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War viele Jahre das Zigarre-rauchen mehr eine Domäne älterer Herren, so ist seit den 1990er Jahren eine Art Renaissance der Zigarre wahrzunehmen. Und mehr noch: das gesamte Image der Zigarre wird gerade tüchtig aufpoliert. Besonders wohl in Berlin. Peter Kaiser hat sich bei Zigarrerauchern, Experten und Händlern umgesehen. Atmo Eintreten im ?Humidor Times-Bar? im ?Savoy Hotel? 1. O-Ton: Autor und Frank Helms im Humidor/ 00:25 Autor: wo sind wir hier? Was ist das für ein Geräusch? Helms: Das Geräusch kommt von dem Humidor, in dem wir uns gerade befinden. Atmo Rauschen des Humidor, dazu werden Schubladen geöffnet, etc. Autor: Autor: Der Humidor, eine Art Mix aus Kühlschrank und Luftbefeuchter für Zigarren, ist quasi das Herz der ?Times Bar? im Berlin-Charlotten-burger Grand Hotel ?Savoy?. Mit ihrer eigenen Casa del Habano gilt die Bar seit knapp zwanzig Jahren als Anlaufstelle für Zigarren-freunde in der Hauptstadt. Auch, weil die Cohibas, Montechristos oder Romeo y Julietas hier gelagert werden wie sonst nur erlesene Weine. Frank Helms, Manager im ?Savoy? erklärt... 2. O-Ton: Frank Helms im Humidor/ 00:25 Weil wenn Sie eine gute Zigarre drei, vier Tage, oder noch mehr schlimmstenfalls noch länger bei Zimmertemperatur lagern würden, dann hat die so einen Qualitätsverlust, dass Sie da keinen Rauchgenuss mehr haben. Atmo ?Times Bar? im ?Savoy? Autor: Um eben diesen Rauchgenuss bei der Zigarre geht es. Denn es scheint, als würden gerade viele Menschen Geschmack an den kunstvoll gerollten Tabakblättern finden. Die Zigarre, sagt Frank Helms, erfährt in diesen Tagen eine Art Renaissance. 3. O-Ton: Helms/ Interview / 3:00 Ich selber bin jetzt seit fast 20 Jahren hier im Haus und kann nur sagen, dass das kontinuierlich zugenommen hat. Wenn man das als Renaissance bezeichnen möchte, kann ich das nur unterstreichen. Weil wir immer mehr Gäste haben, die aus der Stadt kommen, manch sogar täglich, um hier ihre Zigarren zu rauchen. Es wird sogar bei der Zimmerreservierung des Öfteren nachgefragt, auch für die Bar. Atmo ?Times Bar? langsam aus Autor: Maximilian Herzog kann das bestätigen. Er betreibt mit der Casa del Habano im ?Savoy? auch noch zwei weitere Tabakläden in der Stadt. Besonders bei ?Herzog am Hafen?, in einem der alten Speicherhäuser am Stralauer Hafen, wird Zigarrenkunde betrie-ben. Denn in den mit Ledersesseln und Sofas gediegen möblierten Räumen tagt die Maximilian Herzogs Zigarren-Akademie, und führt die Gäste tief in die Welt der Zigarre ein. Maximilian Herzog sagt, nach einem Auf und Ab beim Zigarrenkonsum sei man gerade wieder bei einem Auf angelangt. 4. O-Ton: Interview / Herzog / 00:00 (...) das heißt, Renaissance wird von Verteufelung abgelöst, und umgekehrt. (...) 1:05 (...) jetzt normalisiert es sich etwas. (...) es ist schon so, das sich jetzt mehr Leute an die Zigarre herantrauen, vor allem bei den jungen Leuten, nicht. Autor: Im Grunde genommen, spiegle der Griff zur Zigarre einen Trend, der sich auch in der Ernährung zeigt. 5. O-Ton: Herzog/ 1:45 Es sind Menschen, die Freude haben an einem Naturprodukt. (...) Atmo ?Whiskey & Cigars? an. Wir hören leise Gläser klirren, ein Whiskey wird eingegossen, etc. Autor: Der Wunsch nach Qualität lässt die Kunden im gut sortierten ?Whiskey&Cigars? in Berlin ?Mitte gerne mal 10 Euro und mehr für eine Zigarre mit 140 Millimeter Länge und 16 Millimeter Breite auf den Tisch legen. Geschäftsführer Eugen Kasparek freut dabei, dass seine Käufer so unterschiedlich sind. 6. O-Ton: Kasparek/ 3:20 (?) aus allen Lagen, wie man sagen kann. Aus allen Altersstufen. Frau und Mann. Und es ist mit unterschiedlichen Statussymbolen belegt. Die Genusswelle (...) ist sehr sehr breit. (...) das finde ich immer sehr sehr schön, dass wir ganz viele Frauen haben, die gerne rauchen. Autor: Und warum die Zigarre? wo die Zigarette doch seit Jahren verteufelt wird. 7. O-Ton: Kasparek/ 1:00 (...) das eine hat was mit Konsum zu tun, und das andere hat was mit Lust zu tun (...) 00:20 (...) es gibt für mich ein Bewusstsein wieder vermehrt für Qualität und Barkulturen. Das hängt natürlich zusammen. Es wird ein sehr sehr guter Drink ge-nommen, man bescvhäftigt sich mit Qualitäten. So gibt es ganz viele Menschen, die beschäftigen sich mit Zigarren, und mit dem Spiel zu rauchen. Atmo ?Times Bar ? Autor: Doch wo raucht man in Berlin noch Zigarre? Viele Lokalitäten sind rauchfrei und dort, wo geraucht werden darf, sind Zigarren nicht unbedingt willkommen. 8. O-Ton: Kasparek/ 5:40 Es gibt Örtlichkeiten. Es gibt Rauchersalons, es wird zu Hause geraucht, aber nicht sehr viel. Wir merken, dass das Produkt Zigarre ein Produkt geworden ist, das am meisten konsumiert wird zwischen den Monaten März und Anfang Oktober. Und daran sieht man ganz klar, dass viel im Freien geraucht wird. Wenn ich im Garten bin, wenn ich im Gastgarten sitze. (...) Da gibt es auch ganz viele Raucher, die gerne genießen, die eine Bibliothek haben, die ein Kaminzimmer haben, und die einen Ort ausgewählt haben, und an diesem Ort ganz regulär rauchen und das mit vollem Genuss. Jetzt Atmo Aufschließen Humidor ?Zigarren-Herzog? Autor: Maximilian Herzog schließt seinen Lagerhumidor bei ?Herzog am Hafen? im Ostteil der Stadt auf, und zeigt auf die hohen Regale, in denen die Kostbarkeiten lagern. 9. O-Ton: Herzog/ 10:25 Der ist nicht zugänglich für die Kundschaft. Da werden die Zigarren ausgereift. Autor: Vielleicht hat die immer schnelllebigere Zeit, der hohe Leistungs-druck, und das entgegengesetzte Sich-Zeit-für-sich-nehmen die Renaissance der Zigarre begünstigt? Maximilian Herzog, Zigarrenpapst und promovierter Psychologe lächelt. 10. O-Ton: Herzog/ 10:25 (...) Zigarre ist Zeit. Wer keine Zeit hat, ja nun, da kann man mit Heidegger sagen, der hat deswegen keine Zeit, weil er beständig Zeit verliert. Und wer zur Zigarre greift, der hat eben Zeit. Noch etwas Atmo Humidor, dann ENDE / Peter Kaiser 2016