COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. Deutschlandradio Kultur Länderreport DANCE FOR NATURE Autorin Schrammar, Susanne Redaktion Stucke, Julius Sendung 27.05.2010 - 13.07 Uhr Länge Beitrag 18.20 Minuten Länge Sendung 20.01 Minuten -folgt Manuskript Beitrag- Manuskript Beitrag OT 01 (Antje Rose) Die Hände sind Fäuste, die Hände gehen auf und hoch. Und ihr müsst nicht stundenlang die Welle machen, hattet Ihr da nicht ein Timing? Irgendwie so eins, zwei, drei, vier JUNGE Und fünf laufen! ATMO Tanz/Musik AUTORIN Der Tanzsaal im Theater Osnabrück. Choreographin Antje Rose wedelt vor dem wandgroßen Spiegel mit den Armen. Die zierliche Tanztrainerin streckt sich, um den Jungs vorzumachen, wie sie sich die Szene mit dem Baum und den Wölfen vorstellt. Die Jungs ? das sind der fast zwei Meter große gutmütige Giovanni, Christopher, der kleinste der Gruppe, der jede Anregung begierig aufsaugt, Joao, der immerfröhliche portugiesische Sonnenschein, der freundlich-zurückhaltende Marcel und Emre, der liebenswerte Selbstdarsteller. Sie alle hängen an Antje Roses Lippen. ATMO Tanz/Musik AUTORIN Kurz darauf läuft der große kräftige Giovanni durch den Raum, leichtfüßig und lächelnd, in einen Stoffschlauch in Rindenoptik gezwängt. Die anderen tänzeln als Wölfe um ihn herum, die jugendlichen Gesichter zu schauerlichen Grimassen verzogen. ATMO Knurren & Lachen AUTORIN Noch vor wenigen Monaten hätte keiner der Neuntklässler der Osnabrücker Hauptschule ?Innenstadt? gedacht, dass sie sich für ein Bühnenstück in einen Baum und in ein paar zähnefletschende Wölfe verwandeln würden. Auch Emre nicht. Der 16jährige, der in der Türkei geboren wurde, wischt sich den Schweiß von der Stirn und wundert sich. OT 02 (Emre) Giovanni hat früher nie so viel getanzt und jetzt tanzt er jede Sekunde. Christopher auch, Marcel ? die haben früher nie getanzt. Joao ? nie, er hat nie in seinem Leben getanzt und jetzt tanzt er jeden Tag oder Ahmet hat noch nie in seinem Leben so was gemacht und trommelt jetzt und will irgendwie versuchen, das zu machen. Das ist schon lustig. AUTORIN Dance for Nature ? so heißt das Tanzprojekt, dass das Theater Osnabrück gemeinsam mit rund 60 Schülern entwickelt hat und das an diesem Sonnabend nach zehn Monaten Vorbereitungszeit erstmals aufgeführt wird. Das Besondere dabei: Es ist eine Mischung aus Naturpädagogik und Tanztheater - finanziell gefördert von der Bundesstiftung Umwelt. Die ungewöhnliche Idee stammt von der Niedersächsischen Auslandsgesellschaft. Der gemeinnützige Verein, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Themen wie Integration und Nachhaltigkeit miteinander zu verknüpfen. Mit Dance for Nature wollen wir den Jugendlichen ihre Umwelt näher bringen, sagt Sabine Grabow von der Auslandsgesellschaft, die heute zu den Proben ins Theater gekommen ist. OT 03 (Sabine Grabow) Also es ging auf alle Fälle erst mal darum, Jugendliche einfach auf ne ganz neue Weise zu packen für Umwelt und sie dafür zu interessieren, sie für Umweltfragen und Naturphänomene, -ereignisse, -probleme auch zu sensibilisieren und halt nicht mit dem berühmten pädagogischen Zeigefinger, sondern über Tanz und Musik, das ihnen vielleicht auch ein bisschen näher liegt. OT 04 (Antje Rose) Also für mich ist das