HINTERGRUND KULTUR UND POLITIK Reihe : Literatur Titel : Der zerbrochene Spiegel. Neue Stimmen in der Literatur Mittelamerikas AutorIn : Peter B. Schumann Redakteurin : Dr. Jörg Plath Sendetermin : 27.03.2016 Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinaus- geht, ist unzulässig (c) Deutschlandradio Deutschlandradio Kultur Funkhaus Berlin Hans-Rosenthal-Platz 10825 Berlin Telefon (030) 8503-0 Take M 1 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Take 1 Ramírez (II: 19'45-20'35 / 37") Sprecher 1: Es gibt einen roten Faden in der literarischen Tradition unserer Länder, und das ist die Darstellung der soziopolitischen Wirklichkeit. Solange unsere ge- sellschaftliche und politische Situation so anormal bleibt, solange wird sie diese realitätsbezogene Literatur hervorbringen. Wenn Mittelamerika eines Tages zu normalen Institutionen finden sollte, wenn Wahlergebnisse keine traumatischen Folgen mehr haben, wenn die Menschenrechte geachtet wer- den - dann wird diese Realität vielleicht literarisch weniger beachtet werden. Musik kurz aufblenden Take 2 Centroamérica cuenta - Trailer Sprecherin 1: Das ist die Stunde der Kultur. Im Mai ist Nicaragua das Zentrum der Erzähl- kunst auf Spanisch. 70 Gäste aus 15 Ländern, 4 Hauptpreise, zahlreiche Dis- kussionsrunden und Werkstätten. Centroamérica cuenta, Mittelamerika er- zählt - ein Fest der Literatur und der Meinungsfreiheit. Autor: 2013 hat Sergio Ramírez, Nicaraguas großer Romancier, dieses einzigartige Festival gegründet. Seither vereint er jeweils im Mai Schriftsteller der Region und Intellektuelle aus anderen Teilen Lateinamerikas und Europas. Finanziert wird es von zahlreichen in- und ausländischen Kulturinstitutionen, u.a. vom Goethe-Institut in Mexico-Stadt. Von der nicaraguanischen Regierung gibt es keinerlei Unterstützung. Im Gegenteil: Sie versucht, das Treffen zu hinter- treiben. Im letzten Jahr verweigerte sie beispielsweise dem französischen Ka- rikaturisten Jul, der an einer Hommage für Charlie Hebdo teilnehmen sollte, die Einreise. Wegen solcher Zensurmaßnahmen und der kulturfeindlichen Politik überhaupt lehnen die meisten Intellektuellen das autoritäre Regime von Präsident Ortega ab. Doch Sergio Ramírez lässt sich von solchen Schikanen nicht beeindrucken. Er ist als ehemaliger Vizepräsident der sandinistischen Revolutionsregierung an politische Auseinandersetzungen gewöhnt, und sein internationales Presti- ge hat ihn bisher vor schärferen Attacken des herrschenden Familienclans der Ortegas bewahrt. Deshalb hat er bereits wieder zur 4. Ausgabe von Centro- América cuenta, Mittelamerika erzählt. eingeladen. Sie findet Ende Mai statt unter dem Motto ,Erinnerung, die uns eint'. Take 3 Ramírez Sprecher 1: Bei unserem Autorentreffen herrscht ein großer Gemeinschaftsgeist, trotz al- ler Divergenzen in unserer Region. Hier wird rückhaltlos über alle Probleme diskutiert, werden wichtige Projekte vorangetrieben wie z.B. gemeinsame Editionen. Denn es ist bisher sehr schwierig, die Bücher in allen Nachbarlän- dern zu verbreiten. Aber vor allem ist dies als ein Treffen jüngerer mittel- amerikanischer Schriftsteller gedacht: Sie sollen mit Kollegen aus anderen Ländern Erfahrungen austauschen. Autor: Dazu dienen besonders die öffentlichen Diskussionen an verschiedenen Orten in der Hauptstadt Managua. In ihnen geht es um den Dialog zwischen den Kulturen in Europa und Mittelamerika, um Kulturjournalismus genauso wie um die Banalisierung der Literatur durch die Globalisierung oder auch um die digitale Revolution, ihren Einfluss auf die literarische Produktion und auf die Verbreitung durchs Internet. Auf einem der Podien saß die Schriftstellerin Vanessa Núñez aus El Salvador. Take 4 Vanessa Núñez Sprecherin 1: Die elektronischen Medien sind eine wunderbare Unterstützung für uns Bü- cherschreibende. Warren Ulloa habe ich beispielsweise übers Internet kennen gelernt, obwohl er ja nebenan, also in Costa Rica, lebt. Und wir wurden auf diesem Weg enge Freunde, obwohl wir uns erst viel später wirklich begegnet sind. Wir tauschen Texte und Bücher aus, diskutieren über Skype. Das Inter- net fördert den Austausch ungemein. Es gibt Zeitschriften, die nie gedruckt werden können wie Literofilia von Warren Ulloa. Ganze Bücher erscheinen digital, doch sie im Internet zu lesen, ist das Schrecklichste, was ich mir als Schriftstellerin vorstellen kann. Dennoch hilft es uns sehr viel weiter als eine bloße Buchveröffentlichung. Autor: Auf diesem Weg lassen sich heute auch viel leichter die Beziehungen zu den Nachbarn pflegen. Sergio Ramírez versucht seit Jahrzehnten unermüdlich, die immensen Unterschiede zwischen den sechs kleinen Staaten zu überwin- den und wenigstens so etwas wie einen gemeinsamen Kulturraum zu schaf- fen. Deshalb unterstützt das Goethe-Institut nicht nur das Literatur-Festival, sondern auch die Anthologie Zwischen Süd und Nord, die Sergio Ramírez 2014 herausgegeben hat. Sie bietet einen lange fälligen Überblick über Neue Erzähler aus Mittelamerika. Take 5 Ramírez Sprecher 1: Mittelamerika ist eine Region mit ungemein armen Ländern. Aber nicht nur die Armut macht mir Sorgen, sondern auch die Ungleichheit. Trotz der Revo- lutionen in Nicaragua und El Salvador gibt es immer mehr Reiche und immer mehr Arme. In anderen Ländern Lateinamerikas hat sich strukturell viel ver- ändert, aber in Mittelamerika sind die sozialen Verhältnisse wie eingefroren. Wir leben teilweise noch unter feudalen Zuständen, zum Beispiel in Guate- mala. In Honduras und Nicaragua ist es etwas anders. Viel besser ist die Situ- ation nur in Costa Rica: Da ist der Lebensstandard wesentlich höher und das Land sehr viel weiter entwickelt. Take M 2 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Autor: Costa Rica gilt als eines der fortschrittlichsten Länder Lateinamerikas. Seit das Militär in den 1950er Jahren abgeschafft wurde, herrscht dort Demokra- tie. Die Analphabeten-Rate ist die niedrigste der gesamten Region. Der Staat investiert viel in Kultur, allerdings vorwiegend in Theater, Kunst oder Tanz. Schriftsteller wie Warren