DEUTSCHLANDFUNK Redaktion Hintergrund Kultur / Hhörspiel Redaktion: Tina Klopp Feature Dark tourism Vergnügungsreisen ins Grauen Von Tom Schimmeck Produktion: DLF 2015 Regie: Matthias Kapohl Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Sendung: Freitag, 05. Juni 2015, 20.10 - 21.00 Uhr Erzähler Wie dunkel hätten Sie es gern? Erzählerin Wollen Sie Naturkatastrophen nacherleben? Erzähler Erdbeben, Fluten, Tsunamis? Erzählerin Oder lieber Industriekatastrophen? O-Ton 001 Engl Sprecher: Tchernobyl. When disaster struck the nuclear power plant in 1986 almost half a million people were displaced. Then, in the absence of human life, wildlife filled the void... Erzähler Tschernobyl etwa gilt als Geheimtipp. Und "Solo East Travel" bringt sie hin. Erzählerin Sie könnten Tatorte schauriger Verbrechen besuchen. Erzähler Sklavenmärkte. Oder die Folterkeller der Inquisition.. Atmo/O-Ton 002 "Palacio de la Inquisición" in Cartagena, Kolumbien Spanische Stimme erläutert die Qualen der Unschuldigen O-Ton 003 Virtuelles Bamberger Hexenbrenner-Museum Frauenstimme: Folterkammer. Streckfolter Atmo/O-Ton 004 Karosta Gefängnis Sprecher verspricht auf lettisch ein "100 Prozent realistisches" Erlebnis Erzählerin Das lettische Gefängnis Karosta mit seiner "historischen Realitätsshow" schaffte es in die Bestenliste eines New Yorker Reisemagazins. Atmo/O-Ton 005 Karosta Gefängnis Sprecher: Das mit Stacheldraht umzäunte Haus wirkt bedrohend und anziehend ... Atmo/O-Ton 006 Karosta Gefängnis Schreie "russischer" Wachleute Erzähler Ein ehemaliger Militärknast im Hafen von Riga, in dem einst revolutionäre russische Matrosen, später Wehrmachts-Deserteure, dann Stalin-Opfer vegetierten. Erzählerin In dem der Tourist heute in Sandalen antritt - und zackzack abgeführt wird. Er muss die Hände ans kalte Mauerwerk pressen. Wird durchsucht, angebrüllt, weggesperrt. Atmo/O-Ton 007 Karosta Gefängnis Sprecher: Die Dauer des Haftaufenthaltes können sie selber bestimmen. Aber damit ist auch Ende ihrer freien Wahl. Wenn hinter ihnen die Tür der Zelle schließt, bleibt nichts anderes übrig, als sich der Ordnung und der strengsten Disziplin eines sowjetischen Gefängnisses zu unterwerfen... Erzähler "Freunde besonders extremer Abenteuer"... Erzählerin - so heißt es im Prospekt - Erzähler ... dürfen über Nacht bleiben. Irgendwann werden sie zum Verhör abgeholt. Atmo/O-Ton 008 Sprecher: ...Natürlich auf ihr eigenes Risiko. Weil die Hauptwache des Kriegshafens eine 100 Prozent realistische Erfahrung eines Gefängnisses bietet. Hier ist alles echt. Und die Gefängniswärter sind weiß Gott keine barmherzigen Schwestern. Russische Kommandos Erzähler Wer mag noch faul an hübschen Stränden räkeln? Erzählerin Wenn er echtes Elend in den Slums von Johannesburg, Mumbai und Jakarta sehen kann? Erzähler Wenn er Schützengräben und Bunker erkunden?... Erzählerin ...und alte Schlachten noch einmal schlagen kann? Atmo/O-Ton 009 Stimme flüstert: Hi, it's Thomas, we're in a bunker in Vietnam. Schweres Feuergefecht Atmo 010 Reenactment of Gettysburg, schweres Feuergefacht und Jubel Erzähler Zum 150. Jahrestag der Bürgerkriegs-Schlacht von Gettysburg, Pennsylvania im Juli 2013 kamen 235 000 Besucher. Erzählerin Beim "Reenactment", der Wiederaufführung der Schlacht, spielten über 8000 Darsteller mit. Erzähler Drei Tage für nur 69 Dollar! Kinder nur 29 Dollar! Atmo 011 War Zone Tours Website - Flugzeug, Schreie, Schüsse Erzählerin Wenn ihn "War Zone Tours" in mehr als 50 "Hochrisiko-Umgebung" in aller Welt absetzen kann? Erzähler Irak, Beirut, Mexiko, Afrika... Sprecherin 1 ..."wo es Wildnis, Öl und AK47 im Überfluss gibt"... Sprecher 2 ..."und Kidnappings von unübertroffener Brutalität". Erzählerin Wenn er in Hiroshima die Verheerungen der Atombombe erleben darf? O-Ton 013 Hiroshima-Überlebende singt mit gebrochener Stimme ein Lied auf das Überleben Erzähler Wenn er in Kambodscha, in Ruanda, in Auschwitz die schlimmsten Menschheitsverbrechen nachfühlen darf? Massaker, Völkermord, industriell betriebene Tötung? O-Ton 014 Stone Dark tourism is really about the packaging up of death and disaster for the visit economy. Erzähler Das Grauen hat Hochkonjunktur. (Death, disaster and destruction!) Sprecherin 1 Dark Tourism Vergnügungsreisen ins Grauen Feature von Tom Schimmeck Atmo Menschen gehen aufs Schiff, Stimmen, Motorengebrumm. Erzähler Auf dem Pier 33, im Hafen von San Francisco, stehen sie Schlange, die Touristen. Schieben sich durchs Zickzack des Personenleitsystems über die kleine graue Gangway. Auf das Fährschiff. Wollen den berüchtigten Knast sehen. Frauen, Männer, Kinder. Alle Hautfarben, jedes Alter. Auf nach Alcatraz, zur Gefängnisinsel. Atmo/O-Ton 018 An Bord des Schiffes Lautsprecherstimme: Ladies and gentlemen. May I have your attention, please? Alcatraz Cruises' vessels sail under rules and regulations set fourth by the Unites States Coast Guard. We are equipped with all the proper firefighting an lifesaving equipment... Erzählerin Zunächst erfahren wir, wo die Schwimmwesten und die Rettungsboote sind. Dass man nicht auf den Bänken stehen und die Kinder stets im Auge behalten soll. Erzähler Dass man nicht rennen, sondern gehen und sich an den Geländern festhalten und das Gepäck stets bei sich behalten soll. Erzählerin Und von Fremden keinesfalls Pakete annehmen darf. Erzähler Dass es auf der Insel steile Anstiege und tückische Abhänge gibt. Atmo (Forts.) Lautsprecherstimme: We hope that you will enjoy your cruise. And thank you for sailing with Alcatraz cruises. Erzählerin Seit 1973 ist das Eiland ein Museum. Gut 50 000 neugierige Menschen kamen 1973, im ersten Jahr. Erzähler Jetzt sind es über 1,4 Millionen. Erzählerin Im Halbstunden-Takt legen der "Alcatraz Clipper" und der "Alcatraz Flyer" ab, um die Massen auf das düstere Eiland zu verfrachten. Atmo/O-Ton 021 Lautsprecherstimme: Alcatraz. The most infamous island in the world... Atmo/O-Ton 022 Bar, Innenraum, Stimmen, Schritte Erzählerin Wohl organisiert, geräumig, videoüberwacht. Mit Mülltrennung. Erzählerin Mit Kapitän William und seiner Crew: Dave, Steven, Drew und Chrystal. Erzähler Am Aufgang zum Oberdeck hängt das "Corporate Mission Statement", in dem festgehalten ist, dass der Kunde König ist. Erzählerin Dass alles getan wird für seine