaligen Ministern und Ministerpräsidenten. Wie viel steht den Ex-Kollegen zu? Ab welchem Alter? Und vor allem: müssen sie andere Einnahmen, etwa aus der Wirtschaft, künftig mit ihren Bezügen verrechnen? Der Länderreport schüttelt die Betten aus und fragt in vier Bundesländern nach: wie sind die Regelungen und wo denkt man darüber nach, die Bezüge zu wechseln. MANUSKRIPT SENDUNG Beitrag 1: Geld für den Ex - Thüringen (Autorin: Blanka Weber) O-Ton (Siegesmund) Wir haben lange gewartet auf den Gesetzentwurf der Landesregierung. Er wurde uns für den Sommer angekündigt. Es wurde Herbst und schließlich wurde es Winter. Autorin Anja Siegesmund ist mit 34 Jahren eine der Jüngsten im Landtag und Fraktionsvorsitzende der Grünen. Ihre Partei brachte 2010 einen eigenen Entwurf zum Ministergesetz ein. Die Vergütung ehemaliger Minister sollte deutlich korrigiert werden und zwar: nach unten. Im Januar 2011 gab es dann einen Vorschlag der Landesregierung: O-Ton (Siegesmund) Mit der Zusage, ja wir wollen das Renteneintrittsalter für Minister anpassen, wie es eigentlich auch für jede andere Bürgerin, jeden anderen Bürger gilt. Und seit dem Januar diskutieren wir, wie die Feinheiten in diesem Gesetz aussehen sollen. Das ist ein Possenspiel, was einen Vergleich sucht. Autorin Das Possenspiel sollte im September im Landtag ein Ende finden. Doch - es kam alles anders, sagt Uwe Barth, Fraktionsvorsitzender der FDP: O-Ton (Barth) Jetzt kam es zu der spannenden Situation, dass alle beteuerten, das Ministergesetz verabschieden zu wollen aber insbesondere die beiden Regierungsfraktionen aus unterschiedlichen Gründen, die teils auch im Dunklen liegen, sagten Nein, wir machen das jetzt nicht. Autorin Nun scheint es auf den Weg gebracht. CDU und SPD hätten sich als Fraktionen geeinigt und wollen das Gesetz der Landesregierung unterstützen. Kommende Woche soll es im Landtag verabschiedet werden. Dass heißt in Kurzform: Es gibt weniger Geld für alle. Rentenanspruch erst ab dem Alter von 67 Jahren und wer andere Einnahmen hat, muss diese künftig mit dem Geld aus der Landeskasse verrechnen. Ein Punkt, der jahrelang offenbar niemanden störte. Mit dem Fall von Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus wurde das anders, sagt Anja Siegesmund. O-Ton (Siegesmund) Der relativ schnell nachdem er ausgestiegen ist in Thüringen als Ministerpräsident eine Weiterbeschäftigung bei einem Unternehmen bekommen hat. Nun steht ihm nicht nur ein Übergangsgeld zu, es steht ihm, obwohl er im Moment recht gut verdient, eine Pension zu, d.h. er hat ein recht gutes Gehalt. Und das auf Kosten des Steuerzahlers. Autorin Offenbar mehr als 8.400 Euro, so der Bund der Steuerzahler, erhält der ehemalige Ministerpräsident derzeit pro Monat aus der Landeskasse. Seine Einnahmen aus der Wirtschaft werden nicht offengelegt und auch nicht gegen gerechnet. Althaus ist derzeit als Kontaktperson zur Politik und Netzwerker für den österreichisch- kanadischen Automobilzulieferer Magna beschäftigt. Durch seinen Vertrag dort, würde sich, auch mit Inkrafttreten des neuen Thüringer Ministergesetzes für Althaus nichts ändern. Es sei denn, er wechselt irgendwann den Arbeitgeber. Doch für alle künftigen Ex- Minister und Ministerpräsidenten wird das Land nicht mehr so üppig aufkommen müssen. Höchste Zeit, sagt Anja Siegesmund: O-Ton (Siegesmund) "Das gibt es in keinem anderen Bundesland, nur in Thüringen." Autorin Doch, was die Opposition mindestens ebenso ärgert, ist die sture Haltung der SPD. Denn vier eigene Minister wären betroffen, wenn das Gesetz