DEUTSCHLANDFUNK Redaktion Hintergrund Kultur / Hörspiel Redaktion: Tina Klopp Feature Verschwörung der Frauen oder: Der Tag, als Casanova aufflog Von Rosvita Krausz Produktion: DLF 2015 Sprecher 1 Andreas Potulski Sprecher 2 Robert Dölle Regie: Burkhard Reinartz Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Sendung: Freitag, 31. Juli 2015, 20.10 - 21.00 Uhr Verschwörung der Frauen - oder: Der Tag, an dem Casanova aufflog Von Rosvita Krausz Redaktion: Tina Klopp Im O-Ton wirken mit: Isabelle Jacobs 4 Jahre Geliebte, parallel mit Elisabeth und Daniela Leonie Kindermann Exfrau Daniela Schottmeyer kurzzeitige Affäre Elisabeth Eisenberg 3 Jahre Pendelbeziehung Carmen Reiss Therapeutin Wolfgang Ullrich Prof. für Kulturwissenschaften Sprecher 1 kurze Vorstellungen, Zitate Sprecher 2 Zitate Akzent 1.O-Ton Elisabeth: Für mich, für mein Leben ist, dass die eine Frau das aufgedeckt hat: grandios! Ich hab gemerkt, dass es Lüge gibt, aber ich hab nicht gemerkt, dass es andere Frauen gibt 55 22 in dieser Zeit. Ich hätte das nie vermutet. Niemals. Und als die anrief und sagte, es gab andere Frauen, und so viele, ich bin fast umgefallen vor Staunen. Z: 25" 2.O-Ton Isabelle: Dass er andere Frauen hatte, hab ich nie gemerkt. Hab hinterher auch sehr an mir gezweifelt, weil ich es nie gemerkt habe, weil er hatte ja nicht nur eine. Z: 14" 3.O-Ton Elisabeth. Was ich überhaupt nicht und wirklich über-überhaupt nicht gedacht hab ist, dass da andere Frauen sind. Das ist für mich kein Mann gewesen, wo ich gedacht habe, da sind noch 10 andere dran. Überhaupt nicht. Gar nicht. Z: 15" 4.O-Ton Daniela Als Susanne mich angerufen hatte, war ich schon sehr erstaunt, jein, mir schwante irgendwas, aber dadurch, dass ich die Sache beendet hatte, hats mich nicht weiter tendiert. Ich hab glaube ich gelacht, - innerlich 5.O-Ton Leonie: 800 Als mir dann klar wurde, dass Christoph wahrscheinlich schon in der Schlussphase unserer Ehe weitere Frauen parallel hatte und mir berichtet wurde, dass er über Jahre hinweg zum Teil vier Frauen gleichzeitig hatte und überhaupt sein Verschleiß an Frauen ein Dutzend mindestens betrug, also eigentlich war ich überrascht. Akzent: V e r s c h w ö r u n g d e r F r a u e n - oder: d e r T a g a l s C a s a n o v a a u f f l o g Feature v o n R o s v i t a K r a u s z Sprecher 2: Jede Liebesgeschichte beginnt mit einem Urknall - wie sonst könnte eine neue Wirklichkeit entstehen. Oft erwischt man den richtigen Zeitpunkt mit dem falschen Menschen. Oder den richtigen Menschen zum falschen Zeitpunkt. Richtig-richtig sagt man, mache glücklich. Aber auch Glück ist eine Frage der Zeit. Wann also ist eine Liebesgeschichte glücklich. Sprecher 1: Christoph Nadolny im Dating-Portal XY. 6.O-Ton Elisabeth: Damals war so die Zeit, wo die Internet-Portale begonnen haben. Diese Dating- Portale und ich hab mich da angemeldet und hab Christoph dort gefunden mit dem was er da über sich geschrieben hat und hab den Text gelesen und er war wunderwunderschön. Und da hab ich ihm geschrieben: wenn diese Worte in deinem Kopf sind, dann wäre ich auch gern da drin. Z: 21 Sprecher 1 Elisabeth Eisenberg. Opern-Sängerin. 3 Jahre Pendelbeziehung mit Christoph. Zeitgleich mit Susanne und Isabelle. Alle Namen sowie einige persönliche Merkmale wurden zum Schutz der Beteiligten geändert. Sprecher 2: Was wünsche ich mir von Dir? Du solltest schon einmal über Dich nachgedacht haben und wissen, wo Du im Leben stehst. Blaue Flecken auf der Seele sind gut, weil gebrannte Kinder sensibler und achtsamer sind, aber das Wissen in sich tragen, dass Wunden heilen. Du solltest laut und herzlich lachen, wenn Dein Herz voll Freude ist und Dich trauen zu weinen, wenn es traurig ist. Kannst Du noch staunen über das, was am Wegrand wächst und blüht? Hüpfst Du auf einem Bein, wenn Dir danach zumute ist? Kannst Du den Zustand der Melancholie genießen? Findest Du auch, dass treffsichere Ironie manchmal sau gut sein kann? Bewegst Du Dich gern - körperlich und geistig? Liebst Du Dich, das was Du lebst und stehst zu Dir? Magst Du, wenn Geben und Nehmen selbstverständlich sind? Bist Du einfach ein gestandener Mensch - mit Zielen, Wünschen, Hoffnungen, Träumen, Freude am und Neugier aufs Leben. Auf Derartiges freu ich mich! 7.O-Ton Elisabeth: Im Nachhinein muss ich sagen, ich weiß, dass dieser Text abgekupfert war aus einem Buch - Kurakin hieß das von Hanna Molden -, aber er hat natürlich gesagt, es ist von ihm. Z.10" Sprecher 1: Casanova-Checkliste nach Carmen Reiss: Sprecher 2: Die Jagd nach Frauen besitzt DIE zentrale Bedeutung in seinem Leben. Sprecher 1: Seine Beziehungen haben, egal wie dauerhaft oder intensiv sie sind, immer etwas Improvisiertes oder Zufälliges. Bei Trennungen endet seine Trauer in dem Moment, in dem er eine neue Partnerin findet. Akzent: 8.O-Ton Carmen Reiss: Normalerweise wird der Casanova irgendwie fast wie ein Held gefeiert in unserer Gesellschaft. 9" Sprecher 1: Carmen Reiss, heilpraktische Psychotherapeutin. Spezialgebiet: der Casanova- Komplex. 9.O-Ton Carmen Reiss: Er schafft es, viele Frauen zu erobern, er ist begehrt, er ist in dieser Hinsicht auf jeden Fall erfolgreich, der hat einen Status, den bewundert man! Das ist der Mythos. Z 15" Akzent: 10.O-Ton Wolfgang Ullrich: Ich glaube, das erste Mal, wo ich ihn gesehen hab war bei einem Abendessen, was in einer Kunstgalerie veranstaltet wurde. Da waren wir vielleicht eine Runde von 10-12 Personen und der betreffende Herr hat eigentlich die ganze Runde mit spannenden Erzählungen, brillanten Geschichten, bestens unterhalten. Er war sehr gewitzt, er war sehr gebildet in verschiedenen Bereichen. Z 30" Sprecher 1: Wolfgang Ullrich, Kunstprofessor. Entfernt bekannt mit Christoph Nadolny. 