Wichtigste, dass jeder so?n Weg in dieses Stück reinfindet. Ja, dass er entweder für sich etwas findet, so wie Giovanni ?Bor, der Baum ist super! Ich liebe diesen Baum? und dadurch irgendwie so einen Enthusiasmus entwickelt, ne. Und so einfach auch dem Thema näher kommt. Oder letztes Mal da hab ich einfach ganz viel Müll mitgebracht und wir hatten so ne Tanzcombi in dem Müll, wo dann jeder sagt: Wow, das macht Spaß! AUTORIN Tanzchoreografin Antje Rose probt seit Januar mit drei unterschiedlichen Schülergruppen ein oder mehrmals die Woche: mit den Hauptschülern, einer Realschulklasse und einer freien Schülertheatergruppe, die bereits seit drei Jahren mit dem Osnabrücker Theater kooperiert. Die Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren haben alle verschiedene soziale und kulturelle Hintergründe. So hatten etwa viele der Hauptschüler vorher keine Berührungspunkte mit der Welt des Theaters. Doch gerade für sie könne ein solches Projekt genau das Richtige sein, sagt der Intendant des Theaters Osnabrück, Holger Schultze. Denn, davon ist er überzeugt, Jugendliche lernen nicht nur über den Kopf, sondern auch über den Körper. OT 05 (Holger Schultze) Gerade Theater hat die Chance an Jugendliche, die vielleicht jetzt nicht 13 Jahre zur Schule gehen, an diese Jugendlichen ran zu kommen. Theater hat die Chance, die sinnlicher, direkter zu packen, glaube ich. Und das ist die Chance, die wir mit dem Projekt haben und die Sie generell haben, wenn Sie junge Menschen an Theater ranführen, die bildungsferner sind. AUTORIN Ein fertiges Drehbuch hat es zu Beginn von Dance for Nature im vergangenen Sommer noch nicht gegeben. Bewegungen und Abläufe der Tänze sollten aus den Naturerlebnissen der Jugendlichen entstehen. Für die Schüler standen deshalb Exkursionen auf dem Plan: Wälder und Wiesen, ein renaturierter Steinbruch, ein Flussufer mitten in Osnabrück, und: der Zoo. OT 06 (Karolin Hunold) Also, man sieht, die sind relativ scheu. Die haben jetzt ein bisschen Scheu vor dem Ganzen und wagen sich nur ganz langsam heran. EMRE Die denken jetzt, der lebt noch! Und gleich ? Au! ? fressen die! AITORIN Rückblick: Ein sonniger Tag im September 2009. Emre beobachtet fasziniert, wie Zoopädagogin Karolin Hunold mit Schwung ein schmutziges Schaffell in das weitläufige Wolfsgehege wirft. Die Wölfe schleichen langsam heran, bleiben dann erst einmal abwartend stehen, kein Laut ist zu hören. Anders bei dem Rudel pubertierender Jungs und Mädchen, die auf einer hölzernen Plattform oberhalb des Wolfsgeheges ihren Beobachtungsposten eingenommen haben. ATMO Jungs machen Mäh-Geräusche, Emre: Seid doch mal leise, Leute! Jörn Glitzenhirn: Jungs, nicht so laut, sonst kommen die nicht. Emre: Ey, Ihr seid voll die Dummen. AUTORIN Es ist das dritte Treffen zwischen den Hauptschülern und Theaterpädagoge Jörn Glitzenhirn. Noch hat der 36jährige alle Hände voll zu tun, den quirligen Teenagerhaufen zu bändigen - besonders die Jungs. Bei jeder Gelegenheit messen sie ihre Kräfte, quasseln dazwischen oder bekommen einen Lachanfall. Ein schwieriges Alter. Glitzenhirn grinst. OT 07 (Glitzenhirn) Was ich aber sehr bemerkenswert finde, dass in dieser Gruppe ? auch wenn man oft mit denen zu kämpfen hat ? aber es doch auch so Interesse hervor