Deutschlandradio Kultur, Deutschlandrundfahrt, 24.11.2007, 15.05 Uhr Leder, Zukunft und das Wetter Typisch Offenbach in Hessen Von Thomas Klug Regie: Jingle, Kennmusik Take 01 Lux 29 Es ist aus unserer Sicht viel leichter Aktienkurse vorherzusagen, als das Wetter. Wir liegen mit unseren Quoten..., was die Wetter vorhersage angeht, immer besser, als die Analysten von Aktienkursen. Regie: Kennmusik Take 02 31 Von 100 angesprochenen Leuten sagen 20 gleich nein. Von den übrigen 80 sage 78: Ich kann nicht malen. Zwei malen gleich los. Und die übrigen die überlegen dann ein bisschen und meist kriegen sie dann doch irgendwas hin. Regie: Kennmusik Take 03 II/4 Volontär Ich würde mich freuen, wenn da ein Spanier wohnt, ein Amerikaner, dann einer aus Thailand und alle Kulturen beisammen in einem Haus. Mir würde das persönlich gut gefallen. Regie: Kennmusik Take 04 Picard 6 In Offenbach selber ist die Branche der Lederwaren, der Feintäschnerei eine sehr alte, eine sehr traditionsbehaftete Branche, die schon sehr früh, im 19. Jahrhundert mit vielen schriftlichen Einträgen und Firmengründungen begründet worden ist. Sp. v. Dienst: Leder, Zukunft und das Wetter Typisch Offenbach in Hessen Eine Deutschlandrundfahrt mit Thomas Klug Autor: Offenbach klingt wie Musik. Klingt wie gute Laune. Wie Esprit. Wie ein Gefühlsausbruch. Offenbach eben: CD: (kurz freistehend, dann im Hintergrund) Offenbach: Can Can Autor: Operetten ? sagen die einen. Offenbachiaden sagte Karl Kraus. Mitreißend, schwungvoll. Das alles gilt für Jacques Offenbach. Ich aber will in das Offenbach ohne Vornamen. Offenbach in Hessen. CD: kurz freistehend und weg Autor: Offenbach. Spannende Dinge gibt es dort: Leder, Branntwein und Wetter. Aber eben: Das Leder ist nach Asien ausgewandert. Das Wetter ist eh nicht mehr der Rede wert. Bleibt der Branntwein. Aber den gibt es nur in Gestalt der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein. Das klingt nach Behörde. Ist auch eine. Sitzt im Schnapspalast. Offiziell heißt der aber anders. In Offenbach muss man übers Wetter reden. Vielleicht mit Uwe Wesp, dem Mann mit der Fliege und ZDF-Wetterfrosch im Ruhestand. Ich komme in Offenbach an. Städte, die einen Bahnhof haben, der auch noch als solcher benutzt wird, schätzen sich ja verständlicherweise glücklich. In Offenbach wird sich keiner des Hauptbahnhofs rühmen. Drei Bahnsteige, Bänke gibt es nur auf den mittleren. Als höflicher Mensch werde ich das Thema Bahnhof meiden. Was bietet sich sonst als Thema an. Matthias Müller, der Pressesprecher der Stadt hat ein ein Bündel Vorschläge Take 05 Müller 13 Wichtig sind natürlich die Offenbacher Kickers, da brauchen wir uns gar nicht darüber zu unterhalten. Die spielen Fußball, das ist einer unserer Hauptimageträger, dass muss man so sehen. Sind die in der Bundesliga? Die sind in der zweiten Bundesliga.... In Offenbach ist die Lithographie entwickelt worden, Vorläufer des heutigen Offsettdrucks. Das ist hier zu besichtigen im Klingspormuseums, Anziehungspunkt für Leute aus aller Welt, also wenn Japaner, Chinesen nach Deutschland kommen, Kalligraphie, sind die ganz häufig hier, hat dann aber ganz reale Fortsetzung, zweitgrößter Druckmaschinenhersteller in Deutschland, MAN Roland kommt im Endeffekt aus dieser Tradition. Autor: Und Offenbach ist eben Leder, noch irgendwie. Typisch Offenbach. Geblieben ist die Lederwarenmesse. Atmo 01 Messe Take 06 Picard 6 In Offenbach selber ist die Branche der Lederwaren, der Feintäschnerei eine sehr alte, eine sehr traditionsbehaftete Branche, die schon sehr früh, im 19. Jahrhundert mit vielen schriftlichen Einträgen und Firmengründungen begründet worden ist. Das ging dann weiter, dass sich das ins Umland zog, dort kleinere, mittlere und große Firmen sehr, sehr viele Arbeiter beschäftigt wurden, die hier ihr Geld verdient haben. Das ging aber nicht nur um die Lederwarenfirmen an sich, also Feintäschnerei, es ging auch um die Gerbereien. Hier waren auch sehr viele Gerbereien ansässig, direkt unten am Main von Offenbach, eine der größten Gerbereien Deutschlands, die dann aber auch in den 70er Jahren schließen musste, als dann die Leder aus dem Ausland wesentlich kostengünstiger hergestellt worden sind und auch importiert worden sind. In den 70er Jahren ging dann auch das Zentrum ein wenig verloren, es mussten sehr viele Firmen schließen, heute sind noch um die 5 bis 10 Prozent von dem da, was damals hier vorhanden war, auch was, die Arbeitsplätze angeht. Autor: Jetzt wird es sprachlich schwierig. Georg Picard will sich