11.O-Ton Wolfgang Ullrich: Man merkte, da ist jemand, der eine klassisch humanistische Bildung besitzt, aber auch jemand, der eine große betriebswirtschaftlich ökonomische Bildung besitzt, auch jemand, der eine theologische Bildung besitzt. Also er konnte wirklich in mehreren weit auseinander liegenden Bereichen glänzen. Nicht nur mit Kenntnissen, sondern auch einfach mit der Art und Weise wie er Dinge erzählt hat, miteinander in Verbindung gebracht hat, es war auf die Weise ein wirklich hochspannender, witziger, abwechslungsreicher, erfüllter Abend für alle Anwesenden. Insofern kam mir nie der Verdacht, dass es sich bei ihm um so etwas wie einen Hochstapler, Heiratsschwindler, Betrüger handeln könnte, der eigentlich weite Teile seines Lebens auf Fiktion gebaut hat. Z: 46" 12.O-Ton Isabelle: Was hat ihn attraktiv gemacht? Also körperlich war er nicht sonderlich attraktiv, er hatte sehr schöne Augen und er hatte Augen, die einen auch wirklich angeschaut haben. Also die Augen waren sein großer Pluspunkt. Er war auch ein großer Mann, das war für mich wichtig, weil ich auch nicht klein bin (lacht). Z 19 Sprecher 1: Isabelle Jacobs. Fotografin. 4 Jahre lang "Hauptfrau" von Christoph, parallel mit Elisabeth. 13.O-Ton Isabelle: Er hat gut zuhören können, das hat ihn sehr charismatisch gemacht und er hat auch wirklich zugehört. Er ist darauf eingegangen. Er hat wenn er wollte sich auch viel Zeit genommen für einen und er konnte auch super Komplimente machen. Z 19" 14.O-Ton Leonie Ich saß in meinem Büro in der Universität, war bei der Arbeit und plötzlich klingelte das Telefon und es meldete sich eine Frau, etwa in meinem Alter, was man an der Stimme hören konnte, war sehr nervös, sehr aufgeregt, so dass ich sie erstmal beruhigen musste und sagen: ja wer sind Sie denn nun und was ist los. Sie outete sich dann als eine von zahlreichen Geliebten meines damals schon geschiedenen Mannes. Wir haben dann durch ein kurzes Gespräch festgestellt, dass sie ähnliche Erlebnisse hatte wie ich sie gemacht hatte in der Zeit unseres Zusammenseins. Z 44 Sprecher 1: Leonie Kindermann: Lehrerin, Exfrau. 12 Jahre an der Seite von Christoph. 15.O-Ton Leonie: Ja, das eine war eben seine Unzuverlässigkeit, er machte Termine aus, erschien dann nicht und versuchte Ausreden zu finden, Erklärungen. Er war oft gar nicht erreichbar. Hat dann vorgegeben, er habe Depressionen gehabt, oder er habe einen "Schreibanfall" gehabt, musste wieder eines seiner Groschenheftchen schreiben, seine Arztromane. Aber Susanne hat bald festgestellt anhand von harten Indizien, dass das Lügen waren und so wurde sie misstrauisch und eifersüchtig und konnte dann an den SMS seines Handys erkennen, dass er mit anderen Frauen verabredet gewesen war zu Terminen, wo er angeblich nicht erreichbar war. Z. 40 Akzent: 16.O-Ton Isabelle: Er war ja wenig da. Er hat sich absentiert. Meinte, er bräuchte Zeit für sich usw. usf. D.h. wir haben uns immer weniger gesehen und ich hab ja dann auch die Beziehung beendet. Und im Nachhinein wie mich dann Susanne kontaktiert hat, hatte ich auch das Gefühl, okay das stimmt auch, das was du erlebt hast, bestätigt nur nochmal dieses: er ist eigentlich schon bei jemandem anders gewesen. Es war nicht kränkend für mich, das dann zu erfahren, sondern hat die Sache rund gemacht hat, dass ich es dann wirklich verstanden habe, warum es so gewesen ist und es war endlich auch ein Stück weit eine Erleichterung zu wissen, okay, du bist nicht diejenige, die Schuld war und was falsch gemacht hat. Sondern das war er, der das Problem hat. Aber nichts desto trotz, es hat wehgetan. Die Susanne hat die Geschichten ja gesammelt und die zu lesen, hat auch weh getan; ich hab's ja einmal gelesen und weg gelegt und ich hab sie jetzt erst 10 Jahre später wieder gelesen. Das war nicht schön. Nein. Z 1.16 Akzent 17.O-Ton Wolfgang Ullrich: Als ich erfuhr welches schlimme Schicksal ihr da eigentlich widerfahren war, lagen schon einige Wochen zurück, wenn ich mich recht erinnere, als sie das selber erfahren hatte sein betrügerisches Verhalten. Was mir vor allen Dingen in Erinnerung geblieben ist, dass sie so eigentlich völlig am Boden zerstört war, weil sie das Gefühl hatte, dass durch diese Offenbarung ihr 3-4 Jahre ihres Lebens genommen sein würden. Weil sie auch diese schönen Momente, die es in diesen 3 1/2 Jahren gab, plötzlich als im Grunde nichtig geworden erfahren hat, weil sie wusste, parallel hatte er andere Beziehungen und seine Gefühle konnten nie so echt gewesen sein, wie er es suggeriert hatte. Und sie fühlte sich einfach um ein Stück Leben betrogen. Z 51 18.O-Ton Isabelle: Also Gemeinsamkeiten zwischen den Frauen, die er hatte? Äußerlich keine. Wir waren total unterschiedlich. Es gab nicht den Typ Frau. Was vielleicht eine Gemeinsamkeit war ist, dass wir alle sehr nett waren. Auch zueinander. Also es war keine dabei, wo ich jetzt sagen würde, sie war so jemand der unleidlich ist oder arrogant oder sonst was. Und ich denke auch nur mit solchen Frauen kann man sowas machen. Die dann lange mit machen und lange vieles entschuldigen. Das hatten wir vielleicht alle gemeinsam. Z 40 19.O-Ton Daniela: Susanne klärte mich auf, und ich bekam da wahnsinnig große Wut, vor allem weil es um die Gesundheit ging, vor allen Dingen ich in meinem Umkreis ein Kleinkind hatte und der erste Gedanke ist immer Aids. Z 13 Sprecher 1 Daniela Schottmeyer. Geschäftsfrau. Kurze Affäre mit Christoph parallel mit Susanne, Isabelle, Helene, Ingrit, Gisela, Monika und anderen. 