Flamenco, Sackpfeifen und teuflische Dämonen Eine Lange Nacht der spanischen Musik Autor: Stefan Wimmer Regie: Margot Litten Ton und Technik: Helge Schwarz Redaktion: Dr. Monika Künzel SprecherInnen: Krista Posch Christian Baumann Diana Gaul Andreas Neumann Heinz Peter Sendetermine: 30. Juni 2018 Deutschlandfunk Kultur 30.06./1.07.2018 Deutschlandfunk __________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde Baskenland Musik : Charles Mingus: „Isabels Table Dance“ / 1.15 frei / dann darüber (Zeit total : 2.00 ) Sprecherin 1: Spanische Musik – in unserer Vorstellung peitschender Flamenco, Gitarren, Kastagnetten, die Rhythmen von Fandango, Malagueña und Jota, das Licht des Südens. Andalusien – sagte schon der spanische Philosoph Ortega y Gasset – ist es gelungen, sich und seine Musikkultur zur einzig gültigen der gesamten iberischen Halbinsel zu erheben. Vor allem die Oper Carmen hatte entscheidenden Anteil daran. Georges Bizets mitreißende Musik mit ihren spanisch anmutenden Klängen eroberte die Welt: Doch es gibt es auch ein anderes Spanien. Ein Spanien hoch oben im Norden, das fremdartig und weitgehend unbekannt ist. Ein Spanien, das viel stärker vom zentraleuropäischen Mittelalter als vom maurischen Süden geprägt ist. Ein Spanien, das einen jahrhundertelangen Guerrillakrieg gegen die Mauren und deren islamische Herrschaft ausgefochten hat. Und das in der öffentlichen Darstellung kaum vorkommt. Das Spanien der Einhandflöten und der Sackpfeifen.... Der Albokas und der Tamburine.... Der Txalapartas, der Drehleiern und der burlesk-pikanten Volkslieder.... Um das ganze Spanien und seine Musikkultur zu erforschen, sind wir zunächst zu den Dickköpfen des Nordens gefahren.... Musik : Juan Mari Beltrán: „Sigi Sagan“ / Zeit total: 2 . 20 Sprecherin 1: Unsere musikalische Entdeckungsreise beginnt am Fluss Bidasoa, dem Scheidepunkt zwischen Frankreich und dem Baskenland – dieser berühmten Region, deren Bewohner fast so stur und störrisch sind wie die Dörfler im Asterix-Universum. So gut wie niemand im Baskenland sieht sich als Teil Spaniens – dafür ist der Separatismus viel zu stark ausgeprägt – da man aber dennoch jahrhundertelang mit dem Geschick des Landes verbunden war, gibt es hier Aufschlussreiches über die Musik und Feierkultur Nordspaniens zu erfahren. Musik: „Sigi Sagan“ nochmal hoch / darüber : Sprecherin 1: Schon die Landschaft ändert sich schlagartig, wenn man von Südfrankreich aus ins Baskenland fährt und den Grenzfluss überquert: Dünen und Pinien enden plötzlich, von einem Moment auf den anderen dominieren satte, neblige Wälder, in denen dichte Atlantikwolken hängen – nicht umsonst sind die Geister dieser Wälder ein Hauptbestandteil der baskischen Mythologie. Neben dem Wechsel der Flora tut sich auch eine völlig unterschiedliche Musikkultur auf, eine Musikkultur, die – das sei jetzt schon verraten – jahrzehntelang unterdrückt wurde, denn das Baskenland musste sich seine Autonomie und Selbstbestimmung erst mühevoll erkämpfen. Gut 40 Jahre lang galt die baskische Kultur unter der Herrschaft des spanischen Diktators Francisco Franco als unerwünscht, unspanisch, separatistisch – und wurde gnadenlos unterdrückt. Dass sie sich dennoch erhalten konnte, ist der Dickköpfigkeit ihrer Einwohner zu verdanken. Instrumente wie die Txistu, die Txalaparta, die Alboka, die Kirikoketa sind in Europa und auch im übrigen Spanien nahezu unbekannt – ganz zu schweigen von Musik-Genres wie der Porrusalda, der Biribilketa oder dem Jauziak. Musik : Juan Mari Beltrán: „Itzurun“ / Zeit: 0.54 Sprecherin 1: Wir lassen uns nun ins Reich der baskischen Musik von jemandem mitnehmen, der ein wahrer Vergil ist: Der Musikologe und Multi-Instrumentalist Juan Mari Beltrán, der unweit der spanisch-französischen Grenze das Musik-Museum „Soinuenea Fundazioa“ leitet, in dem Hunderte von Exponaten ausgestellt sind. Der 69 jährige ist einer der schillerndsten Figuren der baskischen Musikszene. Er hat Dutzende von Platten eingespielt und eine endlose Reihe von Konzerten gegeben – die Honorare investiert er des öfteren umgehend in neue Fachliteratur und Artefakte seines Museums. OT Atmo Sprecherin 1: Der untersetzte Mann mit Vollbart und wachen Augen empfängt uns in Oiartzun vor dem alten Gemeindehaus, das sein Museum beherbergt, unweit eines 250 Millionen Jahre alten Granitberges, aus dem sprudelnde Forellenbäche quellen und der ein Anziehungspunkt für alle Mountainbiker der Gegend ist. Oiartzun ist ein heiterer Weiler aus gedrungenen Fachwerkhäusern, Gehöften und Gaststätten, in denen sich die Städter der Küste gegrillte Foie gras, Bäckchen vom Kabeljau oder Steinbutt in Paprikasoße schmecken lassen. Inmitten dieser Idylle erzählt uns Juan Mari Beltrán, wie er einst in den fünfziger Jahren Volksmusiker wurde: OT (Juan Mari Beltrán): „Era una de las opciones...“ Sprecher 2: Als ich sieben Jahre alt war, wollten alle Kinder in meinem Dorf entweder Pelota-Ballspieler oder Radrennfahrer werden. Doch im Sport war ich nicht gut, und bei Musikern hieß es bewundernd: „Oooohhh, der dort ist Musiker!“ Das war, als ob man sagte: „Oooohhh, der dort ist Dorfprälat!“ Das bedeutete ein großes Prestige, also habe ich Musik gelernt. Und dann kam natürlich der festliche Aspekt dazu: Bei Auftritten mit der Gruppe kam man in alle Dörfer der Gegend! Das erste Mal beim San-Fermín-Fest in Pamplona, das war für mich wie New York! Musik : Juan Mari Beltrán: „Arrapaladan“ / Zeit : 0. 55 Sprecherin 1: Juan Mari Beltrán spielt zu dieser Zeit – er ist noch ein Kind – vor allem die „txistu“, eine Piccoloflöte für eine Hand : Ein Instrument aus der Renaissance, in Nord- und Mittelspanien allerdings bis heute populär. Der Umgang mit ihr verlangt ein hohes technisches Niveau, erschwerend kommt hinzu, dass ein „txistu“-Spieler – so will es die Tradition – bei den Tanzauftritten noch ein weiteres Instrument spielen muss: Die Trommel. OT (Juan Mari Beltrán): „Quizas la dificultad añadida....“ Sprecher 2: Mit der einen Hand bläst er die Flöte, während er mit der anderen die Trommel schlägt. Die Txistu stammt aus dem Mittelalter und seit der Renaissance gibt es die „tamborillerosr, die Txistu- und Trommel-Spieler. Nach Chronistenberichten wurde die Txistu schon bei der Hochzeit des Königspaars von Navarra gespielt, und sie war auch unter Spielleuten sehr verbreitet. Bei Flöten mit sieben Grifflöchern ist es viel einfacher, den richtigen Ton zu treffen – man kann ja weitaus bequemer die Finger einsetzen. Aber bei einer Flöte mit drei Grifflöchern muss man schon sehr präzise anblasen, man muss sozusagen „singen“ beim Spielen. Musik : Juan Mari Beltrán: „Txistu Eta Danbolina“ / Zeit: 0.48 Sprecherin 1: Wie ein klassischer Spielmann zieht Juan Mari also durch die Dörfer Navarras, des Baskenlands und der Rioja – und was ihm als Jugendlicher bei seinen Auftritten am meisten gefällt, ist die Aufmerksamkeit, die den Ensembles entgegengebracht wird: OT 4 (Juan Mari Beltrán): „La gente sale a la ventana...“ Sprecher 2: wenn du mit der Band durch die Straßen gezogen bist; traten die Leute ans Fenster, und bei den Tanzveranstaltungen drehten sich alle um dich wie um einen Planeten. Ganz zu schweigen von den Festen auf den Berghügeln! Da gab es Buffets mit Wurst, Sardinen, Kabeljau und Wein, und wir spielten ein Stück nach dem anderen. Das waren fast Initiationsriten. Die Jungen und Mädchen begannen auf diesen Festen ihre amourösen Beziehungen, und wir Musiker fieberten bei jeder Aufforderung zum Tanz mit: „Wie wird das Mädchen reagieren? Wird sie ihn abweisen? Oder ist sie interessiert ? Musik: Juan Mari Beltrán: „Sorgin Etxean“ / Zeit: 1.45 Sprecherin 1: Für einen Laien ist es bemerkenswert, wie libertär es auf diesen Berg- und Dorffesten des spanischen Nordens zugeht – man kennt ja praktisch nur das Bild des strengen, starren Flamenco-Tanzes, der den Zuschauern wie ein Ritual ohne Teilhabe dargeboten wird. Bei den Festen Nordspaniens dagegen ist die ganze Gemeinschaft dabei – und es geht zünftig zur Sache: OT (Juan Mari Beltrán): „En una jota no se tocan...“ Sprecher 2: Die „Jota“ beispielsweise ist ein Tanz, bei dem man sich nicht anfasst. Frau und Mann berühren sich nicht. Aber ich kann aus meiner eigenen langen Erfahrung sagen, dass bei solchen Tänzen der sexuelle Gehalt sehr stark ist. Auch wenn es – anders als beim Tango – keinen Körperkontakt gibt, werden zwischen Frau und Mann tausend Signale ausgetauscht, die aufreizen. Die Frau vermag mit ihrer Mimik alles zu sagen. Ich habe selbst oft erlebt, wie die Paare, die sich nur vom Tanzen kannten, nach der Veranstaltung heimlich miteinander ins Maisfeld gegangen sind. Das kann auch einem Zuschauer passieren, das muss nicht mal der Tänzer sein. Mit ihrem Blick sagt die Frau alles. Sprecherin 1: Für Juan Mari ist diese Welt fast vergleichbar mit außereuropäischen Stammesgemeinschaften: OT (Juan Mari Beltrán): „Eso es muy habilidad técnica...“ Sprecher 2: Jeder Mann und jede Frau hat da geeignete Techniken und Kniffs, um die Blicke anderer Männer und Frauen auf sich zu ziehen. In diesem Punkt ist ein Fest im Baskenland nichts anderes als ein Fest im Kraal eines ostafrikanischen Landes. In gewisser Hinsicht sind die Tänze, selbst wenn es sich nur um Kreistänze handelt, fast wie Duelle. Virtuosentum beeindruckt jeden sehr, also versucht jeder Teilnehmer, auf sich aufmerksam zu machen. Man kann z.B. besondere Figuren anbringen, nach dem Motto: „Schau, was ich hier mache! Mit meinen Füßen, eine Figur mit dem Knie, und noch eine Drehung!“ Das ist bei mir als Musikant ja nicht anders: Auch ich bringe kleine melodische Gimmicks ein, um auf mich aufmerksam zu machen. Natürlich, wenn mir alles egal wäre, würde ich das nicht tun, aber ich will ja, dass man mich wieder bucht. Musik: Juan Mari Beltrán: Gorrotxategien martxa“ / Zeit: 1.27 Sprecherin 1: So wird Juan Mari Beltrán einer der bekanntesten Spielmänner der Region und lernt neben Instrumenten wie Piccolo-Flöte, Trommel und Oboe auch die baskische Hornpfeife „Alboka“ zu spielen, ein 20 cm langes, hornförmiges Gebilde, das Schalmei-artige Quetschtöne erzeugt – Die Alboka stammt ebenfalls aus dem Mittelalter . Schon in den Cántigas de Santa María, einer Liedsammlung des 13. Jahrhunderts unter König Alfonso X., ist sie abgebildet. Doch im Gegensatz zu Deutschland, wo Krummhörner und dergleichen in der Volksmusik kaum mehr vorkommen, hat sich die Alboka im Baskenland den Status eines Nationalinstruments bewahrt: OT (Juan Mari Beltrán): „La alboka es un clarinete doble...“ Sprecher 2: Die Alboka ist eigentlich eine doppelte Klarinette mit zwei Schallrohren. Traditionell hat das eine Schallrohr – das, auf dem die Melodie gespielt wird – fünf Grifflöcher, und das begleitende Schallrohr drei. Man findet auf der Welt auch Alboka-ähnliche Instrumente mit anderer Aufteilung, aber die gängige Struktur im Baskenland ist 5 : 3. Die Kombination von zwei Schallrohren ist sehr alt, fast schon prähistorisch. Das Rohrblatt bei der Alboka besteht aus Schilf. Nicht ungewöhnlich, weil es im Baskenland ja genügend Schilf gibt. Von der Haltbarkeit ist Schilf ist zwar nicht so optimal wie Holz oder Knochen, aber es ist sehr gleichförmig und lässt sich leicht bearbeiten. Das Vorderteil dagegen ist ein Schalltrichter aus Horn. OT kurz hoch und frei / dann wieder darüber : OT (Juan Mari Beltrán): „Pero en el caso nuestro...“ Sprecher 2: Die Alboka dient zu 99,9 Prozent der Tanzmusik. Ich habe manchmal Diskussionen mit Kollegen, die sagen, die Alboka sei ursprünglich ein Hirten-Instrument gewesen. Aber das glaube ich nicht. Die Alboka hat ausschließlich zu tun mit öffentlichen Plätzen, mit Festveranstaltungen, mit Publikum. Wenn sie ein Hirten-Instrument wäre, müsste es in ihrem Repertoire auch rezitative, pastorale Stücke geben. Doch so gut wie alles, was man mit der Alboka spielt, ist Tanzmusik. Die Haupttänze im Baskenland sind: die „jota“, die „porrusalda“ und die „marcha“. Die „jota“ wird eher langsam gespielt, „a lo bajo“, wie man sagt, im einem 3/4-Rhythmus. Die „porrusalda“ hat einen 2/4-Rhythmus, es geht da beim Tanz auch ums Springen, sie hat mit Sprüngen zu tun. Und die „marcha“ ist ebenfalls ein Tanz, auch wenn das Wort zunächst nach militärischem Marsch klingt. Aber in Spanien heißt „marcha“ einfach „sich bewegen“, sich „vergnügen“, „die Zügel schießen lassen“, und ihr Rhythmus geht so: „DANGDA-DANGDA … “ Musik: Juan Mari Beltrán: „Saltoka“ / Zeit: 1.50 Sprecherin 1: Eine weitere Diskussion entspinnt sich daraus, wie stark die nord- und mittelspanische Volksmusik eigentlich von den Arabern geprägt ist. Denn in den dreißiger Jahren behaupteten Gelehrte wie der Hispanist Américo Castro, dass die Mauren in Spanien die treibende Kraft für die heutige Volkskultur waren – sozusagen als prometheische Kulturbringer. Aktuelle Forschungen – etwa auch im Bereich des Flamenco – sehen solche unilateralen Erklärungsmuster weitaus differenzierter, Américo Castros Theorien haben sich in der Populärkultur jedoch bis heute gehalten. Doch was sagt der Praktiker? Wie steht Juan Mari zu dieser Theorie? OT (Juan Mari Beltrán): „Lo que más es extendido es que...