"Das große Sterben für die Freiheit" Eine Lange Nacht zum D-Day vor 75 Jahren Autor: Peter Kaiser Redaktion: Dr. Monika Künzel Regie: Beate Ziegs Sprecher*innen: Frank Arnold Sprecher Jan Uplegger Zitator Birgit Paul Zitatorin Gilles Chevalier Voice Over männlich Christiane Guth Voice Over weiblich Sendetermin: 1. Juni 2019 Deutschlandfunk Kultur 1./2. Juni 2019 Deutschlandfunk ___________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. Übersicht 1. Stunde: Geschichte damals/1944 2. Stunde: Heute / 2019 3. Stunde: Morgen O-Töne: 1. Jean Lenoir, französischer Ex-Berufssoldat, Oberst, heute Fremdenführer 2. Dr. Peter Lieb, Militärhistoriker / Bundeswehr/ Royal Military Academy Sundhurst 3. Zeitzeugen - Veteranen /Leon Gautier und Dajon Lamare 4. O-Töne aus dem Landungsmuseum in Utah Beach 5. O-Töne aus dem Landungsmuseum in Juno Beach 6. O-Töne aus dem Landungsmuseum in Omaha Beach 7. O-Töne/Bunker- Kellersimulation Angriff 8. O-Ton von Frau Marise, Jüdin in Falaise/Museum 9. O-Ton mit Marie-Annick Wieder/ Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Soldatenfriedhof in La Campe. 10. Daniela Schily, Generalsekretärin des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 11. Dominique Saussey /Tourismusverband Normandie /Antrag UNESCO- Weltkulturerbe 12. Voxpop auf allen Soldatenfriedhöfen in der Normandie 13. Museumpädagoge 14. Pressesprecher Bundesregierung zur Frage, ob Angela Merkel am 6.6. in die Normandie reist 15. Filmkritiker zum Film: "Der Soldat James Ryan" 16. Camper /Voxpop Arromanche 17. Christine Lange 18. Ursula und Wolfgang/Ehepaar Kellersimulation Atmos: 1. Kriegsberichte 2. Reden zum Krieg / Churchill, Hitler, Roosevelt 3. Atmo Autofahrt mit Jean Lenoir 4. Atmos von den Stränden 5. Atmos aus verschiedenen Bunkeranlagen 6. Atmos aus allen Museen 7. Atmos von allen Soldatenfriedhöfen Zitate: 1. ) Buch "Unternehmen Overlord" von Peter Lieb Musik Passende Musik Filmsequenzen 1. Wochenschau-Berichte 2. BBC-Einspielungen 1. Stunde INTRO Atmo US-Soldatenfriedhof an der Omaha Beach/ Colleville-sur-mer. Wind, Schritte, leise Stimmen... 1. O-Ton: Voxpop/US-Friedhof 1. Frau/ französisch/ 2:15/ Voice-Over: Es darf sich nie wiederholen. Das ist besonders für die junge Generation wichtig. 2. Mann/ französisch: 00:25/ Voice-Over: Es ist sehr bewegend, besonders die vielen jungen Leute, die hier begraben sind. 3. andere Frau /französisch/ 3:25/ Voice Over: Jeden Tag um 17:00 Uhr gibt es hier die Flaggenparade, die einen mitnimmt. Jetzt Atmo Flaggenparade Sprecher: Besucher auf dem US-Soldatenfriedhof Colleville-sur-mer in der Normandie. Eine Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung sagt... 2. O-Ton: Mitarbeiterin Friedhof/ ( Voxpop Lenoir/US-Friedhof) / französisch/ 10:01 / Voice Over Frau: Die Besucher sind oft sehr bewegt, wenn sie die weißen Kreuze sehen, alle sind sehr respektvoll. Atmo kurze Zäsur, dann weiter Sprecher: Vom amerikanischen Soldatenfriedhof Collville-sur-mer hat man einen direkten Blick zur Omaha Beach, einem der fünf Küstenabschnitte, auf dem während der "Operation Overlord" am D-Day des 6. Juni 1944 viele amerikanische Soldaten gefallen sind. Die Reihen der weißen marmornen Kreuze mit und ohne Davidstern auf dem berühmtesten Militärfriedhof in der Normandie sind lang, die Stille zwischen den Kreuzen tief. 9.387 US-Soldaten liegen hier, manche waren erst 15 Jahre alt, als sie fielen. Der französische Ex-Verbindungsoffizier Jean Lenoir, der heute Besuchergruppen durch die Normandie führt, erklärt. Kurz frei mit Atmo Friedhof, dann noch etwas weiter 3. O-Ton: Jean Lenoir/ US-Friedhof/6:05 Jeder Soldat hier hat sein Grab. Bei dem deutschen Friedhof sind mindesten zwei Soldaten mit begraben, bis fünf. 6:33 (...) Und hier spielen Dienstgrade keine Rolle mehr, ein General neben einem Gefreiten, einem Hauptmann. (...) Die Amerikaner haben versucht, Bruderpaare zusammen zu begraben ... Jetzt Musik: Henryk Mikolaj Górecki: "Symphonie Nr. 3 op. 36 - Symphonie der Klagelieder" aufblenden Sprecher: Die 1. Stunde Musik kurze Zäsur, dann weiter Sprecher: Die Bezeichnung "D-Day" hat etwas von einem Fingerschnippen, einem Nicken, vielleicht auch vom oft so locker daher gesagten: "Okay." Doch was heißt "D-Day"? Es gibt mehrere Bedeutungen. Kurze Zäsur mit Musik, dann weiter unterlegen Sprecher: "Decision Day" - Entscheidungstag, oder "Delivery Day" - Liefer-tag. Auch "Doomsday" - Jüngster Tag, manchmal "Debarkation Day" - Tag der Ausschiffung. Meist aber nur "Day Day" als der Zeitpunkt einer größeren militärischen Operation. Musik als kleine Zäsur, dann weiter Sprecher: Wie auch immer: auf den "D-Day" des 6. Juni 1944 in der Normandie trifft jede dieser Bedeutungen zu. Erneut kurze Zäsur mit Musik, jetzt dazu Collage der Kriegserklärungen Roosevelt, Churchill, Hitler. Mix kurz frei, dann weiter mit Musik solo. 4. O-Ton: Collage / Kriegserklärungen/ ab 00:30 - bis 1:19 Sprecher: Am D-Day vor 75 Jahren begann mit der sogenannten "Operation Overlord" zu Deutsch: Unternehmen Oberherr oder Lehnsherr, die Invasion der Alliierten gegen Nazideutschland. 5. O-Ton. Eisenhower/00:18 -Länge Radiorede am D-Day/ einfaches Englisch /eventuell ohne VO Sprecher: General Dwight D. Eisenhower. Mit einem saloppen "Okay, let`s go", hatte wenige Stunden zuvor der amerikanische Oberkommandierende die "Operation Overlord" in Gang gesetzt. Zitator: An diesem Tag marschierten die stärksten Landungskräfte der Kriegsgeschichte mit insgesamt mehr als einer Million westalliierter Soldaten auf. Mehr als 6000 Schiffe aller Größen, Zerstörungsklassen, Funktionen und Reichweiten, die größte Schiffsansammlung aller Zeiten, aus den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und anderen Nationen waren beteiligt. Musik kurze Zäsur, dann noch etwas weiter Zitator: Zuvor waren auf alliierter Seite 11.590 Flugzeuge in Richtung Normandie gestartet. Musik kurze Zäsur, dann noch etwas weiter Zitator: Etwa 3100 Landungsboote mit rund 175 000 Soldaten landeten im Morgengrauen des 6. Juni 1944 um 6:00 Uhr auf einem etwa 98 Kilometer langen Küstenabschnitt bei Caen, der drittgrößten Stadt in der Normandie, zwischen Saint-Mère-Église auf der Halbinsel Cotentin im Westen und Quistreham im Osten. Sprecher: Jeder Soldat trug eine rund 40 Kilogramm schwere Ausrüstung, mit Chemikalien gegen Wasser und Gas imprägniert. Die Gewehre waren mit Plastikhüllen gegen Seewasser geschützt. Die Soldaten schwammen, krochen, kletterten, robbten Meter für Meter an Land. Viele von ihnen waren noch halbe Kinder, gerade 15, 16, 17 Jahre alt. Und für viele wurde dieser Tag zum "Jüngsten Tag". Musik als Zäsur, dann noch etwas weiter Sprecher: Darum wird in der 1. Stunde zur Langen Nacht anlässlich des diesjährigen 75. Jubiläums am 6. Juni 2019 der politisch militärische Hintergrund eine wichtige Rolle spielen. Warum dieser unvorstellbare Aufwand an Material und Menschen, nur um eine zweite Front gegen das Europa beherrschende Nazideutschland mit seinen Verbündeten zu eröffnen? Wer waren die führenden Köpfe und Strategen dieser Westfront? Wie war die aktuelle Kriegssituation? Welche Erfordernisse, welche Hindernisse gab es? Wie war die Vor-Ort-Situation am ersten Tag der Offensive? Welche Vorbereitungen gab es, wo fanden diese statt, mit welchen Einheiten, welcher Technik? Aus welchen Nationen setzte sich die alliierte Streitmacht zusammen? Musik Zäsur, dann weiter Sprecher: Im Verlauf werden wir Zeit mit Jean Lenoir verbringen, einem ehemaligen französischen Verbindungsoffizier zwischen der Bundeswehr und der französischen Armee. Monsieur Lenoir wird uns von Schauplatz zu Schauplatz führen, und uns in ein paar der Museen an den Landungsstränden begleiten. Mit ihm fahren wir einige Kilometer die sogenannte "HKL" - die "Hauptkampflinie" ab, und lassen uns dort Besonderheiten und Orte zeigen, und natürlich deutsche Bunker des "Atlantikwalls". Jetzt Atmo Erkennungssignal Klacken 6. O-Ton: Jean Lenoir/ 1. Stunde/Erkennungssignal Klacken / 00:10 Das war das Erkennungssignal für die amerikanischen Fallschirmjäger in der Nacht. So, einmal... (...) Frage: Atmo Klacken Antwort Atmo zweimal Klacken Und wenn nicht, dann schießen. Atmo Museum noch etwas Sprecher: Jean Lenoir kennt auch die "kleinen", überlebenswichtigen Dinge im Kriegsalltag. Eben jenes Klacken der blechernen Signalgeber, die die GIs in der Nacht vom 5. zum 6. Juni 1944 nutzten. Dieses Signal wird uns in den folgenden drei Stunden immer wieder begegnen, und zu einer Art "auditivem" Compagnon werden. Kurze Zäsur mit Klacken, dann Musik zum Ende des folgenden Sprechertextes abblenden Sprecher: Jene "HKL" - Hauptkampflinie wird uns auch in der 2. Stunde beschäftigen. Was sagen noch lebende Veteranen zu den Kämpfen von damals? Etwa der heute hochbetagte Leon Gautier, Soldat im legendären Kieffer-Kommando. Oder sein Freund Dajon Lamare, der als 12jähriger die Landung der Kanadier im Morgengrauen sah. Was genau passierte am 6. Juni 1944 von 6 Uhr morgens bis Mitternacht? Und wie sah es auf der anderen Seite aus? Wo war Hitler, wo sein Stellvertreter Erwin Rommel? Warum glaubten die Deutschen, die Landung in der Normandie sei ein Täuschungsmanöver? Und was passierte hinter der HKL? Wie erging es den Fallschirmjägern, etwa im kleinen Dorf Sainte Mére Èglise? Was war mit den Frauen? Konnten sie sich schützen, griffen sie mit ein? Jetzt Musik aus. Atmo Soldatenfriedhöfe ( liefert der Autor) unterlegen. Sprecher: Die Stille zwischen den langen Reihen der weißen Grabkreuze auf den Soldatenfriedhöfen in Colleville-sur-Mer, La Cambe, Bayeux und anderen Orten. In der 3. Stunde hören wir vor Ort Annick Wieder vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, sowie die Generalsekretärin Daniela Schily. Diese Region soll UNESCO-Weltkulturerbe werden, was braucht es dazu? Und dann die Urlauber an den Landungsstränden, was suchen sie hier? Wer nimmt warum an einer Battlefield-Tour teil? Dazu die Erinnerungskultur, das War-Merchandising mit Basebalcaps, T-Shirts, Regenschirmen, Kugelschreibern und anderem. Und was sagen die Besucher zu den Filmen, die in allen Museen zu sehen sind? Atmo "Mémorial de Caen", Besucher, Stimmen, etc. Sprecher: So beginnt es also, von Caen aus, der drittgrößten Stadt in der Normandie, und der ersten von den Alliierten befreiten Stadt in Frankreich. Hier steht das "Mémorial de Caen". In diesem hellgrauen großen, und mit modernsten museumspädagogischen Elementen ausgestatteten Museumskomplex sind nicht nur der 2. Weltkrieg und der D-Day ein Thema, sondern die meisten großen Gewaltkonflikte des 20. Jahrhunderts. Das meint vom 1. Weltkrieg bis zum Fall der Berliner Mauer als letztes Relikt des Kalten Krieges. 7. O-Ton: Grimaldi/ 00:25 /Französisch - 00:20-2:35 Sprecher Voice-Over: Die Gründung des Museums geht auf die Initiative des ehemaligen Bürgermeisters Jean- Marie Giraux zurück. Er war Student, als Caen bombardiert wurde. Nicht die ganze Stadt, aber rund 30 Prozent der Stadt war zerstört. Eine Menge französischer Städte sind in dieser langen Schlacht zerstört worden. Jean-Marie Giraux wollte ein neues Museum konzipieren, in dem den Menschen erklärt wird, was Krieg ist. Besonders der letzte, der ein furchtbares Ereignis war. Und hier soll erklärt werden, was Frieden ist, und vor allem: Freundschaft. Und Sie werden es sehen, unser Museum verändert sich laufend, andauernd gibt es neue Ausstellungen zu sehen. Der Punkt ist: man erklärt heute Geschichte anders, als noch vor 30 Jahren. Atmo Museum mit Film, etc. /Wir hören einen Moment rein, dann... Sprecher: Doch was heißt das: Geschichte heute anders zu erklären, als noch vor 30 Jahren? Ist nicht Geschichte die Zeit, die eben passiert ist? Was braucht es anderes heute zur Aufarbeitung als vor 30 Jahren? Das Problem, sagt Stephane Grimaldi, Generaldirektor des Mémorial de Caen, ist tief und grundsätzlich. 8. O-Ton: Grimaldi/ 00:25 /Französisch - 06:13-8:40 Sprecher Voice-Over: Ich meine, es ist schwer zu verstehen, wie unsere Großeltern gelebt haben, eigentlich ist es unmöglich. Man kann Gegenstände sehen und berühren, aber Krieg zu verstehen ist sehr, sehr schwierig. Ich kann verstehen was 43, 44 oder 45 geschehen ist, okay, wir haben eine kulturelle Aufarbeitung von Krieg, wie haben ein Wissen zum Krieg, aber es ist sehr schwierig nachzuvollziehen, was diese Leute zu der Zeit wirklich gefühlt haben. Eines meiner Probleme ist, der jungen Generation, die nichts anderes als eine Friedenszeit kennt, ein Geschichtsbewusstsein für diese Zeit zu vermitteln. Sie haben das verloren, wir alle haben das verloren, weil Materialistisches wichtiger ist. Atmo und Atmo Film im Memorial Sprecher: Mehr als 2 Stunden Zeit braucht man, um alles in diesem riesigen Museum zu sehen. Das Gebäude, das auf dem Befehlsbunker der 716. Deutschen Infanteriedivision errichtet wurde, bietet auf Französisch, Deutsch und Englisch einen tiefen Einblick in die Abläufe von Konflikten, die zu Kriegen werden. Fast schon folgerichtig befindet sich im Untergeschoss eine Galerie der Friedensnobelpreisträger. Jetzt Atmo Parkplatz Sprecher: Später dann, auf dem Parkplatz, steht schon Jean Lenoir, und wartet. Er ist bereit, zu den Landungsstränden zu fahren. Kurze Zäsur mit Atmo Autoaufschließen, französischen Stimmen, etc. Atmo Starten Auto 9. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 00:15 Bevor wir anfangen, ich beschreibe die Lage auf der politischen Ebene. Ist das interessant, oder? Atmo Autofahrt weiter Sprecher: Jean Lenoir ist Anfang 50, und ein drahtiger, sehr aufrecht gehender Mann mit einem scharfen Blick und besonnener Gestik. Äußerlich hat er nichts Soldatisches, keine zackigen Bewegungen, keinen Stechschritt etwa, und schon gar keinen Kommandoton. Dennoch merkt man ihm die Offiziersausbildung an. Wenn etwa bestimmte Formulierungen durch seine Worte hindurch schimmern. Wie zum Beispiel: "Das Flugzeug landete, dann wurde es aufmunitioniert, und flog sofort wieder los." Und als er sich abtastet, bevor er ins Auto steigt, ob er auch alles bei sich hat, Smartphone mit eingeschaltetem Navigator, Führerschein, Geldbörse, Schlüssel... sagt er lächelnd: "Alles am Mann." Kurze Zäsur mit Autofahrt, dann weiter Sprecher: Jetzt sitzt er konzentriert am Steuer des Kleinwagens, und fährt von Caen an die Küste. Unser Ziel sind die Landungsstrände des D-Day. 10. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 00:20 Die Alliierten, Amerikaner, Briten, Franzosen und die Russen damals waren einverstanden über eine Sache: Germany first, oder Deutschland zuerst vernichten. Oder die deutsche Wehrmacht besiegen auf allen Fronten. Sie waren auch einverstanden über eine Sache: die bedingungslose Kapitulation zu fordern. Die Historiker sagen heute, es war vielleicht ein Fehler. Warum? Weil, der einfache Landser, der vielleicht kein (...) überzeugter Nazi war, wenn er das verstanden hat, was bedingungslose Kapitulation bedeutet für sein Land, völlig geliefert an den Sieger, er hat vielleicht bis zum Ende gekämpft, auch wenn kein Nazi. (...) So, also zuerst Deutschland besiegen, dann Japan und Italien, aber Germany first. Atmo Autofahrt Zäsur, dann weiter 11. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 02:35 (...) Roosevelt wollte einen großen Angriff, eine riesige Operation gegen die Wehrmacht in Europa. Der Churchill für die Briten hatte eine völlig andere Meinung. Churchill wusste was Kampf ist, er war selbst Soldat, Offizier, im 1. Weltkrieg. Er war an der Front, er war im Kampf, er wusste, was Blut heißt. Und Churchill wollte keine große Operation. Er hat gedacht, das Risiko ist einfach zu groß. Er wollte einfach Deutschland auf mehreren Fronten Schritt für Schritt abnutzen. Deswegen die Landung in Nordafrika, deswegen Sizilien, deswegen Italien, deswegen die Ostfront in Verbindung mit Stalin. (im O-Ton) Autor im Auto: 3:30: Was heißt abnutzen? (...) ausbluten? 3:30 / Lenoir: Ja, genau. Abnutzungsgefecht, Militärbegriff, das heißt, den Feind nicht in einem massiven Angriff zerstören, sondern Stück für Stück auf allen Seiten. (...) 4:10 Und das war seine Strategie. Churchill. Die Wehrmacht auf mehreren Fronten ausbluten. (...) Und Churchill bis Frühjahr 44... die Landung in der Normandie, war er dagegen. Er hat seine Meinung geändert, als seine Nachrichtendienste (...) haben ihn informiert, es sind an der Küste entlang, Ärmelkanal bis hoch Belgien, Niederlande überall V1- und V2-Abschussrampen fast einsatzbereit. Und da hat Churchill sofort verstanden, da ist wieder London unter Bomben. Und da hat er seine Meinung geändert und gesagt: wir müssen jetzt los und landen, und das massiv. Atmo Autofahrt erneut kurze Zäsur, dann weiter 12. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 05:20 Die Franzosen unter Petain waren gespalten. (...) 5:30 Petain war der Held von Verdun für uns Franzosen. Petain wollte keinen Krieg mehr auf unserem Boden. Er hat 1940 gesehen, die Wehrmacht ist einfach stärker. Und er wollte Leid sparen. Zitator: "Der 84jährige Maréchal Philippe Pétain setzte sich umgehend für einen Waffenstillstand mit den Deutschen ein, die Frankreich besetzt hatten. Doch Pétain ging es nicht nur um ein Ende der Kampfhandlungen, er wollte auch eine politisch-moralische Wende. Er, der Held von Verdun 1916 und Schlichter der großen Heeresmeuterei 1917 prangerte den gesellschaftlichen Verfall Frankreichs seit 1918 an. "Seit dem Sieg hat der Geist des Genusses über den Geist der Opferbereitschaft gesiegt." Der Sündenbock waren die Vertreter der linken "Volksfront"-Regierung aus der Vorkriegszeit . 13. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 05:20 (...) Aber mit der Zeit wurde die Besatzung immer schwieriger für die Franzosen, sie haben sich arrangiert am Anfang, aber mit der Zeit war das immer schwieriger, und die anderen Franzosen, die Freien, De Gaulle, er war nicht einverstanden mit Pétain, er wollte nicht mit Hitler verhandeln, Und er ist nach Nordafrika geflüchtet, und er hat die sogenannte Freie Armee gegründet. (...) 8:00 de Gaulle wurde erst am 4. Juni 44 geholt in Afrika, und wurde erst in London informiert, dass die Alliierten am nächsten Tag in der Normandie landen. Und da war der berühmte Satz von Churchill: "Jedes Mal, wenn ich eine Entscheidung treffen muss, zwischen Amerika und Europa oder Frankreich, werde ich Amerika wählen." Atmo Autofahrt erneut kurze Zäsur, dann weiter 14. O-Ton: Jean Lenoir/Autofahrt /Überblick politische Ebene / 09:40 Die Russen, Stalin, er hat die Hauptlast getragen, seit 41, an der Ostfront, und Stalin hatte nur ein Wort: "Wann öffnet ihr endlich diese zweite Front?" Die erste Front war ja zu Hause, die Ostfront. (...) Und er hatte auch große Pläne für Europa nach dem Krieg, mit sozialistischen Regierungen. (...) So, das war die Alliiertenlage auf politischer Ebene. 10:45 (...) Und es wurde entschieden, den Eisenhower als zukünftigen amerikanischen Präsidenten als Oberbefehlshaber für die Operation zu benennen, weil, er war vor allem ein Diplomat. Und er hat es geschafft, diese ganze Operation zu führen. Sprecher: Doch wenn man sagt "D-Day", und damit nur die Landung der Alliierten in der Normandie meint, so ist das ungenau, meint Peter Lieb, Militärhistoriker, Oberstleutnant und wissenschaftlicher Oberrat am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. 15. O-Ton: Peter Lieb I/ 1:30 Der D-Day selbst unterteilt sich in eine Vielzahl von Operationen, darunter kommen erstmal die Luftbombardements, die Seebombardements, die Luftlandungen mit Fallschirmjägern, und als größter Teil die sogenannte "Operation Neptune", die amphibischen Landungen an den Stränden der Normandie. Jetzt Atmo Strand Utah Beach 16. O-Ton: Peter Lieb I/ 1:30 Man muss auch den D-Day als Teil eines größeren Feldzuges begreifen. Nachdem die Alliierten am 6. Juni 1944 gelandet sind, war es ja nicht vorbei. Es folgten Tage und Wochen an verlustreichen Kämpfen auf beiden Seiten in der Normandie, und bis Mai 1945 auf Reichsgebiet dann zum Schluss. Atmo kleine Zäsur, dann noch etwas weiter Sprecher: Doch wie war die militärisch-politische Ausgangslage am D-Day? Es gab die Ostfront, an der auch die meisten deutschen Soldaten standen. Aber es wurde noch an anderen Fronten gekämpft. 17. O-Ton: Peter Lieb I/ 2:30 (...) Allerdings gab es spätestens ab Herbst 42 eigentlich schon eine zweite Front, und zwar mit der Landung der Alliierten in Nordafrika, wo sie Montgomerys Truppen in Ägypten unterstützt haben, wurde das Deutsche Reich gezwungen, größere Ressourcen auch ins Mittelmeer zu verlegen. Ich gebe mal ein Beispiel: im Herbst 1942 sind fast so viele deutsche Flugzeuge im Mittelmeer wie an der gesamten Ostfront. Und später landen die Alliierten, nachdem sie in Afrika die Deutschen dort besiegt haben, landen sie auch in Italien, Sizilien, im Sommer 1943. Allerdings kommt es da zu keiner militärischen Entscheidung. Und Stalin drängt immer wieder darauf, dass die Alliierten eine zweite Front errichten, sprich in Westeuropa landen, um die Rote Armee zu entlasten. Sprecher: In der Normandie zu landen, war allerdings keine sofort ausgemachte Sache. 18. O-Ton: Peter Lieb I/ 3:35 Briten und Amerikaner haben unterschiedliche Konzepte gehabt, wie man das Deutsche Reich besiegen sollte. Wenn man das britische Konzept verstehen will, muss man immer den 1. Weltkrieg sich vor Augen halten. Im 1. Weltkrieg haben die Briten unglaublich hohe Verluste an Toten und Verwundeten. Und die britische Gesellschaft ist im 2. Weltkrieg, so zumindest glauben Politiker wie Churchill, nicht bereit, noch einmal so hohe Opfer zu bringen. Daher geht der britische Ansatz, das Deutsche Reich zu bekämpfen, davon aus, man greift den Gegner immer an der Peripherie an, der schwächsten Stelle an, an den Rändern Europas. Deswegen ursprünglich Nordafrika, was man ja auch zu Europa im weiteren Sinne zählen kann, zumindest aus der Sicht der 2. Weltkriegsplaner, oder auf dem Balkan, oder in Italien. Sprecher: Für die amerikanischen Streitkräfte war diese militärische Strategie jedoch nicht tragfähig. Sie sagten... 19. O-Ton: Peter Lieb I/ 3:35 (...) ... nein, der Gegner soll nicht an der schwächsten Stelle angegriffen werden, sondern wir gehen gleich aufs Ganze, und greifen ihn an der stärksten Stelle an. Wenn es nach den Amerikanern gegangen wäre, hätten die am liebsten schon 1942 in Frankreich angegriffen. Also man mobilisiert seine gesamten Kräfte, und mit einem großen Schlag, "Knockout"- Schlag, besiegt man den Gegner. Zum Glück für die Alliierten haben sich die Briten durchgesetzt, weil wenn die Alliierten 1942 in Frankreich angegriffen hätten, wäre das wahrscheinlich eine große Niederlage für sie geworden. Eine längere Hörpause mit französischer Musik jetzt, plus Atmo Wellen am Strand, (liefert der Autor), wir sind an den Landungsstränden angekommen. Dann... Sprecher: Dann liegen die ehemaligen Landungsstrände mit gerade ruhiger See da. 1943 strategisch in fünf Zonen aufgeteilt: Juno, Utah, Omaha, Gold und Sword. An dem am stärksten umkämpften Strandabschnitt Omaha Beach sterben allein in den ersten Landungsminuten des 6. Juni 1943 über 4000 Männer. 75 Jahre später ist hier fröhliches Beach-Life. Kurze Zäsur mit Atmo, dann weiter Sprecher: Badende Kinder, sich sonnende Eltern, Jugendliche, die lachend miteinander turteln, ein Eisverkäufer schiebt seinen Wagen Meter um Meter weiter. 1943 lachte hier niemand. Die Deutsche Wochenschau berichtete im Mai 1943... 20. O-Ton: Wochenschau/ Youtube/ "Der Atlantikwall von Nord nach Süd" "An Europas Nord-West- und Südküste ist eine gewaltige Abwehrfront entstanden. Zahllose Geschütze aller Kaliber richten sich gegen den Feind. Die Atlantik-, Kanal- und Mittelmeerküste starrt in Waffen. Beton, Stahl und Eisen prägen heute das Bild dieser Landschaften. 1:17 (...) Grenadiere beziehen ihre Posten. Aufklärer überwachen ständig das Küstenvorfeld. Millionen Kilometer Stacheldraht sind zu Sperren verflochten. Flakartillerie schützt die Baustellen gegen feindliche Luftangriffe." Sprecher: Schon vorher war das deutsche Volk in verschiedenen Wochenschauen über den Atlantikwall vermeintlich in Kenntnis gesetzt worden, vermeintlich... 21. Deutsche Wochenschau/Ausschnitte zum Atlantikwall / 1942 / 1943 "An der Atlantik- und Kanalküste, der deutsche Soldat ist überall an der Wacht. Nach dem Waffenstillstand an der Compiègne gab der Führer den Befehl zur Befestigung der Atlantik- und Kanalküste. Der Führer schuf damit in klarer Erkenntnis des verräterischen Zusammenspiels der westlichen Demokratien mit dem Bolschewismus für alle Fälle eine Rückendeckung für etwa kommende Auseinandersetzungen im Osten. Die ganze Küste, von der Nordsee bis zur Biskaya, ist mit zahllosen Befestigungen gespickt." Zitator: Der Atlantikwall war eine 2685 Kilometer lange Verteidigungslinie entlang der Küsten des Atlantiks, Ärmelkanals und der Nordsee mit insgesamt 8119 größeren und kleineren Bunkeranlagen. Etwas mehr als die Hälfte der von Adolf Hitler im September 1942 geforderten 15.000 Befestigungswerke, also pro Kilometer 15 bis 20 Bunker. Jetzt Atmo Strand wieder, Longues-sur-mer Sprecher: Die Batterie in Longues-sur-mer, genau zwischen Omaha und Gold-Beach, ist die einzige Wehrmachts-Batterie in der gesamten Normandie, in der noch heute erhaltene Geschütze stehen. Diese Batterie besteht aus vier Bunkern. Aus einem dieser Bunker ragt eine gewaltige Kanone mit dem Kaliber 15,2 cm heraus. Das rostige Rohr richtet sich auf die Badenden, auf Strandmuscheln, Surfer und Schnorchler. Jean Lenoirs fachmännischer Soldatenblick erkennt diese Kanone. 22. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer/ Bunkerbesichtigung / 00:17 Das sind tschechische Kanonen, Beutekanonen, (...) und Absicht war, Kriegsschiffe zu bekämpfen. (...) und die haben hier britische und amerikanische Kriegsschiffe bekämpft. Und Zerstörungskraft 21 Kilometer Reichweite, das ist schon was, und 152 Millimeter, also schon große Granaten, aber nicht so groß wie die Granaten wie von Kriegsschiffen, manchmal 380 Millimeter. Aber das war ein Duell am ganzen Tag des D-Day hier zwischen hier und alliierte Landungsschiffe. (...) Sie haben den ganzen Tag geschossen, und Schritt für Schritt wurden sie ausgelöscht mit direkten Treffern oder knapp direkten Treffern, nur der letzte hat bis späten Nachmittag geschossen, 100 Granaten wurden an dem Tag verschossen, am D-Day. Atmo Bunker 23. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer/ 2:25 Die ganze Anlage hier ist jetzt wunderschön, friedlich. Damals war das nicht so. Das war alles Sperrgebiet, Schützengräben überall, überall waren MG-Stellungen, Mörser- Stellungen, Feldkanonen. (...) Ursprünglich unter freiem Himmel. Keine Kasematten, keinen Schutz für die Kanonen. Sprecher: Kasematten sind Schutzräume für Geschütze oder Soldaten vor Granaten oder Artilleriefeuer. Atmo Herumgehen im Bunker 24. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer/ 4:20 Überall im gesamten Atlantikwall sind die deutschen Bunker, aber leer. Alles wurde verschrottet nach dem Krieg. Das war ein Geschäft. Aber hier sind die Geschütze geblieben, ein Wunder vielleicht, weil hier kann man sehr konkret sehen, wie das war. Und das steht jetzt unter Denkmalschutz, diese ganze Anlage. Atmo im Bunker jetzt ab 7:25 25. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer/ 7:30 Hier war die Kommandozentrale, hier war der Entfernungsmesser. Hier konnte man genau messen, wie weit sind die Schiffe, und dort per Kabel an die vier Batterien die Koordinaten geben, und schießen. Hier war der Chef. Theoretisch war das so geplant. Es ist nicht so passiert, weil, hier wurde stark bombardiert vor der Landung, Luftangriffe von den Alliierten, die wussten genau was hier ist, und diese ganze Anlage wurde zerstört. Vor der Landung. Das heißt, jede Batterie war allein auf sich gestellt, und musste allein schießen. Und die Koordinaten selber finden. So ist das passiert. Sprecher: All das setzt voraus, dass die alliierten Bomberpiloten sehr genau die Stellungskoordinaten wussten. Jean Lenoir: 26. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer/ 8:55 Ja, die Resistance hat eine Rolle gespielt, weil, die Zwangsarbeiter, die hier am Tage gearbeitet haben an den Bunkeranlagen, abends waren die zu Hause und haben schöne Skizzen gemacht, wie dick ist der Beton, wie groß sind die Kanonen, wie viel Leute sind da, welche Einheit, und so weiter, und das weitergegeben an den Kamerad, der in der Resistance war, und zwei Wochen später waren diese Informationen in England. Also das ist ein Teil, der Nachrichtenkrieg. Und dann Luftaufklärung, Flugzeuge sind sehr oft hier geflogen, um zu beobachten, wie weit ist die Baustelle. Sprecher: Doch steht man vor diesem Bunkerkomplex in Longues-sur-mer, oder vor anderen Bunkern... so beschleicht einen nicht selten ein eigentümliches Gefühl: dass sich der Wehrbau irgendwie in die Landschaft einfügt, oder dass die Landschaft mit Sand, im Seewind peitschenden Sträuchern, mit dem Salz in der Luft diesen Teil des wahnsinnigen und aberwitzigen Bollwerks fast tröstend umhüllt. Und dass die Eingänge wie Stollen unter der Welt sind, die Aufbauten Tower unterm weiten Himmel... Kurz Zäsur mit Außenatmo, dann weiter Sprecher: Jean Lenoir schüttelt den Kopf auf die Frage, ob es auch ästhetische Erwägungen für die Bauwerke gab. 27. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer II/ 3:40 Das glaube ich nicht, die Ästhetik, das ist die Tarnung. Heute kann man das vielleicht ästhetisch finden, aber damals war das zweckmäßig gebaut. Schutz und Tarnung, das sind die zwei Stichwörter, würde ich sagen. Sprecher: Dennoch gibt es Bezugspunkte. Der Architekturkritiker Christoph Hackelsberger sieht in der Formensprache der Bunker Zusammenhänge mit expressionistischer Architektur der 1920er Jahre. Er verweist als Beispiel auf das Goetheaneum in Dornach. Denkt man weiter, so erinnern die Bunker an jene in Science-Fiction-Filmen wie "Alien" oder "Star Wars". Jean Lenoir lächelt. 28. O-Ton: Jean Lenoir/ Küstenbatterie Longues-sur-mer II/ 3:40 Die Inspirationen für die Filme, die kommen von hier. Inspiration, ist das ein deutsches Wort? "Deutsche Wochenschau" Nr. 64 / April 1944 / Musik jetzt aufblenden, und unterlegen. (Geht länger als 1 Minute) Sprecher: Nur dieser eine Komplex aus vier Bunkern in Longues-sur-mer, zwischen der Omaha Beach und der Gold Beach ist noch intakt. Doch insgesamt sind es 8119 Bunker, entsprechend den Waffengattungen für das Heer, die Marine und die Luftwaffe. Die Bauten wurden von der zur Zwangsarbeit verpflichteten Bevölkerung aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, den britischen Kanalinseln sowie dem Deutschen Reich errichtet. Durch diese Länder verlief der Atlantikwall. Die "Organisation Todt" - eine paramilitärische Bautruppe, benannt nach ihrem Führer Fritz Todt - betrieb die Baustellen weitgehend ohne große Maschinen und schwerem Werkzeug wie Bohrmaschinen. Dieser aberwitzige Wall war mit Händen gebaut. Und nicht fertig. Musik kleine Zäsur, dann... Sprecher: Dem deutschen Volk wurde im April 1944 in der "Deutschen Wochenschau" Nr. 621 anderes erzählt... 