Ulloa empfinden ihre Lage deshalb als problema- tisch. Take 6 Ulloa Sprecher 1: Bücher sind teuer, und der costaricanische Staat hat in den 80er Jahren auf- gehört, den Buchmarkt zu fördern. In den Buchhandlungen findet man heute vor allem Selbsthilfe-Literatur, leicht konsumierbare Lektüre und US- amerikanische Bestseller. Auch sind wir in ganz Mittelamerika nicht daran gewöhnt, Buch-Präsentationen oder Lesungen zu veranstalten wie in Europa und in den Vereinigten Staaten. Die Costaricaner halten Schreiben außerdem für eine Beschäftigung, die jeder ausüben kann und mit der sich meist Beam- te oder Abgeordnete nach der Pensionierung die Zeit vertreiben. Schreiben gilt als Hobby, nicht als Beruf. Autor: Der 35-jährige Warren Ulloa wollte ursprünglich Werbefachmann werden, hat aber sein Studium abgebrochen, als das Schreiben existenziell für ihn wurde. Heute arbeitet er als Kulturjournalist und gibt seit 2012 im Internet die Zeitschrift Literofilia heraus. Sie richtet sich an alle, die die Sucht nach Literatur - so ihr Untertitel - teilen. Seit 2015 wendet sich Warren Ulloa auch in einem Audioprogramm an alle Literatursüchtigen. Take 7 Literofilia Radio Sprecher 1: Literatur zum Hören. In einer Stunde informieren wir Dich über den aktuel- len Stand in der Welt der Literatur, über Schriftsteller, Verleger, Buchhändler und Kritiker. Hier kannst Du Deine Leseerfahrungen auf eine ganz besondere Weise bereichern, aber nur auf Literofilia Radio, Literatur zum Hören. Autor: Jeden Mittwoch läuft die einstündige Sendung auf Radio Nacional, dem staatlichen Rundfunkkanal Costa Ricas. Danach ist sie auf der Webseite li- terofilia.com nachzuhören. Warren Ulloa wurde nicht erst mit diesem Pro- gramm bekannt. 2011 hat er für seinen ersten Roman Unter dem Regen exis- tiert Gott nicht den nationalen Buchpreis erhalten - und zugleich einen hefti- gen Streit entfacht. Denn darin beschreibt er in aller Härte die Probleme Ju- gendlicher: Drogenkonsum, Abtreibung, Selbstmord, Sexualität und auch Pä- dophilie. Weil er dabei die katholische Kirche nicht schonte, gilt Warren Ulloa seither bei einigen seiner Kritiker als Atheist. Take 8 Ulloa Sprecher 6: Es macht mir Spaß zu polemisieren. Nicht alles, was ich schreibe, ist darauf ausgerichtet. Eigentlich drücke ich nur aus, was ich gerade empfinde. Und das bewirkt in Costa Rica oft heftige Gegenreaktionen. Manche Kritiker glauben sogar, meine Polemik diene nur dazu, meine Literatur besser zu ver- kaufen. Aber meine Ausdrucksmittel sind nun mal Sarkasmus, Ironie und bissiger Humor. Mein thematisches Leitmotiv ist die doppelte Moral in Costa Rica. Alles wirkt in diesem Land politisch korrekt, ganz fortschrittlich und akademisch. Doch dahinter steckt ein doppelter Diskurs. Autor: Sakrofetischist heißt eine der Erzählungen von Warren Ulloa, die auch auf Deutsch erschienen ist. Sie trug ihm ebenfalls den Vorwurf des Atheismus ein. Denn darin behandelt er sein bevorzugtes Thema am Beispiel eines Starpredigers der überall in Lateinamerika grassierenden evangelikalen Kir- chen. Sprecher 2: Als der Moderator der Gemeinde als nächsten Redner Pascual Monte ankün- digte, brach das Publikum in tosenden Beifall, Tränen und Hallelujarufe aus. "Heute wird es Wunder regnen, halleluja, halleluja", rief er so laut, dass ihm die Venen am Hals anschwollen und sich erste Schweißflecken unter den Achseln zeigten. Die Anwesenden hoben ihre Bibeln in die Höhe und beteten im Rhythmus, den der Pastor vorgab. (...) Man nannte ihn auch das "Werk- zeug des Allerhöchsten" oder in Pastorenkreisen "Der Mittler Gottes". Doch wenn man ihn selbst fragte, bezeichnete er sich als einfachen Propheten, auf einer Höhe mit Johannes dem Täufer, Ezechiel oder Daniel. Sein Auftreten gab ihm das Gefühl, ein wahrer Gottesmann zu sein. (...) Die Leute fielen in Trance, beseelt von der Hoffnung, Gott möge herabsteigen und wie durch Zauberhand alle ihre Probleme lösen. Autor: Nach dieser freundlichen Einführung beginnt Warren Ulloa, das Erschei- nungsbild des göttlichen Ehrenmannes allmählich zu demontieren. Sprecher 2: Er hatte aber auch etwas von einem neoliberalen Politiker: das aufgesetzte Lächeln, die makellos weißen Zähne, die Redegewandtheit, die blank geputz- ten Schuhe, der Markenanzug und die Art, wie er Massen manipulierte. (...) Doch der Glaube an das standesgemäße Leben eines Gottesssohnes, eines Propheten unserer Zeit, fing in seinem tiefsten Herzen an zu bröckeln. Er wurde nämlich eines Nachts von einem quälenden Traum heimgesucht, über den er nicht zu sprechen wagte. Autor: Er hatte geträumt, er sei mit der Waschung von Jesu Leichnam betraut und dabei in physischer Liebe zu dem Gekreuzigten entbrannt. Sprecher 2: Anderntags stand er später als gewöhnlich auf, fühlte sich niedergeschlagen, und nur die Bibelstellen, in denen der Name Jesus nicht auftauchte, vermoch- ten ihm Trost zu spenden. Die Evangelien waren nicht länger Werke zur spi- rituellen Erbauung, sondern Liebesbriefe. Das Alte Testament war ihm jetzt lieber. Der Traum wiederholte sich in den darauffolgenden Nächten. Er musste den Teufelskreis durchbrechen, aber es wollte ihm einfach nicht ge- lingen. Sosehr er seine Gefühle auch verdrängte - dass er Jesus nicht mit der Seele, sondern mit dem Körper liebte, diesem Tempel, in dem der Heilige Geist steuerfrei wohnte -, es überflutete ihn eine große Glückseligkeit. Autor: Der Starprediger einer evangelikalen Gemeinde kann sich nicht zurückhalten, eine katholische Kirche zu betreten, denn dort steht in Lebensgröße die einzi- ge Figur Christi weit und breit. Sprecher 2: Er streichelte seine Knöchel und seine Knie. Doch das genügte ihm nicht; er stellte sich auf die Zehenspitzen und berührte einen Schenkel. Jetzt war die Gelegenheit da, ihn auf den Mund zu küssen und ihm zuzuraunen, wie sehr er ihn liebte. Er zog das Bänkchen vom Beichtstuhl heran, stieg hinauf und stand ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber. (...) Als er jedoch versuch- te, ihn zu küssen, gerieten beide ins Wanken. Aber bevor er auf dem Boden aufschlug, küsste er den wieder