20.O-Ton Daniela: Ich war da drei Tage lang wirklich, ich weiß gar nicht wie ich das sagen soll, so innerlich so wütend auf ihn, er hat mir auch von Anfang an gesagt ich brauche keine Angst zu haben, ohne Kondome, wir brauchen keine Kondome, ich hab dann sofort einen Aidstest machen lassen und diese drei Tage, wo man ja warten muss, erst die Peinlichkeit, dass man zum Arzt gehen muss und sagen muss, ja ich habe diesen Verdacht, ich habe hier jemanden der könnte usw, das ist ja auch peinlich, hier auf dem Dorf kennt ja auch jeder jeden, die drei Tage waren die Hölle, Man hofft, hoffentlich ist da nichts, das war schon, diese drei Tage die waren mit die Schlimmsten in meinem Leben. Z 40" Akzent 21.O-Ton Elisabeth: Dann hab ich mich entschlossen, 4 Tage zu ihm an den Chiemsee zu fahren, was ich, ich wollte was mitbringen, auch mir zur Freude, ich achte immer sehr darauf, dass es mir gutgeht, ich hab 30 verschiedenfarbige Gerbera gekauft, ich hab einen riesigen Gerbera-Strauss dabei gehabt, hatte ein schickes Cocktailkleid an, bin dahin gefahren an den Chiemsee, ich hab es unendlich genossen. Christoph ist jemand, der sehr die Schönheit in der Welt sehen kann. Er hatte mir vorher gesagt, wenn du dahin fährst, dann musst du so gucken die Berge und dann an der Stelle guckst du links da siehst du den See und es war schon die Fahrt war wunderbar. Z 40 Akzent: 22.O-Ton Elisabeth: Und dann dann hab ich geparkt, bin hoch gelaufen, hab geklingelt und ein Mann hat die Tür geöffnet, den ich überhaupt nicht attraktiv fand. In keinster Form und ich hab mich unendlich erschrocken 4.45. Richtig stark erschrocken. Und er hat mich gepackt und reingezogen hat mich geküsst und dann hab ich gedacht, davon will ich mehr. War aber immer noch vollkommen erschrocken, weil das Bild, was ich von dem Mann hatte, es stimmte nicht mit dem Bild in meinem Kopf. Die Stimme kannte ich. Dann sind wir reingegangen in seine Wohnung am Chiemsee. Im Nachhinein glaube ich ja, dass er parallel mit einer anderen Frau noch woanders gewohnt hat, in München gewohnt hat. Ich war verwirrt, hab ihm meinen Autoschlüssel gegeben und hab gesagt, park mal mein Auto um, ich steh im Parkverbot und hab überlegt, bleibe ich oder fahre ich ab. Er hatte gekocht, er hat das Albinoni-Adagio aufgelegt, es gab schönen Prosecco, dh die Stimmung war auch sehr angenehm. Ja wir haben wunderbar gegessen und dann - ich war verknallt und wollte Sex - und dann hatten wir halt Sex. Z 1.13 Akzent 23.O-Daniela: Er war vom Aussehen her nicht der Schönste, er war sehr, sehr, schlank, sehr groß mit Brille, aber er war einfach lustig. Er war unterhaltsam, das kann man schon sagen. Das war er auf jeden Fall. Z 18" 24.O-Ton Elisabeth: Also einer seiner Lieblingssprüche war: wenn nicht heut wann dann. Also sofort! Das macht ihn sowieso aus. Das muss man bedenken, er ist wirklich immer im jetzt. Das macht dieses Faszinierende. ER ist sehr schnell, er ist immer sehr interessiert, fragt nach und will sehr schnell auch sich mit den Frauen treffen. Also es funktioniert viel über diese persönliche Nähe, die dann entsteht. Also was hat er geschrieben? Ich glaube er hat nicht mal den Beruf angegeben dadrin, sondern eben bei mir in dem Fall den geklauten Text, der sehr schön war, sehr poetisch war. Es geht glaube ich sehr über das Poetische, was er zum Ausdruck bringt. Interessante Berufe, ich glaube irgendjemandem hat er mal erzählt, er würde Texter sein für Musik, es geht viel über das Schriftstellern, viel Wissen über andere Länder, international reisegewandt, das macht ihn aus. Z: 1.23 25.O-Ton Isabelle: Er konnte gut mit Worten umgehen, er konnte Komplimente machen Er hatte auch schöne Ideen, dass man was zusammen gemacht hat, irgendwohin gefahren ist. . Er war ein sehr kulturell interessierter Mensch. Z 27 26.O-Ton Elisabeth: Am nächsten Tag sind wir dann zu dieser Insel gefahren, die Fraueninsel, sind da spazieren gegangen. Dann hat er mir von seinem Leben erzählt, er wäre Jesuitenschüler gewesen und Bluter, ganz viele Geschichten was er macht, eben 7 Sprachen, Heldengeschichten nenne ich das heute immer. Seine Heldengeschichten. Also das wurde immer grösser und schöner...Ja, die Lebensgeschichte von sich, die er mir erzählt hat war ja , dass er in Italien gewohnt hat und mit einer Frau in Italien, die wollte er heiraten, die gehörte zu einem Mafiaclan, und die wäre bei einem Unfall ums Leben gekommen, aber er wäre jetzt mafiös verstrickt in diesen italienischen Clan und müsste Geldwäscherei machen für die, unfassbar. Also ich muss sagen, ich hab das vorher niemals erlebt. Z 59 27.O-Ton Isabelle: Er hat eigentlich eine eigene Realität erschaffen, die man ihm wirklich abgenommen hat, weil sie auch mit dem allen drum herum gestimmt hat. Man hat gedacht, es ist wirklich so, wie er es erzählt hat. Ich bin nie drauf gekommen, dass er da Unwahrheiten sagt. Bis zum Schluss hab ich ihm geglaubt. Z 21 Akzent 28.O-Ton Elisabeth: Was es glaube ich auch an diesem Wochenende ausgemacht hat, er war natürlich extrem intensiv, er war ja 100%ig da. Im Nachhinein denke ich, das musste so sein, weil er musste sich ja immer darauf fokussieren: welchen Film fahre ich mit der Frau grade, wer bin ich hier. Es gab keine Ablenkung, er ist nicht ans Telefon gegangen, hat das alles ausgestöpselt, wenn ich mit ihm zusammen war und immer war er immer 100% für mich da, komplett, vollkommen. Er hat nie kritisiert, ich bin nicht in einem Moment kritisiert worden. Also die Zeiten, in denen ich mit ihm zusammen war waren immer wunderbar. Die Zeiten, wenn er weg war, waren grausam, das beschreibt eigentlich die ganze Beziehung. Z: 44 29.O-Ton Carmen Reiss: Ganz typisch ist immer diese Intensität am Anfang. Der Mann legt einem sofort die Welt zu Füßen, man ist die Königin, man hat die schönsten Augen, die je eine Frau hatte. Ich muss jetzt drüber lachen, weil das sagt er halt zu jeder Frau. Man hat die schönsten Haare, was weiß ich. Er erfindet irgendwas und natürlich möchte man so gesehen werden. E: ist total was Besonderes. Z 35 30.O-Ton Elisabeth: Dasa bleib auch so ungetrübt - sich gegenseitig genießen - ich schwebte im 7. Himmel und zu Weihnachten hab ich einen Abschiedsbrief gekriegt von ihm. Er hätte eine Frau kennen gelernt am Flughafen, die würde halt seiner alten Liebe so ähnlich sehen und es wäre jetzt vorbei. 11.08 Ich war vollkommen geschockt, weil davon hatte ich überhaupt nichts wahrgenommen. Ich hatte vorher große Verwirrung weil ich in den Zeiten, wo ich nicht da war versucht hab, ihn zu erreichen, er ist einfach nicht ans Telefon gegangen, nicht so wie vorher in dieser Phase, wo wir regelmäßig noch telefoniert hatten, das wurde immer weniger. Ja und dann kam eben dieser Abschiedsbrief. Ich bin damals und muss sagen, ich glaube das war auch ich war 37 und wollte jetzt einen Mann finden für Kinder und wollte jetzt ein Leben beginnen und ich glaube, ich bin richtig zusammen gebrochen. Z 104 Sprecher 1: Seine Beziehungen mit Frauen beginnen stets stürmisch und ohne eine tiefergehende Kenntnis seiner Geliebten. Sprecher 2: Bei längeren Beziehungen ist er regelmäßig untreu. Er kann nur bei einer Frau bleiben, wenn er sie regelmäßig betrügt. 31.O-Ton Elisabeth: Also ich hab 14 Tage durchgeweint. Ich weiß; ich hab an der Käse-Theke gestanden und hab gestanden und geheult. Ich hab gedacht, das ist der Mann meines Lebens und jetzt wird das nichts. Also das war ganz, ganz, schlimm für mich. Dann hab ich verzweifelt versucht, ihn irgendwie zu erreichen, hat nicht geklappt. Natürlich hab ich auch gedacht, es wäre ihm was passiert, es war auch immer solche Doppelangst, ist es wegen mir, will er mich nicht, oder ist es was passiert, kann er nicht. Ganz eigenartiges Gefühl. Ich muss auch sagen, ich bin wirklich verrückt gewesen nach ihm. Z. 38 32.O-Ton Carmen Reiss: Das ist bei den Casanovas, da gibt's die Typen, denen ist das total egal sogar, wie sieht die Frau aus, was hat die für eine Bildung oder sowas. Wenn sie die einfach nur rumkriegen wollen. Es gibt einen Casanova-Typus der Frauen wirklich, egal wie die aussehen, wie die sind, wie alt, egal wie, er wird sie so umwerben, bis er das hat, was er wollte, und dann wird er sie fallen lassen relativ abrupt. Meistens ist es ziemlich abrupt. Z 31 33.O-Ton Elisabeth: Diese Trennungen gab es dann regelmäßig, immer wieder. Immer, immer, wieder. Z: 8" 34.O-Ton Carmen Reiss: Manche machen das gleich, mit einem Mal, die melden sich einfach nicht mehr und bei manchen geht das halt Stück für Stück: ich brauche mehr Raum und dann gibt die Frau ihm mehr Raum und dann braucht er noch mehr Raum, dann gibt sie ihm noch mehr Raum und noch mehr Freiheit, fragt ihn nicht mehr - diese Dinge und dann noch mehr und so entfernt sich das dann Stück für Stück. Und sie denkt immer: jetzt liebt er mich immer noch nicht. Jetzt hab ich ihm schon so viel Raum gegeben, und es nützt nichts. Z. 33 35.O-Ton Elisabeth: Diese Trennungen gab es da regelmäßig, immer wieder. Immer, immer, wieder. Das war eigentlich das gesamte Beziehungsmuster: zusammen kommen, trennen, zusammen kommen, trennen. Das Zusammenkommen passierte in der Art, dass ich eine SMS kriegte, in der drinnen stand: Kuss aus Rom, Kuss aus Hannover. Kuss aus Paris. So lief das immer. Z 22 Akzent: 36.O-Ton Elisabeth: Niemand in meinem Bekanntenkreis kennt uns gemeinsam. Er ist nirgendwo mit hingekommen. Es gibt uns nicht als Paar. Mein gesamter Freundeskreis hat gesagt, du spinnst. Was hast du da für einen Spinner, der hat ja mal so Geschichten erzählt: er war in Venedig, da ist ein Kind ins Wasser gefallen und er musste reinspringen und musste die retten. Es gab diverse Heldengeschichten immer, was er erlebt hat. Also ich hatte immer ein eigenartiges Gefühl in mir, so: glaub ich das? Z. 41 Sprecher 1: Er betrügt und lügt aus Gewohnheit, z.B. erfindet er Identitäten, Charakterzüge, Interessen. Seine wahren Gefühle verbirgt er vor der Partnerin und fühlt sich deshalb oft missverstanden und einsam. Sprecher 2: Wir können diese Züge als Symptome betrachten, so wie Fieber, Schnupfen und Gliederschmerzen Symptome einer Grippe sind. Ein einzelnes bedeutet noch nicht viel. (...) Den Casanova hingegen erkennen wir an der Hartnäckigkeit dieser Symptome sowie ihrem geballten Auftreten. Sprecher 1: Casanova-Checkliste nach Carmen Reiss. 