Eine Niere für Massimo Aus dem Leben eines Nephrokids Von Inge Braun AT 01 (1:14:00) Chris: Vorsichtig auf dem Tisch ... Tellergeklapper ... Dirk: Gurru komm her, hat jemand Angst vor dir hier. Dann kann ich dich nicht draußen lassen ... Tellergeklapper, Kinderstimmen, Wortfetzen ...Dirk: Christiane ... Chris: Ham wir was zu trinken. ... Kinderstimmen ... darauf Erzählerin Massimo springt auf. Gerade noch hat er mit seinem kleinen Rennauto gespielt. Jetzt jagt er flink wie ein Wiesel Gurru hinterher. In seiner knielangen Khakihose wirkt der Zweieinhalbjährige wagemutig und schüchtern zugleich. Zart sieht er aus, aber auch stämmig. Mit großen, graugrünen Augen schaut er neugierig in die Welt. AT 01 Kinderstimmen aufblitzen lassen Frühjahr 2011 am Stadtrand von Berlin Spandau, wo Christiane und Dirk mit ihren zwei kleinen Söhnen in einer winzigen Wohnung leben. AT 02 (35.00) