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Dabei wollten die Parteien in beiden Ländern ihre Wahlkämpfe offiziell erst nach dem Jahreswechsel beginnen. Doch die Wahlkampfmaschinen laufen seit schon seit Monaten, die Entscheidungen auf Landesebene werden immer mehr mit Blick auf Berlin gefällt. Wenig verwunderlich, denn die Landtagswahlen fallen in das Jahr der Bundestagswahl. Und : Das vergangene Jahr war für CDU, CSU und FDP in Sachen Wahlen und Personenrücktritte nicht gerader vorbildhaft. Verständlich, dass da die CDU in Niedersachsen heftig zu kämpfen hat. Und offenbar nicht nur sie. Aus Hannover berichtet Axel Schröder. LR Vor-Wahlkampf NI / Schröder - 8'24" CDU-Wahlwerbespot Atmo rhythmisches Klatschen Begeisterung in der Parteizentrale der Niedersachsen-CDU. Vorn auf der Leinwand läuft der aktuelle Werbespot der Partei, ihre Anhänger liefern Standing-Ovations. Niedersachsen steckt schon mitten im Wahlkampf, auch wenn die Regierungskoalitionäre von CDU und FDP immer wieder das Gegenteil behaupten. Auf den Gesichtern liegt fast so etwas wie Glückseligkeit. Bei David McAllister, dem konservativen Spitzenmann und Ministerpräsidenten, genauso wie bei seinen Parteifreunden. Die Botschaft des Spots: "Hey! Wir sind jung und dynamisch, sind erfolgreich und haben auch noch lockere Sprüche drauf!": CDU-Spot: "Bist Du eine linke Sprotte, leg Dich niemals mit uns an! Unser Häuptling ist ein Schotte, und wir sind ein starker Clan!" Von der Decke hängen drei Dutzend lindgrüne, runde Pappscheiben: "I'm a Mac" steht darauf und genau so heißt auch die Netzkampagne, die in den kommenden Monaten für Stimmung sorgen soll. Neue Medien und Internet kann aber auch Stefan Weil, Oberbürgermeister der Stadt Hannover und Mac Allisters Herausforderer von der SPD, der schon seit Monaten gegen seinen Kontrahenten stichelt, mal mit der Brechstange, mal mit dem Florett. Alle paar Tage stellt er neue Videos ins Internet, in denen neben seiner hölzernen Art vor allem die schlechte Bild- und Tonqualität beeindrucken. (Weil) "Guten Morgen, überall in Niedersachsen! ,Hochmut kommt vor dem Fall', so könnte die Überschrift lauten über einem Urteil des Staatsgerichtshofs in Bückeburg, mit dem der Verfassungsbruch der Regierung McAllister festgestellt worden ist." Mit diesen nüchternen Worten kommentierte der SPD-Kandidat ein Gerichtsurteil, dass den Genossen Munition liefern sollte für den Wahlkampf vor dem eigentlichen Wahlkampf, für das zentrale Thema dieser Aufwärmphase: die Verstrickung der niedersächsischen CDU in die Affäre um Christian Wulff. Der war immerhin einmal Vorsitzender der Landes-CDU, Ministerpräsident und dann für kurze Zeit Bundespräsident. Nebenbei auch noch politischer Ziehvater von David McAllister. 2008 übernahm der Sohn einer Deutschen und eines Schotten den CDU-Landesvorsitz von Wulff, sollte den Chef damit entlasten. (McAllister) "Ich möchte gerne mit Christian Wulff gemeinsam ein Tandem bilden." Der Mann, der auf dem Tandem lange Zeit hinten saß, bekam aber - so scheint es - von dem mindestens zweifelhaften, wenn nicht sogar justiziablen Handeln seines Vordermanns nichts mit. McAllister, so heißt es, wusste nichts vom Gekungel beim so genannten "Nord-Süd-Dialog", einer privat organisierten Lobbyisten-Party, bei der nach wie vor unklar ist, inwieweit sich daran die Landesregierung beteiligte. Und McAllister wusste demnach auch nichts von Wulffs Unterstützung für dessen Freund, den Film-Manager David Groenewold. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dieser Sache dauern noch an. In der Hannoveraner CDU-Zentrale steht David McAllister nach dem Wahlvideo und einer kurzen Rede vor den Kameras, erklärt die Ziele seiner Partei. Bei Fragen zu seinem Verhältnis zu Christian Wulff, dazu, ob sein politischer Ziehvater nun zum Klotz am Bein des Wahlkämpfers wird, sagt McAllister seine Standard-Sätze auf. Abgewogen und ausgefeilt. (McAllister) "Das wir uns im Politikstil etwas unterscheiden, das ist so. Aber jeder Mensch ist unterschiedlich! Und insofern: das, was rund um Christian Wulff aufgebauscht wird, ist der vergebliche Versuch der Opposition, von inhaltlichen Schwächen abzulenken." Und McAllisters Analyse ist der vergebliche Versuch, die Wulffsche Hypothek kleinzureden. In der Parteizentrale hängen großformatige Fotos von McAllisters Vorgängern an den Wänden. Nach einem Christian Wulff-Poster muss man lange suchen. im Stühlelager der Parteizentrale lehnt es an der Wand hinter der Tür. Daneben steht Klaus Wallbaum, Politikredakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Und er äußert Zweifel an McAllisters Einschätzung der Causa Wulff: (Wallbaum) "Das Thema Wulff ist ganz bedeutend für diesen Wahlkampf, vor allen Dingen für die CDU, weil die CDU ihr Verhältnis zu Christian Wulff noch nicht geklärt hat. Es gibt einen Teil der Partei, der nach wie vor der Meinung ist, dass er ein sehr wichtiger, sehr bedeutender Politiker in Niedersachsen war, für die niedersächsische CDU. Und es gibt einen anderen Teil, der schwer enttäuscht ist von den Fehlern. Und dieser Zwiespalt ist nicht unbedingt so zu verstehen, dass es eine Hälfte für Wulff und eine Hälfte gegen Wulff gibt in der CDU. Sondern dass das manchmal auch mittendurch durch jedes einzelne CDU-Mitglied geht." Im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks ermittelte Infratest Dimap, dass der CDU-Mann im Falle einer Direktwahl 51 Prozent der Stimmen, der SPD-Kandidat Weil dagegen nur 27 Prozent bekäme. Zurzeit sehen die Demoskopen die CDU bei 41 Prozent, gefolgt von der SPD mit vergleichsweise starken 34 Prozent, die Grünen erreichen 13 Prozent. Und der Rest - das sagen zumindest die aktuellen Zahlen - fliegt raus: FDP, Die Linke und Piraten liegen gleichauf bei 3 Prozent, weit entfernt von der Fünf-Prozent-Hürde. David McAllister könnten seine Beliebtheitswerte und die guten Umfragen für seine CDU also möglicherweise nichts nützen. Am Ende könnte er ohne seinen klar favorisierten Koalitionspartner, die FDP, dastehen. Das bestätigt Dr. Stephan Klecha, Politikwissenschaftler am Göttinger Institut für Demokratieforschung. (Klecha) "Wenn wir ein Drei-Parteien-Parlament bekommen sollten, wie das momentan die Umfrage des Norddeutschen Rundfunks suggeriert, dann würde es höchstwahrscheinlich für eine rot-grüne Mehrheit reichen. Dann würde diese rot-grüne Mehrheit sich finden." Seit 2011 führt der 39jährige Stefan Birkner die Niedersachsen-FDP, als direkter Nachfolger von Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler. Seit Anfang 2012 ist er Umweltminister im Kabinett von David McAllister. Nun muss er dafür kämpfen, doch noch die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken und muss die FDP-Mitglieder motivieren, denen noch die herbe Niederlage der letzten Kommunalwahl zu schaffen macht. Allerdings, so Politikwissenschaftler Klecha, gibt es noch Hoffnung: (Klecha) "Wir haben sowohl in Schleswig-Holstein als auch in Nordrhein-Westfalen ja erlebt, dass die FDP praktisch aus dem politischen Nirwana wieder auferstanden ist. Und auch jetzt ist es so - hier in Niedersachsen - dass ein Drittel der früheren FDP-Wähler sagt, sie wissen noch nicht, ob sie wieder wählen gehen und ob sie dann auch möglicherweise die FDP wählen. Insofern hat sie durchaus noch ein bisschen Potential. Dem steht aber entgegen, dass in Niedersachsen die Parteispitze der FDP nicht unbedingt einen Christian Lindner oder einen Wolfgang Kubicki hat, die qua Person auch vieles an Vorbehalten