DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Feature Dienstag, 05.02.2008 Redaktion: Marcus Heumann 19.15 - 20.00 Uhr Deutschland über alles! Burschenschaften heute Von Matthias Baxmann URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. ? Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript - Im O-Ton: - Gerhard Schäfer, Sozialwissenschaftler - Holger Brandes, Prof. f. Psychologie, Psychotherapeut, Männerforscher - Tamas Blennesy, Student, Referent im Freien Zusammenschluss von Studentenschaften - Burschenschafter O-Ton Garde: Schläger zieht blank! Präsentiert! Links um! Zur Ersten: Regie: O-Ton/Nationalhymne/Burg ca. 10´´ freistehend, darüber weiter Ansage und Text Ansage: Deutschland über alles! Burschenschaften heute Von Matthias Baxmann O-Ton Jörg Frey: Wenn wir heute das Bekenntnis zum deutschen Vaterland im Lied der Deutschen dokumentieren, so müssen wir klar machen, dass das nicht ein Lied ist als Stufe zur Vergrößerung der Bundesrepublik, sondern dann müssen wir klar machen, dass wir mit diesem historischen Lied, das jetzt bald schon mehr als 150 Jahre das deutsche Volk begleitet hat, zum Ausdruck bringen wollen, dass das deutsche Vaterland, unsere deutsche Kultur weiter reicht als politische Grenzen, dass wir zum Ausdruck bringen wollen, dass politische Grenzen immer willkürliche Grenzen sind, dass sich die Volkstumsgrenze noch nie an die politische Willkür gehalten hat und dass es unsere Aufgabe ist, unabhängig von politischen Grenzen Angehörige unseres Volkes zu helfen und zu unterstützen und die geistige, ideelle und ethnische Einheit über politische Grenzen zu erhalten. Regie: O-Ton Nationalhymne unter folgendem Text mit Atmo Burg überblenden Sprecherin: Das war Jörg Frey. Ein österreichischer Burschenschafter mit seiner Festrede zum Deutschen Burschentag 2007 auf der Wartburg im thüringischen Eisenach. Circa 500 Verbandsbrüder hatten sich zum alljährlichen Säbelrasseln auf der Burg eingefunden. Mit ihren Bierhumpen strömen sie aus der Burgkneipe auf den gepflasterten Innenhof. Ein Elternpaar fotografiert seinen Sohn in Burschentracht. Eine ältere Dame im Dirndl schmiegt sich an ihren orange bemützten Gatten. Mit ihren bunten Mützen sehen die Männer aus wie Schuljungen. Manche dieser verschossenen Kappen sind liebevoll bestickt. Dunkler Anzug und Krawatte sind obligatorisch. Auffällig sind die langen Narben in vielen Gesichtern. O-Ton D. Helmel: Mein Name ist Dietrich Helmel, komme aus Linz und bin Mitglied der Innsbruck-Akademischen Burschenschaft Brixia und bin 25 Jahre alt. Regie: Atmo Kommandos O-Ton D. Helmel: Hier findet eigentlich schon traditionell alljährlich am Beginn des Burschentages an sich der Festakt auf der Wartburg statt, der auf der einen Seite eine Festlichkeit und Feierlichkeit im Zuge des Burschentages darstellt und eine Eröffnung, ein würdige und auf der anderen Seite natürlich auch auf die Wurzeln der Urburschenschaft zurückgreift. Regie: Burg- Atmo unter Text ausblenden Sprecherin: Die Burschenschaft ist eine Form der Studentenverbindung. Nicht jeder der sich mit einer farbigen Mütze dekoriert, ist also ein Burschenschafter. Diese Uniformierung gehört bei anderen Verbindungen ebenso zur Tradition wie der Mythos vom so genannten Lebensbundprinzip: Einmal korporiert, immer korporiert. Und damit endet die Gemeinsamkeit unter diesen Vereinigungen. O-Ton Schäfer: Es gibt eine ganz breite Palette: Sprecherin: Der Sozialwissenschaftler Gerhard O-Ton Schäfer: O-Ton Schäfer: Da haben wir die Corps und die Landsmannschaften, dann haben wir die katholischen, die CV und die KV, die aber mir den Burschenschaften überhaupt nichts zu tun haben wollen, weil sie sehr früh auch Anfang der Neunziger Auseinandersetzungen mit den Burschenschaften geführt haben um dieses rechtsextremistische Profil und sich deutlich davon abgegrenzt haben, weil sie traditionell immer sehr stark der CDU/CSU, FDP in Teilen auch der SPD, also des Bonner Establishments sich verpflichtet fühlten. Corps und Landsmannschaften haben auch teilweise fakultativ die Mensuren, auch sehr stark rechts, wo es Brücken hin zur Burschenschaft gibt, wo es auch vereinzelt immer so rechtsextreme Tendenzen gegeben hat. Und auf der anderen Seite haben wir dann Sängerschaften, Turnerschaften, Yachtkorporationen, Ingenieurkorporationen, die ohnehin viel liberaler im Gepräge sind. Da gibt es Kriegsdienstverweigerer, da gibt es Frauen, die selbstverständlich im Haus ein und ausgehen. Da hat sich ein liberaler Umgang bei vielen eingestellt. Regie: Unter letzten Satz Burg - Atmo wieder einfahren, weiter mit Text Sprecherin: Ganz im Gegensatz zu den Burschenschaften. In ihren Reihen werden weder Kriegsdienstverweigerer noch Frauen geduldet. Außer bei öffentlichen Festakten wie dem auf der Wartburg. Hier sind Frauen als Zierde, als so genannter Damenflor herzlich willkommen. Obwohl die Burschenschaft eine Studentenorganisation ist, gehören die Männer hier oben auf dem Innenhof eher älteren Lebenssemestern an. Das erklärt die Annsammlung von Nobel-Limousinen auf dem Parkplatz unterhalb der Burg. Autokennzeichen aus ganz Deutschland und Österreich. Regie: Burg - Atmo Kommando Sprecherin: Unter dem Jackett, aber über der Krawatte wird ein Band mit den drei Farben der jeweiligen Burschenschaft getragen. O-Ton D. Helmel: Also für was sie stehen, kann ich selbstverständlich sagen: Sie stehen natürlich zu den Begriffen