bereits für die jetzige Legislatur gelten würde. unter anderem auch der Justizminister. O-Ton (Barth) Das ist eine Selbstbedienungsmentalität der Politik insgesamt. Der Imageschaden, der da entsteht durch so eine kleinkarierte Haltung, das halte ich für einen inakzeptablen Vorgang. Autorin Denn: Für die SPD-Minister bleibt nun alles beim alten. Sie sind Ende des Monats 2 Jahre im Amt - kommen noch zwei hinzu, gelten die alten Regeln und nicht das neue Gesetz. Das muss kommende Woche erst vom Landtag verabschiedet werden - man nehme die Haltung des Koalitionspartners mit Bedauern zur Kenntnis und müsse sie jedoch akzeptieren, sagt die CDU. Die Bündnisgrünen haben schon jetzt einen Änderungsantrag angekündigt. Das Verrechnen von Ruhegehalt und Übergangsgeldern mit sonstigem Einkommen müsse viel stärker angegangen werden, so die Kritik. Auch die LINKE ist enttäuscht, denn ihre Forderung, dass ehemalige Mandatsträger - wie Dieter Althaus - erst 5 Jahre warten müssen, bevor sie einen Job in der Wirtschaft annehmen dürfen, - dies wurde abgelehnt. Beitrag 2: Geld für den Ex - Schleswig-Holstein (Autor: Dietrich Mohaupt) Autor Ein paar Jahre Minister und damit ausgesorgt bis ins hohe Alter - im Jahr 2000 war das die Aussicht für Deutschlands damals jüngsten Minister: Klaus Müller von den Grünen hatte in Schleswig-Holstein - als 28jähriger - gerade das Amt des Umweltministers übernommen. Nach damals geltendem Recht hätte er schon 5 Jahre später einen Anspruch auf rund 3.500 ? Ruhestandsgehalt erworben - zahlbar ab dem ersten Tag nach seinem Ausscheiden aus dem Amt. Mit der sogenannten "Lex-Müller" wurde dem ganz schnell ein Riegel vorgeschoben: in einem ersten Schritt wurde im Ministergesetz die Altergrenze für den Bezug von Ruhegehältern für Minister auf 55 Jahre festgelegt. Inzwischen hat sich sogar noch mehr getan, erläutert Rainer Kersten vom Bund der Steuerzahler Schleswig- Holstein. O-Ton (Kersten) Zu nennen ist zum einen, dass eben das Eintrittsalter zu dem die Pension bezahlt wird auf 62 Jahre angehoben wurde, hinzu kommt jetzt eine etwas deutlichere Anrechnung - das ist wichtig, denn viele Minister die ausscheiden haben anschließend andere Einkünfte, und das wird jetzt voll miteinander verrechnet, zumindest bis zum 65. Lebensjahr. Autor Das Ruhegehalt für Minister in Schleswig-Holstein derzeit: rund 3000 ? nach 5 Jahren Amtszeit und maximal etwa 8.500 ? nach 26 Jahren im Amt. Damit ist Schleswig-Holstein den anderen Bundesländern laut Rainer Kersten ein paar Schritte voraus. O-Ton (Kersten) In den Einzelheiten, wenn es eben darum geht ab wann wird die Versorgung bezahlt, wie hoch ist sie, wie lange muss man vorher Minister gewesen sein und was wird alles angerechnet, da steht Schleswig-Holstein recht gut da - aus Sicht der Steuerzahler. Das heißt die Minister umgekehrt werden nicht ganz so üppig versorgt, wie es doch noch in vielen Bundesländern und auch im Bund der Fall ist. Autor Aber, der Bund der Steuerzahler wünscht sich noch ein bisschen mehr. Ein echter Systemwechsel wäre der nächste logische Schritt - das meint auch Monika Heinold, Finanzexpertin der Grünen-Fraktion im Landtag. Das Vorbild dafür könnte das schleswig-holsteinische Abgeordnetengesetz bieten - das sieht für die Landtagsabgeordneten neben den Diäten eine Aufwandsentschädigung vor, die sie für den Aufbau einer privaten Altersversorgung verwenden müssen - weg vom alten Prinzip der Beamtenversorgung. O-Ton (Heinold) Für die Abgeordneten sind die alten Zöpfe abgeschnitten in Schleswig-Holstein, das ist gut und