“ Sprecher 2: Es heißt zum Beispiel, dass das Instrument Alboka arabischer Herkunft ist und sich vom Arabischen „al-buk“, „die Flöte“, „das Kornett“ ableitet. Aber ich glaube, diese Herleitung muss nicht unbedingt richtig sein. Im Baskischen hat das Wort „Alboka“ ebenfalls eine Bedeutung: Zwei Dinge liegen Rücken an Rücken aneinander, so wie die Rohrblätter. Und bei einer solchen Verbreitung und Varietät dieses Instrumententyps – es gibt Alboka-ähnliche Instrumente in Eurasien, im alten Griechenland, in Afrika – muss man nicht zwingend den Ursprung im Arabischen suchen. Sprecherin 1: Paradox wäre es schon, wenn ausgerechnet die Mauren während ihrer Eroberungen im 8. bis 10. Jahrhundert das Tanzinstrument Alboka nach Spanien gebracht hätten. Im islamisch dominierten Teil der Halbinsel war der Genuss von Musik immer wieder durch religiöse Verbote beschränkt – und wurde daher vor allem im kleinen Kreis der höfisch-arabischen Adelsschicht zelebriert, zur Erbauung einer Elite. Tanzveranstaltungen mit Volksfestcharakter, wie sie im ländlichen Nordspanien üblich sind, fügen sich eher nicht in die Ideenwelt des islamischen Südens ein – umso mehr, als es auf diesen Tanzfesten stark um amouröse Kontakte ging. Juan Mari nimmt nun eine der vielen Albokas, die in seinem Studierzimmer herumliegen, und gibt ein Ständchen. OT: Juan Mari Beltrán gibt ein Ständchen auf derAlboka. / „Voy a dar...“ Sprecher 2: Ich werde jetzt eine Jota spielen, damit man hört, wie eine Jota klingt. ..... (Das Stück beginnt.) Das war ein Teil einer Jota, aber eine Jota kann 3, 4, 5 Teile haben, die sich untereinander abwechseln.... Sprecherin 1: Und es gibt noch ein weiteres Instrument im Baskenland, das uralt ist und faszinierende Klänge produziert: die Txalaparta: Die Txalaparta stammt aus der Apfelweinherstellung und ist ein Konstrukt aus zwei langen Holzbalken, die von oben mit vier Stößeln, also Stäben geschlagen werden. Zur Zeit von Juan Maris Jugend war sie selbst im Baskenland fast ausgestorben. OT (Juan Mari Beltrán): „Un día coincidí con los viejos...“ Sprecher 2: Als ich mit den Flöten schon gut umgehen konnte, habe ich ein paar ältere Txalaparta-Spieler kennengelernt, die mich in ihre Berghäuser mitnahmen und mir zeigten, wie man die Txalaparta spielt. Von den Tanzveranstaltungen her kannte ich die Txalaparta schon, sie wurde immer zur Auflockerung zwischen den schnellen Stücken verwendet, damit nicht nur immer „DANZA-DANZA-DANZA“ stattfand . Eigentlich ist die Txalaparta nichts anderes als ein zweckentfremdetes Arbeitsinstrument. Arbeit ist nie besonders schön – nach dem Schuften hat man zwar etwas zu essen –, aber dieses stundenlange Zertrümmern und Zerstampfen der Äpfel ist sehr stumpfsinnig. So hat sich die Txalaparta entwickelt. Die Menschen haben angefangen, aus den Schlägen ein rhythmisches Spiel zu machen – ein Spiel zwischen zwei Teilnehmern. So ließ sich aus dem stumpfsinnigen Zerhauen Spannung erzeugen, und du als mein Mitspieler bewirkst, dass ich....ganz bei der Sache bin... (que me pilla....) Musik: Juan Mari Beltrán: „Artzainzuloan“ / Zeit: 1.00 OT (Juan Mari Beltrán): „Es música en alternancia...“ Sprecher 2: Für die Txalaparta braucht es immer zwei Spieler: Ich bin nichts ohne dich, und du bist nichts ohne mich. Es ist wie beim Versteckspiel, jeder von uns beiden muss eine Rolle übernehmen – sonst klappt es nicht. Bei der Txalaparta macht einer einen rhythmischen Vorschlag, und der andere versucht, darüber Spannungen zu bilden. Daraufhin wird der erste wieder daran gehen, ein Gleichgewicht zu bilden. Der eine bringt Sachen durcheinander, der andere gleicht aus. Doch wenn einer eine Zeitlang nicht imstande war, Spannungen zu bilden, muss der Andere seinerseits vorpreschen. Musik : Juan Mari Beltrán: „Ttakunez elkarturik“ / Zeit: 1.20 Sprecherin 1: Juan Mari Beltrán lernt also die Txalaparta – und nicht nur das: Er wird zu einem der besten Txalaparta-Spieler des gesamten Baskenlands. Alles, was auf der Txalaparta möglich ist – sowohl rhythmisch als auch technisch – wird von Juan Mari erprobt, seine musikalischen Grenzgänge sind auf unzähligen Platten festgehalten. Er experimentiert mit Metallbalken, er spielt Duette mit Turmglocken-Spielern, er adaptiert die Txalaparta für Orchesterwerke – und schafft so ein Fundament, das die musikalische Landschaft des Baskenlands verändert. Doch was wie formschönes, lässiges Improvisieren aussieht, ist intellektuelle Schwerstarbeit: OT (Juan Mari Beltrán): „Los txalapartaris con un nivel...“ Sprecher 2: Wenn du ein sehr guter Txalaparta-Spieler bist, ist es nicht nötig, mit deinem Mitspieler zu sprechen. Dann braucht ihr während des Improvisierens kein einziges Wort zu reden. Wenn du zu mir sagst: „Lass uns spielen!“, dann werde ich dir zunächst antworten: „Gut, einverstanden!“, aber ich werde dich genau beobachten :„Schaffst du Spannung – oder taumelst du herum? Kannst du Druck machen – oder wirft es dich aus der Bahn?“ Ich erinnere mich an einen Auftritt, da habe ich mit einem der besten Txalaparta-Spieler hier in der Gegend gespielt, ein Stück von 20 Minuten Länge, und wir sind während des Stücks durch alle möglichen musikalischen Situationen gegangen. Im Publikum waren hunderte von Txalaparta-Spielern, und dieser Mann hat mir kontinuierlich Spannung abverlangt! Spannung! Spannung! Spannung! Ich hatte vor Anstrengung regelrechte Schweißausbrüche. Ich habe ihm musikalische Zeichen gegeben, dass er etwas langsamer machen soll, dass ich mit dieser Geschwindigkeit nicht mithalten kann, doch er hat munter immer stärkeren Druck gemacht. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich mich plötzlich geistig befreit habe, wo ich gesagt habe: „Du willst Spannung?! Die kannst du haben!“, und noch schneller war als er. DINGDANGDANGDANG … Wir sind dann in eine unfassbare musikalische Harmonie eingetreten. So etwas ist nur möglich mit der Txalaparta, und das ist sehr schön! Sprecherin 1: Juan Mari Beltrán führt uns nun die Treppe hinab in seine Garage neben dem Museum, Dutzende von Txalaparta-Teilen stehen dort herum, die er alle selbst gezimmert hat, um ihre Eigenschaften und Tonlagen zu testen– denn jeder Holzbalken verfügt über eigene Tonhöhen, je nach Holzart und Materialdichte. OT (Juan Mari Beltrán): Sprecher 2: Das hier sind die Balken – auf Baskisch „OLL“ –, und das die Stößel – auf Baskisch „Makía“. Zur Tonverstärkung legen wir zwei Säcke mit Maisblättern unter die Balken. Nun, eigentlich sollten es Maisblätter sein, doch da trockene Maisblätter den ganzen Boden versauen, füllen wir inzwischen Matratzen-Schaumstoff hinein. Wichtig ist, dass die Holzbalken einen schönen Klang haben! Bei manchen Balken ist es leichter, die tiefen Töne zu finden, andere eignen sich mehr für hohe Töne. So wie Ding Dong! Am besten eignen sich für die Txalaparta bestimmte Hölzer, z.B. Akazie... Oder Ulme, auf baskisch „Zumár“... Oder Kirschbaum, „Gereschía“... Kastanie... Erle, auf baskisch „altza“.... Ach ja – und Nußbaum! Die Stößel hier sind aus Esche, auf baskisch „lissárra“. Im Baskenland wimmelt es nur so von Familiennamen, in denen das Wort „Esche“ steckt, „Lizarrústi“, „Lizárraga“, „Lizárra“ oder „Lizárza“.... Sprecherin 1: Juan Mari probiert ein paar Holzbalken, dann ruft er seinen Gehilfen Euseba herbei, um eine spontane Live-Kostprobe zu geben. Mit jeweils zwei Stößeln hämmern sie nun auf die Balken, und die Agilität, mit der der Soundtüftler Juan Mari seine Holzstämme bearbeitet, hat fast etwas Koboldartiges. OT : Juan Mari Beltrán gibt (live) ein Ständchen auf der Alboka. OT (Juan Mari Beltrán): Es muy natural...“ Sprecher 2: Wir wissen bei einem neuen Holzbalken nie, welche harmonischen Schattierungen er gibt. Das muss man ausprobieren. Wieviel verschiedene harmonische Schattierungen man zu hören vermag, ist abhängig vom Ohr des Hörers. Sechs verschiedene Schattierungen kann man auch als ungeübter Hörer unterscheiden. Die Alten sagen, sie hätten einmal einen Balken mit 28 verschiedenen harmonischen Schattierungen gehabt. Dieser Balken ist jetzt bei mir im Museum ausgestellt, aber man kann die Richtigkeit dieser Behauptung nicht mehr nachprüfen, weil er nämlich vom Wurm durchlöchert ist. Sprecherin 1: Durch stetige Auftritte und Kurse ist es Juan Mari Beltrán während der siebziger Jahre gelungen, aus dem obskuren, fast vergessenen Bauern-Instrument, das selbst viele großstädtische Basken nicht kannten, das berühmteste Instrument des Baskenlands zu machen. Ja, noch vielmehr: Die Txalaparta wird geradezu zu einem Symbol des baskischen Widerstands. Denn bis in die Siebziger Jahre hinein sind die Zeiten in Francos Spanien sehr finster für die baskische Kultur: General Francisco Franco, der es nie verwinden konnte, dass sich sowohl die baskische Arbeiterschaft als auch das reiche baskische Handelsbürgertum im Bürgerkrieg gegen ihn entschieden hatten, begann gleich nach seinem Sieg 1939 damit , die baskische Musik zu verbieten, und auch alle anderen regionalistischen Sonderwege von der Geheimpolizei überwachen zu lassen: So war auch der Gebrauch der verschiedenen Sprachen und Dialekte – vom Baskischen über das Katalanische bis zum Galicischen – untersagt. In Francos Musik-Welt herrschten schwülstige Zarzuelas, Militär-Märsche, Olé-Lieder und sakrale Messen, und die Presse wetterte gegen den Regionalismus: Sprecher 4: „Das Kokettieren mit der Sprache muss ein Ende haben! Um der Erlösung durch unseren Führer Franco würdig zu sein, müssen wir Spanier drei Dinge lernen: Denken wie Franco, Fühlen wie Franco und Sprechen wie Franco – nämlich das nationale Spanisch. Spanisch ist die einzige Sprache Spaniens, alle anderen Sprachen sind faul und verbraucht.“ Musik : Los Churumbeles de España: „Miniatura“ / Zeit: 2.00 Sprecher 4: „Auf unserem Territorium gibt es schlechte Spanier, Bastard-Spanier, die selbst ihre eigene Mutter verkaufen würden, Spanier, die sich in dem wahnwitzigen Gedanken verzehren, dass ihre Regionen eigene Staaten mit eigenem Recht seien, und die unser geliebtes Spanien nur als Stiefmutter betrachten. Im Klartext gesprochen: Basken und Katalanen, die ihre Provinzen verbaskisieren und verkatalanisieren wollen! Es ist daher nur verständlich, dass Franco – unser geliebter Führer – solche Separatismen schonungslos ausmerzt.“ Sprecherin 1: Für die Regional-Kulturen bedeutete das, daß sie unter strengster Bewachung standen. Vor allem im Norden wurden Feste immer wieder von der Polizei gestürmt. Juan Mari erinnert sich gut an diese finstere Zeit: OT (Juan Mari Beltrán): „Yo conocía a algunas romerias...“ Sprecher 2: Ich habe selbst miterlebt, wie die Guardia Civil in den Aralar-Bergen alle Teilnehmer eines Bergfestes niedergeknüppelt hat. Denn die Leute dort feierten zusammen, sangen Lieder auf Baskisch, hissten die baskische Flagge und riefen Losungen, die gegen das Franco-Regime gerichtet waren. Musik: Juan Mari Beltrán: „Dilin dalanketan“ / Zeit: 1.20 Sprecherin 1: Doch die Menschen mit den Krummhörnern, den Einhand-Flöten und den ganzen anderen bizarren Instrumenten ließen sich nicht unterkriegen. Spätestens mit dem Aufkommen der Studentenrevolution und der zunehmenden Erosion der Diktatur forderten die Basken immer stärker politische Freiheit– gegen den Zentralismus Madrids. Kunst-Kollektive formierten sich, die ersten baskischen Liedermacher debütierten mit flammenden Protestsongs, der „rock radical vasco“ entstand, und schließlich trat Punk auf den Plan – wobei sich viele baskische Musiker phasenweise mit der bewaffneten Separatisten-Organisation ETA solidarisierten. Das Logo des ersten, von Madrid unabhängigen, baskischen Platten-Labels jedenfalls war: die Txalaparta. Das Instrument, das Juan Mari Beltrán seit Jahren ins Bewusstsein der Hörer gebracht hatte. Heute sind diese Kämpfe weitgehend Vergangenheit, und Juan Mari Beltrán interessieren die musikalischen Implikationen des Instruments ohnehin viel stärker als die politischen: OT (Juan Mari Beltrán): „No esto que tanto se habla hoy...