Sicherheit. Und für die Umwelt. Erzähler Dass der Planet ein besserer werden soll. Atmo 023 Lautsprecherstimme: Once again: Thank you for sailing Alcatraz Cruises.... have a fabulous day on the rock... Erzähler Die ersten Schritte auf Alcatraz. "The Rock". Der Felsen ragt vor den Besuchern auf. Er steht heute unter der Regie des National Parks Service. Sprecher 2 "Zum Vergnügen und Verständnis künftiger Generationen." Erzähler Ab 1861 sperrte man hier Kriegsgefangene ein. 1934 wurde der Ort zum hochsicheren Bundesgefängnis, für maximal 300 Häftlinge. Bis 1963, als es zu teuer wurde, als die salzige Luft die Rohre und die Stahlbewehrung des Beton fast zerfressen hatte. In den kargen Zellen, 1,52 mal 2,74 Meter groß, hauste viel kriminelle Prominenz: Al Capone, George "Machine Gun" Kelly, der "Vogelmann" Robert Stroud und der Zugräuber Roy G. Gardener. Alcatraz ist ein Mythos, der in zahllosen Büchern und Spielfilmen fortlebt. So ein Klassiker verkauft sich gut. Die Besucherströme werden durch Geländer, Ketten, Schilder gelenkt. Alles scheint perfekt organisiert. Atmo/O-Ton 025 Park Ranger: Hi! Good morning everybody! Welcome to Golden Gate National Recreation Areas Alcatraz Island. Erzähler Nicht weit vom Anleger entfernt, auf einer Kiste, steht Ranger Tom. In grüner Uniform. Mit dem typischen Hut der Parkwächter: oben eingedellt, wie eine Zitruspresse. Atmo/O-Ton (Forts.) As you make your way up the clipper come on over here. I will give you some important 411, I'll give you the lowdown, I'll give you the ins and outs and other archaic American expressions that are meaningless if you are not from the States. They all mean information (lacht). I'll give the informations to make your day out here efficient and productive so that you can see everything. Ha! So sad when people... Sprecher 1 Ich werde Ihnen Informationen geben, die ihren Tag hier draußen effizient und produktiv machen. Damit Sie alles sehen können. Erzähler Die Broschüren auf dem Ständer links sind in Englisch, die rechts in anderen Sprachen. Atmo 026 Park Ranger: Important to know: Everything on this island is protected by federal law. You can't take home a piece of the rock. Also: Eating, drinking and smoking only...! Sprecher 1 Wichtig zu wissen: Alles auf der Insel ist per Bundesgesetz geschützt. Sie dürfen keinen Stück Felsen mit nach Hause nehmen. Essen, Trinken und rauchen dürfen Sie nur hier unten am Dock... Erzähler Ranger Tom hat diese Ansprache sicher schon tausendmal gehalten. Aber er macht es launig. Reißt allerlei Witzchen. Atmo/O-Ton 027 Park Ranger: the boats go back to San Francisco every half an hour. Last one at about this afternoon. Don't miss is because it gets really cold out here at night. Between now and then: Check it out! See it all! Learn it all! Enjoy Golden Gate Recreation National Areas, Alcatraz Island. Have fun! Sprecher 1 Verpassen Sie nicht das letzte Schiff. Es wird hier draußen nachts wirklich kalt. Gucken Sie sich alles genau an! Genießen Sie Golden Gate Erholungspark Alcatraz. Atmo/O-Ton 028 You've done that before, hey? Tom: Once or twice. lacht Erzähler Ein Tourist fragt Tom nach dem Weg. Atmo/O-Ton (Forts.) Tom: Then you walk up to the water tower. And then you take the final stroll up to the prison. Mmmmh. Scary. Have fun! Do people come for the scare? Tom: Yes. And they are surprised by the fact that is really not all that scary, just bleak, dark, Not scary... Erzähler Kommen Leute um des Schreckens willen? Sprecher 1 Oh ja. Und dann sind sie überrascht - weil es nur öde und dunkel ist. Erzähler Ein Besucher will wissen, ob es hier Gespenster gibt Atmo/O-Ton (Forts.) Tom: Boo! Besucher: Sorry, I have delayed reaction. Gelächter. Erzähler Tom lacht nur. O-Ton 033 Mona Also ich weiß, dass an bestimmten Memorials, wo ich war, Leute reingekommen sind und die erste Frage war: "Wo sind die Knochen?" Das ist, warum ich hier bin und das will ich sehen. Und wenn man gefragt hat warum, dann, ja, weil das mir die Realität zeigt und ich dadurch am meisten mitnehme und lerne. Nix durchgelesen, kein Guide, sondern zack, gleich in die Kammer mit den Knochen. Und dann, ja, das war's dann auch. Das war die ganze Erfahrung, auf die sie hinauswollten. Erzählerin Ja, es gibt ihn: diesen Schauer des Grauens. Den Reiz des Todes. Sagt Mona (Friedrich) aus Berlin. Derzeit Doktorandin an der University of Central Lancashire in Preston, England. Ton 035 Mona Ja, also das glaub ich schon. Wenn ich das bei mir selbst so beobachten kann: Auf jeden Fall. Also ich bin nach Ruanda nur gefahren, um mir die memorials anzugucken. Mich hat das total fasziniert, Weil ich bin auch jemand der sich sich alles anschaut. Und irgendwas kitzelt mich da schon. Sonst würd' ich mich damit nicht befassen, auch nicht als PhD. Weil das ist ja schon sehr grausam. Erzählerin Am Institute for Dark Tourism Research wird "todesbezogenes Reisen" und die "Kommerzialisierung von Tod und Desaster" erforscht. Mona promoviert über Produktion und Konsum von Gedenken in Ruanda, wo 1994 ein großes Morden stattfand. Wo geschätzt etwa eine Million Menschen binnen einhundert Tagen getötet wurde. Wie dark darf es denn werden? O-Ton 036 Mona 0:03 Mmmh, also so dark wie möglich....also, so realitätsnah wie möglich. Erzähler Seit etwa 20 Jahren gibt es solche Forschung. Die neue Wissenschaft hat zur Selbst-Etikettierung allerlei Begriffe ausprobiert: Erzählerin Die Angelsachsen, die zuerst kamen, versuchten es mit "heritage atrocity tourism", "morbid tourism", "grief tourism" und "black spot tourism". Die Franzosen steuerten "Tourisme de la désolation" ab. Die Deutschen "Gruseltourismus". Erzähler Durchgesetzt hat sich: "Dark tourism" - dunkler Tourismus . Erzählerin Oder, etwas vornehmer: Thanatourismus. Erzähler - nach dem griechischen Totengott Thanatos. Der dort wandelt, wo sich Tag und Nacht begegnen. Erzählerin Den Begriff hat 1996 ein gewisser John Lennon geprägt, Professor der Glasgow Caledonian University. Erzähler Ein Pionier. Der sogleich darauf verwies, dass dies kein neues Phänomen ist. Dass schon die Schlacht von Waterloo ein Zuschauermagnet war. Sprecher 1 "Es ist die menschliche Faszination mit unserer Fähigkeit, Böses zu tun, die menschliche Faszination mit dem Tod." Erzählerin Ein Cocktail aus