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Deutschlandradio Kultur


Nachspiel 14.07.2013
�Die letzte gro�e Schleife�
Radprofi Jens Voigt f�hrt mit 41 die Tour de France
Von Martin Hartwig







Introcollage: 
Ich geh jetzt mal mit dem Journalisten quatschen, nicht so lang in der Sonne und M�ckencreme // PELETON // Ansager: Radrennen Wittenberg stellt Jens Voigt vor //
Internationale Stimmen Radrennnen mit JV // Shut up Legs // Voigt beim Fahren
Werbekolonne // Autos // Hupen Alles �bereinander LAUT RUMMS SCHLUSS 
Stille// Wind in Mikro // Einzelnes Auto f�hrt  vorbei // Stille Wind in Mikro 

Atmo: einsame Stra�e 
Autor:
Jetzt sind alle weg! Und ich wei� nicht mal, wo ich genau bin. Dabei war alles genau abgesprochen. Tim sagte mir, dass Kim � au�er Jens Voigt und mir duzen sich hier eigentlich alle � also dass Kim mich beim Verpflegungspunkt aufnehmen w�rde und ich den Rest der Etappe im Wagen des Teamleiters mitfahren k�nnte. Wie kann man ahnen, dass das Teamfahrzeug selbst einen Platten haben und weit hinter dem Feld fahren w�rde. Und dass just in dem Moment, in dem es mich aufnehmen sollte,  Fabian Cancellara weiter vorne eine Panne hat und der Teamchef dann losrast und mich einfach am Stra�enrand stehen l�sst.

Das war es dann wohl mit der sch�nen Reportage von der Tour de Suisse, von der wilden Jagd durch D�rfer und St�dte, von hektischen Positionsk�mpfen im Feld, von  
St�rzen und waghalsigen Man�vern der Begleitfahrzeuge.

Kurzer Musikakzent Kraftwerk Tour de France // dar�ber Atmo: Rad rauscht vorbei // Ansager Radrennen Wittenberg 

Atmo: Fahren und Schnaufen von Voigt und Hartwig 

1. O-Ton: [Jens Voigt auf dem Rad]
Wir hatten mal so nen Moment, wo wir am Tisch sa�en. Bunt zusammengew�rfelt und pl�tzlich wurde mir klar, wer da bei mir alles am Tisch sitzt und da meinte ich He Jungs kommt mal her: Wir vier hier sind Rolling Stones des Radsports. 

Autor:
Jens Voigt ist 41, �ltester Fahrer im bezahlten Radsport und wenige Tage vor seiner 16. Tour de France gut gelaunt.

2. O-Ton: [Jens Voigt auf dem Rad]
Da sa�en eben Chris Horner und ich mit 41, Danilo Hondo, Andreas Kl�den mit 38, 39. Das hei�t wir vier zusammen, waren dann ziemlich 160 Jahre alt.

Autor:
Wir fahren die Hausrunde am Berliner Wannsee, eine der beliebtesten Strecken der Hobbyfahrer der Hauptstadt. Und auch f�r Voigt der Startpunkt seiner Ausfahrten, denn er wohnt gleich hier.


3. O-Ton: [Jens Voigt auf dem Rad]
Ja nat�rlich hat man alle Stra�en inzwischen gesehen, und zwar mehr als einmal, aber jetzt sind wir hier in der Sonne unterwegs, fahren hier wundersch�n am Wasser entlang, frische Luft. Und das ist mein B�ro. Also mein B�ro ist, mich gesund und fit zu halten, an der frischen Luft. Das ist doch ein toller Job! Also meistens freu ich mich darauf. 

Autor:
Voigt ist gut in Form und wurde am Tag zuvor endg�ltig f�r sein Team �Radioshack Leopard Trek� als Tourfahrer nominiert. Er hat es noch mal geschafft, vermutlich zum letzten Mal.

4. O-Ton:
Es wird sicher nicht einfacher. Und wir haben ja auch gute Fahrer, junge Fahrer, und ich glaube n�chstes Jahr bin ich einfach nicht mehr stark genug. Das ist einfach so der Lauf der Natur. Man will es vielleicht nicht wahr haben, aber jetzt mit 41 ist mein K�rper vielleicht nicht mehr so leistungsf�hig wie vielleicht noch vor 10 Jahren oder vor 5 Jahren.

Autor
Wir fahren zum �Willy� hoch, so wird der zu Ehren Wilhelm I gebaute Turm auf dem Karlsberg von den Radfahrern meist genannt. Die Steigung f�hrt auf die H�he von gerade mal 78,5 Meter � ist dabei aber b�sartiger als man zun�chst denkt. Der Karlsberg war sogar mal eine Bergwertung der Tour de France, die 1987 in Westberlin startete. 
Jens Voigt lebte zu dieser Zeit im Sportinternat, in der Kinder- und Jugendsportschule �Ernst Grube� - auch in Berlin, in Ostberlin, auf der anderen Seite der Mauer. Am 17. September 1971 in Grevesm�hlen, einer Kleinstadt in Nordwestmecklenburg geboren, fiel er bei der Kinder- und Jugendspartakiade als Ausdauertalent auf, und wurde im Alter von neun Jahren von der Betriebssportgemeinschaft Traktor Dassow angesprochen. Sein erstes Rennen war ein Bergzeitfahren auf R�gen. Er gewann es und wurde von da an systematisch gef�rdert.
5. O-Ton: (JV)
Ja gut, nun war ich damals mit 14, ja, da ist man halt noch sehr klein, jung und unbedarft, jetzt diese Medaillenschmiede, und die Mauer ist ja dann irgendwo vielleicht auch zu meinem Gl�ck zum richtigen Zeitpunkt zusammengebrochen und die Wiedervereinigung, ansonsten denke ich, w�re mein Weg irgendwo auch vorgezeichnet gewesen, ja, ok, Herr Voigt, der wird jetzt irgendwann die Friedensfahrt fahren und zu Olympia gehen und Diplomat im Trainingsanzug, das w�r dann ganz sicher so gekommen.

Autor:
Jens Voigt kam gut �ber die Wende und gewann im Fr�hjahr 1994, noch als Amateur die Friedensfahrt - die Tour de France des Ostens - die zu dieser Zeit allerdings schon an Bedeutung verloren hatte. Erst mit 23 Jahren entschloss er sich, den Schritt ins Profilager zu wagen.

6. O-Ton: (JV)
Ja, 94 war ich Gesamtsieger des Amateurweltcups und irgendwo auch auf dem H�hepunkt meiner Amateurlaufbahn oder auch meines Leistungsverm�gens als Amateur, aber damals hatten wir eben nur ein deutsches Team, das war das Team Telekom, und aus irgendeinem Grund wollten die mich nicht, ich wei� bis heute nicht genau warum, entweder hat irgendjemand mal schlecht �ber mich geredet, ja, oder irgendwas falsch �ber mich erz�hlt, dass die dachten, die k�nnen mich nicht gebrauchen, jedenfalls wollten die mich nicht und ich hab die ja wirklich auf den Knien hab ich die fast angebettelt: nehmt mich doch, ich bin ein guter Fahrer, glaubt mir doch, ich koste nicht viel Geld, gebt mir nur ein Jahr Vertrag und ich kann euch zeigen. Ihr k�nnt ja dann sehen, wie ich fahre. Aber hat kein Weg reingef�hrt, ja, ich meine jetzt im Nachhinein ist man froh, dass man da nicht gefahren ist, ja, dass man�. Dass dieser Kelch irgendwo an einem vorbei gegangen ist, ja.

Autor:
So heuerte er schlie�lich f�r 17.200 Mark j�hrlich bei einem kleinen australischen Team mit dem unaussprechlichen Namen ZVVZ-GIANT-AIS an. Ein Jahr sp�ter wechselte er in das �Gan Team�, aus dem dann die sehr erfolgreiche franz�sische Mannschaft �Credit agricole� hervorging. Seitdem f�hrt Jens Voigt bei den gro�en Teams, in Mannschaften, die gro�e Rundfahrten und Klassiker gewinnen und die mit Landes- und  Weltmeistern geradezu gespickt sind. Auch f�r ihn selbst ist viel dabei rumgekommen.  Er fuhr im gelben Trikot der Tour de France, er gewann zwei mal die Deutschlandrundfahrt,  siegte in der Polen Rundfahrt, beim Criterium International und und und �..