37.O-Ton Elisabeth: Und dann kam irgendwann die Nachricht, er könnte nicht, wir waren da verabredet, er könnte nicht, da hat er mich sogar angerufen, ich glaube da hat er angerufen, es hörte sich an wie eine leere Wohnung im Hintergrund und der Freund wäre verunglückt und er wäre jetzt in Wien und auf der Intensivstation und er hätte einen Brief gefunden, da würde drinstehen, dass der Freund keine Eltern mehr hätte, also er hätte das Testament gefunden, und er wäre schwerreich und er wäre der Erbe, das wäre sein erster Schock. Er wäre halt jetzt Millionenerbe, und zweitens wäre er geschockt, das hat er nie gewusst, dass der Freund, dass der ihn so gerne hatte, er hat geweint, das ganze Drama. Natürlich hat es sich immer vollkommen echt angehört. Ich hab mir einen Flug gebucht, bin nach Wien geflogen, hab ihm eine SMS geschrieben, lande sowieso. Ich bin nicht abgeholt worden, ich war sehr verwundert, ich hab mir ein Hotel genommen, hab weiter versucht, ihn zu erreichen und bin unfassbarerweise wirklich durch die Krankenhäuser gelaufen, hab bei den Intensivstationen geklingelt, hab meine Geschichte erzählt, hier wäre Herr Sowieso und niemand wusste das. Irgendwann nach 2 Tagen hatte ich ihn am Telefon, er war vollkommen geschockt, dass ich in Wien war, sagte, nein, der wäre jetzt verstorben, er wäre schon längst wieder in München, würde sich um die Überführung kümmern undsoweiterundsofort. Hochgradiger Blödsinn. Aber ich hab es geglaubt. Z 1.45 Akzent: 38.O-Ton Wolfgang Ullrich: Ja, dass es da doch eine ganz andere Seite noch an ihm gibt, das wurde mir eigentlich erst dadurch gegenwärtig, dass die gemeinsame Bekannte von ihm und mir, mir das offenbarte. 39.O-Ton Elisabeth: Wenn ich sagen muss, was das Schlimmste für mich gewesen ist, ist dass ich angefangen hab an mir zu zweifeln, an meiner Wahrnehmung zu zweifeln, dass ich nicht mehr wußte, was stimmt, was stimmt nicht. Ich wollte natürlich unwahrscheinlich gern dass es stimmt, hab mich sehr hinterfragt. Und eigentlich, dass ich erkannt hab, dass er lügt, und zwar auf so einem hohen Niveau, das ist ja das verblüffende war als ich, ich war mal bei ihm am Chiemsee, er hatte ein Regal gekauft, wir haben dieses Regal gemeinsam aufgebaut, dann war er 14 Tage später in Köln und wir sind spazieren gegangen und stehen vor einem Möbelhaus und er sieht das Regal und sagt, das hätte ich gerne. Dieses Regal hätte ich gern. Das finde ich supertoll. Und ich gucke ihn an und denke, das kann doch jetzt nicht wahr sein. Sag, aber Christoph, das hast Du, das haben wir aufgebaut gemeinsam. Du hast das Regal. Und er grinst so verschämt und guckt so weg und in dem Moment ist mir schlagartig bewusst geworden, dass er lügt. Es hat alles geändert dieser Moment. 20 47 In dem Moment wusste ich: er lügt. Z 1.13 40.O-Ton Isabelle: Er ist kein Hochstapler. Er ist einer, der sich verschiedene Realitäten geschaffen hat. Ein Hochstapler sagt ja dann die Dinge besser als sie sind. Er sagt ja, wenn ich jetzt ein Hochstapler wäre, würde ich sagen, ja ich habe viel Geld. Ich bin Millionär. Das hat er ja nie gesagt. Er hat ja nur andere Realitäten gebaut. Für jede Frau eine andere und die Realität, die er für mich gebaut hat, die hab ich so akzeptiert. Sie war für mich so schlüssig. 36 23 Es war so. Vielleicht war ich auch naiv. Oder ich wollte es nicht sehen. 41.O-Ton Wolfgang Ullrich: Das ist ja im Grunde wie eine Romanfigur, die aber im realen Leben ihren Ort hat. Was man da hat, jemand der vielleicht auch erst auf Grund seiner guten Phantasie, seiner breiten Bildung anfängt, sich so ein bisschen ein neues Leben zu fabulieren. Kommt immer mehr dazu, diese erfundenen Elemente einzusetzen, damit andere Menschen 27 38 zu beeindrucken und irgendwann bringt er das nicht mehr unter einen Hut, also in ein Leben und plötzlich verdoppelt sich das und irgendwann multipliziert es sich und die Person selber kann sicher nicht mehr unterscheiden, was ist jetzt hier Betrug und Lüge und was ist nur ein bisschen übertrieben oder ein bisschen geschönt und was ist einfach eine Fiktion. Das geht dann glaube ich sehr ineinander. Z 51 42.O-Ton Leonie: Auch was seine Arzt-Romane und sein "Schriftstellertum" betrifft gab es natürlich einen wahren Kern. Er hat wie es viele junge Leute tun in seiner Studienzeit Gedichte geschrieben. Aus dieser Freizeitbeschäftigung seiner Jugend hat er dann das Lügengebäude des Schriftstellertums gesponnen, womit er dann Frauen beeindrucken wollte. Und das ist eben bezeichnend für diese ganze Methode von Christoph. Er pickt sich aus seinem eigenen Leben oder aus dem Leben seiner Umgebung einen Punkt heraus und macht daraus ein riesiges Gebäude, das aber bei kurzem Antippen wie ein Kartenhaus einfällt. Z 53" 43.O-Ton Elisabeth: Und dann hab ich angefangen mich immer, immer wenn er erzählt hat zu prüfen, wenn er erzählt hat, glaube ich das, oder glaub ich das nicht. Dann war er zum Beispiel bei mir es war vielleicht sogar an dem Wochenende und dann hat er erzählt, er hätte sich einen Bahnhof gekauft und würde jetzt den Bahnhof umbauen. Ich hab immer wenn er kam, ich hab immer schön gekocht, wir haben uns geliebt, dann haben wir gegessen, vorher oder hinterher, je nachdem und dann hat er halt da gesessen und erzählt und ich hab zugehört, es war so die wesentliche Rolle zuzuhören und am Ende dieses Gespräches hab ich gesagt und jetzt hat Du geträumt mit offenen Augen Und jetzt hast du mir von deinem Traum erzählt. Das ist nicht wahr. Du hast keinen Bahnhof. Und dann hat er immer nur verschämt gegrinst. Z 47 44.O-Ton Leonie: Ich habe mich gefragt im Nachhinein, warum er später so viel gelogen hat und auch schon in der Zeit unserer Beziehung wie ich dann später feststellen musste einige Lügen erzählt hat; ich denke in der ersten Zeit als er um mich warb, da war's sowas wie Imponiergehabe, wie man es aus dem Tierreich kennt. Er wollte sich wichtigmachen. Er wollte sich interessant machen, begehrenswert machen. Das ist ihm auch bei mir ganz gut gelungen. Die späteren Lügen haben ja eine ganz andere Qualität gehabt, die waren schädigend für die Partnerinnen, mit denen er zusammen war und da würde ich zum einen sehen, dass er S-M Tendenzen hat. Er will Menschen quälen. Das scheint ihm gut zu tun. Vielleicht ist er selbst in der