kommt oder dass sie herausgefordert werden wollen. Das finde ich eigentlich so spannend, dafür einen Umgang zu finden, ne Sprache zu finden, mit diesen Jugendlichen zurechtzukommen und ihnen diese Themen zu vermitteln. Ja, mit Gymnasiasten wäre das relativ einfach, weil die wissen sich zu benehmen. Aber hier gibt es ganz ganz andere Regeln. Das finde ich das Spannende daran. AUTORIN Der Theaterpädagoge schafft es, die Aufmerksamkeit der Neuntklässler wieder auf Wolfsexpertin Karolin Hunold zu lenken. Sie soll den Jugendlichen helfen, einen Zugang zu den Tieren zu finden. Das Verhalten der Wölfe, ihre Eigenarten und Lebensweisen sollen später als Bewegungen in die Tanzperformance einfließen. Deshalb müssen die Jungen und Mädchen die Wölfe ganz genau beobachten. OT 08 (Hunold) Was wir eben ganz gut bei dem Wolf gesehen haben, war halt, dass er den Schwanz eingeklemmt hat. Wölfe verständigen sich durch ne ausdrucksvolle Körpersprache. Zum einen durch Gesichtsmimik, zum anderen durch ihr Verhalten. Ranghöhere Tiere gehen eher aufrecht, haben die Ohren aufgestellt und die rangniederen Tiere ? wie wir grad gesehen haben ? klemmen den Schwanz schon mal zwischen die Beine, legen die Ohren an und gehen in geduckter Körperhaltung auf die Alphatiere zu. AUTORIN Einige der Jugendlichen sehen Wölfe heute zum ersten Mal. Die Meisten der Schüler seien echte Stadtkinder, sagt Joseph Kaiser, der als Lehrer der Hauptschule Innenstadt das Projekt begleitet. Der zurückhaltende Amerikaner unterrichtet Sport, Musik und Englisch. Dance for Nature, glaubt der 57jährige, kann für die Jugendlichen eine tolle Erfahrung werden. OT 09 (Joseph Kaiser) Wir geben ihnen die Möglichkeit, die Natur zu erleben, sie erweitern ihren Horizont dadurch und dadurch, dass das dann szenisch umgesetzt wird, was die hier und anderswo erfahren, überwinden sie sich selbst, weil sie sich präsentieren müssen. Es ist ein Wachstumsprozess. AUTORIN Unter den Hauptschülern sind einige, die den Zoo bisher noch nie oder nur unter besonderen Umständen besucht haben. Einer erzählt ? es klingt fast ein bisschen stolz ? dass er hier kürzlich 80 Sozialstunden ableisten musste. Er habe seinem Freund geholfen, einen Laptop zu klauen. Der 15jährige Joao hingegen hat sich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen. Der junge Portugiese ist erst vor fünf Jahren nach Deutschland gekommen. Anfangs, erzählt Joao, sei das ganz schön hart gewesen ? so ganz ohne Deutschkenntnisse habe er sich oft ausgegrenzt gefühlt und ziemliche Schwierigkeiten in der Schule gehabt. Heute stehen auf seinem Zeugnis vor allem Einsen und Zweien und Joao möchte nach der Hauptschule mal Elektrotechnik studieren. Das Schulprojekt Dance for Nature, das für die Neuntklässler als Wahlpflichtkurs angeboten wird, hat er sich ausgesucht, weil er einfach mal Lust auf etwas Neues hatte - vor allem auf das Tanzen. OT 10 (Joao) Zuhause übe ich ein bisschen Tanzen. Ich habe schon den Moonwalk gelernt und weitere Schritte. Wie zum Beispiel hier: Man sieht die Wölfe und dann versucht man das in Tanzen einzufügen, zum Beispiel die Rudelbewegung, langsam an dieses Objekt rangehen und immer zurückgezogen, also ängstliche Bewegungen und dann hat er gemerkt, es ist nichts Schlimmes und dann hat er