KULTUR UND GESELLSCHAFT Organisationseinheit : 46 Reihe : Literatur Kostenträger : P 62 300 Titel : Lyriksommer Innere und äußere Landschaften in den Gedichten von Simon Armitage, John Burnside und Alice Oswald AutorIn : Michael Hillebrecht Redakteurin : Barbara Wahlster Sendetermin : 25.8.2013/Wdhlg. 13.8.2017 Regie : Michael Hillebrecht Besetzung : Autorentext: Daniel Minetti Simon Armitage: Karim Chérif John Burnside: Michael Evers Alice Oswald: Julia Brabant Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig © Deutschlandradio Deutschlandradio Kultur Funkhaus Berlin Hans-Rosenthal-Platz 10825 Berlin Telefon (030) 8503-0 Innere und äußere Landschaften in den Gedichten von Simon Armitage, John Burnside und Alice Oswald Von Michael Hillebrecht Deutschlandradio Kultur: 25.8.2013 Redaktion: Barbara Wahlster O-Ton 1 Simon Armitage: If you gave pin and a map to any British poet and they would be able to put that pin in the map and say not just where they come from but where their poems come from. They would be able to identify a kind of wellspring or a source where their writing bubbles up. And for me that is most definitely in Marsden, actually not just in Marsden, actually not just in a house there but in a bedroom, looking out of a bedroom window onto the village. And I have wondered as well sometimes whether the wooden frame of that window is actually the template for my writing. Übersetzung: Angenommen jeder Britische Dichter bekäme eine Stecknadel, um damit auf einer Landkarte nicht nur seine Heimat zu markieren, sondern auch den Ursprung seiner Gedichte und die Quelle seines Schreibens – dann wäre für mich diese Quelle sicherlich in Marsden. Und zwar nicht nur in Marsden oder in einem bestimmten Haus dort, sondern in einem Schlafzimmer: Der Blick aus dem Schlafzimmerfenster auf das Dorf. Ich habe mich manchmal gefragt, ob dieses Fenster nicht so etwas wie den Rahmen für mein ganzes Schreiben darstellt. Atmo: Autofahrt innen, Regen- und Scheibenwischergeräusche, darüber: Autorentext: Es ist Mitte Mai. Wir fahren mit dem Auto zu einer Anhöhe in West-Yorkshire unweit des kleinen Ortes Marsden im Norden von England. Es regnet. Atmo: Auto hält an, Motor wird abgestellt, Regengeräusche auf dem Autodach, darin: O-Ton 2 Simon Armitage: I'm Simon Armitage, we're on Castle Hill and it's a typical rainy West-Yorkshire day. Übersetzung: Ich heiße Simon Armitage. Wir befinden uns auf Castle Hill und es ist ein typischer, verregneter Tag in West-Yorkshire. Atmo: Auto innen, Regengeräusche auf dem Autodach, darüber: Autorentext: Von Castle Hill bietet sich ein wunderbarer Panoramablick auf das Tal des Flusses Colne. Weiter westlich, zu unserer Linken, befindet sich das Dorf Marsden, rechts von uns, im Osten, ist das regionale Zentrum zu sehen, die Stadt Huddersfield. Simon Armitage lebt nicht weit entfernt von hier. Obwohl er als Schriftsteller oft auf Reisen ist, hat Armitage den größten Teil seines Lebens in der Umgebung von Marsden und Huddersfield verbracht. Hinter den Hängen, die das Tal begrenzen, sind im Nordwesten weitere Hügelketten zu erkennen. Die Aussicht wird jedoch an diesem regnerischen Tag stellenweise von Wolken verschleiert. Atmo: Auto innen, Regengeräusche auf dem Autodach, darin: O-Ton 3 Simon Armitage: I grew up in a village called Marsden which is about two miles over that way. You can't see it, it's in the clouds, as if it doesn't really exist, semi mythical. Übersetzung: Ich bin in Marsden aufgewachsen, etwa vier Kilometer von hier entfernt. Durch die Wolken ist der Ort nicht zu sehen. Als würde er nicht existieren, fast schon mythisch. Atmo: Auto innen, Regengeräusche auf dem Autodach wird überblendet in Atmo: Straßenatmo in Marsden, darüber: Autorentext: Als Simon Armitage 1989 bereits mit seinen ersten Gedichtband „Zoom!“ große Aufmerksamkeit erregte, lebte er noch in Marsden. Armitage arbeitete zu dieser Zeit als Bewährungshelfer, eine Erfahrung, die in seinen frühen Gedichten oft zur Sprache kommt. Marsden liegt am Beginn des Colne-Tals und ist an drei Seiten von Hügeln umgeben. Von den Hängen fließen die kleinen Wasserläufe herab, die sich zum Fluss Colne vereinigen. Viele Straßen in Marsden folgen den schmalen Seitentälern entlang dieser kleinen Zuflüsse und führen steil bergauf. Weit oben am Hang, in der Old Mount Road, begann der junge Simon Armitage Mitte der 70er Jahre beim Blick aus dem Fenster, seine poetische Sicht der Welt einzuüben. Atmo: Straßenatmo in Marsden wird überblendet in Atmo: ruhige Atmo in Marsden, entfernt hört man ein Fußballspiel (Rufe, Schiedrichterpfiffe), darüber: O-Ton 4 Simon Armitage: I am sure that goes back to being pre-poetic, being 12, 13, just spending a lot of time staring out of that window, watching the village, watching it like a kind of clockwork toy, a model, and dreaming, imagining, fantasizing about lives, situations, stories. And then always beyond the village these moorland horizons, blank and unwritten, full of possibility. Übersetzung: Noch bevor ich zu schreiben begann, etwa mit 12 oder 13 schaute ich sehr oft aus diesem Fenster und betrachtete das Dorf wie eine Art Spielzeug oder ein Modell. Ich träumte vor mich hin und stellte mir Lebensläufe, Situationen und Geschichten vor. Und am Horizont immer die Moore, leer und unbeschrieben, voll von Möglichkeiten. Atmo: ruhige Atmo in Marsden mit Fußballspiel wird überblendet in Atmo: ruhige Mooratmo, darüber: Autorentext: Die Berge um Marsden gehören zur nordenglischen Mittelgebirgskette der Pennines. Viele Straßen führen zu den Mooren hinauf. Bis zu einer gewissen Höhe sind die Hänge noch grün, am Ortsrand weiden Schafe zwischen Natursteinmauern. Weiter oben sind die Hügel dann weitgehend kahl, ihre Farbe wechselt zwischen beige, braun und dunkelgrün. Hier beginnt das eigentliche Moor. Der Boden ist dort so feucht und wassergesättigt, dass Pflanzenreste nur unvollständig abgebaut werden können, sodass sich nach und nach Torf bildet. Atmo: Mooratmo endet bzw, läuft unter Gedicht noch weiter (?) O-Ton Simon Armitage: Just how it came to rest where it rested, miles out, miles from the last farmhouse even, was a fair question. Zitat „Der Reifen“: Der Reifen Wie er dort, wo er lag, zur Ruhe gekommen war, Kilometer vom nächsten Bauernhof entfernt— gute Frage. Abgeladen von einem Orkan oder Flugzeug vielleicht, aus welchem Grund auch immer, als Grenzmal oder Markierung, dann vergessen. Traktorgröße, knapp zwei Meter Durchmesser, wie abgestreift, bewußtlos, warm unter der Hand; seine schnittübersäte Nashorn- oder Seelöwenhaut hütete eine Gallone Regen in ihren Eingeweiden. Mit Gräsern und Wurzeln festgezurrt am Planeten- wir kappten sie. Aufgerichtet schien