auferstandenen Christus so leidenschaftlich auf den Mund, dass nur seine Augen wahrnahmen, wie das Wort Fleisch wurde. Autor: Wer sich die Exzesse evangelikaler Gläubigkeit und die Bigotterie mancher Würdenträger, nicht nur in Lateinamerika, vor Augen hält, der wird über den triebhaften Kirchenmann nur lächeln können. Warren Ulloa empfindet seine blasphemische Erzählung nicht als Anschlag auf Jesus. Take 9 Ulloa Sprecher 1: Jesus Christus hat mich stets sehr beschäftigt, nur wurden viele Dinge, die dieser große "Hippie" gesagt hat, ins Maßlose verzerrt. Ich finde es einfach lustig, die Kirche und den Wahn vieler Gläubiger durch den Kakao zu ziehen. Außerdem gibt es ein Vorbild: einen costaricanischen Pastor, die Karikatur eines Christen, der auch noch Abgeordneter war. Ich habe der Geschichte dann eine absurde Wendung gegeben und die Figur des Evangelikalen in eine katholische Kirche geschickt, damit er sich dort an einer Christusstatue ver- lustieren konnte. Wer das liest, lacht doch nur darüber. Autor: In seinem neuesten Werk Elefanten malen verfolgt Warren Ulloa erneut sein Leitmotiv der Doppelmoral und demaskiert sie in einem Politthriller über die USA, die in Mittelamerika oft eine verheerende Rolle gespielt haben: Fast immer unterstützten sie die herrschende Ausbeuterschicht und die Diktatoren. Die Geschichte spielt im letzten Jahr der Bush-Regierung. In einem costari- canischen Stundenhotel wird ein US-amerikanischer Kulturattaché strangu- liert aufgefunden. Die Aufklärung des Mordfalls entwickelt sich zu einem politischen Skandal. Take 10 Ulloa Sprecher 1: Durch Informationen von Wikileaks wird klar, dass der Tod des Diplomaten mit einem Waffenschmuggel in ein arabisches Land zusammenhängt. Das ist alles frei erfunden, aber es dient mir dazu, die Doppelmoral des Geheim- dienstes der Gringos und unseres eigenen Polizeisystems sowie der nordame- rikanischen Botschaft zu zeigen und auf den Machtmissbrauch der USA in unseren Ländern aufmerksam zu machen. Es gibt keine Guten und keine Bö- sen, sondern ein moralisches Chaos in diesem Krimi, der ein politischer Ro- man ist. Take M 3 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Take 11 Navas Sprecherin 1: Viele sagen, in unseren Ländern gäbe es keine Kulturpolitik. Aber es gibt sie durchaus: sie besteht darin, dass die meisten Regierungen das Volk am Lesen hindern. Denn wer liest, fängt an zu protestieren, sein Bewusstsein zu entwi- ckeln und schließlich zu rebellieren. Autor: Salvadora Navas ist die Chefin von Anamá Ediciones, dem wichtigsten litera- rischen Verlag in Nicaragua. Take 12 Navas Sprecherin 1: Wir haben nur sehr wenige Buchhandlungen, die wirklich den Namen ver- dienen, nicht mehr als 6, alles andere sind Schreibwarenläden mit einem Bü- cherständer. Es wird sehr viel geschrieben, aber nur sehr wenig publiziert, von insgesamt auch nur 6 Verlagen. Autor: Anamá Ediciones selbst hat in den 22 Jahren seiner Existenz 102 Titel publi- ziert, hauptsächlich nicaraguanische Schriftsteller, unter ihnen die berühmtes- ten wie Ernesto Cardenal, Sergio Ramírez oder Gioconda Belli. Ihre interna- tionalen Erfolge haben es dem Verlag ermöglicht, auch weniger bekannte Autoren zu veröffentlichen. Doch es ist ein hartes Geschäft, in Nicaragua Bücher herauszubringen. Take 13 Navas Sprecherin 1: Es ist ein ständiger Kampf. Für mich persönlich heißt das: die Bücher selbst zu verpacken und, da es so wenige Buchhandlungen gibt, auch die kleinste Buchmesse zu besuchen. Dort muss ich aber möglichst bei Freunden wohnen, denn wir haben für solche Kosten kein Geld und wollen doch auch Autoren die Teilnahme ermöglichen. Autor: In Guatemala steht Raúl Figueroa, Verleger von F&G Editores, vor weiteren Problemen. Take 14 Figueroa Sprecher 1: Ein großer Teil der Bevölkerung kann nicht lesen, was die Verbreitung von Büchern beschränkt. Eine andere Schwierigkeit ergibt sich aus den 60 Pro- zent der Bevölkerung, die in großer oder extremer Armut leben und sich des- halb kein Buch leisten können. Hinzu kommt, dass der Staat kein Interesse daran hat, die Bildung zu entwickeln. Es gibt z.B. keine öffentlichen Biblio- theken, wo all jene, die kein Geld für ein Buch haben, lesen könnten. Autor: Der Verlag von Raúl Figueroa hat seit den 1990er Jahren rund 150 Titel her- ausgebracht, darunter viele zeitgenössische Romane, soziologische und histo- rische Texte sowie politische Dokumente, u.a. einen Bericht der Menschen- rechtskommission. Take 15 Figueroa Sprecher 1: Wie sagte kürzlich ein guatemaltekischer Soziologe: Verlegen ist bei uns ein Drahtseilakt. Deshalb haben wir nach Alternativen gesucht, die uns das Über- leben ermöglichen. Außer den Schulbuchverlagen besitzen die meisten ande- ren Buchhandlungen oder eine Druckerei, und wir verfügen außerdem über einen Vertrieb für guatemaltekische Verlage. Ein anderer Teil unserer Ein- künfte stammt aus verlegerischen Dienstleistungen für Hochschulen und Nicht-Regierungsorganisationen. Wir müssen alternative Formen finden, um die Verlagsarbeit zu finanzieren. Autor: Selbst in Costa Rica, der Vorzeige-Demokratie der Region, mit vergleichs- weise wenigen Analphabeten und einem überdurchschnittlichen Wohlstand, ist das Büchermachen nur mit Hilfe flankierender Maßnahmen möglich für Oscar Castillo. Sein Verlag Uruk Editores hat in den letzten 8 Jahren rund 130 Titel publiziert. Take 16 Castillo Sprecher 1: Auch unser Katalog ist Teil des Überlebens, von dem Raúl sprach. Er um- fasst z.B. obligatorische Klassiker für den Schulunterricht. Sie machen zwar nur 25% unseres Angebots aus, aber sie bringen 75% des Umsatzes. Außer- dem besitzen wir eine kleine Druckerei, zwei Maschinen zur digitalen Her- stellung von Büchern: ,Book on Demand' für uns und andere Verlage. Mit den Büchern für andere subventionieren wir unsere. Autor: Ein weiteres Problem kommt hinzu: die mangelnde Kooperation zwischen den sechs kleinen Nachbarstaaten. In allen Ländern wird zwar Spanisch ge- sprochen, doch alle Versuche eines gemeinsamen Marktes scheiterten bisher an nationalen Partikularinteressen. Die Landwege