“ Sprecher 2: Es gibt da diese Theorie, dass die Txalaparta ursprünglich dazu gedient habe, mit rhythmischen Codes Botschaften zwischen den verschiedenen Dörfern zu übermitteln. Das ist Unsinn, diese Theorie ist durch nichts gestützt. Txalaparta – das ist Musik, das ist Fest! Das ist.... Dang-Dang-Dang! Deshalb kommt es immer wieder vor, wenn irgendwo auf dem Land eine Party gefeiert wird, daß den Leute dann - angeheitert und in Stimmung – plötzlich auffällt: „Uns fehlt etwas! Irgendwas ist anders als sonst! Uns fehlt die Txalaparta! Wir brauchen eine Txalaparta!“ Also gehen sie raus in die Umgebung, suchen sich irgendeinen alten Schuppen und zerlegen ihn, und bauen mit den Balken eine Txalaparta. Das ist sehr bezeichnend dafür, was die Txalaparta ist: ein Fest! Musik: Kepa Junkera: „Bok-Espok“ / Zeit total : 1.20 Sprecherin 1: Doch der baskische Musiker Juan Mari Beltrán ist nicht der Einzige, der die Musiklandschaft Spaniens verändert hat. Ein anderer Querkopf ist das um 15 Jahre jüngere Trikitixa-Genie Kepa Junkera, der vielleicht berühmteste Musiker des Baskenlands, der ebenfalls gegen die Gesetze des Zeitgeistes und der Moden anspielt. Musik wieder hoch : Kepa Junkera „Bok-Espok“ Sprecherin 1: Kepa Junkera, ein unprätentiöser Endvierziger mit Igel-Schnitt, sitzt in einer der Altstadt-Bars von Bilbao – in der Gasse, in der er eine kleine Musikschule unterhält. Nicht weit von hier, an den Hängen der Metropole, stehen die Hochhäuser des Arbeiterviertels,in dem Kepa als Sohn eines Bauarbeiters aufwuchs. OT (Kepa Junkera): „La zona de Recalde es....“ Sprecher 3: Ich stamme aus Recalde, einem Arbeiterviertel von Bilbao. Die Leute in Recalde waren sehr arm, es gab viele Einwanderer aus Nordspanien, und die Menschen hatten weder Auto noch Plattenspieler noch sonst irgendeinen Luxus. Aber es gab sehr viel Energie, und unsere Eltern hofften, dass ihre Kinder einmal eine bessere Zukunft haben würden. Zur Trikitixa kam ich als völliger Autodidakt, ein Freund hat mir mein erstes Instrument geschenkt. Ich kann bis heute noch nicht mal richtig Noten lesen, im Fach Harmonie bin ich als 15-Jähriger durchgefallen. Ich kam auch nicht besonders mit den Musiklehrern an der Schule zurecht, immer wenn ich sie nach einer Sache fragte, sahen sie mich an, als ob ich Chinesisch spräche. Aber ich habe geübt, geübt, geübt, soviel ich konnte, das war wie Fußballspielen, niemand musste mich dazu motivieren. Musik : Kepa Junkera: „Nondik jo Maurizia?“ / Zeit: 1.30 Sprecherin 1: Die Trikitixa ist ein diatonisches Akkordeon, das um 1900 von italienischen Musikern ins Baskenland gebracht wurde und dort bald zu einem Lieblingsinstrument baskischer Seeleute und Fischer aufstieg. Doch in Kepas Jugendjahren ist die Trikitixa bereits völlig aus der Mode gekommen – wie vieles andere, was mit der baskischen Kultur zu tun hat. Von der allgemeinen Unterdrückung der baskischen Kultur jedenfalls kann auch Kepa Junkera ein Lied singen: OT (Kepa Junkera): „En la escuela no me podia llamarme Kepa...“ Sprecher 3 / O-Ton Kepa Junkera: In meiner Kindheit wurde die baskische Kultur noch völlig unterdrückt. In der Schule durfte ich mich nicht Kepa nennen, die Lehrer dort gaben mir den Namen Pedro. Stellen Sie sich das mal vor: Wenn man sich in der Schule nicht so nennen darf, wie man getauft ist! In der Generation meiner Eltern war das natürlich noch viel schlimmer: Da durfte in der Öffentlichkeit gar kein Baskisch gesprochen werden, und baskische Musik war verboten. In dieser Atmosphäre gehörte natürlich viel Mut dazu, sich überhaupt zur baskischen Kultur zu bekennen. Sprecherin 1: Doch der junge Kepa ist mutig, und so übt er wie ein Besessener das abseitige Instrument, und spielt bei Hochzeiten, Geburtstagen und auf Bergfesten. OT (Kepa Junkera): „Es un ambiente increible...“ Sprecher 3: Diese Feste waren unglaublich! Man merkte da sofort: Du gehörst einer eigenen Kultur an, mit eigener Sprache, eigener Gastronomie und eigenen Umgangsformen. Wenn du auf ein Bergfest gingst, war das jedesmal wie eine Entdeckungsreise. Durch die spanischen Medien weiß man ja über Städte wie New York besser Bescheid als über sein eigenes Land. Dadurch, dass das Baskenland so klein ist, traf man auch immer wieder Freunde. Musik : Kepa Junkera: „Nondik“ / Zeit: 1.25 Sprecherin 1: Mit 23 ist Kepa Junkera einer der besten Trikitixa-Spieler des Landes – und nimmt 1986 mit seinen Kumpels Iñaki Zabaleta, ebenfalls Trikitixa-Spieler, und José María „Motriku“ am Tamburin die erste Platte auf – das Album Infernuko Auspoa, „Blasebalg der Hölle“, so wurde die Trikitixa von der katholischen Kirche unter Franco bezeichnet. Bereits mit dieser Einspielung ist Kepa Junkera seiner Zeit um Jahre voraus. Denn das ist Kneipen- und Volksmusik im besten Sinne des Wortes – erdig, vibrierend, phantasievoll –, und auch noch dreißig Jahre später spannend zu hören. Während im deutschsprachigen Raum die „neue Volksmusik“ erst Ende der Neunziger ihren Platz in den hippen Kreisen erobert, hat Kepa zu diesem Zeitpunkt seine puristische Phase schon lange hinter sich, und widmet sich neuen Projekten und Horizonten. Er macht Platten mit den verschiedensten Musikern und Stilrichtungen – mit dem portugiesischen Mandolinenspieler Júlio Pereira, dem englischen Akkordeonspieler John Kirkpatrick, mit bulgarischen und albanischen Musikern –, und schafft es bei all diesen Projekten, der Musik ein magisches Flair zu verleihen. Seine Stücke klingen nie nach verschwurbelter, esoterischer Weltmusik, sondern nach einem Basken, der jedem Projekt seinen Stempel aufdrückt. Musik: Kepa Junkera: „Herrik Shaw“ / Zeit: 1.00 OT 23 (Kepa Junkera): „Yo creo que tienes que partir...“ Sprecher 3: Ich glaube, dass man als Musiker immer von dort losgehen sollte, wo man herkommt. In meinem Fall bedeutet das, von den ganz bescheidenen Gegebenheiten der Trikitixa, der Txalaparta, des Tamburins –, und dass man diese Werkzeuge dann weiterschmieden muss. Wenn wir alle globalisiert wären und ich jetzt anfangen würde, auf Englisch zu singen und internationale Rockmusik zu spielen, hätte ich der Welt nichts mehr zu geben, und es würde den Hörern auch gar nicht gefallen. Wenn man mich nach Irland holt für ein Konzert, dann wollen die Zuschauer ja nicht, dass ich irische Musik spiele, sondern dass ich m-e-i-n-e Musik spiele, auf der Trikitixa. Privat höre ich selbstverständlich auch Pop, Jazz, Rock, aber ich glaube, wir Basken haben unsere eigene Kultur, die wir exportieren müssen und die die Anderen auch interessiert. Ich stehe auf diesem Standpunkt: Wir müssen uns an den Vorvätern orientieren, um der Welt etwas bieten zu können, was wichtig ist. Musik: Kepa Junkera: „Billy from overseas“ / Zeit: 2.50 Sprecherin 1: 2004 findet Kepa Junkera endlich auch international Anerkennung. Ihm wird für sein Live-Album K der Grammy für das beste Folk-Album des Jahres verliehen. Die Musiker, mit denen Kepa zusammenarbeitet, sind inzwischen Legion, u.a. so Hochkaräter wie Pat Metheny, Caetano Veloso, Miguel Bosé, Lila Downs, Juanes, Pablo Milanés, The Chieftains und Celso Duarte. Doch seine bodenständige, bescheidene Art legt Kepa trotzdem nicht ab: OT (Kepa Junkera): „Yo tocando...“ Sprecher 3: Am meisten gefällt es mir einfach, mich hinzusetzen und zu spielen. Da gibt es kein großes Mysterium. Wir machen ja auch keine hermetischen, sondern sehr offene Sachen. Das Wichtigste ist meiner Ansicht nach die Melodie. Nimm Michael Jacksons „Billy Jean“! (KEPA SUMMT DAS RIFF ) Das ist keine super­ komplizierte Melodie, aber die Töne bleiben sofort in deinem Gedächtnis haften. In der Einfachheit liegt eine große Kraft, deswegen liebe ich auch Piazzola, er hat einfach unglaublich gute, suggestive Melodien. Sprecherin 1: Und zur politischen Situation des Baskenlandes sagt Kepa Junkera: OT (Kepa Junkera): „Hombre, yo creo que....“ Sprecher 3: Ich glaube, dass alle Menschen das Recht haben, ihre Zukunft zu wählen. Ich habe in meiner Familie nicht nur baskische Vorfahren, sondern auch Wurzeln in Kantabrien und La Rioja. Mein Nachname sagt ja schon alles: Kepa Junkera Urraza Zarate Gutiérrez. Es ist ja auch nicht so, dass sich Basken, Spanier, Katalanen, Portugiesen usw. per se hassen würden – ich habe viele spanische Freunde und spiele liebend gerne in Spanien. Aber es gibt da diese wirtschaftlichen und militärischen Interessen, die uns gegeneinander ausspielen wollen. Ich glaube an ein Europa der Völker, in denen jedes Volk das Recht hat, frei zu sein, und kein Volk sich dem anderen aufdrängt. Und ich verstehe nicht, wie man kriminalisiert werden kann dafür, dass man seine Zukunft selbst wählen möchte. Absage Musik Kepa Junkera: „Peliqueiroak Terranovan“ / Zeit: 5.10 2. Stunde Asturien Musik Héctor Braga: „La Neña Clara“ / Zeit: 3.45 Sprecherin 1: Nicht nur bei den sinnesfrohen Basken ist die Beschäftigung mit der Musikgeschichte höchst faszinierend. Auch bei ihren westlichen Nachbarn, den Asturiern, trifft man auf eine Kultur, die sich vom herkömmlichen Bild Spaniens stark unterscheidet – mit einem musikalischen Schatz, der geheimnisvoll funkelt. Allein schon geographisch hebt sich Asturien mit seinen 2500 Meter hohen, schroffen Kalkmassiven wie ein Bollwerk von der zentralspanischen Ebene ab, und auch die prallgrünen Weiden, Apfelplantagen und Felsschluchten erinnern eher an Nordtirol und das Karwendel als an Spanien. Durch Asturien hindurch, den tosenden Atlantik entlang – führte traditionell die alte Pilgerroute des Jakobswegs, hier entstand auch das erste christliche Königreich nach der muslimischen Eroberung, inmitten arabischer Dominanz. Musik Héctor Braga: „Alborada & Asturianada“ / Zeit: 0.50 Sprecherin 1: Die alte Bischofsstadt Oviedo, 50 Kilometer vom Atlantik entfernt, ist berühmt für ihre wuchtigen romanischen Kirchen, Klöster und Konvente. Hier – in diesem einzigartigen mittelalterlichen Bau-Ensemble – treffen wir den Musikwissenschaftler, Harfen- und Sackpfeifen-Spezialisten Héctor Braga, einen 35-jährigen Mann mit distinguiertem Gesicht, Kaschmirschal und feinem Mantel. Héctor Braga kennt die soziale Bedeutung der Musik gut – er hat sich hochgearbeitet vom Arbeiterkind zu einem der wichigsten Konzertmusiker Spaniens, speziell auf dem Gebiet der neuen Volksmusik. Im Schatten eines Kloster-Säulengangs sitzt er auf einer Bank und erinnert sich, wie er mit traditioneller asturischer Musik in Berührung kam: OT (Héctor Braga): „En Lagreo. Lagreo está en el Valle...“ Sprecher 2: Ich stamme aus Langreo, einem der historisch wichtigsten Industriezentren Spaniens, es gab dort viele Hochöfen für die Stahlproduktion. Zur Musik kam ich nicht über meine Eltern – meine Eltern hörten Rock-Bands wie „Los Stukas“ –, nein: Es war mein Großvater, der mich für Musik begeistert hat. Das war normal in jenen Zeiten: Die Eltern arbeiteten, die Großeltern kümmerten sich um die Enkelkinder. Mein Großvater war für mich daher weitaus wichtiger als mein Vater, auch in emotionaler Hinsicht. Er nahm mich als Junge mit zu Opernaufführungen und zu Konzerten traditioneller asturischer Gruppen, aber ebenso, wenn er nur in eine Kneipe ging. Mein Großvater war ein einfacher Mann, er war Zeit seines Lebens Minenarbeiter gewesen. In den Kneipen der Minenarbeiter wurde viel gesungen, für die Minenarbeiter war das Singen wie eine Befreiung. Im Bergbau gab es immer sehr viele Unfälle, und auch eine durchgängig hohe Sterblichkeit wegen der Atemwegs-Erkrankungen. Die Bergleute brachten in der Regel ihr ganzes Geld zum Wirt – gut, einen Teil zweigten sie für ihre Ehefrauen ab, aber den Rest gaben sie meist aus. Dementsprechend ging es in diesen Kneipen hoch her, es wurden viele Lieder gesungen. Aber heute gibt es das ja fast nicht mehr, dass in Kneipen gesungen wird, heute lassen sich die Menschen von Musik aus ihrem Smartphone berieseln, anstatt selber zu singen, und die Tradition verschwindet immer mehr. Musik Héctor Braga: „A la fuente“ / Zeit total : 2.40 Sprecherin 1: Héctor Braga – der bereits als Kind Mandoline, Violincello und Harfe spielt – ihm wird nach und nach klar, wie unterschiedlich die asturische Musikkultur, die er in den Kneipen kennenlernt, im Vergleich zum restlichen Spanien ist. So beginnt er – nachdem er am Konservatorium studiert – mit immer umfangreicheren musikgeschichtlichen Forschungen über die Volkslieder und Gesänge: Er sichtet in den Archiven alte Notensammlungen, belegt Musikethnologie und beschäftigt sich mit historischer Aufführungspraxis. Wie ein Schwamm saugt er auf, was die asturische Volkskultur zu bieten hat. Musik Héctor Braga: „A la fuente“ wieder hoch OT (Héctor Braga): „Y es diferente...