gegenüber der FDP wettgemacht haben." FDP-Chef Birkner bleibt angesichts der schlechten Umfragewerte gelassen. In seiner Dienstlimousine ist er viel unterwegs im Flächenland Niedersachsen. Besucht die Basis in kleinen Landgasthöfen und spricht Grußworte zum zehnjährigen Bestehen des "Biosphärenreservats Elbtalaue". Er kommt als Landesumweltminister. Aber natürlich will Birkner auch überzeugen, Leistungen und Positionen der Landes-FDP präsentieren. Landtagswahlkampf auf leisen Sohlen. Hinten im Fonds des Dienstwagens studiert Birkner Akten, draußen zieht die graue Herbstlandschaft der norddeutschen Tiefebene vorbei. Wird er im Wahlkampf, der offiziell erst nach Weihnachten eröffnet werden soll, mit markigen Sprüchen á la Kubicki auffallen, kämpferisch-trotzig wie Christian Lindner? (Birkner) "Ich denke, dass jeder seinen Weg gehen muß. Und ich gehe da meinen Weg. Und Wolfgang Kubicki ist ein anderer Typ als ich es bin, genauso wie Christian Lindner ein anderer Typ ist als wir beide es sind. Insofern unterschiedet sich jeder. Da geht jeder seinen eigenen Weg und den gehe ich dann auch im Landtagswahlkampf." Birkner bleibt ruhig. Und er hofft, dass seine Landes-FDP sich endlich mal ohne Querelen auf der Berliner Bühne auf den beginnenden Wahlkampf konzentrieren kann. (Birkner) "Die Situation der gesamten Bundespartei ist sicherlich keine Unterstützung. Das, was dort in den letzten Monaten sich so zugetragen hat und wie die Erscheinung der Gesamtpartei bundesweit sich dargestellt hat." Trotzdem werden sie alle kommen, im Januar, wenn innerhalb von drei Wochen der heiße Wahlkampf stattfindet: Philipp Rösler, Rainer Brüderle, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Und natürlich kommen auch Kubicki und Lindner, damit der 20. Januar nicht zum Desaster für die niedersächsischen Freidemokraten wird. -ENDE Beitrag NI- MOD Bis zur Landtagswahl in Bayern ist es kalendermäßig noch ein wenig hin, nicht aber politisch. Der Anruf aus der CSU beim Bayerischen Rundfunk spricht dafür. Auch die Überlegung in München, den Wahltermin mit der Bundestagswahl zu verbinden, deutet darauf hin. Aus München dazu Michael Watzke. LR Vor-Wahlkampf BY / Watzke - 9'08" Wenn Ilse Aigner Wahlkampf macht, wie hier in der bayerischen Landeshauptstadt, dann gern im Dirndl. (Aigner) "Das ist ein sehr schönes Bild, und ich bin auch der festen Überzeugung, dass die Menschen in der Tracht immer gut ausschauen. Heute, wenn Sie zu einer Abiturfeier oder zu einer Firmung gehen, dann tragen im ländlichen Raum fast alle Tracht." Vor allem in Oberbayern. Jenem Bezirk, den die CSU bei der letzten Landtagswahl vor vier Jahren krachend verloren hat. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner soll Oberbayern zurückgewinnen. (Aigner) "Wir werden alles daran setzen, dass wir diese Scharte von über 20% Verlust ausmärzen können und deutlich steigern. Das letzte Mal waren es einfach zu wenig." Für dieses Ziel kehrt die gebürtige Oberbayrin Ilse Aigner von Berlin nach München zurück. Sie soll Ministerpräsident Horst Seehofer dabei unterstützen, für die CSU die absolute Mehrheit zurückzuerobern. Aigner legt ein gewaltiges Tempo vor. (Aigner) "In Oberbayern haben wir ein Programm aufgestellt oder sind gerade dabei, wo wir 13 Arbeitskreise zusammenstellen, um uns über die wichtigsten Themen, die für Oberbayern relevant sind, auszutauschen. Das geht von der Infrastruktur, mit lokalen Themen wie der zweiten Stammstrecke, bis hin zu Tourismus. Es geht aber auch um Integration, weil es viele Menschen gibt, die nicht hier geboren sind, also nicht nur Ausländer, sondern auch Deutsche, die innerhalb Deutschlands fluktuieren und die sich auch hier zuhause fühlen wollen. So kann man viele Bereiche abdecken, bis hin