er betrunken oder berauscht, wollte nur eines: fallen, sich als Spirale zurück in seinen Kreis aus Schlummer drehen, ein weiteres Jahr in seinem Torfnest schlafen. Wir stießen ihn über die Heide, trieben ihn vor uns her, schubsten ihn, dirigierten ihn von der Seite, spulten einen Faden ab, der ganz die Form seines Profils hatte, ganz nach seiner Art war, rollten sein Gewicht durch Mauerreste, spürten den Stoß, wenn er auf Steine traf, begleiteten sein Schlafwandeln hinab zu Wiesen, Feldern, bis zu ebenem Grund. Wir waren ein Ganzes, das zusammenhielt, wir fünf — Hände, die ein stolzes Schiff gemeinsam lenken, oder eine Hand, die mit einem Ring, mit einer Münze spielt. Quelle (Englischer und deutscher Text): Simon Armitage: Zoom!, Übersetzung: Jan Wagner, Berlin Verlag 2011, S. 72/73 O-Ton Simon Armitage: It's as if those early years, those very formative years anyway, were a kind of pagan experience, there were moments of surprising magic and transformation. Übersetzung: Es ist fast so, als wären diese frühen und prägenden Jahre so etwas wie eine heidnische Erfahrung gewesen. Es gab Momente von überraschender Magie. Zitat „Der Reifen“: Auf der Straße wurde er schneller, lief sich frei, schaltete Gang um Gang hoch, reagierte nicht auf Knüffe und Tritte; widerstand der Gewalt, bis jeder Versuch, sich mit ihm anzulegen, Knochen gegen Motor oder Maschine gesetzt hätte, um hineingezogen, gebrochen, ausgespuckt zu werden, um ein Glied ärmer. So zog er dahin, lehnte sich in die Kurven und Ecken, zentriert und ausbalanciert, ritt auf der Straßenwölbung, mitgerissen von seinem eigenen Schwung. Wir malten uns aus, was irgendwo vor uns geschah: das Leben mittendurch geschnitten, die Gärten halbiert, ein Fahrer, von seinem Motorrad geschleudert, eine umgeworfene Telefonzelle, ausgelöschte Kinder, Polizei und Krankenwagen bereits vor Ort, Bremsspuren und der Geruch von brennendem Gummi, der Reifen selber in ein Haus gebettet oder in den Rinnstein, wo er sich totstellte. Doch unten im Dorf war der Reifen weg, und mehr noch: hatte man ihn nie gesehen, nie von ihm gehört, rollte er sich nicht wie eine Katze auf dem Friedhof zusammen, war nicht wie ein Reptil auf dem Spielplatz gestellt oder wie ein Riesenfossil gefunden und präpariert worden. Nicht eine Spur. Wie aufgelöst in Luft. Quelle (Englischer und deutscher Text): Simon Armitage: Zoom!, Übersetzung: Jan Wagner, Berlin Verlag 2011, S. 73 - 75 O-Ton Simon Armitage: I am trying to re-create that sense of anything being able to happen, something magical and absurd that belonged in a very ordinary, common-place, domestic setting. Übersetzung: Ich möchte dieses Gefühl, dass alles möglich sein könnte, wiedererstehen lassen: Etwas Magisches und Absurdes, das in eine sehr normale und alltägliche Umgebung gehörte. Zitat „Der Reifen“: Mit Stimmungen und Ahnungen vertrauter als mit Wissenschaft und Fakten, wußten wir: Der Reifen war zu schnell gewesen für seine Größe und Masse, hatte irgendeine Geschwindigkeitsgrenze durchbrochen, sich dem Getrieben-, dem Gegängeltsein entwunden, war einen Augenblick über sich selbst hinausgegangen in eine andere Sphäre, und verschwunden. Quelle (Englischer und deutscher Text): Simon Armitage: Zoom!, Übersetzung: Jan Wagner, Berlin Verlag 2011, S. 75 Atmo: im Freien auf einer nassen, matschigen Wiese, Schritte im Matsch, es regnet, darüber: Autorentext: Wandert man auf der Landkarte der britischen Poeten weiter nach Süden, trifft man auf Alice Oswald. In ihrer Wahlheimat Devon am Fluss Dart lebt Oswald bereits seit 20 Jahren. Auch hier, im Südwesten von England, kann es sehr feucht und regnerisch sein. Atmo: im Freien auf einer nassen, matschigen Wiese bei Regen, wird fortgesetzt, darüber: O-Ton Alice Oswald: This stretch of the Dart is tidal it is part of the estuary and that has become for me really what I feel is my true home because I love the way an estuary changes all the time it never has got the same level of water, and I am a quite restless person so that is where I like to live. Übersetzung: Dieser Teil des Dart ist den Gezeiten unterworfen, weil er zum Mündungsgebiet gehört. Diese Landschaft wurde für mich zur wahren Heimat, denn ich liebe diese ständigen Veränderungen des Wassers. Weil ich ein rastloser Mensch bin, gefällt es mir hier so gut. Atmo: am Fluß im Schilf, sehr leises Wasserplätschern, es regnet, darüber: Autorentext: Alice Oswald hat den Fluß und die Menschen, die an seinen Ufern leben, zum Thema ihres 48-seitigen Langgedichts „Dart“ gemacht. Das Gedicht zeichnet dabei die Abfolge der unterschiedlichen Landschaftsformen entlang des Flusses nach. Der Dart entspringt in der kahlen Moorlandschaft von Dartmoor. Mit großer Geschwindigkeit und starken Stromschnellen fließt er anschließend durch ausgedehnte Eichenwälder. Dann mäandert er durch charaktervolle Hügellandschaften und weitet sich bis zu einer Breite von fast einem Kilometer bevor er schließlich bei Dartmouth ins Meer mündet. Alice Oswald selbst lebt etwa 10 Kilometer von der Mündung des Dart entfernt. Atmo: unter Bäumen, es regnet, darin: O-Ton Alice Oswald (im Freien): So on a clear day from here you can see the sea but it's too misty today. Dartmouth is up to the right, up that way and Dartmoor is to the left. If it is not cloudy you can see both of them, the river's beginning and its ending. Übersetzung: An klaren Tagen ist von hier das Meer zu sehen, aber heute ist es zu neblig. Dartmouth liegt rechts und Dartmoor zur Linken. Wenn es weniger wolkig ist, kann man beides sehen: Den Beginn und das Ende des Flusses. Atmo: unter Bäumen bei Regen, wird überblendet in: Atmo: Schritte im Garten, Waserplätschern, dann Eintreten in die Hütte, man hört kurze Kommentare von ihr, Stühlerücken, Rascheln usw. darüber: Autorentext: Während es weiter regnet, setzen wir unser Gespräch in einer kleinen Gartenhütte neben Alice Oswalds Haus fort. In diesem Refugium mit seinen dünnen Holzwänden entstehen die Gedichte von Oswald. Auf dem Schreibtisch vor dem Fenster verteilen sich viele kleine Hefte mit orangefarbenem Einband. In kleiner minutiöser Handschrift sind darin Gedichtentwürfe zu erkennen. Ein Computer ist nicht zu sehen. O-Ton Alice Oswald: I love to sit at a table actually making writing with my hand. I regard it as a form of almost modelling or sculpture. Übersetzung: Ich mag es sehr, mit der Hand zu schreiben. Das ist für mich wie das Modellieren einer Skulptur. Autorentext: Auf der Fensterbank liegt ein dicker Stein. Alice Oswald hat ihn während einer Wanderung eigenhändig aus dem Schlamm von Dartmoor gezogen. Beim Schreiben von „Dart“ hat sich die Autorin aber nicht allein auf ihre eigenen Erkundungen der Flusslandschaft