Ehre, Freiheit Vaterland, so wie jeder Bund der deutschen Burschenschaft. Sprecherin: Auch österreichische Burschenschaften gehören dem Dachverband an, denn Österreich ist deutsch, zumindest in den Augen der Burschenschafter. O-Ton D. Helmel: Also wir sehen zum Beispiel da heroben im grünen Couleur, das ist die Burschenschaft Leda. Sprecherin: Mit Couleur ist die Farbe der Mütze gemeint. O-Ton D. Helmel: Daneben ist einer der ehemaligen Urburschenschaften, die Jenaische Burschenschaft Germania, die Burschenschaft Raczek zu Bonn, sehen wir auch noch hier, alte Breslauer Burschenschaft Raczek derzeit zu Bonn. Sprecherin: Derzeit. Germania, Teutonia, Arminia, Alemannia - so die häufigsten Namen der 120 Bünde unter dem Dach der Deutschen Burschenschaft. O-Ton D. Helmel: Also der Ablauf wird so sein, dass die Chargierten vor dem Burgtor Aufstellung nehmen. Danach wird der Einzug erfolgen. Sprecherin: Die Chargierten: Eine Art Ehrengarde in historischer Uniform. Ein kleines rundes Käppi sitzt den Auserwählten schräg auf dem Kopf, wie bei einem Hotelpagen. Den Blick frei geradeaus hat man sich im Stechschritt aufgestellt - mit gezogenem Degen, dem so genannten Schläger. O-Ton D. Helmel: Im Anschluss wird unser Altherrenobmann, Dr. Jörg Frey, die Festrede hier im Zuge dieses Festaktes halten O-Ton Garde: ...Silentium, zieht weiter!... O-Ton Jörg Frey: Wir Burschenschafter haben uns im Jahre 1817 entschieden, einen ganz bestimmten Vaterlandsbegriff für unsere politischen Ziele zu definieren. Es geht darum, dass wir die deutsche Kultur, die deutsche Sprache und unser Bekenntnis zum Deutschtum ohne Rücksicht auf politische Grenzen verwirklichen können, jedoch diese Umsetzung ohne Änderung politischer Grenzen erfolgen muss. Das klar zu machen, wenn wir von einem deutschen Vaterland reden, das zu vermitteln und nicht Missverständnisse herbeizuführen, ist unsere Aufgabe. In diesem Sinne: Heil Deutsche Burschenschaft! Regie: mit Applaus Atmo ausblenden, trocken weiter O-Ton Schäfer: Das Problem beginnt an der Stelle, wo dieser "volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff" als Ausgangspunkt benutzt wird für rassistische Positionen in dem Sinne, dass das eine Volkstum dem anderen gegenüber als höher beziehungsweise niederwertig betrachtet wird. Wenn man die Praxis etwa der Burschenschaften in Schlesien, also im heutigen Polen sich ansieht, dort kann man feststellen, dass es in Verbindung mit Vertriebenenorganisationen sehr wohl einen revanchistischen Touch bekommt, wenn man Grundstücke aufkauft und die Dominanz des Deutschen wiederherstellen will, da ist der kritische Punkt, wo das umschlägt und der "volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff" ist die ideologische Folie, auf der die Durchlässigkeit hin zum rassistischen stattfindet. Zitator: Das Deutsche Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 besteht nach herrschender völkerrechtlicher Auffassung fort. Sprecherin: Und nach dem Handbuch der Deutschen Burschenschaft, 2005. Zitator: Zahlreichen in- und ausländischen Politikern ist es jedoch ein Dorn im Auge, wenn Deutsche die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße nicht ohne weiteres preisgeben wollen, in Grenzfragen auf friedensvertraglichen Regelungen bestehen und das Recht auf die Heimat als unaufgebbar ansehen. O-Ton Schäfer: Da sind die Burschenschaften so selbstbewusst und so klar, dass in ihrem Burschenschaftlichen Handbuch der Begriff Demokratie überhaupt nicht vorkommt und Republik, Menschenwürde. Auch das ist mehr als ein Indiz in diese Richtung, dass der "volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff" offen bleibt für rassistische Positionen. Zitator: Diese Haltung wird oft als Beharren auf vergangene Rechtstitel, ja trotz mehrfacher eindeutiger gegenteiliger Erklärungen der Bundesregierung und nicht zuletzt der Vertriebenenverbände sogar als Friedens gefährdend verunglimpft. Solche Auffassungen finden bei nachwachsenden Generationen mehr Verständnis als uns lieb sein kann. Deutschland war und ist mehr als die territoriale Summe aus zwei Gebieten westlich und östlich der Elbe. Dies ist nicht nur rechtlich, sondern auch historisch begründet. O-Ton Schäfer: Dieser großdeutsch-völkische Impetus, der wird nach ´45 wieder aufgenommen, und der bleibt als Kontinuitätsstrang bei den Burschenschaften und da hat man eben eine andere Formulierung gefunden. Man konnte natürlich nicht so einfach den Rassenstandpunkt wiederholen, sondern hat sich eine andere Formulierung überlegt, die die Öffnungsmöglichkeiten bietet für das, was an Rassismuspotential auch in den Burschenschaften nach wie vor da war. Regie: Lied "Deutschland heiliges Wort" ca.10´´ frei stehen lassen, mit nachfolgender Atmo überblenden Sprecherin: Auf dem der Wartburg gegenüberliegenden Berg, der Göpelskuppe befindet sich der Wallfahrtsort der Burschenschafter: Das Burschenschaftsdenkmal in der Form eines Bierkruges mit Zinndeckel. Ein über 30 Meter hoher Koloss aus der Zeit der Jahrhundertwende, eine Art Rundtempel. Regie: Denkmal - Innen - Atmo einfahren, weiter mit Text Sprecherin: Der Innenraum ist als Ruhmes- und Toten-Halle gedacht. Die Kuppel ziert eine bedrohliche Kampfszene martialischer Gestalten: Zitator: Das germanische Göttergeschlecht der Asen gegen die Mächte der Finsternis, der endgültige Kampf zwischen Gut und Böse. Die Germanen: Dem Norden verbunden, groß an Gestalt, blond