“ Sprecher 2: Asturien ist völlig anders als der Rest Spaniens. Die Gastronomie ist anders, die Musik ist anders, der Haut-Ton und die Augenfarbe der Menschen, die Landschaft... Asturien hat riesige Kalkberge, Massive mit zweieinhalbtausend Metern Höhe und gigantischen Höhlensystemen. Statt Wein wird Sidra getrunken – etwa 60 Millionen Liter produziert die Region im Jahr –, es gibt viel Eintopfgerichte wie die „fabada asturiana“, es gibt Wildschwein, Kartoffeln, Mais, Kastanien, und auf kleinstem Raum mehr als 40 verschiedene Käsesorten, die oftmals in Höhlen hergestellt werden. All das ist einzigartig, das kann man nicht imitieren. Sprecherin 1: So trifft Héctor Braga bei Volksfesten auf eine Kultur, in der Tanz, Derbheit, Spektakel und Sinneslust wesentlich stärker präsent sind als im restlichen Spanien – dies alles hat sich auch in den Tänzen gehalten: OT (Héctor Braga): „Los grandes bailes aquí....“ Sprecher 2: Die wichtigsten Tänze hier in Asturien sind der„saltón“, die „muñeira“ und die „jota“. Der „saltón“ ist ein 2/4-Takt, der Name kommt von „springen“. Die jotas sind im 6/8-Takt ( HECTOR SINGT „TAN-TACKA-TAN“) Jotas haben die meisten Varianten, das bedeutet, dass es sie am längsten gibt. Die „Muñeiras“ sind im 2/4 Takt, allerdings mit Terzen. ( HECTOR SINGT „TACKATA-TACKATA-TACKATA“, am besten freistehen lassen.) Die Bezeichnung „Muñeiras“ stammt vom Wort „Mühle“ – allerdings darf man sich das nicht so vorstellen, dass ihr Liedrhythmus etwas mit einem Mühlrad zu tun hat. Nein, die „muñeiras“ heißen so, weil ihr Inhalt oft sehr anzüglich ist, und Mühlen der bevorzugte Ort für Sex waren – dort hatte man seine Ruhe und der Ort war abgelegen. Daher auch die zweideutigen Liedtexte. ( HECTOR SINGT EINE STROPHE, „RAUCKELBRAU“ ETC. ) Diese Texte beziehen sich oft auf Sex, so heißt es zum Beispiel: „Wer möchte mit mir in den Fluss springen?“, aber gemeint ist etwas anderes. Eine andere Strophe lautet: „María, lass mich rein, ich hab den Stier an der Hand, der mit seinen Hörnern gegen die Tür klopft“ Natürlich auch doppeldeutig. Oft werden auch Erntegerätschaften in zweideutiger Weise erwähnt. Sprecherin 1: Zu Ehren der lebenslustigen Müllerinnen hat Héctor Braga daher auch eine „Muñeira“ komponiert, welche „Die Müllerin“ heißt. Dort lautet der Refrain: „Bei der Müllerin in der Mühle geht es stets rund. / Sie hat ein Herz für Männer und junge Burschen.“ Musik Héctor Braga: „La molinera“ / Zeit: 2.30 OT (Héctor Braga): „La música en el caso....“ Sprecher 2: Doch außer den Doppeldeutigkeiten in den Texten sind auch die Musikinstrumente in Asturien ganz anders als im Rest Spaniens. Sie haben ihren Ursprung im Jakobsweg, als die Pilger die Instrumente ihrer Heimatländer mit nach Asturien brachten. In Südspanien gab es viel Gitarren und Perkussion, im Norden Drehleiern, Sackpfeifen und Gesang. Im Süden wurde – wie beim maurischen Adel – mit Besteck gegessen, im Norden – nach dem Vorbild des Königshofs von Karl dem Großen – mit den Händen. Sprecherin 1: Der Norden und der Süden – dieses Gegensatzpaar ist typisch für Asturien. Denn in Asturien entstand ein unverwechselbarer geschichtlicher Mythos: Hier begann die „Reconquista“, die Rückeroberung der maurisch besetzten Gebiete von Süd- und Mittelspanien durch die spanischen Christen. Denn als ab 711 nach Chr. die muslimischen Berber und Araber von Nordafrika aus die iberische Halbinsel eroberten und die Bevölkerung zwangsweise bekehrten, war es Asturien, das den islamischen Attacken schon früh Widerstand leistete. Hierhin flüchtete der gotische Stammesfürst Pelayo und lieferte sich aus dem Schutz der Berghöhlen heraus erfolgreiche Scharmützel mit den Nordafrikanern. In die Geschichte ging der Satz eines muslimischen Heerführers ein, der die Belagerung des Berggebietes mit den Worten abbrach: „Lasst diese Hunde in ihren Höhlen verrotten, sie können uns nicht mehr schaden.“ Doch Pelayo sammelte immer mehr Unzufriedene um sich und bot weiterhin Paroli. Als schließlich unter dem Befehl des Gouverneurs Munuza eine riesige Strafexpedition ins Gebirge von Picos de Europa gesandt wurde, vernichtete Pelayo das Kontingent im asturischen Gebirgsort Covadonga, fing den flüchtigen Munuza ab und tötete ihn – was das Ende der muslimischen Vorherrschaft im Norden besiegelte. Musik Héctor Braga: „Romance De La Cristiana Cautiva“ / Zeit: 3.00 Sprecherin 1: Héctor Braga über die Bedeutung, die der Nationalheld Pelayo im asturischen Selbstbewusstsein hat: OT (Héctor Braga): „Todo el mundo aquí...“ Sprecher 2: Pelayo kennt natürlich jedes Kind. Er bedeutet die Unabhängigkeit Asturiens. Seine Dickköpfigkeit wird immer noch sehr geschätzt, vor allem von der asturischen Regionalbewegung. Spanien entstand aus Pelayo, überall stehen Statuen von ihm, in der Kirche wurde er jahrhundertelang als heiliger Heerführer gegen die Mauren verehrt, ja fast als Erzengel Gabriel, der gegen seine Feinde kämpft. Dabei wissen wir so wenig über Pelayo, noch nicht einmal, wo er genau begraben liegt, ob in Covadonga oder anderswo. Sprecherin 1: Wie auch immer: Héctor Braga hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lieder und Romanzen, die noch Jahrhunderte nach ihrer Entstehung vom asturischen Volk gesungen werden, original interpretiert wiederzugeben. So arbeitet er auch immer mit Instrumenten wie der Harfe, einem Überbleibsel aus Renaissance-Zeiten, und der „zamfona“, der Drehleier. OT (Héctor Braga): „La harpa da elegancia...“ Sprecher 2: Die Harfe gibt den Musikstücken eine besondere Eleganz. Sie war das spanische Nationalinstrument, zur Zeit der Renaissance und des frühen Barock, noch bevor sich die Gitarre überhaupt in Spanien durchgesetzt hatte. Die „zamfona“, die Drehleier, stammt dagegen aus Zentraleuropa, sie leitet sich von einem mittelalterlichen Streichinstrument ab. Die Blüte der Drehleier war am Hofe König Ludwig des XIV., als man für die Picnics im Park handliche Instrumente benötigte. Ein paar Jahrzehnte später kam die Drehleier nach Spanien, wo Bänkelsänger sie für ihre Romanzen und Moritaten benutzten. Meine Kollegen und ich haben Harfe und Drehleier neu aufgegriffen, weil wir der Ansicht sind, dass die Musik den Alltag widerspiegeln soll. Und so versuchen wir, mit traditionellen Instrumenten zeitgenössische Musik zu machen. Musik Héctor Braga: „Texedora De Bayu“ / Zeit: 2.00 Sprecherin 1: In den Inhalt der Lieder und Romanzen flossen natürlich nicht nur geschichtliche Vorgänge des Mittelalters oder der frühen Neuzeit ein, sondern auch Ereignisse der jüngeren Vergangenheit: Beredtes Zeugnis hierfür sind die politischen Kampflieder Asturiens während der dreißiger Jahre, in denen es um Revolution und Faschismus geht: OT (Héctor Braga): „De eso hay mucho...“ Sprecher 2: Die asturische Musik war schon immer sehr zeitbezogen, man muss sich ja nur mal die Lieder rund um das Jahr 1934 ansehen – ein sehr wichtiges Jahr für die asturische Geschichte! Man darf sich als Musiker nicht darauf beschränken, nur von weit zurückliegenden geschichtlichen Ereignissen wie etwa den Karlistenkriegen zu singen, man muss auch die aktuellen Auseinandersetzungen einbringen – wie dies 1934 geschah. Sprecherin 1: Am 6. Oktober 1934 brach in Asturien der mythenträchtige Bergarbeiterstreik los – wobei „Bergarbeiterstreik“eigentlich eine irreführende Bezeichnung ist, im Grunde handelte es sich bei den Vorgängen von 1934 um den letzten großangelegten und gescheiterten Versuch, in Europa durch einen bewaffneten Aufstand den Sozialismus einzuführen. Nach dem Wahlsieg der spanischen Rechten bewaffneten sich asturische Gewerkschafter, Minenarbeiter und Bauern, und besetzten die Kasernen von Gijón, Oviedo, Avilés, La Felguera und vielen anderen Städten. Fabriken und Großgrundbesitz wurden sozialisiert, Kirchen enteignet, Arbeiter-Komitees übernahmen unter dem Schlachtruf „Einigkeit, Proletarische Brüder!“ die Kontrolle über Asturien. Zunächst sah es so aus, als ob das Heer und die verhassten Polizeitruppen erfolgreich vertrieben seien. Héctor Braga gibt ein Beispiel, wie die Ereignisse damals in die Musik eingeflossen sind: OT (Héctor Braga): „Hay muchas letras que hablan....“ Sprecher 2: Es entstanden viele Liedtexte, die sich auf die Revolution beziehen. Ein besonders bekanntes Lied ist zum Beispiel die Umdichtung der asturischen Nationalhymne. In dieser neuen Fassung heißt es dann: (HECTOR SINGT EINE STROPHE ) „Asturien, tapferes Vaterland! Asturien, wie ich dich liebe! / Kein Land ist so wichtig für die Revolution wie du! / Ich muss mein Gewehr nehmen und hinuntergehen nach Oviedo, / um gegen die Guardia Civil zu kämpfen. / Gegen die Guardia Civil und die Feiglinge der Guardia de Asalto. / Ich muss nach Oviedo hinuntergehen, / Selbst wenn es mich das Leben kosten sollte.“ Solche Stücke gab es damals viele. Das ist ein Beispiel, wie die Menschen ihre Volkslieder der aktuellen Situation angepasst haben. Musik Kampflied „Asturias tierra bravía“ / Zeit: 1.50 Sprecherin 1: Natürlich sah die spanische Rechte dem Versuch einer sozialen Revolte nicht untätig zu: Von Spanisch-Marokko aus wurden Kriegsschiffe voller marokkanischer Söldner, Fremdenlegionäre und regulärer spanischer Marine-Soldaten herbeigeschickt, um die Bewegung niederzuschlagen. Die Versuche der Arbeiter, sich ausreichend mit Waffen einzudecken, scheiterten am Widerstand der Sozialisten, und so eroberte das Militär nach blutigen Kämpfen alle Gebiete zurück. Resultat des Aufstands: 2 000 - 3.000 tote Arbeiter, 30.000 männliche und weibliche Gefangene, viele davon aus Rache gefoltert und vergewaltigt. Militär- Kommandeur war Francisco Franco, der zwei Jahre später der Führer des Faschisten-Putsches war. Musik: Hector Braga „Alborada & Asturianada“ / Zeit: 0.30 Sprecherin 1: Die traditionelle Hochburg des Sozialismus, Asturien, leistete auch gegen Francos Putsch von 1936 erbitterten Widerstand. Die Provinz wurde im spanischen Bürgerkrieg erst nach Monaten eingenommen, und so bekennen sich viele Asturier bis heute zu ihrer linksliberalen-antikonservativen Einstellung Etwa Héctor Bragas Kollege, der Sackpfeifen-Spieler Rigu Suárez, seines Zeichens Chef der asturischen Folk-Band Corquiéu, die sich vor knapp 20 Jahren im Küstenort Ribadesella zusammenfand. Es ist ein grauer, regnerischer Sonntag, als wir ihn vor der Grundschule von Ribadesella treffen. Der Atlantik brandet gegen die Klippen, die Rinder stehen mürrisch im Regen auf der Weide. Rigu schließt die Tür auf und führt uns in ein spartanisches Zimmer der Volksschule, in der er unterrichtet. OT (Rigu Suárez): „Yo soy anti-franquista...“ Sprecher 3: Alle in meiner Familie sind Anti-Franquisten, ich auch,unter meinen Kollegen sind 95 Prozent Republikaner. Die Minenarbeiter wollten nur ihre Lebensumstände verbessern, deswegen erhoben sie sich gegen die konservativen Kräfte, und wurden gnadenlos niedergemetzelt. Damit begann im Grunde schon der spanische Bürgerkrieg, zwei Jahre vor 1936. Die Minenarbeiter waren immer unsere Mutigsten ! Die wirtschaftliche Situation in Asturien war schon vor dem Bergarbeiteraufstand unglaublich schlecht, es gab viel Hunger – und riesige Auswanderungswellen. Deswegen haben wir das Stück „Ribaseyana“ geschrieben, nach einem der Schiffe, die von Ribadesella nach Lateinamerika fuhren. In diesem Lied geht es um einen asturischen Auswanderer, der seine Geliebte zurücklässt, um nach Habana zu emigrieren, und der verspricht, dass er zurückkommt. Aber natürlich kamen die meisten nicht zurück... Musik Corquiéu: „Ribaseyana“ / Zeit: 1.00 Sprecherin 1: Heute ist die wirtschaftliche Situation in Asturien nicht mehr ganz so desolat – die Region lebt recht gut von Landwirtschaft, Industrie und Tourismus –, und so hat Rigu, der mit seiner Band Corquiéu hier so etwas wie ein Lokalmatador ist, keinen Grund, seine Heimat zu verlassen: OT (Rigu Suárez): „Me gusta la humildad...“ Sprecher 3: Ich liebe das Leben hier: die Bescheidenheit der Leute, die Ruhe, den Geruch nach Meer und Salpeter, ich liebe den frischen Fisch an der Küste, die Fischmärkte, den Apfelwein – vor allem aber die Ruhe. In der Stadt hätte ich meine Musik nie komponieren können. Deswegen haben wir uns auch Corquiéu genannt. Das ist ein Berg in der Nähe von Ribadesella, wo viele Korkeichen stehen. Die Großmutter unseres Bandmitglieds hat dort ein Haus, und der Name schien uns treffend, weil wir auch, als wir die Band gegründet haben, wie kleine Bäume waren. Musik Corquiéu: „Tuberia“ / Zeit: 1.20 OT (Rigu Suárez): „Los asturianos somos unos borrachos...“ Sprecher 3: Wissen Sie, wir Asturier sind eingefleischte Trinker. Vom Naturell her sind wir sehr gesellig, sehr großzügig und offen, und unser Lieblingsgetränk ist der Apfelwein. Beim Apfelwein trinken wir traditionellerweise alle aus einem Glas. Wir kaufen eine ganze Kiste voll Flaschen, eine Flasche ergibt sechs Gläser. Du musst den Apfelwein immer aus großer Höhe einschenken, damit der Strahl sich am Glasboden bricht und mit Sauerstoff vermischt. Dann trinkst du „auf ex“, lässt aber etwas über, womit du den Glasrand sauber ausschwappen kannst. Und wenn erst die Gaita und die Trommel spielen, ja, dann fließt der Apfelwein in Strömen! Oft enden solche Feste dann auch in einer Liebesnacht. Musik Corquiéu: „Boriada“ / Zeit: 1.00 Sprecherin 1: Die „Gaita“, die Sackpfeife, hat grosse Bedeutung in der asturischen Musikkultur. Denn die „Gaita“, die entfernt dem schottischen Dudelsack ähnelt, ist hier bei allen Dorffesten und offiziellen Anlässen vertreten. Rigu unterrichtet dieses Instrument auch in der Grundschule, und so hat er in seinem Lehrerzimmer mehrere Exemplare davon stehen. Jetzt – angesichts des schlechten Wetters – nimmt er uns mit ins Treppenhaus der Schule und demonstriert, wie das Instrument funktioniert, dem er sich verschrieben hat: Musik OT Rigu live OT (Rigu Suárez): „Lo dificil es interpretar...“ Sprecher 3 : Das Schwierigste am Gaita-Spielen ist das Gefühl für den richtigen Ton, den richtigen Klang. Das unterscheidet einen guten von einem schlechten Gaita-Spieler. Ich spiele niemals einfach nur um des Spielens willen – das gebe ich auch meinen Schülern mit auf den Weg. Eine schlecht gespielte Gaita kann sehr aufdringlich sein. Also muss man sie mit großer Liebe und Zärtlichkeit spielen. Musik OT Rigu live OT (Rigu Suárez): „Punteru...“ Sprecher 3: Das ist der „puntéru“, das Spielrohr, das ist der „sopléte“, das Blasrohr, mit dem ich den Balg fülle, das sind die „roncónes“ oder „ronquínes“, die Bordun-Rohre für den Dauerton, das ist der „fuelle“ (fuéje), der Luftsack, und das sind die Quasten. Es handelt sich hier um eine asturische Gaita, sie klingt ganz anders als der schottische Dudelsack. Schon nach drei Tönen kann ich dir sagen, woher eine Sackpfeife stammt, ob aus Schottland, Irland, Galicien oder aus Asturien... Musik OT Rigu live OT (Rigu Suárez): „Floreo... Floreo...“ Sprecher 3: Das jetzt war ein „Floréo“. Die asturischen Lieder beginnen immer mit einem „Floreo“. „Floreár“ bedeutet, mit den Fingern ganz schnell rauf und runter zu greifen, um ein virtuoses Solo zu spielen. Sprecherin 1: Rigu hat mit seiner Band Corquiéu Erfolg – er spielt in Frankreich, Irland, England –, und doch ist er immer noch versessen darauf, auch auf Kirchenfesten und Volksfesten seiner Heimat mit dabei zu sein: OT (Rigu Suárez): „Hay misa de gaita...“ Sprecher 2: In Asturien haben wir etwas, das sich „misa de gaitas“ nennt, „Gaita-Messe“, da spiele ich gerne mit. Das ist eine Messe, in der die Liturgie von Gaitas begleitet wird. Und dann gibt es noch die „ramos“, religiöse Gesänge anlässlich einer Prozession, bei der geweihtes Brot an die Gläubigen verteilt wird, mit Gaita-Begleitung. Ich habe zur Zeit ein Buch hier, von einer Musikwissenschaftlerin aus der Gegend, die viele „ramos“ gesammelt hat. Diese „ramos“ studiere ich, um sie flüssiger spielen zu können. Musik Corquiéu: „Frieras“ / Zeit: 0.40 Sprecherin 1: Wir möchten nun von Rigu Suárez wissen, ob sich trotz der Lage im hohen Norden auch etwas von der muslimischen Musiktradition im Liedgut Asturiens gehalten hat. Rigu reagiert zunächst überrascht – nicht umsonst gibt es Sprichworte, die sagen: Asturien – stets unbesiegt! Oder: Mit Steinen haben wir die schwerbewaffneten Mauren zum Laufen gebracht! OT 40 (Rigu Suárez): „Buena pregunta!“ Sprecher 3: Eine sehr gute Frage! Denn als ich im letzten Jahr mit meinem Bruder auf einem Bazar in Marrakesch war, haben ein paar marokkanische Musiker mit irgendeinem Instrument – ich weiß nicht, welches, eine Bombarde oder sowas – eine muñeira gespielt, um die Schlange zu beschwören, und der Mittelteil war praktisch deckungsgleich mit einer asturischen muñeira. Und ich dachte mir: „Nicht zu fassen! Haben sie uns das etwa beigebracht? Oder wir ihnen? Irgendein Einfluss muss ja schliesslich dagewesen sein....“ Sprecherin 1: Rigu rät , uns für die Antwort auf diese Frage mit seinem Kollegen Ambás in Verbindung zu setzen – er sei Spezialist auf diesem Feld. Ambás, ein kleiner, schroffer Mann mit kahlem Kopf und stechenden Augen, wohnt in einer Hochhaussiedlung in Oviedo. Er, der ebenfalls Gaitero und Kopf der Band Tuenda ist, empfängt uns in seinem Apartment, das von oben bis unten mit Trommeln, Tambourins und Sackpeifen vollgestellt ist. OT (Ambás): „Yo me llamo Xosé...“ Sprecher 4: Ich heisse Xosé (Schosé )Ambás. Man nennt mich so, weil ich im Dorf Ambás geboren bin.. Ich bin 40 Jahre alt, zwanzig Jahre davon habe ich verbracht, mit meinem Auto in die hintersten Täler Asturiens zu fahren, um auf den Dörfern Feldforschungen zu unternehmen, Interviews mit alten Männern und Frauen, die mir Stücke vorsingen sollten, die sie noch als Jugendliche gehört haben. Ich habe ja eigentlich keine Hochschulbildung – ich bin Krankenpfleger von Beruf –aber ich entstamme sozusagen der Universität des Lebens. Also bin ich wie der amerikanische Volksmusikforscher Alan Lomax in diese Dörfer, und habe mir von diesen Menschen ihre alten Lieder vorsingen lassen. Oft waren es Lieder, die noch stark mit der Arbeit verbunden waren, z. B. mit dem Äpfelzerstampfen für die Apfelweinherstellung. Beim Äpfelzerstampfen singen sie zum Beispiel so: OT frei ( AMBÀS SINGT EINE STROPHE ) / dann wieder darüber: OT (Ambás): „Y empezamos a escuchar...“ Sprecher 4: Ich hatte damals eine Folk-Band, also bin ich mit dem ethnographisch gesammelten Material zu meinen Bandkollegen gegangen und habe gesagt „Hier! Hört euch das an! Das ist ein Tanzstück, aufgenommen in diesem und jenem Dorf“ Meine Bandkollegen meinten daraufhin „Was ist denn das für eine Musik!“ Und ich habe gesagt: „Das ist unsere Tradition, ihr blinden Hühner! Unsere Tradition, die ihr nicht kennt. Unsere Tradition, die ihr ignoriert!“ Musik Tuenda: „Muneira de Perl.lunes“ / Zeit: 1.30 Sprecherin 1: Unter Ambás' Leitung beginnt seine Band Tuenda also, immer stärker diese musikarchäologischen Strukturen in ihre Songs einzubauen, denn selbst in der offiziellen asturischen Volksmusik, die bei Stadtfeierlichkeiten und Kirchenfesten gespielt wird, kommen solche altertümlichen Elemente nicht vor. Und Ambás, der ja selbst in einem Dorf nahe des Atlantiks aufgewachsen ist, traut seinen Ohren kaum, was ihm die Menschen der Bergregion da alles vorsingen: OT (Ambás): „Estos cuatro versos...“ Sprecher 4: Warte, ich gebe dir jetzt mal ein Beispiel für ein improvisiertes Stück mit vier Zeilen, so etwas nennen sie in den Dörfern „Canción independiente“ ( AMBÀS SINGT MEHRERE SEKUNDEN „No te quiero...“ ). Der Tanz geht währenddessen weiter. Dann fangen sie mit einem neuen Text an. Und jetzt gebe ich dir mal ein Beispiel, was sie über dich gesungen hätten, wenn du in das Dorf gekommen wärst. Die Frauen improvisieren das alles, sie schlagen das Tamborin und improvisieren. Musik Ambas singt live das Alemania – Stück „Este mozo ..“ OT (Ambás): „Esta tradición te recuerda....“ Sprecher 4: Wonach hört sich dieser Gesang für dich an? Nach Nordeuropa, oder eher nach Nordafrika? Nach Nordafrika, nicht wahr?! Und mit den Schellen des Tambourins natürlich noch viel mehr. Also habe ich zu meiner Band gesagt: Wir konzentrieren uns jetzt auf ein authentisch asturisches Repertoire, und ich singe nur noch, wenn Rhythmik, Melodie und Ausdrucksweisen des asturischen Dialekts in unseren Folkstücken streng eingehalten werden. Früher hätten wir das alles weichgespült, aber inzwischen vertrete ich hier durchaus einen etwas regionalistischen Standpunkt. Sprecherin 1: Bemerkenswert an der authentisch-asturischen Musik in diesen halbentvölkerten Dörfern ist freilich auch die Instrumentierung, die Ambás dort vorfindet. Sie verhält sich ganz anders, als man es von offiziellen Festen und Konzerten zu Ehren der Volkskultur kennt, in denen riesige Orchester glatte Melodien spielen. OT (Ambás): „En Asturias las formaciones...“ Sprecher 4: Bei uns Folk-Bands war es früher Mode, möglichst viele Musiker in eine Gruppe einzubauen, sechs, sieben Mann, ganz nach dem Motto: „Violine!! Gitarre!! Gaita!! Gesang!! Was noch?! Wir brauchen noch mehr Musiker!!“ Die Musik in diesen Dörfern ist dagegen unglaublich einfach. Stimme und Tambourin – sonst nichts! Im Höchstfall vielleicht noch Stimme und Gaita oder Stimme und Drehleier. Aber üblich ist: Stimme und Tambourin. Die Musik besitzt auch eine ganz spezifische Geschlechterordnung. Das Tambourin wird in der Regel nur von Frauen gespielt, wenn Männer es spielen, setzen sie sich dem Verdacht aus, schwul zu sein, effeminiert. Die Gaita dagegen spielen nur Männer, wenn Frauen sie spielen, würden sie als Lesben erscheinen. Musik Tuenda: „Muneira de Perl.lunes“/ Zeit: 0.30 Sprecherin 1: Diese Geschlechter-Trennung, welche Instrumente nur von Männern, und welche nur von Frauen gespielt werden dürfen, wirkt archaisch. Doch wie sieht es mit den Texten dieser fast vergessenen Musik in den asturischen Dörfern aus? OT (Ambás): „Tienes géneros muy antiguos...“ Sprecher 4: Oft werden alte, lange, dramatische Gedichte gesungen, wie die „romances“, aber auch kürzere, moritat-artige Strophen, wie die„coplas“, die früher die Blinden oder die Hausierer gesungen haben. Noch häufiger sind jedoch sogenannte „canciones independientes“, vom Sänger oder der Sängerin spontan gedichtet. Um ein Beispiel zu geben: Eine Sängerin kann z.B. – wenn sie ihren Freund unter den Festgästen sieht – ein paar herausfordernde Spitzen in seine Richtung singen. Oder sie richtet – wenn eine andere Frau mit ihm flirtet – eine Warnung an diese Frau: „Lass meinen Freund in Ruhe, das ist mein Freund! Lass die Hände von ihm!“ Sie kann ebenfalls singen: „Heute hab ich keine Lust zu singen. / Meine Stimme ist rauh und gefällt euch nicht. / Außerdem hat meine Mutter mich nicht dazu geboren, / eine windige Tambourin-Spielerin zu sein.“ Das bedeutet, dass sie ausgewechselt werden möchte, um selber zu tanzen. Das sind ja alles keine professionellen Musiker, sondern lediglich Dorfnachbarn. Die Männer singen auch oft Strophen, in denen die Rivalitäten zwischen verschiedenen Dörfern zum Ausdruck kommen. Da heißt es dann zB im Text: „Die Leute aus diesem und jenem Dorf sind bloß Hurensöhne.“ Wegen solcher Strophen kommt es oft zu Schlägereien, das ist ja fast wie ein Stammeskrieg: Ich lobe mein Dorf und beleidige das andere. Und mit dem vielen Alkohol gibt es auf den Dorffesten natürlich oft handfesten Krach. Sprecherin 1: Das Seltsamste, das Ambás jedoch vorfindet, ist das Genre der „Añadas“ oder „Añais“, eine Art Wiegenlieder. Doch während im mitteleuropäischen Wiegenlied der Aspekt des Beruhigens und Hätschelns im Vordergrund steht, charakterisiert die asturischen Wiegenlieder eine sonderbare Doppelbödigkeit: Hier wird zB zwischen den Strophen dem Geliebten, mit dem man eine verbotene Affäre unterhält, eine Geheimbotschaft übermittelt, wie er sich am besten vor dem Ehemann in Acht nimmt: Meistens bezieht sich der Text auf eine Verabredung zu einem Tète-a-Tète, allerdings mit der Warnung, dass der Ehemann schon auf dem Weg ist, ins Schäferstündchen zu platzen – weil er verfrüht von der Feldarbeit zurückgekehrt ist, oder von seinen Geschäften in der nächsten Großstadt . OT (Ambás): „En Asturias las formaciones...“ Sprecher 4: Oft ist in den „Añadas“ der, mit dem die Frau den Seitensprung hat, der Pfarrer. Pfarrer besitzen hier in Asturien einen denkbar schlechten Ruf. Das Volk litt Hunger, während die Priester immer gut aßen, ihre Pfründe ausnützten und taten, worauf sie Lust hatten. So heißt es z.B. in der „Añada“ „Palomina blanca“: „Palomina blanca, vestida de negro...“ Also: „Weiße Taube, die du ganz in Schwarz gekleidet bist“ – das ist natürlich der Priester – „jetzt um Augenblick kann ich nicht, weil der Mann im Haus ist, mit dem ich ein Kind habe. Ron-ron, Ron-ron, Ron-ron! Schlaf, mein Kindlein, schlaf! Mein Juan kam leider zu früh heim, weiße Taube in Schwarz...“ (AMBÀS SINGT WIEGENLIED ) Und dann gibt es da diese „Añada“, die uns die Mutter unseres Querflötenspielers aufgeschrieben hat. Der Text dieser „Añada“ geht so: „Mein Ehemann ist aufs Feld gegangen, / doch es hat angefangen zu regnen, also ist er umgekehrt / Jetzt friert es ihn, und er ist müde und möchte etwas essen. / Falls du es bis hierher nicht kapiert hast, mein Geliebter, / dann kapier es jetzt: Der Vater des kleinen Sohnes, der gerade weint, ist im Haus!“ Musik Tuenda: „El miou maridín“/ Zeit: 0.30 Sprecherin 1: Es ist eine enigmatische, fremde Welt – die Welt der nordspanischen Volksmusik. Eine bäuerliche Welt voll von Untreue, Kampf, Leid, Armut, aber auch Pikanterie, Schalk und Fröhlichkeit. Wenn wir Ambás glauben dürfen, findet sich also selbst im hohen Norden ein gewaltiger Teil maurischer Melodik und Gesangsweise, trotz der drastischen Texte, die eher auf einen christlichen Hintergrund weisen. Faszinierend bleibt diese Welt allemal, und sie wartet nach wie vor darauf, entdeckt zu werden. Eine Reise in den Norden Spaniens ist jedem Musikliebhaber also dringend zu empfehlen. Denn wie sagt der unvergleichliche Héctor Braga? OT (Héctor Braga): „La música tradicional es la banda...“ Sprecher 2: Volksmusik – das ist der Soundtrack unseres Lebens: Des Lebens, das die Menschen vor 600 Jahren führten... Des Lebens, das die Menschen vor 60 Jahren führten. Asturien hat eine sehr alte und reichhaltige Musikkultur, nicht anders als die Musikkultur im Mississippi-Delta oder im Zweistromland, und man muss sich ihr einfach nähern. Die aktuellen Strömungen sind nichts Schlechtes. Ich finde sie positiv. Aber man muss wissen, wie die Vergangenheit aussah,, und was unsere Tradition ist, denn nur so können wir beides in die Zukunft führen. Das ist die Pflicht von uns Musikern. Absage Musik Tejedor: „Sei que no“ / Zeit: 0.52 / 3. Stunde Andalusien Musik Flamenco: „El Adiós, Sevillana“ / Zeit total: 1.55 Sprecherin 1: Ein Streifzug durch die Musik der iberischen Halbinsel wäre nicht vollständig ohne den Flamenco, ein ebenso mythenträchtiges wie mysteriöses Genre. Über kaum eine andere Musikgattung ist so viel spekuliert, geredet und philosophiert worden. Die jahrtausendealte Musik der „zigeunerischen Rasse“ soll er sein, eine Kunstform, die zurückreicht bis in die indische Frühgeschichte und die maurischen Imperien. Eine Kunstform, in der alles gespeichert ist, was dem Abendland angeblich abhandengekommen sei – Impulsivität, Sinnlichkeit, Leidenschaft... Doch was genau ist eigentlich der Flamenco? Ist er das, was man auf der „Feria“ von Sevilla zu hören bekommt – diesem oktoberfest-artigen Klischee aus Rüschenkleidern, Kastagnetten und Olé-Rufen? Oder das, was in den unzähligen „Tablaos“ – den Bühnen der andalusischen Touristenstädte – dargeboten wird, farbenprächtige Shows für Touristen mit Sonnenbrand, wobei der Kontakt zwischen Künstlern und Publikum unerwünscht ist? Musik „El Adiós, Sevillana“ nochmal hoch Sprecherin 1: Um authentischem Flamenco zu begegnen, muss man eigene Wege gehen, und so lassen wir den Tanzrummel hinter uns und begeben uns in ein kleines Fischerdorf namens Sanlúcar de Barrameda, Provinz Cádiz, direkt am Delta des Guadalquivir. Reiher kreisen über den Sanddünen, geduckt stehen die Sherry-Lagerhäuser in der Hitze, und vom Atlantik her bläst ein kühler Wind. OT Atmo Sprecherin 1: Ein Hauch von Karibik liegt über den Bilderbuch-Gassen, hier – in diesem unscheinbaren Ort – kann man noch einem anderen Flamenco begegnen. Einem authentischen, gelebten Flamenco. Einem Flamenco des Experimentierens – ohne finanzielle Interessen! Einem Flamenco, der weitaus mehr mit der lebendigen Fachsimpelei und Diskussionswut von Fußballfans zu tun hat, als mit einem sterilen Touristen-Ritual. Es gibt hier sogar „Peñas flamencas“, Flamenco-Stammtische – bei einem sind wir jetzt zu Gast ! OT Atmo Sprecherin 1: Der „Stammtisch zum Sternenhafen“ - „Peña Puerto Lucero“ - trifft sich in einem Vereinsheim in Sanlúcars Arbeiter-Viertel Barrio Alto : OT Atmo Begrüssung Sprecherin 1: Die Leiter der „Peña“ – das Ehepaar Eduardo und Ana Serralbo – bitten uns in den schlichten Raum. Eduardo, pensionierter Automobil-Ingenieur, ist ein schweigsamer, kerniger End-Fünfziger, seine Frau Ana – seit frühester Kindheit Flamenco-Sängerin – eine 50-jährige Schönheit mit jugendlichem Schmelz und blonder Haarpracht. Sogleich führen uns die beiden in ihr Heiligtum, die 60-Quadratmeter-große „Peña“, ein Raum, geschmückt mit Postern, Autogrammen, Fotos, Kleidungsstücken und anderen Flamenco-Accessoires. Zweimal in der Woche trifft sich hier eine bunt zusammengewürfelte Schar von Menschen, die eine Leidenschaft eint: Die Liebe zum Flamenco. Konzentriertes Musizieren, Diskutieren und Theoretisieren sind die Hauptanliegen des Stammtisches. Wir sind etwas früh dran, um 20 Uhr ist die „Peña“ eigentlich noch nicht geöffnet, und so fischt Eduardo zunächst mal drei Bierflaschen aus der Kühltruhe und überlässt das Wort seiner Frau, die erklären soll, wieviel Arbeit es kostet, eine Peña zu führen: OT (Ana): „Es muy dificil...“ Sprecherin 2 : Die Leitung einer Peña ist furchtbar anstrengend. Das war schon in früheren Jahrzehnten so – die Mitglieder des Vorstands können das bestätigen –, aber jetzt mit der Wirtschaftskrise ist es natürlich nochmal schwieriger. Man muss wirklich schuften, um eine Peña am Laufen zu halten, man verausgabt sich und brennt oft aus, ohne allerdings den geringsten Gewinn zu machen. Mich hat man vor ein paar Jahren zur Präsidentin gewählt, aber ich wollte gar nicht Präsidentin sein! In diesem Amt bleibt alles an dir hängen: die Miete für den Raum, die Buffet- und Getränke-Kosten, das Putzen. Doch die Alternative wäre gewesen, die Peña untergehen zu lassen, und das wollten wir nicht. Sie existiert ja jetzt schon seit dreißig Jahren, und war mal eine renommierte, wichtige Einrichtung ! Und dann haben mir die Mitglieder auch immer eingeflüstert: „Übernimm Du sie! Du kennst dich doch aus! Du bist Sängerin!“, also haben wir sie übernommen, bevor sie sonst eingegangen wäre. Musik Camaron de la Isla / Zeit: 2.00 Sprecherin 1: Ana und Eduardo müssen regelmäßig Konzerte organisieren, Künstler einladen, Kontakt zu anderen „Peñas“ im Land aufrechterhalten, Sponsoren ausfindig machen, Gagen zahlen, Mitgliedsbeiträge zusammenkratzen und die Logistik verwalten. Doch Ana, die als Sängerin keine immensen Summen verdient und jahrzehntelang Hausfrau war, ist es gewohnt, Dinge aus Idealismus zu tun: OT (Ana): „Lo que pasa...“ Sprecherin 2 : Wir müssen uns den Flamenco erarbeiten. Vielen Leuten mag harte Arbeit nicht schmecken, aber genau darum geht es: Ums Arbeiten. Ich habe mit drei Jahren angefangen zu singen, Flamenco-Gesang habe ich also mit der Muttermilch aufgesogen. Meine Mutter hat mir schon Fandangos vorgesungen, als ich noch in ihrem Bauch war. Und den Flamenco singe ich nicht, um den Leuten zu gefallen oder viel zu verdienen, sondern weil ich ihn im Blut habe. Sprecherin 1: Ana rückt nun die Stühle zurecht, Eduardo schneidet Grützwurst und bereitet Schalen mit Kapernäpfeln und Oliven vor, und schon bald trudeln die ersten Gäste ein – zunächst einmal ein riesiger Mann, dick wie Falstaff : Pepe Oliva, Journalist und Intellektueller. Pepe Oliva war früher selbst einmal Sänger, jetzt widmet er sich dem Flamenco nur mehr auf theoretischer Ebene – und auf die Frage, wie früh man mit dem Singen beginnen muss, um im Flamenco Großes zu leisten, antwortet er: OT Pepe Oliva „Eso depende... “ Sprecher 3: Das kann man nicht verallgemeinernd sagen. Es gibt im Flamenco Sänger, die singen seit frühester Kindheit fantastisch, aber nur im kleinen Kreis, oder ganz alleine. Wenn sie später vor größerem Publikum auftreten sollen, entwickeln sie Bühnenangst und können sich nicht mehr konzentrieren, geraten aus dem Takt, singen falsch – und alles ist perdu. OT Eduardo : „Normalmente...“ Sprecher 2 Das geht vielen so. Die Bühnenangst hat viele Talente ruiniert. Manche befeuern sich dann mit Alkohol. Paco Toronjo aus Huelva zum Beispiel – er war immer sturzbetrunken auf der Bühne, er sang dann mit einer unglaublichen Euphorie, und das hat sich den Zuschauern mitgeteilt, sie sind völlig ausgeflippt.... Musik Camaron de la Isla / Zeit: 2.20 Sprecherin 1: Eine kleine Gruppe von Gästen platzt jetzt herein : Der lebenslustige José Domínguez „El Chelín“, ein brünetter Mittvierziger im modischen Outfit, Jesús „Romerito“.... ein bärbeißiger Gitarrist mit rauchiger Stimme, dann Antonio „El Cóli“, ein kleiner, bescheidener Mann, und die schwarzhaarige Sängerin Araceli Cuadrado. El Chelin steuert erstmal die Bar an: OT („El Chelín“): „Un par de copitas“ Sprecher 3 : Man braucht immer ein paar Gläschen! Aber man darf es auch nicht übertreiben mit Alkohol und Tabak. Aber ein paar Gläschen tun immer gut! Dann ist man entspannter... Sprecherin 1: Ana fasst sich als erste ein Herz, vorsorglich versichert sie, dass sie heute eigentlich gar nicht gut bei Stimme sei, die kühle Nachtluft habe sie beeinträchtigt. OT Ana :„Granaína y media...“ Sprecherin 2 Also, ich versuche mich jetzt an einer Granaína y media.... Der Stil Granadas! Schauen wir mal, ob ich's schaffe... Meine Kehle ist nicht richtig in Ordnung... Musik Granaina live OT Ana: „y la otra...“ Sprecherin 2 Die Granaína ist Federico García Lorca gewidmet. Sie besteht aus zwei Teilen: Die Vertreibung der Mauren aus Granáda, und Lorcas Ermordung, er wurde ja in Granada von Faschisten erschossen... „Alles weinte, selbst die Alhambra, als Federico starb.“ OT Musik live hoch und frei : „Tiri-aaaah .. / dann wieder darüber: OT Ana: „Tú te transformas“ Sprecherin 2 Wenn ich einen Text singe, dann transformiere ich. Ich erzähle eine Geschichte, ich durchlebe und durchleide diese Geschichte, als ob sie mir persönlich zustoßen würde. Ich sehe dann visuell vor mir, was ich singe. Wenn ich über Granada singe, dann sehe ich die Menschen, die Bauwerke, die Alhambra. Und wenn ich über die Muttergottes singe, dann sehe ich wirklich, wie die Unbefleckte mir an der Guadalquivir-Mündung begegnet. OT Musik live wieder hoch und frei: „Convencíiiiiii... / dann wieder darüber: OT Ana: „Y así lo transmito...“ Sprecherin 2: Während ich eine Geschichte durchleide, übertrage ich sie aufs Publikum. Das Publikum fängt an zu weinen, weil ich etwas übertrage: Nämlich den „Duende“ – den wir alle in uns tragen, die wir Flamenco singen. Unter dem Einfluss des „Duende“ bin ich nicht mehr Herrin meiner selbst, ich weiß dann nicht, was ich tue. Vielleicht ist es höchst lächerlich, was ich tue – wie ich mich herumwerfe, wie ich gestikuliere –, aber es ist dieser „Duende“, der es mich tun lässt. Im Flamenco ist es der „Duende“, der dir die Nackenhaare aufstellt. OT Musik live wieder hoch und frei: „Convencíiiiiii... / dann wieder darüber: Sprecherin 1: „El Duende“: Ein großes Wort, um das sich seit über 90 Jahren die gesamte Flamenco-Wissenschaft dreht – seit der Dichter Federico García Lorca in einem Vortrag 1923 diesem Phänomen auf die Spur kommen wollte. Eine kollektive Urkraft des andalusischen Volkes soll er sein, der „Duende“, jahrtausendealt, unwandelbar, tyrannisch – zurückreichend bis in die Zeit der Mitraskulte… Mit dem Wort „Kobold“ ist „Duende“ nur sehr holprig übersetzt – am nächsten käme ihm wohl „Raserei“, „Dämon“, „Besessenheit“, „Entrücktheit“. Der „Duende“ – so schreibt García Lorca – „haust in den hintersten Wohnstätten des Blutes“, er ist „Kampf“, und „Macht“, eine„Wucht“, die „verbrennt“ und „erschöpft“ – und es kursieren Legenden, wonach so mancher Sänger durch den Kontakt mit dem „Duende“ wahnsinnig geworden sei, und auch Erlebnisberichte, wonach selbst unbeteiligte Zuhörer vom „Duende“ in Ekstase versetzt wurden. OT Atmo Sprecherin 1: Nun möchte auch der lebenslustige „El Chelín“ dem „Duende“ in die Augen sehen – er hat inzwischen ein paar Gläser getankt und Mut gefasst. Also räuspert er sich und kündigt vollmundig an: OT Chelin „Es un cante muy duro... duro duro muy trabajar“.. Sprecher 3 : Soleá por bulería! Ein ganz schweres Stück, sehr komplex! OT Gesang live hoch / dann wieder darüber: Sprecherin 1: Während „El Chelín“ sich ohne Seil und doppelten Boden dem „Duende“ nähert, möchten wir wissen, wie oft in der „Peña“ darüber diskutiert wird, wer der beste Interpret aller Zeiten sei. OT Pepe Oliva : „Siempre...