Atmo: einsame Stra�e Wind schl�gt ins Mikro 

7. O-Ton: (Autor in Handy)
Hello Tim, this Martin, the journalist from Deutschlandradio. Kim just drove buy, but he didn�t stop. � No chance he was too fast. Now I�m lost here! I have no clue where I am. 

Autor:
Abgeh�ngt!
Tim will Igor und Elvio, die beiden Masseure, noch mal zur�ck schicken um mich abzuholen, kann aber etwas dauern. Das Rennen ist jetzt schon 10 Kilometer weiter und die Chancen es noch mal zu erreichen schwinden. Hier am Verpflegungspunkt an der kleine Br�cke, stehen nur noch paar ein versprengte Dorfbewohner herum. Ein kleines M�dchen fragt, ob es die Trinkflaschen, die die Fahrer weggeworfen haben, mit nach Hause nehmen kann. Da ich vorhin aus dem Teamwagen von Radioshack gestiegen bin, scheint es mich hier f�r zust�ndig zu halten. Ich erlaube es also. Ein �lterer Mann will wissen, ob die Ausrei�ergruppe, die vor dem Hauptfeld durchgefahren ist, wohl durchkommt � �Klar� sage ich entschieden, 11 Minuten m�ssten reichen. �ber den Liveticker auf dem Smartphone erfahre ich, dass Jens Voigt am Anfang des Rennens sehr aktiv war und sich jetzt im Hauptfeld befindet. Es ist viel passiert. Die Mannschaft von �Radioshack� hatte mehrere Pannen und St�rze, hat aber auch jemanden in der Ausrei�ergruppe. Davon m�sste man berichten. Dabei hatte es heute Morgen eigentlich ganz gut begonnen.

Autor:
Leuggern. Startort der 6. Etappe der Suisse, eine der wichtigeren Rundfahrten des Profizirkus, bei der sich die Gro�en des Sportes den letzten Schliff f�r die Tour holen und die weniger Gro�en die letzte Chance haben sich f�r die Mannschaft zu empfehlen.

Autor:
Die Fahrer kommen eine gute Stunde vor dem Rennen an. Die riesigen Busse mit den bekannten Schriftz�gen der Sponsoren werden von einigen Fans und einer Handvoll Journalisten erwartet. Der Bus von Radioshack Leopard Trek geh�rt zu den ersten. Die Helfer stellen die R�der nach drau�en. Eine Markise f�hrt aus und spendet  Betreuern und Fans ein wenig Schatten. Ab und zu kommt einer der Fahrer heraus. Ein paar deutsche Fans bitten um ein Foto mit Jens Voigt. Der l�chelt bereitwillig in die Kameras und l�sst sich den Arm um die Schulter legen, was manchmal gar nicht so einfach ist, Voigt ist 1,89 m gro�. Noch ein Handschlag, dann sucht er sich ein frisches Trikot aus einem der Begleitfahrzeuge und zieht sich wieder in den Bus zur�ck. Dann passiert eine ganze Weile lang gar nichts. Die Helfer stehen mit verschr�nkten Armen an die Motorhauben ihrer grellbunten Autos gelehnt, ebenso wie die Journalisten und Organisatoren der Tour. Radsport hat viel mit Rumstehen am Stra�enrand und auf Parkpl�tzen zu tun. Dazu tr�gt man ein Poloshirt, hat eine Sonnenbrille im Haar stecken und wahlweise Shorts oder Jeans an.

Autor:
Mannschaftsbesprechung. Kim Andersen, der d�nische Teamchef, gibt die Strategie f�r den Tag aus. Die Mannschaft m�sste mal wieder was rei�en, schlie�lich ist sie einer der teuersten auf der Tour und mit gro�en Namen gespickt. Fabian Cancellara, Andy Schleck, Andreas Kl�den und eben auch Jens Voigt. Die lungern mit ausgestreckten Beinen auf den B�nken herum und betrachten das Profil der Etappe. Es ist wellig, m�glicherweise was f�r Ausrei�er. 

Autor:
Anderson ist schwer zu verstehen, der Videobeamer l�uft noch und wirft eine Folge von ZDF History auf die Leinwand vor der Frontscheibe des Busses. Niemand wei� wie man das Ding ausschaltet und es dauert, bis man den Helfer findet, der sich damit auskennt. Der wei� aber dann auch nicht so genau und zieht einfach den Hauptstecker.

Autor:
Viel trinken, bei allen Ausrei�versuchen dabei sein, wenn m�glich selber eine Gruppe organisieren und vor allem verhindern, dass die Mannschaft Cannondale mit ihrem Topsprinter Peter Sagan am Ende der Etappe zum Zug kommt. Das ist dann auch schon die ganze Taktik. 

8. OTon
Das war�s, wir sehen uns um Zwei o'clock�

9. O-Ton: (JV)
Ich hab einfach nicht genug Stehverm�gen im Rennen. 


Autor
19. April 2013. Jens Voigt sitzt frisch geduscht auf dem Sofa und schiebt sich hastig etwas Reis und Geschnetzeltes in den Mund.


O-Ton
Ich kann am Start gut mitattackieren und machen, bis drei Stunden super und bei vier Stunden langsam geht der Ofen aus bei mir, und das fehlt mir einfach durch den Winter jetzt hab ich einfach nicht genug Stunden auf dem Fahrrad, einfach nicht genug f�rs Ausdauerverm�gen getan. Einfach weil, entweder war�s eiskalt, oder es war Eis und Schnee auf der Stra�e, oder es war Schneeregen. Man qu�lt sich jetzt f�r drei Stunden raus oder vier Stunden und f�hrt auch seine Intervalle, aber eben man hat diese Ausdauer nicht. Und das fehlte mir eben. 

Autor:
Im Fernsehen l�uft die �bertragung des Fl�che Wallonne, des wallonischen Pfeils, ein belgischer Fr�hjahrsklassiker. Eigentlich h�tte er dabei sein sollen. Das Rennen liegt ihm. 2005 h�tte er es  beinahe gewonnen. Doch dieses Mal muss er zuschauen und in der Brandenburger Provinz Kilometer schrubben. Er kommt gerade vom Training zur�ck.
10. O-Ton: (JV)
226 genau, knappe 230. (Frau ruft rein: Hast du dich verfahren heute?) Voigt zu seiner Frau: Ja. Wir haben einen Riesenbogen nach S�den gefahren, du, ich glaube, wir waren schon knapp n�rdlich von Leipzig, denn hey, wollen wir bis Brandenburg fahren und da war nur noch Heide und Wald, da war auch kein Abzweig mehr, wo es k�rzer ging. 

Autor:
Sein Team schl�gt sich wacker, schon zweimal wurde die ber�hmte Mur de Huy, die Mauer Huy ein extrem giftiger Anstieg in den Ardennen passiert. Beim dritten Mal ist die Mur Zielankunft.
11. O-Ton: (JV)
Ich jetzt in meinen j�ngeren Jahren, als ich noch sozusagen besser war oder mehr als Siegfahrer unterwegs war � ich w�r jetzt schon unterwegs gewesen. Also ich h�tte an so einem Berg wie heute nicht mit den Bergfahrern mitfahren k�nnen. Also h�tte ich schon mal vor denen in den Berg hineinfahren m�ssen. Das hei�t, ich h�tte jetzt schon mal irgendwo irgendwann attackiert, so wie jetzt die Zwei, die da vorne fahren vielleicht, und versucht, als Solist oder mit einer kleineren Gruppe das Ziel zu erreichen. 

Autor:
Jens Voigt kennt praktisch alle Teilnehmer des Rennens und erkennt die Fahrer schon an ihrem Fahrstil. Er selbst ist auch f�r weniger geschulte Augen leicht auszumachen.
 
12. O-Ton: (JV)
Ja, ich wackele so. Genau. Haben wir heute im Training auch dr�ber geredet. Ich bin manchmal ein bisschen eifers�chtig auf Fahrer, die so �sthetisch drauf sitzen. Die so ruhig  sitzen, dass da kein Ohr wackelt. Kann ich nicht. Ich hab wenigstens als Entschuldigung, dass ich halbwegs erfolgreich bin, ich habe heute, gerade heute zu den Jungs im Training gesagt: Stellt euch mal vor, ich w�rd � das k�nnt ihr dann ja rausbeepen � ich w�rd schei�e aussehen und dann auch noch schei�e Rad fahren. H�tte ich ja gar keine Existenzberechtigung. So sehe ich bisschen schei�e aus auf dem Fahrrad, aber fahre wenigstens vern�nftig.