sind kompliziert und ge- fährlich. Auch kostet der Versand von Büchern ins Nachbarland hohe Aus- fuhr- oder Einfuhrsteuern und manchmal beides. Deshalb werden viele Bü- cher auf kostengünstigeren Wegen versandt - wie Oscar Castillo weiß. Take 17 Castillo Sprecher 1: Mehr als einmal haben wir uns als Schmuggler betätigt - wie wir halb im Scherz, halb im Ernst sagen. Wir benützen zwar keine illegalen, aber infor- melle Dienste, d.h. wir übergeben die Bücherkisten den Fahrern interregiona- ler Buslinien. Das ist die billigste Transportart. Wenn wir sie normal expor- tierten, dann müssten wir zwei- oder dreimal so viel bezahlen. Auch gehen sie auf dem offiziellen Postweg manchmal verloren, oder der Zoll verlangt hohe Schmiergelder. Autor: Doch es gibt Hoffnung. Vor kurzem haben sich 6 Buchproduzenten zu GEI- CA zusammengeschlossen, zur "Gruppe unabhängiger Verlage Mittelameri- kas". Raúl Figueroa: Take 18 Figueroa Sprecher 1: GEICA wird es uns erlauben, Co-Editionen herauszubringen. Damit wollen wir die mittelamerikanischen Autoren hier in unserer Region besser bekannt machen, denn man kennt sie so gut wie nicht. Vor Jahren machte uns der spanische Multi Alfaguara Hoffnung, unsere Literatur in der ganzen Region und sogar international zu verbreiten. Doch dann hat er die Bücher nur in den Herkunftsländern der Autoren angeboten, obwohl er über die nötige Logistik verfügte. Take M 4 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Take 19 Núñez Sprecherin 1: Mittelamerika ist ausgesprochen machistisch. Seit der Kolonialzeit hat sich das nicht geändert. Deshalb schrieb Sergio Ramírez einmal: "In Mittelameri- ka herrscht noch immer tiefste Nacht." Autor: Vanessa Núñez, 42 Jahre, Rechtsanwältin, Literaturwissenschaftlerin und Autorin von zwei Romanen: Die Verrückten sterben alt und Gott hatte Angst. Take 20 Núñez Sprecherin 1: Nach unserer Tradition gehört die Frau ins Haus und soll eine gute Ehe füh- ren. Und wenn du schon Autorin sein musst, dann solltest du gefälligst ge- wisse Themen vermeiden, die die Familie diskriminieren oder sie gegen dich aufbringen könnten. Meine Mutter hat sich einmal darüber beklagt, wieso sie mir ein teures Jurastudium bezahlt hätte, wenn ich doch nur eine brotlose Schriftstellerin werden wollte. Viele Frauen würden gern schreiben, aber sie scheuen davor zurück, denn wenn du deinen ersten Roman publiziert hast, dann brechen tausend Dinge über dich herein, die einem Mann nie passieren würden, besonders dann, wenn die Geschichte autobiografisch ist. Denn eine Frau, die veröffentlicht, gilt als öffentlich, also promiskuitiv. Autor: Ihr Selbstbewusstsein führt Vanessa Núñez darauf zurück, dass sie in San Salvador eine deutsche Lehranstalt besuchen konnte. Take 21 Núñez 13 lange Jahre, vom Kindergarten bis Abitur. Ich weiß nicht, warum meine Eltern mich zur deutschen Schule schickten. Für mich war das eine wirklich gute Bildung, aber nicht für El Salvador. Autor: Sie habe gelernt, die Dinge zu hinterfragen, anders zu denken, als das in der erzkonservativen Mittelschicht ihres Landes üblich gewesen sei, meint Va- nessa Núñez. Nachdem sie ihr Jurastudium abgeschlossen und eine Zeitlang als Justitiarin gearbeitet hatte, ging sie nach Chile. Sie suchte Distanz zu ih- rem Land, um es besser verstehen und darüber schreiben zu können. Take 22 Núñez Sprecherin 1: Diese Gesellschaft hat die Wirklichkeit verdreht mit Hilfe des Christentums, das die schrecklichsten Dinge mit Liebe bemäntelt, weil aus Liebe Opfer ge- bracht werden müssen. Deshalb besteht meine ständige Suche darin, meinen eigenen Weg in dieser Gesellschaft zu finden und zu erklären, dass das, was die Leute für blau halten, gar nicht blau ist. Deshalb bin ich Schriftstellerin geworden: ich will schwarz auf weiß die Konfusion, in der ich lebe, nieder- schreiben und dadurch Ordnung hineinbringen, weil ich sie anders nicht be- wältigen kann. Das Wunderbarste am Schreiben ist für mich die Suche nach dem Stoff: herauszufinden, was ich schwarz auf weiß festhalten will. Autor: Vanessa Núñez ist sich ihrer privilegierten Situation stets bewusst geblieben. Und sie hat vor allem in ihren Erzählungen den Unterprivilegierten immer wieder eine Stimme gegeben. Sprecherin 2: Die Sonne erhitzte die Steine des Weges. Jesenia lief flink. Sie sprang von Schatten zu Schatten, um sich die Füße zu kühlen, die auf dem heißen Schot- ter und Staub brieten. Sie war die Einzige, die keine Schuluniform trug. In ih- ren Händen hielt sie ein Heft mit dünnen Seiten und einen Beutel mit einem Bleistift, der vom vielen Anspitzen ganz winzig geworden war. Als sie bei der Schule ankam, schrubbte sie sich die Füße. Sie wollte den Staub loswer- den, damit die anderen nicht über sie lachten. Wenn sie es doch taten, dann versteckte sie sich hinter dem breiten, knochigen Körper von Nelson, ihrem Bruder, damit man sie nicht weinen sah. (...) Nachmittags gab Jesenia den Hühnern im Hühnerhof der Tante Maisschrot und Wasser. Nelson brachte die Maultiere zum Fluss hinunter. Dabei musste er sehr aufpassen. Die Tiere waren störrisch und hatten ihn schon oft zu Bo- den gerissen. Die beiden bekamen nie saure Sahne zum Mittagessen. Und sie brauchten auch gar nicht so sehnsüchtig auf den Käse zu schauen und die Milch, die die Cousinen zu trinken bekamen. Dankbar sollten sie sein, dass man ihnen überhaupt etwas zu essen gab. Autor: El estreno hat Vanessa Núñez diese Erzählung genannt: ,Der erste Versuch' oder - so der deutsche Titel - Neue Schuhe. Die kleine Jesenia hofft, von ih- rer Tante nicht mehr wie ein Arbeitstier behandelt zu werden. Tagtäglich muss sie nach der Schule zusammen mit Nelson schuften. Ihr größter Wunsch ist, endlich ein Paar Schuhe zu besitzen. Sie findet es im Dreck eines Maisfeldes. Sprecherin 2: Mit den Fingernägeln kratzte sie die Schlammkruste ab. Die Mutter flickte sie mit Bindfaden und nähte eine alte Sandalensohle darunter. Am ersten Schultag lief Jesenia glücklich den Weg zur Schule. Die Steine taten ihr nicht mehr weh, und der Staub verbrannte ihr nicht mehr die Füße. In der Pause fand Nelson sie