verlassen. Zu den Vorarbeiten gehörten auch viele ausführliche Gespräche mit anderen Flussanrainern. Diese Vielstimmigkeit ist für Oswald Programm und sie bestimmt auch die Form von „Dart“ ganz entscheidend. Atmo: Gartenhütte innen, wird überblendet in: Atmo: Wasserplätschern des Flusses, darüber: O-Ton Alice Oswald: It's a kind of evolving conversation between the river and the people who live or work on the river. So because of this the form of the poem is continually changing. And I think what appealed to me about water as a subject is its mobility, its agility its continual change. Übersetzung: Es ist wie ein Gespräch, zwischen dem Fluss und den Menschen, die an seinen Ufern leben oder arbeiten. Deshalb verändert sich die Form des Gedichts ständig. Wasser hat mich als Thema fasziniert, weil es so beweglich ist und sich immer verwandelt. Autorentext: Oswald hat sowohl mit Naturforschern, Wilderern und Kanuten gesprochen als auch mit Arbeitern in Fabriken und Klärwerken am Fluss sowie mit Bauern, Fischern und Schiffsleuten. Autorentext: Im Gedicht wechseln sich die verschiedenen Stimmen der menschlichen Flussanrainer ab und treten gleichberechtigt neben die Stimmen der unterschiedlichen Verkörperungen des Fluses. O-Ton Alice Oswald: They achieve an identity for a moment and then they merge back into the river and it is as if they haven't fully emerged from water and they are being caught back all the time. Übersetzung: Für einen Moment gewinnen sie eine Identität und dann verschmelzen sie wieder mit dem Fluss. Als ob sie noch nicht ganz aufgetaucht wären und immer wieder aufgesogen würden. Autorentext: Am Dart sind nicht nur Vogelfreunde auf der Pirsch, sondern auch Aalbeobachter, die nach diesem besonderen Fisch Ausschau halten. Sie stehen dann zum Beispiel unter einer Brücke am Fluß und verharren regungslos, während sie auf das Auftauchen der Fische warten. O-Ton Alice Oswald: (two places I've seen eels, bright whips of flow like stopper waves the rivercurve slides through Quelle: Alice Oswald: Dart, Read by the author, Aucio-CD, Faber Audio 2009 Zitat „Dart“: (ich sah Aale, helle Peitschen im Schwunge vom Fluss beleckt mit Kielwasserzunge. Sie ziehen herum, als erstes fällt dir auf, dass Sonnenlicht sich wie ein Glasaal bewegt drei fußbreit unter dem Straßenrumpeln hältst du und atmest gepresst, die Welt lässt dem Auge Ruh. Ein alter Löwenzahn hebt nicht sein Tuch und Eichenblüten rieseln ohne Geruch. bewege sanft den Zweig, den braunen Pelz an jedem Stein, jedem Halm, dem schroffen Fels. Gleich einem Banner aus der Iris deiner Augen: Ein Eisvogel zischt durch den Brückenbogen, selbst ständig in Bewegung, sobald Wellen ihr lichtes Fließen unter Pfeilern ausstellen. Behälst du festen Stand und schaust hinunter tauchen blitzschnell ein paar Aale unter das Wasser wirft sie fast und lässt sie schlingern. Wir beschwerten mal ein Netz mit Schlick Es sank und fing: Motorradkettendick war einer, glotzte, wir warfen ihn wieder zurück Quelle: Alice Oswald: Dart, Faber and Faber 2003 (Englischer Originaltext), Deutsche Übersetzung: Marco Organo Copyright der deutschen Übersetzung: Marco Organo O-Ton Alice Oswald: So for example the seal-watcher or the eel-watcher were people who had spent enough time by the water to become almost metamorphosed by it. Übersetzung: Wer Robben oder Aale beobachtet, verbringt so viel Zeit am Wasser, dass er beinahe davon verwandelt wird. Zitat „Dart“: ohne Zeit, um Aale schwimmen zu sehen will ich an diesem Ort niemals vorübergehen. Die Zeit wächst so langsam das Kies-Leimkraut, bis eine Libelle – bunte Maschine, Zigeunerbraut – sich auf meiner Hand zu landen traut) wessen Stimme spricht dort, wer spricht aus meiner Kehle wer stört mein Privates unter dem Kieselzelt wo ich in Pantoffeln und Zimmerfarben lebe wer spricht in meine Dunkelheit, in die es mich zieht, unter die gewundene Gestalt eines Echos, sind es deine Finger in meinem Dach, ist es dein Plätschern Quelle: Alice Oswald: Dart, Faber and Faber 2003 (Englischer Originaltext), Deutsche Übersetzung: Marco Organo Copyright der deutschen Übersetzung: Marco Organo Autorentext: Immer wieder ist es auch der Fluss selbst, der seine Stimme erhebt. Alice Oswald nimmt dabei häufig Bezug auf die antike Mythologie, der Fluss wird in Form von Nymphen und Najaden personifiziert, wie etwa den Nymphen Syrinx und Echo. O-Ton Alice Oswald: The poem is – I hope – as much a river as the river. Rivers tend to alternate between deep pools and shallow rapids, so they move fast and then they slow down and they will eddy around a pool and the poem does that, I think. I really wanted to recreate the river in imaginative terms, above all not to describe the river but simply to present it as language, to remake it as language. Übersetzung: Das Gedicht ist hoffentlich genauso ein Fluss wie der Fluss selbst. Flüsse alternieren oft zwischen tiefen Bereichen und flachen Stromschnellen, sie bewegen sich schnell und dann werden sie langsamer. Bei meinem Gedicht ist das ebenso. Ich wollte den Fluss in imaginärer Form wieder erschaffen, ihn vor allem nicht beschreiben, sondern in Form von Sprache noch einmal erstehen lassen. Atmo: Zugfahrt innen, Zug fährt zunächst über Brücke, später Stationsansage „Cowdenbeath“, darüber: Autorentext: Der Schotte John Burnside lebt auf der Halbinsel Fife. Von Edinburgh führt der Weg dorthin über die berühmte Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth. Mit ihren drei riesigen Stahlbögen überspannt sie den fast zwei Kilometer breiten Mündungsarm des Flusses Forth. Burnside ist in der Kleinstadt Cowdenbeath im Westen von Fife aufgewachsen. Ebenso wie Simon Armitage empfindet er die Orte seiner Kindheit als prägend für seine Landschaftswahrnehmung. Atmo: Zugfahrt wir überblendet in Atmo: Straßenatmo in Cowdenbeath, dann entsprechend OT Naturatmos in der Umgebung des Ortes O-Ton John Burnside: I think inside your head you have a map, not an actual map of a place but a kind of abstract, platonic map if you like and the texture and colour and gradients in that map come from where you have spent your childhood. So for me the landscape in my head is the grey streets of a coal town and its gravel roads and its paths out through the woods, little lochs, with reeds and birds and stuff, hills and the coast, the shoreline. After many many years of writing poems I often end up in the same landscape even when I am somewhere else. You sometimes think: "Oh, let's do something different!" and yet you can't quite go away from there. Übersetzung: In deinem Kopf existiert eine Landkarte, keine reale Karte eines bestimmten Ortes, sondern eine abstrakte Karte, deren Texturen und Farben von den