echtem Geschichtsinteresse, Voyeurismus... Erzähler ...und dem, was die Forschung so nüchtern "Kommodifizierung" nennt. Die Verwandlung in eine Ware. Die Verpackung von Erleben. Erzählerin Normiert, perfekt organisiert, leicht zugänglich, erschwinglich. Erzähler Die Industrialisierung des Gefühls. Erzählerin Die Kreation von Kitsch. Sprecher 1 "Menschen wollen Touristen in Kriegsgebieten sein, während der Krieg noch passiert. Sie scheinen großen Appetit zu haben, sehr nahe heranzukommen - während das Blut noch tropft. Dieser Appetit ist grenzenlos und die Nachfrage treibt ihn schneller und schneller an." Atmo/O-Ton 038 Eingang, Menschen (Boot und Flugzeug im Hintergrund) Erzähler Im Museumsladen gibt es neben den üblichen Magneten, Käppis und Kaffeebechern, den Thermoskannen und T-Shirts auch Essnäpfe aus Blech, "echte" Gefängnis-Seife und einen symbolischen Schlüssel. Damit man später, beim Erzählen, ein bisschen Knast vorzeigen kann. Für jene, denen der Weg bergan zu beschwerlich ist, stehen ein paar zusammengespannte Wägelchen bereit, wie man es aus Vergnügungsparks und pittoresken Städten kennt. Man stapft an Gittern vorbei, an Wachtürmen und hohen Mauern, am Wasserreservoir, am Leichenhaus. Blickt über die Bay. Eine 1A Aussicht. Schön hier - wenn man nicht eingesperrt ist. Atmo/O-Ton 041 in großen, halligem Raum, Gelächter, Schritte Atmo 042 Audioguide Alcatraz Schiff, Knast Erzähler Am Eingang zum Gefängnis bekommt jeder den Audio-Guide ausgehändigt. Ein kleines Gerät, das an einem Band um den Hals baumelt. Dazu einen Kopfhörer. Erzähler Und so laufen Hunderte Besucher aus aller Welt lauschend durch den Knast. Werden von den Stimmen ehemaliger Wärter und Häftlinge wie an einem unsichtbaren Band durch die Gänge gezogen. Gehen auf in den Geschichten. Atmo/O-Ton Audioguide Erzähler Der Stimmen in den Ohren verlangsamen die Schritte der Besucher, ziehen sie hinein in die Geschichten, lassen den Ort lebendig werden. Atmo/O-Ton 057 DT144 (1:41) nur anreissen Guide: Einer der berüchtigtsten Gefangenen hier im Block D war der Mörder Robert Stroud, der sogenannte Vogelmann. Erzähler Stroud, Nummer 594. Deutschstämmig, 1890 in Seattle geboren. Verbachte 54 seiner 73 Lebensjahre in Haft. Ununterbrochen. Erst auf McNeil Island, dann in Leavenworth. Mit 13 floh er von dem brutalen Vater. Mit 19 erschoss er einen Mann, im Streit um Kitty, seine Geliebte. Später erstach er einen Mithäftling, dann einen Wärter. Hinter Gittern bestand er viele Fernlehrgänge mit Bravour. Züchtete Kanarienvögel in seiner Zelle. Begann, ornithologische Bücher zu schreiben. 1942 kam er nach Alcatraz. Ohne Vögel. Erzähler Dieser Ort aus Eisen und Beton verströmt einen kuriosen Reiz. Die engen, kargen Zellen mit Klapptisch und Klappstuhl. Der verlassene Kontrollraum. Erzähler Ein paar knappe Lebensgeschichten. Viel über den Gefängnisalltag auf dem Felsen. Noch mehr über die Ausbruchsversuche, die angeblich alle erfolglos waren. 14 waren es in den 29 Jahren, die das Gefängnis existierte. Im Mai 1946 versuchte es der Bankräubers Bernard Coy, mit fünf Mitgefangenen. Erzähler Er schlug den Wärter dort oben bewusstlos. Warf seinen Komplizen die Schlüssel zu. Keiner passte. O-Ton 064 Audioguide Der Ausbruch 1946 Erzähler Die Schlacht von Alcatraz. Zweimal verfilmt. US Marines feuerten zwei Tage lang auf die Insel. Coy und zwei Komplizen starben. Zwei weitere wurden zum Tode verurteilt und in der Gaskammer von San Quentin hingerichtet. Zwei Wärter kamen um, 18 wurden verletzt Erzähler Es ist ein sanftes Grauen. Erzählerin Gut auszuhalten. Erzähler So lebendig die Geschichten auch werden - sie bleiben Geschichte. Erzählerin Sie berühren die Sinne, aber kaum den Verstand. Erzähler Alcatraz ist seit über einem halben Jahrhundert geschlossen. Erzählerin Hier werden Stories konserviert. Aber keine Fragen gestellt. Erzähler Das Gefängnissystem wird nicht zum Thema. Die Tatsache etwa, dass aktuell allein in Kalifornien gut 130 000 Menschen in Haft sind. Erzählerin Kalifornien hat nicht einmal halb so viele Einwohner wie Deutschland. Aber mehr als doppelt so viele Gefangene. Erzähler Die USA hat mit über 2,2 Millionen Häftlingen die größte Gefängnispopulation der Welt. Proportional wie absolut. Erzählerin Längst gibt es Hitlisten dunkler Orte. Immer ganz vorn: Ground Zero in New York. Das Konzentrationslager Auschwitz. Die Ruinen von Pompeji. Die Atomruine von Tschernobyl. Der Strände des D-Day in der Normandie. Erzähler Im Internet findet sich ein gar ein "Darkometer', auf dem hunderte von Orten in aller Welt nach ihrem "Dunkelheitsgrad" bewertet sind. Auf einer Skala von 1 bis 10. Erzählerin Von der "Dritte-Mann-Tour" in Wien bis zur Geisterstadt Agdam in Nagorno-Karabach. Erzähler Von Gallipoli bis Wounded Knee. Erzählerin Woher rührt er, dieser Lockruf des Dunklen, des Furchtbaren, des Bösen? Erzähler Schon die Gladiatorenkämpfe im alten Rom waren eine dunkle Attraktion. Erzählerin Pilger, gerade die christlichen, zog es schon immer an Todesstätten. Erzähler Im Mittelalter ergötzten sich manche an Henkerswerk und Hexenverbrennungen. Erzählerin Am Blick auf das Elend der anderen. Erzähler Am 14. September 1884 berichtete die "New York Times": Sprecherin 1 "Slumming. Eine modische Manie aus London erreicht New York". Erzähler Zunehmend würden Gruppen neugieriger feiner Ladies and Gentlemen die Slums der Stadt inspizieren, etwa die Bowery im Süden Manhattens. Bars und Opiumhöhlen inklusive. Erzählerin Mark Twain höchstselbst führte Reisegefährten durch das im Krimkrieg zerstörte Sebastopol. Erzähler Und schimpfte mit den Reisegefährten, weil sie Granatsplitter als Souvenirs einsammelten. Erzählerin Thomas Cook organisierte Reisen zum Burenkrieg in Südafrika. Erzähler Als der noch gar nicht vorüber war. Erzählerin Heute schießt man "Selfies" an Absturz- und Unfallstellen. Und postet sie stolz. Erzähler Auch in Pearl Harbour, vor dem Wrack der Costa Concordia,... Erzählerin ...und an Tatorten, an denen just eben erst ein Amoklauf stattgefunden hat. Erzähler Ja selbst im KZ. Erzählerin In Jeannette, Pennsylvania, wurde im Februar 2015 ein 16jähriger wegen Mordes verhaftet. Er hatte ein "Selfie" mit seinem Opfer geschossen. Erzähler Aber das ist bestimmt kein "dunkler Tourismus" mehr. Erzählerin