COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. DeutschlandRadio Kultur Red.: Heidrun Wimmersberg Länderreport 26.10.2012 Energiewende in den Kommunen Von Conrad Lay Spr. = Sprecher TAKE 1 Klärle 33'40 "Die Ingenieure, die Technologie steht bereit, um diese Energiewende hinzube- kommen. Die Politik muß es wollen, und der Markt wird es akzeptieren, weil wir damit sehr viel mehr Geld verdienen können wie mit der Kohle- und der Atomenergie in der Gänze, weil die Ressource bei uns im Land ist." Spr. Alles begann im Weinberg. Martina Klärle schnitt bei schönster Frühlingssonne Reben und überlegte sich: Welcher Weinberg eignet sich für Riesling, welcher besser für Silvaner? Welche Sonneneinstrahlung ist dafür nötig und wie kann ich berechnen, wie viel Sonnenenergie auf einem Quadratmeter ankommt? Heute hat die ehemalige Weinkönigin und heutige Geoinformatikerin, Professorin an der Fachhochschule in Frankfurt am Main mehrere Millionen Dächer ana- lysiert. TAKE 2 Klärle 5'04 "Allein hier in Hessen sind es rund 700.000 Dächer, die wir analysiert haben." Spr. Die Grundidee war einfach: um ein Solarkataster zu stellen, muss man heraus- finden, ob ein Dach in Richtung Süden ausgelegt ist, wie stark seine Neigung ist und ob es im Schatten der Nachbarhäuser oder von Bäumen liegt. Doch diese Daten waren bereits vorhanden. Das Land Hessen hatte zuvor schon den Auftrag vergeben, das gesamte Land zu befliegen, mit Laserscanner abzutasten und zu fotografieren. Die Daten waren zunächst für den Hochwasserschutz oder die Er- stellung von topographischen Karten gedacht. Martina Klärle: TAKE 3 Klärle 5'52 "Meine Idee war dann, man kann die doch ein weiteres Mal verwenden, d.h. diese Daten wurden nicht für das Solardachkataster teuer erhoben." Spr. Die Geoinformatikerin startete mehrere Pilotprojekte: so analysierte sie im Auftrag des hessischen Umweltministeriums unter dem Namen "Solardach.Hessen.de" zwölf Prozent der hessischen Dächer, das sind an die 700.000 Gebäude, in der Rhein-Main-Region sowie in Teilen Mittelhessens. TAKE 4 Klärle 34'45 "Das Land Hessen hat etwas gemacht, was bislang kein Bundesland gemacht hat, es hat ein Solardachkataster für alle in die Wege geleitet. In anderen Bun- desländern müssen sich die Kommunen einzeln dieses Solardachkataster erar- beiten, hier ist es für das ganze Land angegangen, das Pilotprojekt ist abgeschlossen, es ist übrigens das größte Solardachkataster, das es gibt, und die Entscheidung steht an, ob das Solardachkataster für ganz Hessen ausgeweitet wird. Die Daten dazu sind da" Spr. Eine Photovoltaikanlage hält die Geoinformatikerin wirtschaftlich nach wie vor für attraktiv. Hauptgrund dafür ist, dass die Preise für Solarmodule in den letzten zehn Jahren um 60 bis 70 Prozent gesunken seien. Die Senkung der Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entspreche den gesunkenen Modulkosten. Aber auch über das rein Wirtschaftliche hinaus findet Martina Klärle es einfach gut, dass man in der Energieversorgung nicht von anderen abhängig ist: TAKE 5 Klärle 21'50 "Es ist ein ganz tolles Gefühl, wenn man sich die Haare fönt mit dem Strom aus der Sonne oder wenn duscht mit der Wärme aus der solarthermischen Wasseraufbereitung, das ist phantastisch, da hat man richtig ein gutes Gefühl, da duscht man auch gerne ein bisschen länger, was man eigentlich nicht sollte, aber das ist einfach schön, wenn man weiß, all das, was man braucht im Haus, wird auf dem Dach selber produziert." Musikakzent Spr. Wiesbaden war die erste hessische Stadt mit einem Solarkataster. Da dort die Daten aufgrund einer Laserscannerbefliegung schon früh vorlagen, wandte sich Martina Klärle an die Stadt, ob sie die Daten nicht zu einem Solardachkataster weiterverarbeiten solle. Jutta-Maria Braun, stellvertretende