richtig so. Jetzt kommt es darauf an, möglichst im Verbund mit den anderen Ländern ein Modell zu entwickeln, damit Staatssekretäre und Minister und Ministerinnen zukünftig jeden Monat eine Pauschale bekommen um eigenständig in die Altersversorgung einzuzahlen und nicht mehr den goldenen Spazierstock, den es leider noch immer gibt. Autor Von goldenen Spazierstöcken oder Luxus-Pensionen für Minister hält auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Kieler Landtag, Axel Bernstein, nicht viel. Aber das mit dem Systemwechsel - das geht ihm dann doch ein Stück zu weit. Auch rechtlich sei das nicht ganz einfach, betont er. O-Ton (Bernstein) Also ich glaube, wir sind mit dem was wir gemacht haben im Rahmen dessen, was derzeit rechtlich möglich ist, einen großen Schritt gegangen. Im Bereich der Staatssekretäre sind Sie im Beamtenrecht, da haben sie nur sehr geringe Spielräume. Theoretisch sind diese Spielräume bei Ministern größer, allerdings muss man sich dann auch gut überlegen, ob man für am Ende in Schleswig-Holstein 7 Personen ein sozusagen eigenes neues Recht kreieren möchte, oder ob man im Rahmen dessen, was wir heute haben, nach unten anpasst. Autor Genau das ist dem Bund der Steuerzahler zu kurz gedacht - denn auch bei weiteren Anpassungen nach unten bleibe das alte Problem bestehen, kritisiert Rainer Kersten. Der Haushalt des Landes werde immer wieder durch neu entstehende, langfristige Pensionsansprüche zusätzlich belastet - dabei tickt die Schuldenuhr in Schleswig-Holstein schon richtig laut: Bei über 27 Mrd. ? steht sie derzeit, pro Sekunde kommen 40 ? dazu. O-Ton (Kersten) Schleswig-Holstein steht mit dem Rücken an der Wand, wir müssen die Schuldenbremse im Jahr 2020 erfüllen, und das geht nur mit ganz, ganz schmerzhaften Einschnitten in allen Bereichen - und da kann sich natürlich die politische Führung auch nicht von ausnehmen. Autor Er bleibt deshalb bei seiner Forderung nach einem sauberen, effektiven Schnitt: Die Altersversorgung auch für Staatssekretäre und Ministerinnen und Minister sollte seiner Meinung nach vollkommen vom Beamtenversorgungsrecht abgekoppelt werden - Rainer Kerstens bevorzugtes Modell: zusätzlich zu ihren Gehältern erhalten die Minister eine monatliche Pauschale, die sie in eine eigene Altersversorgung investieren müssen - die klassische Pension könnte damit wegfallen. Beitrag 3: Geld für den Ex - Niedersachsen (Autorin: Susanne Schrammar) Autorin Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Niedersachsen will die Altersversorgung der Minister gerechter machen. Bislang waren nämlich diejenigen Landesminister unter Umständen besser gestellt, die vor ihrer Amtszeit in der freien Wirtschaft gearbeitet hatten. Sie durften ihre dort erworbenen Rentenansprüche in vollem Umfang behalten, während diejenigen, die im öffentlichen Dienst tätig waren, auf einen Großteil der alten Pensionsansprüche verzichten mussten. Jetzt dürfen alle ihre Ansprüche behalten. Fritz Güntzler, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion: O-Ton (Güntzler) Bis jetzt haben wir sehr komplexe Regelungen, wie unterschiedliche Versorgungsansprüche gegenseitig angerechnet werden, das gibt erhebliche Unwuchten und es kann nicht sein, dass durch komplizierte Anrechnungsverfahren Dinge weggenommen werden, die einem eigentlich zustehen und wenn man den Vergleich zieht zum Ministergesetz in anderen Bundesländern sind unsere Minister eigentlich sehr schlecht versorgt. Autorin Langfristig, rechnet Güntzler vor, könne das Land sogar sparen, denn gleichzeitig sollen