hinter einem Mangobaum versteckt. Ihre Füße scharrten wü- tend im Staub. Die Cousine hatte sie eine Diebin genannt. Alle hatten über sie gelacht. Autor: Ganz nüchtern erzählt Vanessa Núñez diese Geschichte. Die Rechtsanwältin will nicht anklagen, sondern auf eine Situation verweisen. Danach entfaltet sie in ihren zwei Romanen ein breiteres gesellschaftliches Panorama. In Die Verrückten sterben alt von 2008 schildert sie, wie die Tochter einer kleinbür- gerlichen Familie sich in eine psychische Krankheit stürzt und diese als Mit- tel der Flucht benützt: aus einer repressiven Gesellschaft, vor dem sexuellen Missbrauch und vor einer machistischen Erziehung, die von den eigenen Müttern nach den Kriterien einer falsch verstandenen Moral praktiziert wird. Take 23 Núñez Sprecherin 1: Der Machismus ist ein Thema, auf das wir täglich treffen, ohne dass wir ihn besonders bemerken, denn er ist allgemein verbreitet. Und er wird nicht nur von Männern ausgeübt. Er ist Teil eines Systems, zu dem selbst die eigene Mutter gehört, wenn sie dir rät, du solltest lieber den Mund halten, um deinen Ehemann nicht zu verärgern. Als ich diesen Roman veröffentlicht hatte, meinten Leser, er spiele zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Doch in Mittel- amerika ändern sich die Dinge nicht, hier scheint die Zeit stehen zu bleiben. Autor: In ihrem zweiten Roman Gott hatte Angst von 2011 erzählt Vanessa Núñez vom Bürgerkrieg im El Salvador der 80er Jahre. Er kostete 70.000 Menschen, meist Zivilisten, das Leben; viele leiden noch heute unter den Folgen. Eine junge Frau der Mittelschicht erinnert sich, wie sie als Kind den Kampf der Guerilla gegen die Militärdiktatur erlebte. Immer wieder betont die Erzähle- rin die Mittäterschaft all jener, die im Krieg geschwiegen haben, wie bei- spielsweise ihr Vater. Sprecherin 2: Die Nacht liegt wie gelähmt über unserem Haus. Das Monster schwebt wie eine schwarze Spinne durch den Himmel. Sein Dröhnen wird zum Echo. Es entfernt sich, um woanders Angst und Leuchtraketen zu säen. "Was wäre denn, wenn die Hubschrauber sich irrten und unser Haus beschös- sen?", frage ich Papa flüsternd. "Denk nicht an so was", antwortete er unwillig. "Die Soldaten wissen schon, wie sie die Subversiven von den ordentlichen Leuten unterscheiden können." "Und wenn es doch mal geschieht?" "Bitte Gott darum, dass es nicht dazu kommt." "Warum ist denn überhaupt Krieg?" "Weil es unterschiedliche Interessen gibt." "Was bedeutet das denn?" "Sei still und pass auf", sagt er schließlich ärgerlich. Die Messe langweilt mich, sage ich leise vor mich hin. Ich sehe mich um. Die ernsten Gesichter der Leute machen mir Angst. Papa sagt, die Hölle gibt es gar nicht. Autor: Vanessa Núñez reichert die fiktive Handlung mit Dokumenten und Zeugen- aussagen an, um den historischen Kontext zu verdeutlichen und die Verzer- rungen der offiziellen Geschichtsschreibung zu korrigieren. Dabei bleibt ihre Erzählerin eine objektive Beobachterin, sie ergreift keine Partei. Sprecherin 2: Ich habe nie verstanden, wann und wie der Krieg begann. Soweit ich mich er- innere, war er immer schon dagewesen. Wir wuchsen mit dem Lärm von Bomben und Schüssen auf, mit Angst und Vorsichtsmaßnahmen und wandten den Blick ab, damit weder die Soldaten noch die Guerilleros dachten, dass wir gegen sie seien. Wir gewöhnten uns daran, nicht zu denken, nicht laut zu sprechen, die Politik zu meiden und so gut wie möglich dem Konflikt aus dem Wege zu gehen. Doch wie sollte man der Wirklichkeit aus dem Wege gehen in einem Land, wo die Bilder des Kriegs uns Tag und Nacht bombardierten? Wir waren dazu verurteilt, die Angst schweigend zu leben. Wir legten die Gesichter, die verstümmelten Toten, die zerquetschten Hände, die abge- schnittenen Ohren, die gehäuteten Leichen und die Erinnerungen in Regale, wo sich der Staub und die Jahre auf sie legten, in der Hoffnung, eines Tages in diesen makabren Abstellraum zu treten und festzustellen, dass sie nicht mehr dort waren. Und dennoch öffnen sich auch jetzt noch, wenn ich die Nachrichten von fer- nen Kriegen höre, die Türen der Erinnerung lautlos und vor mir ziehen die Schrecken vorbei, die ich bis heute in meiner Seele versteckt mit mir trage. Vielleicht war es die Angst vor dem Tod oder das Verschwinden von Edgar- do, das mich fragen ließ, warum. Warum verharrten wir, die wir an die Ge- rechtigkeit und die christlichen Werte zu glauben vorgaben, schweigend an- gesichts so vieler Abscheulichkeiten? Autor: Hartnäckig stellt Vanessa Núñez diese Fragen, sich selbst und der Gesell- schaft. Denn die Probleme von heute lassen sich nicht ohne die Kenntnis des Gestern begreifen. Take 24 Núñez Sprecherin 1: Der Friedensvertrag von 1992 wurde nie wirklich umgesetzt. Beide Seiten haben aufgehört sich umzubringen, weil den USA das Geld für die Militärhil- fe ausgingen und weil unsere Eliten Frieden suchten, um ausländische Inves- toren ins Land zu holen. Wir sind in El Salvador von einem Krieg geringer Intensität zu einem Frieden geringer Intensität übergegangen. Aber heute gibt es mehr Tote als während des Kriegs. Es gibt immer mehr Gewalt, eine neue Kultur der Gewalt. In jeder Familie gibt es heute einen General: den Vater. Er schlägt die Kinder und die Frau. Die Gesellschaft regt sich auf, wenn ein Polizist auf einen Demonstranten einschlägt, aber niemand tut etwas gegen die Gewalt, die die Väter in ihren Familien ausüben. Wir müssen uns immer wieder bewusstmachen, dass wir in einer Kultur der Gewalt leben, die nicht zufällig entstanden ist. Take M 5 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Sprecherin 2: Volljährig zu werden, ist für jeden ein wichtiges Ereignis. Es ist der Moment, in dem man zu einem richtigen Bürger wird, ab dem man mitmachen kann und zur Zukunft des Landes gehört. In fünf Tagen werde ich dieses verant- wortungsvolle Alter erreichen und darf dasselbe haben wie meine Schwester, wie meine Eltern, worauf ich mich sehr freue. Ich werde durch die Straßen spazieren und stolz die Symbole der Bürgerschaft und der Gerechtigkeit tra- gen dürfen. (...) Am Tag