das dann angegriffen. ATMO Tanzprobe AUTORIN Sieben Monate später, Mai 2010, eine Tanzprobe im Osnabrücker Theater. Joao wirft sich auf den Boden, springt dann wieder auf, lässt die Arme wellenförmig schwingen um dann sofort wieder auf dem gefederten Tanzboden zu landen. Die Jungs probieren eine so genannte Kombi, die später Teil der Aufführung sein wird. Schwierige Schrittkombinationen, schnelle Rhythmen ? gar nicht so einfach, vor allem wenn man, wie Joao, seltener im Tanzsaal als auf dem Fußballplatz war. Auch der 15jährige kommt manchmal noch aus dem Takt, doch, dass er Spaß hat, ist ihm deutlich anzusehen. OT 11 (Joao) Ja, man spürt den Körper anders. Die Bewegungen sind schlagartig, man muss präzise sein. Wenn man beim Tanz ist ? bei mir ist das so, ich vergesse dann alles, was in meinem Kopf ist. Nur mein Körper bewegt sich, mein Gehirn ist ausgeschaltet. OT 12 (Rose) Mal in die Knie! Und vor und rück und seit! AUTORIN Tanz sei eine tolle Möglichkeit, Aggressionen abzubauen und sich auszudrücken, vor allem für Jugendliche, sagt Choreografin Antje Rose. Die 48jährige hat in den vergangenen Monaten intensiv mit den Jugendlichen gearbeitet. Obwohl selbst in den Osterferien und an Feiertagen Proben angesetzt waren, seien viele ohne Murren gekommen. Manche Schüler, sagt Antje Rose achselzuckend, zeigten jedoch kaum Interesse an dem Projekt. Auch bei dieser Probe wird das deutlich: Eine Handvoll Schüler bewegt sich nur halbherzig und teilnahmslos und wirkt selten so, als ob sie Spaß hätte. Ein Mädchen weigert sich sogar auf dem Spezialtanzboden die Schuhe auszuziehen und wartet lieber anderthalb Stunden vor dem Proberaum, statt mitzumachen. OT 13 (Rose) Die, die sich von Anfang an dafür interessiert haben, die interessieren sich noch mehr. Also, da kann man schon sagen, die kommen aus sich heraus. Aber es ist schwierig, dass die, die sich gar nicht dafür interessieren, sich dann ganz doll interessieren. Also, dieser Schritt ? das ist so die Sache, die in solchen Projekten ganz ganz selten passiert. Ganz selten. AUTORIN Ein wenig anders sieht das beim Naturaspekt des Projektes aus. Was bedeutet Natur für mich? Wie nehme ich sie wahr und welchen Einfluss haben wir auf unsere Umwelt? Solche Fragen haben sich die Hauptschüler vor Beginn des Projekts möglicherweise nie gestellt. Aber das macht nichts. Über den Tanz haben sie auf der emotionalen Ebene einen Zugang zur Natur gefunden. Zu Beginn, geben Joao und Emre zu, sei die Skepsis allerdings ziemlich groß gewesen: Was hat Natur bitteschön mit Tanzen zu tun? OT 14 (Joao) Am Anfang fanden wir das total scheiße. Wir wollten eigentlich tanzen und nicht mit der Natur und so. EMRE Zum Beispiel, ich hab meiner Mutter heute Morgen gesagt: ?ich geh Dance for Nature heute im Wald?, was macht Ihr im Wald, das ist doch Tanzen? ATMO Waldspaziergang AUTOR Die Natur in den Tanz zu schmuggeln, das ist der Trick und damit wieder Aufgabe für Jörn Glitzenhirn. Ein kalter Winterabend im vergangenen Dezember. Der Theaterpädagoge hat sich für die Projektteilnehmer ein Abenteuer überlegt: Eine Nachtwanderung durch ein Osnabrücker Waldstück. Seit ein paar Monaten läuft das Projekt inzwischen und unter den Hauptschülern hat sich eine Art harter Kern herausgebildet. Von den