29. O-Ton: "Deutsche Wochenschau"/April 1944/Nr. 621 / ab 3:40 Neue Flakbatterien gehen in Stellung. Atmo Bauen ( ist in der Wochenschau) 4:10 / alle Geschützstände sind gut getarnt. Sprecher: Immer weiter tönte es.... 30. O-Ton: "Deutsche Wochenschau"/April 1944/Nr. 621 / ab: 00:50 Batterien aller Kaliber, und gigantische Artillerie der Volksmarine richten ihre Geschützrohre gegen den Feind. (...) 1:35 / Panzer werden verladen, die Besatzungstruppe wird ständig verstärkt. Etwas Wochenschau-Musik noch, dann Kreuzblende zu anderer, getragener Musik Sprecher: Nachdem Fritz Todt im Februar 1942 bei einem Flugzeugabsturz umgekommen war, reorganisierte Reichsrüstungsminister Albert Speer die Organisation neu. In Nordfrankreich wurden nun die Abschussbasen für die Flugbomben V1 und V2 gebaut, sowie die Langrohrkanone V3. Ab November 1943 befehligte Generalfeldmarschall Erwin Rommel, von den Deutschen aufgrund seiner Einsätze in Nordafrika ehrfürchtig mit "Wüstenfuchs" betitelt, die Bauten am Atlantikwall. Mangels Truppenstärke hielt er eine Truppenreserve im Hinterland für nicht möglich. Sein Fazit war daher: "Die Hauptkampflinie ist der Strand." Atmo Strand jetzt wieder. Und leise darunter Wochenschau-Musik Zitator: "Hitler war 1941 so etwas wie der "Vater des Atlantikwalls" gewesen. Die statischen Befestigungswerke waren allerdings mehr als nur eine bloße Reminiszenz des ehemaligen Gefreiten an die Grabenkämpfe des ersten Weltkriegs. Der "Atlantikwall" war etwas anderes. Er war zunächst einmal ein Testmodell, denn historische Beispiele für die Abwehr einer modernen amphibischen Großlandung gab es kaum. Ein zentraler Gedanke stand hierfür Pate: Wie konnten die Deutschen möglichst viele Soldaten einsparen? Doch das Verteidigungskonzept "Atlantikwall" war kein Selbstzweck, auch wenn die NS-Propaganda diesen Eindruck vermittelte." Jetzt Strand, ohne Musik Sprecher: Generalfeldmarschall Erwin Rommel ließ die Strände und die Brandungszonen regelrecht verbarrikadieren. Mehrere Reihen sogenannter "Tschechenigel", also Hemmbalken, an denen Minen und Sprenggranaten befestigt waren, sollten die Angreifer in Stücke reißen. Mehrere Millionen Kilometer Stacheldraht umzäunten den "Atlantikwall" in seiner Gesamtlänge. Man hätte damit den Erdball mehrmals verbarrikadieren können. In den Küstenzonen gab es zusätzlich "Widerstandsnester", geschützte und ungeschützte MG- Stellungen. Die vielgerühmten "Rommelspargel" - Hindernisse aus Masten und dazwischen gespanntem Draht - sollten potenzielle Flugzeuglandungen am Strand verhindern. Alle Küstenstädte waren mit "Widerstandsnestern", Bollwerken und Brandfallen umgeben. Insgesamt arbeiteten ab November 1943 291.000 Mann am "Atlantikwall", manchmal bis zu 1000 Mann in fieberhafter Geschwindigkeit an einem Bollwerk. Atmo Autofahrt wieder. Zitator: (Quelle mit ansagen.) "Mir geht es nach wie vor gut. Wir warten hier auf den Tommi. Einmal sind des nachts schon welche gekommen. In einem vierstündigen Kampf waren sie aber alle geworden. Ist also wie gesagt einmal nicht schlimm. Wenn sie nicht stärker kommen sind wir zufrieden." April 1942, Fallschirmjäger des 3. Regiments, 7. Fliegerdivision, in der Normandie stationiert. Atmo Autofahrt Zäsur, dann noch etwas weiter Zitator: (Quelle mit ansagen) "Wir wollen alle, dass dieser Krieg ein Ende findet, wir haben alle dieselben Motive. Und gleichgültig, welche Ängste wir haben, wir bleiben diszipliniert, man kann auf uns zählen. Alles was ich brauche, sind regelmäßige Briefe von Euch: Das baut uns am besten auf, vor allem die, die von der Angst aufgefressen werden, die der Tat vorausgeht. Es ist klar, dass Millionen Soldaten wie ich empfinden, schreiben, was ich schreibe... Alex Elles Flexer, 22 Jahre alt, kanadischer Fallschirmspringer, am 3. Juni 1944. Er fiel am D-Day. Etwas Musik jetzt zur Autofahrt, französisch vielleicht, Akkordeon Sprecher: Jean Lenoir hat einen Spezialtipp. "Wollen Sie die Erfahrung eines Angriffs machen, wenn Sie im Bunker sitzen? Dann fahren wir, wenn Sie wollen. Es ist nicht weit von hier, wenige Zeit im Auto." Sprecher: Der Bunkerkomplex in Plougonvelin liegt an der Route de la Pointe Saint Mathieu. Man braucht einiges an Zeit, um von den Landungsstränden bis hierher zu kommen. Doch es lohnt sich. Atmo Musée Memoires 39-45 / Startseite Online Sprecher: Die zwei Brüder Aurélien und Clément Coquil haben über 20 Jahre lang die Erinnerungen, Fotografien und Gegenstände der zivilen französischen Bevölkerung während der deutschen Besatzungszeit gesammelt. Dann bekamen sie von der Gemeinde den deutschen Kommandobunker in Plougonvelin als Ort für ihre Sammlung überlassen. Dieser Kommandostand der Batterie Graf Spee ist zu 90 Prozent unterirdisch und einer der größten in der gesamten Region. Atmo Museum innen jetzt. Sprecher: 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche bilden den Alltag der 25 hier stationierten Wehrmachtssoldaten ab. Puppen in Wehrmachtsuniformen, voll ausgestattete Funkstationen, Mannschaftsunterkünfte, Küche, Lazarett, die Filteranlage für Kampfgase...alles ist fast lebensecht vor einem, und interaktiv. Jetzt Atmo Kellerinstallation Sprecher: Auf der tiefsten Etage wartet die Erfahrung, die Jean Lenoir angekündigt hat, die Kellerinstallation mit dem simulierten Angriff. Vor der Tür ist ein kleines Display mit der britischen, deutschen und französischen Flagge angebracht. Man drückt auf die entsprechende Flagge, dann taucht man in die Installation mit der passenden Sprache ein. Hier hören wir jetzt etwas länger rein. Ein, zwei, drei Minuten. Ein 16jähriges deutschsprechendes Mädchen sitzt im Luftschutzbunker und berichtet. 31. O-Ton: Kellerinstallation Musée Mémories/ 00:00 - 3:00 (oder kürzer) Band geht bis 6:30 Am 5:30 ein deutsche Stimme ruft ( Teil der Installation): "Sie können rauskommen, der Bombenangriff ist zu Ende." Gleich ansetzen: 32. O-Ton: Ursula und Wolfgang 00:30/ Ursula: ich habe das Erlebnis im Schutzraum als fürchterlich empfunden. Das ist mir ganz tief reingegangen, und ich habe mich wirklich gefühlt in dem Moment wie in einem Keller eingesperrt, und ich kann nicht raus, weil draußen die Bomben fallen. Die Ausstellung als solches ist unglaublich klasse, so viel zusammengetragen und so viele Geschichten, die erzählt werden, ich finde das einfach nur toll. 00:15/ Wolfgang: Also es war erschütternd zu sehen, wie die Lebensumstände waren. Es war hochinteressant, die ganzen Exponate betrachten zu können, die ja wirklich aus allen Schichten des Volkes gekommen sind. Aber was mich am meisten erschreckt ist zu wissen, dass die Waffen heute und die Möglichkeiten exponentiell schlimmer wären. Sprecher: Ursula und Wolfgang sind zum ersten Mal in der Normandie und der Bretagne. Sofort ist die Verbindung zur eigenen Biographie mit dem hier Gesehenen da. 33. O-Ton: Ursula und Wolfgang 2:30/ Ursula: Meine Eltern habe nicht sehr viel vom Krieg erzählt. Die sind in der Kinderlandverschickung gewesen, die haben auch selber nicht viel vom Krieg mitbekommen. Meine Großeltern haben nicht darüber gesprochen, (...) das macht es mir auch so schwer, das Ganze zu verstehen. Sprecher: Und Wolfgang sagt, als Deutscher geht man anders in eine solche Ausstellung hinein, als man wieder herauskommt. 34. O-Ton: Ursula und Wolfgang 3:40/ Wolfgang: Weil man jetzt ja wirklich Berührungspunkte hat. Das sind ja Dinge, die Exponate sind aus dieser Zeit, sind aus dem Krieg, (...) und man versetzt sich ja auch in die Lage einzelner Personen, die hier ihre Erlebnisse geschildert haben. Und das sind Dinge, die einen tief betroffen machen. (...) und verstört auch ein wenig. Jetzt Atmo Fahnenklirren im Wind Musée Mémories 39-45. Dazu leise Musik aufblenden, Marschfanfaren, Trompeten, etc. Sprecher: Das war die erste Stunde der Langen Nacht zum D-Day des 6. Juni 1944. Nach den Nachrichten wenden wir uns dem eigentlichen D-Day zu. Musik 2. Stunde Leise Trompete, englischer Soldatenfriedhof in Bayeux. Kurz frei, dann... 1. O-Ton: CD 2/ Tom Hanks/ James Ryan / 00:00 /englisch Sprecher Voice Over: Das war ein großer Test für die Zivilisation in der gesamten Menschheitsgeschichte. Die Zeit war gekommen, dass der Bürger sagte: "Ich opfere mich für mein Land." Soldatenfriedhof kurz frei, als Zäsur, dann... Sprecher: Der US-Schauspieler Tom Hanks verkörpert in Steven Spielbergs 1998 uraufgeführten D-Day-Film: "Der Soldat James Ryan" die Figur des Captain John Miller, der mit der Suche nach dem Soldaten James Ryan beauftragt wird, um ihn nach Hause zu bringen. Da drei Brüder Ryans gefallen sind, will man der Mutter nicht die Todesnachricht ihres vierten Sohnes überbringen. Im Nachspann des Filmes kommen Zeitzeugen zu Wort, sowie der Historiker Steven E. Ambrose. 2. O-Ton: Historiker/Ambrose / 00:15/James Ryan /CD 2 /englisch Sprecher Voice Over: Diese 17., 18., 19jährigen Kids wollten nicht dort sein. Sie wollten mit 22ern- Schrotflinten auf Kaninchen schießen, nicht mit M-1er -Gewehren auf andere junge Männer. Die wollten Softballs werfen, nicht Handgranaten. Aber eine böse Kraft war in der Welt entfesselt worden, und es war ihr Los, sich darum zu kümmern. Und als die Gesellschaft sagte: "Ihr müsst gehen und kämpfen", taten sie es. Friedhof Zäsur, nur die Fahnenleine am Fahnenmast klirrt leise. Darüber... Zitator: (Quelle mit ansagen ) Weh`mir, woher nehm` ich, wenn es Winter ist, die Blumen, und wo den Sonnenschein. Und Schatten der Erde? Die Mauern stehn, Sprachlos und kalt, im Winde Klirren die Fahnen. Friedrich Hölderlin: Die Hälfte des Lebens Atmo Friedhof Bayeux 3. O-Ton: Claire Merlier / französisch/ 00:07 Sprecherin Voice Over: Wir sind hier auf dem englischen Soldatenfriedhof in Bayeux. Das ist der größte britische Militärfriedhof des 2. Weltkriegs in Frankreich. Hier liegen über 4000 Soldaten aus verschiedensten Nationen. Die meisten sind Briten, aber auch polnische Soldaten liegen hier, kanadische, australische, neuseeländische, russische, französische, italienische und es gibt 466 deutsche Gräber. Zäsur mit Atmo, dann weiter Sprecher: Claire Merlier arbeitet im Tourismusbüro in Bayeux. 4. O-Ton: Claire Merlier / französisch/ 01:10-1:50/ französisch Sprecherin Voice Over: Am Ende des Friedhofs ist ein Monument, das von den Briten gebaut wurde, und in dem auch die Namen der Soldaten eingemeißelt sind, die nicht gefunden wurden. Es sind mehr als 1800 Namen. Eine Inschrift erinnert an Wilhelm den Eroberer, Herzog der Normandie, im Jahr 1066 König von England: "Wir, die wir einst von Wilhelm besiegt wurden, haben nun das Heimatland des Siegers befreit." Sprecher: Jean Lenoir, französischer Ex-Verbindungsoffizier, der heute Besucher durch die Normandie führt, sagt... 5. O-Ton: Jean Lenoir/ Überblick Overlord Auto/ 1:20 Eine Besonderheit bei britischen Friedhöfen ist, die Soldaten bleiben liegen, das ist eine alte Militärtradition, so nah wie möglich an dem Ort, wo sie gefallen sind. Autor im Auto/ 1:55: Warum liegen die Deutschen hier mit? Lenoir/ 2:00: Das ist auch eine alte britische Militärtradition. Die sind hier einfach mit geblieben. Und in dem Tod sind sie alle gleich. Die ehemaligen Gegner. Und das finde ich, "schön" ist nicht das richtige Wort.... Autor: bedenkenswert... Lenoir: Ja, bedenkenswert ist das richtige Wort. Danke. Gleich ansetzen: 6. O-Ton: Peter Lieb III / 3:40 Was ich raten würde, wenn einer in die Normandie fährt, er soll sich einen britischen, amerikanischen, deutschen Soldatenfriedhof anschauen, Namen durchlesen, (...) Sprecher: Peter Lieb, Autor und Militärhistoriker am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam 7. O-Ton: Peter Lieb III / 4:15 Und dass es eben junge Leute waren, die, grade auch auf deutscher Seite SS-Division: "Hitlerjugend", 16, 17jährige, die (...) voller Begeisterung für die Sache kämpfen, und gar nicht verstehen können, dass sie für eine zutiefst verbrecherische Sache kämpfen. Die nutzlos ihr Leben gelassen haben. Und es wären Leute, die vielleicht heute sogar noch leben würden. Jetzt Atmo Landung: Gewehr- und Geschützfeuer, Schreie, Flugzeuge, Bomben.... Kurz frei. 8. O-Ton: CD 2 / Soldat James Ryan/ Sprecher/Video ab 3:25/ Englisch Sprecher Voice Over: Hitlers Reich zerstören, es in der Luft zerschmettern, es weit aufbrechen, dann vom Meer aus einfallen, das ist die Anweisung. Ruhige Musik. Eine Minute lang. Dann... 9. O-Ton: Youtube / Rede Eisenhower/ D-Day Sprecher Voice Over: (Quelle bitte mitansagen) "Soldaten, Seeleute und Piloten der alliierten Invasionstruppen. Ihr beginnt den großen Kreuzzug, den wir so viele Monate vorbereitet haben. Die Augen der Welt und alle Hoffnungen ruhen auf Euch. Ihr werdet die deutsche Kriegsmaschine zerstören, die Nazi- Tyrannei über die unterdrückten Völker Europas vernichten und Sicherheit für uns in der freien Welt schaffen." Dwight D. Eisenhower, Rede vor dem D-Day. Sprecher: Der eigentliche D-Day begann schon am Vorabend des 6. Juni 1944. Judge John Harrison von der 4. Infanterie Division landete an der Utah Beach. 10. O-Ton: Zeitzeuge / 3:40 / Judge John Harrison, englisch Sprecher Voice Over: Die Nacht vor dem D-Day war wohl die aufregendste Nacht in unserer Geschichte. Flugzeuge starteten etwa gegen neun, zehn Uhr abends, und sie flogen etwa 150 Meter über uns hinweg mit ihren blinkenden Scheinwerfern. Und in einem von denen war mein Bruder, ein junger Oberleutnant in der 101. Fallschirmjäger- Division. Überflüssig zu sagen, dass ich ein langes Gebet sprach, nicht nur für ihn, auch für die Tausenden von Jungs, die eine halbe Stunde vor ihrem Kampfeinsatz waren. Sprecher: Andere Kameraden sagen heute... 11. O-Ton: Zeitzeuge II/ 4:20 / englisch Sprecher Voice Over: Ich bekam solche Angst, Todesangst. Zeitzeuge III / 6:20/ Sprecher Voice Over: Zuerst war nur Chaos. Das ist das einzige Wort, um zu beschreiben, was passierte. Sprecher: Schon lange zuvor war den Normannen hier klar gewesen, dass ein großer Gegenangriff auf Nazideutschland passieren würde. Atmo Autofahrt mit Jean Lenoir wieder 12. O-Ton: Jean Lenoir/ 5:15/Überblick Overlord/Auto Mit der Zeit haben die Normannen mitbekommen, dass die Alliierten 1942 in Afrika gelandet sind. Dass Roma am 4. Juni 44, das heißt zwei Tage vor der Landung hier, gefallen ist. Das wussten die Franzosen, und da war Hoffnung da. (...) Und einige waren in der Resistance, und die haben schon geahnt und gewusst, es kommt jetzt was. Auch die Luftangriffe (...) sind immer mehr geworden bis Anfang Juni. Und die deutschen Soldaten haben das auch gespürt. Jetzt leise militärische Musik. Kurz frei, dann unterlegen 13. O-Ton: Peter Lieb/ BW I/ 10:05 Es gibt für amphibische Landungen, also Landungen mit Landstreitkräften über See, gibt' s historisch einige Vorgängeroperationen. Also wenn man sich den 1. Weltkrieg anschaut in Gallipoli, also Türkei, als dort die Franzosen und Briten gelandet sind, im Übrigen auf Initiative des damaligen Minister Churchill hin, da gibt es eine amphibische Landung. Und wir sehen im 2. Weltkrieg eine ganze Reihe von amphibischen Landungen der Alliierten. Also beispielsweise "Operation Torche" im Herbst 1942 in Afrika, "Operation Husky" im Juli 1943 auf Sizilien, dann im Herbst 1943 die Landungen der Alliierten in Süditalien, dann nochmal Anfang 44 die Landung in Anzio, südlich von Rom, also die Alliierten haben sich schon mit amphibischen Landungen einen Erfahrungsschatz aufgebaut, den sie dann am D-Day verwerten konnten. Jetzt zur Musik Collage aus Atmo Panzergedröhn, Wasser, Stimmen, etc. Kurz frei, dann unterlegen. Sprecher: Die "Operation Overlord" war in ihrer Größe, ihrem Ziel, und der Strategie etwas vollkommen anderes als nur eine weitere amphibische Landung. 