Orten deiner Kindheit herrühren. Die Landschaft in meinem Kopf besteht aus den grauen Straßen einer Bergarbeiterstadt und den Pfaden hinaus in die Wälder, kleinen Seen, mit Schilf und Vögeln sowie den Bergen und der Meeresküste. Nach vielen Jahren des Gedichteschreibens ende ich immer wieder in der gleichen Landschaft, selbst wenn ich an einem anderen Ort bin. Manchmal denkst du: „Versuch doch einmal etwas Anderes,“ aber du kommst nicht davon los. Atmo: endet Autorentext: John Burnside ist in Deutschland vor allem durch seine Romane und autobiographischen Texte, wie etwa „Lügen über meinen Vater“ bekannt geworden. In Großbritannien jedoch trat er bereits 1988 mit einem Gedichtband ins Licht der Öffentlichkeit und hat seitdem regelmäßig Lyrikbände veröffentlicht. Obwohl oder vielleicht gerade weil Burnsides Heimat nicht unbedingt mit Sonnenschein im Überfluss gesegnet ist, spielt die besondere Qualität des Lichts in seiner Lyrik eine große Rolle. Die erste Sammlung von Burnsides Gedichten in deutscher Übersetzung ist deshalb nicht ganz zufällig „Versuch über das Licht“ betitelt. O-Ton John Burnside: Our light is always changing and it is almost like a Turner painting sometimes, so many different hues and textures within it. The light is very important, yeah. But how do you write light, you know, without being philosophical about it. You can't quite capture the greyness of grey that you find in some parts and at some times of day and some lights in Scotland. We are very good on grey! (lacht) And though you can't talk about that very much in a poem - you would not want to in a way - you have to try and suggest it. Übersetzung: Unser Licht verändert sich ständig. Es ist manchmal fast wie ein Gemälde von Turner, mit all den verschiedenen Farbtönen und Texturen. Ja, das Licht ist sehr wichtig. Aber wie schreibst du über Licht, ohne philosophisch zu werden? Es ist sehr schwer die besondere Art von Grau einzufangen, die in manchen Gegenden und zu manchen Tageszeiten in Schottland zu finden ist. Grau liegt uns sehr! Trotzdem kannst du das nicht zum Thema eines Gedichts machen, sondern nur sehr indirekt darauf anspielen. Autorentext: Burnside entstammt der Arbeiterklasse, in Cowdenbeath im Westen von Fife ist er in einer grauen Bergarbeiterstadt aufgewachsen. Heute lebt er im noblen St Andrews im Nordosten der Halbinsel Fife. Er lehrt dort an der ältesten Universität Schottlands „Kreatives Schreiben“ und „Literatur“. St Andrews liegt besonders exponiert am Meer und Burnsides Büro befindet sich nur wenige Meter von der Küste entfernt. Als Halbinsel ist Fife an drei Seiten von Wasser umgeben und obwohl Burnside nicht direkt am Meer aufgewachsen ist, hat es eine große Bedeutung für ihn. Atmo: Am Meer, Wellenrauschen, Wind, darin: O-Ton John Burnside (im Freien am Meer): So that is the East Sands. There is not much here except the water it's just great at night time or in the evening just walking around here almost in the dark. Just the sound of the water. It is a very special kind of moment. The thing about landscapes is that we forget how varied they are according to time of day and season and those things and weather. Übersetzung: Das ist East Sands. Hier gibt es nur das Wasser und den Strand. Es ist sehr schön bei Nacht oder am Abend, fast bei Dunkelheit hier entlang zu gehen. Nur das Geräusch des Wassers. Das ist ein ganz besonderer Moment. Wir vergessen immer wie sehr sich Landschaften entsprechend der Tages- oder Jahreszeiten oder aufgrund des Wetters verändern. Atmo: endet Autorentext: Auch Burnsides Gedichte sind oft in der Nacht oder in den Übergangsbereichen von Tag und Nacht angesiedelt. Diese speziellen Veränderungen des Lichts faszinieren ihn besonders. Nicht zuletzt wird in diesen Grenzbereichen auch das menschliche Bewusstsein durchlässiger für andere Wahrnehmungsweisen. O-Ton John Burnside: Like me, you sometimes waken early in the dark thinking you have driven miles through inward country, Zitat Gedicht John Burnside: Wie ich wachst du manchmal früh im Dunkeln auf und glaubst du bist durch eine innere Landschaft meilenweit gefahren, spürst um dich herum die Bäume noch tropfnaß, die aufgescheuchten Wasservögel, die sattgefressenen Rinder im Kegel deiner Scheinwerfer taumeln. Manchmal verweilst du tagelang bei einem Wort, einem einzig unverseuchten hörbaren Tropf; er zittert tagelang, Schmelzlaut deines Verstands, fällt dann; bloße Benennung, im Sog der Sprache verblaßt. Quelle (Englischer und deutscher Text): John Burnside: Versuch über das Licht, Aus dem Englischen von Iain Galbraith, Carl Hanser Verlag 2011, S. 6/7 O-Ton John Burnside: I think that is one of the big gifts of poets - at least some poets - is that they pay attention to things that seem trivial or minor to other people, maybe: A flower or a shadow or light on a wall or the way an old persons face changes when they see their grandchild come in the door. And I think that is really important for us: Celebrating the quotidian, celebrating the everyday detail. Übersetzung: Eine der großen Begabungen von Dichtern – zumindest von einigen – ist es, Dingen Aufmerksamkeit zu schenken, die anderen Menschen unbedeutend erscheinen: Eine Blume etwa oder ein Schatten auf einer Mauer oder die Veränderung auf dem Gesicht eines alten Menschen, wenn sein Enkel zur Tür hereinkommt. Es ist wirklich wichtig, den Alltag in all seinen Details zu feiern. Atmo: Schritte auf einem Feldweg, leichter Regen, darin: O-Ton Alice Oswald (in Atmo im Freien): That's one of my favourite flowers, it's called Milkmaids. I have never seen so many of them! It comes out in May, some people call it the Mayflower. It's so delicate! And the way it moves in the wind is so beautiful. Übersetzung: Das ist eine meiner Lieblingsblumen, sie heißt Wiesen-Schaumkraut. Sie blüht im Mai und wird deshalb auch als Maiblume bezeichnet. Sie ist so zierlich! Es ist so schön wie sie sich im Wind bewegt. Atmo: läuft weiter Autorentext: Alice Oswald beschreibt eine kleine zartviolette Blume mit vielen kleinen Blüten an einem gerade aufragenden Stängel. Die Blumen überziehen die Wiese vor uns mit einem hellen Schleier und werden vom Wind leicht hin- und herbewegt. Für Alice Oswald ist das ein gutes Beispiel dafür, was sie mit Ihrem Langgedicht „Dart“ erreichen wollte. Dort vermischen sich die Einzelstimmen der menschlichen Flußanrainer mit den Stimmen des Flusses. Atmo: wird fortgesetzt O-Ton Alice Oswald (in Atmo im Freien): That impression of lots of things moving at the same time is what I want the poem to feel like. It's chaotic but with some structure. And just the fact of each one being individual but as a mass they make a pattern. Übersetzung: Diesen