Mädchen ist an diesem Abend keines gekommen. Es sei schwer, die Schülerinnen, zu motivieren, sagt Lehrer Joseph Kaiser und schüttelt den Kopf. OT 15 (Joseph Kaiser) Für sie ist der Begriff Tanzen also schon mit einer bestimmten Vorstellung belegt. Und dann diese neue Form von Tanzen, das ist ungreifbar für sie. Das ist so Wischiwaschi, sie können das nicht festhalten. Und aufgrund dessen, das ist neu für sie, keine Bereitschaft, das Neue zu erfahren. Und dann gibt es auch noch praktische Gründe. Die Schüler werden jetzt nicht nur stehend tanzen, sondern sie gehen auch mal in die Hocke bzw. die machen ne Rolle auf der Erde und viele von unseren Schülerinnen haben also nicht die passende Kleidung. Sie würden gerne vielleicht diese Rolle machen, aber die Hose wird schmutzig. Wie würde ich denn hinterher aussehen? AUTORIN Für die sechs Jungs, die gekommen sind - Giovanni, Joao; Christopher, Rezul, Marcel und Emre ? scheinen solche Überlegungen keine Rolle zu spielen. Der nächtliche Ausflug ? genau das Richtige für die temperamentvollen Teenager. Die Aufregung ist deutlich zu spüren. OT 16 (Jörn Glitzenhirn) Die Aufgabe, die Ihr jetzt habt, ist: Die Ohren aufzumachen, die Augen aufzumachen ? Ihr müsst ja die Augen ein bisschen weiter aufmachen, als wie am Tag und mal Euch selber zu beobachten, wie verhaltet Ihr Euch? Wie geht Ihr, wenn?s dunkel ist? Was macht man vielleicht mit den Händen? Wie ? genau, Du hast Dich gerade umgedreht, weil ein Auto kommt oder so, ne? Und daraus, aus diesen Sachen, möchte ich mit Euch und Antje Rose eine Choreografie machen. Das ist also ein Teil, der letztendlich dann auch aufgeführt wird: Wie verhaltet Ihr Euch im Dunklen Wald? AUTORIN Und so schleichen die Jungs zwischen hohen Bäumen hindurch, hinterlassen auf den matschigen Wegen ihre Spuren und spielen Verstecken in der Dunkelheit der Nacht. Es wird viel herumgealbert, die Schüler fühlen sich sichtlich wohl. Noch lange danach, wird Lehrer Joseph Kaiser später erzählen, erzählen sich die Jungen von diesem Abend. Emres Augen glänzen bereits jetzt. Der 16jährige lehnt sich zum Verschnaufen auf einen Baumstumpf und wird nach dem ausgelassenen Spiel einen Moment lang ernst. OT 17 (Emre) Also, wenn Du in der Stadt bist, da hörst Du ja nur Autos, Menschen gehen, aber wenn Du im Wald bist, alleine bist, ist ganz ruhig, frische Luft, man kann sich da gut entspannen. Also, wenn man den Sinn versteht, dann macht das auch Spaß. AUTORIN Vom Himmel fällt Schneeregen herab. Anlass für eine neue Aufgabe. Theaterpädagoge Glitzenhirn bittet die Jungs mal ganz genau hinzuhören. Der scheinbar so ruhige Wald ist nämlich gar nicht so ruhig. Welche Geräusche können sie hören? OT 18 (Marcel) Ich hab das Tropfen gehört und das ist nicht immer gleichmäßig und das ganze Tropfen ist um uns herum. Also, überall. JOAO Hängt auch davon ab, wo die Tropfen hinfallen. Auf ner Bank hört sich das ganz anders an, als auf dem Boden oder Blätter oder so. (Emre) Autobahn von hinten, Hintergeräusch. (Glitzenhirn) Ok, was kann man bei dieser Autobahn vielleicht noch sagen? Worin unterscheidet sich das Geräusch, Christopher? (Christopher) Das Geräusch bleibt gleich, nicht so wie bei den Regentropfen. Bei der Autobahn bleibt?s gleich. (Glitzenhirn) Ja, das ist so