14. O-Ton: Peter Lieb/ BW I/ 11:20 Bei amphibischen Landungen ist das Schwierige, dass man die drei Teilstreitkräfte von Heer, Marine und Luftwaffe optimal koordinieren muss. Wer ist wann für was verantwortlich? Sprecher: "Operation Overlord" war die größte militärische Operation in der gesamten Weltgeschichte. Um 175 000 Mann, tausende Flugzeuge, Landungsboote, Zerstörer, Minenschiffe und anderes optimal zu koordinieren, bedurfte es eines nie zuvor dagewesenen Invasionstrainings an der englischen Küste, südlich von Devon, und in der Salisbury-Ebene. Um für die besonders schwierige Landung an der normannischen Omaha Beach zu üben, trainierten die Einheiten in der wie in der Normandie dünn besiedelten Gegend südlich von Dartmouth in Devonshire. Das war das eine Problem, die gesamte Anlandung so gut es ging vorher zu trainieren. 15. O-Ton: Peter Lieb/ BW I/ 11:30 Das zweite Problem ist die Landungsphase selbst. Eine Landungsflotte auf hoher See, die ist zu diesem Zeitpunkt sehr verwundbar, und ist auch sehr verwundbar, wenn sie an Land geht. (...) Und noch dazu verläuft eine Landung, wie man am Omaha Beach, am D- Day sieht, nicht immer nach Plan ab. Sprecher: Das ist das Eine. Das andere waren die schwimmenden Häfen... 16. O-Ton: Jean Lenoir/ Künstlicher Hafen Arromanche/ 00:25 Hier sehen wir den künstlichen Hafen von Arromanche, was davon noch übrig geblieben ist. Wir befinden uns genau in der Mitte zwischen dem amerikanischen Sektor Utah Beach und Omaha Beach. Und dem britisch-kanadischen Sektor Gold-Beach, Juno- Beach und Sword-Beach. (...) 5:20 Ungefähr 20 Prozent der Ausrüstung, Truppen, Panzer und so weiter ist während der Schlacht um die Normandie hier gelandet. Nur 20 Prozent. Den Rest, 80 Prozent, haben die Alliierten monatelang direkt am Strand gelandet. Sprecher: 2018 liegen im Wasser noch schwarzbraune Stahlreste, breit und riesig, wie eine Insel, die ständig von Wellen umspült wird, und die von den Stranddünen aus leicht zu erkennen ist. Es sei gefährlich, wird gesagt, am alten Landungshafen zu tauchen, denn was da tief unten im Meer noch liegt, ist nicht bekannt. 17. O-Ton: Peter Lieb/ BW I/ 13:00 (...) Was erstmalig ist, ist der Einsatz der Mulberry Harbours, also künstlichen Häfen, die für die Nachschubführung wichtig sind. Da werden zwei gebaut... Sprecher: Die Einzelteile für Mulberry A und B waren in England vorgefertigt, und wurden als Module zur Normandie transportiert und dort zusammengesetzt. Mulberry A sicherte den Nachschub vor der Omaha Beach für die Amerikaner. Mulberry B vor Arromanches, Gold Beach, sicherte den britischen Nachschub. Für eine Rundum-Beladung bewegten sich die Häfen mit Ebbe und Flut, der Tide, die in der Normandie besonders stark ist, auf und ab. Dafür wurden Senkkästen gebaut, in die lange Metallpfähle eingelassen waren. An diesen Pfählen glitten die Häfen mit der Tide auf und ab. Ältere Schiffe wurden außerdem rund um die Häfen versenkt, um die Wellen zusätzlich zu brechen. 18. O-Ton: Peter Lieb/ BW I/ 13:45 Und das Zweite ist, das machen die Briten besonders, sie entwickeln ganz spezielle Panzer für die Landung. Das wird konzipiert vom britischen Experten Percy Hubbard, und die werden deswegen auch Hubbard-Panzer genannt. Das sind Panzer zum Beispiel zum Minenräumen, welche, die Brücken bauen können, Panzer, die direkt für die Bekämpfung von Bunkeranlagen zuständig sind, ja, die ganze Spezialisierung der Panzer, das ist auch eine Besonderheit des D-Day, das hat es bei vorherigen Landungen der Alliierten nicht gegeben. (...) Und die Briten, die Amerikaner, und man darf auch nicht vergessen die Kanadier, die haben monatelang auf diesen Tag hin geübt. (...) Ablauf Unterstützung der Luftwaffe, Ablauf Unterstützung der Marine, immer, immer wieder, und da kann man dann auch sehen am D-Day, wie das letztendlich trotz aller Schwierigkeiten gut geklappt hat. Der alte militärische Spruch: "Hartes Training, leichter Kampf" hat sich letztendlich dann doch da bewahrheitet. Musik, einen Moment lang frei als Hörpause, dann mit Brandung am Strand... (Stimme getragen) Sprecher: Nach stundenlanger Überfahrt bei stürmischer See von England aus, mit ein, zwei Meter hohen Wellen, die jeden seekrank machen, der sie nicht gewöhnt ist, dann der Strand. Brandungsatmo Zäsur, dann weiter Sprecher: Eine Linie aus Sand, etwas hügelig im Hinterland, Kies, Gras im Wind, jetzt im Morgengrauen mit fahlem Licht, 6.00 Uhr. Der 6. Juni 1944. Dieses morbid-fragile Bild sehen die GI. Brandungsatmo kleine Zäsur, dann weiter. Sprecher: Viele von ihnen nur eine Sekunde lang. Zitator: "MG-42", Maschinengewehr 42 der Wehrmacht, Spitzname "Hitlersense". Eine Innovation der NS-Waffenhersteller "Mauser" und anderer Waffenfabriken. Neuartig ist: das MG-42 besteht nicht mehr aus massivem Stahl, sondern wird in einem Blechprägeverfahren gefertigt, darum ist es kostengünstig und in hoher Stückzahl schnell lieferbar. Zudem ist es extrem leistungsfähig. 25 Schuss pro Sekunde ergeben 1500 Schuss pro Minute, mit einer Schusskadenz im Überschallbereich. Kurze Zäsur mit Atmo, dann weiter Sprecher: Diese Waffe machten ihrem Spitznamen alle Ehre. Die meisten GIs in den Landungsbooten hörten den Feuerknall des Maschinengewehrs nicht, weil sie schon tot waren. Brandungsatmo nochmal Zäsur, dann weiter Zitator: Gold- und Juno-Beach, Utah-Beach, Sword, und... Omaha-Beach. Fünf Landungszonen... 19. O-Ton: Peter Lieb/ BW1 /17:05 Es gibt zwei Punkte, die wichtig sind für die Alliierten, um den Landungsort zu bestimmen. Das Erste ist, es müssen Strände da sein, wo Landungen möglich sind. Also an Steilküsten, wie es zum Beispiel in Teilen der Bretagne ist, ist eine Landung nicht möglich. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, Unterstützung durch die eigene Luftwaffe. Also sprich eine Landung an der Atlantikküste bei Bordeaux beispielsweise, wo die Strände sehr gut wären, weil sie flach sind und man sehr gut anlanden kann, fällt aus diesem Grunde schon flach, weil sie nicht genug Schutz mit ihren eigenen Luftstreitkräften liefern. Also gibt es eigentlich bei genauer Betrachtung nur zwei Möglichkeiten für die Alliierten, wo sie landen: entweder in der Normandie, oder im Pas- des-Calais, also in der Gegend von Calais, Dünkirchen, im französisch-belgischen Grenzgebiet. (...) Aber die Alliierten entscheiden sich für die Normandie, weil sie denken, dass die Deutschen erwarten, dass sie am Pas-des-Calais- landen würden. Sprecher: Und natürlich gab es jede Menge Täuschungsmanöver der Alliierten. 20. O-Ton: Peter Lieb/ BW1 /18:40 Ganz bekannt ist die "Operation Fortitude". Ein gigantisches Täuschungsmanöver der Alliierten mit fingierten Funksprüchen, mit Aufstellung von ganzen Schattendivisionen, Schattenarmeen, die angeblich General Patten kommandieren sollte, der bekannte amerikanische General, all dies wurde den Deutschen zugespielt um sie darin zu belassen, und beispielweise auch die Ziele der Bombenangriffe vor der Landung (...) 19:20 und die Bombardierungen finden lange, lange Wochen immer im Raum Pas-des- Calais statt. Um die Deutschen darin zu bestärken, hier werden die Alliierten landen. Zitator: Gold- und Juno-Beach, Utah-Beach, Sword, und... Omaha-Beach. Fünf Landungszonen... Zugleich fünf impressionistisch-malerische Abschnitte des Todes für amerikanische, englische, polnische, kanadische und für französische Soldaten. Etwa die des legendären Kieffer-Kommandos. 21. O-Ton: Leon Gautier/ englisch / 00:20 Sprecher Voice-Over: Wir kamen aus allen Nationen. Holländer, Deutsche, Norweger, Belgier, und natürlich Franzosen. (...) Sprecher: Der heute über 90jährige Leon Gautier steht fest auf seinen Rollator gestützt im stets belebten "Musée Commando n°4" in Quistreham, an der ehemaligen Sword-Beach. 75 Jahre zuvor war er einer jener 177 Männer des Kommandos, das nach Philippe Kieffer benannt war, und die aus aller Herren Länder zusammengekommen waren, um mitzuhelfen, die Welt von der Naziherrschaft zu befreien. Leon Gautier kämpfte in der gesamten Normandieschlacht. Brandungsatmo erneut Zäsur, dann weiter 22. O-Ton: Leon Gautier/ englisch / 00:43 und 2:25 und 2:40 Sprecher Voice Over: 1944 trainierten wir lange für den D-Day. Wir hatten eine Trainingseinheit in Schottland, dann noch eine weitere. Denn uns standen spezielle Aufgaben bevor, sehr spezielle, und darum gab es auch ein besonderes Training. Ich war zwanzig Jahre alt in diesem Jahr. Wir waren alle etwa gleich alt im diesem Geheimcamp, und als der Tag kam und wir landen sollten, taten wir es. Sprecher: Bei der Operation Overlord ging Philippe Kieffer mit seinen Männern bei Colleville-sur- Orne an Land. Hier begann die Spezialoperation. Denn von hier aus, im Rücken, also von der Landseite, bewegten sie sich auf die deutschen Wehrmachtsstellungen in Quistreham vor. Im kleinen Küstenstädtchen Quistreham hatten die Deutschen das Casino zu einem Bunker mit schwerem Geschütz ausgebaut. Es gelang den Männern das Geschütz auszuschalten, und stattdessen einen alliierten Brückenkopf einzurichten. 23. O-Ton: Desire Dajon-Lamare/ französisch / 00:35 -01:22 Sprecher Voice Over: Ich war 12 Jahre alt, und ich lebte hier in Quistreham. Sprecher: Desire Dajon-Lamare ist heute 86 Jahre alt. Stramm und gerade steht er vor dem Museumseingang des Kieffer-Kommandos in Quistreham, beantwortet Fragen, lächelt und erklärt. Monsieur Dajon-Lamare ist ein beliebter Interviewpartner für Journalisten aus aller Welt. Er kam nämlich als kleiner Junge in Kontakt mit dem Kieffer-Kommando am D-Day. 24. O-Ton: Desire Dajon-Lamare/ französisch / 00:35 -01:22 Sprecher Voice-Over: Ich habe alles, was passiert ist damals, in einem kleinen Notizbuch aufgeschrieben und festgehalten. Denn ich habe schon als Junge gewusst, dieser Tag, das ist der Tag der Befreiung. Aber ich war auch traurig, denn mein Vater war nicht da, und mein Bruder war im Gefängnis, und das war schon ein Kontrast zur Freude über die Landung. Sprecher: Desire Dajon Lamare sah das Kommando anlanden am Morgen, er sah Leon Gautier, sie sprachen miteinander, behielten Kontakt. Nach dem Krieg blieb Leon Gautier hier in Quistreham. Bis heute sind sie fest befreundet. Auch Desire Dajon-Lamare hörte schon vor dem eigentlichen D-Day, dass nun endlich etwas bald passieren würde... 25. O-Ton: Desire Dajon-Lamare/ französisch / 03:50 -6:10 Sprecher Voice-Over: Ich lebte bei meiner Großmutter. Und alle sagten, die Deutschen verbessern die Verteidigungsanlagen hier. Weil, Rommel kam zweimal. Einmal zum Maianfang, und dann zum Monatsende. Und meine Großmutter sagte, da passiert bald was. Ich war noch jung, aber ich konnte sehen und verstand, die Deutschen bauten hier Luftabwehrstellungen aus. Ich erzähle auch immer die Geschichte des britischen Kampfflugzeugs, das hier abgeschossen wurde, und bei dem die Besatzung starb. Und was mich so beeindruckte, war der Respekt, mit dem die deutschen Soldaten die toten Körper zum Friedhof schafften, und zwar mit den gebotenen militärischen Ehren. Das war für mich eine wichtige Geschichte hier aus Quistreham, weil sie zeigte, dass der gemeine deutsche Soldat nicht immer zugleich auch ein Nazi war. Er verhielt sich respektvoll gegenüber dem Feind. Und diese alliierten Soldaten waren die ersten Soldaten, die hier starben. Leon und ich ehren die zwei Toten jedes Jahr auf dem Friedhof. Sprecher: Dann erzählt Desire Dajon-Lamare ein wenig von der Zeit der deutschen Besatzung im heute beschaulichen normannischen Küstenstädtchen Quistreham. 26. O-Ton: Desire Dajon-Lamare/ französisch / 08:50 - 10:30 Sprecher Voice-Over: Wir mussten für die Deutschen arbeiten. Wir pflanzten Kartoffeln, ernteten sie, pflückten Beeren, Äpfel von den Bäumen und Sträuchern, um Konfitüre daraus zu machen, hier war mal sogar eine deutsche Konfitürefabrik, sie brauchten die Vitamine, besonders Vitamin C aus den Konfitüren, damals gab es ja noch keine Zitronen, und ich erinnere mich, ich war oft bei der Mittagspause in eben dieser deutschen Konfitürefabrik, und sie gaben mir immer etwas von der Konfitüre. Sprecher: Doch eine Frage bleibt: Was macht ein 12jähriger Junge um 6:00 Uhr morgens am 6. Juni 1944 am Strand? Warum ist er dort, und nicht in seinem Bett? 27. O-Ton: Desire Dajon-Lamare/ franz. / 12:25 - 14:00 und 14:30 - 15:00 Sprecher Voice Over: Ich erinnere mich, die Schule war geschlossen wegen der Bombardements, und ich konnte nicht mehr schlafen wegen der vielen Flugzeuge, die über unserem Haus hinwegdonnerten. Darum stand ich auf, zog mich an, und ging aus dem Haus. Die Kämpfe begannen am Morgen, und sie endeten am Abend. Und der große Bunker hier in Quistreham war am Abend befreit. Alles war am 9. Juni, nach drei Tagen voller Kämpfe, hier befreit. Jetzt wieder die Militärfanfare, dazu Bombergedröhn, wir sind in der Luft. Alles Weitere fügen wir als Collage an. 28. O-Ton: /Collage aus "Soldat James Ryan"/ 4:45/ James Ryan / 2. CD / Cornel Barney Oldfield/Fallschirmspringer Sprecher: Voice-Over: Ich sage den Leuten immer, eine der schlimmsten Lügen der Welt ist, wenn der Sprungmeister fragt: "Seid ihr bereit?" Und alle antworten: "Ja!" Wenn Sie keine Furcht kennen, dann lernen Sie sie schnell kennen, wenn Sie durch die Tür springen. 18:30 /Peter Howenstein / CD2 /James Ryan/ 80. Infanterie Division/Omaha Beach Man wusste nie, ob man den nächsten Morgen erleben würde. Man lebte von Minute zu Minute, es war überwältigend. So viele Leute starben um uns herum. Wir hofften nur, wir seien nicht derjenige, der zurückblieb. Für einen 18jährigen ist das furchteinflößend. 19:30/ Judge John Harrison/ CD2 / James Ryan/ Brüder dienten gern zusammen, aus offensichtlichen Gründen. Ich kenne Jungs, bei denen mehrere Brüder in der Normandie umkamen. Das passierte. Der berühmteste Fall waren die Sullivan-Brüder. Fünf Brüder, ein Schiff. Das Schiff sank, alle fünf starben. Danach hieß es, Brüder könnten nicht mehr auf demselben Schiff dienen. Musik einen längeren Moment frei, dann... Sprecher: 30 schwerbewaffnete Männer pro Landungsboot, die meisten am Morgen des 6. Juni 1944 seekrank von der Überfahrt. Das Boot misst zwölf Meter in der Länge, Breite drei Meter, mit 70 Zentimetern Tiefgang schwankt es beim geringsten Wellengang. Zwei Stunden hat die Überfahrt gedauert, nun liegt die Küste vor mehr als 5300 Schiffen, Booten und Transportern aller Art. Die 175 000 Männer in den Booten und Schiffen sehen den Atlantikwall in diesem Teilabschnitt. Sie erkennen im Morgengrauen die tödliche Befestigungslinie mit dicht gespanntem Stacheldraht, den reihenweise aufgepflanzten "Rommelspargel", also Hindernisse mit gespanntem Draht. Dazu die "Tschechenigel", Hemmbalken, an denen Minen und Sprenggranaten befestigt sind. Und Bunker. Mit jetzt auf sie gerichteten Artilleriegeschützen. Jetzt Knacken der Erkennungsmarken. ( 1. Stunde MS Seite 10 ) . Wir blenden dazu Musik auf, passend zum Krieg 29. O-Ton: Jean Lenoir/ Überblick Overlord/Kürzeres Band / 1:38 Und das ist die erste Phase. Die Nachtphase. Der massive Absprung von Fallschirmjäger, sechs Stunden vor der Landung im Hinterland. Im Rücken des Feindes, sozusagen. Gleich ansetzen: 30. O-Ton: Jean Lenoir/ 1. Stunde/Erkennungssignal Klacken / 00:10 Das war das Erkennungssignal für die amerikanischen Fallschirmjäger in der Nacht. So, einmal... (...) Frage: Atmo Klacken Antwort Atmo zweimal Klacken Und wenn nicht, dann schießen. Sprecher: Wie Kinderspielzeuge sind die kleinen blechernen Signalgeber, die man in allen Museen an den Landungsstränden als Souvenir kaufen kann. Manchmal geht man durch ein Museum, während ein so beschenktes Kind das Signal abgibt, das vor 75 Jahren über Leben und Tod entschied. Knacken nochmal, dann weiter 31. O-Ton: Jean Lenoir/ Überblick Overlord/Kürzeres Band / 2:05 Und die zweite Phase ist die Landung selbst, um 6:30 Uhr früh in Utah Beach. Jetzt Atmo Utah Beach. Wind, Wellen, Vögel... im Hintergrund leise Schüsse, Schreie, Krieg... 