“ Sprecher 3: Damit beschäftigen wir uns dauernd. Immer frägt einer: „Wer ist deiner Ansicht nach der beste Sänger aller Zeiten?“, und die Antwort lautet immer anders. Das ist wie beim Fußball, einer ist für Real Madrid, einer für Barcelona. Aber es gibt ja das Sprichwort: „Für jeden Geschmack die passenden Farben.“ Deswegen werden solche Diskussionen auch nie aggressiv. OT Gesang live hoch / dann wieder darüber: OT Eduardo: „Uno de ellos es Fosforito....“ Sprecher 2: Einer der meiner Meinung nach allerbesten Sänger ist und bleibt Fosforito. Warum? Weil er ein wirklich vollendeter Sänger ist, und ein wirklich vollendeter Sänger sticht nicht nur in diesem oder jenem Genre hervor, er muss insgesamt brillieren. Und Fosforito beherrschte sowohl die Grundpfeiler – die emblematischen, tiefen Gesänge wie die „soleá“, die „tonà“, die „seguiriya“, als auch die festlichen, fröhlichen Gesänge, wie die „bulerías“, die „alegrías“, die „cantes de ida y vuelta“. OT Atmo Sprecherin 1: Fosforito, der im Flamenco laut Eduardo die höchste Anzahl an Genres beherrschte.... Eduardo berührt hier eines der komplexesten Probleme des Flamenco. Denn so, wie es unter Eskimo-Völkern Hunderte von Bezeichnungen für „Schnee“ gibt, so kennt die Flamenco-Tradition Dutzende von Lied-Genres – sogenannte „Palos“ („Stämme“), die sich wiederum in Dutzende von Untergruppen splitten. Manche „Palos“ sind für Laien noch halbwegs erkennbar – so zum Beispiel handelt es sich bei „Bulerías“ um schnell geklatschte, vorwärtspeitschende Stücke, bei „Martinetes“ um getragene Gesänge aus der Schmiede-Tradition, ausschließlich begleitet von Hammerschlägen. Doch wo der Unterschied liegt zwischen „tientos“ und „tarantos“, oder zwischen einer „debla“ und einem „polo“, das bleibt dem Laien, selbst wenn er Dutzende von Flamenco-Platten zuhause hat, für immer ein Rätsel. Selbst die Fachleute geraten hier ins Schwitzen: OT Atmo OT Eduardo: El problema … Sprecher 2: Das Problem ist beispielsweise: Jemand singt eine „malagueña“. Ich bin ein großer Fan von „malagueñas“, aber sofort gibt es Streit: „Das ist doch keine malagueña, die der da singt! Eine malagueña gehört doch ganz anders gesungen!“ OT Pepe Oliva: Hay algo muy importante .. Sprecher 3 : Man muss es so sagen: Eine „malagueña“ ist ein festes Genre, auch wenn es Leute gibt, die behaupten, es existierten 64 verschiedene Arten von „malagueñas“! Blödsinn! Aber es gibt Untergruppen, beispielsweise eine „malagueña“ „nach Art von Enrique el Mellizo“. Oder: eine „malagueña“ „nach Art von El Canario“. Oft sagt ein Sänger: „Ich singe jetzt eine malagueña nach Art von Enrique el Mellizo, aber er hat garkeine Ahnung davon ! Er singt eine malagueña nach Art von El Canario, was eine komplett andere Sache ist. Und darüber diskutieren wir ständig, natürlich auch im Hinblick auf Fandangos, Soleares etc. Sprecherin 1: Jetzt ist Ana wieder an der Reihe. Da das Feld der Flamenco-Stile sehr komplex ist, erklärt sie uns mit aller Geduld, was sie nun singen wird: OT Ana: Sprecherin 2: Ich singe jetzt einen Mirabrás, eine spezielle Liedform aus Sanlúcar. Die Mirabrás gehören ebenso wie die Romeras, die Rosas und die Caracoles zu den Cantiñas, es handelt sich da um sehr gemischte Formen, man kann sie mischen mit Alegrías, mit Romeras, mit.. Sprecherin 1: Als ob die Dinge nicht ohnehin schon kompliziert genug wären, spezifiziert Eduardo: OT Eduardo: En cada .. Sprecher 2: In jedem Mirabrás steckt zudem ein Abschnitt, der sich „Pregón“ nennt, also „Marktgeschrei“ – das Geschrei der Händler auf dem Markt , wenn sie ihre Waren feilbieten. Deswegen kommen in so einem Lied Zeilen vor wie: „Ich verkaufe euch Fische, ich habe hier Sardinen in meinem Korb, und Calamares...“ Musik live: Ana singt den Mirabrás / Zeit: 2.15 Sprecherin 1: In den letzten 25 Jahren haben seriöse Musik-Forscher wie zB der Österreicher Gerhard Steingress – Professor für Soziologie an der Universität Sevilla – damit begonnen, auch die jahrtausendealte, „zigeunerische“ Herkunft des Flamenco zu durchleuchten. Sie sind dabei auf erstaunliche Ergebnisse gestoßen: Etwa, dass der Flamenco musikgeschichtlich in den spanischen Volksgesängen und der katholischen Kirchenliturgie verwurzelt ist. O-Ton Gerhard Steingress: Der Flamenco ist im Grunde eine Reinterpretation spanischer Volksweisen und Tänze. Diese Reinterpretation begann Ende des 18. Jahrhunderts und hat dann Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer neuen stilistischen Ausdrucksform geführt, die dann als Flamenco bekannt geworden ist, warum, weil die mittelalterliche Liturgie sich in der Volkskultur niedergeschlagen hat. Menschen hatten eigentlich kaum die Möglichkeit, Musik anders zu erfahren als über die Liturgie, daher dieser monotone Vortrags-Stil bestimmter Flamenco-Lieder. Wir können diese ursächlichen Gesänge, die eine ganze Reihe von Flamenco-Gesängen nach sich gezogen haben – wie z.B. seguiriya, die tonà, die deblà –, auffinden, wenn wir uns die traditionelle, die alte saeta näher anschauen. Die alte saeta ist eine sehr monotone, im Sprechgesang vorgetragene Liturgie, die nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Volksreligiosität eine große Rolle gespielt hat. Musik Alte Saeta: Pepe Marchena „Madrugada en el Calvario“ / Zeit: 0.30 O-Ton Gerhard Steingress: Der Kult der vermuteten maurischen Hintergründe der spanischen Kultur – und dazu kommt noch die romantische Zigeuner-Mode, die ja in ganz Europa im 19. Jahrhundert eine große Rolle gespielt hat - der spanische Kult, der andalusische Kult begann eigentlich schon Ende des 18. Jahrhunderts als Reaktion auf den Nationalismus in Europa und den starken Einfluss der französischen Kultur in Spanien. Das heißt man hat versucht, eine eigene spanische Kultur zu profilieren und hat dabei vor allem auf volkstümliche Elemente gesetzt und dem Ganzen dann dazu eine spezifische zigeunerische Note gegeben, wobei zu behaupten ist, dass der Begriff des „gitano“, des Zigeuners ein sehr weitgefasster war. Man hat eigentlich viele Personen, die mit den „gitanos“ überhaupt nichts zu tun hatten, die aber in ihrer Lebensweise versucht haben, sich dem Stereotyp des „Zigeunerlebens“ anzupassen, als Zigeuner bezeichnet, als „gitanos“. Das heißt, es ist im Sprachgebrauch sehr üblich geworden, eine Braut, ein Mädchen, eine Geliebte als „mi gitana“, „meine Zigeunerin“ zu bezeichnen. Aus dem heraus ist eine bestimmte Mentalität entstanden, und das Andalusische wurde zusammen mit dem Zigeunerhaften als Inbegriff der spanischen Kultur verstanden und auch künstlerisch ausgenützt. Musik Niño Ricardo: „Por Malaguenas“ / Zeit: 1.30 Sprecherin 1: Und warum hat Federico García Lorca in seinen Essays und den Zigeunerromanzen den Angehörigen der „Gitanos“ genannten andalusischen Roma immer wieder die Führungsrolle beim Flamenco zugeschrieben? O-Ton Gerhard Steingress: Lorca hat zweifellos – gemeinsam mit Manuel de Falla – viel für den Flamenco getan, in dem er ihn unter dem bürgerlichen Publikum der zwanziger und dreißiger Jahre salonfähig gemacht hat, aber der Ansatz, den beide vertreten haben, ist natürlich daneben, völlig romantisch, und sowohl Lorca wie Manuel de Falla haben sehr wenig mit den wirklichen Zigeunern zu tun gehabt, sondern sie haben die Zigeuner-Mode benutzt, um ihren Gedichten, ihrer Poesie eine bestimmte besondere zigeunerhafte, das heißt romantische Note zu geben, wo die Liebe und der Tod, der Hass und die Hingabe sich vermählt haben, etwas, was man halt immer wieder gerne – dieses Impulsive, Dramatische – den psychischen Eigenschaften der „gitanos“ zuschreibt. Man kann Lorca wie so viele andere als Vertreter der sogenannten „Kunstzigeuner“-Kunst nennen – künstlich geschaffen –, d.h. es geht um eine Kunst von „Kunstzigeunern“. Musik Camarón de la Isla: „A los santos del cielo“ / Zeit: 0.50 Sprecherin 1: In Lorcas poetischem Schaffen wird auch klar, dass er auf seine Zigeunerfiguren alles projiziert, was ihn dichterisch selbst umtreibt – surrealistische Sensibilität, Poesie, Anti-Rationalismus –, und dass seine Zigeuner darüberhinaus durchtränkt sind von homosexuellen Phantasien: Es wimmelt in Lorcas Lyrik von schwülen, aufreizenden Zigeunern, die nicht nur mit dem Taschenmesser, sondern auch mit anderen phallischen Symbolen schnell bei der Hand sind. Dass der Flamenco dann Jahrzehnte nach seinem Entstehen in eine subkulturelle Halbwelt abglitt, erklärt Gerhard Steingress mit spezifischen ökonomischen Entwicklungen des frühindustriellen Spaniens: O-Ton Gerhard Steingress: Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ist diese Volkslied-Kultur in den Theatern und in den Tanzakademien an ihr Ende gelangt. Viele Theater mussten aufgrund wirtschaftlicher Krisen und auch der Veränderung des Geschmacks zusperren, so dass diese Sänger, Sängerinnen und Tänzerinnen ausweichen mussten in jene Orte und Milieus, in denen sie Publikum gefunden haben – d.h. Tavernen, Bordelle, Hinterhöfe. Dort hat sich aus dieser andalusischen Volkslied-Kultur, die ja künstlich und künstlerisch geschaffen wurde, dann eine degradierte Version entwickelt, wohingegen die Kompetenz und Konkurrenz der Sänger erfordert hat, dass ein hohes Maß an Virtuosität erreicht werden musste, und die Interpretation auch als Einnahmensquelle, als ökonomische Überlebensmöglichkeit geschaffen werden musste. Musik Camarón de la Isla: „En la provincia de Cadiz“ / Zeit: 1.00 Sprecherin 1: In diesen dörflichen und städtischen Bühnen des frühen Flamenco ging es dann in der Tat wenig kunstsinnig her: Es handelte sich hier um Kaschemmen, in denen neben Gauklertricks, Hahnenkämpfen und schlüpfrigen Tanzdarbietungen eben auch die ersten Auftritte jener Urgewalten stattfanden, die heute als emblematische Sänger gelten: Männer wie Silverio Franconetti, Juan Breva, Antonio Chacón.... Nicht alle waren Zigeuner. Manche der frühen Flamenco-Götter wurden von ihrem Publikum so verehrt, dass ihnen eine ganze Schar trinkfreudiger Zecher folgte, wenn sie die Kneipen wechselten, gleichzeitig herrschte in diesen Etablissements aber auch eine große Respektlosigkeit gegenüber den Künstlern, wie ein Beobachter sagt: Sprecher 4: Kein Sänger konnte in diesen Kaschemmen sein ganzes Können entfalten – und hieße er auch Juan Breva oder Silverio Franconetti –, wenn er sich unter Hunderten von Menschen befand, von denen der eine hustete, der andere ein Glas auf ein metallenes Tablett fallen ließ, wieder ein anderer nur darum lärmte, um von den anderen zur Kenntnis genommen zu werden, und ein weiterer lauthals in den Vortrag des Sängers einfiel. Es war ein Wunder, wenn ein Cantaor – also ein Flamencosänger - in diesen Bars mehr als drei gute Strophen pro Nacht zusammenbekam. Musik Niño Ricardo: „Por Siguiriyas“ / Zeit: 0.45 Sprecherin 1: Zumindest in den heutigen „Peñas“ ist die Atmosphäre kunstfreundlicher, und die Diskrepanz zwischen der einst subkulturellen Wucht des Flamenco und seiner heutigen Rolle ist den Mitgliedern der „Peña“ natürlich klar: OT Eduardo „Antiguamente...