und blauäugig, ehrenhaft und edlen Sinns, heimat-, schollen- und sippen- verbunden. Sprecherin: Diesem Germanenbild sind die Burschenschafter bis heute verbunden, wenn man dem ausliegenden Informationsmaterial glauben schenken darf. Aber daran besteht eigentlich kein Zweifel, wenn man die Zwischentöne der gehaltenen Reden wahrnimmt. Andächtig schauen die pilgernden Burschenschafter auf einen Bildschirm. Hier läuft ein Video über Geschichte und Selbstverständnis der burschenschaftlichen Bewegung. Regie: Atmo Denkmal/innen - beginnend mit Musik O-Ton Denkmal/innen: Die Gründung der Burschenschaft erfolgte in Jena. Hier in der Grünen Tanne wurde am 12. Juni 1815 die Jenaische Burschenschaft gegründet. Am 18. Oktober 1817 versammelten sich in Eisenach mehr als 450 Studenten. Von den meisten deutschen Universitäten waren sie gekommen, um an die Völkerschlacht bei Leipzig von 1813 zu erinnern. Sprecherin: Und Bücher von Autoren zu verbrennen, die überzogene Deutschtümelei ablehnten. Schon Zeitgenosse Heinrich Heine warnte angesichts des Wartburgfestes vor "beschränktem Teutomanismus im Fackellicht" und vor allem vor dem Bücherverbrennen. O-Ton Schäfer: Der Ausgangspunkt, das Wartburgfest ist ja bereits eine höchst ambivalente Situation. Auf der einen Seite, für die Einheit Deutschlands und damit damals auf der durchaus progressiven Seite der historischen Bewegung stehend. Auf der anderen Seite eine Position gegenüber den Juden und gegenüber den Franzosen, die an Hass und ideologischer Fundierung kaum noch zu überbieten ist, dass sowohl der Antisemitismus als auch die Antifranzosenhaltung von Anfang an tief in dieser deutschen Seele implementiert ist. Regie: Atmo Lied: "Heil dir im Siegerkranz" einfahren, weiter mit Text Sprecherin: Nach der Reichseinigung 1871 sahen die Burschenschaften ihr wichtigstes Ziel erreicht. Aus der tendenziell progressiven Bewegung wurde eine staatstragende Organisation, die den Kaiser hofierte. Regie: Lied steht ca. 5´´ frei bis Ende, trocken weiter mit Text Sprecherin: Schon lange vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren bei den Burschenschaften alle Momente des völkisch-imperialen Denkens wie Führerkult, Rassismus und Sozialdarwinismus vorhanden. Davon erfahren die dem Video folgenden Burschenschafter allerdings nichts. O-Ton Denkmal/innen: Unter den Nationalsozialisten waren die Burschenschaften verboten und aufgelöst. O-Ton Blennesy: Das Geschichtsbild, was Verbindungen von sich zeichnen, finde ich, das ist absolut indiskutabel, zu behaupten, sie wären Verfolgte gewesen. Sprecherin: Tamas Blennesy, Student der Politikwissenschaft. O-Ton Blennesy: Die hatten 1928 beschlossen, alle Juden aus ihren Verbindungen zu werfen. Dazu gab es keinen Anlass, fünf Jahre vor der Machtergreifung von den Nationalsozialisten. Sie leugnen einfach, dass sie damals die großen Mitträger der nationalsozialistischen Idee waren. Das wird ausgeblendet, das finde ich sehr faszinierend. O-Ton Schäfer: Und dann ´33, was in den Burschenschaftlichen Blättern im Frühjahr ´33 steht: "Was wir seit Jahren ersehnt ... " Zitator: Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und wofür wir im Geiste der Burschenschafter von 1817 Jahr aus, Jahr ein an uns und in uns gearbeitet haben ist Tatsache geworden. Sprecherin: Diese innere Arbeit konkretisierte die Burschenschaft Obotritia Rostock folgendermaßen: Zitator Als überzeugte Burschenschafter stehen wir streng auf dem Boden der NSDAP und ihrem Organ auf der Hochschule, wie wir nie Juden und Judenstämmlinge in unseren Reihen duldeten, haben wir auch unsere Burschenschaft von jüdisch Versippten und Freimaurern seit längerer Zeit gereinigt. O-Ton Schäfer: Die Auflösung der Burschenschaft ist auch keine, die per Druck von Außen kommt, sondern die innere Faschisierung hat ja vorher stattgefunden. Also, Gerhard Krüger, Nazistudent, war 1931 der erste NSDStB - Vertreter, gleichzeitig Arminia Greifswald. Und das geht jetzt weiter, dass im Jahre ´33 alle führenden Funktionäre der wichtigsten verbindungsstudentischen Organisationen gleichzeitig Mitglieder des NSDStB sind, also des Nazistudentenbundes. Sprecherin: Streitigkeiten zwischen Burschenschaften und dem Studentenbund waren nicht inhaltlicher oder ideologischer Natur. Die Durchsetzung des von der NSDAP kontrollierten Herrschaftsmodells widersprach allenfalls den Vorstellungen einiger Burschenschaften, die sich nicht in das Verbandsleben hineinregieren lassen wollten O-Ton Schäfer: Entscheidend ist aber die Übergabe der Insignien, die dann ´35 im Herbst stattfindet auf der Wartburg ist eine, wo die Burschenschaften doch sehr stark sich selbst dem NSDStB unterwerfen. Und diejenigen, die das gemacht haben wie etwa Hans Glauning, der dann die Fahne runter gesenkt hat und dem NSDStB übergeben hat, der war seit 1928 schon führender NSTStB - Funktionär. Regie: "Horst-Wessel-Lied" mit Beckenschlägen einfahren, ca. 5´´ frei stehen lassen, darüber weiter mit Text Zitat: Auf Grund der mir am 6.10.1935 von allen Bundesleitern und Sprechern einstimmig erteilten Vollmacht, löse ich mit dem heutigen Tag den Verband Deutscher Burschenschaften auf und stelle die aktiven Burschenschaften dem NSDStB als Kameradschaft mit der Bitte zur Verfügung, dass er die Tradition der Urburschenschaft zu treuen Händen übernehmen möge. Dies aber bedeutet: Die besten Kräfte der Deutschen Burschenschaft vereinigt im NSDStB! Regie: bei