nach meinem Geburtstag werden wir dann ins Rat- haus gehen, um die Urkunden und Auszeichnungen entgegenzunehmen, durch die meine vollen Bürgerrechte beglaubigt werden. Autor: Einen Text, der so vollmundig staatstragend beginnt, würde kaum jemand weiterlesen, wenn er nicht wüsste, dass die Autorin Denise Phé-Funchal heißt und dafür bekannt ist, dass sie gern falsche Fährten legt. Die 38-jährige ist Guatemaltekin, doch die Herkunft spielt in Mittelamerika eher eine Neben- rolle. Die kleinen Länder sind auf die Mobilität ihrer Bewohner angewiesen. Viele zieht es allerdings gleich in den reichen Norden des Kontinents, Emig- ration ist an der Tagesordnung. Take 25 Phé-Funchal Sprecherin 1: Wir leben heute in einer Zeit der Globalisierung, und deshalb beschäftigt uns eine Vielzahl von Themen. Wir wollen nicht auf die Gewalt festgelegt wer- den, können sie aber auch nicht aus unseren Werken ausschließen. Das unter- scheidet uns von der Autorengeneration, die direkt in die Konflikte involviert war und eine entsprechend engagierte Literatur geschrieben hat. Wir reprä- sentieren heute Mittelamerika und zeigen es in seiner Vielschichtigkeit, das beweist auch die Anthologie der neuen Erzähler dieser Region, die Sergio Ramírez herausgegeben hat. Wir schaffen keine neue Bilderwelt, sondern in- terpretieren die Wirklichkeit so, wie wir sie täglich sehen. Autor: Denise Phé-Funchal fühlt sich - wie die meisten der jüngeren Autoren - einer Generation zugehörig, für die längst nicht mehr der historische bewaffnete Konflikt in der Region im Vordergrund steht. 2011 hat sie in dem Band Gute Sitten eine Reihe von Erzählungen versammelt, in denen sie die Welt aus ei- ner weiteren Perspektive zeigt. Take 26 Phé-Funchal Sprecherin 1: Als das Buch herauskam, haben sich die Leute gefreut: Endlich schreibt je- mand über die guten Sitten. Aber ich wollte zeigen, wie die Gesellschaft ei- nem die Spielregeln aufzwingt: wenn du dich als Mann oder Frau in die sozi- ale Ordnung einfügst, dann wirst du glücklich. Aber das klappt nicht. Viel- leicht ist der Mensch sogar dazu bestimmt, unglücklich zu werden. / Außer- dem wird ständig auf uns eingeredet, dass wir uns als gute Guatemalteken verhalten sollen. Dabei drückt sich bereits im Namen unseres Landes Guate- mala etwas Schlechtes aus. Es heißt eben nicht Guate-buena, das ist nur die Wunschvorstellung: ein gutes Guatemala. Meine Literatur dient dazu, die Augen für die schlechte Situation zu öffnen, in der wir leben. Sprecherin 2: Papa hat mir versprochen, mich morgen auf den Schießstand mitzunehmen. Zu den vollen Bürgerrechten gehört auch eine Waffe, die wir einsetzen, um unsere Auszeichnung zu verdienen. Die Polizei stellt die Waffen bei jeder Verleihung der Bürgerrechte zur Verfügung. Wir benutzen sie einmal, nur ein einziges Mal in unserem Leben, und dann kommen sie in das Museum der ehrenwerten Sitten. Autor: Staatsbürgerschaft hat Dénise Phé-Funchal diese Erzählung genannt, die harmonisch beginnt und immer unglaublichere Wendungen nimmt. Die ver- meintlichen Bürgerrechte dienen diesem Staat dazu, all jene Menschen aus- zugrenzen und schließlich auch jene auslöscht, die sich nicht seiner Ordnung fügen. Sie dienen der Legitimation einer Hetzjagd auf die "Nicht-Bürger". Sprecherin 2: Die Jungen und Mädchen aus der Nachbarschaft kamen zu uns gerannt, wäh- rend die Väter, bewaffnet mit Macheten, Seilen, ein paar Ketten, spitzen Stö- cken und einigen Gallonen Benzin an den Ecken Deckung gaben. Alle waren darauf vorbereitet, einen der Gangster, wie sie in jener Zeit die Nicht-Bürger, die Nicht-Menschen nannten, einzufangen. Am Ende des Blocks richteten die Nachbarn einen Raum her, und in den Nächten wurden dort die Gefangenen abgeurteilt und verbrannt. Ich erinnere mich an den Geruch von verbranntem Fleisch, der über den Straßen des Viertels hing. Autor: Dénise Phé-Funchal schildert diese Ungeheuerlichkeiten, als ob sie etwas völlig Normales, Alltägliches seien. Take 27 Phé-Funchal Sprecherin 1: So ist das inzwischen in Guatemala. Die Leute sind derart an die Gewalt ge- wöhnt, dass sie auf der Straße neben einem Toten stehen bleiben und lachen. Wenn jemand ein paar Häuser weiter ermordet wird, dann wird daraus ein soziales Ereignis, niemandem geht der Tod wirklich nahe. Mit dieser Erzäh- lung wollte ich eine Gesellschaft vorführen, die mitten im Chaos der extre- men Gewalt existiert und die nur einen Ausweg kennt, alle sogenannten Nicht-Menschen, Nicht-Bürger umzubringen. Und das ist keineswegs uto- pisch. Einer der Präsidentschaftskandidaten - er wurde im letzten Wahlkampf von der Drogenmafia unterstützt - hatte verkündet, die Todesstrafe wieder einführen zu wollen. Wenn er gewonnen hätte - und er hatte durchaus Chan- cen -, dann hätte dieses Land noch viel mehr Gewalt erlebt. Sprecherin 2: Man beschloss, dass jeder Mensch, jeder Bürger die Verantwortung dafür übernehmen sollte, zum Friedensprozess beizutragen, indem er einen Nicht- Menschen vernichtete. Wichtig war es, dass jeder patriotische Haushalt ein Symbol für den Friedensprozess besaß. Aber noch wichtiger war es, dass die Jungen, wir, die noch Kinder waren, uns als Teil des Prozesses fühlten, dass wir selbstbewusst in die Augen der Verbrecher blickten, dass wir uns nicht auf Abwege begaben. So wurde jedem Haushalt, jeder Familie ein Nicht- Bürger übergeben. Um uns nicht mit ihnen gleich zu machen, musste die Hinrichtung rasch erfolgen. Ein Schuss in die Schläfe, der vom Vater oder von der Mutter abgefeuert wurde. Dann mussten die Leichen einbalsamiert und in den Hauseingängen aufgehängt werden. Autor: Dénis Phé-Funchal versteht diese Erzählung zwar als Science-Fiction. Das von ihr geschilderte totalitäre System der Unmenschlichkeit hat aber durch- aus aktuelle Bezüge. Ihre Welt ist düster, auch in ihrem jüngsten Roman An- na lächelt. Sprecherin 2: Heute Morgen hat Anna beschlossen, zu Hause zu bleiben. Nachdem sie die Kinder zum Bus gebracht hatte, kehrte sie um, schloss die Haustür hinter sich zu, rief im Büro an, sagte, ihre Kinder seien krank, und bat ihren Chef um die Erlaubnis, bei