französisch ausgesprochen wissen. Picard ? so wie der Kommandant vom Raumschiff Enterprise. In Offenbach hat er damit keine Chance. Georg Picard ist zuständig für Marketing und Design in der hessischen Firma Picard-Lederwaren. Die Hessen sagen Picard. Eine andere Aussprache setzt sich hier nicht durch. Niemals. Es sind Hessen. Take 07 20 Picard Sagen wir mal, in der Frankfurter Umgebung nicht durch, sonst schon. Was kann man denn mit den Offenbachern machen, dass man endlich Ihren Namen richtig ausspricht? Nicht viel. Sie haben sich damit abgefunden, heißt das? Wir sind ja ein internationales Unternehmen. Wenn eine Region wie Offenbach, Frankfurt, sich damit nicht anfreunden kann, da können wir damit leben. Autor: Wenigstens etwas also bleibt unverändert. Wenn schon die Lederindustrie in Hessen vor sich hin stirbt. Und wenn sich schon die Mode permanent ändert. Vor fünfzig Jahren freilich war das noch gemächlicher, das mit der Mode. Take 08 Picard 14 Die Entwicklung der Mode war damals wesentlich langsamer. Wir haben heute Modeentwicklungen, die sind so schnell, dass sie am Markt gar nicht registriert werden und sich selber überholen. Es ist doch sehr, sehr wichtig, ein Auge dafür zu haben, welche Modeentwicklung sich draußen realisieren und auch vom Endverbraucher akzeptiert werden, dass man diese Modeentwicklung filtert und für seine eigene Modekollektion letztendlich umsetzt. Das war damals wesentlich langsamer. Da gab es eine Bügeltasche oder eine Entwicklung der geschweißten Tasche, die hat sich wesentlich langsamer hingezogen. Das hatte sich über einige Jahre hingezogen und war auch nicht sofort wieder aus der Mode. Heute muss man doch immer das Neue suchen, was kommen könnte. Es ist komplexer geworden. Autor: Bügeltaschen. Heute gibt es Taschen für MP3-Player und etwas, was sich Solarbags nennt. Taschen, die die Elektrogeräte, die man so mit sich herum schleppt, gleich wieder aufladen können ? wenn man denn gerade genügend Sonne dabei hat. Und wenn man Lust darauf hat, immer ein paar Kilo mehr als nötig zu schleppen. Und wenn man für seine Tasche viel mehr Geld ausgeben will als üblich. Das ist eben solar. Und modern. Georg Picard gibt einen Einblick in die aktuelle Ledertaschenmode: Take 09 Picard 16 Im Damenbereich ist es sicherlich nach wie vor die Retrowelle, die Bügeltaschen, die sich anlehnen an den Stil der 50er/60er Jahre, aber neu interpretiert und zwar über die Materialien, die mit einem Augenzwinkern aufgegriffen werden, um das Ganze nicht so ernst, wie in dieser Zeit damals darzustellen, sondern mit einer gewissen humorvollen Note. Das zweite Thema ist im Businessbereich, ein echtes Highlight, im Grunde zwei Dinge haben wir da: Einmal das Thema Solar, ist ja im Moment draußen ein ganz großes Thema, wenn man sieht, wie die Ölpreise steigen und wie die Energiekosten steigen, die Strompreise, da kommt das Thema Solar sehr, sehr gut an, auch im Ausland. Das zweite Thema ist Made in Germany. Gibt es heute nur noch sehr selten. Die Mentalität in Deutschland, auch im Ausland in Bezug, das ist ja im Grunde schon eine Marke Made in Germany, die wird sehr bewusst und da wird auch sehr viel mehr Geld ausgegeben Autor: Moden gibt es auch bei den Brieftaschen. Oder besser Notwendigkeiten. Eine Brieftasche z.B. braucht Kartenfächer, viele Kartenfächer. So zwischen sechs und zwölf Karten, für all diese Plastikteile, die man eben so mit sich herum schleppt. Take 10 Rupp 8 Die Geldbörse ist Spiegelbild einmal der Zahlungsmittel, die wir haben. Heute dominiert die Karte. Und vor 80 Jahren dominierte noch das Münzgeld und vor 40 Jahren das Scheingeld. Und heute dominiert die Karte und entsprechend haben sich die Geldbörsen verändert. Allerdings findet die Veränderung nicht in allen Altersgruppen gleichzeitig statt, sondern wenn man mal in jungen Jahren sich an eine Sache gewöhnt hat, dann behält man die nach dem 30., 40. Lebensjahr meistens bei. Autor: Hans-Günter Rupp aus Offenbach importiert seit zwei Jahren Kleinlederwaren. Brieftaschen, Schlüsseletuis, Geldbörsen, Dinge, die er früher selbst hergestellt hat: Take 11 Rupp 3 Ich habe vorher 40 Jahre Erfahrung in der Herstellung und Produktion von Lederwaren, die aber vor zwei Jahren in Insolvenz gegangen ist. Atmo 01: Messe Take 12 Rupp 5 Es geht quasi im Laufe der Zeit alles verloren. Die ganzen Kenntnisse, die man sich jahrzehntelang angeeignet hat, gehen verloren. Wenn ein alter Mitarbeiter ausscheidet, dann geht ein Stück Erfahrung verloren. Und das ist der Fall. Die Leute, die früher Dinge