was Kontinuierliches. Und wenn man jetzt den Regen mit dazu nimmt, der so einen Rhythmus hat, so BAMBAMBAMBAMBAM und dann den Hintergrund ? schon fast ne kleine Symphonie! JOAO Sie haben es gesagt! Die Tropfen geben uns den richtigen Rhythmus. ATMO Jugendliche trommeln auf Konservendosen AUTORIN Zurück im Probensaal des Theaters Osnabrück. Nur noch wenige Tage bis zur Premiere. OT 19 (Antje Rose) Das ist jetzt ein Schrottorchester. Das ist die Vorbereitung für den musikalischen Umgang mit Müll. AUTORIN Neben Tanz und Natur spielt beim Jugendprojekt Dance for Nature auch Musik eine große Rolle. Wer mit der Bewegung nicht so viel anfangen kann, bekommt einfach ein Rhythmusgerät in die Hand und sei es nur eine Konservendose, und ein Stock zum Trommeln. Beim Titelsong können alle mitmachen. ATMO/MUSIK Gesang der Jugendlichen, Dance, dance, dance for Nature. Dance for Nature. AUTORIN Sieben Vorstellungen von Dance for Nature werden am Theater Osnabrück gezeigt. Beim Auftakt am kommenden Sonnabend wird jedoch ausgerechnet einer nicht dabei sein: Der Portugiese Joao hat Firmung und kann deshalb nicht mit den anderen Jungs bei der Premiere vor Publikum tanzen. Doch der 15jährige winkt lässig ab: Kein Problem. Schließlich sei das Ganze auch so ein ziemlich großes Abenteuer für ihn. OT 20 (Joao) Also, bisher gefällt es mir hier sehr gut bei Dance for Nature. Das ist mal was Neues, vor 800 Leuten auftreten und die Auftritte, die Premiere, die sind ja auch schon ausgebucht. Das ist schon ein Zeichen, dass die Leute das sehen wollen. Und dass die auch interessiert dafür sind. Also, man fühlt sich geehrt! AUTORIN Wenn Jörn Glitzenhirn so etwas hört, dann freut sich der Theaterpädagoge. Still und leise. Er hatte nie die Illusion, das Projekt könne aus den Jugendlichen echte Umweltfreaks machen oder Tanz zu ihrem neuen Lebensinhalt: OT 21 (Jörn Glitzenhirn) Ein Erfolg ist bereits für mich, dass so viele Schüler so lange durchgehalten haben. Wir werden etwas zeigen können und das ist auch wichtig, dass wir diese Präsentation haben, aber natürlich ist da auch der Weg irgendwie das Ziel und es ist halt auch schon ungewöhnlich für so?ne Hauptschultruppe und für die anderen beiden Gruppen genauso, so ein langes Projekt zu haben, was neben der Schule eben nebenher läuft, was eben auch viel Zeit und Engagement von den einzelnen fordert und dass sie eben merken, dass sich das lohnt, dass sich das auszahlt und dass sie am Ende dafür eben auch ganz viel Applaus kriegen und dass sich Leute für sie interessieren und das ist für mich ein Erfolg. AUTORIN Er habe sich gewünscht, so Lehrer Joseph Kaiser am Anfang des Projektes, dass die Stadtkinder endlich mal die Natur erleben. Und das sei gelungen, freut sich der 57jährige. Doch die Jungs hätten noch etwas geschafft: Sie, die mit Disziplin und Regeln so manchmal ihre Schwierigkeiten haben, seien bei Dance for Nature gewachsen. OT 22 (Joseph Kaiser) Nicht nur vor dem Publikum tanzen. Sie sind sehr stolz. Sie haben eine gewisse Reihenfolge von Schritten zu einer Musik, die man nicht verlangsamen kann, also wie bei dem normalen Unterricht, kann man verlangsamen ? die Musik läuft. Sie müssen entweder mitschwimmen oder frisch Vogel, stirb. Sie sind kleine Männer geworden. - ENDE - 8