zu den Kernthemen wie Bildung." Das Thema Bildung ist in Bayern schlagartig zum zentralen Wahlkampf-Thema geworden. Und daran war ein Mann in blauer Richterrobe Schuld. Dr. Karl Huber, Präsident des Bayerischen Obersten Verwaltungsgerichtshofs. Er verkündete Ende Oktober überraschend: (Huber) "Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens "Studiengebühren abschaffen" sind gegeben." Das bedeutet: die Opposition im Freistaat Bayern darf das bayerische Volk fragen, ob es die Studiengebühren beibehalten oder abschaffen will. Bayern ist neben Niedersachsen das einzige Bundesland, das noch an Studienbeiträgen festhält. Markus Rinderspacher, der Fraktionsführer der bayerischen SPD, erwähnt bei jeder Gelegenheit, wer den Studenten die Semesterbeiträge eingebrockt hat: der damalige CSU-Wissenschafts-Minister Goppel. (Rinderspacher) "Thomas Goppel hat noch 2005 gesagt: ärmere Studenten könnten 500 Euro pro Semester ohne weiteres aufbringen. Sie müssten lediglich, Zitat: ,jeden Monat auf etwa verzichten oder zwei Nachhilfestunden geben.'" Thomas Goppel, inzwischen einfacher CSU-Landtagsabgeordneter, will heute von Studiengebühren nichts mehr wissen. Mehr noch: er will neben der Campusmaut sogar die Gebühren für Meisterschulen in Bayern abschaffen. (Goppel) "Wer anfängt, Geld auszugeben, kann nicht sagen: ,Der, der nur Handwerker wird, oder der, der im Technikerberuf ist, der ist mir wurscht, der soll zahlen." Ich will, dass die jungen Anwärter auf berufspraktische Laufbahnen ein vergleichbares Recht bekommen." Das wollen inzwischen fast alle CSU-Landtagsabgeordneten, inklusive Ministerpräsident Seehofer. Die Kosten spielen keine Rolle, das Geld ist schließlich da, weil in Bayern die Steuer-Einnahmen sprudeln. Die Partei hat sich innerhalb weniger Wochen um 180 Grad gedreht. Den Grund für den Sinneswandel sieht SPD-Fraktions-Chef Markus Rinderspacher nicht in neuen Argumenten, sondern in wahltaktischem Kalkül: (Rinderspacher) "Die CSU steht wie ein Kaninchen vor der Schlange. Sie hat Furcht vor dem Würgegriff der Volksabstimmung. Vor Angst gelähmt, vor Schreck erstarrt, den Macht- und Bedeutungsverlust vor Augen, leistet die CSU erbitterten Widerstand gegen sich selbst. Die CSU macht Front gegen ihre eigene, jahrelange Politik." Die CSU in Angst? Jene Christsozialen, die vor einem Monat beim Parteitag in München vor Kraft kaum laufen konnten? Die in Umfragen von 48% schwelgten und sich von ihrem Chef attestieren ließen: (Seehofer) "Diese CSU ist bärenstark, und sie ist wieder da. Und das müssen wir jetzt in den nächsten Tagen hinaustragen." Hinausgetragen hat die CSU gleich am nächsten Tag ein anderes Bild: die Medien-Affäre um versuchte Einflussnahme beim ZDF. Ein erster Rückschlag auf dem Weg zur absoluten Mehrheit. Und auch in der Debatte um die Studiengebühren vermittelt die Partei ein diffuses Bild, findet Professor Werner Weidenfeld, Leiter des Centrums für angewandte Politik an der Ludwig- Maximilians-Universität München. (Weidenfeld) "Seehofer ist in dieser Form der Rhetorik sehr amüsant. Man weiß immer, wenn man beobachtet, was er tut: wie ist jetzt gerade die Stimmungslage? Ein begabter Begleiter von Stimmungswolken, so würde ich ihn beschreiben." Das gilt aus Weidenfelds Sicht nicht nur bei regional-bayerischen Themen wie den Studiengebühren oder dem Ausbau der Donau, sondern auch bei bundespolitischen Themen wie der Rente mit 67 oder der Abschaffung der Wehrpflicht. Und nicht zuletzt beim Europa-Kurs der CSU. Lange hatte Seehofer der Kanzlerin in Sachen Euro-Rettung vors Schienbein getreten. Hatte rote Linien aufgestellt und seinen Generalsekretär gegen neue Kreditzusagen für Griechenland schimpfen lassen. Mittlerweile sitzt Seehofer artig auf Merkels