Dark-Tourism Forscher interessiert die Präsentation des Dunklen. In welchen Kontext es gerückt wird. Und die Emotion des Besuchers. Erzähler Dieses faszinierende Wechselspiel von Neugier, Erschrecken und Mitgefühl. O-Ton 066 Mona Aber ich würd' nicht sagen, dass das was negatives ist, wie es oft dargestellt wird: voyeuristisch oder negativ. Ich finde es wichtig, sich solche Sachen anzuschauen, sich damit zu konfrontieren. Atmo/O-Ton 067 Scheppern der Zellengitter, Kommandos Ranger: Hallo everyone, welcome to Alcatraz. How are you all doing? Menge: Yeah, fine... Ranger: I'm ranger Matt. This is "Sound of the slammer". It's a 10 minutes long cell door demonstration. So if you guys wanna see how the doors work you're in the right spot, I guess... Erzähler 12 Uhr. High Noon. Ranger Matt lehnt lässig über der Brüstung der ersten Zellen-Etage. Schickt ein Grinsen über die Touristenschar. Packt die wuchtigen Hebel an der Wand, mit denen sich die Gittertüren der Zellenreihe einzeln, in Gruppen oder in toto bewegen lassen. Pure Mechanik. Für die gefährlichste Verbrecher der Nation, erklärt er, habe sich die Bundesgefängnisverwaltung ein paar tolle Innovationen ausgedacht. Zum Beispiel diesen "Slammer". Erzähler Matt ist charmant. Das Publikum hängt an seinen Lippen. Warum, fragt Matt, didaktisch clever, will man hier keine schwingenden Türen? Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: If you're a prison guard, why won't you want your cell doors to swing out? Frauenstimme: So that they don't hit you in the face... Ranger: So that they don't hit you in the face with it! 250 pounds of steel! Whack! You're on the third tier. You could possibly fall to your death! So you don't want that. It's bad. Sprecherin 2 Damit man sie nicht ins Gesicht bekommt. Sprecher 2 Genau! 250 Pfund Stahl. Wumms. Du stehst im 3. Stock. Du könntest zu Tode stürzen. Erzähler Matt redet nun, als wolle er jedem einzelnen Anwesenden dieses System verkaufen. Schließen, erklärt er, sei auch langweilig. Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: Several times a day, every day for the rest of your career.... That sucks! Menge lacht Erzähler Und gefährlich. Weil man ja beim Schließen direkt vor dem Gitter steht. Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: In front of the door! These are not solid doors, they're bars. Inmates can do a lot of bad stuff to you through the bars while you are fiddling with your keys, thinking about lunch... Sprecher 2 Die Insassen können Dir eine Menge antun, während Du da mit deinem Schlüssel herumfummelst. Und ans Mittagessen denkst. Dir Sachen an den Kopf werfen. Erzähler Die Besucherschar ist verzückt. Gefährliche Verbrecher, das lässt Matt uns spüren, waren dank dieser unverwüstlichen Mechanik sicher verwahrt. Atmo/O-Ton 069 Scheppern The pull arm sends a metal bolt down a tier in the casing. It grabs the door as you clutch. When you pull it back it kind of drags it open. It's totally mechanical, there is no electricity, there is no... Erzähler Matt, das Showtalent, kommt zum Höhepunkt. Atmo/O-Ton 071 Ranger: I want you to participate. Earn your paycheck! Are you guys going to participate? Menge: Sure. Yes. Yeah. Sprecher 2 Ich will, dass Sie alle mit machen. Verdienen Sie ihr Geld. Machen Sie mit? Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger I am going to work the doors. You are going to call "Rack 'em!" for me. So I need "Rack 'em!" on three. Got it? All right. One, two, three... Menge: "Rack 'em!" Sprecher 2 Sie müssen alle "Rack 'em!" rufen - auf drei. Los! Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: Did you guys believe that? I didn't it. Try it again... Same thing: "Rack 'em!" on three. One, two, three... Menge: "Rack 'em!" Sprecher 2 Klang das glaubwürdig? Nein. Noch mal! Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: We are getting there. Gelächter. Let me fill you guys in on something: It's not a museum! You can yell! Third time is the best one. Right? All together now. One, two, three... Menge: "Rack 'em!" Sprecher 2 Wisst Ihr was? Das ist kein Museum. Ihr dürft brüllen! Beim dritten Mal ist der am besten. Alle zusammen: Eins, zwei, drei... Atmo/O-Ton (Forts.) Ranger: That was a good one. That's the sound of a slammer. Thanks for joining us. Have a good day. Beifall, Stimmengemurmel: Very interesting / OK, I wanna go and look... Sprecher 2 Das war gut. Das war der "Sound des Slammers". Vielen Dank und einen schönen Tag Atmo 072 Schlange, aufs Boot wartend, Stimmen, Gelächter Erzählerin Der "Clipper" holt die Menge ab. Hunderte kommen, Hunderte gehen. Das Schiff leert, füllt sich sofort wieder. Erzählerin Wir gruseln uns. Wir begeistern uns. Wir fühlen mit. Erzähler Und kaufen dann ein Souvenir und eine kalte Cola. Atmo 076 Museum Ausgang / Shop Erzählerin Wir wollen viel erleben, durchleben. Erzähler Gefühle sind erfolgsträchtig, verkaufsträchtig. Erzählerin Ist es Abenteuerlust? Oder echtes Interesse? Erzähler Wie scharf ist beides getrennt? Erzählerin Wie viel Betroffenheit ist im Spiel? Erzähler Wie viel Empathie, Engagement, Empörung? Erzählerin Treibt uns der Wille zum Begreifen? Erzähler Oder doch eher die Lust am coolen Kick des geilen Bösen? Erzählerin Besser als jeder Krimi, jeder Horrorfilm? Erzähler Weil es wirklich passiert ist. "Echt" ist. Collage 079 Besucher kommen vom Boot Mann1: It was good, it was enjoyable. Frau1: I liked the expositions and the views on the city. Mann2: It wasn't frightening. It was interesting though Frau2: Depressing actually. I wouldn't have like to have been there... Autor: So why do you spend a wonderful day on a depressing... Frau2: lacht schallend Because you've got to go there, haven't you? It's the myth of Alcatraz. Mann3: Oh yeah. The same as the lady really. Frau3: The thrill? No, I came für the wildlife and the birds. (lacht schelmisch) Mann4: Did I like it? Sure! Frau4: No shock! Mann5: I loved it. It was good stuff Mann6: Yes it was great. Mann7: Oui, j'ai aimé. Mon fils, il a commencé à écouter et puis il a arrêté, il a que 8 ans. Il était un peu ... pas perturbé autre. Mais je pense qu'il a apprécié la visite. Junge: Mais, il y a tout plein de morts... Mann7: Non, il n'y a pas de morts Junge: Mais si, à la guerre. Ho! Erzähler Die