Textende ca. Strophen-Ende mit Beckenschlägen, Lied aus, trocken weiter Sprecherin: Die Mitglieder der Göttinger Burschenschaft Frisia kommentierten die Auflösung mit den Worten: Zitator: Eine Korporation gegen den Willen des Führers können wir nicht aufrechterhalten, weil wir uns alle zu ihm bekennen. Sprecherin: Getreu dem Elitebewusstsein der Burschenschafter ordnete der Vorsitzende der DB gleich im Oktober ´33 an, dass alle Burschenschafter unter 35 der SA, der SS oder dem deutschnationalen Frontkämpferbund "Stahlhelm" angehören sollten. Widerstand, den einzelne Burschenschafter geleistet haben, war gleichzeitig Widerstand gegen den eigenen Verband. Aber auch davon erfährt der Besucher des Eisenacher Denkmals nichts. Dafür liegen Zeitungen und Flyer für kostenlose Probe- Abos aus: Für die "Junge Freiheit" zum Beispiel, dem Hauptorgan und Sammelbecken der "Neuen Rechten". Und natürlich die "Burschenschaftlichen Blätter", von der DB selbst herausgegeben. Stöbert man in diesem Blut und Boden - Blättchen, stellt sich die Frage, warum der Verband seine Auflösung durch die Nazis zu einem Opfermythos stilisiert. Die Geißelung des Zitator: verbrecherischen Bombenkrieges der Alliierten Sprecherin: auf der einen Seite und die Glorifizierung deutscher Elitekampflieger, von Wehrmacht und SS andererseits, erwecken eher den Eindruck, die Deutsche Burschenschaft hätte sich einen würdigeren Platz im NS-Regime gewünscht als ein Schattendasein im nationalsozialistischen Studentenbund. Zitator: Es ist und bleibt eine Jämmerlichkeit, wie das offizielle Deutschland und Österreich ihre Weltkriegsgeneration als potentielle Kriegsverbrecher oder bestenfalls kritiklose Verführte anpatzen lassen. Sprecherin: Hans Öhlinger, Alter Herr der Innsbruck akademischen Burschenschaft Brixia in einer Rede vor seinen Bundesbrüdern 2004. Zitator: Jawohl, der Innsbrucker Historiker Gehler hat richtig recherchiert, dass der Großteil unserer Alten Herren in kämpfenden Verbänden der Waffen-SS ihren Kriegsdienst geleistet hat. Es war kein einziger darunter, den er des Begehens von Kriegsverbrechen bezichtigt hat. Ich bin stolz auf meinen Vater, den kriegsfreiwilligen Obersteuermann der Kriegsmarine mit seinem Eisernen Kreuz I. und II. Klasse, und Ihr, liebe Bundesbrüder haltet es ähnlich mit Euren Vätern und Großvätern! O-Ton Denkmal/innen: Während sich nach 1945 in der Bundesrepublik burschenschaftliche Verbindungen neu beziehungsweise wieder gründeten, gab es in der DDR neben der so genannten Freie Deutschen Jugend keinen Raum für die selbstbestimmte und freiheitliche Burschenschaft. Erst mit der Wende 1989 wurde es möglich, wieder an die alte Tradition anzuknüpfen. Bis heute fühlen sich die Burschenschafter dem Satz verpflichtet: Ein Deutschland ist, ein Deutschland soll sein - und bleiben! O-Ton Schäfer: Im Westen Deutschlands ist es sehr viel schwieriger für die Burschenschaften traditionell, weil es eine nationalismuskritische Position gibt vor ´68, aber im Gefolge von ´68 insbesondere. Das Ganze ist durch ´89/´90 im Zuge einer gewissen Renationalisierung wieder aufgelebt. Und es ist natürlich schon so, dass etwa das Gerede von Mitteldeutschland legt ja natürlich den Gedanken nahe, dass es da noch was gibt, wenn es eine Mitte Deutschlands gibt, ist der eigentliche Osten jenseits der Mitte, und wir wissen ja, es gibt Hinterpommern, es gibt Schlesien und es gibt Ostpreußen und dann noch den polnischen und den sowjetischen Teil und Kaliningrad insbesondere. Und deswegen ist ihre Arbeit, wenn sie konkret ist, immer auch auf die langfristige Wiederherstellung auch der Grenzen von ´37/´39, auf die Wiederherstellung von Großdeutschland ausgerichtet. Zitator: Wir wollen unsere Treue und anhängliche Liebe auf unser deutsches Volk in seiner Gesamtheit richten, welches seit 1200 Jahren der Träger unserer Geschichte und unserer gewachsenen Eigentümlichkeit ist, bei aller Vielfalt der deutschen Stämme. Sprecherin: Erich Schmidt, Burschenschaft Libertas Brünn Zitator: Und diese treue Anhänglichkeit wollen wir unter der Vaterlandsliebe verstehen, der wir uns verschrieben haben. Sprecherin: Nach dem "volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffs" enden Vaterland und Deutschtum also nicht an "willkürlich gezogenen" Grenzen. Das Bekenntnis zu diesem Dogma ist eine der Voraussetzungen für die Aufnahme in eine Burschenschaft - neben der deutschen Volkszugehörigkeit. Ein Ariernachweis wird nicht verlangt, aber ein deutscher Pass allein reicht auch nicht aus. O-Ton Brandes: Ich glaube es gibt bei den jungen Männern, die in Burschenschaften heute eintreten, grob zwei große Gruppen aus denen sich die Burschenschafter rekrutieren. Sprecherin: Der Psychotherapeut und Männerforscher Holger Brandes O-Ton Brandes: Die eine Gruppe ist die traditionelle Gruppe. Das sind häufig junge Männer, deren Väter selber in der Burschenschaft waren, wo sie an der Stelle sehr deutlich Karriereabsichten haben und auch ein eher konservatives politisches Profil. Und dann gibt es eine andere identifizierbare Gruppe: Bei diesen Männern gibt es ganz viele, die die Burschenschaft nutzen, um soziale Kontakte zu bekommen, um sich selber zu stabilisieren, die häufig auch aus einer gewissen Unsicherheit heraus in so eine Burschenschaft gehen. Das haben sie bei Studenten der Sozialwissenschaft, der Pädagogik, Psychologie eher nicht, weil die sofort sagen, da will ich gar nichts