32. O-Ton: Peter Lieb/BW II/ 00:30 Die Situation für Nacht des 6. Juni ist folgende: die Wettersituation ist nicht wirklich gut. (...) die müssen eine fürchterliche Nacht auf hoher See verbringen, (...) und die Ironie ist, die Deutschen haben natürlich auch ihren Wetterbericht, und wissen auch, das Wetter wird schlecht. Und rechnen deswegen für den 6. Juni nicht mit einem alliierten Angriff. Deswegen sind zentrale Persönlichkeiten am Morgen des 6. Juni nicht vor Ort. Beispielsweise sind viele Generäle der Divisionen, die in der Normandie sind, an diesem Tag für ein Kriegsspiel, so heißt es, also eine Planübung, in der Bretagne, sind also nicht vor Ort. Kurze Zäsur mit Atmomix, dann weiter 33. O-Ton: Peter Lieb/BW II/ 00:30 Und, bekanntestes Beispiel, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe, Feldmarschall Rommel, ist an diesem Tag auch nicht da, weil er auch denkt, schlechtes Wetter, da kann ich ja nach Deutschland fahren, und den Geburtstag meiner Frau feiern. Und gerade Rommel, der immer gesagt hat, die ersten Stunden bei einer alliierten Landung sind wichtig. Zitator: Aufgeschreckt durch Radar-Meldungen von der Küste, beorderte Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt die 12. SS-Panzer-Division "Hitlerjugend" und die Panzer-Lehr- Division gegen 4:30 Uhr sofort nach Saint-Sever-Calvados, etwa 70 Kilometer westlich von Falaise. Generaloberst Alfred Jodl im Oberkommando der Wehrmacht, der über diesen Befehl verärgert war, da beide Divisionen als OKW-Reserve dem Führerhauptquartier unterstanden, nahm zwei Stunden später die Order wieder zurück. Atmo Panzergedröhn Sprecher: Jodl hatte nämlich Anweisungen nichts zu tun, bis der "größte Feldherr aller Zeiten", inzwischen per Akronym mit "GröFaz" betitelt, bis also Adolf Hitler auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden vom Schlaf erwacht war. Zitator: "Der Führer bekommt die Nachricht, wenn er gefrühstückt hat." Atmo kurze Zäsur, dann weiter Sprecher: Doch da war es dann schon zu spät. Während der "GröFaz" noch schlief, waren 23.000 Fallschirmjäger über der Normandie angesprungen. Gegen 7:00 Uhr waren schon 58 000 GI an der Omaha Beach und Utah Beach gelandet. 54 000 britische Soldaten landeten an den Stränden mit den Codenamen Gold und Sword, an der Juno Beach eroberten 21.000 Kanadier Meter um Meter. Das Verhältnis war in etwa Eins zu drei. Mehr als 175.000 Alliierte gegen 50.000 Deutsche. Bald kämpften in der gesamten Normandie 500.000 Wehrmachtssoldaten gegen 1,5 Millionen Alliierte. Den alliierten Divisionen standen fünf deutsche Divisionen gegenüber, von denen nur drei beweglich und motorisiert waren. Diese Panzerdivisionen durften jedoch nur auf ausdrücklichen Befehl Hitlers eingesetzt werden. Im Hinterland waren weite Bereiche durch die gestauten Flüsse Merderet und Douve überschwemmt, beziehungsweise in Morastlandschaften umgewandelt. Auf zur Landung von Lastenseglern geeigneten Feldern wurden Holzpfähle eingerammt, alle Strände waren vermint, und mit Über- und Unterwasser- hindernissen verstärkt. Zusätzlich gab es überall versteckte MG-Widerstandsnester, sowohl an den Stränden als auch etwas weiter von den Küstenabschnitten entfernt. Die deutsche Luftwaffe war praktisch nicht vorhanden. 90 Jäger und 70 Bomber gegen rund 11.000 alliierte Flugzeuge. 34. O-Ton: "Erinnerung eines Soldaten an den D-Day" - Archiv /Per Telefon / 00:50 Und ich stand gerade an dem D-Day um zwei Uhr nachts auf Posten, und sah, wie die Christbäume runterkamen, also so ein Bild hatte ich ja vorher noch nie gesehen, (...) das glitzerte so und leuchtete, damit die Fallschirmjäger, die dort landeten sehen konnte, wo sie landeten. Sprecher: Zwei Stunden zuvor waren die Luftlandemanöver der Alliierten gestartet worden. Fallschirmjäger waren in hoher Zahl im Hinterland abgesprungen, Gleiter brachten per Luft Nachschub und Material. 35. O-Ton: "Erinnerung eines Soldaten an den D-Day" - Archiv /Per Telefon / 00:50 Und wir sind ins Dorf gegangen, haben Milch geholt, und da sagten die Franzosen, die haben uns nicht gehasst oder so, jetzt haut ab, und dann hat sich unsere Einheit am Morgen in Marsch gesetzt, in Richtung Saint-mèr-Eglise, auf der Straße. Sprecher: Der Gefreite Goltz war zuerst in der Nähe von Pas-des-Calais stationiert, dann rückte seine Einheit an die "HKL" vor - die Hauptkampflinie, nahe Saint-mèr-Eglise. Doch die schnell vorrückenden US-Tanks machten allem ein Ende. 36. O-Ton: "Erinnerung eines Soldaten an den D-Day" - Archiv /Per Telefon / 03:45 Dann stellte sich der Tank vor uns, vor die Einfahrt. Und wir waren zack, wie in einer Mausefalle gefangen, und die begleitenden Soldaten sahen uns, und riefen: "Hey Boys, Hands Up" und ja, da war für uns der Krieg zu Ende. Zitator: "In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni begannen die Hunde auf einmal zu bellen. Ich bin nach draußen gegangen und habe ein paar Männer gesehen. Ich habe gleich die Hände gehoben. Es waren aber keine Deutschen, sondern Amerikaner. Das war ein Glücksgefühl. Okkupation ist das Fehlen jeglicher Freiheit. Trotz der Gefechte war Saint- Mère-Eglise gegen 4:00 Uhr morgens befreit und die amerikanische Flagge wehte über dem Rathaus." Sprecher: Andree Auvray, der 1944 auf einem Bauernhof in der Nähe von Saint-Mère-Eglise lebte, war damals 17 Jahre alt. 37.O-Ton: Jean Lenoir/ Saint-Mère-Eglise/ So, wir befinden uns in Saint-Mère-Eglise. Großes Dorf, kleine Stadt. Und immer wichtig in der Geschichte, weil, es liegt an einer alten römischen Straße, und heute ist es unsere Nationalstraße 13 von Paris nach Charbour. Hier war eine deutsche Garnison, eine deutsche Kommandantur, im Rathaus, und hier waren ein paar deutsche Soldaten stationiert. Und im Kirchturm zwei Bobachter oben, (...) zwei Kilometer von hier ein georgisches Bataillon in Wehrmachtsuniform, ehemalige Gefangene aus der Ostfront, Sprecher: Der Plan der Amerikaner war, Saint-Mère-Eglise so bald wie möglich in der Nacht einzunehmen, und damit diese wichtige Kreuzung zu besetzen, so dass die deutschen Kräfte nicht mehr die Küste erreichen konnten. 38.O-Ton: Jean Lenoir/ Saint-Mère-Eglise/ 2:20 Das ist hier relativ gut abgelaufen in der Nacht, der Absprung, und sehr schnell haben sich tausend Fallschirmjäger ungefähr hier einen Kilometer entfernt gesammelt, und gegen 4:30 Uhr in der Früh war dieses Dorf in amerikanische Hände. Die erste amerikanische Fahne wurde am Rathaus gehisst, ist noch da, kann man sehen... (...) und es gab Gegenangriffe von den Deutschen, aber die Fallschirmjäger haben die Stadt hier gehalten. 3:00 und die Verbindung mit den Kräften, die an der Küste gelandet sind, hat stattgefunden am 7.Juni früh. 25 Stunden war die Lage hier unklar. Sprecher: Das ist die große Geschichte. Aber es gibt auch eine kleine Geschichte. 39.O-Ton: Jean Lenoir/ Saint-Mère-Eglise/ 3:50 Das ist die Geschichte von Rudy Escher, deutscher Unteroffizier, und er hatte den Auftrag, im Kirchturm mit zwei Beobachtern zu melden, falls etwas passiert. Und es war ihm langweilig, und er fuhr mit dem Dienstfahrrad umher. Und als er zurückkam, kamen drei Transportflugzeuge im Tiefflug, und setzten Fallschirmjäger ab. Und er läuft zum Feld, und findet Schirme überall, auf den Bäumen, in den Wiesen... Sprecher: Der deutsche Soldat läuft nach Saint-Mère-Eglise zurück, will Meldung machen, und steht vor dem Kirchturm, sieht hoch. An der Kirchturmspitze hängt ein Fallschirm. Am Fallschirm John Steele, ein GI. Steele wird entdeckt, man schießt auf ihn, verletzt ihn aber nur leicht am Fuß. Steele wird gefangen genommen, entkommt jedoch später. Noch heute hängt der Fallschirm an der Kirchturmspitze, inzwischen mit einer Puppe in Kampfmontur. Rudy aber, der deutsche Soldat wurde ebenfalls gefangen genommen, überlebte wie John Steele den Krieg, kam immer wieder hierher nach Saint-Mère-Eglise zurück... 40.O-Ton: Jean Lenoir/ Saint-Mère-Eglise/ 8:00 Er kam mehrmals zurück, hat immer in dem Haus gewohnt, wo die Kompanie war, eine nette französische Familie, der ist bekannt wie der bunte Hund hier in Saint-Mère-Eglise, oft hat er auch ehemalige Gegner getroffen, er war im Fernsehen, er ist ein bisschen müde heute, 95, aber noch ganz klar im Kopf, wir telefonieren regelmäßig. Er ist seit über 30 Jahren mein Freund, eine schöne Geschichte. Einen Moment lang Pause mit Musik, dann weiter Sprecher: Der Countdown zu diesem "längsten Tag" beginnt um 6:30 Uhr am 6.Juni 1944. Utah Beach, H-Hour, die Landung selbst. Die Amerikaner stürmen aus den Booten heraus ins Wasser, und die Utah Beach hoch, ebenso wie die Omaha Beach. Gold, Juno und Sword- Beach sind die Ziele britischer, kanadischer und anderer Einheiten. Omaha-Beach ist ein 200 Meter tiefer Strand, der bei Flut fast unter Wasser ist. Dahinter eine leicht ansteigende Kies-Böschung, begrenzt von einer 30 Meter hohen Steilklippe. Dieser Teil der 90 Kilometer langen Küste, die an diesem Tag angegriffen wird, ist der schwierigste und unzugänglichste Strandabschnitt. Hier allein fallen in den ersten Minuten der Landung etwa 4000 Soldaten. Zitator: Insgesamt war dieser massive Materialeinsatz selbst für erfahrene Russlandkämpfer eine völlig neue Erfahrung. Die deutschen Soldaten sahen sich "... einer Kraft gegenüber, gegen die kein Kraut mehr gewachsen ist." Das galt aber nicht nur für die Landser, sondern auch für die Generalität. Sie waren allesamt Veteranen der Materialschlachten im Ersten Weltkrieg und der Ostfront im Zweiten Weltkrieg, doch die Normandie stellte eine neue Erfahrung dar: "Der ganze Kampf ist eine ungeheure Blutmühle, wie noch nie in 11 Kriegsjahren erlebt", beschrieb es General Dietrich von Choltitz. Musik, gern Górecki, sonst passend zur Kampfsituation, plus Atmos von Schwimmern, Panzern, Booten... Sprecher: 6:29 Uhr, H-Hour minus 1 Minute. Der Strand ist dicht, wenige Meter nur entfernt, manche Boote laufen voll Wasser, die GI stürmen heraus, etliche der Farmjungs haben nie schwimmen gelernt. Sofort gehen sie mit dem 40 Kilo Kampf- und Marschgepäck unter. Auch die CO2-Patronen ihrer Rettungswesten helfen nicht. Nicht wenige der Soldaten erreichen dadurch nie den Strand, denn die anderen Landungsboote dürfen wegen der Gefährlichkeit keinen Halt auf der Fahrt zum Strand machen, um Schiffbrüchige zu retten und aufzunehmen. Atmo Zäsur, dann weiter Sprecher: Dann sind die ersten Landungsboote am Ufer, nicht immer dort, wo sie sein sollen. Wo auch immer sie sind, empfängt die jungen Männer eine mörderische Wand aus tödlichem Stahl. "Tak, Tak, Tak" - MG-Feuer, ununterbrochen, wie Hagel auf Blech. Dazu Mörser- Schrapnellgranaten in einem heulenden Ton. Im Rücken explodierende Boote und Panzer, überall das Schreien der Verwundeten, manche rufen hilfesuchend nach ihrer Mutter... insgesamt ein infernalischer Lärm, es ist Dantes "Purgatorio"... Zitator: "Zu fahren bessere Wasser, hebt die Segel, Nunmehr von neuem meines Geistes Kahn, Der hinter sich gebracht, so grausen Pegel. Besingen werd ich jetzt den zweiten Plan; Hier läutert sich des Menschengeistes Streben, Bis dass er würdig für des Himmels Bahn. Orgiastischer Kriegslärm, einen Moment lang, dann Sprecher: In ihrem Versteck in Amsterdam hört Anne Frank, damals 14 Jahre alt, im Radio von den Ereignissen in der Normandie. Sie notiert in ihr Tagebuch... Zitatorin: "Dies ist zu schön, zu märchenhaft, um je wirklich werden zu können. Der Gedanke an befreite Freunde erfüllt uns mit Zuversicht." Sprecher: 7:00 Uhr, die zweite Landungswelle. Nach General Eisenhowers Plan hätten die Soldaten bereits den Strand an der Omaha-Beach und anderen Abschnitten sichern und nun die Stellungen in den Klippen sowie im Hinterland angreifen sollen. Doch an dem mit über 10 Kilometern Länge ausgedehntesten Strandabschnitt "Omaha-Beach", später "Bloody Omaha" genannt, findet ein Gemetzel ohnegleichen statt. Jetzt das "Tak-Tak-Tak" der MG-42 Sprecher: Hier kämpften sich die Männer der 716. und 352. Infanteriedivision Meter um Meter vor. Und hier erlitten sie die höchsten Verluste, da die Bomber zuvor aufgrund schlechter Sicht die deutschen Bunker verfehlt hatten. Alles war dort intakt. Und wehrbereit. Erneut "Tak-Tak-Tak"- Atmo Zitator: "Sechs Stunden nach den Landungen hatten wir lediglich 9 Meter Strand erobert." General Omar Bradley Sprecher: Die britischen, französischen und kanadischen Einheiten begannen zwischen 7:25 Uhr und 7:45 Uhr die Landungen an den Strandabschnitten Gold, Juno und Sword. Von deutscher Seite aus wurden die Anlandungen mit größter Härte zu verhindern versucht, doch die Alliierten überrannten alle Widerstände. Bald waren sämtliche Strandabschnitte in alliierter Hand. Über Mulberry Harbour A und B begann mit Panzern der Vormarsch ins Landesinnere. Musik Zäsur, dann weiter Zitator: "Macht euch keine Sorgen, denn es wird schon gut gehen. Lieber dies, als in Russland kämpfen." Der 17jährige Wolfgang A. in seinem letzten Brief an seine Eltern am 6.Juni 1944. Wenige Stunden später verlor er sein Leben bei einer Heckenschlacht in der Normandie. Musik Zäsur, dann weiter Zitator: "Jeder von uns gab sein Bestes, um der unglaublichen zahlenmäßigen Überlegenheit der Amerikaner zu begegnen. Ich habe mehr als 400 Salven geschossen..." Soldat Gockel am 10.Juni 1944 in einem Brief an seine Eltern und Geschwister. Jetzt die Musik einen längeren Moment lang frei, dann... Sprecher: Am Ende des D-Day waren die Amerikaner an der Omaha Beach 2,5 Kilometer ins Landesinnere vorgedrungen. Im Abschnitt Utah Beach hatte der Landekopf eine Breite von 4 Kilometern und eine Tiefe von 6 Kilometern. Briten, Franzosen und Kanadier waren in ihren Strandabschnitten Juno, Gold und Sword auf einer Frontbreite von 32 Kilometern durchschnittlich 9 Kilometer tief vorgestoßen. Die schwachen deutschen Kräfte waren machtlos gegen diese Überzahl an Alliierten. Musik erneut Zäsur, dann weiter... Sprecher: Die genaue Zahl an Verlusten lässt sich nicht mehr korrekt rekonstruieren. In der Gesamtoperation Overlord, einschließlich der Vorbereitungsphasen, kostete "der längste Tag" die Alliierten 53.700 Menschenleben. 