meisten Touristen, die jetzt an Land kommen, sind begeistert. Auch wenn es ein bisschen deprimierend war. Sagt eine Frau. Warum reist man an einem schönen Tag an einen deprimierenden Ort? Sprecherin 1 Das muss man einfach hin. Es ist der Mythos von Alcatraz Sprecher 1 Ich sehe das genau wie die Dame. Sprecherin 2 Gar nicht schockierend. Sprecher 2 Ich fand's toll. Erzähler Ein Franzose sagt, sein Sohn sei ein wenig verstört. Erzählerin Und der kräht dazwischen: Es habe viele Tote gegeben. Sprecher 1 Es war wunderbar. Das machen wir nochmal. Sprecherin 1 Ein Erlebnis fürs Leben! Erzählerin Der französische Fotograf Ambroise Tézenas hat 2012 eine Ausstellung und dann einen Bildband über dunkle Stätten des Tourismus gemacht. Erzählerin 2004 war er zufällig in Sri Lanka, als der große Tsunami kam. Sprecher 2 Ich war dort, als der Zug "Queen of the sea" vom Tsunami in den Dschungel gespült wurde. Erzählerin Das Bild hat ihn nie losgelassen. Wie auch der Umstand, dass der Zug vier Jahre später noch immer im Wald lag. Zu einer Pilgerstätte geworden war. Auch hier wurden "Selfies" gemacht. Fasziniert besuchte Tézenas mehr als ein Dutzend Schreckens-Schauplätze in aller Welt: Ground Zero, Ruanda, Auschwitz. Auch den "John F. Kennedy Assassination Trail" in Dallas, Texas und die Ruinen-Tour in der chinesischen Provinz Sichuan. Dort starben 2008 bei einem Erdbeben mehr als 80 000 Menschen. Die Bilder sind oft spektakulär, aber trotzdem angenehm unsentimental. Er reiste immer mit Touristengruppen. Um die Neugier auf die Katastrophe, die manchmal nur noch Gier ist, besser studieren zu können. Um eine "neue Tendenz" zu zeigen. Das, was Professor Lennon aus Glasgow den "Pull-Faktor des Makabren" nennt. Sprecher 2 "In unserer Zeit sind wir durch Nachrichten, Kino und Videospiele so nah am Tod. Und zugleich ist der Tod in unserer zeitgenössischen Gesellschaft weit entrückt." Erzählerin Die englische Ausgabe seines Bildbandes trägt den Titel: "I was here" Erzähler "I was here". Das ist der Satz, der sich überall findet. Hingekritzelt, Eingeritzt. Selbst in Tuol Sleng, dem einstigen das Sicherheitsgefängnis 21 der Roten Khmer in Pnom Penh, Kambodscha. Ein Folterzentrum. Das vorher ein Gymnasium war. Überall Fotos der Täter. Und Schädel der Opfer. Ein makaberer Ort. Die Galgen. Die großen Krüge, die wie überdimensionierte Blumentöpfe aussehen. Hier wurden Menschen untergetaucht und ertränkt. Und dann steht da, in einem völlig leeren Raum, dieses rohe, eiserne Bettgestell. Auf ihm wurden die Elektroschocks verabreicht. Eindrücke, die sich einbrennen. Erzähler Auf Gemälde sind die Qualen abgebildet: Die Peitschen und Fesseln, das Nägel-Ausreissen und die Wasserfolter. Der Eifer der jungen Täter. Erschreckend präzise. Sie sind in einem naiven Stil gemalt, der in einem grotesken Kontrast zum dargestellten Schrecken steht. Man vergisst sie nie. Atmo 086 Busbahnhof Krakau Erzählerin Und dann, an einem kalten Januartag mit einem bleigrauen Himmel, geht es nach Auschwitz im polnischen Oswiecim. An jenen Ort, der wie kein anderer steht für die Nazibarberei. Für organisierten, industriellen Massenmord. Für den Holocaust. Als "Auschwitz-Birkenau - deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager" steht das KZ sogar in der "Weltkulturerbe"-Liste der UNESCO. Was einen irgendwie zynischen Beiklang hat. Auf dark-tourism.com erreicht das KZ Platz eins. Mit einer "Darkometer-Rate" von 10. Die anderthalbstündige Busfahrt von Krakau ins Herzstück des europäischen Grauens kostet gerade mal 7 Sloty, knapp 1,70€. Zwei junge Spanierinnen kaufen eine Rückfahrkarte. Atmo 089 Eingang von Auschwitz, Menschenmenge, immer wieder die quietschende Eingangstür. O-Ton 090 Are you Tom? Philipp Stone. Hi! So what's your plan of action? Erzählerin Dr. Stone steht am Eingang des Auschwitz-Museums. Er ist Chef des Institute for Dark Tourism Research an der University of Central Lancashire. Mittelgroß. Kompakt. Die Glatze wird von einer hellgrauen Schiebermütze warm gehalten. Atmo/O-Ton 091 Stone: UCLAN students! Can you follow me, please! Erzählerin Dr. Stone hütet seine Studentenschar. Knapp 50 junge Frauen und Männer. Auf Studienreise. Auf einem "field trip" ins KZ. O-Ton 092 Stone I am just going to follow them around, that's my idea. This is a group of undergraduate business management and sociology students looking at this thing called dark tourism. What they've done is spend 15 weeks in the classroom with me looking at the sociology of death, the management of visitor centers, looking at the impacts of the visit economy, looking at this broader thing called dark tourism. So this is a culmination of those studies. Sprecher 1 Ich folge ihnen einfach. In der Gruppe sind Studenten des Business Management und der Soziologie, Sie haben sich bei mir mit der Soziologie des Todes, dem Management von Besuchszentren, der wirtschaftliche Bedeutung und dieser größeren Sache beschäftigt, die wir "Dark tourism" nennen. Das hier ist der krönende Abschluss ihrer Studien. Erzählerin Auschwitz, ein Höhepunkt? O-Ton 094 Stone I've been to Auschwitz more times than is healthy, about twelve, fourteen times now. Sprecher 1 Ich war öfter in Auschwitz als gesund ist, zwölf oder 14 Mal inzwischen. Erzählerin Wo noch? O-Ton (Forts.) Ooh. I've been to Ground Zero a few times. The killing fields in Cambodia. there are lots and lots of places that I go with my research. Sprecher 1 Ein paar Mal am Ground Zero, auf den Killing Fields in Kambodscha. Ich muss für meine Forschung an viele, viele Orte. Erzählerin Die Studentenschar setzt sich in Bewegung, stapft durch das berüchtigte Tor mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" ins "Stammlager" Auschwitz I. Voran läuft Fremdenführer Bartek. Er spricht in ein kleines Mikrofon, die Gruppe lauscht ihm über drahtlose Kopfhörer, sieht seine Atemwölkchen. Atmo 098 Fremdenführer leise Erzählerin Bartek zeigt die Baracken, die Rampe, die Schornsteine, Die Berge von Haaren, von Schuhen, von Koffern, Kämmen, Kochtöpfen. Die leeren Zyklon-B -Dosen. Die Schautafel mit der Bedeutung der Sterne und Winkel - jener Aufnäher auf der Lagerkleidung, mit der die Gefangenen markiert wurden: "Jude, Krimineller, Asozialer, Emigrant, Zigeuner, Zeuge Jehovas, Homosexueller, politischer