mit zu tun haben. Die würden sich sofort mehr in offene Organisationen begeben, also eine gewisse Bereitschaft muss da sein. O-Ton Burschenschafter: Diese Zusammengehörigkeit, die man hier im Bund hat, die hat mir eigentlich an der Universität schon immer gefehlt. Sprecherin: Paul, ein aktiver Burschenschafter. O-Ton Burschenschafter: Man hat sich da wirklich gefühlt wie in der Isolation. O-Ton Brandes: Gerade in diesem Massenbetrieb Universität sind natürlich viele junge Leute hochgradig verunsichert, haben große Schwierigkeiten sich selber einzubringen, eine Sicherheit zu finden, soziale Netzwerke aufzubauen. O-Ton Burschenschafter: Dann habe ich angefangen zu suchen. Wie sieht es denn aus, wenn Studenten wirklich mal was zusammen unternehmen, zusammen aufbauen. Wo findet man so was? O-Ton Brandes: Und da sind die Burschenschaften durchaus ein Angebot. O-Ton Burschenschafter: Und insofern bin ich dann auf die Burschenschaften gestoßen. Was machen sie, wann machen sie was, wie machen sie ihre Veranstaltungen sozusagen. Sie sind sofort auf mich eingegangen, haben mit mir geredet als wenn wir uns wirklich schon über Jahre kennen würden. Und das fand ich doch schon irgendwie komisch, aber dieser Eindruck, so komisch der auch sein mag, den ich anfangs hatte, er hat sich nur bestätigt, über die Dauer auch bestätigt. O-Ton Blennesy: Es gibt ganz klar eine riesengroße Anzahl, ganz naiver Studis, die einfach nur in der Verbindung sind, das da total lustig finden mit dem Fechten, Trinken und dem Kumpelgehabe mit dem Zimmernachbarn, die das nicht blicken, die einfach nicht durchsehen, was das in Wirklichkeit bedeutet, was sie da machen. Aber das, was dort an Politik betrieben wird und das, was dahinter steht, was aus den Leuten mal werden soll und für was sie dort geschult werden, das ist eine ganz gefährlich Kiste. O-Ton Burschenschafter: Und insofern habe ich auch hier erst mal Ansichten gehört, wie sieht es den aus, der Prozess, dass ich mir ein politisches Bewusstsein erst mal aufgebaut habe. O-Ton Blennesy: Ist leider zu beobachten, dass vor allem Studierende in den ersten Fachsemestern, die sich irgendwie an Hochschulstandorten zurecht finden müssen, dort auch diesen Verbindungen anschließen, Begründung: günstiger Wohnraum. Es ist, glaube ich, das einzige, womit eine Verbindung heute noch Werbung machen kann. Man kann auf einem sehr gut ausgestatteten Zimmer einer Verbindung für siebzig bis neunzig Euro durchaus schon ein Zimmer bekommen. Das nutzen die auch. O-Ton Schäfer: Füxe, Burschen, Alte Herren, wir haben diese Trias, diese Dreiteilung. Man kommt als Fux, eine so genannte Bewährungszeit. Und ich glaube, dass die bewusste Unterwerfung, was zum autoritären Charakter ja gehört, durchaus da stattfindet. Also, dass die in den ersten beiden Semestern dann eben dazu verpflichtet sind, Bier aufzutragen an den festlichen Abenden, ist eine völlige Selbstverständlichkeit, und wer sich dort verpflichtet als Fux, macht das eben so, der anerkennt auch die Rituale. O-Ton Burschenschafter: Da wird dann meist ein kleiner Aufnahmeritus durchgeführt. Und es würde in etwas so aussehen, als dass der Fux sich ein Stuhl nehmen muss, darauf hüpft er durch den Raum, und die an den Tischen sitzenden Bundesbrüder würden sich dann einen Korken nehmen, der dann so leicht angeschwärzt ist und würden es dem Fux dann immer so ins Gesicht drücken. Das würde dann die Bewandtnis haben, dass der Fux jetzt geschwärzt ist und sozusagen bei uns angekommen ist. Damit es wirklich jeder erkennt. O-Ton Schäfer: Und dann macht man eine Fuxen-Prüfung und dann wird man Bursch und ist dann für längere Zeit aktiver Bursch und wird dann in der zweiten Hälfte des Studiums inaktiviert, weil man sich ja dann irgendwann auf das Examen vorbereiten muss und nicht mehr jeden Abend Bier trinken kann. Regie: O-Ton Gesang Burschenschafter einfahren, steht ca.10´´ frei, unter folgendem Text ausblenden O-Ton Brandes: Viele Burschenschaften sind heute keine "schlagenden" Burschenschaften mehr, aber das Wetttrinken, der Umgang mit Alkohol hat im Grunde auf der symbolischen Ebene den Umgang mit dem Säbel ersetzt. Das hat ja nichts mit Genuss zu tun. Das hat was mit Männlichkeit und mit Konkurrenz und mit Wettbewerb zu tun. Und das wird kultiviert. O-Ton Schäfer: Über Frauen wird hier offensichtlich überhaupt gar nicht gesprochen, die existieren eigentlich gar nicht in der Vorstellungswelt. Insofern berühren wir hier schon den Kern der Männerbünde. O-Ton Brandes: Wenn man jetzt Männerbünde im engeren Sinne nimmt, dann haben sie einmal das Kriterium einer klaren Hierarchie nach innen, sie haben eine klare Abgrenzung nach außen, sie haben in der Regel Initiationsriten. Sie haben sehr häufig Geheimaspekte, das heißt, Dinge, die man nach außen nicht zeigt, und sie haben in der Regel einen deutlichen Machtaspekt und zwar in dem Sinne, in dem sie sich selber als eine Elite verstehen. Das heißt, die Mitglieder des Bundes unterstützen sich gegenseitig. Und solche Männerbünde sind nach 1945 sehr stark in den gesellschaftlichen Hintergrund gedrückt worden. Das hat was mit Demokratisierung zu tun. Im Grunde diese klassisch, im engeren Sinne Männerbundstruktur passt nicht zu einer demokratischen Gesellschaft. Und da gibt es nicht mehr sehr viele Männerbünde. Das hat was mit 1945 zu tun, mit dem Zusammenbruch des Naziregiemies, weil die Nazis genau diese männerbündische