Autor:
Auch wenn sein Sport seit zehn Jahren in der Krise ist - Jens Voigt ist beliebt, sehr beliebt. Ablesen l�sst sich das unter anderem daran, dass er 122.000 Follower auf Twitter hat. Und er versorgt seine Fans fast t�glich mit neuen Informationen: vom Pizzaessen mit der Familie, �ber seine neuen Fahrradschuhe oder dem Besuch des Bon Jovi Konzerts in der Waldb�hne.

13. O-Ton: (JV)
Ich versuche, die Leute auch ein bisschen zu unterhalten, ja, ich schreib ja jetzt nicht nur: heute bin ich dreieinhalb Stunden trainieren gefahren bei minus ein Grad mit 335 Watt Durchschnitt, sondern ich schreibe auch, was der Hund f�r�n Quatsch macht, was die Katze macht, ja, dass mein Kind vom Pferd gefallen ist am Wochenende und jetzt eben mal ein bisschen F�rsorge braucht, ja, und also auch ganz normale Dinge, dass Leute auch sehen, ich leb hier nicht� Ich meine, Sie sitzen jetzt hier bei mir, ich leb ja auch nicht in nem Palast, wo die Wasserh�hne aus Gold sind und der Boden mit Marmor gefliest ist, sondern ich bin ein ganz normaler Mensch, hab halt nur das Gl�ck, dass ich den Sport f�r mich entdeckt habe, in dem ich gut bin, aber ansonsten bin ich ein ganz normaler Mensch, ich leb hier in Deutschland, zahl hier meine Steuern, hab meine Kinder hier zur Schule und� ja, ich glaube, die Leute tun das anerkennen, dass ich eigentlich ein ganz normaler Mensch bin.

Autor:
Als solcher hat er es immerhin zu ein bisschen Weltruhm gebracht. Besonders in den USA wird er f�r seine direkte Art und sogar f�r seinen deutschen Akzent geliebt.  Eine Fangruppe, die sich �Jens Voigts Army� nennt, hat sogar eine App gebastelt, die einen auf Knopfdruck mit Jens-Voigt-Spr�chen versorgt.

14. O-Ton/ Atmo: Jens Voigt auf JVA Soundboard
JV � Spr�che  �. Endet mit 3 x �Shut up legs�

Autor:
�Shut up legs� � etwa: �Haltet die Klappe Beine!�  steht inzwischen bei vielen  amerikanischen Sportereignissen auf der Stra�e, nicht nur beim Radfahren.
15. O-Ton: (JV)
Das hab ich mal in einem Interview gesagt, ich glaube, das war noch, als ich bei CSC war, d�nisches Fernsehen, glaub ich, war das, die meinten: �Mensch Jens, was machst du eigentlich, wenn du nicht mehr kannst? Du musst jeden Tag hier vorne arbeiten und was machst du, wenn du nicht mehr kannst? Ich sag: naja, dann sag ich mir, der Kopf muss den K�rper kontrollieren und ich sag meinen Beinen, ja, also in Englisch sag ich dann, and then I tell my legs to shut up and do what I tell him to do�, und dann haben eben irgendwann die Fans dieses �shut up, legs� rausgeschnitten, und jetzt letztens hat einer da auf Twitter mir ein Bild geschickt, und da war eben diese �shut up, legs� war auf die Stra�e gemalt, wie so�n, die hatten keine Zeichen gemacht, so�n Schild, so�n Plakat am Stra�enrand beim Melbourne Iron Man. Also schon lustig, wie das so um die Welt reist und im Gro�en und Kleinen die Leute auch irgendwo beeinflusst.

Autor:
Allerdings hatte dieser Erfolg auch seinen Preis.