“ Sprecher 2 : Heute dreht sich beim Flamenco alles viel stärker um Interpretation – und nicht so sehr um soziale Herkunft. Früher mussten die Musiker mit ihren Maultieren 30 Kilometer weit zum nächsten Dorf, es gab keine Krankenhäuser und keine medizinische Versorgung, stattdessen existierte unvorstellbare Armut, Kriminalität und Bandenwesen. In den Kneipen tummelten sich alle möglichen finsteren Elemente, und es gab natürlich ständig Auseinandersetzungen. Sprecherin 1: Also trägt Eduardo kein Schnappmesser, wenn er zur „Peña“ geht? (O-Ton Eduardo / Sprecher 2: : Nein, natürlich nicht… Sprecherin 1: Virtuosität statt Exotismus und schwülen Rollenklischees – das ist etwas, wofür auch die „Peña“ steht. Jetzt, wo sich Anas Kollegin, die Sängerin Aracéli Cuadrádo bereit macht, ihr „recital“ vorzutragen, wird das klar. Araceli Cuadrado intoniert, dass es einem die Nackenhaare aufstellt. OT Musik live : Araceli Cuadrado / Zeit: 1.00 Sprecherin 1: Und die Texte? Entgegen der Behauptungen vieler Sänger, dass sie Strophen singen, die ihnen „spontan in den Kopf“ kämen, handelt es sich bei Flamenco-Texten überwiegend um „oral poetry“, um einen riesigen Formenschatz fester Strophen, der seit 200 Jahren quasi unverändert existiert und Neuerungen nur sehr bedingt duldet. Für mitteleuropäische Ohren klingen diese Texte oft so schroff, archaisch und inkonsistent, dass man das Gefühl hat, in einer völlig fremden Welt umherzutappen. Die widersprüchlichen Gefühlslagen innerhalb der verschiedenen Strophen, der Wechsel des Ansprechpartners, die konträren Inhalte – sie speisen sich vor allem daraus, dass die Flamenco-Sänger kein Problem darin sehen, Strophen verschiedener Inhalte beliebig miteinander zu kombinieren. In einem wahllos herausgegriffenen Flamenco-Text heißt es: Sprecher 4: Ich weiß nicht, wie du dich erdreisten kannst, mit mir zu reden. / Dein Körper riecht nach Nutte wie ein Seemann nach Teer. / Hier im Hof steht ein Brunnen aus Sandstein, aus dem mein Mädchen neues Wasser trinkt. / Komm in mein Haus, ich werde dir eine Brücke bauen. Sprecherin 1: Und was die Anziehungskraft betrifft, die der gut 200 Jahre alte – einst in der Volkskultur heimische, dann in den Untergrund abgedrängte, heute wieder revitalisierte – Flamenco auf seine Anhänger ausübt: Diese Anziehungskraft ist mehr als verständlich und liegt im Wunsch, sein Leben mit Würde und Leidenschaft zu leben, erhobenen Hauptes, trotz all der Widerstände und Zumutungen, die uns die moderne Gesellschaft auferlegt. OT Eduardo / Sprecher 2: Was mich sehr geprägt hat: Ich habe einmal im Winter einen Bettler am Strand von Sanlúcar gesehen, es war kalt, er hatte nicht mal Schuhe an und sammelte Muscheln, um etwas zu essen zu haben. Und dieser Mensch sang. Er sang die ganzen fröhlichen Gesänge von Cádiz, die Cantiñas, die Fandangillos, die Alegrías... OT Ana / Sprecherin 2 : Ja, er sang einfach, weil er nichts besaß. Die Menschen, die nichts haben, sind oft glücklicher als die Reichen. Und man kann von ihnen lernen, Schwierigkeiten mit Gelassenheit zu begegnen. Sprecherin 1: Und hier, zwischen Gelassenheit und Feuer, sind denn auch die interessierten Laien aus anderen Ländern dazu eingeladen, an den „Peñas“ teilzunehmen, denn diese Stammtische sind keine Members-Only-Clubs. OT Ana / Sprecherin 2 : Auch wenn wir manchmal sehr erschöpft und müde sind - wir machen weiter. Die Peña müsste viel mehr Leute erreichen, viel mehr Besucher müssten kommen. Aber wir gehen einen guten Weg. Mit Hoffnung vorwärts, dann klappt alles! Denn zurück ist nie gut. Sprecherin 1: So tagt die „Peña“ an diesem Abend noch bis weit nach Mitternacht – Ana hat ihre Arbeit geleistet, Araceli, „El Chelín“ und „El Cóli“ überbieten sich jetzt mit fulminanten „recitales“ und „coplas“ – und nach dem Abschied von der „Peña“ und dem Weg durch die stillen, nachtschwarzen Gassen zurück zum immer noch belebten Hauptplatz von Sanlúcar löst sich denn auch das Rätsel, welchen Musikstil der Zigeuner von Welt aktuell bevorzugt: OT Musik live : Rumänischer Zigeuner spielt auf alter Quetsche die mexikanische Schnulze „Cielito Lindo“ Absage: Flamenco, Sackpfeifen und teuflische Dämonen, Sie hörten eine Lange Nacht über spanische Musik, Von Stefan Wimmer Es sprachen: Krista Posch, Christian Baumann, Diana Gaul, Andreas Neumann und Heinz Peter Regie: Margot Litten Ton und Technik: Helge Schwarz Redaktion: Monika Künzel Musik: Bulerias aus: Cante Flamenco - Fernanda et Bernarda de Utrera Aussprachen: 1: Alicante = Alikánte Cádiz = Kádiss Ortega y Gasset = Ortéga i Gassétt Fandango = Fandángo Alboka = Al-bóka Txalaparta = Tschálapárta Bidasoa = Bída-sóa txistu = tschíss-tu Txalaparta = Tschálapárta Kirikoketa = Kirikokéta Porrusalda = Porrusálda Biribilketa = Biribilkéta Jauziak = Jaúziak Juan Mari Beltrán = Chu-án Mári Bel-trán Navarra = Nawárra „Soinuenea Fundazioa“ = „Soinueneá Fundatzioá“ (jeweils letzte) Oiartzun = Ojárrzun Pelota-Spieler = Pelóta-Spieler San-Fermín-Fest = San-Fermínn-Fest Pamplona = Pamplóna „tamborilleros“ = „tambori-jéros“ Cántigas de Santa María = Kántigas de Santa María Alfonso X. = Alfónso der Zehnte „jota“ = Chótta. „porrusalda“ „porru-sálda“ „marcha“= Már-tscha „a lo bajo“= a lo wácho Américo Castro = Amériko Kástro „lizárra“ = „lisárra“ Francisco Franco y Bahamonde = Franthisco Franco i Bahamónde (th = „ti-ätsch“) „Euskera“ = „E-Uskéra“ (also nicht „oi“) „rock radical vasco“ = „rock radikál wásco“ Aralar-Bergen = Aralár-Bergen Guardia Civil = Gu-árdia Sivíl Trikitixa = Triki-tíscha Kepa Junkera = Képpa Chun-kéra Recalde = Rekálde Iñaki Zabaleta = Injáki Sabaléta José María „Motriku“ = Chosé María „Mótriku“ Infernuko Auspoa = Infernúko Auspóa Caetano Veloso= Ka-etáno Welóso Miguel Bosé = Migél Bosé Lila Downs = Líla Dauns Juanes = Chu-ánes Pablo Milanés = Páblo Milanés Celso Duarte = Sélso Duárte Kepa Junkera Urraza Zarate Gutiérrez = Képpa Chunkéra Urrássa Sarráte Gut-jérres 2: Oviedo = Ovi-édo Héctor Braga = Éktor Braga Langreo = Lan-gréo „Los Stúkas“ „fabada asturiana“ = „fa-báda asturiána“ „saltón“ = „saltón“, die „muñeira“ = die „munj-eíra“ die „jota“ = die „Chótta“ „Reconquista“ = „Rekonkísssta“, Munuza = Munúza Pelayo = Pe-láj-o Picos de Europa = Píkos de Europa Covadonga = Cowa-dónga Puerto de la Mesa = Méssa zamfona = „zam-fónna“ Gijón = Gi-chón Avilés = Avi-léss, La Felguera = La Fell-géra Guardia Civil = Guárdia Sivíl Guardia de Asalto = Guárdia de Asálto Rigu Suárez = Rí-gu Su-áres Corquiéu = Kórki-É-U Ribadesella = Riba de séjah „Ribaseyana“ = Riba sejáhna Davíd = Davíd Gaita = gei-ta „Floreo“ = flo-réo „misa de gaitas“ = missa de gei-tas. „ramos“ = rámos muñeira = mun-jäira Ambás = Am-báhs Gaitero = Gai-téro Tuenda = Tu-énda Alan Lomax = Lomäx. „romances“ = ro-mánsses „canciones independientes“ = kanssiónes independi-éntes“ „Añadas“ oder „Añais“ = An-jádas“ oder „An-jáis“ „Palo-mína blánka“ 3 „Feria“ = Féria Sevilla = Sewí-ja „Tablaos“ = Tabláoss Sanlúcar de Barrameda = San Lúkar (nicht Lukár) de Barraméda Cádiz = Kádith (engl. th = tiätsch, wenn das nicht geht, einfach „ss“) Peña = Pén-ja „Peñas flamencas“ = Pén-jass flaménkass „Peña Puerto Lucero“ = Pén-ja Puérto Luthero (engl. th = tiätsch, wenn das nicht geht, einfach „ss“) Barrio Alto = Bárrio Álto Eduardo = Eduárdo Ana Serralbo = Ana Serrálbo Pepe Oliva = Pépe Olíva Huelva = Uélva Paco Toronjo = Pácko Torróncho José Domínguez „El Chelín“ = Choséh Domíngess „El Tschelín“ Jesús „Romerito“ = Chesúhhs „Romeríto“ Antonio „El Cóli“ = António „El Kóli“ Araceli Cuadrado = Arasséhli Kwadrádo Tartessos = Tartéssos recital = rethitáll (engl. th = tiätsch, wenn das nicht geht, einfach „ss“) Granaína y media = Grána-ína i média Federico García Lorca = Federíko Gar-ssía Lórca Puerta del Perdón = Pu-érta del Perdón Granada = Gra-náda Alhambra = Al Ámbra Guadalquivir = Wá-dal kivírr „Duende“ = Du-énde Cante = Kánte Mirabrás = Mirabráhs Romeras = Roméras Rosas = Rósas Caracoles = Karakólles Cantiñas = Kantín-jjas Cante = Kánte Soleá por bulería! = Soleá por bulería! „Peña“ = Pén-ja Betis = Bétiss malagueña = mala-gén-ja Enrique el Mellizo = Enríke el Mejj-ísso El Canario = El Kanário Fandangos = Fandángos Soleares = Sole-áres Cantiñas = Kantínjas Fandangillos = Fandangíjjos Alegrías = Alegrías „Gitanos“ = Chitános Musikliste 1. Stunde Titel: Ysabel's table dance Länge: 02:28 Interpret und Komponist: Charles Mingus Label: RCA Records Label Best.-Nr: I 1039507 Plattentitel: Tijuana moods Titel: Sigi Sagan Länge: 02:15 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Elkar Plattentitel: Arditurri - gogoaren bidezidorretatik Titel: Itzurun Länge: 00:55 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Arrapaladan Länge: 00:55 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Txistu Eta Danbolina Länge: 00:48 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Sorgin Etxean Länge: 01:45 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Elkar Plattentitel: Arditurri - gogoaren bidezidorretatik Titel: Gorrotxategitarren pandangoa Länge: 01:27 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Elkarlanean Best.-Nr: KD-614 Plattentitel: Arditurri - gogoaren bidezidorretatik Titel: Saltoka Länge: 01:55 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Artzainzuloan Länge: 01:00 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Ttakunez elkarturik Länge: 01:20 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: No-CD Records Plattentitel: Txalaparta - Ttakun Ttan Ttakun Titel: Miniatura Länge: 02:00 Interpret: Los Churumbeles de Espana Komponist: unbekannt Label: Vintage Music Plattentitel: Los Chavales de Espania Vs. Los Churumbeles de Espana Titel: Dilin dalanketan Länge: 01:20 Interpret: Juan Mari Beltran Komponist: Traditional Label: Nocd-Records Plattentitel: Beti Thun Thun Titel: Bok-Espok Länge: 01:45 Interpret: Kepa Junkera Komponist: Kepa Junkera Label: Alula Plattentitel: Bilbao Oo Ooh Titel: Nondik jo Maurizia Länge: 02:30 Interpret: Kepa Junkera Komponist: Kepa Junkera Label: Alula Plattentitel: Bilbao Oo Ooh Titel: Herrik Shaw Länge: 01:15 Interpret: Kepa Junkera Komponist: Kepa Junkera Label: Alula Plattentitel: Bilbao Oo Ooh Titel: Billy from overseas Länge: 02:50 Interpret: Kepa Junkera Komponist: unbekannt Label: Alula Plattentitel: Bilbao Oo Ooh Titel: Peliqueiroak Terranovan Länge: 05:45 Interpret: Kepa Junkera Komponist: Kepa Junkera Label: Alula Plattentitel: Bilbao Oo Ooh 2. Stunde Titel: La Nena Clara Länge: 03:45 Interpret: Hector Braga Komponist: traditionell Label: Elkar Plattentitel: La Fonda de Lola Titel: Alborada & Asturianada Länge: 01:50 Interpret: Hector Braga Komponist: traditionell Label: Elkar Plattentitel: La Nota Mas Alta Titel: A la fuente Länge: 02:40 Interpret: Hector Braga Komponist: traditionell Label: Elkar Plattentitel: La Fonda de Lola Titel: La molinera Länge: 02:25 Interpret: Hector Braga Komponist: traditionell Label: Elkar Plattentitel: La Fonda de Lola Titel: Romance de la Christiana Cautiva Länge: 03:00 Interpret: Hector Braga Komponist: Hector Label: Elkar Plattentitel: La Nota Mas Alta Titel: Texedora de Bayu Länge: 02:00 Interpret: Hector Braga Komponist: Hector Braga Label: Elkar Plattentitel: La Fonda de Lola Titel: Ribaseyana Länge: 01:00 Interpret: Corquieu Komponist: trad., Rigu Suarez Label: TIERRA NEGRA RECORDS OHG Plattentitel: Salia Titel: Tuberia Länge: 01:25 Interpret: Corquieu Komponist: trad., Rigu Suarez Label: TIERRA NEGRA RECORDS OHG Plattentitel: Suana Titel: Boriada Länge: 01:00 Interpret: Corquieu Komponist: Rigu Suarez Label: TIERRA NEGRA RECORDS OHG Plattentitel: Suana Titel: Frieras Länge: 01:05 Interpret: Corquieu Komponist: trad., Rigu Suarez Label: TIERRA NEGRA RECORDS OHG Plattentitel: Salia Titel: Muneira de Perl.lunes Länge: 03:30 Interpret: Tuenda Komponist: Xosé Ambas Ohne Label und Best.-Nr Titel: El miou maridin Länge: 00:30 Interpret: Tuenda Komponist: Xosé Ambas Ohne Label und Best.-Nr Titel: Seique Non Länge: 03:55 Interpret: Tejedor Komponist: unbekannt Label: RESISTENCI (Galileo Music Communication) Plattentitel: Musica Na Maleta 3. Stunde Titel: El Adios, Sevillana Länge: 02:10 Interpret: Flamenco Sevillana Komponist: trad. Label: Meta / Liarte Plattentitel: Sevillanas para bailar Titel: Flamenco Länge: 04:20 Interpret: El Camaron de la Isla Komponist: trad. Label: NUBA RECORDS Plattentitel: Como El Agua Titel: Malagueña del Mellizo Länge: 00:29 Interpret: Pepe Marchena (voc) Komponist: Traditional Label: HARMONIA MUNDI FRANCE Best.-Nr: LDX274911 Plattentitel: Grands Cantaores du Flamenco, Vol. 10 Titel: Por Malaguenas Länge: 01:30 Interpret: Nino Ricardo Komponist: Nino Ricardo, trad. Label: Cale Records Plattentitel: Toques Flamencos de Guitarra Titel: A los santos del cielo Länge: 00:55 Interpret: El Camaron de la Isla Komponist: trad. Label: NUBA RECORDS Plattentitel: Como El Agua Titel: En la provincia de Cadiz Länge: 01:20 Interpret: El Camaron de la Isla Komponist: trad. Label: NUBA RECORDS Plattentitel: Como El Agua Titel: Por Siguiriyas Länge: 00:30 Interpret: Nino Ricardo Komponist: Nino Ricardo, trad. Label: Cale Records Plattentitel: Toques Flamencos de Guitarra Titel: Bulerias Länge: 03:27 Interpret: Fernanda de Utrera Komponist: Volksweise Label: Ocora Best.-Nr: C 558642 Plattentitel: Cante flamenco