Eindruck von vielen Dingen, die sich gleichzeitig bewegen, möchte ich auch mit meinem Gedicht erreichen. Es ist chaotisch, hat aber eine gewisse Struktur. Es sind einzelne Individuen, aber als Masse bilden sie ein Muster. Atmo: wird fortgesetzt Autorentext: Alice Oswald hat lange Jahre als Gärtnerin gearbeitet und kann deshalb jede Pflanze am Wegesrand sofort identifizieren. Ihr Bezug zur Natur reicht aber noch wesentlich tiefer und steht in engem Zusammenhang mit ihrer poetischen Sprache. Atmo: Wiese wird überblendet in Atmo: Wasserplätschern O-Ton Alice Oswald: I am very interested in the idea that we are surrounded by words that are not quite in our language and that the natural world is always expressing something and we don't quite hear it. And in particular with "Dart" I was very often sleeping outside by the river and there was one night I remember where I could here the noise of the river all through the night and as I drifted in and out of sleep it really kind of formed itself into word patterns in my head. And yeah there is certainly a particular part of the poem which I almost felt was dictated by water where it moved in and out of sense and nonsense. Übersetzung: Mich fasziniert die Vorstellung, dass wir von Worten umgeben sind, die nicht ganz unserer Sprache entsprechen und dass die Natur immer etwas ausdrückt, das wir nicht vollständig hören. Während der Arbeit an „Dart“ schlief ich oft draußen am Fluss. In einer dieser Nächte hörte ich ständig das Geräusch des Flusses. Während ich immer wieder einschlief und aufwachte formten sich daraus in meinem Kopf Wortmuster. An einer bestimmten Stelle des Gedichts hatte ich beinahe das Gefühl, das Wasser habe sie diktiert, als es zwischen Sinn und Unsinn changierte. Atmo: Wasserplätschern geht über in Atmo: Abfolge unterschiedlicher Wassergeräusche von leisem Glucksen bis zu heftigem Tosen Autorentext: Plätschern, Glucksen, Tosen – Alice Oswald lotet die unterschiedlichen Eigenschaften des Wassers aus und überträgt diese in eine lautmalerische Sprachmelodie. Oswalds sprachliche Virtuosität geht jedoch noch weiter, wenn sie die besonderen Qualitäten des Wassers auch zum Vorbild für die formale Gesamtanlage ihre Langgedichts macht. Atmo: wird fortgesetzt O-Ton Alice Oswald: Sometimes the poem is quite formal there are sonnets in there, there are formal pentameters, rhymed ballad meters. I had quite fun exploring all the different forms of English literature but also that it breaks into sort of very free verse. And that was to me really echoing how water is. It has its kind of structures but it breaks free of them and that's what I was following I think. Übersetzung: Das Gedicht folgt manchmal vorgegebenen Formen, es gibt darin Sonette, Pentameter und gereimte Balladen. Es hat mir viel Freude bereitet, all diese Formen der englischen Literatur auszuprobieren, das Gedicht bricht dann aber immer wieder in sehr freie Verse aus. Für mich greift das Gedicht die besondere Qualität des Wassers auf. Es besitzt Strukturen, macht sich dann aber frei davon. Atmo: wird fortgesetzt Autorentext: Es geht für Alice Oswald immer um das Überschreiten einer allein auf den Menschen fixierten Perspektive und damit auch um die Überwindung von Beschränkungen der Sprache. Atmo: Evtl. Wasser endet und jetzt die 'kommunizierenden' Krähen? O-Ton Alice Oswald: I am aware of language being a thin thread of coherence that we trail through our lives but all around it there is beautiful chaotic anti-language going on which is what I try to bring into poetry. Übersetzung: Sprache ist ein dünner Faden, der sich durch unser Leben zieht und Zusammenhänge herstellt. Jenseits davon existiert aber diese schöne und chaotische Anti-Sprache, die ich in die Dichtung einbeziehen möchte. Atmo: Abfolge unterschiedlicher Wassergeräusche endet Autorentext: Alice Oswald möchte in ihrer Lyrik den Gegenstand ihres Schreibens mithilfe der Sprache verkörpern, anstatt nur subjektive Beschreibungen zu liefern. Sie vergleicht das mit einem alchimistischen Verfahren. Gegenstand und Sprache sollen gewissermaßen miteinander verschmelzen. O-Ton Alice Oswald: When I think of poetry I think of it as an invocation really, as a a summoning. It's a kind of patience that allows something outside yourself to impress itself on(to?) the language. Übersetzung: Poesie ist für mich so etwas wie eine Beschwörung, es wird etwas herbeigerufen. Sehr viel Geduld ist von Nöten, bis etwas außerhalb deiner selbst sich der Sprache einschreiben kann. Atmo: Ruhige Atmo am Fluß, darüber (Achtung eigentlich müßte das eine Nachtamo sein!!!): Evtl. Auch Stein, der übers Wasser springt oder hineinplumpst? O-Ton Alice Oswald: Sleep was at work and from the mind the mist spread up like litmus to the moon, the rain hung glittering in mid-air when I came down and found a patch of broken schist unde the water's trembling haste. Quelle: Alice Oswald: Dart, Read by the author, Aucio-CD, Faber Audio 2009 Zitat „Dart“: Ein Träumer (der Schlaf am Werk und vom Verstand blieb Dunst dem Mond wie Lackmus hingestreut, der Regen hing glitzernd in der Luft, als ich hinunterstieg und ein kleines Bruchstück Schiefer im rasend sprudelnden Wasser fand. So hell, eine Platte, eine Kuhle, so flach, hob ich auf und warf ich, als würfe ich meine Seele weg von mir. Und nichts verläuft so klar, wie die Flugbahn des Steins über Wasser und seinem wabernden Licht. er sank, wie eine Feder fällt, sich selbst nicht ganz klar wie schwer er wirklich war Quelle: Alice Oswald: Dart, Faber and Faber 2003 (Englischer Originaltext), Deutsche Übersetzung: Marco Organo, Copyright der deutschen Übersetzung: Marco Organo O-Ton Alice Oswald: I suppose I am just delighted by sound really and delighted by the music of language and the sort of secret language that rhythm can speak that isn't even to do with meaning or image it is simply something that your subconscious understands. And that I suppose the magic of poetry is that rhythmical language that is sort of undermining or supporting whatever the superficial languages say. Übersetzung: Ich bin vom Klang begeistert und von der Musik der Sprache: Diese geheime Sprache des Rhythmus, die nichts mit Bedeutung oder Bildern zu tun hat, sondern einfach nur von unserem Unterbewusstsein verstanden wird. Die Magie der Dichtung liegt für mich in dieser rhythmischen Sprache, die teils untergräbt und teils unterstützt, was die Sprachen an der Oberfläche sagen. Zitat „Dart“: Dann sah ich das Traumselbst des Flusses hinunter zu den Netzmaschen an der Brücke gehen, zu fühlen wie die Kieselkante über des Schlafes Kante streicht und weltenhoch zu schießen, wie ein Kork aus dem finstern seines flüssigen