Leiterin des Um- weltamtes in Wiesbaden erinnert sich: TAKE 6 Braun 1'22 "Umgekehrt erhalten wir immer Anfragen, könnt ihr uns nicht sagen, welche Dächer besonders geeignet sind? Wir haben's dann unseren parlamenta- rischen Gremien vorgetragen, die auch sehr schnell eine Entscheidung ge- troffen haben und gesagt haben: ja das machen wir. Dann haben wir das gemacht, die Zusammenarbeit hat hervorragend geklappt, und ein halbes Jahr später hatten wir praktisch das Solarkataster betriebsbereit." Spr. Auf den Dächern ihrer eigenen Schulen und Sporteinrichtungen errichtete die Stadt zwölf Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von knapp Tausend Kilo- wattpeak - so heißt die Maßeinheit für Strom, der aus Solarzellen gewonnen wird. Es meldeten sich auch Bürger bei der Stadt, die nicht selbst über ein Dach verfügten, aber sich gerne an einer Photovoltaikanlage beteiligt hätten. Jutta-Maria Braun ist zugleich Geschäftsführerin der Bürger-Solaranlagen Wiesbaden GmbH, die zusammen mit der Gesellschaft "MeinSolar Wiesbaden" Bürgersolaranlagen betreibt. TAKE 7 Braun 10'56 "Dieser Gesellschaft können dann Bürger als Kommanditisten beitreten, es geht zurück auf einen politischen Beschluss in der Landeshauptstadt Wiesbaden, man wollte möglichst vielen Bürgern, die keine Dächer haben, die Möglichkeit geben, in diese Solartechnik in ihrer Region zu investieren und eigentlich Miteigentümer zu werden. Spr. Ob mit 500 oder 5.000 Euro, die Bürger können sich auf diese Weise an neun weiteren Anlagen auf städtischen, aber auch privaten Dächern beteiligen. Jutta- Maria Braun ist mit der Realisierung des Projekts zufrieden, auch was die finan- zielle Seite betrifft. TAKE 8 Braun 16'51 "Also wir haben bei der ersten Planung sehr konservativ geplant und hatten damals gesagt bezogen auf das Eigenkapital eine Rendite von dreieinhalb bis vier Prozent. Wir sind jetzt, nachdem wir schon ein ganzes Stück weiter in der Umsetzung drin sind, sehr zuversichtlich, dass wir diese Rendite nicht nur halten, sondern überschreiten werden." Musikakzent TAKE 9 Schnick 19'38 "Das Solarkataster ist sehr hilfreich, da bin ich richtig froh, wenn mich jemand fragt, dann guck' ich schnell mal rein und sage, ja, es rentiert sich, da kann mal eine Firma kommen, da ist jetzt schon mal das Potenzial auf jeden Fall auf der Dachfläche." Spr. Karin Schnick ist Erste Stadträtin der 25.000 Seelen-Gemeinde Hattersheim, im Herzen des Rhein-Main-Gebietes zwischen Wiesbaden und Frankfurt gelegen. Ähnlich wie Wiesbaden gründete auch Hattersheim eine Solargesellschaft, in der Bürger mit finanziellen Einlagen in Photovoltaikanlagen investieren können. Ansonsten setzt die Stadt Hattersheim auf eine Strategie des "sanften Drucks". TAKE 10 Schnick 0'57 "Wir machen da so ein Umweg und schreiben eine Dachbegrünung fest, und bei dieser Dachbegrünung wird dann festgeschrieben, alle Dächer, die nicht für Solaranlagen genutzt werden, sind zu begrünen. So dass man so ein bisschen Wink mit dem Zaunpfahl - kann sich dann jeder überlegen, mach' ich eine Dachbegrünung oder mach' ich mir eine Solaranlage aufs Dach." Spr. Die Strategie scheint aufzugehen, gerade auch bei Eigentümern größerer, gewerblicher Dächer. Karin Schnick: TAKE 11 Schnick 2'12 "Wir haben bei uns jetzt relativ neu einen Edeka-Markt, der hat eine niedrig wachsende Dachbegrünung, hat obendrauf aufgeständert eine Photovoltaikanlage, und hat sein gesamtes Energiekonzept so umgestellt, dass er mit einer Wärmepumpe aus dem Grundwasser seine Versorgung gewährleistet. D.h. bei einem Einzelhandel habe ich ja nicht nur Wärme, die ich brauche, ich habe auch Kälte, weil ich Kühltruhen habe, insofern ist das Grundwasser der Puffer, da gibt es jetzt Bilanzen, dass man sich vergleicht: Kaufhäuser in gleicher Größe, und da kommt man ungefähr mit einem Viertel des Energieeinsatzes aus." Spr. Der städtische Impuls regte den Einzelhandelsbetreiber dazu an, ein gesamtes Energiekonzept zu entwickeln: mit Einsparergebnissen, die sich sehen lassen können. TAKE 12 Schnick 4'21 "Durch 'ne Dachbegrünung habe ich Kosten, habe aber keinen Ertrag. Wenn ich jetzt aber eine Solaranlage mache, habe ich auch einen Ertrag, und es regt einfach die Investoren an, darüber nachzudenken, was sie gerne möchten." Musikakzent TAKE 13 Klärle 12'21 "Also der Oberbürgermeister Feldmann hat sich auch bei mir gemeldet, und wir haben uns auch zusammengesetzt und haben über die Potenzialanalyse gesprochen, und er ist sehr an diesen Details interessiert und wird die auch berücksichtigen." Spr. Im März 2012, mitten im Wahlkampf um den Posten des Frankfurter Oberbürgermeisters, erklärte SPD-Kandidat Peter Feldmann, sein Ziel sei es, die Finanzmetropole zur "Solarhauptstadt Deutschlands" zu machen. Feldmann ge- wann die Wahl und ließ sich, noch bevor er offiziell ins Amt eingeführt wurde, von Martina Klärle beraten. Das Ergebnis: die 700.000 Einwohner-Stadt könnte 37 Prozent ihres privaten Strombedarfs durch erneuerbare Energien decken. Da aber der gesamte Strombedarf, also einschließlich Industrie, Banken, öffentliche Gebäude, viermal so hoch ist, entfällt auf die "erneuerbaren" noch nicht einmal zehn Prozent. Martina Klärle: TAKE 14 Klärle 14'40 "Frankfurt schafft die Energiewende nur, wenn es sich mit dem Umland zusammenschließt. Da gibt es viele Gemeinden, die wenig Energieverbrauch haben, aber große Flächenpotenziale für die Biomasse, für die Windenergie vor allem, aber auch für die Solarenergie, und nur wenn dort ein Zusammenschluss stattfindet, wird es z.B. im Umlandverband, im Regio- nalverband möglich sein, in diesem Gebiet das gesamte Gebiet zu 100 % erneuerbar zu versorgen. " Spr. Dem Solarkataster Martina Klärles kann man wichtige Informationen über die Verteilung des Energiepotenzials entnehmen: so kann man im Falle Frankfurts 100 Gigawattstunden entweder auf 30.000 kleinen Dächern produzieren oder auf nur 500 der großen Dachflächen. Ein Ergebnis, das unmittelbar zur Umsetzung ein- lädt: TAKE 15 Klärle ca.19.40 "Das Verhältnis ist schon so, daß man auf den kleinen Dächern mehr Potenzial ist, weil es einfach viel viel mehr Dächer sind, aber dass es leichter umsetzbar ist und schneller zu Ergebnissen kommt, wenn man die großen Industriedächer bestückt mit Solaranlagen, weil man dort gleich 1000, 2000 qm auf einen Schlag installieren kann." Spr. Die Geoinformatikerin ist optimistisch, dass Frankfurt das große Ziel "Solar- hauptstadt" erreichen könne: TAKE 16 Klärle 17'03 "Frankfurt ist relativ gut besonnt, hat einen sehr, sehr hohen Dachbestand, also etwa 60 qm pro Person, das ist relativ hoch, vergleicht man es mit anderen Städten, und wenn man dieses Potenzial auf den Dächern nutzt, dann kann man auch sehr weit vorne mitspielen und kann auch wirklich zur solaren Hauptstadt werden." Musikakzent Spr. Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann sah sich in den ersten vier Monaten seiner Amtszeit nicht zu einer Stellungnahme in der Lage. Ob die Rede von der "Solarhauptstadt" nur ein schnell vergessener Wahlkampfschlager war? Der Leiter des Energiereferates in Frankfurt am Main, Werner Neumann, ist noch skeptischer. Er hält wenig von einem Solarkataster, überhaupt von Photovoltaik. Einen strategischen Ansatz für Kommunalpolitik sieht er darin schon gar nicht: TAKE 17 Neumann 11'04 "Wir haben auch, bevor es dieses Solarkataster gab, auch schon mal so etwas Ähnliches gemacht. Das kann man auch ohne solche Graphikprogramme machen, indem man einfach - wir haben da junge Leute hier gehabt, die ein ökologisches Jahr