18.000 Soldaten werden bis heute vermisst, mehr als 155.000 Männer wurden verwundet. Musik aus jetzt, nur Brandungsatmo Sprecher: Die Deutschen verloren 200.000 Soldaten, vermisst werden rund 25.000 Männer, verwundet wurden über 175.000 Wehrmachtssoldaten. Später werden die Historiker übereinstimmend sagen... Zitator: "Der Atlantikwall hatte sich als nutzlos erwiesen." Brandungsatmo kurze Zäsur, dann.... Sprecher: So endet die 2. Stunde der Langen Nacht zum D-Day. Nach den Nachrichten besuchen wir Museen, hören dem Damals noch etwas nach, und bekommen eine Ahnung vom Heute und dem Morgen. Musik 3. Stunde Musik: Johannes Brahms, "Requiem" - 1. Satz "Selig sind, die da Leid tragen". Moment lang frei... Zitator: "Wenn wir sie nicht in den ersten Tagen wieder zurücktreiben, dann haben wir den Krieg verloren." Sprecher: Generalfeldmarschall Erwin Rommel kurz nach der Landung der Alliierten. 60 Jahre später wird sein Sohn Manfred, der 1944 ein 15jähriger Flak-Helfer war, zum D-Day sagen: Zitator: "Es ist ein Weltereignis gewesen. Wie Waterloo. Nur im Weltformat." Musik noch etwas, dann unter der "Wochenschau" jetzt weg 1. O-Ton: "Wochenschau" Invasionsfront - Vorstoß von SS-Grenadieren in der Normandie (Juni 1944 ) / 00:00 "Durch das hohe Korn rückt die Spitze der SS-Grenadiere weiter nach vorn. Brennende Panzerwracks säumen den Kampfweg. Atmo Panzergedröhn Sprecher: Dass schon nach wenigen Stunden am 6. Juni 1944 die Anlandung der Alliierten unumkehrbar war, und die Tage des "Deutschen Reiches" gezählt, all das wurde natürlich dem deutschen Normalbürger verschwiegen. Vielmehr wurde ihm das Bild des standhaften Wehrmachts-Soldaten vermittelt, der Teil einer ausstehenden militärischen Entscheidung war, mit der Option eines möglichen Sieges über die Alliierten. 2. O-Ton: "Wochenschau" Invasionsfront - Vorstoß von SS-Grenadieren in der Normandie (Juni 1944 ) / 00:00 Panzer nach vorn. Auch im Raum von Bayeux treffen die Aggressoren auf einen Widerstand, der ihnen ungeheure Verluste bereitet. Atmo Schüsse, Musik, etc. In den kleinen Küstenorten toben erbitterte Straßenkämpfe, die unter Einsatz aller Waffen von Deutschen mit heiligem Ernst geführt werden. Der entscheidende Kampf um Europas Zukunft hat begonnen." Sprecher: Ein "Wochenschau" - Bericht aus dem Juni 1944 zu den Kämpfen in der Normandie. Musik schlagartig nach kurzer Zäsur weg. Atmo Vogelgezwitscher, Wind, Bienen - Landidylle Sprecher: 75 Jahre später ist es in der einst so umkämpften ländlichen Gegend fast paradiesisch friedlich. Atmo Brücke La Fiere 3. O-Ton: Jean Lenoir/ 00:05 So, wir befinden uns hier in La Fiere, und die kleine Brücke hier, die ist ganz wichtig. (...) hier sind im amerikanischen Sektor zwei Divisionen gesprungen, das heißt ungefähr 14 bis 15 000 Mann, entweder gesprungen in der Nacht oder mit Lastensegler gelandet. Die größte Luftlandeoperation in der Geschichte. Die Brücke hier auf der Karte (Rascheln Atmo ) ungefähr 13 Kilometer im Hinterland. (...) das heißt, es gab auch hier deutsche Kräfte, überall verstreut, und eine Brücke ist immer wichtig, und diese Brücke wurde bewacht. Der deutsche Soldat, der hier war mit seiner Gruppe, ein Unteroffizier, den kenne ich, er lebt noch, er ist in Coburg, in Deutschland, er heißt Rudy Escher. 1:40 Und ihr Auftrag war, sofort zu melden, wenn Fallschirmjäger kommen, oder wenn die Resistance etwas gemacht hätte, einfach die Brücke zu bewachen und zu melden. Sprecher: Eine der Hauptaufgaben der 82. US-Luftlandedivision war die Einnahme der Brücke über den Fluss Merderet. Die Brücke selbst ist vielleicht nur vier Meter lang, mit einem Mittelstreifen für die enge Straße darüber. Heute ist die kleine Brücke unscheinbar, die Gegend ländlich verschlafen, ein Garten Eden an der Küste der Normandie. Doch vor 75 Jahren landeten in der Nacht zum 6. Juni 1944 im tiefen Sumpf rechts und links der Brücke 15 000 US-Fallschirmjäger. 4. O-Ton: Jean Lenoir/ 07:20 Also Chaos überall, Fallschirmjäger abgesetzt, die Brücke ist genommen, ohne von den Deutschen zerstört zu werden, aber die Schlacht hier wird drei Tage dauern, das ist die Schlacht um La Fiere (...) das Chaos hier, das hat irgendwie auch die deutschen Kräfte hier paralysiert. Die wussten nicht in der Nacht, was ist los? Wo ist der Schwerpunkt. Was wollen sie? Sprecher: Doch warum diese schweren Kämpfe vom 6. bis 9. Juni 1944, warum war dieses Gebiet, dieses Brückchen, strategisch so wichtig, dass Hunderte Soldaten auf beiden Seiten ihr kostbares Leben dafür gaben? Warum? Die Erklärung ist... 5. O-Ton: Jean Lenoir/ 08:01 (...) frühmorgens, als die 5000 Schiffe an die Küste kamen, da haben die Deutschen verstanden, jetzt geht's los, darum Fallschirmjäger im Hinterland. Und da haben die Deutschen versucht, die Brücke wieder zu nehmen. Militärtrauermusik Sprecher: Um die deutschen und alliierten Gefallenen von La Fiere zu ehren, steht seitdem hier eine große Statue, genannt "Iron Mike". Dazu finden jedes Jahr am den 6. Juni Demonstrationsfallschirmsprünge statt. Auch Jean Lenoir ist gesprungen... 6. O-Ton: Jean Lenoir/ 09:00 Ich durfte hier selbst dreimal mitspringen, mit den Amerikanern und deutschen Kameraden, das ist, finde ich, einfach schön. Jetzt Atmo Deutscher Soldatenfriedhof. Dazu Musik: Johannes Brahms, "Requiem" - 1. Satz "Selig sind, die da Leid tragen". Moment lang frei... Zitator: "Dunkle Granitkreuze und Grabplatten kennzeichnen die Gräber von 20.507 Gefallenen auf dem deutschen Soldatenfriedhof von La Cambe. Ein ewiges Mahnmal gegen den Krieg und Hitlers Wahnsinn. Erschreckend niedrig ist oft das Alter der verstorbenen, der jüngste Soldat hier wurde auf den Tag 17 Jahre und elf Monate alt. Im Gegensatz zum amerikanischen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mere fehlt dem deutschen Friedhof jegliches heroische Element, vielmehr liegt ein Hauch von Melancholie über den Doppelgräbern, in denen die Soldaten bestattet sind. La Cambe ist nicht der einzige deutsche Soldatenfriedhof in der Normandie: auf den insgesamt fünf deutschen Soldatenfriedhöfen liegen weitere 60 000 Soldaten begraben. Musik kurze Zäsur, dann weiter ... Zitator: "Kriegsgräber sind die größten Prediger des Friedens" Dieser Satz von Albert Schweitzer steht am Eingang des Deutschen Soldatenfriedhofs von La Cambe. Sprecher: 1958 halfen erstmals Jugendliche aus mehreren Nationen unter dem Motto "Versöhnung über den Gräbern" bei der Anlage dieser Kriegsgräberstätte in Frankreich. Die Jugendlichen arbeiteten auch an der Aufschüttung des fast sechs Meter hohen Tumulus hier, der als Kameradengrab 207 unbekannte und 89 namentlich bekannte Tote aufgenommen hat. 1996 begann man auch mit der Anpflanzung der ersten Bäume für den sogenannten "Friedenspark", als ein lebendiges Zeichen für den Frieden. Inzwischen stehen 1220 Ahornbäume auf einer Fläche von 3 Hektar in La Cambe, und gestalten das Gelände des deutschen Soldatenfriedhofes. Atmo La Cambe draußen Sprecher: In Polen und in der Sowjetunion wurde diese Idee kopiert. Auch dort wachsen Bäume in "Friedensparks". 7. O-Ton: Marie-Annick Wieder / außen/ 00:35 Die 5 Kreuze sind unser Logo, also für die Aufgaben vom Volksbund. Also die gefallenen Soldaten versammeln auf einem Ort, also hier auf dem Friedhof. Dann muss man auch der Familie helfen... Sprecher: Marie-Annick Wieder ist die Friedhofsverwalterin des Deutschen Soldatenfriedhofs in La Cambe. Zugleich ist sie Mitarbeiterin im "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.", einer humanitären Organisation, die sich im Auftrag der deutschen Bundesregierung der Aufgabe widmet, die Gräber deutscher Kriegstoter im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Das ist auch im Logo des Vereins ersichtlich: zwei Kreuze rechts, ein größeres Kreuz in der Mitte, links zwei weitere kleine Kreuze. 8. O-Ton: Marie-Annick Wieder / außen/ 01:40 Der Gründer unseres Vereins war in Polen auf einem Friedhof, und er war sehr beeindruckt von vier Grenadierkreuzen, und einem größeren in der Mitte. Und er hat gesagt, das repräsentiert unsere Aufgabe. Deshalb. Das hat keine religiöse Bedeutung. Sprecher: Von Gräbern hier, sagt Marie-Annick Wieder, kann man eigentlich nicht sprechen, denn... 9. O-Ton: Marie-Annick Wieder / Interview/ 1:00 ... ab und zu sind sie zu zweit, zu dritt, bis zu fünf in einem Grab. (...) Sprecher: Das heißt konkret, die Männer liegen aufeinander gestapelt unten in der Erde. 10. O-Ton: Marie-Annick Wieder / Interview/ 1:30 ... ja, genau. Und manchmal war das so schwierig, diese Soldaten auseinander zu nehmen, da haben wir zwei Körper (...) zusammengelegt. (...) 2:00 also die sind zusammen gestorben, und da konnte man nicht so die Reste... also die waren richtig gestreut... 3:00 und die meisten hier sind vom 6. und 7. Juno, also die meisten hier. Sprecher: Doch wie ist der Alltag einer Friedhofsverwalterin auf so einem geschichtsträchtigen Friedhof? Was passiert täglich? Etwa dass Angehörige auf den insgesamt 832 Kriegsgräberstätten, die der "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." in 46 Staaten betreut, ihre verstorbenen und vermissten Väter oder Großväter suchen? Noch heute bearbeiten die Volksbund-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jährlich 35.000 Suchanfragen nach Vermissten beider Weltkriege. Denn Trauer braucht einen Ort, und die gefallenen Soldaten ... 11. O-Ton: Marie-Annick Wieder / Interview/ 4:30 (...) .... haben ein Recht auf Ruhe. (...) 5:00 und der Volksbund kümmert sich um die Soldaten. Er hat von der Bundesregierung den Auftrag bekommen, erstmal die Gräber zu finden, und dann zu pflegen. Jetzt blenden wir wieder etwas passende Musik auf, und legen diese unter die folgende Passage Sprecher: Dann lehnt sich die jugendlich wirkende Friedhofsverwalterin im modern eingerichteten Büro etwas in ihren Stuhl zurück, und wird nachdenklich. 12. O-Ton: Marie-Annick Wieder / Interview/ 6:20 Ich hatte vor 2 Jahren eine Frau, die wusste ganz genau, also die hatte ihren Vater nicht kennengelernt, und die wusste ganz genau, dass der Vater hier beerdigt war. Und sie kam. Und das war sehr berührend, weil, sie hatte keine Ahnung, und sie wusste der ist da. Und seitdem kommt sie immer noch ab und zu, und legt Blumen und (...) 7:45 sie hat ihren Vater nie kennengelernt, denn sie wurde geboren, als er gefallen ist... Musik jetzt als kleine Hörpause. Dann unter folgender Collage weg. 13. O-Ton: Collage /Voxpop / Besucher auf dem Friedhof in La Cambe Mann/ 00:15: Es ist für mich schockierend, wenn ich das sehe. Man kann das nicht erfassen. Ich muss bloß daran denken, das sind junge Menschen, die da liegen. Die eigentlich nie richtig gelebt haben. Frau/ 00:48: ja, es macht mich sprachlos. Und mir fehlen einfach die Worte, und ich bedauere es, dass wir nicht mehr Zeit haben, uns das alles anzuschauen. Andere Frau / 1:03: Mir geht es genauso, wenn man diese vielen Gräber hier sieht, erst dann kann man eine Vorstellung davon bekommen, was hier mal passiert ist. 1:25 (...) das ist ein Teil der Geschichte. Das sollte jeder wissen, was hier passiert ist. Sprecher: Der Besuch auf La Cambe ist ihm, wie so vielen, eine Herzenssache, formuliert ein anderer Herr. 14. O-Ton: Collage /Voxpop / Besucher auf dem Friedhof in La Cambe Anderer Mann: / 1:55/ also wir haben uns einfach eine Route ausgesucht, und wollten das hier unbedingt sehen, und wollten auch diese ganzen Stellen besichtigen. Und das haben wir auch gemacht. Nicht alle, aber (...) dass hier wollten wir unbedingt sehen. Jetzt die Musik eine kurze Zäsur, dann weg. 15. O-Ton: "Deutsche Wochenschau" - Invasionsfront - Kampf bei Bayeux und Caen / Juni 1944 "Im Raum von Caen und Bayeux tobt eine schwere Schlacht. Deutsche Eingreifverbände sind mit voller Wucht und Kraft an den Feind gekommen. (...) 1:25 nach harten Gefechten werden aus einem Waldabschnitt hunderte von Gefangenen herausgeholt. In ihren Aussagen zeigten sie sich immer wieder überrascht, dass das große Ereignis für sie schon in den ersten Stunden der Invasion abgeschlossen sein soll. Überwältigt und entwaffnet werden sie abgehführt. Zitator: (Quelle bitte mitansagen) "Nachdem Monsieur Ardin in die Kommandantur hineingegangen war, holte er ein Foto von Hitler hervor und zertrampelte es vor den Engländern und den Bewohnern auf der Erde. Das war toll!" Monsieur Daubert aus Douvres, nahe Caen. 1944 war er 9 Jahre alt. Jetzt wieder Atmo Erkennungssignal Klacken 16. O-Ton: Jean Lenoir/ 1. Stunde/Erkennungssignal Klacken / 00:10 Das war das Erkennungssignal für die amerikanischen Fallschirmjäger in der Nacht. So, einmal... (...) Frage: Atmo Klacken Antwort Atmo zweimal Klacken Und wenn nicht, dann schießen. Jetzt wieder Atmo Panzergedröhn, Geschütze, etc. Sprecher: Die Hoffnung Churchills und Roosevelts war, mit der "Operation Overlord" den deutschen Atlantikwall und die Wehrmachtsstellungen einfach durch die zahlenmäßige Überlegenheit fast wie im Schlaf einnehmen und überrennen zu können. Auch wenn die gesamte Operation an sich ein Erfolg war, so erfüllte sich diese Hoffnung nicht. Am Landungstag waren gerade einmal unter schlimmsten Verlusten knappe 10 Kilometer Land genommen worden, und deutsche Panzerdivisionen waren im Anmarsch. Zwar konnten die Alliierten sechs Tage später schon das von ihnen befreite Gebiet auf 100 Kilometern Breite und 30 Kilometern Tiefe ausdehnen, sowie einzelne Brückenköpfe schaffen und miteinander verbinden, dennoch: den Durchbruch schaffte das noch nicht. Atmo kurze Zäsur, dann noch etwas weiter Sprecher: Über 50.000 alliierte Fahrzeuge mit über 300 000 Mann waren inzwischen im Fronteinsatz, doch noch war das nicht mehr als ein kraftvoller Anfangsschlag zur Befreiung. Dennoch, der Wendepunkt des 2. Weltkrieges lag nun hinter den alliierten Soldaten. Der Anfang vom Ende des Hitlerreiches hatte begonnen, sagt der Militärhistoriker Peter Lieb vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Und interessant sei dabei auch, was eigentlich der deutsche Wehrmachtssoldat über die Amerikaner, Briten, Franzosen, Kanadier und die anderen Einheiten sagte. Wie sich ein Soldatenethos über die gegnerischen Positionen spannte als seltsames "Kriegs-Gazetuch." 17. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 17:35 Über die Briten sagen sie immer wieder, sehr guter Soldat, also Einzelkämpfer, kämpft hart, ist mutig, also sehr soldatische Haltung, also wenn die gefangen genommen werden, die sagen nicht mehr als ihren Namen, und sonst nichts, also nur das, was sie sagen müssen. Allerdings wird den Briten auch vorgeworfen, sie operieren sehr schematisch, und wenig phantasievoll, es geht alles nach Schema F. Sprecher: Die Kanadier wurden von den Deutschen ähnlich wie die Briten gesehen. 18. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 19:25 Harte Kämpfer, allerdings gehen die auch öfter nach Schema F vor, und denen wird auch immer unterstellt, ein bisschen raue Burschen zu sein. Erneut kurze Zäsur mit Atmo, dann noch etwas weiter Sprecher: Über die Hauptmacht der kämpfenden Amerikaner teilten sich die Meinungen. 19. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 18:05 Über die Amerikaner, das ist ganz interessant, im Laufe des Krieges entwickelt sich das Bild weiter. Als die Deutschen das erste Mal auf die Amerikaner treffen, im Herbst 1942, in Nordafrika, da haben sie ein sehr schlechtes Bild von den Amerikanern. Da sind die Amerikaner noch kriegsunerfahren. Denen wird vorgeworfen, sie kämpfen nur materialistisch, der einzelne Soldat hat keine Haltung zum Kampf, also die Amerikaner würden nichts taugen. Sprecher: Einer, der das gleich schon am Anfang anders sieht, ist der "Wüstenfuchs" Erwin Rommel. Er weiß, bei den Amerikanern steckt mehr dahinter. Vor allem steckt ein gewaltiger industrieller Komplex dahinter, und ein tiefes Verständnis und Können von militärischer Logistik, also dem Nachschub an Material und Einheiten. Erwin Rommel bleibt mit diesem Wissen allein, und erst während der Normandieschlacht merken die Deutschen, die US-Einheiten lernen schnell dazu, sehr schnell. 20. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 19:00 Und es sind auch schließlich die amerikanischen Truppen, die den Durchbruch durch die deutschen Linien in der Normandie Ende Juli, Anfang August schaffen, und den Großteil von Frankreich befreien. ...) 19:40 Und wer bei den Deutschen das höchste Ansehen genießt, das sind die Freien Franzosen, die auf der Seite de Gaulles kämpfen. (...) Das sind ausgesuchte Truppen, die kämpfen auch für ein Ziel, ihre Heimat zu befreien, und Hitler hatte, durch seine Erinnerungen vom 1. Weltkrieg, eine hohe Meinung, was die Leistung der französischen Truppen betrifft. Wieder die Atmo Autofahrt mit Jean Lenoir. Kurz frei, dann unterlegen. Sprecher: Nach sechs Tagen mit 30 Kilometern Tiefe, 100 Kilometern auf der Breite steht die neue Westfront gegen das Hitlerreich. Die Normandieschlacht tobt in voller Härte. Atmo Zäsur, dann weiter Sprecher: Eigentlich hatte General Bernhard Montgomery vor, die strategisch wichtige Stadt Caen schon in den ersten Nachfolgetagen des D-Day einzunehmen. Aber daraus wurde nichts. Trotz der weitgehend erfolgreichen alliierten Anlandung an der Küste konnte Caen nicht eingenommen werden. Starke Panzerverbände der Wehrmacht und der Waffen-SS verwickelten die alliierten Einheiten in einen gnadenlosen Stellungskrieg und in eine Materialschlacht ohnegleichen. Erst am 19. Juli 1944 war Caen unter der Kontrolle der Amerikaner, Briten, Kanadier und Franzosen, und zu einem Großteil durch die Kämpfe zerstört. Wenige Tage nach der Befreiung Caens versuchten die Alliierten nach Falaise zu kommen. Anfang August 1944 entstand in Folge der Kämpfe der sogenannte "Kessel von Falaise." 21. O-Ton: Youtube: Bataille de la Poche de Falaise / ab 1:23/ Englisch Sprecher Voice Over: Nach der großen Kesselschlacht durch die 7. Deutsche Division geben viele Bilder der Zerstörung einen Eindruck von der Materialschlacht, die hier tobte. Panzer, zerstört von alliierten Bomben oder von den fliehenden Feinden zurückgelassen. Jetzt Kreuzblende zu Musik vor dem "Memorial Falaise". (Band: Hingehen in Memorial Falaise) Sprecher: Am Eingang zum Museum "Le Memorial de Falaise - La Guerre de Civils" wird der Besucher per Swing-Musik in die 1940er Jahre zurückversetzt. Wenige Momente nur, dann geht es hinein... 22. O-Ton: Patricia Lengyel /Führung I / 00:20 Ich heiße Patricia, und wir sind hier in dem Museum der Zivilisten in Falaise. Falaise befindet sich ungefähr 35 Kilometer südlich von Caen. Und dieses Museum ist das einzige Museum in der Welt, das den Alltag der Zivilisten im Krieg erzählt. (...) Sprecher: Patricia Lengyel führt Besucher durch das "Le Memorial de Falaise - La Guerre de Civils". Warum es dieses Museum gibt, was es so einzigartig macht, erklärt die agile Mittfünfzigerin so... 23. O-Ton: Patricia Lengyel /Führung I / 01:10 Mit dem 2. Weltkrieg hatten wir mehr Opfer in der Bevölkerung als in den Armeen. Wir hatten etwa 60 Millionen Tote im 2. Weltkrieg (...) in der Welt, und 35 Millionen sind Zivilisten. 2:05 Und warum ist dieses Museum hier in Falaise? Wir sind in der Normandie, und nach der Landung der Alliierten hat die Schlacht um die Normandie 100 Tage gedauert. Die Region wurde zu 80 Prozent zerstört. Und 20 000 Zivilisten sind getötet worden. (...) Und Falaise wurde am 18. August 1944 eingenommen und befreit. Die Schlacht hier hat sehr lange gedauert, und die Zivilisten hier in der Normandie sind durch die alliierten Bombardierungen getötet worden. Atmo Museumsrundgang jetzt aufblenden Sprecher: Fünf Jahre lang war die Normandie bis zum D-Day durch deutsche Truppen besetzt. Als die Alliierten landen, und das Land beinahe komplett zerstören mit der Anlandung und den folgenden Kämpfen... 24. O-Ton: Patricia Lengyel /Führung I / 04:35 ... ist die Reaktion der Normannen kühl, also nicht sehr warm für die Alliierten. (...) Viele Normannen sind durch die Bombardierungen getötet worden, (...) und die Franzosen verstehen die militärische Strategie der Bombardierungen nicht. Sie hatten Häuser, die Häuser werden zerstört, sie verlieren manchmal einen Bruder, einen Vater, eine Frau, eine Tochter, spielt die Bombardierung wirklich eine wichtige Rolle? Wird die Schlacht um die Normandie früher, schneller, damit enden? Das verstehen sie nicht? Und wir haben viele Aufnahmen, sie zeigen Zivilisten mit alliierten Soldaten, und die Gesichter sind sehr seriös, ja... Jetzt Atmo Rundgang Sprecher: Patricia zeigt auf alte Fotografien, die in beleuchteten Vitrinen ausgestellt sind. Zu sehen sind Männer in Wehrmachtsuniformen. Doch das sind keine Deutschen, sagt Patricia. 25. O-Ton: Patricia Lengyel / Führung II / 3:08 (...) Wir hatten eine besondere Einheit, die "Charlemagne-Division", und sie sind freiwillig, um mit der Wehrmacht zu kämpfen. Sprecher: Die 33. Waffen-Grenadier-Division der SS umfasste rund 5000 Freiwillige aus den damaligen französischen Kolonien und dem Mutterland. Der legendäre Mut und Kampfgeist dieser Division hielt an bis zu den letzten Tagen in der Berliner Innenstadt, als rund 90 Mann der "Charlemagne-Division" die Reichskanzlei gegen die anrückenden Rotarmisten verteidigten. Atmo Führung kurze Zäsur, dann weiter. Wir hören eine Radioansprache leise im Hintergrund. Patricia singt übersetzend mit... Sprecher: Dann führt Patricia in einen kleinen Raum, ein Radio ist im Hintergrund zu hören. Patricia lächelt, singt... 26. O-Ton: Patricia Lengyel / Führung II /5:15 Radio Paris lügt... Radio Paris lügt... Radio Paris ist deutsch ... in Französisch: Radio Paris mand... Radio Paris mand... Radio Paris et allemande. So, das wussten wir. Sprecher: Dann schweigt Patricia, denn in dem Raum gibt es etwas Besonderes zu hören und zu erfahren: Alltagstöne aus der Normandie im Jahr 1944. 27. O-Ton: Alltagstöne "Memorial Falaise". / Wir hören das einen Moment lang / von 00:10 - bis .... Sprecher: Wie viele der Museen entlang der Landungsstrände sind auch hier die Schauvitrinen voll mit Wehrmachtsuniformen, Uniformen der Alliierten, Waffen aller Art, Munition, Sprengstoff, Granaten, Alltagsutensilien aller Soldatenparteien. Manchmal sind aus alten Radios Kriegserklärungen oder Aufrufe der örtlichen Kommandaturen an die Zivilbevölkerung zu hören. Kurze Zäsur mit Atmo, dann... Sprecher: Da wird eine hochbetagte Frau in einem Rollstuhl an uns vorbeigeschoben. Marise, stellt sich heraus, besucht mit ihrer Tochter das Memorial. 1944, also vor 75 Jahren, war die französische Jüdin Marise ein Teenager. 28. O-Ton: Marise im Memorial Falaise/00:45 Französisch Sprecherin: Voice-Over: Ich war 10 Jahre alt am Anfang des Krieges, und 15 Jahre alt bei der Landung. Und ich habe den ganzen Krieg erlebt. Ich wohnte eigentlich im Süden Frankreichs, in der Provence, mein Vater war Jude. Und meine Familie hat die Repressionen gleich von Anfang an erlebt. 2:00 - 2:21/ französisch Sprecherin: Voice-Over: Nur mein Vater war Jude, meine Mutter war katholisch, wir wurden getauft, ja. Und mein Vater hat sich versteckt. 2:45 - 2:50: französisch Sprecherin: Voice-Over: Die Familie meines Vaters, also 17 Mitglieder der Familie, sind nie zurückgekommen. 2:58 - 3:10 französisch Wir haben in Paris ein Denkmal, das die Juden ehrt, und die Namen meiner Familie sind dort verzeichnet. Sprecher: Wie eindringlich die Fotografien, die Bilder, die Exponate im Memorial de Falaise sind, zeigt die Reaktion der freundlichen alten Dame. Tränen rinnen ihr über die Wangen, sie ist zutiefst bewegt und verstört. 29. O-Ton: Marise im Memorial Falaise/03:35-4:14 Französisch Sprecherin: Voice-Over: Ich habe das Gefühl, den Krieg ein zweites Mal zu erleben. Für mich sind die hier ausgestellten Bilder kein Traum, sie sind die Wahrheit des Krieges. Auch die südliche Region wurde bombardiert, aber weniger als hier. Doch ich habe die Bomben gesehen, als sie abgeworfen wurden. Ich erlebe das erneut, wenn ich die Bilder hier sehe. Jetzt Atmo Juno Beach Strand Sprecher: Ortswechsel: Juno Beach, nur rund eine Autostunde von Falaise entfernt. Hier landeten am D-Day rund 14.000 Kanadier. Jetzt informieren im "Centre Juno Beach" kanadische Museumspädagogen die Besucher über die Geschehnisse vor 75 Jahren. Einer von ihnen ist Louis Lebel, ein noch junger Mann aus Toronto. Als er hier seine Arbeit begann, erzählt er, und blickt über den Strand der einstigen Kampfzone, hatte er einmal einen Besuch von einem Veteranen. 30. O-Ton: Louis Lebel/ 1:50 Englisch Sprecher: Voice-Over: Das ist ein wirklich wichtiger Platz hier für die Erinnerungen der Veteranen. Wir haben eine Menge Veteranen hier, die lange nicht kamen, aber es gibt auch welche, die kommen jedes Jahr. Alle kommen sie, um ihrer gefallenen Freunde und Kameraden zu gedenken. Für mich war das eindrücklichste Erlebnis, als ich hier anfing als Guide. Es war ein wunderbarer Sommertag, und die Leute hatten Spaß hier am Strand. Spielten Frisbeys, Softballs, und so. Und auf eine der ersten Touren hatte ich einen Veteranen bei mir. Und ich komme mit dem Veteranen hier zum Strand, und vor uns die Leute, die Spaß hier haben. Und ich entschuldigte mich bei dem Veteranen, sorry, die Leute respektieren leider nicht, was hier geschehen ist. Nein, sagte er, wir sind nicht hier hergekommen, um den Strand zu befreien und davon zu erzählen, sondern um ihn zurückzugeben. (...) Und was ich jetzt hier sehe, ist ganz wundervoll. Da bekam ich ein anderes Verhältnis zum Strand hier. Wenn ich jetzt Leute sehe, die hier ihren Spaß haben, dann denke ich, ja, darum ist alles passiert. Musik aufblenden, und einen Moment als Hörpause frei stehen lassen. Zitator: "In meinem Kopf habe ich alles hin und her gewendet, seit man uns gesagt hat, was wir zu tun haben und wie wichtig wir sein werden. Millionen Menschen wissen wie ich, dass Historisches bevorsteht, aber im Augenblick bleibt es das Geheimnis unserer Herzen. Dieser Brief muss an eine unendliche Zahl von Menschen im ganzen Land verteilt werden ... wir wollen alle, dass der Krieg sein Ende findet. Ich betrachte die Dinge in Ruhe, und bin sicher, dass nichts dem Zufall überlassen wurde. Wir bilden eine verdammt gute Kampftruppe, und es gibt keinen Zweifel, dass wir auf uns gut aufpassen. Und jetzt guten Abend!" Alex Ellis Flexer, 22 Jahre, kanadischer Fallschirmspringer an seine Eltern, Juni 1944. Musik Sprecher: Erst nach sechs Tagen - und unter mörderischen Verlusten - gelang es Hitlers Gegnern, die Brückenköpfe Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword-Beach sowie andere Punkte wie zum Beispiel Falaise, La Fiere, Saint Mère-Eglise, Quistreham zu einer einzigen Front von insgesamt 100 Kilometern Länge zu verbinden. 31. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 23:00 Die Alliierten planen, dass sie am D-Day eigentlich bis zu 25 Kilometer ins Landesinnere vordringen. Diese Ziele schaffen sie allerdings nirgendwo einzuhalten. Sie schaffen es maximal 10 bis 12 Kilometer ins Landesinnere vorzudringen, vor allem die britischen und kanadischen Einheiten, und auch die US-Einheiten an der Utah-Beach. Sprecher: Die deutschen Verbände hatten indessen schwere interne Kompetenzprobleme. Es gelang nicht, die drei Wehrmachtsbereiche Marine, Luftwaffe und Heer so zu verbinden, dass eine schlagkräftige Abwehr der Invasion möglich war. Sowohl vor dem D-Day, als auch danach. Hinzu kam, dass der wohl fähigste deutsche General, Generalfeldmarschall Erwin Rommel, am 17. Juli bei einem Tieffliegerangriff einen Schädelbasisbruch erlitt, und somit als Frontbefehlshaber aus-fiel. Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Günther von Kluge bemühte sich Hitlers sinnlose Durchhaltebefehle kritiklos in die Tat umzusetzen, doch auch er konnte die alliierten Vorstöße nicht entscheidend aufhalten. Was zurückbleibt, ist ein einziges Grauen. Es ist die Landschaft aus Dantes "Inferno." 32. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 24:00 (...) die Strände nach diesen Kämpfen waren übersät mit Toten. Es gibt auch alliierte Luftbilder, die am Nachmittag des 6. Juni aufgenommen sind, wo man sieht, die ganzen Leichen, die aufgereiht wurden. Aber auch jede Menge Mate-rial (...) so muss man sich das vorstellen: wie auf einem Schlachtfeld. Mit viel Material, viel Blut, und vielen Toten. Musik Zäsur, dann noch etwas weiter Sprecher: Sechs Tage später war es den Alliierten gelungen, 326.000 Soldaten, 54 000 Fahrzeuge und 104.000 Tonnen Material an Land zu bringen, sowie einen fest zusammenhängenden Landekopf von etwa 100 Kilometern Länge und 30 Kilo-metern Tiefe zu schaffen. Am 25. Juli durchbrachen amerikanische Truppen die deutsche Front und gingen zum offenen Bewegungskrieg über. Die Abwehr der alliierten Invasion in der Normandie war endgültig gescheitert. Besonders Hitlers anfängliche Weigerung, Panzertruppen direkt nach Beginn der Invasion in Richtung Normandie in Bewegung zu setzen, hatte wesentlich dazu beigetragen, dass die Allliierten den Atlantikwall überrennen, und auf dem europäischen Festland Fuß fassen konnten. 33. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 25:20 Der 6. Juni ist der Auftakt für einen größeren Feldzug, der letztlich über die Normandie, über Paris... Sprecher: Die deutsche Besatzungsmacht in Paris kapitulierte am 25. August 1944. Paris wurde - entgegen dem ausdrücklichen Befehls Hitlers - nicht verwüstet. 34. O-Ton: Peter Lieb/ BW II/ 25:20 (...) ... über Paris, die deutsche Reichsgrenze, die Briten und Amerikaner bis nach Hamburg, bis an die Elbe, und bis an die Alpen führen wird. Aber bis dahin ist es noch ein langer und steiniger Weg, und man denkt das so oft, ja, die landen am 6. Juni, und der Rest ist so eine Art militärischer Spaziergang ins Reich hinein. So ist es absolut nicht. Der 6. Juni ist natürlich ein eminent wichtiger Tag, aber er ist nur der Auftakt für die Befreiung von Westeuropa. Atmo Strand Juno Beach wieder. Einen längeren Moment frei, dann etwas weiter noch unterlegen. Sprecher: Doch wie erging es denen, die am Rande der Ereignisse standen? Den Frauen, Kindern, den Alten, den Kranken? Wie war der Alltag in einer derart sich in Aufruhr befindenden Welt? Im "Centre Juno Beach" versucht man diesen Frau-gen nachzugehen. Lous Lebel, der kanadische Guide, führt auch durch die Aus-stellung "Great Woman During the War 1939- 1945", die hier seit dem 2. März 2019 zu sehen ist. Isabelle Hudon, die kanadische Botschafterin in Frankreich, sagte zur Ausstellungseröffnung am 1. März 2019 zur Rolle der Frau im 2. Weltkrieg... Zitatorin: "Wir müssen uns an ihre vergessenen, heute oft unbekannten Beiträge erinnern, ihre Anstrengungen im Krieg, und ihre immense Courage." 35. O-Ton: Louis Lebel / Frauen im Krieg/ 00:40 + 1:40 / englisch Sprecher: Voice-Over: Wir zeigen ganz individuelle Geschichten und Schicksale von Frauen im Krieg, mit sehr unterschiedlichen Wegen. Natürlich haben wir hier zuerst kanadische Frauen, wie erlebten kanadische Frauen den Krieg? Immerhin sind wir ja ein kanadisches Museum. Aber natürlich erzählen wir auch andere Geschichten, europäische. Wir haben eine deutsche, eine österreichische, eine britische, eine niederländische und eine französische Frau. Die Idee ist, die Gesamtgeschichte mit allen Aspekten anzuschauen. (...) 