Leibs. Wie ein Wasserfall einen kleinen Zweig mitreißt, der einen Stock, einen Halm, einen Sack, ein Geflecht aus Laub, ein zerbrechliches Körbchen aus Treibgut ich sah alles sich fangen und wieder entlassen im Geträume des Dart, sich selbst nicht ganz klar wie schwer es wirklich war) Quelle: Alice Oswald: Dart, Faber and Faber 2003 (Englischer Originaltext), Deutsche Übersetzung: Marco Organo, Copyright der deutschen Übersetzung: Marco Organo Atmo: Am Strand, Wind, Meeresrauschen O-Ton John Burnside: I think what is really important is to be a human figure out in the open. One day I went out walking and I had no pen or paper or anything with me and it is something that emerges from the rhythm of walking and obviously your walking rhythm is different wherever you go, it depends again on the land itself. And I was walking along and a kind of rhythmic pattern started to form, more like a rhythm than words to begin with and then some words started coming an then a line came and emerged and I thought: „If I can come home with this and it is memorable enough to stay in my head, I can keep it, if not it probably isn't good enough.” And then over the years that method kind of became a kind of second nature. Übersetzung: Es kommt darauf an, ein Mensch draußen im Freien zu sein. Eines Tages war ich beim Wandern und hatte weder Stift noch Papier dabei. Und vieles ergibt sich ja aus deinem Laufrhythmus, der sich je nach Landschaft ändert. Ich wanderte also und es begannen sich rhythmische Muster zu formen, zuerst mehr Rhythmen als Worte, dann kamen einige Worte hinzu und es entwickelte sich eine Zeile. Ich dachte: „Wenn ich mich zu Hause noch daran erinnere, kann ich es aufschreiben und wenn nicht, dann ist es wahrscheinlich nicht gut genug.“ Über die Jahre hat sich daraus ein Methode entwickelt, die mir fast zur zweiten Natur geworden ist. Autorentext: Wie Alice Oswald gewährt John Burnside der Natur und der Landschaft Einfluss auf sein Schreiben, der sich besonders bei den Rhythmen seiner poetischen Sprache zeigt. Für beide ist entscheidend, die Landschaft nicht nur von außen zu beschreiben, sondern sich in diese hineinzubegeben und mit allen Sinnen – nicht nur mit dem Auge – aufzunehmen. Abgesehen vom Wanderrhythmus wirkt die schottische Landschaft aber auch noch in anderer Form auf Burnsides Lyrik ein. O-Ton John Burnside: Well people are always pointing out to me that my poems never stay in one place, everything is always shifting and changing, that is the landscape that I grew up in but also how I experience the world. I feel like the world is like that all the time to me. (lacht) I mean reality is like that ... reality feels like that to me, it feels like constant flux. And in that way this landscape mirrors a frame of mind. Übersetzung: Ich werde immer darauf hingewiesen, dass meine Gedichte sehr sprunghaft sind. Alles wandelt und verändert sich, aber so ist die Landschaft in der ich aufgewachsen bin und so nehme ich auch die Welt war. Für mich ist die Welt immer so, ein einziger ständiger Fluss. In dieser Hinsicht spiegelt diese Landschaft eine Geistesverfassung wieder. Autorentext: Bei Burnside hinterlässt dieser kontinuierliche Wandel aber auch das Gefühl, ihm entgleite die eigene Wahrnehmung. O-Ton John Burnside: There is a kind of sense of wanting to grasp something but yet knowing that if you grasp it, it will all be melting always in your hands, its reality is in its shifting and elusive quality. Übersetzung: Da ist der Wunsch etwas fassen zu können und doch zu wissen, es wird in deinen Händen dahinschmelzen, wenn du es zu greifen bekommst. Diese sich wandelnde und schwer fassbare Qualität ist das Wesen der Sache selbst. Autorentext: Burnside nimmt diese Wandlungen nicht nur bei den Übergängen von Tag und Nacht, sondern auch beim Wechsel der Jahreszeiten wahr. Erneut sind es die Veränderungen des Lichts, die ihn besonders faszinieren. Zitat “An Essay concerning light, 1 Scotlandwell”: Versuch über das Licht 1 Scotlandwell Den ganzen Sommer lang wartete ich auf die Nacht, um ins unverhoffte Gold der Buchenwälder hinauszufahren, an beleuchteten Gehöften vorbei, die wie Kleinholz glommen, gelegt in die Furchen der Dunkelheit, im Vorbeifahren der flüchtige Blick auf kauernde Hunde und wachendes Vieh, zusammengedrängt auf einem Hof, wie aus einem Fleisch, mit wiegenden, laternenähnlichen Köpfen, schwer mit trübem Licht, Licht von den Häusern, fernsehblau, ein beständiges Flimmern, wie der Gedankenfluß, der uns von uns selbst trennt, obschon er uns auch anzufachen scheint, uns glaubhaft macht als Tiere der Gewohnheit, ständig bereit, uns in Bewegung zu setzen. Den ganzen Sommer lang wußte ich, daß man noch einmal hinschauen müßte, daß etwas, was sich hinter dem Licht verbarg, uns entgangen war, dass sich immer nur ein Firnis auf den Dingen zeigte, eine undurchsichtige Patina aus Alterung und Farbe, gepaart mit Licht oder Schatten, ihre Quelle versteckt, im Vertraut en ertrunken. John Burnside: Versuch über das Licht, Aus dem Englischen von Iain Galbraith, Carl Hanser Verlag 2011, S. 117 - 119 Autorentext: Jenseits der Dinge die man direkt sehen, hören und fühlen kann, existiert für Burnside eine Welt der Möglichkeiten. Wie bei den Nuancen des Lichts und der Farbe Grau kann auf diesen Möglichkeitsraum nur sehr indirekt verwiesen werden. O-Ton John Burnside: And I really like the old Celtic mythology and I grew up reading those stories about it where there is a line in the land and if you cross it, you can enter into a different world, you can go into the ferry-land. And then later on, for me experience became like that, partly because of the drugs to be honest, because we all started doing cannabis and LSD. So you started to feel that the world was kind of full of those numinous possibilities, shifting, evasive but nevertheless there. Übersetzung: Ich schätze die alte keltische Mythologie sehr. Mit diesen Geschichten über eine Grenzlinie, bei deren Überschreiten du in eine andere Welt gelangst, bin ich aufgewachsen. Und später wurde die ganze Wahrnehmung für mich so, ehrlich gesagt auch teils wegen der Drogen, die wir damals nahmen, wie etwa Cannabis und LSD. Du bekamst das Gefühl, die Welt sei voll von diesen numinosen Möglichkeiten, sich wandelnd, schwer fassbar, aber trotzdem vorhanden. Autorentext: Mit seiner holistischen Weltsicht nimmt John Burnside im kleinsten alltäglichen Detail immer auch das Ganze war. Seine Lyrik steht im Spannungsfeld zwischen der Feier des Konkreten und Alltäglichen und dem Gefühl, dass besonders in den feinstofflichen Anteilen der Realität – wie etwa dem Licht – sich etwas Ungreifbares andeutet, das - wenn überhaupt - nur aus dem Augenwinkel erfasst werden kann. Etwas, das vorbeihuscht wie die Tiere, die bei einer nächtlichen Autofahrt für Sekundenbruchteile im Scheinwerferlicht auftauchen und schon wieder verschwunden sind, bevor der Mensch sie richtig wahrgenommen hat. O-Ton John Burnside: A theory of Everything Until it deals with gravity and light and how they loose and bind all the ten thousand things I'll settle for that reach of sunlit track that led out to the sea at Mirtiotissa Zitat “Eine Weltformel”: Eine Weltformel Bis sie sich mit Schwerkraft und Licht befaßt und damit, wie diese die zehntausend Dinge binden und entfesseln werde ich mich mit jener sonnigen Strecke des Weges begnügen, der meerwärts nach Mirtiotissa führte: das Geräusch des Wassers, das durch Pinien uns entgegenbrauste aufsteigender Erdgeruch der uns umhüllte – eine Geschichte von Licht und Schwerkraft – nicht mehr – denn so ereignet sich die Welt: kein Stückwerk sondern von Anfang an ein Ganzes so wie wir entstehen: Frau Amsel Mann Quelle (Englischer und deutscher Text): John Burnside: Versuch über das Licht, Aus dem Englischen von Iain Galbraith, Carl Hanser Verlag 2011, S. 66/67 Autorentext: Nicht ganz zufällig hat Burnside seine emphatische Weltformel in Mirtiotissa am Strand der griechischen Insel Korfu angesiedelt. Auch wenn die bestimmende Landschaft in seinem Kopf immer eine schottische bleiben wird, existiert doch oft der Wunsch nach etwas anderem, nach mehr Leichtigkeit, mehr Sonne. O-Ton John Burnside: People who are from this area their character is partly formed by the traditions of Calvinism but also by the landscape and the weather. If you wake up each day and look out of the window and see fog or rain, it changes I think your mentality. And every time I go to France (or Germany) or Italy I feel as though I am two inches off the ground compared to being here. (lacht) Übersetzung: Zum Teil beeinflusst der Calvinismus den Charakter der Menschen aus dieser Gegend, aber es sind auch die Landschaft und das Wetter. Wenn du jeden Morgen aufwachst und beim Blick aus dem Fenster Nebel oder Regen siehst, dann verändert das deine Mentalität. Immer wenn ich in Frankreich oder Italien bin, kommt es mir vor, als schwebte ich fünf Zentimeter über dem Boden. Atmo: Schritte im Matsch, darüber: Autorentext: Auch wenn die britischen Dichter ganz gerne einmal vor den heimischen Wetterverhältnissen flüchten, bleiben Sie doch an ihre heimatliche Landschaft gebunden. Atmo: wird fortgesetzt, darüber: O-Ton Simon Armitage: Those moors are frightening places, you don't want to be up there at the wrong season or in the wrong clothes. That possibility of getting lost either physically or imaginatively by opening the back door that's always been important to me. Übersetzung: Diese Moore sind angsteinflößend. Du solltest dich dort besser nicht zur falschen Jahreszeit oder mit der falschen Kleidung aufhalten. Diese Möglichkeit sich zu verlieren, entweder leibhaftig oder in der Fantasie, war für mich immer sehr wichtig. Autorentext: Im Jahr 2010 hat sich Simon Armitage der Gefahr, im Moor verloren zu gehen auf besondere Weise ausgesetzt. Unter dem Motto “Walking Home” – also “Nach Hause gehen” – legte er den 429 Kilometer langen „Pennine Way“ zu Fuß zurück. Anschließend veröffentlichte er ein Buch über seine Erlebnisse entlang dieses ältesten Fernwanderwegs in Großbritannien. Armitages Wanderung begann in Kirk Yetholm, im Süden von Schottland und führte ihn durch die Moorlandschaften der Pennines bis in seinem Geburtsort Marsden in West-Yorkshire. Um tatsächlich nach Hause zu wandern, musste Armitage den Pennine Way von Norden nach Süden und damit entgegen der üblichen Laufrichtung zurücklegen. Auch in anderer Hinsicht folgte Armitages Wanderung nicht dem üblichen Ablauf: Er legte die Strecke ohne einen einzigen Penny in der Tasche zurück. O-Ton Simon Armitage: I did it as what I thought was a modern day troubadour. I gave readings every night. So I put my itinerary up on my website and I just said: “On a certain day I am going to be in your town or your village, if you want me to give a poetry reading I will come and do that but can I stay at your house and will you feed me.” There was something about bartering and what poetry was worth, whether people would consider it a good swap, a good deal and whether I could get from A to B using poetry as a currency. Übersetzung: Ich sah mich als einen modernen Troubador und hielt jeden Abend Lesungen ab. Im Internet veröffentlichte ich die Route und folgenden Aufruf: „An einem bestimmten Tag werde ich in Ihrem Ort sein und könnte eine Dichterlesung bei Ihnen abhalten, wenn Sie mir dafür Unterkunft und Verpflegung anbieten würden.“ Bei diesem Tauschgeschäft ging es um den Wert von Dichtung. Die Frage war, ob die Menschen diesen Tausch als ein gutes Geschäft ansehen würden und ob die Dichtkunst mir erlauben würde von A nach B zu kommen. Autorentext: Armitage nahm sich ein anspruchsvolles Programm vor: Täglich 20 bis 25 Kilometer durch bergiges und unwegsames Gelände wandern, anschließend jeden Abend eine Lyriklesung. O-Ton Simon Armitage: It was all a bit home-made and it was pretty wonderful really, very heartening. I grew up in that kind of community where you made your own entertainment. A stranger came into town and you went on to see what they had got to offer. I found the Idea of community very rewarding, I found the weather very depressing. Not so much rain, it was quite wet, but just the mist the cloud. Übersetzung: Alles war ein bisschen hausgemacht und es war wunderbar und sehr anrührend. Auch in meinem Geburtsort musstest du immer für deine eigene Unterhaltung sorgen. Kam ein Fremder ins Dorf, ging man hin, um zu sehen, was er zu bieten hatte. Diese Art der Gemeinschaft war sehr bereichernd, aber das Wetter war so deprimierend. Nicht der Regen, sondern vor allem Nebel und Wolken. Autorentext: Besonders extrem sind die Bedingungen auf dem höchsten Berg entlang des „Pennine Way“. Beim Aufstieg zum Crossfell befindet sich Armitage nur in Begleitung eines einzigen Mitwanderers, der zwar behauptet sich auszukennen, was sich aber als falsch herausstellt. O-Ton Simon Armitage: It's one of those places where you get the map out and there is nothing on it, no roads, no rivers especially, it's like a map of the sea! You could be stumbling around up there for hours if you're not knowing what you're doing. Übersetzung: Auf der Karte ist dort einfach gar nichts eingezeichnet, weder Straßen noch Flüsse. Es könnte genauso gut eine Meereskarte sein! Dort oben kannst du stundenlang umherirren, wenn du nicht weißt wohin. Autorentext: In seinem Buch „Walking Home“ beschreibt Simon Armitage wie die beiden