ihnen zu bleiben. Der Chef fragte nicht nach. Sie war sich aber sicher, dass er sie entlassen würde. Jetzt sitzt der gelbe Hund neben ihr vor dem großen Fenster, das auf den kleinen Hof hinausgeht. Es regnet. Während sie dem gelben Hund den Kopf streichelt, denkt sie an Tausende von Dingen, die sie tun könnte, um ab Montag ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Señor Abes Stimme hatte kompromisslos geklungen, wie die von Carlos, als er zu ihr sagte, wir sprechen uns am Montag. Take 28 Phé-Funchal Sprecherin 1: Als die Kinder, die gar nicht krank, sondern in der Schule waren, am Nach- mittag in Begleitung der Nachbarin Alba heimkehren, erleben sie eine Kata- strophe. Ihre Ursache wird in den folgenden Kapiteln analysiert. Eine trauma- tische Familiengeschichte tritt zutage. Sprecherin 2: Die Kinder öffneten die Tür zum Hof. Aber Albas Stimme, die zu ihnen sag- te, lass uns in das Geschäft gehen, hielt sie auf. Nur der Hund entwich nach draußen, suchte Anna im Atelier, blieb einen Augenblick bei ihr. Während sie eine Bank zurechtrückte, kraulte sie ihm den Kopf und gab ihm einen Kuss. Der Hund wimmerte. Rannte nach draußen, durchquerte den Garten und wartete unruhig darauf, dass Alba und die Kinder von dem Geschäft wiederkämen, wartete bellend auf sie. Als Alba den Schlüssel ins Schloss steckte, kam die Nachbarin aus ihrer Tür und sagte, irgendwas ist los mit dem Hund, seit ein paar Minuten jault er fast. Seltsam, oder? Die Señora Anna ist doch schon länger wieder zu Haus. Die Kinder stürmen hinein, rufen Anna. Doch man hört nichts. Die Stille ist be- drückender als das Bellen des gelben Hundes, der von einer Seite zur anderen schnell durch den Hof gerannt und vor der Ateliertür stehen geblieben ist und nun lauter bellt, ohne mit dem Schwanz zu wedeln. Während sie zum Atelier laufen, wetten die Kinder mit Alba, dass sicher eine Katze oder eine Riesen- ratte in den staubigen Raum hineingeschlüpft ist. Der gelbe Hund bellt, man hört die Schritte der Kinder, die durch die Pfützen stapfen, und ihr Gelächter, das durch den Garten hallt. Anna hört sie nicht. Der Hund bellt, die drei schlucken, bevor Alba nervös grinsend die Tür mit einem Stock aufstößt. Der Junge lacht ebenso nervös und schließt die Augen, das Mädchen macht ihn nach und packt Alba fest an der Hand, die laut aufschreit. Der Hund bellt. Anna lächelt. Den Kindern verschlägt es die Sprache. Die Bank ist umge- kippt. Anna baumelt in der Mitte des Zimmers. Ein dicker Strick mit Farb- spritzern liegt um ihren Hals. Take M 6 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia Take 29 Halfon Sprecher 1: Ich bin als Guatemalteke geboren, in den USA aufgewachsen, ich habe die spanische Staatsbürgerschaft, weil ich mit einer Spanierin verheiratet bin. Meine Großeltern waren arabische Juden. Ich schreibe meist auf Spanisch, aber ich denke in Englisch. Wenn man mir eine Pistole auf die Brust setzen würde, dann würde ich mich wohl eher als Lateinamerikaner zu erkennen ge- ben und weniger als Guatemalteke. Autor: Eduardo Halfon fällt völlig aus dem Rahmen der mittelamerikanischen Lite- ratur. Aber er ist nicht der einzige Autor der Region, der sein Land verlassen hat, seit langem in den USA lebt und es aus der Ferne beschreibt. Take 30 Halfon Sprecher 1: Als Schriftsteller kann man in manchen unserer Länder nicht leben. Man- cherorts wie in Guatemala-Stadt ist es geradezu unerträglich, wenn man be- stimmte Dinge klar darstellen will. Es gab immer Gewalt, aber niemals sind so verschiedenartige Formen von Gewalt zusammengekommen wie heute. Du wirst nicht nur beklaut oder überfallen oder entführt, seit die Maras und die Narcos ihr Unwesen treiben, musst du heute sogar um dein Leben fürch- ten. Und das Schlimmste ist das permanente Gefühl der Paranoia, das finde ich unerträglich. Autor: Seine Eltern sind 1981 mit dem 10-jährigen in die USA ausgewandert. Dort hat er Ingenieurwissenschaft studiert, denn für Literatur interessierte er sich zunächst überhaupt nicht. Die Rückkehr nach Guatemala als 24-jähriger war für ihn frustrierend: #er beherrschte seine Muttersprache nicht ausreichend und verstand auch sein Land nicht. Von einem Philosophiekurs an der Uni- versität erhoffte er sich Erkenntnis - und entdeckte die Literatur. Take 31 Halfon Sprecher 1: Ich begann wie ein Wahnsinniger zu lesen: alles, was ich bisher versäumt hatte. Zuerst die Klassiker: den ganzen Tolstoi, den ganzen Dostojewskij, den ganzen Tschechow und dann nacheinander die französische, die deutsche und die lateinamerikanische Literatur. Ich war geradezu süchtig nach Büchern, dachte jedoch zunächst nicht daran, selbst zu schreiben. Ich wollte nur lesen. Sprecher 2: Das Haus roch nicht nur nach Eukalyptus. Es war ein sehr viel komplexeres, feineres Aroma, in das auch alle Düfte und Gewürznoten hineinspielten, die wie ruhelose Geister aus der Küche drangen. Dort regierte Berta, die Köchin, die meine ägyptische Großmutter dem ,Großen Truthahn' - einem guatemal- tekischen Feinschmeckerrestaurant - abspenstig gemacht und dann persön- lich in die arabische und israelitische Kochkunst eingewiesen hatte (deren Unterschiede, obwohl es sie gewiss gibt, ich zum Glück nie verstanden habe). Autor: Eduardo Halfon begann dann doch zu schreiben. In der Erzählung Der letzte türkische Kaffee verarbeitet er seine vielschichtigen kulturellen Wurzeln. Sie ziehen sich wie rote Fäden durch sein gesamtes Werk. Die Gewalt erscheint eher als ein Randphänomen - wie in dieser Darstellung des Lebens in einer jüdischen Familie arabischen Ursprungs, wo sie das familiäre Idyll schließ- lich zerstört. Sprecher 2: Niemand sprach. Niemand rührte sich. Die Erwachsenen versuchten, die Kinder mit Streicheln und Flüstern ruhig zu halten und dabei herauszufinden, was eigentlich vor sich ging, was all die Soldaten von meinem Großvater wollten, wessen Stimmen das waren, die man überall im Haus hörte. Ich weiß noch, dass ich mir wünschte, ich wäre taub; ich könnte mir die Finger in die Ohren stecken und nichts mehr vernehmen von diesen Stimmen, von denen eine kindliche