entwickelt haben, sind nicht mehr da. Auch die Zubehörindustrie ist nicht mehr vorhanden. Auch die Klebstoffe gibt?s nicht, aber die Erfahrung, die man mit Klebstoffen und Lederwaren hat, das geht halt alles verloren. Autor: Hans-Günter Rupp bezieht seine Waren inzwischen aus Fernost Take 13 Rupp 4 Seit 1980 in Fernost, in Indien, China die Lederwarenfirmen gegründet wurden und seit dieser Zeit der Druck von Jahr zu Jahr größer wurde, so dass die Chancen, ein deutsches Produkt zu verkaufen, nicht mehr gegeben waren. CD: Swing Dance Orchestra: Rhythm of Chinatown, Andrej Hermlin u.a. BMG Berlin Musik LC 00055 Autor: Offenbach in Hessen. Ich traue mich nicht. Ich habe Angst. Aber es muss sein. Ich kann nicht anders. Ich muss über das Wetter reden. In Offenbach. Es regnet. Ich weiß, es gibt Leute, die hören das nicht gern. Aber es regnet nun einmal. Und das in Offenbach. Obwohl da das Wetter schöner sein sollte, schließlich wird es da ja gemacht. Aber in Offenbach kriegen sie auch nur Regen hin. Und andere meteorologische Grausamkeiten. Das muss man eben ertragen, auch wenn es Feld, Laub und Straße nicht gefällt. Wie lautet der berühmte Satz eigentlich? Aus Frankfurt nun die Wettervorhersage für morgen, Sonntag, den usw. Frankfurt sagen sie in der Tagesschau ja nur, weil der Hessische Rundfunk für das Wetter zuständig ist. Genauso wie für die Lottozahlen. Zufall, heißt es offiziell. Ich gehe mir in Offenbach das Wetter angucken. Take 14 Lux 2 Wir stehen jetzt im deutschen meteorologischen Rechenzentrum, das gehört zum Deutschen Wetterdienst. Das ist eine ziemlich große Rechenanlage, eines der größten meteorologischen-klimatologischen Computersysteme der Welt. Was man hier sieht ist ein großer Rechnersaal, hier sind sehr viele, schwarze Kästen zu sehen, wie Telefonzellen sehen die etwa aus, das sind etwas so rund 50 Stück, all diese Schränke beinhalten viele, viele Prozessoren, die sind miteinander verschaltet, das ist ein so genannten Clustersystem, d.h, eigentlich ein einziger großer Computer. Die Bauteile sind miteinander verschaltet. Hier wird eigentlich das, was weltweit an Messbeobachtung und Messdaten nach Offenbach geführt wird, über Satellit, über Internet oder über Kabel oder wie auch immer, wird hier aufgearbeitet und dann zu Wettervorhersagen verarbeitet. Autor: Wetterküche heißt es oft. Das Haus des Wetterdienstes in Offenbach hat gar nichts mit einer Wetterküche zu tun. Wer hätte das gedacht. Gerhard Lux muss noch sein Auto parken. Dann kann er sich um das Wetter kümmern. Das Wetter entsteht im Erdgeschoss. Ganz unspektakulär. Rechner brummen vor sich hin und lassen sich auch von vier Wochen Dauerregen nicht beeindrucken. Sie stehen ja im Trockenen. Take 15: Lux 4 Rund um die Uhr müssen wir natürlich arbeiten, weil ständig weltweit Daten reinkommen und natürlich auch die Ergebnisse wieder weiter gegeben werden. Es ist natürlich auch so, dass der Deutsche Wetterdienst als einer der fünf großen Wetterdienste weltweit, besondere Verpflichtungen auch hat, d.h., dass ein Großteil der Daten und auch der Ergebnisse, die hier erwirtschaftet werden, die hier geniert werden, wieder an andere Wetterdienste weiter geleitet werden. Zum Beispiel geht eine ganze Menge in Richtung arabische Welt, auch in Richtung Afrika, dort wird von den kleineren Wetterdiensten, die natürlich solche Rechenanlagen nicht haben, die Daten genutzt, um dann lokal weiter zu berechnen. Autor: Im Erdgeschoss kommt das Wetter rein, in der dritten Etage wird es aufgeschrieben. Take 16 Lux 12 Hier sind wir jetzt in der Vorhersagezentrale des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach, hier laufen die Fäden alle zusammen, d.h., die Informationen, die weltweit nach Offenbach kommen und die durch die Rechner bei uns im Erdgeschoss aufgearbeitet worden sind, werden hier dargestellt, werden hier abgebildet und die Kollegen, die hier an mehreren Arbeitsplätzen im Schichtdienst sitzen, haben also die Möglichkeit über ihren meteorologischen Arbeitsplatz mit einer speziellen Software, die wir hier in Offenbach entwickelt haben und die Nino heißt übrigens....Diese Arbeitsplätze ermöglichen von hier aus überall zuzugreifen auf den Stand der Informationen, was gerade an Wetter wo auch immer auf der Welt gerade passiert und natürlich gleichzeitig auch, wie es mit dem Wetter weiter geht, die Vorhersagen für die nächsten sieben bis zehn Tage sind hier auch abrufbar. Man kann also von jedem Arbeitsplatz nachschauen, wie es derzeit gerade aussieht und man kann auch erkennen, wie es