Wanderer vollkommen die Orientierung verlieren. Glücklicherweise werden die beiden umherirrenden Gestalten von einer anderen Gruppe aufgelesen, mit deren Hilfe sie wieder den Weg finden. Nach diesen und weiteren ähnlichen Erfahrungen entlang des „Pennine Way“ kann es nicht verwundern, dass Simon Armitages Resümee sehr hart ausfällt. O-Ton Simon Armitage: I think the landscape above a certain altitude here has a real antipathy towards a human presence. Übersetzung: Ab einer bestimmten Höhe sträubt sich die Landschaft hier gegen die Anwesenheit von Menschen. Autorentext: Den Eindruck, der Mensch sei an bestimmten Stellen fehl am Platz hat er bereits zuvor in seinem Gedicht „Pferde, M62“ thematisiert. Während wir oberhalb von Huddersfield auf Castle Hill bei strömendem Regen im Auto sitzen, beschreibt er die Autobahn M62, der das Gedicht seinen Namen verdankt. Atmo: Bereits unter dem vorhergehenden Text komm Autoatmo innen mit Regengeräuschen hoch und wird fortgesetzt, darin: O-Ton Simon Armitage: That stretch of motorway is absolutely astonishing. It just has got no right to be there. It seems utterly insane. It's six lanes of tarmac across that moor. It's just beyond that horizon there, where the masts are, it's called Pole Moor and the motorway is just behind and runs in that direction and eventually comes out over in Rochesdale and Manchester. Übersetzung: Dort dürfte keine Autobahn sein. Das erscheint vollkommen verrückt: Sechs Spuren Asphalt mitten durchs Moor. Sie befindet sich dort drüben, jenseits des Horizonts. Die Gegend heißt Pole Moor und die Autobahn verläuft direkt dahinter. In westlicher Richtung führt sie bis nach Manchester. Autorentext: In “Pferde, M62” zeigt sich erneut Simon Armitages besondere Aufmerksamkeit für die absurden und surrealen Aspekte des Alltags, die in vielen seiner Gedichte zu finden ist. O-Ton Simon Armitage: Horses, M62 Sprung from a field, a team of a dozen or so is suddenly here and amongst, silhouettes in the butterscotch dusk. Zitat „Pferde, M62“: Pferde, M62 Einer Koppel entsprungen, eine Herde von etwa einem Dutzend, plötzlich mitten unter uns, Silhouetten im Abend aus Karamel. Eines spukt zwischen Lieferwagen herum, überquert drei Spuren, sein Schachfigurenkopf durchschwimmt den Abgasfluß; eines springt über die Leitplanken zwischen den Fahrbahnen, ein drittes wird langsamer, bleibt stehen und senkt den Kopf, beschnüffelt die Straße, leckt den Asphalt nach Salz ab. Stillstand. Pulsierendes Motorenol. Schwarzes Blut. Quelle (Englischer und deutscher Text): Simon Armitage: Zoom!, Übersetzung: Jan Wagner, Berlin Verlag 2011, S. 142 - 147 O-Ton Simon Armitage: You get a real sense of man at the limits of his capacity for trying to tame nature up there. So when the horses came onto the carriageway that day it was a kind of gift for something that I had wanted to say about that stretch for a long time. Übersetzung: Der Mensch kommt dort an die Grenze seiner Fähigkeit, die Natur zu zähmen. Als an diesem Tag die Pferde über die Autobahn liefen, war es wie ein Geschenk für mich und ich konnte etwas zur Sprache bringen, was mich schon lange beschäftigt hat. Zitat „Pferde, M62“: Irgendein Fernfahrer schwingt sich aus seinem Fahrerhaus, um sie zusammenzutreiben, aber die störrischen, halbwilden Gäule jagen kreuz und quer durch Gassen aus Karosserien und Chrom, verlieren sich in der Ferne; dann ein Stoß, und gleich neben uns ist ein Pferd, drückt die sich windende Matte seines Fells gegen die Scheibe- – ein Glasgefäß voller Würmer – eine Flanke von vollkommen wirklichem Pferd ... Es springt, ganz Arsch und Schweif, durch ein Tal aus Firmenwagen. Neu gruppiert, klappern sie davon, machen dann kehrt, erschreckt von einer Hupe, eine reiterlose Attacke, eine Salve aus Hufeisen und Horn in den stockenden Verkehr hinein, Augapfel, Nüster, Zahn unterm Natriumschein, biblisch, Richtung Osten, gegen den Strom. Quelle (Englischer und deutscher Text): Simon Armitage: Zoom!, Übersetzung: Jan Wagner, Berlin Verlag 2011, S. 142 - 147 Autorentext: Auch sprachlich sieht Simon Armitage in diesem Gedicht eine starke Verbindung zu seiner Heimat West-Yorkshire. O-Ton Simon Armitage: There is a word in that poem "ginnel" which is a very local word meaning a little alleyway or a passage way between houses. It's one of those words that people who know about language often map, you know they map you by what word you use to describe that. Yeah, ginnel, snicket, alley, switchback. Übersetzung: Das Gedicht enthält das Wort “ginnel”. Dabei handelt es sich um einen regionalen Ausdruck für eine kleine Gasse. Leute, die sich mit der englischen Sprache auskennen, können anhand dieses Wortes deine Herkunft bestimmen. Autorentext: Bei Simon Armitage entsteht der sprachliche Bezug zur Landschaft also nicht so sehr über eine Nachformung von Elementen der Natur in der Sprache wie bei Alice Oswald, sondern durch die Verwendung von Wörtern aus einer bestimmten Region. Diese Wortwahl führt neben der geografischen jedoch auch zu einer sozialen Einordnung. O-Ton Simon Armitage: So the minute you open your mouth people feel as if they can plot your position on the grid - they are not always right, but we are very, very alert to that and I think as writers we are very alert to this as well. You know when you use a particular word in a poem or you choose not to use a particular word in a poem, that you are signalling to other people in the country who you are, what you do, and where you are from and maybe what your politics are and your attitudes and it's incredibly subtle but it is also very obvious. Übersetzung: Sobald du deinen Mund aufmachst, glauben die Leute, deine Position im Koordinatensystem bestimmen zu können. Wir registrieren diese Feinheiten sehr genau und das gilt erst recht für Schriftsteller. Wenn du ein bestimmtes Wort in einem Gedicht verwendest oder dich entscheidest ein bestimmtes Wort nicht zu verwenden, signalisierst du deinen Landsleuten, wer du bist, was du machst, wo du herkommst und vielleicht sogar wie deine politische Ausrichtung ist. Das ist sehr subtil, aber gleichzeitig auch sehr offensichtlich. Autorentext: In diesem komplexen Spannungsfeld von Sprache, Landschaft und Kultur ist Simon Armitage die regionale Bindung und Verortung seiner Lyrik immer ein bewusstes Anliegen. O-Ton Simon Armitage: In that sense my poems exude a sense of place even if they are not describing that landscape or region, linguistically they are definitely of the north of England. Übersetzung: Meine Gedichte besitzen einen starken Ortsbezug, selbst wenn sie nicht diese Landschaft oder diese Region beschreiben. Sprachlich gehören sie ganz bestimmt in den Norden Englands. 1