16. O-Ton: (JV)
Ich hab ein Fahrrad mit Speziallackierung, also das die nur f�r mich gemacht haben, die Hersteller, die Firma Trek und dann meinten die� Wir haben so �ber verschiedene Designs geredet und dann meinte ich, ich h�tte gern so ein paar Fakten von mir auf dem Rahmen mit drauf, und dann meinten die, ja, das k�nnen wir machen, schreib doch mal ein paar auf, und dann hab ich mal so einen Nachmittag beim Rennen, nach der Etappe mal Zeit genommen und mal gez�hlt, und das war, ich glaub, das war so Ende 2011, und damals hatte ich 805, wirklich ziemlich exakt gez�hlt, 805.000 km auf dem Fahrrad, also seit ich mit knapp neuneinhalb Jahren angefangen hab. Dann waren es ziemlich genau auch 100 St�rze. Dann hab ich gez�hlt, ich hatte, glaube ich, ungef�hr, das konnte ich nicht genau mehr z�hlen, 110 � 120 Stiche, wo meine Haut gen�ht wurde. Ich glaube, ich hatte acht gebrochene Knochen gez�hlt, ich glaube, 25 verschiedene Schrauben und N�gel, die ich in meinem K�rper hatte, also ja, da kam einiges zusammen, ja. Da kam einiges zusammen. Aber ich hab auch 65 Siege eingefahren. Also, es ist nicht alles schlecht, der Radsport hat ja auch sch�ne Seiten.

Autor:
Und er hat auch die eine Seite, �ber die in den letzten Jahren so viel geredet wurde.
Collage Doping: Musik Kraftwerk Peleton raucht vorbei //Festina Skanda // Operation Puerto// Fuentes // Erik Zabel // Armstrong //
17. O-Ton: (JV)
Als dann die Mauer fiel, wurde mir klar, ich kann tats�chlich irgendwann Berufsfahrer werden, ich kann Radprofi werden und dann war dann nat�rlich Paris-Roubaix und Tour de France zwei Ziele, wo du sagst: ja, das w�rde ich mal gerne machen und dann stehst du da 98 da am Start in Dublin, Mannschaftskamerad von mir, Chris xxx, gewinnt den Prolog, vier Kilometer, viereinhalb Kilometer Einzelzeitfahren in Dublin,  du kommst aufs Festland und dann platzt eben dieser komische Festina-Skandal, ja, wo du dann denkst, die ganze Mannschaft? Alle? Alle haben mitgemacht? Die haben voll� alle wussten Bescheid und haben das zusammen organisiert und haben im Teamfahrzeug transportiert und � dann war da ne Hoteldurchsuchung und da wurde ein Koffer durchsucht und hier was gefunden, da was gefunden, nahm ja gar kein Ende, � boah, das war, das war� ja� wo du denkst, das ist jetzt hier mein Traum, den ich seit sechs Jahren, seit sieben Jahren habe, das ist jetzt�? Und jetzt zerf�llt alles vor meinen Augen.

Autor:
Jens Voigt wechselte zur Hochzeit des Epodopings ins Profilager. F�r jedes Team, f�r das er seitdem fuhr, sind etliche Dopingf�lle dokumentiert. Bis letzten Oktober war sogar noch Johan Bruyneel Chef von Radioshack und der war davor f�r US-Postal sp�ter dann Discovery unter Lance Armstrong zust�ndig und damit f�r den Rennstall, der das ausgekl�geltste Dopingsystem betrieben hat, von dem wir wissen. Bruyneel war nach Armstrongs Fernsehbeichte letztes Jahr nicht mehr als Teamchef zu halten. Die Liste der nachweislich gedopten Fahrer, die mit Jens Voigt gefahren sind oder f�r die er gefahren ist, ist lang. sehr lang. Trotzdem besteht er darauf immer ein sauberer Fahrer gewesen zu sein.

18. O-Ton: (JV)
Ich meine, sicherlich, wie ich sagte, man war sich schon bewusst, es gibt da tats�chlich ein Problem und es gibt da eben auch diese Abk�rzung, aber dann kommst du vielleicht irgendwann an den Punkt, wo du sagst: ja, will ich das �berhaupt? Muss ich das haben? Ja. Und dann denkst du eben: wei�t du ich hab jetzt zwei Kinder oder drei Kinder und ich m�chte vielleicht noch mehr Kinder haben, und warum soll ich so was riskieren? Und wenn das mal rauskommt� also a) ist es �berhaupt erstmal falsch, so was zu tun, aber auch dann, man muss irgendwann auch mal sp�ter �ber die Folgen nachdenken� in meinem kleinen Heimatort da oben, in Dassow, da haben die Stra�en nach mir benannt, da wohnen meine Eltern, ja, die wohnen im Jens-Voigt-Ring 1, meine Eltern, und mein Vater meint: Junge, wenn du Quatsch machst, ich zieh aus in den Kongo, das geht gar nicht, das ist auch einfach undenkbar.

Autor
Jens Voigt ist am l�ngsten von allen Fahrern dabei. Er kennt alle und jeden und sogar mal Sprecher der Fahrervereinigung. Trotzdem behauptet er nicht nur nicht mitgemacht zu haben, sondern will auch von allem nichts mitbekommen zu haben.

19. O-Ton: (JV)
Also, dass Doping existiert, das war mir schon klar; aber eben nicht in dieser Dimension, ja, nicht in dieser Dimension und Tiefe der Organisation. und wenn man jetzt da so liest, was alles so bei rauskommt um diese ganze US Postal �Mannschaft um Lance Armstrong herum, wo du dann denkst, boah, meine G�te, die hatten ja vor gar nichts Angst. � mit welcher Energie und perfiden Sinn f�r Perfektion die da rangegangen sind, das war irgendwo ja man muss schon sagen, fast ersch�tternd, so zu lesen, wo du denkst, meine G�te, und die sind jahrelang neben mir gefahren, wo du denkst: meine G�te.

Autor.
Meine G�te, denkt man nat�rlich auch, wenn Jens Voigt solche S�tze sagt. Ist der wirklich so naiv oder tut er nur so? Ein ahnungsloser Gutradler, wie ihm von einer Zeitung vorgeworfen wurde, der Forrest Gump des Radsports?

20. O-Ton: (JV)
Sicherlich trifft einen das anfangs, aber am Ende hab ich mir gedacht, du - Forrest Gump war ein Held, der hat ein Oscar gewonnen, der Film, also so schlimm kann das nicht sein.

Autor:
Einen Oscar h�tte allerdings auch Lance Armstrong verdient f�r die beste Darstellung des �bermenschen. Oder Erik Zabel und Udo B�lts f�r ihre eindrucksvolle Verk�rperung des �sauberen guten Kerls� aus Deutschland. 
Auch Kim Andersen, Teamchef bei Radioshack, wurde in seiner Zeit als aktiver Fahrer des Dopings �berf�hrt. Au�erdem vergisst er Journalisten am Stra�enrand:

Atmo: im Auto

Autor:
Eigentlich ist die Sache gegessen. Igor und Elvio haben mehr als eine Stunde gebraucht um zur�ck zu kommen und mich wieder einzuladen. Das Rennen ist inzwischen 50 Kilometer weiter. Elvio, ist der �magic man�, hat mir Tim am Handy versichert, der macht immer was m�glich. Jetzt schaut der �magic man� auf die Karte und �berlegt. Man k�nnte den Weg abschneiden und mich 20 Kilometer vor dem Ziel am letzten Zwischensprint absetzen. Dort k�nnte ich dann doch noch zu Kim in den Wagen und noch ne halbe Stunde Rennen mitfahren. Also eine weitere Stunde mit den Beiden auf der Stra�e. Elvio will wissen, ob die Deutschen immer noch solche Probleme mit dem Radsport haben. Eigentlich ja, sage ich. Wieso? fragt er etwas scheinheilig, fr�her war doch so viel los bei der Deutschlandrundfahrt! �Doping und entt�uschte Liebe� antworte ich. Die beiden schauen sich ratlos an. Das mit der entt�uschten Liebe leuchtet ihnen zwar ein, aber dass man da so lange drauf rumreitet� Sie sprechen spanisch miteinander. Ich verstehe nur ein Wort: �Cabeza Cuadrada� - Quadratsch�del.

Atmo: Stra�e / Werbekolonne

Autor:
Kilometer 175, am Haribo-Sprint. Die Werbekolonne f�hrt durch den kleinen Ort 20 Kilometer vor dem Ziel. Aus den Autos werden Schirmm�tzen verteilt, Armb�nder und Rasseln. Es gibt Schweizer K�se und nat�rlich Gummib�rchen wie schon den ganzen Tag. Die Ausrei�ergruppe ist schon lange durch. Die vier werden tats�chlich um den Sieg fahren. Jetzt kommt das Hauptfeld. Motorr�der hupen die Stra�e frei. Dann fliegen die anderen 150 Fahrer vorbei.
Der Radioshack-Wagen macht Anstalten, rechts auszuscheren. Man scheint sich an mich zu erinnern. Um auf Nummer sicher zu gehen, werfe ich mich praktisch auf die Stra�e.

Atmo: Einstieg in den Wagen
Anderson: Ja das war kein Gl�ck vorher! �..