die nächsten Tage weiter gehen soll. Autor: Uwe Baumgarten ist verantwortlich für das Wetter in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Er sitzt vor vier Monitoren, einer bunter als der andere, sitzt vor ihnen wie in einem Cockpit, rollt mit seinem Stuhl von Monitor zu Monitor und denkt sich das Wetter aus. Take 17 Baumgarten 15 Das Satellitenbild, das versteht so ziemlich jeder. Da kann man die Wolken darauf erkennen und die Zugrichtung. In den anderen Bereichen sind verschiedene, andere Sachen dargestellt. Hier auf den linken Bild sind die stündlichen Niederschläge aufsummiert, die von den Radarstationen gemessen und verbreitet werden. Autor: Und genau während ich mich mit ihm unterhalte, regnet es in Offenbach einmal nicht. Manche in Offenbach glauben ja, wenn es wieder mal ewig regnet, will der Deutsche Wetterdienst nur auf sich aufmerksam machen. Und jetzt aus Offenbach die Wettervorhersage für den November der Jahre 2007 bis 2025: Take 18 Baumgarten 24 Im November haben wir eine sehr hohe Nebelwahrscheinlichkeit. Autor: An einem Aushang lese ich einen Wetterbericht, wie ihn Meteorologen für sich selber schreiben. Die Sprache ist eine andere, sie tut nur so, als wäre sie deutsch. Von Wellen und Trögen und Wellenkeilen ist da die Rede. Von Austrogung und strukturierten Zyklonen. Ich verstehe kein Wort. Uwe Baumgarten schon: Take 19 Baumgarten 20 Meistens wird in den Nachrichten oder in der Wettervorhersage der Ausdruck Tiefdruckgebiet oder Hochdruckgebiet verwendet. Da das Wetter am Boden gesteuert wird von den Wellenbewegungen in der Höhe, in fünf Kilometern Höhe, da haben wir keine abgeschlossenen Tiefdruckgebiete mehr, da spricht man dann von Wellen und Trögen bzw. den Hochdruckgebieten korrespondierend, das sind dann die Wellenkeile. Und deswegen wird in einer metereologisch- synoptischen Übersicht die Begriffe Keil oder Trog verwendet....Wenn Sie die Analogie behalten Trog in der Höhe bedeutet Tief am Boden, Keil in der Höhe bedeutet Hoch am Boden, dann haben Sie schon ziemlich viel mitgenommen. Autor: Der Wetterbericht. Die Meteorologen sagen: Der spannendste Teil der Nachrichten. Die Hörer sagen, der Teil, dem die meisten Gegendarstellungen folgen müssten. Das aber, stimme gar nicht, sagt der Wetterdienst, der deutsche. Take 20 Lux 27 Das Problem ist in der Meteorologie immer, dass man wesentlich mehr weiß und als Information hat, als man nach draußen so einfach geben kann. Bei Radioberichten, bei Fernsehberichten ist man zeitlich einfach eingebunden. Die sind am Ende der Nachrichten, da geht es vielleicht um 15 bis 20 Sekunden, die man Zeit hat, um über das Wetter zu reden. Und in diesen 20 Sekunden, spricht vier bis fünf Sätzen muss im Prinzip alles drin sein, was in den nächsten anderthalb bis zwei Tagen geschieht. Das ist nicht ganz einfach, wenn das z.B. ein deutschlandweiter Bericht ist, Deutschland ist nicht klein. Deutschland hat sehr viele unterschiedliche Wetterzonen und das alles in vier bis fünf Sätzen so zu formulieren, dass man es versteht, dass man auch einen Nutzen davon ziehen kann, ist wirklich auch sehr schwer, es ist wirklich auch eine Kommunikationsaufgabe. Autor: Ich setze mich ins Taxi, fahre zu Uwe Wesp und bin schon in Frankfurt. Am Main. Das ZDF leidet. Erst hat Derrick hat vor Jahren schon seinen Dienst quittiert. Und jetzt hat Uwe Wesp aufgehört, das ZDF-Wetter zu machen. Sagt einfach die weiteren Aussichten an und lässt uns mit denen dann alleine. Und seine Fliege nimmt er mit in den Ruhestand. Ruhestand. Deswegen hat er auch keine Zeit. Er kommt exakt zwei Minuten zu spät, parkt seinen Wagen auf der falschen Seite, schiebt mich in sein Wohnzimmer, setzt sich neben seine laut tickende Pendeluhr und freut sich über den Derrick- Vergleich. Take 21 Wesp 2 Man halt irgendwann mal die Altersgrenze erreicht und das ist man so weit, dass man irgendwann einmal die ganzen Tätigkeiten Jüngeren überlassen sollte. Trotz Erfahrungen, die man hat, aber auch die Jüngeren müssen Erfahrungen sammeln und das geht nur, wenn man sie dran lässt. Autor: Vielleicht machen die Jüngeren nun besseres Wetter. Aber die Alten haben schon gutes Wetter gemacht. Der Wetterbericht stimmt ? sagt Uwe Wesp. Und der Sommer, der war gut. Hm. Take 22 Wesp 5 Wenn Sie sich die Statistiken angucken war er, trotz, dass wir alle gemeint haben, der Sommer taugt keinen Schuss Pulver, war er etwas zu warm gewesen insgesamt und das bestätigt im Grunde genommen auch die Tendenz, dass generell bei uns eine gewisse Klimaerwärmung eintritt, aber nicht nur in Deutschland, sondern global. Wir haben ja im letzten Jahrhundert in Deutschland eine Erwärmung von 0,8 Grad gehabt. Autor: Meteorologen haben es schwer, lerne ich. Da gibt es eben die Erwärmung. Und dennoch brauchen Meteorologen ein dickes Fell. Take 23 Wesp 7 Es ist eben im Berufsleben so, das wissen Sie ja selber, wenn man von Zeit zu Zeit kommt man in Situationen, wo man sagt, mein Gott, jetzt brauchst du aber ein ganz dickes Fell, um das durchzustehen. Na gut, dann legt man sich das Ding zu und dann funktioniert es auch. Autor: Offenbach, naja. Offenbach klingt nach Operette. Uwe Wesp geht lieber in die Oper, in die Frankfurter. Offenbach braucht keine Hymnen, Uwe Wesp weiß das. Aber der Deutsche Wetterdienst: Take 24 12 Der Wetterdienst, die Zentrale in Offenbach, ist eine der großen Zentralen der Wetterdienste überhaupt. Ich könnte mir eigentlich vorstellen und habe mich im Grunde genommen die ganzen Jahre gewundert, warum der Wetterdienst in Offenbach ein rechtes, stiefmütterliches Dasein führt. Wenn Sie sich Postkarten von Offenbach angucken: Selten, dass darauf hingewiesen wird, dass die Zentrale des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach sitzt und man darf ja eines nicht vergessen, diese Zentrale hat weltweite Verbindungen. Wenn Sie in Melbourne sind, in Melbourne kennt man Offenbach, weil Offenbach eine Wetterzentrale ist. Aber die Stadt macht da relativ wenig. CD: Marla Glen The cost of freedom Musik & Text Marla Glen LC 12660 Autor: Offenbach in Hessen. Ich habe genug vom Wetter. Ich laufe durch die Straßen. Die Geschäfte versuchen zu glitzern, doch sie kommen nicht an gegen ein robustes Grau. Offenbach ist so: direkt, unverstellt. Vielleicht auch unbeholfen, ungeschminkt. Und auf diese Weise auch verdammt ehrlich. Den Charme der Stadt, das hat mir Gerhard Lux noch mit auf den Weg gegeben, entdeckt man erst beim zweiten Besuch. Gabriele Juvan hat eine andere Beschreibung: Take 25 Juvan 16 Meine New Yorker Freundin sagt immer: Its like Brooklyn ? und ein bisschen finde ich es auch so. Autor: Die Stadt zeigt das, was sie einmal war und spart die Wunden nicht aus. Die Überbleibsel werden wieder entdeckt. Von Gabriele Juvan zum Beispiel. Dort, wo einst eine Lederwarenfirma produzierte, hat sie ihr Atelier. Das alte Fabrikgebäude liegt mitten in der Stadt. Atmo 02 Treppenhaus Autor: Eine Treppe und dann links, dort ist das Atelier von Gabriele Juvan. Blick auf zwei Bäume, ein bisschen Rasen. Gabriele Juvan nennt das freundlich Park. Gitter vor den Fenstern. Die nimmt man irgendwann nicht mehr wahr, sagt Gabriele Juvan. Und erzählt davon, wie sie sich Offenbach erschlossen hat ? mit ihrer Kunst. Oder eigentlich, mit der Kunst der Offenbacher: Take 26 Juvan 21 Sie sehen ja, mein Atelier ist ja eigentlich so eine Mischung aus Atelierarbeitstisch und Lagerfläche und Büro auch und das hat schon mit meinen Projekten zu tun, also ich mache ja Kommunikationsprojekte, d.h. also, mich interessieren Ideen, wie man Menschen zusammen bekommt, die normalerweise im Leben nichts miteinander zu tun hätten. Und so ist auch dieses Projekt Offenbacher Bilder entstanden, das waren eben 16 großformatige Bilder, ein mal zwei Bilder, also etwas größer als eine Tür jedes Einzelne. Auf diese Bilder sind Blumen vorgemalt gewesen mit nummerierten Feldern, so ein bisschen Malen nach Zahlen. Autor: Kunst in Offenbach ist Malen nach Zahlen. Nein. Kunst in Offenbach ist Kommunikation. Und ist spannend: Take 27 Juvan 23 Wir sehen hier so eine Art abstrahierte Blume, viele bunte Felder. Manches ist ganz gut gemalt, da hat jemand z.B. sehr akribisch das Offenbacher Wappen gemalt mit diesen Eicheln auf blauem Hintergrund, aber zum Teil ist es auch ziemlich dilletantisch. Hier unten dieser König, der so etwas grimmig schaut, das war der älteste Teilnehmer, da kann ich mich daran erinnern, das ist ein 88jähriger Italiener gewesen, der das gemalt hat. Auf dieser Blume sind genau 100 Felder und die sind alle ausgemalt, das war so im Laufe eines Tages während dieses Selbsthilfetages, kamen die Leute vorbei, ich habe sie angesprochen. Manche wollten freiwillig malen, die meisten muss man erst ein bisschen überreden. Autor: Und jetzt kommen wir zum Fußball. Kickers Offenbach. Im Stadion hat Gabriele Juvan eine Leinwand drapiert und die Kickers-Fans zum Mitmachen genötigt. Überredet. Gebeten. Aufgefordert. oder so Atmo 03 Bild wird ausgerollt Juvan 24 Take 28 26 Juvan / Klug Es war auf jeden Fall ein samstägliches Spiel im Stadion Biberacher Berg