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Als Jungs waren sie oft hier, ließen sich vom süßen Duft der Früchte benebeln und warteten im harten Rascheln tellergroßer Blätter auf heimkehrende Fischer, um den Fang zu begutachten und beim Entladen zu helfen. An jenem Morgen aber sind schon viele Männer da, als die zwei Freunde ankommen. Sie alle starren hinaus auf die See, die gerade von einer großen Wasserhose aufgewirbelt wird. O-Ton 1, Pinuccio Ein interessantes Phänomen - nur nichts Besonderes. Ich hatte das schon oft gesehen. Doch dann steht da plötzlich diese alte, kleine Frau in Schwarz, fixiert die Wasserhose, murmelt ein paar Worte, macht Zeichen mit der Hand, bekreuzigt sich und tut mit zwei Fingern so, als wenn sie den Tornado zerschneidet. Als ich aufs Meer schaue, sehe ich, wie er tatsächlich zusammenfällt. Autor: Dinge, die nicht erklärbar scheinen, sind in Sardinien nichts Ungewöhnliches. Die zweitgrößte Mittelmeerinsel ist durchdrungen von Magie wie kaum eine andere Region Italiens. Im Gegensatz zu Neapel oder Sizilien aber stößt man hier selten zufällig darauf. Weder Schilder noch Telefonnummern weisen auf wenigstens eine der weit über 1000 Hexen und Heiler hin. Und das hat einen simplen Grund: Niemand nimmt hier Geld für magische Dienste, die meist Familie oder Freunden und selten Fremden gewährt werden. Das Unerklärliche, oft als Abzocke und Scharlatanerie verrufen, ist hier unauffällig Teil des Alltags. O-Ton 2, Pinuccio Dass Leute meine Großmutter baten, sie vom Bösen Blick zu heilen, weil sie Kopf-, Hals- oder Rückenschmerzen hatten oder kurz vor der Geburt eines Kindes standen, war so normal für mich, dass es mir nie aufgefallen ist. Heute kommt es schon mal vor, dass ich mich wundere über die Sachen, die ich als Kind erlebt habe. Atmo 2 - Strand & Kirche Autor Helle Haut und blauen Augen, die unter konvexen Gläsern noch auffälliger leuchten: Pinuccio Grosso, der von ligurischen Emigranten abstammt, ist Diplom-Psychologe. Seit vielen Jahren schon lebt der 64-Jährige meist in Mailand, managt große Tourismusunternehmen. Den Kontakt zu seiner beschaulichen Heimat aber, wo er gerade im Elternhaus nach dem Rechten schaut, hat er nie verloren. Seine Mutter half ihm dabei gelegentlich auf ganz spezielle Art. O-Ton 3, Pinuccio Sie rief mich manchmal in Mailand an und fragte, warum es mir schlecht ginge. Es ging mir oder meiner Frau dann wirklich schlecht. Aber sie konnte nichts davon wissen! Sie hatte die Fähigkeit, unsere seelischen Zustände zu spüren, vertraute auf ihr Ritual gegen den Bösen Blick und sagte: 'Macht euch keine Sorgen. Ich kümmer mich darum'. Autor Trotz aller Gewohnheit steht Pinuccio Grosso dem uralten Glauben an den Bösen Blick und dessen Heilung skeptisch gegenüber - ein Schadenzauber, der Unheil allein durch Blickkontakt übertragen soll. Doch er gibt zu, dass die Anrufe seiner Mutter ihm und seiner Frau viel Mut und Kraft verliehen haben und die Probleme dadurch wenig später mit einer "gewissen Leichtigkeit" gelöst wurden. Hexen und Heiler, sagen Anthropologen, sind für Sarden nach Tausenden Jahren totaler Isolation, die hier viel länger dauerte als in den meisten anderen Gegenden Europas, eine echte Alternative zum Arzt geblieben. O-Ton 4, Pinuccio Die Normalität der Magie war hier immer etwas absolut Natürliches. Sie war möglich. Und im Zweifel glaubten die Menschen daran. Atmo 4 - Saxophon im Hof Autor Calasetta liegt auf der Insel Sant'Antioco, die erst seit 1920 über einen Damm mit der Südwestküste der Mutterinsel verbunden ist. Der Psychologe ist sicher, dass dies die Schwäche für Magie hier noch verstärkte. Wie stark, lässt sich bestens am 24. Juni beobachten, dem Johannistag. Besonders am Tag davor geht es geschäftig zu: Musiker der Dorfkapelle proben auf Höfen in der Mittagshitze (Regie: Sax unterlegen), Händler bauen am Hafen ihre Stände auf, alles und jeder putzt sich raus. In der Nacht zum 24. Juni, der Johannisnacht, wird ein großes Lagerfeuer entfacht. Der Johannistag ist für viele der 3000 Calasettani nicht nur heilig, sondern der wichtigste Tag des Jahres. Denn an diesem Tag, so sagen die Hexen von Calasetta, ist ihre Macht am größten. Pinuccio nutzt die Gunst der Stunde und besucht Giovanna Caddeu, eine alte Bekannte - und Hexe. Eine von rund 300 im Ort. Atmo 5 - Giovannas Küche, darüber: O-Ton 5, Pinuccio & Giovanna Pinuccio: Ich erzähl dir jetzt was: Kurz , bevor wir hier reinkamen, haben wir einen Jungen gesehen - ich sage keine Namen. Giovanna: Ich hab verstanden! Pinuccio: Sein Vater war furchtbar! Giovanna: Seine Mutter noch viel schlimmer! Pinuccio: Das stimmt. Sie haben jeden mit ihrem Blick fertig gemacht. Und dann habe ich gedacht: Mamma mia, er hat uns angeschaut, irgendwas wird jetzt passieren. Atmo 6 - Böser Blick: Das Ritual Autor Der Skepsis zum Trotz wagt Pinuccio einen Versuch, nimmt am Küchentisch Platz und wartet neugierig, dass Giovanna mit dem Ritual des 'Malocchio' beginnt. O-Ton 6, Giovanna Lass uns anfangen, Pinuccio... (Seufzer! kurz stehen lassen) Autor Fahles Gesicht, mattbraun getöntes Haar: Giovanna, Anfang 60, füllt einen tiefen Teller mit Wasser und stellt ihn vor Pinuccio. Dann lässt sie vier Häufchen grobes Salz in gleichem Abstand auf den Tellerrand fallen und ins Wasser rutschen. Nach jeder Portion segnet sie mit der Hand den Teller genau über den vier Salzstellen in Form eines Kreuzes. Fingernägel klicken auf Porzellan, dazu flüstert sie spitzmündig geheime Formeln, von denen sie sagt, dass sie nichts Magisches haben, sondern nur Gebete sind. Und jetzt kommt der entscheidende Moment: Sie tunkt Zeigefinger und Daumen der rechten Hand in eine mit Olivenöl gefüllte Espressotasse und lässt ein paar Tropfen ins Wasser fallen. O-Ton 7, Giovanna & Pinuccio Giovanna: Ist es dir aufgefallen? Pinuccio (bestätigend): Mh- mh... (REGIE: Tropfen frei stehen lassen!) Giovanna: Du hast den Bösen Blick! Pinuccio: Mamma mia... Giovanna: Er ist wie ein Blitz in dich eingeschlagen. Autor Schwimmen die Öltropfen linsenförmig auf dem Wasser, ist alles in Ordnung. Lösen sie sich aber auf, hat der Böse Blick zugeschlagen, sagt Giovanna. Das Ritual ist dabei zugleich Heilung. Lösen sich alle Tropfen sehr schnell auf, ist das Böse zu stark, und eine andere Hexe muss das Ritual wiederholen. Atmo 7 - Treppengang & Blumengießen Während Pinuccio etwas ungläubig im Wasser nach dem verschwundenen Öl sucht und mit dem Ergebnis hadert, auch weil Giovanna ihn zu einer zweiten Sitzung verdonnert, geht die Witwe über einen Treppengang in den Innenhof hinunter, um vor dem Einkauf noch schnell Blumen zu gießen. O-Ton 8, Giovanna Man muss natürlich an die Sache glauben, sonst funktioniert es nicht. Das gilt sowohl für den, der gibt, als auch für den, der empfängt. Autor Giovanna war 17, als sie das Ritual von einer Tante lernte. Zigtausende Sitzungen hat sie seitdem gemacht, fast nur für Familie und Freunde. Sie kommen nicht nur wegen eigener Schmerzen. Sondern auch, wenn es Kleinkindern nicht gut geht oder Dinge bei Arbeit und Familie schlecht laufen. O-Ton 9, Giovanna Kürzlich kam eine Freundin, die sagte, dass es ihrem Mann nicht gut geht. Sie war davon überzeugt, dass es daran lag, dass sie den Bösen Blick hat. Autor Bei ihren beiden Söhnen sind es vor allem Kopfschmerzen. Vor zwei Tagen ist es ihr selber ziemlich schlecht gegangen. O-Ton 10, Giovanna Mir war so übel, dass die Augen hervorgetreten sind. Immer die Augen. Das Öl hat fast geleuchtet und sich dann aufgelöst. Autor Wenn Kopfschmerzen wirklich vom Bösen Blick stammen, kann sie sie verschwinden lassen, erzählt die unscheinbare Hexe. Die zu heilende Person muss dafür keineswegs anwesend sein: Ein Stoffstück oder ein Bild reichen - so wie bei ihrem Sohn Alessandro, der als Erster Offizier auf Öltankern zur See fährt. O-Ton 11, Giovanna Stell dir vor: Er ruft mich an, wenn er in Amerika ist oder am Persischen Golf, so wie jetzt, und bittet mich: 'Mamma, mach mir die Medizin des Malocchio. Ich merke sofort, ob er ihn hat. Falls ja, sage ich ihm, er soll in fünf Minuten wieder anrufen und befrage den Teller. Wenn er sich wieder meldet, sagt er immer: 'Mamma, alles okay!' Atmo 8 - Chor auf Hafenpiazza Autor Die Zeiten ändern sich selbst in Calasetta. Zu Beginn der Johannisnacht gibt es noch immer Chormusik auf der Hafenpiazza in ligurischem Dialekt - doch nicht mehr live, sondern nur via CD. Die Piazza ist trotzdem gut gefüllt: Hunderte Gäste sind gekommen, decken sich mit magischen Kräutern ein, essen Honigkuchen und warten plaudernd auf die Rede von Remigio Scopelliti, Pinuccios Jugendfreund. Der Kultur-Assessor ist so etwas wie Calasettas Hexen-Archiv auf zwei Beinen. Er weiß, dass gerade der Böse Blick, um den sich hier fast alles dreht, gern als Hirngespinst abgestempelt wird. Doch neben Kopfschmerzen zählen zu den Symptomen zahlreiche andere Leiden wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Schwindel und selbst Angstzustände. Anthropologen fanden heraus, dass in Sardinien noch heute etwa 70 Krankheiten mit magischen oder heilpraktischen Methoden kuriert werden - von Hämorriden über Ischiasbeschwerden bis hin zu hartnäckigen Hautkrankheiten, vor denen selbst mancher Dermatologe kapitulierte. Einen krassen Fall erlebte Remigio selbst, wobei die frischen Äste eines wilden Feigenbaums eine zentrale Rolle spielten, ohne dass der Patient beim Ritual berührt wurde. O-Ton 12 - Remigio Mein Bruder hatte als Kind einen ei-großen Leistenbruch. Seine Taufpaten haben ihn zu dem Feigenbaum oben am Wachturm gebracht und mit zerschnittenen Ästen ein Ritual exerziert, das den Leistenbruch verschwinden ließ. Als er 30 war, brach die Leiste wieder, er wurde operiert. Aber als Kind hatte es so geklappt. Atmo 9 - Dorfkapelle Autor Was rückständig und albern klingen mag, erscheint im Licht offizieller Statistiken bisweilen sogar hochmodern. Die Weltgesundheitsorganisation stellte vor einiger Zeit fest, dass trotz großer Fortschritte der modernen Medizin weltweit immer mehr Menschen alternative Heilmethoden wählen. Und da in Calasetta die Kunst der magischen Heilung von Hexen und Hexern nur am Johannistag vererbt werden kann, scheint fast selbstverständlich, dass es auch rituelle Massen-Einweihungen gibt. (REGIE: Atmo 9 langsam ausblenden) In dem Haus einer ruhigen Seitenstraße zwängen sich kurz vor Mitternacht neun Hexen-Lehrlinge vorbei an schrillen Plastikblumen, viel Messing, klobigem Kastanienholz und dem gehäkelten Wandbild einer nackten Amazone am Palmenstrand. Ihr Ziel: die geräumige Küche von Giuliana Meloni. Atmo 10 - Küche Giuliana (3:21...) Autor Als alle am Tisch sitzen, wandern die Blicke gebannt zur Dame des Hauses. Über dem großen Gesicht der 80-Jährigen wölken sich rotblonde Haare, an Ohren, Hals und Fingern blinken Silber und Türkise, das blaue Plaid auf weißer Bluse lässt sie wie eine Erscheinung leuchten. Pünktlich um Mitternacht beginnt Signora Giuliana mit der Initiation. Die Ausrüstung steht auf dem Tisch, neben dem Wasserteller liegt zudem ein großes, schnurloses Telefon. Und als die Stunde schlägt, erklärt sie mit fester Stimme, wie das Gebet beginnt. Atmo 11 - Die Initiation O-Ton 12 - Giuliana (Atmo+O-Ton identisch, Stereo) Ich vertreibe diesen Bösen Blick im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes, der Heiligen Dreifaltigkeit für Lupo.... (Telefon klingelt ziemlich laut....)... Wer ist das? Männerstimme: Sag, das wir hier alle beschäftigt sind! (REGIE: Klingeln bis Giuliana stehen lassen!) Giuliana: Ich wiederhole: Ich vertreibe diesen Bösen Blick im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes... REGIE: hier O-Ton langsam abblenden [ab 00:xx] und dann als Atmo weiterlaufen lassen, darüber: Autor Das Glaubensbekenntnis wird dreifach wiederholt, die Signora liest es aus einem Büchlein ab - sicher ist sicher, sagt sie. Als eine Frau fragt, warum man sich die Formeln merken muss und nicht etwa aufschreiben kann, erklärt die Chefin etwas zitronig, dass sie es eben so gelernt hat. Ein paar Hexen-Lehrlinge blicken leicht verstohlen auf die vor ihnen liegenden Handys, die sie gerade durch leichtes Berühren mit einer Fingerspitze in Digitalrecorder verwandelt haben. Nach knapp zwei Stunden Magie, Geschichten und reichlich Gebäck machen sich die Hexer-Gesellen müde, aber verzaubert auf den Heimweg. Atmo 12 - Luigia schlurft durch Küche Autor Der erste Eindruck von Signora Luigia kann täuschen. Die 92-Jährige hört etwas schlecht, und es ist schwer zu sagen, ob ihre kleinen, tiefschwarzen Augen aus ihrem großen Gesicht ihr Gegenüber anschauen oder glatt hindurch. Doch wenn sie zu sprechen beginnt, kommt Leben in ihre feinen, langen Falten, und schnell wird klar, dass diese Dame etwas Besonderes ist. In einem dunkelblauen Kleid schlurft sie in Pantoffeln durch ihre Küche und bereitet Pinuccios zweite Sitzung vor. O-Ton 13 - Luigia (auf Atmo 13 drauf) Jetzt werden wir sehen, ob du ihn noch hast... Ich heile diesen Bösen Blick im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, der Heiligen Dreifaltigkeit... Wie heißt du? P: Pinuccio! L: Bruno? P: Pinuccio, Pinuccio... Regie: O-Ton leiser als Atmo weiterlaufen lassen (fast raumstill), darüber: Autor Signora Luigia wandelte sich 1936 unter den handförmigen Feigenblättern am Wachturm zur Hexe. Heute nimmt fast nur noch richtig ernste Fälle an, das Ritual dauert dann eine halbe Stunde. Mit Pinuccio ist sie nach zwei Minuten fertig.. O-Ton 14, Luigia+Pinuccio L: Du hast ihn immer noch, spürst du das? P: Ja, sehr, verdammt. L (verschmitzt): Du hast ihn, weil du schön bist... (Lachen freistehen lassen!) Regie: O-Ton zu Atmo runterfahren, darüber: Autor Am Ende macht sie der restlichen Finsternis in Pinuccios Blick mit dem Schwefelgeruch dreier Streichhölzer den Garaus, die sie nacheinander über dem Wasser entzündet und brennend hineinwirft. Sie hat den Ruf einer Hexe, die starke Energie besitzt. Ist das Böse gewichen, spricht sie dies am Ende der Zeremonie auf Latein der Kraft des Kreuzes zu: O-Ton 15 - Luigia (im Original stehen lassen) Et fugit in crucis, et fugit in crucis, ET FUGIT IN CRUCIS! Autor Viele Hexen, denen es nicht gelingt, sich selbst vom Bösen zu exorzieren, kommen zu Signora Luigia, die zweifellos allein durch ihr fröhliches Wesen viel positive Energie auf andere Menschen überträgt. Atmo 13 - Blende, Warzen-Gebet, darüber: Autor Sie gilt auch als meisterliche Heilerin von Warzen aller Art, die Formel dazu rezitiert sie gerade auf Sardisch. Beim Ritual muss sie im Stillen sprechen, während sie mit einem rohen Fleischstück mehrmals über die Warze streicht, stets kurz vor Neumond. Normalerweise fallen die Warzen ab, sowie das Fleischstückchen verwest ist, sagt sie, nach etwa 20 Tagen. Mit schelmischem Blick erinnert sie sich an einen Onkologen, dessen Mutter sie eine fette Warze auf der Hand weghexte. O-Ton 16 - Luigia 'Signora', sagte er, 'es ist nicht das Fleisch, es ist die Energie, die in Ihren Händen fließt. Wenn Sie mich mal brauchen, dann rufen Sie mich an...' Paaah... VON WE-GEN...!!! Atmo 14 - Feigenbaum Autor Das Haus von Signora Luigia ist nur wenige Schritte vom Feigenbaum am Turm entfernt. Man kann seine Süße vor ihrer Eingangstür riechen, wenn Südwind bläst. So, wie man Personen vom Malocchio befreien kann, kann man ihn auch anhängen, sagt die begnadete Erzählerin. Selbst Tieren und sogar Pflanzen. Und schon erzählt sie von einem Freund, der Tomaten züchtet und ihr normalerweise immer ein paar Samen zum Säen abgibt. O-Ton 17 - Luigia Eines Tages sagte er mir: 'Komm, ich muss dir was zeigen, ich habe neue Tomaten gepflanzt.' 'Aaaaaaaaah, wie schön sie sind... und du hast mir NICHTS davon gegeben!' Den Tag darauf ruft er mich an und sagt: 'Die Tomaten sind ALLE vertrocknet!' Daran war mein Böser Blick schuld! Autor Vor längerer Zeit baten sie Bekannte eilig um sehr außergewöhnliche Hilfe - für einen Arzt. Heftige Krämpfe schüttelten seinen Körper, seine Freunde waren verzweifelt - und holten Signora Luigia. O-Ton 18 - Luigia (Anfang möglichst weit frei stehen lassen) 'Dottore', habe ich gesagt, 'dottore, der Doktor sind doch Sie!' 'Du bist still', hat er geantwortet. Ich habe ihn geheilt, und er hat mir eine Pflanze geschenkt, die ich zuerst nicht wollte. 'Ich schenke sie dir als Freund', hat er dann gesagt. Atmo 16 - Café Autor Der kernige Arzt Anfang 60 sitzt gerade im Schatten eines Café am Hafen, wo er mit Bürgermeister und Freunden bei einem Espresso schwatzt. Polohemd, edle Espandrilles, grauer Schnäuzer: Ein konservativer Typ, der selten lacht und ein wenig wirkt wie ein ewiger Oberst, der gern General wäre, aber längst weiß, dass er es nie wird. Er will anonym bleiben und auch nicht ins Mikrophon sprechen. Denn offiziell, sagt er, darf er nicht an die Kraft der Hexen glauben. Und fügt etwas leiser hinzu, dass er trotzdem sehen und verstehen kann und weiß, dass auch in der modernen Medizin Placebos oft unheimliche Wirkungen erzielen. Die kerngesunde Signora Luigia jedenfalls hat an diesem Johannistag, in Italien 'San Giovanni' geheißen, einen Termin bei ihm, zu dem sie etwas grobes Salz, ein paar Tropfen Olivenöl und Streichhölzer mitnimmt. Sie freut sich schon darauf und will ihn auch sofort daran erinnern, was heute für ein besonderer Tag ist: O-Ton 19 - Luigia Dottore, oggi è San Giovaaaaani..... E N D E 1 1