Ahnung mir sagte, dass sie nicht gut waren, nicht hierherge- hörten in meine Welt aus Eukalyptus, Baklava und bunten Plastikjetons. Mit einem Mal war das riesige Haus meiner Großeltern zu klein. Take 32 Halfon Sprecher 1: Das Judentum, mein jüdischer Großvater interessiert mich als literarischer Stoff, nicht als etwas Nostalgisches. Bei all meinen Themen, meinen Reisen nach Belgrad, nach Israel, nach Italien und Polen interessieren mich zuerst die Geschichten. Doch dabei taucht immer wieder das jüdische Thema auf. Für mich ist das sehr kompliziert, denn ich bin kein praktizierender Jude, überhaupt nicht. Aber das Judentum ist Teil meiner Erziehung, ist meine Fa- milie. Autor: Bevor er sich dieser Thematik näherte, räumte er in seiner Biografie auf. Sei- ne erste literarische Publikation Das ist keine Pfeife, Saturno von 2003 be- steht aus zwei Kurzromanen. In beiden geht es um Selbstmord. In dem einen behandelt er den Freitod von bildenden Künstlern, in dem anderen den von Schriftstellern. Take 33 Halfon Sprecher 1: Mich interessierte der Selbstmord als Metapher. Ich musste den Ingenieur in mir töten, damit der Schriftsteller geboren werden und mein anderes Ich ent- stehen konnte. In Saturno, dem zweiten Kurzroman, habe ich dann einen Va- termord begangen. Er ist in der 2. Person geschrieben und eine Abrechnung mit meinem Vater. Mein Vorbild war Kafkas "Brief an den Vater". Der Er- zähler stellt darin Vergleiche mit Schriftstellern an, die sich umgebracht ha- ben, und deren Ursache irgendwie in den Beziehungen zu ihren Erzeugern lag. Deshalb stirbt der Vater am Ende. Autor: Eduardo Halfon bisher bestes Buch ist Der polnische Boxer. Es wird zwar als Roman gehandelt, besteht aber aus zehn Erzählungen. Sie sind lose durch die Gestalt des Ich-Erzählers verbunden, hinter der sich unverkennbar der Autor verbirgt. Er begibt sich auf seine bisher ausführlichste Reise der Selbsterforschung und auch der Selbstdarstellung. Sprecher 2: Einem Haufen größtenteils analphabetischer Studenten Literatur beibringen zu wollen - warum tat ich mir das an? Autor: - fragt sich ein Literaturprofessor, als der Eduardo Halfon heute noch arbeitet, im ersten Kapitel. Doch anders als sein argentinisches Vorbild Ricardo Piglia, dem er im zweiten Satz seine Referenz erweist, entwickelt Halfon da- raus keinen vornehmlich literaturwissenschaftlichen Diskurs. Der Professor engagiert sich vielmehr für das einzige Talent in seinem Seminar: einen jun- gen Poeten, der das Studium aufgeben muss, um die Familie über Wasser zu halten. In den folgenden Erzählungen nimmt der Autor bzw. der Ich-Erzähler die Suche nach seiner Herkunft, seiner Identität auf - dem zentralen Thema des Bandes. Er kreist es an zwei Beispielen ein. Im Mittelpunkt der einen Ge- schichte steht der serbische Pianist Milan Rakic, der in Guatemala auftritt und einer Familie von ,Zigeunern' entstammt - wie es heißt. Sprecher 2: Seit 25 Jahren sitze ich jetzt schon am Klavier. Ich habe an den besten Aka- demien und bei den besten Lehrern Unterricht in klassischer Musik gehabt, und trotzdem träume ich von nichts anderem, als mit einem Trupp Zigeuner unterwegs zu sein und mit ihnen zu spielen und zu tanzen und manchmal auch zu leiden. Ist das nicht lächerlich? Autor: Milan ist ein Zerrissener wie sein Autor. Aber beide unterscheiden sich in ei- nem wesentlichen Aspekt. Sprecher 2: Die einen laufen vor der Welt ihres Vaters davon, während die anderen laut- stark nach ihr rufen. Ich konnte das Judentum gar nicht weit genug hinter mir lassen, während Milan nie nahe genug an die Welt der Zigeuner herankom- men würde. Autor: Mit dem zweiten Beispiel greift der Autor wieder auf die eigene Familienge- schichte zurück: auf das Schicksal seines Großvaters, eines Auschwitz- Überlebenden. Als Kind hatte er sich oft gewundert, wieso auf dessen Unter- arm eine Nummer eintätowiert war. Dem Erwachsenen erzählt es der Alte. Sprecher 2: Auf dem Boden lag Schnee. Niemand sagte ein Wort. Man warf mich hinten auf einen Lastwagen, die Ladeklappe wurde verschlossen, und den Rest der Reise verbrachte ich zitternd und im Halbschlaf. Irgendwann, gerade brach ein neuer Tag an, blieb der Lastwagen endlich stehen. Durch einen Schlitz in der Wand konnte ich die Aufschrift über dem Eisentor sehen. Arbeit macht frei, stand dort. Ich hörte Gelächter. Aber zynisches Gelächter, du verstehst, schmutziges Gelächter, als wollte man sich mit Hilfe dieser idiotischen Auf- schrift über mich lustig machen. Ich sah die Schwarze Wand. Dann sah ich den Block 11 von Auschwitz. Es war das Jahr 1942, und wir wussten, dass niemand aus dem Block 11 in Auschwitz zurückkehrt. Autor: In einem stockenden und immer wieder abirrenden Gespräch erfährt Edu- ardo, wie sein Großvater durch den Rat eines polnischen Boxers dem Todes- kommando entkam. Er hatte ihm genau erklärt, was er bei dem bevorstehen- den Verhör sagen sollte und was keinesfalls. Seinen Mithäftling hatte dieses Wissen allerdings nicht vor der Erschießung bewahrt. Sprecher 2: Ich versuchte, mir sein Gesicht vorzustellen, seine Fäuste, den weißen Punkt, den die Kugel wahrscheinlich hinterließ, nachdem sie sein Genick durchquert hatte, seine polnischen Worte, die meinem Großvater das Leben gerettet hat- ten, aber alles, was ich vor mir sah, war eine endlose Schlange aus Leuten, die nackt sind und bleich und ausgezehrt, und alle weinen sie und sprechen stillschweigend das Kaddisch, und alle folgen sie den Vorgaben einer Religi- on, deren Glauben auf Nummern beruht, während sie anstehen, um sich selbst nummerieren zu lassen. Take 34 Halfon Sprecher 1: Ich versuche, meine vielfältigen Identitäten mit meiner Literatur zu begreifen. Ich bestehe aus einzelnen Teilen, und möglicherweise schreibe ich, um ihnen eine gewisse Einheit zu geben. Letzten Endes geht es um die Suche nach den Wurzeln: woher komme ich, wer bin ich? Ich weiß ja noch nicht einmal, ob mich die Guatemalteken als einen guatemaltekischen Schriftsteller ansehen. Ich glaube, für sie bin ich ein Ausländer. Take M 7 Musik instrumental/ Gitarre: La mora limpia 2