Idee auf die Spitze getrieben und pervertiert haben durch das, was sie gemacht haben. Und die klarste Form, die es noch gibt, sind die Burschenschaften. O-Ton Blennesy: In den meisten Verbindungen sind halt nur Männer zugelassen. Die Begründung, die man von verschiedener Seite hört, ist, dass Frauen dieses Freundschaftsprinzip, was da zwischen den Männern herrscht, irgendwie einfach nur durcheinander bringen würden. O-Ton Brandes: Dieses frauenbündlerische in der Form gibt es nicht, und das hat was mit Macht zu tun. Also, weil diese Männerbünde, wenn man mal diesen Begriff nimmt, immer auf der Seite der Macht gestanden haben. Da spiegelt sich sozusagen das gesellschaftliche Machtgefälle zwischen Männern und Frauen wieder. O-Ton Schäfer: Es gibt ja auch andere männerbündische Formationen in dieser Republik. Wir kennen das von der Wissenschaft her, wir kennen es von Kirchen her und in der Politik in bestimmten Bereichen ist es trotz Quote nicht unbedingt viel besser. O-Ton Brandes: Im politischen Bereich sind natürlich sind natürlich die Organisationen, die die Nazis aufbauen, die NPD, am ehesten burschenschaftlich strukturiert. O-Ton Blennesy: Auf deutsch gesagt, es treffen sich irgendwie schwanzgesteuerte Kerle, in einem Haus, leben dort zusammen und wenn Frauen, nämlich Beziehungen, heterosexuelle Beziehungen dazwischen funken und dort Streitigkeiten um die Frauen entstehen, wird dieses Freundschaftsband zerrissen oder zumindest ist es in Gefahr. Die Frauen bringen unser Lebensgefüge durcheinander und deshalb gehören sie nicht aufs Haus und vor allem nicht offiziell in die Verbindung. O-Ton Brandes: Sowohl in den Burschenschaften wie im Grunde in allen Formen von Männerzusammenschlüssen ist Homosexualität ein Thema, und es ist gleichzeitig ein Thema, was die Organisation und die Teilnehmer bedroht. Und damit wird entsprechend umgegangen. Sobald sie enge Männerstrukturen haben, haben sie Strukturen, die zur Homosexualität in gewisser Weise einladen. Das ist so. Regie: Lied: "Ich hatte einen Kameraden" ca. 10´´ frei stehen lassen, darüber weiter mit Text O-Ton Brandes: Gerade wenn das Organisationen sind, die in einer konservativen Tradition stehen, haben die größten Befürchtungen, dass sie in den Verruch kommen, in irgendeiner Form schwule Organisationen zu sein. Das wäre ihr Ende. Nach außen Verfolgung dessen, was nach innen nicht sein darf, das heißt, die Schwulen sind die ganz Schlimmen und nach innen tue ich so als wäre ich - in Anführungszeichen - ganz sauber und hätte überhaupt nichts mit solchen Regungen zu tun. Regie: mit Strophen-Ende Lied aus, trocken weiter O-Ton Schäfer: Am Ende des Studiums wird man aus dem inaktiven Status befreit und wird dann "Alter Herr" auf Antrag. O-Ton Brandes: Sie haben diesen Seilschaftscharakter, die "Alten Herren" werden in die Pflicht genommen, die, die neu in die Burschenschaft reinkommen, später zu fördern, das heißt, das, was Vitamin B ist, im Sinne von: Man kennt jemand, man hat Kontakte, das funktioniert nach wie vor, aber das funktioniert unter der Hand. O-Ton Schäfer: Seit Anfang der Neunziger war zum Beispiel in jeden "Burschenschaftlichen Blättern" - die wichtigsten Personalia wurden dort abgedruckt. Das war wie ein "who is who" der Bourgeoisie, vom Landgerichtsdirektor aufwärts bis hin zum Flottenadmiral, alles ist vertreten. Und das gibt es seit einiger Zeit nicht mehr, weil man es natürlich - es gehört sozusagen zu den verborgenen Mechanismen der Macht. Sprecherin: Wie im Fall des im Herbst 2007 aufgeflogenen Honorarprofessors Michael Friedrich Vogt. Der promovierte Historiker und "Alte Herr" der Münchener Burschenschaft Danubia ist seit 1998 Honorarprofessor am Leipziger Institut für Medienwissenschaft. Studenten entdeckten seinen Namen auf einer Teilnahmeliste der Veranstaltung "Identität, Tradition, Souveränität" der rechtsextremen Fraktion des Europäischen Parlaments. Neben den Führungsriegen von NPD, DVU und Republikanern nahm auch ihr Medienprofessor daran teil. Nach weiteren Enthüllungen über seine Aktivitäten im braunen Umfeld ruht seine Lehrtätigkeit bis auf weiteres. O-Ton Blennesy: Die Berührungspunkte sind zahlreich: Der aktuelle Bundesvorstand der Jungen Nationaldemokraten, Matthias und Steffan Rochow, die beiden Brüder, beides Mitglieder der Burschenschaft in Greifswald und dort auch in der rechtsextremen Szene aktiv. Und diese Szeneaktiven treffen sich auch - vorsichtig ausgedrückt - im Umfeld des Hauses. Dass dort eine Burschenschaft quasi den Hort der Rechtsextremen bildet in Zusammenarbeit mit den rechtsextremen Kameradschaftsstrukturen, die da sind und der NPD, also wirklich alles zusammen. Jürgen W. Gansel, Mitglied der NPD- Landtagsfraktion in Sachsen, ist selbst "Alter Herr" der Dresdensia-Rugia in Gießen. Dieser Mensch ist einer der führenden ideologischen Köpfe in der NPD zurzeit und ist selber jahrelang in der Verbindung gewesen. Die Parallelen zur rechtsextremen Szene sind frappierend und tauchen auch immer wieder auf. O-Ton Schäfer: Wir haben das ja auch bei dem Vorsitzenden der Republikaner. Der Vorsitzende der Republikaner ist ursprünglich auch mal ein Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft gewesen. Und da kann man ja auch davon ausgehen, dass die personellen Beziehungen nicht mit dem Tage dieser politischen Positionen dann gekappt sind, sondern dass sie nach wie vor bestehen. Also, bei den Vorstellungen von