Kindheit gequält worden. Es gibt einige Verdachtsmomente, über die ich nichts sagen will, was für Familiengeheimnisse evt. dahinter stehen. Und dass das möglicherweise sein Weg war mit seinen schweren Kindheitserlebnissen umzugehen, dass er nun seinerseits andere Menschen verbal quälte. Der 3. Punkt ist, dass eben Lüge und Wahrheit u.U. schwer auseinander zu halten sind, vor allem wenn man eine sehr bunte Phantasie hat, wie Christoph sie ohne weiteres hatte und dass ihm dann in Zusammenhang mit seinem ohnehin vorhandenen Krankheitsbild dieses Lügen auch gar nicht mehr bewusst wurde. Z. 1.29 45.O-Ton Elisabeth: Es gab eine Zeit, in der hab ich geschrien, in der hab ich getobt, also in dieser ganzen Beziehung sind Facetten von mir und meinem Innenleben deutlich geworden für die ich mich heute noch erschrecken kann, bin sehr, sehr, böse geworden, ich habe sehr böse Mails geschrieben; ich habe mich nie von Angesicht zu Angesicht mit ihm gestritten, das war irgendwie nicht möglich, also wenn ich zB getobt hab, dann hat er mich in den Arm genommen und gesagt: o Gott was du für ein Feuer in dir hast, das ist ja unfassbar. Und schon war das gebrochen. Schon ging es irgendwie nicht weiter. Also es war auch immer so, dass ich dachte, ich wollte gern die Zeit mit ihm gemeinsam genießen und die war einfach immer schön, ich kann es wirklich sagen: wenn er da war, war ich vollkommen glücklich 23 17 wie in so einem Glücksrausch, wahrscheinlich durch diese Intensität und wenn er weg war, bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Dann hab ich natürlich angefangen, bitterböse Mails zu schreiben und hab ihn beschimpft. Das ist alles noch, immer in diesen Phasen von zusammen - getrennt, zusammen - getrennt, dass Sie müssen sich vorstellen, der fährt weg, sie sind ganz glücklich und hören dann 5-6-7 Tage gar nichts, kriegen gar keinen Kontakt, können nicht anrufen. Eine furchtbare Zeit! Nachher war ich es gewohnt, aber die emotionalen Abbrüche bei mir waren immens. Die waren riesig. Z: 1.22 46.O-Ton Carmen Reiss: Der Casanova wirkt, als würde er Frauen lieben, aber in Wirklichkeit hasst er Frauen und er wird Dinge tun, die sie so extrem verletzen, dass dieser Hass sich da dann den Weg bahnt. Er hasst sie wie ein Süchtiger seine Droge eigentlich hasst, weil die Droge einen versklavt und er hasst diese Versklavung in Wirklichkeit. Aber er kann nicht davon loskommen. Z 29 47.O-Ton Wolfgang Ullrich: Einerseits diese Brillanz mit der er auftreten konnte, diese Souveränität, die er in allem hatte, wo es so um das Intellektuelle ging, womit er sicher auch mit tollen Zitaten, mit schlagfertigen Bemerkungen, mit einfach einer großen auch verbalen Kompetenz bei vielen Frauen wohl enorm gepunktet hat, andererseits aber hatte er von seiner Ausstrahlung auch was Tollpatschiges, Unbeholfenes, eben so ein großer schlaksiger Mann, der sich etwas unsportlich bewegt und wo man doch eigentlich das Gefühl hat, ach da ist jemand, den muss man noch ein bisschen geschliffener machen für diese Welt, den muss man ein bisschen auch mit weiblichem Pragmatismus und weiblicher Herzlichkeit jetzt noch ein bisschen für diese Welt tauglicher machen. Insofern sind - nicht unbedingt Beschützer, aber schon so Helferinstinkte, soziale Instinkte bei vielen der Frauen auch geweckt worden. 48.O-Ton Carmen Reiss: Ich würde sagen, gefährdet, auf einen Casanova reinzufallen sind alle Frauen, ohne Ausnahme. Gefährdet, bei einem Casanova zu bleiben längere Zeit, sind nicht alle Frauen. Die Frauen, die nicht so Prägungen in der Kindheit hatten, wo es grade um Sucht ging, die werden den Casanova wahrscheinlich schnell wieder verlassen, wenn sie merken, auf was sie sich eingelassen haben und die anderen Frauen werden versuchen, ihn zu heilen. Weil er ja auch sagt: Du bist die, die mich heilen wird! Z 33 49.O-Ton Elisabeth: Das hat natürlich stark erinnert an die Zeit mit meinem Vater. Mein Vater war Alkoholiker und ich bin, es gab so Zeiten, in denen hat er mich beschenkt, dann ist er mit mir 28.21 einkaufen gefahren. Dann hat er mir nicht ein Kleid gekauft, dann hat er mir drei Kleider gekauft, also das gleiche eigentlich. Er war komplett für mich da und mein Vater hat uns erzogen nach dem Motto: ich schlage meine Kinder nicht, sondern ich strafe sie mit Nichtachtung, also ich kenne dieses, dass nicht mit mir gesprochen wird. Und das hab ich irgendwann hab ich das erkannt, dass dieses wenn er sich nicht meldet, das ist für mich das Schlimmste, das Allerschlimmste 28.48 für mich, wenn nicht mit mir gesprochen wird. Deshalb sag ich, ich glaube ich hab auf Christoph reagiert, weil ich diese Retterin bin, das ich einen Mann retten kann ich. Ich kann auch so mit kaputten Typen umgehen, das war ganz klar, das kann ich. Da stand die Sehnsucht dahinter, das zu heilen. Z 57 50.O-Ton Isabelle: Also er war ein Hibbel, konnte nicht ruhig sitzen. Mal paar Stunden in einem Café sitzen, das war überhaupt nicht drin. 1.00 49 Und er wurde schnell aggressiv, wenn ihm was nicht gepasst hat oder wenn's nicht ging wie er sich das vorgestellt hat, dann war er schnell aggressiv oder schlecht gelaunt. Und er hat einen gerne auf Distanz gehalten. Es war immer so eine Reserviertheit da, wo er gesagt hat, das geht dich nichts an, das ist mein Bereich. Z 40 51.O-Ton Leonie: Es fing damit an, immer wenn ich mal krank war, dass dann Christoph sehr ungehalten wurde. Ich musste immer für ihn funktionieren und da sein. Und er hat auch keinerlei Rücksicht genommen, wenn es mir schlecht ging. Er hat seine Pläne dann immer durchgezogen und ich hab mich dann sehr oft allein gelassen gefühlt. Bei einem gebrochenen Bein z.B. im Dachgeschoss ist es klar... und da hat er mich dann wirklich völlig allein gelassen. Und auch bewusst. Er hat es auch verbalisiert 10 26, dass er mir nicht beistehen will und dass er seine Pläne weiter verfolgen will. Z 53 Sprecher 1: Hinter seiner romantischen Leidenschaft verbirgt sich ein Begriff von Liebe, der als System von Regeln und Forderungen erscheint. Sprecher 2: Die Beziehungen enden gewöhnlich ebenso abrupt, wie sie begonnen haben - mit einem Moment vernichtender Desillusionierung. Akzent: 52.O-Ton Leonie: Ich hab diese allmähliche Wandlung meines Ehemannes zunächst gar nicht so wahrgenommen. Das waren die Außenstehenden die guten Freunde und letztlich war es dann auch ein sehr guter Freund, der mich darauf hingewiesen hat, dass ich von meinem Mann schlecht behandelt werde, er fragte dann noch halb scherzhaft, ob ich sowas brauche, eine sadistische Behandlung wünsche. Natürlich war das nicht der Fall und da sind mir eigentlich dann erst die Augen geöffnet worden. Also die Erkenntnis kam von außen von einem sehr engen Freund und von der damaligen Hausärztin, die mich betreut hat, die hat meine vielen körperlichen Symptome so gedeutet, dass es körperliche Reaktionen auf die sadistische Behandlung durch Christoph waren Z 47 53.O-Ton Elisabeth: Mein Forschen, mein nach Wissen forschen, das begonnen hat nach der Zeit mit Christoph, dass ich mir die Frage gestellt hab: was ist wirklich, was stimmt und was stimmt nicht, wie wirklich ist die Wirklichkeit. Das ist meine große Frage. Ich bin mir bewusst, dass etwas wirkt und dass ich darauf reagiert habe und dass, was ich vermeintlich gedacht hab, was die Wahrheit ist, war eine Lüge, die er mir erzählt hat, und ich habe aber danach gehandelt körperlich. Ich bin gereist, ich hab gefühlt, ich hab geweint, auf der Basis einer Lügengeschichte! Nichts davon war Realität, aber mein ganzer Körper hat es gespürt als wenn es Realität ist. Und das hat für mich nach wie vor eine große Faszination, festzustellen, dass wir körperlich auf etwas reagieren, egal ob es wahr ist oder nicht. Z 59 54.O-Ton Leonie: Sein Verhalten hab ich schon damals als zunehmend krankhaft empfunden. Es ist bekannt, dass psychisch Gestörte manipulativ werden können auf ihre Umgebung und das war bei mir sicherlich ganz extrem der Fall. Ich hatte auch große Angst vor ihm. Vor diesen Zusammenbrüchen, vor dem Jähzorn, den er oft hatte, die Ungeduld, die Ungerechtigkeit. Das war mir also schon klar, dass da pathologische Dimensionen dahinterstehen. Dass das nicht eine Ehekrise ist wie jede andere. Aber es hat mir Angst gemacht. Weil ich nicht mit ihm auf einer rationalen Ebene sprechen konnte. Z 40 55.O-Ton Isabelle: Was sein Problem ist? Also, was sein Problem ist, weiß ich nicht. Also warum er diese ganzen Geschichten braucht und warum er so viele Frauen braucht, kann ich nicht nachvollziehen. Das weiß ich nicht, warum er das macht, oder gemacht hat. Ich denke, es ist eine psychische Störung, dass man nicht mit einem Menschen alleine sein kann, sondern man braucht dann mehrere. Abwechslung, Aufregung. Spannung. Vielleicht ist das Leben zu langweilig, wenn man nur mit einer Frau zusammen ist. Oder es ist eine Art Sucht. Kann auch sein. 56.O-Ton Wolfgang Ullrich: Was auch auffällt ist, dass z.B. einige Beziehungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums endeten. Dass aber dann fast gleichzeitig wieder einige neue Beziehungen auch begonnen wurden. Wo man sich auch schon denkt, wie kann jemand, der auch nur ein bisschen an diesen Dingen beteiligt ist, das emotional auch nur aushalten. Innerhalb von drei Monaten drei langwährende Beziehungen zu beenden und drei neue Beziehungen einzugehen. Z 55 O.71 Carmen Reiss: Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, wie das gehen soll, das auseinander zu halten, was habe ich wem erzählt. Und nicht zu vergessen und nicht dann an der falschen Stelle das Falsche zu sagen, das ist eine Wahnsinnsleistung. Das ist eine Wahnsinns organisatorische Leistung. Auch eine Wahnsinns Gedächtnis Leistung. Und immer wissen an welcher Stelle ist das wichtig, und an welcher Stelle ist das wichtig. Ich stelle mir das unheimlich schwer vor. Z .26 Akzent 57.O-Ton Wolfgang Ullrich: Vermutlich wenn jemand das über einen längeren Zeitraum macht, kann er selber irgendwann gar nicht mehr so genau unterscheiden was ist jetzt wahr, was ist erfunden, was ist halb wahr und verliert ja wahrscheinlich jeglichen Realitätsbezug, und wird dann aber vielleicht immer mal wieder vor unsanfte Tatsachen gestellt , wenn jetzt zum Beispiel eine Partnerin hinter das Spiel kommt, oder wenn irgendeine Panne passiert ein ungeplanter Zwischenfall passiert. Aber sonst scheint er da diese verschiedenen Biografien parallel gelebt zu haben. Ich kann's mir nur so erklären, dass hier jemand unglaubliche Verlustängste hat und unglaubliche Panik hat alleine zu sein, ungeliebt zu sein ohne häuslichen Rückhalt zu sein und deshalb halt vorsichtshalber gleich mehrere Beziehungen eingeht. Z 58.O-Ton Carmen Reiss: Warum ist er auf der Suche nach immer mehr Frauen? Es ist wirklich diese drogenmäßige Steigerung, die auch jeder Drogensüchtige durchmacht, es muss immer was anderes sein, jede Frau ist ja anders und gibt dann immer den neuen Kick. Es geht schon um diesen Kick, es geht um dieses Aufgeregt sein des Eroberns, um das Aufgeregtsein des Verliebtseins, um die ganzen schönen Träume in dem Moment. Es geht dem Jongleur als Typus um Macht, es geht den meisten Casanovatypen interessanterweise um die Anerkennung von anderen Männern, weil sie werden das so machen, dass andere Männer das irgendwie mitkriegen, weil sie werden das so machen, dass andere das mitkriegen. 