machen bei der Stadt, die haben sich einen Stadtplan ge- nommen, da sind die Flächen zum Teil schon rot eingemalt, also alles, was größere Flächen sind, und wir haben da mal gezielt alle größeren Betriebe angesprochen, zu sagen, könnt ihr nicht da Photovoltaik machen? Das war noch zu Zeiten, als die Photovoltaik zwei-, dreimal teurer war als heute. / Dann kamen aber Probleme auf, wo man sagt, das ist ein Potenzial, das kann man entweder mit diesem Graphiksystem, mit Radardaten machen, ich kann mich natürlich auch vor das Haus stellen oder ich kann inzwischen mit dem Internetsystem Google und anderen Dingen problemlos meine Dächer anschauen und ausmessen." Spr. Ein paar junge Leute durch die Stadt schicken - das soll eine Potenzialanalyse ersetzen? Werner Neumann geht sogar noch einen Schritt weiter: da würden die falschen Schwerpunkte gesetzt, mit Solarenergie könne man nur 20 Prozent des Strombedarfs decken. Vorrangig sei es, den Verbrauch um 50 Prozent zu sen- ken. TAKE 18 Neumann ca 2'50 "Das ist eine Sache, die in so einem Kataster gar nicht abzubilden ist, weil ich ja da nicht in die Häuser und Keller reinschauen kann. Da sieht es eigentlich - ich sag mal - furchtbar aus. Aber was da furchtbar ist, bietet auch die Chance, die Heizungsanlagen zu erneuern, die Häuser mit Wärmedämmung zu versehen, oder, was wir an Konzepten haben, Wärmedämmung von innen mit Lüftungsanlagen, um die schönen Fassaden von Frankfurt zu erhalten. D.h. da geht unser Energiekonzept im Detail weitaus weiter." Spr. Sonnenenergie kommt in der Konzeption von Werner Neumann nur am Rande vor: TAKE 19 Neumann 12'21 "Solarenergie wird erst schön mit Energieeinsparung, d.h. ich muss, und manchmal ist das auch nicht schlecht, kann ich die Solarenergie ein bisschen als 'Zuckerle' nehmen und sagen, o.k., bevor ihr Solarenergie macht oder wenn ihr das verbindet, dann schauen wir doch mal, wie sieht's denn im Haus aus!" Spr. Die Metropole am Main sei mit einem anderen Konzept längst "Weltmeister beim Thema Passivhäuser" geworden, meint der Chef des Energiereferates, die Stadt baue nur noch Passivhäuser, ob Schulen, Kindertagesstätten oder die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Neue Energiequellen für private Gebäude in- teressieren Neumann weniger. In der Optik des Verwaltungschefs geht es vor allem um zentrale Koordination, um Einbettung in städtische Strukturen. Verpufft angesichts dessen die positive Schubkraft, die von der Vision Martina Klärles ausgeht? Was hält Werner Neumann von dem Versprechen seines Oberbürgermeisters, Frankfurt zur Solarhauptstadt zu machen? TAKE 20 Neumann 34'20 "Da dürfen Sie mich als Mensch der Verwaltung gar nicht fragen. Nein, die Politik funktioniert ja anders. Frankfurt hat da eine schwarz-grüne Koalition, die insbesondere auch in den Bereichen Ökologie, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Koppelung gute Politik gemacht hat, nicht nur allein, sondern auch mit vielen anderen Partnern, städtische Gesellschaften wie auch private, mit dem Handwerk wurde eine Vereinbarung 'Handwerker für den Klimaschutz' geschlossen, die Handwerkskammer mit Petra Roth usw.. Jetzt kommt Peter Feldmann, als Oberbürgermeister, ich denke, dass er da sein gutes Recht und fast sogar seine Pflicht ist, da neue Akzente zu setzen, aber insbesondere die Fragestellung, jetzt sind wir schon Passivhaus-Hauptstadt, jetzt sind wir schon gut in Kraft-Wärme-Koppelung, jetzt wollen wir noch Solarhauptstadt werden, da kommen alle Elemente zu- sammen." Musikakzent TAKE 21 Simon 0'41 "Ich persönlich habe mit Frau Klärle als ich noch Bürgermeisterin in Offen- bach war, das Solarkataster der Stadt Offenbach entwickelt. Wir waren da eine der erprobten Städte und Vorreiter sozusagen, an dem sie mal ein gutes Beispiel