und ich habe mich neben den Fan-Container gestellt und dann ging es los. Bei dem Bild war es gar kein Problem, es vollzukriegen. Das stelle ich mir wirklich lustig vor: Die Leute wollen Fußball gucken, treffen auf Sie und müssen plötzlich einen Pinsel in die Hand nehmen und malen. Und haben manchmal sogar noch ein Bratwürstchen dabei in der Hand. Oh. Und so entsteht Kunst? Ja, natürlich nicht so in einem Bild, Sie sehen ja, jedes Bild sieht so ein bisschen auch aus, als wenn Kinder gemalt hätten. Aber wenn Sie die komplette Kollektion dieser Bilder dann sehen und Sie gucken genau hin, dann können Sie glaube ich in diesen Bildern sehr viel sehen über das Menschen hier in der Stadt haben. Für mich ist es eigentlich auch ein Beleg dafür, da gibt es auch Bilder, wo dann ein Hundehäufchen reingemalt ist oder ein Flieger mit Fluglärm. Aber für mich ist das eher ein Beleg dafür, das die Leute hier in der Stadt, viel optimistischer sind, als ihnen immer unterstellt wird. 28 Und Sie sehen hier unten, das ist ja geschrieben wie in dem Schriftzug von Kinderüberraschung: Kickersüberraschung. Das sind die geprügelten Fans, die wissen, das sie manchmal gute Nerven brauchen. Aber dafür geht man ja auch hin. Autor: Gabriele Juvan hat sich an verschiedene Ort getraut und die Offenbacher zum Mit-Malen aufgefordert. Take 28 Juvan 21+++ Ich bin jedem von diesen leeren Leinwänden und Material an einen Ort gegangen, der typisch ist für einen kompletten Lebensbereich ist in Offenbach: Die Politiker im Rathaus, eine Grundschule, eine Obdachloseneinrichtung, die Kickers Offenbach, der Deutsche Wetterdienst und habe dann einfach die Menschen dort animiert, ein Feld auszumalen und habe zu jedem Feld die Nummer, den Vornamen und die Nationalität aufgeschrieben. Dadurch weiß ich, dass fast 1200 Menschen mit gemalt haben, ungefähr ein Prozent aller Menschen, die hier leben. Der Jüngste war anderthalb und der Älteste war 88 und dazwischen alles, was hier so laufen kann. Alle Namen, ich habe dann ja auch die Herkunft gefragt und es gibt dann Leute, die sagen: Ich bin Türke, aber es gibt auch Leute, wo man klar sieht, es ist ein Pakistani, der sagt aber, ich bin ein Offenbacher, weil er hier geboren ist. Und das ist ja so ein bisschen typisch hier in der Stadt, diese vielen Nationalitäten, die hier zusammen leben, die manche Leute nicht toll finden, die ich aber als ein unheimliches Kapital hier in der Stadt empfinde. CD: Xavier Naidoo Seelenheil Musik: Philippe van Eecke/Xavier Naidoo Text:Xavair Naidoo LC 11715 Autor: Offenbach ist grau. Und Offenbach ist bunt - an Menschen. Offenbach hat Zukunft. Das werden die Offenbacher gar nicht wissen. Zukunft ist der Titel einer Zeitschrift des türkischen Verlages World-Media- Group. Eine Zeitschrift für Türken und Deutsche, so die Idee. Der Redaktionssitz liegt in einer tristen Gegend. Die Zeitschrift erscheint Hochglanzpapier. Der Mann am Tresen telefoniert. Der Mann daneben erwartet mich bereits. Bülent Sengün. Ich bringe Vornamen und Nachnamen durcheinander. Bülent Sengün erträgt es gelassen. Das Interview könnte beginnen. Aber wir warten erst noch auf einen Redakteur. Dann auf einen anderen Redakteur, einen dritten Redakteur, eine Redakteurin, einen Volontär, die Pressesprecherin. Türken und Deutsche. Am Ende sitze ich sechs Leuten gegenüber mit Fragen, die für einen gedacht sind. Es wird ein lebhaftes Gespräch. Take 29 Zukunft 20 Auch unsere deutschen Redakteure haben die interkulturelle Kompetenz, die schon mit Migranten Erfahrung haben oder auch im Ausland gelebt haben. Und alle unsere türkischen Redakteure haben hier in Deutschland studiert, leben schon sehr lange in Deutschland. Autor: Sagt der Chefredakteur. Take 30 Zukunft 28 Mein Name ist Kendra Thielmann... Ich bin mit einer weiteren deutschsprachigen Kollegin zuständig für die Endredaktion und das Lektorat und gestalte auch den Inhalt mit. Ich würde sagen, unser inhaltlicher Schwerpunkt geht in erster Linie dahin, dass wir Themen bringen, die auf die interkulturelle Verständigung abzielen. Also wir bringen viel zu aktuellen Themen, z.B. zum EU- Beitritt der Türkei oder ...was so gerade in ist. Wir stellen viel aus muslimischer Sicht dar, bemühen uns aber immer um eine ausgewogene Perspektive. Autor Zukunft will eine Zeitschrift sein, irgendwie für alle. Kein Sprachrohr. Take 31 II/11 Chef Die Zeitschrift ?Zukunft? versteht sich nicht als Sprachrohr von Migranten oder Muslime hier, wir sind nicht Vertreter von Muslimen oder Migranten. Das ist sehr wichtig. Wir leisten nur einen rein publizistischen Beitrag. Das soll auch nur so verstanden werden. Wir haben auch einige Autoren gehabt, wo wir die Artikel nicht veröffentlicht haben, die die Zeitschrift als Sprachrohr sehen wollten, ihre Probleme mit der Gesellschaft mitteilen wollten. Das machen wir definitiv nicht. Die Zeitschrift soll dem Leser neue Perspektiven schaffen, Informationen vermitteln und natürlich gegenseitig unsere Ängste und Vorurteile abzubauen. Autor: Ismael Kul ist eine Berühmtheit. Der Chefredakteur sagt es zweimal. Ismael Kul wehrt zweimal ab. Die Unterschiede zwischen den Nationalitäten sind sein Thema. Unterschiede, die es eben gibt, wie es Unterschiede zwischen Menschen gibt. Zwischen Nachbarn, Kollegen, zwischen Hessen und Nichthessen und wohl auch zwischen Männern und Frauen. Take 32 II/3 Kul Vielleicht sollten wir die Unterschiede mal einfach akzeptieren. Die Leute sollten nicht das Gefühl haben, sie sollen immer miteinander etwas zu tun zu haben. Es gibt diese Unterschiede und man soll auch akzeptieren, dass es diese Unterschiede gibt. Ich kann eigentlich verstehen, wenn die Deutschen sagen, wir möchten eigentlich unter uns bleiben. Ich selber würde auch nicht in einer Gegend wohnen wollen, wo es nur Deutsche gibt. Autor: In einer Zeitung hat Ismael Kul eine Kolumne - mit Foto. Und er wird oft zitiert. Der Chefredakteur ist stolz auf ihn. Take 33 II/5 Kul Ich habe auch die Erfahrung gemacht, man ist dort heimisch, wo man Leute kennt, also wo man Beziehungen hat. Wo man keine Beziehungen hat, fühlt man sich nicht wohl. Man kann nach Istanbul fahren, es kann dort sehr schön sein. Aber wenn man keinen kennt, dann ist man nach zwei Tagen dort einsam, dann ist einem langweilig. Man sehnt sich nach einem Ort, wo man Menschen kennt. Autor: Volkan Tümöz ist Volontär bei der ?Zukunft?. Take 34 Tümöz 39 Ich bin in Deutschland geboren, bin mit türkischen Eltern aufgewachsen und ich kann das aus der Erfahrung sagen, in der Türkei kann ich mich nicht als Türke fühlen, weil ich dann gestempelt werde, mein Türkisch ist auch ein bisschen gebrochen, dadurch, dass ich nur einmal im Jahr in die Türkei gehe und eigentlich immer nur mit Deutschen in meiner Umgebung bin. Und in Deutschland ist man der Türke. Das ist schon der Name, der das dann ausmacht. Es ist schon schwer, eine Wohnung zu finden mit einem türkischen Namen. Da gibt es Vorurteile und Ängste und Straßen. Oder wenn man in eine Disco will, da ist man täglich damit konfrontiert. Man muss sich einfach offen damit auseinander setzen, wie man damit zurecht kommt. Meistens ist es nicht schlimm, man muss einfach nur dem Menschen offen reden und ihm halt zeigen, wer man ist, dass man halt auch ein Mensch ist und dass da gar keine Ängste nötig sind und dann klappt es ganz gut. Musik Eric Clapton, Change the World Polydor LC 00309 Autor: Offenbach als Medienzentrum. Das ist eher ein Geheimnis, Frankfurt hat Offenbach auch da den Rang abgelaufen. Wer türkisch spricht, weiß dagegen mehr über dieses tatsächliche Medienzentrum Offenbach. Eine Tageszeitung entsteht hier in türkischer und englischer Sprache für den europäischen Markt, ein türkischsprachiger Fernsehsender hat hier seinen Sitz ? und eben Zukunft, das Monatsmagazin für Migranten und Deutsche. Take 35 15 Damals, als die ersten türkischen Zeitungen kamen nach Deutschland, das war Anfang der 70er Jahre, Ende der 60er Jahre, da hat man sich überlegt, wir brauchen einen zentralen Standort in Deutschland. Und zum anderen war damals die Technik nicht so weit entwickelt. Und die Zeitung, die Filme, mussten von Istanbul nach Deutschland geflogen werden. Der Standort musste sowohl zentral in Deutschland liegen und nah am Flughafen liegen. Deshalb war das Zentrum für türkische Medien einfach das Rhein-Main-Gebiet, Frankfurt, Neu-Isenburg. Vor zwei oder drei Jahren haben wir dieses Gebäude in Offenbach erworben. Deshalb sind wir in Offenbach. Autor: Offenbach scheint sich an die vielen Nationalitäten gewöhnt zu haben. Oder Offenbach hat gelernt, dass die vielen Nationalitäten einfach zur Stadt gehören. Das Miteinander funktioniert. Und manchmal auch nicht. Seval Babaoglu: Take 36 II / 2 Pressesprecherin Ich bin jetzt auch auf Wohnungssuche. Und da waren wir von einem Makler, also eine große Gruppe, eingeladen zur Wohnungsbesichtigung. Und die Hälfte der Besichtiger waren Ausländer in Offenbach. Ich habe dann denn Wohnungsmakler gefragt, wie er denn die Auswahl treffen würde, weil es sind ja so viele Leute da. Dann hat er mir ins Ohr geflüstert: Sie sehen