Lebensbund, die in der Burschenschaft herrschen, ist das ja nicht weiter verwunderlich. Regie: Atmo Lied: "Argonnerwald" unter Text langsam einblenden Sprecherin: Lebensbund bedeutet auch Finanzierung und Unterhalt des Verbandshauses durch die "Alten Herren". Die meisten Burschenschaften sind im Besitz einer Immobilie in bester Lage. Von Innsbruck bis Kiel, von Leipzig bis Greifswald, in Wroclaw und sogar in Chile hängen die Fahnen der deutschen Korporationen an den Häusern. Regie: Atmo Lied steht ca. 5´´ frei, nach " ... Gruß aus fernem Heimatland" aus O-Ton D. Helmel: Das Herz des Burschentages ist natürlich der Verhandlungstag, weil ja hier die Gestaltung der Burschenschaft bestimmt wird. Hier wird über das vergangene Jahr gesprochen, aber hauptsächlich über die Zielorientierung der Zukunft und deswegen ist das natürlich das Herzstück und der eigentliche Burschentag. Regie: Atmo Verhandlungstag, Vorstellung einzelner Bünde ca. 10´´ Sprecherin: Dort wird zum Beispiel über die Aufnahme weiterer Burschenschaften in die DB abgestimmt. Jede Aufnahme eines neuen Bundes verändert aber das sensible Abstimmungsverhältnis in der DB zwischen Rechts und noch weiter Rechts. Die Wiener Teutonen stehen schon jenseits dieser Kategorien. Sie werden zwar aufgenommen, aber nach der Abstimmung über ihre Probezeit kommt es zum Eklat. O-Ton Teutonia: Hohes Präsidium, sehr geehrte Herren Burschenschafter! Wir bedanken uns bei all jenen, die guten Willens sind und sich für die Einheit stark gemacht haben. Ihren Beschluss, uns die Probezeit nicht erlassen zu wollen, können wir allerdings nur als Brüskierung betrachten. Wir werden daher unsern Austritt aus der DB, sobald wir in Wien zurück sind, schriftlich bekannt geben. O-Ton Burschenschafter 1: Lächerlich! O-Ton Burschenschafter 2: Schnauze dahinten! O-Ton Präsidium: Silentium weiter! Ich bitte den Verbandsbruder sich zu mäßigen. Weitere Erpressungsrufe werden aufgerufen, und sie werden des Saales verwiesen. Ich mache von meinem Hausrecht Gebrauch. Sprecherin: Diese knappen Diskussionsbeiträge mögen die Zerrissenheit der DB illustrieren. Auf der einen Seite sammeln sich erzkonservative Gruppierungen wie die, der "Burschenschaftlichen Gemeinschaft" und den Verbänden aus Österreich. Einzelne Mitgliedsbünde dieses Flügels finden unter Verdacht des Rechtsextremismus Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten von Österreich und des Bayerischen CSU-Innenministeriums. Im anderen Lager artikulieren sich Burschenschaften, die von sich behaupten eher liberal zu sein. O-Ton Schäfer: Diese inneren Auseinandersetzungen haben auch schon Anfang der Neunziger innerhalb der Deutschen Burschenschaft stattgefunden auf fast allen Burschentagen. Und zwar ging es immer um die Abgrenzung nach rechtsextrem. Und eine Konsequenz und daran kann man es ablesen: Der Austritt und die Neugründung der NDB, der Neuen Deutschen Burschenschaft, Mitte der Neunziger. So um die 13, 14 Verbindungen sind dann explizit aus der DB ausgetreten wegen rechtsextremer Tendenzen in der Deutschen Burschenschaft als Ganzes. Sprecherin: Wie in allen Verbindungen, so gibt es auch im thüringischen Jena, der Wiege der Burschenschaften, Nachwuchsprobleme. Schwierig für das burschenschaftliche Leben, das ja vor allem von den bemützten Studenten gestaltet wird: Durch ritualisierte Kneipenrunden und Vortragsabende. Bei den Jenaer Normannen kann man beispielsweise etwas über "Elitesoldaten im 2. Weltkrieg" oder "Die Geschichte der Russlanddeutschen" erfahren. Die thüringischen Teutonen beschäftigen sich mit der Frage: "Wohin treibt die CDU, wohin treibt Deutschland?" Und bei der Arminia kann der Burschenschafter während eines Vortrages des Jenaer Oberbürgermeisters sein politisches Bewusstsein aufbauen. Im Land der Burschentage scheint es auch auf Landesebene keine Berührungsängste der Politiker gegenüber den Burschenschaften zu geben, wenn selbst der thüringische Kultusminister, Prof. Dr. Jens Göbel, mit den Arminen samt Jenaer Hochschulleitung feiert und referiert. O-Ton Blennesy: Das Tolle ist, dass der FZS auch angefragt wird von Leuten, die eingeladen werden, Sprecherin: Der FZS, der Freie Zusammenschluss von Studentenschaften, ist der Dachverband der Studentenorganisationen. O-Ton Blennesy: die uns dann fragen, ob es denn günstig wäre, dahin zu gehen. Und da freue ich mich dann immer ganz besonders, dort quasi unterstützend tätig zu werden und den Leuten zu erklären, warum das nicht so günstig ist, weil ich dadurch nur deren Veranstaltung aufwerte und Punkt zwei, warum man das aus politischen Gründen einfach nicht machen sollte, wenn man von sich als Demokrat noch überzeugt ist. Sprecherin: Die Meinung eines Studenten, die vielleicht nicht jeder teilt und ganz gewiss nicht der Nordrhein-Westfälische Ministerpräsident. Wie verbreitet die Warmherzigkeit von Landesregierungen gegenüber den Burschenschaften ist, zeigte Jürgen Rüttgers anlässlich des Stiftungsfestes der "Breslauer Burschenschaft Raczeks zu Bonn" 2007 mit einer Grußbotschaft: Zitator: Dennoch möchte ich sie ausdrücklich ermutigen, das Andenken an ihre Schlesische Heimat auch in Zukunft weiter aufrechtzuerhalten. Geschichte ist nicht nur Geschehenes, sondern Geschichte ist der Boden, auf dem wir stehen und bauen. Viel zu lange haben wir in Deutschland die Erinnerung an Flucht und Vertreibung vernachlässigt, ja geradezu tabuisiert. Mit Macht kehrt die Geschichte jetzt zurück. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Begriff "Heimat" in Deutschland ein Fremdwort wird, dass postmoderne Beliebigkeit und Geschichtsvergessenheit die Leistungen und Errungenschaften, aber auch die Leide und Katastrophen Deutschlands ad acta legen. Sprecherin: Nicht nur konservative Repräsentanten umschmeicheln die Burschenschaften. Die Rechtsextremen drücken sich da wesentlich klarer aus, wie Dietmar Engelhard, ehemaliger Vorsitzender des NPD Hochschulbundes: Zitator: In allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens müssen Zonen nationaler Exklusivität geschaffen werden. Selbstbestimmte, unabhängige Freiräume, in denen die Identität gewahrt werden kann und die Zugriffsmöglichkeiten des politischen Gegners begrenzt sind. Im Zuge der viel beschworenen und notwendigen Intellektualisierung des nationalen Lagers wäre es angebracht, sich verstärkt studentischer Korporationen anzunehmen. Häufig besteht dort noch ein gesundes Verhältnis zu traditionellen Werten und Idealen, das man beim Rest der Akademikerschaft oft vergeblich sucht. O-Ton Mensurfechten: Der erste Gang ist ein Ehrengang. Hoch zur Mensur! Fertig, Los! Halt! Regie: Atmo Fechten läuft weiter Sprecherin: So obligatorisch wie für die Waldörfler ein Eurhythmiesaal, so gibt es kein Burschenschafterdomizil ohne Paukraum. Hier wir nicht für das Studium gepaukt, sondern für die Mensur - auch akademisches Fechten genannt. Das hat aber nichts mit der gleichnamigen Sportart zu tun. Es ist eher eine Art Haudrauf nach strengen Regeln, mit Sekundanten wie bei einem richtigen Duell. Daher wohl auch die vielen Narben in den Gesichtern der Männer beim Burschentag auf der Wartburg. O-Ton Burschenschafter: Das Mensurfechten ist ein ganz schematischer Ablauf. Zwei Kontrahenten stehen sich gegenüber. O-Ton Mensur: ... Es folgen die stumpfen Gänge ... O-Ton Burschenschafter: Der Säbel oder der Korbschläger, pardon, würde dann zum Körper hinunter zeigen und dann würde der ganze Ablauf so aussehen, dass der Schläger nach oben geführt wird, zum Gegner hingeführt wird. Der Gegner pariert den Schlag mit dem Arm. O-Ton Mensur: ... Halt! Blutiger auf Gegenseite? Das ist nicht der Fall! Auf die Mensur, fertig, los! ... Halt! O-Ton Burschenschafter: Und das Mensurfechten würde dann 150 Hiebe von diesen Schlägen beinhalten. Regie: Atmo Mensur mit Kommando aus O-Ton Schäfer: Die Funktionalität liegt darin, dass jemand tatsächlich in der Lage ist, sein Gesicht hinzuhalten, etwas durchzustehen und schwierige Entscheidungen an der Spitze vielleicht eines großen Unternehmens durchzuhalten. Das heißt, dort sind schon die Qualifikationen, die man in diesem männerbündischen Ambiente erwirbt, die sind da schon durchaus funktional auch wenn sie auf den ersten Blick ein wenig merkwürdig erscheinen. O-Ton Brandes: Die Ehre, die männliche Ehre, ganz hochgehalten, die traditionell durch das Duell ausgedrückt wird oder die Satisfaktionsfähigkeit. Das ist in den "schlagenden" Verbindungen im Grunde das zentrale Aufnahmeritual. O-Ton Schäfer: Und dann mit dem Ziel, auch dem anderen eine Wunde beizufügen oder ihn jedenfalls zu treffen mit welchen Folgen auch immer. Regie: Atmo Mensur kurz einfahren O-Ton Mensur: Halt! Blutiger! Paukarzt! Regie: Atmo Totenehrung (leichte Marschmusik, Vorbeimarsch Fackelträger, Feuerprasseln ) steht ca. 5´´ frei, darüber weiter mit Text Sprecherin: Es ist es finster geworden in Eisenach. Aus dem Abendnebel, der sich über die Berghänge gelegt hat, nähern sich hunderte von flackernden Lichtern dem gründerzeitlichen Monstrum auf der Göpelskuppe. Die Burschenschafter schichten ihre Fackeln zu einem gewaltigen Feuerhaufen auf. So muss es gelodert haben, als man 1817 auf der Wartburg Bücher verbrannte. O-Ton D. Helmel: Geschätzte Herren Burschenschafter! Wir stehen heute hier am Fuße des Burschenschafterdenkmals, um unseren Burschenschaftlichen Vorfahren zu gedenken. Ich übergebe für die Totenrede an unseren Alten Herren, Doktor Friedrich Helmel. O-Ton F. Helmel: Heutzutage und in deutschen Landen ist das Abhalten von Totenehrungen, wenn sie Menschen betreffen, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gelebt haben, im übertragenen Sinne mit dem militärischen Begriff eines Himmelfahrtskommandos vergleichbar. Soll die allgemein menschliche und seit Jahrtausenden in allen Kulturen gepflegte sittliche Pflicht der Lebenden, ihre Toten zu ehren, jenen, die während des Nationalsozialismus lebten, kämpften, litten, starben, nicht gewährt werden? Regie: Atmo O-Ton Burschenschafterlied langsam hochfahren, darunter Text ausblenden, bis ... Schicksal ... verständlich O-Ton F. Helmel: Die Unterstellung, mit der Ehrung der toten Menschen aus dieser Zeit erfolgte gleichzeitig eine Huldigung der damaligen politischen Umstände, ist falsch und entspricht nicht den Intentionen dieser Rede. Die damals Lebenden waren naturgemäß ein Teil ihrer Zeit, in die sie vom Schicksal hineingestellt waren. Ihre damaligen philosophischen, weltanschaulichen, politischen oder sonstigen Sympathien ... Regie: Atmo steht bis Lied-Ende:" ... Ehre, Freiheit, Vaterland!" ca. 10´frei Absage: Deutschland über alles! Burschenschaften heute Feature von Matthias Baxmann Sie hörten eine Autorenproduktion für den Deutschlandfunk 2008 Es sprachen: Frauke Poolmann und Axel Gottschick Regie: Der Autor Regie: Atmo Lied aus Absage: Redaktion: Marcus Heumann 24