Schutzhäftling." Er zeigt die Karte mit den Lagern und den Fabriken hier. Und die Karte mit Pfeilen aus ganz Europa, die veranschaulicht, von wo überall die Opfer hierhergebracht wurden. Atmo Guide spricht direkt Erzählerin Am Ende der Lagerstraße zeigt er die "schwarze Wand". Schildert fast schon lakonisch, wie tausende Menschen nackt an diese Wand gestellt und erschossen wurden. Erzählerin Führt uns nebenan durch Block 11, in die Hungerzellen, die Dunkelzellen, die winzigen "Stehzellen", etwa 90 mal 90 Zentimetern groß. In die bis zu vier Häftlingen gepresst wurden. Stone diskutiert mit Lauren, einer Studentin. O-Ton Lauren: It's very very good. You can tell... It feels like it's an attraction. Which is kind of taking it away a little bit from what is was. Because it's such a mass view, all those shoes. Instead of focusing on like one person who died specifically and touching emotions. It's such a mass thing. You can tell it's an attraction Stone: So the individual narrative is lost, I guess. Lauren: I think, yes. Stone: That's interesting. And that is important with heritage: Touching our empathy with people we can relate to. Lauren: I think that it means so much more when they pick someone out specifically and then talk about it... You feel more connected to it. Rather when they just say: tens of thousands of people died. It's hard to touch emotions, it's such a big mass of people. Sprecherin 2 Es ist sehr gut. Aber es fühlt sich auch wie eine Attraktion an. Das nimmt etwas von dem weg, was es war. Weil es so massenhaft ist. All diese Schuhe. Anstatt sich zum Beispiel auf eine Person zu fokussieren, die hier gestorben ist Sprecher 1 Und dadurch, denke ich, geht das individuelle verloren. Sprecherin 2 Ja, denk ich auch. Sprecher 1 Und das ist so wichtig bei der Überlieferung: Dass sie unsere Empathie anspricht. Mit Menschen, zu denen wir in Beziehung treten können. Sprecherin 2 Es bedeutet viel. Man fühlt sich viel verbundener als wenn es einfach heißt: Da sind Zehntausende gestorben. Es ist schwer, da ein Gefühl zu entwickeln. Bei so einer riesigen Menge Menschen. Erzählerin Lauren ist hin und her gerissen, als Wissenschaftlerin und Mensch. O-Ton 107 Lauren Really, it's quite heartbreaking, really, when you look at it. "But I would have thought it effected me more. Because from what I get it's such a mass perspective. It's like a shock. It seems unrealistic, because it's so unbelievable what happened here. It hurts. When you see the chambers of hair, it just made your skin crawl. Cause it's just so unbelievable. You just don't think it's real. You just don't understand it as much as you would... (seufzt) Sprecherin 2 Es bricht einem das Herz. Und doch hätte ich gedacht, dass es mich mehr berührt. Weil es diese Massenperspektive ist. Wie ein Schock. Es scheint unwirklich, weil es so unglaublich ist, was hier passiert ist. Es tut weh. Du siehst die Berge abrasierter Haare und bekommst eine Gänsehaut. Es wirkt unglaublich. Und Du verstehst es weniger, als Du eigentlich willst. Erzählerin Dr. Stone sucht Abstand. Will wissenschaftliche Distanz halten. Er guckt die Lagerstraße herunter und denkt nach über das, was er "die Produktion von Erlebnissen" nennt. O-Ton 109 Stone I think, yeah, there are two sides of the coin here. We talk about consumption, which is the experience. So you see can see around Auschwitz today there are a lot of young people, being brought in groups. So collectively we are here as part of the tourism industry. So part of that is the learning, the remembrance, the memorialization of the tragedies and atrocities that have happened here. But equally it's how it is actually managed as ... another attraction. Because that's what is it, you know.. So we got to understand what the attraction is. What I am interested in more than anything else is. What are the consequences of people visiting these places for history, for heritage and for society at large? Sprecher 1 Die Sache hat zwei Seiten. Wir sprechen über Konsum, über das Erlebnis. Du siehst hier in Auschwitz heute eine Menge junger Leute, die in Gruppen hergebracht werden. Wir alle sind Teil der Tourismusindustrie. Zum einen geht es um das Lernen, um Erinnerung, um die "Memorialisierung" der Tragödien und Gräueltaten, die hier geschehen sind. Genauso aber darum, wie das gemanagt wird als Attraktion. Denn es ist eine. Wir müssen verstehen, was die Attraktion ist. Das interessiert mich mehr als alles andere: Wenn Menschen solche Orte besuchen - was folgt daraus für die Geschichte, für die Überlieferung und für die Gesellschaft als Ganzes? Erzählerin Der Kontrast zu den lausigen Zellen: Die Stube des Blockführers. Der aufgeräumte Schreibtisch. Das Hitlerbild an der Wand. Die Tafel mit den Namen der Zelleninsassen. Die urdeutschen Wörter: Standortfunkstelle, Spruchnummer, Sonderkommando. Alles so orrrdentlich. Atmo Erzählerin Von Vergessen kann keine Rede sein. Die Zahlen steigen. 2001 kam knapp eine halbe Millionen Besucher nach Auschwitz, 2001 gut eine Million. 2014 waren es schon 1,5 Millionen. Es steckt viel Logistik dahinter, all die Gruppen durch das Gelände zu lotsen. Es ist ein steter Strom, der da durch die Lagerstraßen und durch die Baracken läuft. Treppauf treppab Atmo Erzählerin Stacheldraht. Viel grober Backstein. Bartel führt uns am "Sammelgalgen" vorbei zur ersten Gaskammer. Dann ist Mittagspause O-Ton 114 Mona Aber, also jetzt gerade, heute morgen, habe ich mich nicht so damit identifizieren können. Erzähler Mona aus Berlin, die über das Gedenken in Ruanda promoviert, sitzt in einem kleinen Fastfood-Restaurant gleich neben dem Museum. Vielleicht wirkt Ruanda einfach stärker auf sie? O-Ton 115 Mona Ja, da glaube ich auf 'ne Art schon. Das ist ziemlich schockierend eigentlich. Erzähler Wobei Ruanda heute, gut 20 Jahre danach, als "Schweiz Afrikas" gilt. Mona hat ein Paper darüber geschrieben, wie sehr der Völkermord hier immer mehr Teil des Tour-Programms wird. Grüne Hügel, Gorillas und Genozid. O-Ton 116 Mona Gerade in Ruanda sind die Memorials ja viel roher noch. 20 Jahre ist ja nichts. Und die Guides, die sind auch alle Zeitzeugen. Also jeder hat eine große Geschichte da und ist irgendwie mit den ganzen Events verbunden. Und hier merkt man halt die zeitliche