1:40 Wir haben Frauen, die in Fabriken arbeiteten, oder als Krankenschwestern, die deutsche Frau arbeitete im Showgeschäft, und ihre Geschichte ist vielleicht am härtesten. Sie war in einer Widerstandsgruppe, und sie wurde exekutiert. Sprecher: Viele Fotografien illustrieren die meist ungeheuer schwierigen Positionen und Lebensumstände der Frauen - egal von welcher kriegsführenden Seite. Wer durch die Ausstellung geht, erfährt vom Krieg eine zumeist in allen konflikt-führenden Ländern unterbelichtete Seite, die der Unbewaffneten, der hilf- und zumeist wehrlosen Frauen. Elisabeth Stuart, Assistentin des Stellvertretenden Ministers im kanadischen Department für Veteranenangelegenheiten. Zitatorin: "Ich bin sehr stolz über die Rolle der Frau in dieser militärischen Anstrengung. Die Ausstellung ist außergewöhnlich." 36. O-Ton: Louis Lebel / Frauen im Krieg/ 02:20 / englisch Sprecher: Voice-Over: Wir sind ein kanadisches Museum, wie gesagt. Aber der Krieg passierte in Europa und im Pazifik, aber nicht in Kanada. Wir müssen beide Seiten der Geschichte erzählen, unsere Seite, und die europäische Seite natürlich auch. Wir hören einen Moment lang Beach-Live. ( Omaha-Beach/ Juno -Beach) Sprecher: Fünfundsiebzig Jahre sind seitdem vergangen, fünfundsiebzig Jahre, in denen in Europa weitgehend Frieden herrscht ... weitgehend ... keine Panzer aufeinander losgehen, keine Bomben mehr abgeworfen werden, keine Leichen meterhoch Strände säumen, die Gischt blutrot ist... Atmo Zäsur, dann weiter Sprecher: Fünfundsiebzig Jahre. An allen Landungsstränden sind riesige Museen entstanden, in denen der Kriegsgräuel auf vielfältigste Weise, multimedial und technisch raffiniert gedacht wird. Filme werden gezeigt, die zutiefst eindrucksvoll das Kriegsgeschehen mit originalen Aufnahmen und schauspielerischen Sequenzen den Besuchern nahebringen. Jetzt Atmo Film "Memorial Falaise" Sprecher: So sieht man im zehnminütigen Film im "Memorial Falaise" eine Familie an einem Strand in der Abendsonne nach einem langen friedlichen Ferientag entlanggehen. Die Kinder haben Buddeleimer und Schaufeln dabei, die Eltern den Strandkorb, die Getränkekiste.... Als die Kamera einen Schwenk zurückmacht, schreien die Besucher auf... der Familie folgt schweigend und unsichtbar eine lange Reihe gefallener Soldaten. Jetzt Atmo Film "Juno Beach" Sprecher: Oder der Zuschauer sieht einen Film im "Centre Juno Beach", in dem die Fotografie einer Kompanie junger kanadischer Soldaten gezeigt wird. Die noch keine zwanzig Jahre alten Soldaten mit ihren aufgesetzten Gewehren lächeln in die Kamera wie eine Fußballmannschaft nach gewonnenem Match. Plötzlich verschwindet hier ein Gesicht aus der Gruppe, dort eines, da, und wieder hier.... bis von dreißig Gesichtern nur noch fünf übrig sind. Beach-Life erneut als Zäsur aufblenden, und jetzt aber einen Moment als Hörpause frei stehenlassen. Sprecher: Und heute? Vor den Museen hüpfen Kinder an den Stränden entlang, bauen Sandburgen, suchen Muscheln. Die Eltern sonnen sich hinter Strandmuscheln, auf bunten Badetüchern und Matten, Eisverkäufer schieben klingelnd und rufend ihre weißen Eiskarren die Strände rauf und runter... Frieden. Atmo Zäsur, dann noch etwas weiter Sprecher: Und doch geht im Hintergrund dieses Friedens der grauenhafte Krieg auf eine seltsame Art weiter, gut, wie ungut. Gut, weil seiner in den Museen gedacht wird, und den Opfern fast ausnahmslos hoher Respekt und tiefe Achtung widerfährt. Und vielleicht ungut, oder zumindest schwierig, sagt der Ex-Offizier Jean Lenoir. Monsieur Er hat den Krieg wirklich auf dem Balkan erlebt. Jean Lenoir fürchtet, Krieg verkomme hier zu einer Art Show. 37. O-Ton: Jean Lenoir/ Kriegsshow, etc. / 00:00 (...) Es gibt sogar Leute, die sich deutsche Uniformen anziehen. (...) Warum ist das so? Warum diese Entwicklung? Meine Erklärung ist, (...) die Zeitzeugen verschwinden langsam. Das ist auch in Ordnung, die Zeit läuft. Und die jetzt kommen, die junge Generation, die wollen immer etwas Konkretes sehen. Und das ist konkret. So, die verkleiden sich und spielen Krieg, aber das ist kein Spiel. (...) Sprecher: Aber es gibt neben den Baseball-Caps mit Divisionsaufdruck, Regenschirmen in Tarnfarben, D-Day-Blechtassen, Sweat-Shirts mit Nummern der US-Einheiten, Kugelschreiber, in denen die Codenamen des jeweiligen Landungsstrandes eingeprägt sind, Mouse-Pads mit Eisenhower-Churchill- de Gaulle oder Montgomery-Portraits, und... und... es gibt neben all diesem "War-Merchandising" noch anderes. 38. O-Ton: Jean Lenoir/ Kriegsshow, etc. / 01:00 Das hört zum, wir sagen "Tourisme Memoire", zum Gedächtnistourismus, das ist ein Riesengeschäft geworden. Aber nicht nur in der Normandie, überall wo Schlachtfelder sind oder historische Ereignisse (...) 1:20 und die ganze Welt kommt hierher. Sprecher: Ein Urlauber, der am Landungsstrand in Arromanche seit über 25 Jahren Campingurlaub macht, ergänzt. 39. O-Ton: Urlauber/ Band Kriegsshow / 2:30 An einem dieser Wiederholungsfeiertage, 70 Jahre, bin ich hier gewesen, in Arromanche, und da gibt's ne kleine Fußgängerzone im Innenbereich, und da gingen dann auch echte alte Veteranen, also steinalt einher, und ich habe erlebt, entweder waren es Touristen oder Einheimische, die knieten vor denen nieder im Sinne der Dankbarkeit, für das, was sie geleistet haben. (...) Und das zu erleben ist schon etwas, was für Deutsche wichtig sein kann oder sollte. Oder vielleicht für jedermann. Das man gesehen hat, diese späte Dankbarkeit hat ihren hohen Wert. Sprecher: Fragt man herum, so ist allen Urlaubern hier am Landungsstrand in Arromanche, wo noch immer einer der zwei Mulberry-Hafen im Wasser liegt, sehr wohl bewusst, wo sie sind, und was hier war. Doch warum gerade hier Urlaub machen? 40. O-Ton: Voxpop-Urlauber/ Band Voxpop Arromanche / 2:30 Frau: 00:15 es ist sehr interessant, und landschaftlich sehr schön. Und wir sind immer wieder fasziniert von dieser Gegend. Es ist eine Mischung aus Trauer, Entsetzen, und die Landschaft macht das alles wieder wett. 1:15 Und wir haben uns gestern wieder gefragt, wie es möglich war, dass ein Mensch so viele andere mit sich gezogen hat? Autor: was interessiert Sie hier an dieser so sensiblen Gegend? Mann: 2:50/ ja, grundsätzlich tatsächlich schon die Geschichte. (...) Und es bot sich an, dass wir mit den Schwiegereltern einmal hier hinfahren könnten, um das mal zu sehen. Mich interessiert das sehr, weil, ich habe Geschichte als LK gehabt im Abitur. Anderer Mann: 3:55 / Ich fand das sehr beeindruckend zu sehen, wie unsere deutsche Historie gewesen ist, was man hier davon noch sehen kann, in Deutschland sieht man von Kriegsereignissen wenig. Und hier gibt es eine andere Erinnerungskultur, und das halte ich für wichtig, dass das die eigenen Kinder lernen, und man selber das auch nicht vergisst. Atmo Strand jetzt wieder, einen Moment lang, dann... Sprecher: Knapp 100 Kilometer Strand, feiner Sand, sauberes Wasser, gute normannische Küche, die Kultur...dazu die Geschehnisse vor nunmehr 75 Jahren. Fast schließt sich eine Art Kreis, auf gute Weise, denn immer mehr Deutsche kommen, nun als Urlauber. Kaum jemand von ihnen weicht der Begegnung mit der Geschichte aus. Sie besuchen die Museen, die Friedhöfe, die einstigen Schlachtfelder, und nehmen den Willen und die Hoffnung mit, dass sich Derartiges nie wiederholt. Jetzt Atmo Restaurant.... Sprecher: Inzwischen, sagt Dominique Saussey vom Tourismusverband Normandie, hat die Region den Status UNESCO-Weltkulturerbe beantragt. Ein längst fälliger Schritt. Man ist zuversichtlich. 41. O-Ton: Dominique Saussey/ 05:41 /Französisch Sprecherin: Voice-Over: Die Absicht ist es bei allem, dass unsere Gäste verstehen, worum es hier damals ging, und was hier passiert ist. So dass es nicht wieder passiert. Jetzt französische Musik aufblenden... dazu vielleicht Atmo Strand.... Sprecher: So jährt sich also der "D-Day", der Tag der Entscheidung, der "Jüngste Tag", der "längste Tag". Nur noch wenige, die ihn erlebt, die mitgekämpft, ihn erlitten haben, leben heute noch. Doch ihre Erlebnisse gilt es weiterzugeben, wie eine Staffel bei einem Wettlauf. Damit wir nie vergessen, dass wir aufgrund ihrer Opfer in Freiheit leben dürfen. Musik noch etwas weiter, und unter die Absage Absage: "Das große Sterben für die Freiheit" - Die Lange Nacht zum 75. Jahrestag des D-Day. Von Peter Kaiser. Musik Absage: Musik hoch und aus Musikliste 1. Stunde Titel: aus: Sinfonie Nr. 3 op. 36 für Sopran und Orchester, 1. Satz: Lento sostenuto tranquillo ma cantabile Länge: 01:47 Solist: Dawn Upshaw (Sopran) Orchester: London Sinfonietta Dirigent: David Zinman Komponist: Henryk Mikolaj Górecki Label: NONESUCH Best.-Nr: 7559-79282-2 Titel: aus: Schuberts "Winterreise" Eine komponierte Interpretation für Tenor und kleines Orchester, Nr. 1: Gute Nacht Länge: 02:50 Solist: Hans Peter Blochwitz (Tenor) Ensemble: Ensemble Modern Dirigent: Hans Zender Komponist: Hans Zender Label: RCA Records Label Best.-Nr: 09026-68067-2 Titel: Phrase 3 Länge: 00:41 Interpret und Komponist: Michael Rodach Label: TRAUMTON Best.-Nr: 18392 Plattentitel: On air Titel: Lied guitare Länge: 02:19 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3231682 Plattentitel: Refuges Titel: Nightmare Länge: 00:55 Interpret: Phil Minton Komponist: Lindsay Cooper Label: ohne Best.-Nr: 13039 Plattentitel: Sarajevo Suite Titel: Nuages Länge: 02:56 Interpret: Gus Viseur et son Orchestre Komponist: Django Reinhardt Label: Frémeaux & Associés Best.-Nr: F&A 005 Plattentitel: Accordeon - Musette/Swing/Paris 1925-1942 Titel: aus: Variationen op.10 über ein Thema von Frank Bridge für Streichorchester (Variations on a Theme of Frank Bridge op.10), Introduction and Theme. Lento maestoso (2'03)(1) Länge: 02:03 Orchester: Bournemouth Sinfonietta Dirigent: Ronald Thomas Komponist: Benjamin Britten Label: CHANDOS Best.-Nr: CHAN 8376 Titel: Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello Nr.2 (Quartetto per archi No.2) Länge: 00:50 Ensemble: The Silesian String Quartet, Katowice (Kattowitz) Komponist: Krzysztof Penderecki Label: Wergo Best.-Nr: 286258-2 Titel: aus: Variationen op.10 über ein Thema von Frank Bridge für Streichorchester (Variations on a Theme of Frank Bridge op.10), Funeral March. Andante ritmico (3'34)(9) Länge: 00.50 Orchester: Bournemouth Sinfonietta Dirigent: Ronald Thomas Komponist: Benjamin Britten Label: CHANDOS Best.-Nr: CHAN 8376 Titel: Szybko Länge: 02:16 Interpret und Komponist: Jean-Louis Matinier Label: ECM-Records Best.-Nr: 3759429 Plattentitel: Inventio Titel: Hommage Länge: 03:28 Interpret und Komponist: Jean-Louis Matinier Label: ECM-Records Best.-Nr: 3759429 Plattentitel: Inventio 2. Stunde Titel: Hymn to the fallen Länge: 02:10 Interpret: Members Of The Boston Symphony Orchestra Komponist: John Williams Label: Geffen Best.-Nr: DRD 50046 Plattentitel: Saving private Ryan - Music from the original motion picture soundtrack Titel: Opfer Länge: 01:28 Interpret und Komponist: Michael Rodach Label: TRAUMTON Best.-Nr: 4424 Plattentitel: Haus am Meer - Seaside home Titel: A Reflection (Original Soundtrack aus dem Film: Gone girl) Länge: 00:42 Interpret: Trent Reznor and Atticus Ross Komponist: Trent Reznor Label: Columbia Best.-Nr: o. A. Titel: Amnésie Länge: 02:05 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3113162 Plattentitel: Mémoires du futur Titel: Plasma Länge: 00:45 Interpret: Kronos Quartett Komponist: Kimmo Pohjonen, Samuli Kosminen Label: ONDINE Best.-Nr: ODE11852 Plattentitel: Uniko Titel: Fanfare for the Common Man für Orchester Länge: 01:30 Orchester: Minnesota Orchestra Dirigent: Eiji Oue Komponist: Aaron Copland Label: Reference Best.-Nr: 015093 Titel: High school teacher Länge: 01:23 Interpret: Members Of The Boston Symphony Orchestra Komponist: John Williams Label: Geffen Best.-Nr: DRD 50046 Plattentitel: Saving private Ryan - Music from the original motion picture soundtrack Titel: Consummation (Original Soundtrack aus dem Film: Gone girl) Länge: 02:12 Interpret: Trent Reznor and Atticus Ross Komponist: Trent Reznor Label: Columbia Best.-Nr: o. A. Titel: Douce joie Länge: 03:00 Interpret: Gus Viseur et son Orchestre Komponist: Gus Viseur Label: Frémeaux & Associés Best.-Nr: F&A 005 Plattentitel: Accordeon - Musette/Swing/Paris 1925-1942 Titel: Seltsam erscheint unsere Lage Länge: 02:58 Interpret und Komponist: Michael Rodach Label: TRAUMTON Best.-Nr: 4514 Plattentitel: Seltsam erscheint unsere Lage Titel: aus: Sinfonia da Requiem für Orchester, op. 20, 1. Satz: Lacrymosa. Andante ben misurato Länge: 01:10 Orchester: New Philharmonia Orchestra Dirigent: Benjamin Britten Komponist: Benjamin Britten Label: London Best.-Nr: 425100-2 Titel: Péril Länge: 03:10 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3085032 3. Stunde Titel: aus: Billy the Kid. Ballettsuite für Orchester, (1) Introduction. The Open Prairie - Länge: 00:58 Orchester: Morton Gould & His Orchestra Dirigent: Morton Gould Komponist: Aaron Copland Label: RCA Records Label Best.-Nr: 88697720602 Titel: Lament 1 Länge: 01:33 Interpret und Komponist: René Aubry Label: ohne Best.-Nr: 210771 Plattentitel: Now Titel: Silent wish Länge: 01:41 Interpret und Komponist: Michael Rodach Label: TRAUMTON Best.-Nr: 4514 Plattentitel: Seltsam erscheint unsere Lage Titel: Remember Länge: 01:55 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3113162 Plattentitel: Mémoires du futur Titel: Viendras-tu avec moi? Länge: 00:29 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3113162 Plattentitel: Mémoires du futur Titel: The beginning or the end Länge: 01:55 Interpret und Komponist: René Aubry Label: ohne Best.-Nr: 210771 Plattentitel: Now Titel: Veins Länge: 01:33 Interpret und Komponist: Jun Miyake Label: yellowbird Best.-Nr: yeb 7746 Plattentitel: Lost Memory Theatre, Act 2 Titel: Dead indeed Länge: 01:30 Interpret und Komponist: Nils Petter Molvaer Label: ECM-Records Best.-Nr: 543365-2 Plattentitel: Solid ether Titel: Behind the Yashmak Länge: 01:50 Interpret: Esbjörn Svensson Trio Komponist: Esbjörn Svensson, Dan Berglund, Magnus Öström Label: ACT Best.-Nr: 9021-2 Plattentitel: Retrospective - The very best of E.S.T Titel: Wiosna Länge: 01:46 Interpret und Komponist: Jean-Louis Matinier Label: ECM-Records Best.-Nr: 3759429 Plattentitel: Inventio Titel: Unsagbar Länge: 03:34 Interpret und Komponist: Michael Rodach Label: TRAUMTON Best.-Nr: 4514 Plattentitel: Seltsam erscheint unsere Lage Titel: Refuges Länge: 02:00 Interpret und Komponist: René Aubry Label: HOPI MESA Best.-Nr: 3231682 Plattentitel: Refuges Peter Lieb, "Unternehmen Overlord", Kap. 2.2., Vichy-Frankreich und die Résistance, Seite 28 Peter Lieb, Unternehmen Overlord, Seite 47 Friedrich Hölderlin, Hälfte des Lebens, 1804 Antony Beevor: D-Day - Die Schlacht in der Normandie, C. Bertelsmann, Gütersloh, 2010, ISBN 978-3-570-10007-3, Seite 78 Peter Lieb, ebda, Seite 129-130 Dante Alighieri, "Die Göttliche Komödie", Purgatorio, 1. Gesang Tagebuch der Anne Frank Ralf Nestmeyer, "Normandie," S. 296, Michael-Mueller-Verlag, Erlangen, 2010, ISBN 978-3- 95654-218-3 Aus: "Große und Kleine Geschichten über die Landung in der Normandie." Tourismuszentrale Caen "Das große Sterben für die Freiheit" Eine Lange Nacht zum D-Day vor 75 Jahren Seite 2