die Ansprüche für Minister gesenkt werden. Derzeit erhalten die Amtsträger zwar erst nach drei Jahren Ministertätigkeit eine Pension, jedoch beträgt die knapp 19 Prozent des früheren Gehalts. Das neue Ministergesetz sieht nun vor, dass künftig vom ersten Amtsjahr an ein Versorgungsanspruch von 2,5 Prozent gewährt wird, der sich in jedem Amtsjahr um weitere 2,5 Prozent erhöht. Nach drei Jahren hätten die Minister dann nur noch 7,5 statt 19 Prozent. Für die meisten Mitglieder im aktuellen niedersächsischen Landeskabinett würde dies eine Verschlechterung bedeuten, doch sie sollen wählen dürfen zwischen altem und dem neuen Recht. Zwei aktuelle Minister würden allerdings von der Änderung profitieren: Umweltminister Hans-Heinrich Sander, FDP und Finanzminister Hartmut Möllring, CDU. Und das gefällt der Opposition im niedersächsischen Landtag ganz und gar nicht. O-Ton (Briese) Es hat so'n Geschmäckle. Autorin Sagt der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Ralf Briese. Er spricht sogar von einer "Lex Sander". Hans-Heinrich Sander war vor seiner Ernennung zum Umweltminister drei Jahrzehnte lang Leiter einer Grund- und Hauptschule und damit ein Paradebeispiel für das neue Anrechnungsmodell. Ein Teil seiner Pensionsansprüche, die er in dieser Zeit erworben hat, würde nach dem alten Gesetz verfallen, mit der neuen Regelung wäre eine höhere Pension drin. Ralf Briese. O-Ton (Briese) Das Problem ist tatsächlich, wenn Sie jetzt in dem neuen Gesetz regeln, die amtierenden Minister haben so eine Art Wunsch- und Wahlrecht. Die können dann das bessere System für sich ausknobeln und dann wird zumindest immer der Verdacht dadurch erhärtet: Aha, die suchen sich natürlich das ökonomisch günstigere. Deswegen sollte man einen sauberen Strich machen: Alte Ministerriege altes Gesetz, neue Minister, neue Legislaturperiode, neues Gesetz. Autorin Auch die Linken im niedersächsischen Landtag haben Widerstand gegen die geplante Reform angekündigt, während sich die SPD - bei der einige frühere Minister ebenfalls von der neuen Regelung profitieren -vor allem am raschen Zeitplan stört. Noch im November soll das Gesetz verabschiedet werden. Hintergrund, vermutet die Opposition: Spätestens Ende des Jahres will Umweltminister Sander zugunsten seines Staatssekretärs zurücktreten. Die Landesregierung wolle ihm den Abschied vergolden, kommentiert die SPD. O-Ton (Sander) Das ist absoluter Quatsch. Autorin Sagt der angegriffene Minister. O-Ton (Sander) Das gilt für eine Vielzahl von anderen Personen und ich vermute sogar, für den Sander ist es von der Höhe her das Uninteressanteste, für andere Personen ist es sehr viel interessanter. Ich weiß, wir FDP-Leute sind im Augenblick im schwierigen Fahrwasser, da ist es dann immer schön, wenn einer, der schon fast am Boden liegt, noch oben drauf zu dreschen. Ich kann das ab. Autorin Der Bund der Steuerzahler in Niedersachsen bezweifelt, dass mit der Gesetzesänderung einzelne Minister begünstig werden sollen. Sprecher Bernd Zentgraf kritisiert jedoch, dass die neuen Anrechnungsregelungen viel komplizierter seien als früher und damit für den Bürger kaum zu durchschauen. O-Ton (Zentgraf) Die Minister sind hier in Niedersachsen nicht überbezahlt, aber sie sind überversorgt und jetzt will man das korrigieren, aber man verhängt sich in Verästelungen, besser wäre es einen Systemwechsel zu ergreifen: Höhere Bezüge für die Minister während der Amtszeit, aber mit der gleichzeitigen Verpflichtung an die Minister, mit eigenen Beiträgen für das Alter vorzusorgen. -ENDE SENDUNG - 1