Distanz sehr Franziska: Also ich find, dass vor allem diese Haarberge... Erzähler Ihre Freundin Franziska mischt sich ein O-Ton (Forts.) ...fast das Schockierendste jetzt war. Sogar krasser als in der Gaskammer dann letztendlich zu stehen. Weil das einem quasi die unmittelbare Verbindung zu den Personen, zu den Menschen liefert. Weil es ja ein Teil von denen ist. Erzähler Franziska macht gerade Erasmus in Krakau O-Ton 117 Franziska Ja, ich weiß nicht. Ich hab mir glaub ich ganz automatisch so ein bisschen auch an meine eigenen Haare gefasst, so. Erzähler Gibt es ein Rezept für gutes, eindringliches, lehrreiches, nachhaltiges Erinnern? O-Ton 118 Mona Glaub ich nicht. Es ist schwierig. Ich versuche mit meiner Doktorarbeit vielleicht so ein bisschen einen Einblick darin zu gewinnen, wie man memorials gestalten könnte. Dass Leute zum Beispiel, wenn Sie von der Gedenkstätte wegkommen, nicht total hoffnungslos sind und niedergeschmettert und denken: Oh Gott, wie konnte das passieren? Sondern dass man halt mit einer gewissen Hoffnung irgendwie rausgeht. Oder für sich selbst Konsequenzen zieht, wie man mit so einer Situation vielleicht in Zukunft umgeht. Oder wie man ein active bystander sozusagen sein kann, wenn es um Gewalt geht. Das, denke ich, ist halt wichtig. Dass man nicht einfach die Fakten zugeschmissen kriegt, sondern dass man aktiv dann auch selbst was verändern kann. Weil sonst ist der berühmte Spruch "Never again" ja eigentlich auch nicht... nichts wert. Erzählerin Was zieht uns ans solche Orte? Was machen sie mit uns? Warum besuchen Menschen den Kriegstunnel von Sarajevo, das kasachische Atombomben-Testgelände Semipalatinsk und die Stätten des Sklavenhandels in Ghana? Erzähler Im Andenkenladen des Budapester Felsenkrankenhauses kann man sogar Gasmasken kaufen. Erzählerin Warum, um näher zu kommen, locken in Berlin so viele "Schattenorte": Die Topographie des Terrors, das Holocaust-Mahnmal, der Stasi-Knast, die Mauerbrocken, die Bunkertouren, der Checkpoint Charlie? Erzähler Vielleicht, weil es gutes "Histotainment" ist. Weil man hier, spannend inszeniert, Geschichte begreifen kann. Erzählerin Oder einfach, um noch ein "Erlebnis" obendrauf zu packen, noch ein "Event" abzuhaken. Um, wie die Forscher sagen, "das Makabere zu melken". Erzähler Kein Zweifel. Das erregt uns: Die Katastrophen. Die Trümmer. Die Qualen. Die vielen Toten. Erzählerin 2013 gab es in Deutschland gerade einmal 282 Mordopfer. Erzähler An jeden Fernsehabend aber müssen Hunderte sterben. Im Kino sowieso. Und in den Buchhandlungen biegen sich seit Jahren die Regale - wegen des Booms im "Spannungssegment". Wegen der Abertausend Krimis. Erzählerin Wir sind jetzt abgehärtet. Erzähler Aber voller Gefühl. Voller Lust am Tod Atmo 119 Bus nach Birkenau Erzählerin Im Bus geht es nun weiter, das kurze Stück bis zum Lager Auschwitz-Birkenau. Da sitzt noch ein Doktorand drin. Alex, 26, aus Manchester. O-Ton 120 Alex I am currently writing a PhD on a subject of dark tourism... Erzählerin Er schreibt darüber, wie man Erleben organisiert. Und "vermarktbar" macht. O-Ton 121 Alex Yes. Marketable, But also what you might call "user-friendly". Sprecher 2 Ja, vermarktbar. Und auch, was man "benutzerfreundlich" nennen könnte Erzählerin Schilder, Erfrischungen, Toiletten. Die ganze Organisation. Atmo/O-Ton Guide Bartek Erzählerin Auschwitz II steht auf flachem, grünem Land. Feucht, durchzogen von Gräben. Und Gleisen. Auch hier, wie an einer Schnur aufgereiht: Die Baracken. Rundrum der Elektrozaun. Atmo/O-Ton 123 Guide Bartek O-Ton 125 Georges While this one it puts you on the spot. It grabs you deeper. So it makes you really, really close to reality. Sprecher 1 Es packt dich an Ort und Stelle. Ergreift dich einfach stärker. Es bringt dich sehr, sehr nah an die Realität. Erzählerin Georges aus Mauritius, 43, studiert internationalen Tourismus und Business Management. Dark Tourism ist für ihn eine neue Dimension. Er hat schon 15 Jahre Tourismus hinter sich. Das sei, sagt er, irgendwann nur noch nett. Und für die Kunden meist eine Flucht vor dem Alltag. O-Ton 127 Georges Obviously you always have a group of people just for the thrill. But in general, from what I witness, people come here to look at it. You have a sense of horror. Imagine how difficult it was for the people. Winter is very cold. And they had practically nothing on them. And they had to survive that. Sprecher 1 Sicher hat man immer welche, die nur für den Kick kommen. Aber die meisten, denke ich, schauen sich das wirklich an. Du spürst ja den Schrecken. Stell dir vor, wie schwer das für die Menschen hier war. Der Winter ist sehr kalt. Sie hatten fast nichts am Leib. Und mussten das überleben. Erzählerin Es ist auch ein wachsendes Geschäft. O-Ton 128 Georges Yes. Oui, définitivement. Oui. Parce que ... Sprecher 1 Das wächst, weil die Leute immer mehr nach dem Authentischen verlangen. Mehr als diesen touristischen Standard, den man immer hat: Strand, Sonne und so weiter. Das hier ist anders. Es ist eine neue Dimension. Atmo/O-Ton 129 Bartek an Mahnmal / vor den Gaskammern Erzählerin Am Ende des Areals: die Ruinen der Gaskammern. Das Mahnmal. Im kalten Wind. Emma, eine Studentin steht da, einen dicken Notizblock umklammernd. Sie schreibt und schreibt. O-Ton 132 Emma I am writing lots of notes about what things are authentic and...and things like that. Sprecherin 1 Ich mache jede Menge Notizen darüber, was hier authentisch ist und was nicht. Wie sie sich um das Haar und die Schuhe kümmern und solche Sachen. Erzählerin Warum? O-Ton 133 Emma I am doing a dissertation on it at the moment ...sometimes you don't get told it until you ask ... Sprecherin 1 Ich schreibe eine Dissertation darüber - was hier verändert wurde. Darüber, dass nicht alles, was man hier sieht, so ist, wie es war Erzählerin Beispiel: Die Holzbaracken hier sind nachgebaut. Die echten wurden niedergebrannt. Oder dienten nach dem Krieg als Feuerholz. O-Ton 134 Emma But nowhere is there a sign that says: these are replicas. It doesn't say anywhere. Sprecherin 1 Aber nirgendwo ist ein Schild, das sagt: Dies sind Nachbauten. Erzählerin Ist das so wichtig? Muss das dranstehen? O-Ton 136 Emma I think it should. Because it gives people connected to that place. And it is kind