erproben wollte, und war auf mich zugetreten, und wir haben das damals zusammen gemacht. " Spr. Birgit Simon ist inzwischen Erste Beigeordnete des "Regionalverbandes Frank- furt/Rhein-Main", dem die Koordination zwischen den verschiedenen Kommunen in dem Ballungsraum mit seinen fünfeinhalb Millionen Einwohnern obliegt. Als sie noch Bürgermeisterin in Offenbach war, habe sie das Solarkataster "fleißig" genutzt, um möglichst viele öffentliche Dächer mit Photovoltaikanlagen zu bestücken. Das ist besonders dann interessant, wenn man nicht nur die Sonne, sondern alle erneuerbaren Energieformen berücksichtigt. In ihrem Pilotprojekt "ErneuerbarKomm" erstellte Martina Klärle ein ganzheitliches Potenzialkataster für alle erneuerbare Energien, also Wind, Sonne, Bioenergie und Wasser. TAKE 22 Klärle 37'39 "Das Schöne daran ist dieser Online-Rechner, dort kann man dann im Rahmen des Potenzials, das wir ermittelt haben, seinen eigenen Wunsch- Energiemix zusammenstellen, d.h. wenn wir herausgefunden haben, dass eine Gemeinde 15 Windräder als Potenzial hat und soundsoviel Dachflächen geeignet sind und soundsoviel Biomasse zur Verfügung steht, kann er wie bei einem Mischpult an einem Schieberegel zusammenstellen: ich will keine Windräder, aber ich will soundsoviel Biomasse und soviel Solarenergie und dann kann man sehen, wie viel Energiemenge kann ich dann produzieren im Vergleich zu dem gesamten Strombedarf, der auch in diesem Online-Portal dargestellt wird." Spr. Die Potenzialanalyse ergab: Die 75 Kommunen des Rhein-Main-Gebietes könnten 116 Prozent ihres privaten Strombedarfs durch erneuerbare Energien selbst decken. Dabei ist die Verteilung von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschied- lich. Die Stadt Bad Homburg etwa könnte 160 Prozent des Energiebedarfs ihrer privaten Haushalte decken. Sie müsste dazu allerdings 19 Windräder errichten. Der Online-Rechner von Martina Klärle gibt nun die Möglichkeit, über den Energiemix selbst zu entscheiden: Er legt Lokalpolitikern, aber auch jedem Bürger offen, welche Möglichkeiten theoretisch bestünden. Birgit Simon: TAKE 23 Simon 14'27 "Es bereichert die Diskussion bestimmt, weil wie gesagt auch spielerisch, das muss man mal deutlich sagen: es ist zwar eine wissenschaftliche Analyse, aber es ist ein spielerisches Herangehen, die drei Faktoren, Wind, Photovoltaik, Bio- masse - sich damit zu beschäftigen, und deswegen hat das seinen Wert." Spr. Würde etwa Bad Homburg nur sechs Windanlagen errichten und die Hälfte der geeigneten Dachflächen mit Photovoltaik belegen, käme die Stadt immer noch auf 100 Prozent des privaten Bedarfs. Das Energiekataster von Martina Klärle könnte zu einer Versachlichung der Diskussion führen. Denn die Möglichkeiten liegen nun auf dem Tisch, eine Entscheidungsgrundlage ist damit gegeben, davon ist die Geoinformatikerin überzeugt: TAKE 24 Klärle 8'21 "Sehr viele Kommunen und Landkreise kamen auf uns zu und haben zu uns gesagt, wir wissen da jetzt eine Zahl, jetzt wissen wir, wir können 95 % oder 20 oder 3.000 % unserer Energie selbst produzieren, jetzt möchten wir wissen, wo, auf welchem Grundstück, mit welchen Eigentümern, mit welcher Energieform, und dann war das Interesse groß an den detailscharfen Karten." Spr. Martina Klärles Potenzialanalyse ist keine Wunschmaschine. Aber sie zeigt jedem auf einfache Art und Weise, wie die Energiewende auf kommunaler Ebene verwirklicht werden kann. TAKE 25 Klärle 38'59 " Mein Wunsch war es, ein Werkzeug zu generieren, das der Bürger nutzen kann, so dass der Bürger sagen kann: ich habe ein großes Potenzial, und ich will mit dazu entscheiden, als ein Bürger dieser Region oder der Bürgermeister oder die kommunalen Vertreter, was ich haben möchte. Und es soll eine Diskussionsplattform sein. 8 1