Autor:
Wir fahren hinter dem Hauptfeld her, weiter vorne k�mpfen die vier Ausrei�er um den Tagessieg, unter ihnen auch ein Radioshack � Mann Gregory Rast, ein Schweizer. Kim Anderson sitzt am Steuer des Kombis. Er lenkt mit den Knien und fummelt zugleich am kleinen Fernsehmonitor neben dem Armaturenbrett herum, der immer wieder Aussetzer hat. Er muss nicht nur das Fernsehen im Auge behalten. Ein weiteres Display zeigt ihm st�ndig die aktuelle Windst�rke und -richtung an. Auf dem Lenkrad klebt ein Profil der Strecke, daneben eine Landkarte und eine Liste mit den Fahrern. Dazu dr�hnen noch der eigene Teamfunk und das Tourradio, das st�ndig die Positionen der Fahrer durchgibt. Links und rechts �berholen andere Teamfahrzeuge und Radfahrer, die einen Defekt hatten oder gest�rzt sind und wieder ran ans Feld wollen. Kein Wunder, dass es da gelegentlich knallt.

Atmo: Im Teamwagen
Das war Krieg heute!

Autor:
Das Fernsehbild ist wieder da. Wenige hundert Meter vor dem Ziel belauern sich die vier Fahrer. Man guckt sich an. Einen Moment lang ist Gr�gory Rast nicht im Visier seiner Konkurrenten und tritt an. Sofort hat er einige Meter zwischen sich und die anderen gelegt.

Atmo: (Anderson feiert Sieg // Johlen // Rasti will win the race // Good Job very nice! He freaked them and than he won!)

Autor:
Ein Happy End in der Schweiz, an dem auch Jens Voigt seinen Anteil hatte

21. Atmo/OT (Andersen)
Jens hat auch sehr hart versucht am Anfang der Etappe. Hat Cannondale kaputt gefahren.

Musikakzent: Peleton rauscht vorbei //  Ansager Radrennen Wittenberg �Jens Voigt siegt� //

Atmo: Radfahren mit JV

22. O-Ton: (JV auf Rad)
Der runde Tritt: Ich hab den sicher nicht so ganz, weil ich ja so wackelig bin. Ja so Leute wie Kl�den, der hat den. Du sitzt auf dem Rad, Oberk�rper bewegt sich keinen Millimeter, nur die Beine drehen und du tust eben den sogenannten runden Tritt, bedeutet eigentlich nichts anderes als dass du halt, wenn die Pedale vorne steht dr�ckst du runter und mit den anderen Bein ziehst Du hinten hoch. Da haben wir diese Klickpedale, dass du auch die Zugkr�fte im Bein nutzen kannst. Manche haben das eben perfekter drauf. Du kannst das direkt sehen dieses perfekte Zusammenspiel von Druck und Zug und andere eben weniger. 

Autor:
Jens Voigt wird seinen Fahrstil nicht mehr �ndern. Wozu auch? Er hat ihm eine bemerkenswerte Karriere gebracht und ihn zu so was wie einer Marke im Radsport werden lassen, jetzt hei�t es nur noch sturzfrei durch die Deutsche Meisterschaft und heil zur letzten Tour zu kommen.

23. O-Ton: (JV auf Rad)
St�rzen tut so weh und das schlaucht den K�rper und das schlaucht den K�rper so sehr und ganz sicher werden ich mich sehr bem�hen keine Quatsch zu machen. Da tu ich lieber zweimal mehr bremsen und bleib auf dem Fahrrad dann und wird eben nur zwanzigster 

Autor:
Er ist nicht mehr gest�rzt. Sein Team Radioshack f�hrt eine solide Tour fuhr sogar in Gelb und auch Voigt konnte sich in Szene setzen. Trotzdem h�rt der Hauptsponsor auf, Radioshack will so wie zuvor Nissan und viele andere Unternehmen nichts mehr mit dem Radsport zu tun haben. Der amerikanische Fahrradhersteller Trek wird �bernehmen.  Wieder ein Neuanfang und wieder Bekenntnisse zum Antidopingkampf - jetzt noch entschlossener - nat�rlich. 

Musik
Komponist und Interpret: Kraftwerk
Titel: Track 7: "A�ro Dynamik"
Album: Tour de France



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