of tricking them. Sprecherin 1 Ich finde: ja. Weil es den Leuten ein falsches Gefühl gibt, verbunden mit diesem Ort. Es täuscht sie irgendwie. Erzählerin Eines Tages könnte sie selbst so eine Gedenkstätte leiten. O-Ton 138 Emma I don't think I could deal with the pressure. Sprecherin 1 Ich weiß nicht, ob ich den Druck aushalten würde, Wenn da Leute wie ich herumlaufen und jedes einzelne Detail genau analysieren. Atmo 139 Bartek, dann Schritte Erzählerin Bartek erzählt über Fluchtversuche und die furchtbaren Strafen. Führt die Gruppe in eine der niedrigen Baracken. Beklemmend. Der harte Steinboden, die engen Verschläge, in denen die Gefangenen dicht gedrängt schliefen. Eingepfercht. In drei Reihen übereinander. Die Studentin Lei Liu Yang ist den Tränen nah. Nein: Sie weint tatsächlich. Läuft zu Dr. Stone. Fragt ihn fassungslos: Warum hat Hitler die Juden so gehasst? Atmo 141 DT292 (0:16) Schritte am gleichen Ort Atmo/O-Ton 142 Stone: The jews have often been blamed for lots of economic and social problems throughout history. Society's scapegoat quite often... Stone: And Hitler thought, well, his main gripe was really that jews had caused them to lose the First World War and ... Lei: So they hate them... Sprecher 1 Den Juden wurden in der Geschichte oft für alle möglichen wirtschaftlichen und sozialen Probleme die Schuld gegeben. Sie dienten als Sündenböcke der Gesellschaft. Sprecherin 2 Sie haben sie also gehasst. Erzählerin Lei kann es trotzdem nicht fassen. Atmo/O-Ton 143 Lei: ...destroy this whole race and create a new one. Like a brand new race by Hitler. Fucking Hitler. Sprecherin 2 Sie wollten alle ausrotten und eine nagelneue Rasse schaffen. Scheiß-Hitler. Erzählerin Lei wusste nicht, was mit diesem Kurs auf sie zukommt. Sie dachte: Naja, ein bisschen Geschichte. O-Ton 144 Lei But I never knew we were going this deep. To come here and physically see the things. Sprecherin 2 Ich hab nicht geahnt, dass wir so tief gehen, dass wir hier herkommen und das alles sehen würden. T Erzählerin Die Reisegruppe steuert auf ihren Bus zu. O-Ton 149 Stone I think what Auschwitz is: It's almost a blueprint for hate. And I think that's fine in terms of the historical discourse that we tell. Some of my research has looked at the consequences of what we call "emergent motivation", what is motivated in the people, who had been here, in two, three weeks time, when they had that time to reflect? But I think: If we gonna get lost in numbers, if it's a numbers game, than Auschwitz wins. Sprecher 1 Auschwitz ist geradezu eine Blaupause für Hass. Das ist so lange in Ordnung, wie es um den historischen Diskurs geht. Meine Forschung hat sich mit dem beschäftigt, was wir "erwachende Antriebe" nennen: Was bewegt Menschen, die hier waren, nach zwei, drei Wochen - wenn sie Zeit hatten nachzudenken? Wenn wir uns in Zahlen verlieren, gewinnt Auschwitz. Erzähler Im Bus geht die Debatte weiter. Über "säkulares Pilgern" und die Konstruktion von Moral. Über die Flut der Reize, die Verhärtung der Seelen und die Verrohung der Sehgewohnheiten. O-Ton 154 Stone So when we visit places like Auschwitz what we need to do is to try and relate it back to our selfs and our own relevant worlds to make sense of the history of our dark heritage. Because there is a danger of the media sanitising all death. And we just need as an outlet, dark tourism provides, to bring us back into the reality of tragedy and atrocity. Sprecher 1 Wenn wir Orte wie Auschwitz besuchen, versuchen wir, den Bezug zu uns und der für uns relevanten Welt zu finden. Um unserer Geschichte und unserem dunklen Erbe Sinn zu geben. Die Gefahr ist, dass die Medien allen Tod keimfrei machen. Also brauchen wir dark tourism als Ausschlupf, um uns zurückzubringen in eine Realität von Tragik und Grausamkeit. O-Ton 155 Emma It's on a totally different scale each time. At Ground Zero you can buy key chains and cups and badges, and everything is metallic and clean and sheer... Sprecherin 1 Es sind ganz verschiedene Dimensionen. Am Ground Zero kannst Du Schlüsselringe kaufen. Und alles ist metallisch und sauber und rein. Erzähler Emma mag das Dunkle. War schon immer ein bisschen "gothic". Sie kenne Leute, die fänden Auschwitz langweilig. Weil es kaum Einschusslöcher gibt, keine Knochen und kein Blut. Was berührt uns noch? Früher sagt Emma, seien die Leute bei Dracula im Kino ohnmächtig geworden. O-Ton 156 Emma - that doesn't seem that many years ago. It was really horrific to them that this could happen. So I think people are seeking more... I think "thrill" is the wrong word. But: to be shocked. To be shocked and entertained by death. Which is a horrible thing... Sprecherin 1 Das ist noch nicht lange her. Für die war das wirklich entsetzlich. Ich denke, die Leute suchen... - Thrill ist das falsche Wort. Sie wollen schockiert und unterhalten werden durch Tod. Was ziemlich fürchterlich ist. Erzähler Und dabei Popcorn essen. O-Ton 157 Emma But then: Is it selfish empathy? If you have nothing to do with that? I mean, I am always feeling empathy for the victims and get really emotional. And then I feel so selfish because I was getting emotional, Because I felt: I wasn't effected by it, my family wasn't effected by it. So what gives me the right to be upset? I don't even have the right to be able to shed a tear over this because I'd feel like I was taking it away from the people who've had such a close experience with it or experienced it themselves. Sprecherin 1 Aber: Ist die Empathie nicht total eigensüchtig? Wenn Du damit nichts zu tun hast? Ich fühle immer mit den Opfern. Und dann fühle ich mich egoistisch, weil ich emotional werde. Ich war davon nicht betroffen, meine Familie auch nicht. Was gibt mir das Recht, bestürzt zu sein? Ich steht mir nicht einmal zu, darüber eine Träne zu verdrücken. Es käme mir vor, als nähme ich es dadurch denen weg, die das wirklich erlebt haben. Sprecherin 2 Dark Tourism Vergnügungsreisen ins Grauen Ein Feature von Tom Schimmeck Sie hörten eine Produktion des Deutschlandfunks 2015 Es sprachen: Guido Lamprecht und Justine Hauer, Andreas Potulski und Sigrid Burkholder Ton und Technik: Wolfgang Rixius und Kathrin Fidorra Regie: Matthias Kapohl Redaktion: Tina Klopp Dark Tourism 2 / 26 Dark Tourism 1 / 26