59.O-Ton Daniela: Ich bekam eines Tages hier im Geschäft einen Anruf von ihm und da gings über irgendeinen Sachverhalt und dann gings auch darum, dass er mir wortwörtlich sagte, ich solle mich von ihm fernhalten, er hätte manchmal selbst vor sich Angst und vor seinen Reaktionen sich selbst gegenüber hätte er Angst. Ich soll mich fernhalten. Nach dem Motto: du bist ein guter Mensch, ich bin ein böser Mensch. Bleibe mir fern, zu deiner eigenen Sicherheit. Z 24" 60.O-Ton Elisabeth: Er hat manchmal auch zu mir gesagt: ich bin ein Monster, halte dich fern von mir. Z 9" 61.O-Ton Leonie: Monster ist ein schwieriges Wort, böse ist schwierig. Ich würde es doch, wenn es auch gefährlich sein mag, auf Krankheit schieben. In diesem Fall denke ich schon, dass es eine Krankheit des Gemüts ist. Es ist bekannt, dass Gemütskranke gefährlich werden können, ist einfach so und dass sie andere Menschen, ihre Umwelt, manipulieren können. Z 37 Akzent Sprecher 1: Er unterteilt Frauen bewusst in "anständig" oder "schlecht", in Jungfrauen und Huren. Oft zwingt er die Frau, mit der er lebt, die Rolle der Jungfrau zu übernehmen - gewöhnlich, indem er sich sexuell von ihr zurückzieht. Sprecher 2: Das wiederum macht ihn frei, bei den "Huren" die erotische Erregung zu suchen, die aus der festen Beziehung verschwunden ist. 62.O-Ton Elisabeth: Dass die eine Frau das aufgedeckt hat: grandios! Wie gesagt, ich hab gemerkt, dass es Lüge gibt, aber ich hab nicht gemerkt, dass es andere Frauen gibt 55 22 in dieser Zeit. Ich hätte das nie vermutet. Niemals. Und als die anrief und sagte, es gab so viele... 68.O-Ton Carmen Reiss: Der große Bluff ist, dass dieser Mann einen selbst nicht meint! Der meint diese Frau nicht, der er die Welt zu Füßen legt. Er meint diese Frau nicht, zu der er sagt, sie hat so schöne Augen. Er meint die Frau nicht. Er meint: sich selber! Z 17 63.O-Ton Leonie: Ich war sehr erleichtert, nachdem Susanne mich angerufen hatte und mir erzählt hatte, dass ich nicht die einzige Frau bin, die auf Christoph hereingefallen ist. ...Das hat mir großen Auftrieb verschafft, zunächst. Aber ich muss sagen nach einiger Zeit hat sich diese Erkenntnis, wie es nun wirklich um Christoph bestellt war, und dass sich die Vermutungen, die ich hatte, bestätigten, dass er z.B auch stationär in der Psychiatrie mal war, das hat sich doch negativ auf mich ausgewirkt. Ich hatte danach eine Phase, in der ich sehr depressiv war, weil meine Seele es offenbar schon gar nicht mehr ausgehalten hat. Z 1.08 Akzent: 64.O-Ton Isabelle: Ich hab nur noch die Szene in dem Café in Erinnerung. Wir saßen an einem runden Tisch. In so einer Art Wintergarten mit Korbstühlen, und Susanne war die, die eingeladen hat, organisiert hat und auch vorgestellt hat. Sie hatte auch den Kontakt zu den Frauen hergestellt. Es war wie so ein Frauenkränzchen. So ein Austausch von Geschichten. Jede hat so erzählt, was sie so für Geschichten mit ihm hatte. Er war ja sehr phantasievoll in seinen Dingen, die er sich ausgedacht hat, und es war dann auch teilweise erheiternd! Da war jetzt keinerlei Eifersucht, oder Betroffenheit. Es war eigentlich eher so ein Zusammenhalt dann da untereinander. Es war eigentlich eher so eine Unterstützerrunde, dass man sich gegenseitig unterstützt hat und gesagt hat, okay, dir ist es auch so ergangen, du bist nicht alleine, du bist auch nicht "dumm", dass du es nicht gemerkt hast. Wir haben es alle nicht gemerkt. Das hat schon auch geholfen, darüber hin weg zukommen. Z 59 Akzent: 65.O-Ton Elisabeth: Ich hab ihm ja unterstellt, er hätte das absichtlich gemacht, dass er auffliegen wollte, das das Ganze sich so zugespitzt hat, dass das mal einen Bruch erleben musste, das sagt er nein! Er ist stinksauer auf die Frau, dass die das gemacht hat und sagt auch, ihr habt euch ja massiv verbündet gegen mich, was auch so war. Ich weiß, sie wollte damals ihn loswerden, er sollte seine Sachen abholen aus ihrer Wohnung, und da hab ich gesagt, da musst du nicht hin und her reden, dann packst du die ein und tust die in ein Schließfach am Bahnhof und schickst ihm den Schlüssel vom Schließfach und aus die Maus, weg ist er. Und das fand er alles ganz furchtbar. Das hat ihm nicht gefallen, dass wir das gemacht haben. Z 49 66.O-Ton Isabelle: Jede von uns hat ihn entweder angerufen, oder eine Mail geschrieben und gesagt, wir wissen jetzt was Sache ist und wie unmöglich wir das finden. Ich hab' keine Reaktion gekriegt von ihm dazu. Er hat dann irgendwann mal seine Sachen geholt. Das war's. Und wo er reagiert hat, das war mit Susanne. Die konnte ihn ja nicht so aufgeben, die hatte ja gehofft, dass er sich ändert und dass die Welt noch mal heil wird. Das ist nicht eingetreten, soweit ich das mitgekriegt habe. Z 34 70. O-Ton Carmen Reiss: 0.70 So richtiges schlechtes Gewissen, was sie einer Frau angetan haben...das ist selten. Das wäre ja schon bald irgendwie auf dem Weg der Heilung. Auf dem Weg der Erkenntnis, das ist ja schon mal der Weg zur Heilung. Z. 20 67.O-Ton Elisabeth: Ich glaube, dass er überhaupt gar kein schlechtes Gewissen hat. Keinen Deut, gar nicht. Ich hab ihn das mal gefragt, ihm gesagt, ob er sich nicht mal entschuldigen möchte bei den Frauen, nochmal mit denen in Kontakt gehen möchte, das klären möchte. Hat er mich vollkommen entgeistert angeguckt, was das denn bitte soll. Z 22 Absage: 2