Schoß. (Weidenfeld) "Das ist ganz klar, der hat sich ausgerechnet: wenn man jetzt gegen die Kanzlerin angeht, polemisiert - wen will er dann für sich gewinnen? Im nächsten Jahr sind Wahlen, da ist es ganz gut, mit dieser populären Kanzlerin freundlich umzugehen, sie zu umarmen, damit kommt man ganz gut weg. Die Europapolitik der CDU grundsätzlich aufhalten könnte er sowieso nicht, soll er denn hier eine Verliererpartie eröffnen? Nein. Lieber umarmen, lieber lächeln." Seine häufigen Kurswechsel haben CSU-Chef Horst Seehofer in Bayern einerseits den Spitznamen Horst Drehhofer eingetragen. Andererseits ist der Ministerpräsident in Bayern deutlich beliebter als sein größter Herausforderer, der Münchner Oberbürgermeister und Spitzenkandidat der SPD Christian Ude. Seehofer erklärt diesen Umstand gern augenzwinkernd mit dem Naturell der Bayern. (Seehofer) "Bayern war immer auf der Seite der Sieger gestanden. Und wenn wir mal nicht auf der Seite der Sieger standen, haben wir die Seiten gewechselt." (Mann) "Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir bewundern ja Ihre Beweglichkeit. Sie kommen mir hier so ein bisschen vor wie ein geangelter Aal im Eimer, der dreht sich auch herum." / (Seehofer) "Können Demokraten sich nicht auch mal gegenseitig respektieren, dass man im Jahr 2003 die Position A hat und im Jahr 2012 die Position B?" / (Mann) "Diese schwarzgelbe Regierung löst keine Probleme, sondern sie löst Probleme aus." / (Seehofer) "Wissen Sie, am schädlichsten in der Politik ist immer dieser Zwischenruf des Augenblicks. Nur damit man über die nächsten 48 Stunden kommt. Die Bevölkerung prüft uns nach uns danach, was wir zustande bringen." Ginge es nur nach den Fundamentaldaten der bayerischen Wirtschaft, müßte sich die CSU tatsächlich wenig Sorgen machen. Bayern hat die niedrigste Arbeitslosigkeit, die höchsten Pro- Kopf-Einkommen, die geringste Verschuldung. Der größte Wahlkampfschlager der schwarz-gelben Koalition ist das Programm "Bayern schuldenfrei 2030". Finanzminister Markus Söder hat schon in diesem Jahr begonnen, Schulden zurückzuzahlen, statt neue aufzunehmen. Im scharfen Gegensatz zu den Nachbarn in Baden-Württemberg und im ebenfalls rotgrün regierten NRW. Trotzdem steht die schwarzgelbe Regierung in Bayern derzeit am Rande des Koalitionsbruchs, weil sich die beiden Parteien beim Thema Studiengebühren nicht einigen können. Die größte Gefahr für die CSU, sagt Professor Werner Weidenfeld, sei die CSU. Weil sie ihren Markenkern verliere. (Weidenfeld) "Wenn es der Opposition gelingen würde, aus der Frage ein politisch-kulturelles Thema zu machen: ,Wie verlässlich ist die Regierungspartei? Trauen Sie ihr morgen beim nächsten Thema, das Ihnen am Herzen liegt, noch über den Weg?' Wenn das das Hauptthema würde, dann ginge es für die CSU nicht so gut aus. Aber so lange die Opposition so unstrategisch vorgeht wie jetzt, hat die CSU damit Erfolg." Und dann hat die CSU ja noch eine Geheimwaffe aus Berlin. Ilse Aigner. Die Bundeslandwirtschaftsministerin gilt in vielem als das Gegenteil von Horst Seehofer: geradlinig, zielstrebig und verlässlich: (Aigner) "Und deshalb will ich ja gerade als Bezirksvorsitzende des größten Bezirksverbandes Oberbayern meinen Beitrag dazu leisten, dass wir besser abschneiden als beim letzten Mal." Die Landtagswahl in Bayern findet im September 2013 statt - wenn die schwarz-gelbe Koalition nicht vorher zerbricht. -ENDE Beitrag BY- MOD Wahlkampf vor dem Wahlkampf. Bayern und Niedersachsen machen es vor. Axel Schröder und Michael Watzke nahmen sich des Themas an. Morgen dann im Länderreport ab 13.07 Uhr : Der NVA-Knast in Schwedt. Seine Vergangenheit und seine Zukunft. Am Mikrofon verabschiedet sich von Ihnen Claus-Stephan Rehfeld. -ENDE Ablaufplan- 1