doch selbst, die Hälfte der Personen sind Ausländer. Und da haben Sie große Chancen. Dann habe ich ihm geantwortet, ja, ich bin auch Ausländerin, dann habe ich wohl doch keine Chance. Er war dann sehr perplex, schaute mich an, was, Sie sind Ausländerin? Ich habe dann nach dem Gespräch, wie ein anderer Mann, leger angezogen, nicht sehr gepflegt, einen Bogen abgegeben hat, wo sein Beruf drauf steht, ein Rechtsanwalt. Da kam dann auch die Frage: Was, Sie sind Rechtsanwalt? Diese Klischees...Ich habe auch noch nie so lange nach einer Wohnung gesucht wie in Offenbach. Autor: In Offenbach gibt es eben alles. Volkan Tümöz, der Volontär, formuliert es so: Take 37 II/7 Volontär Die Offenbacher sind mir immer noch ein Rätsel. Es ist wirklich so, dass alles vertreten ist, sehr facettenreich, verschiedene Völker, so wie ich mir mein Haus vorstelle, aus den verschiedenen Ländern. Es gibt nette und es gibt nicht so nette....Vom Guten bis zum Schlechten ist alles dabei. CD Kenan Dogulu: Bas Hafri Ben Musci & Lyrics Kenan Dogulu LC 08637 Sony BMG Autor: Das Offenbacher Rathaus ist da, wo Offenbach versucht, ein bisschen wie Frankfurt zu sein. Frankfurt am Main. Hochhäuser, aber höchstens halb so hoch wie die in Frankfurt. Aber nicht nur halb so hässlich. In Offenbach darf man das sagen. Da darf man auch an den Spitznamen der Stadt erinnern, nämlich Frankfurt-Bronx. So lästern die Darmstädter Nachbarn. Offenbach ist eben eine Stadt neben einer größeren Stadt. Na und, sagt da der Pressesprecher der Stadt Offenbach, Matthias Müller. Die Offenbacher sind gelassen und bodenständig. Take 38 Müller 2 Also bei 50 000 Wohnungen in Offenbach gibt es solche und solche Vermieter. Offenbach ist eine Stadt mit einem Ausländeranteil von 31 Prozent derzeit, das ist mit der höchste in der Republik. Leute mit Migrantionshintergrund werden im Augenblick zwischen 40 und 45 Prozent geschätzt, also Leute, die auch eine Einbürgerung hinter sich haben, dazu gerechnet. Das hat in Offenbach eine gewisse Tradition. Da sind ja schon um 1600 die Hugenotten aufgenommen worden, die, die Wirtschaftsgeschichte dieser Stadt entscheidend beeinflusst haben. Und so ist es heute auch mit den Migranten. Es gibt sehr viele aufstiegsorientierte Migranten, die einer Stadt, die sehr viele internat ionale Verbindungen hat aufgrund des Standortes Rhein-Main durchas befruchtend wirken. Aber man muss auch sagen, es gibt eine ganze Menge Migranten, die sich vielleicht zu sehr in ihr Schneckenhaus, in ihre unmittelbare Umgebung zurückziehen, wenig, zu wenig die Sprache hier lernen, zu wenig sich in das allgemeine Leben, in die Kultur, in die kulturelle Landschaft integrieren. Da kommt es uns vor allem darauf an, Sprache, den Erwerb von Sprachkompetenz zu fördern. Autor: Matthias Müller sitzt in der 12. Etage des Rathauses. Eine Bausünde vor seinem Fenster wurde vor ein paar Jahren abgerissen, in einer anderen befindet sich sein Büro. Manches an Offenbach sei aber auch normal. Take 39 Müller 5+ Offenbach ist jenseits der Innenstadt eine völlig normale Stadt, was das Stadtbild angeht. Mit Sünden, aber auch mit sehr, sehr viel schönen Ecken. Wenn Sie nach Humpenheim rausgehen, Humpenheimer Schloss, Bieber, Fachwerk. Wir haben einen sehr, sehr hohen Grünanteil, wir haben ein Westend mit old money, Leuten, die sich große Villen leisten können. Aber genau in den 50er und 60er Jahren sind zu viele Sünden in der Innenstadt gemacht worden. Wir haben auch da versucht, in den letzten 15 Jahren in der Innenstadt umzusteuern: Neugestaltung der Fußgängerzone beispielsweise, eine einheitliche Gestaltung der Stadtmöbelelierung, nicht mehr diese Zerfledderung in der Vielfalt. Das ist ein Prozess, den man nicht von einem auf den anderen Tag reparieren kann. Aber es ist natürlich auch richtig, dass die Bausünden in der Innenstadt auf die gesamte Stadt ausstrahlen. Und das ist manchmal ungerecht. CD: Offenbach: Can Can Autor: Wie war das mit Offenbach, Jacques Offenbach? So ganz verkehrt ist es nicht, ihn in Offenbach zu erwähnen. Offenbachs Vater nämlich war Offenbacher. Und lies sich nach seiner Heimatstadt benennen. Ursprünglich hieß er Eberst. Dann hat er seinen Namen offiziell in Offenbach ändern lassen. Und sein Sohn erlangte mit dem Namen Jacques Offenbach Weltruhm. Im 19. Jahrhundert ging das mit so einem Namen. CD: Offenbach: Can Can Autor: Ich spaziere noch einmal durch Offenbach und kaufe mir einen Schal. Auf dem Etikett steht: Unbedingt links waschen. Manches verstehe ich einfach nicht. Regie: Schlussmusik mit Absage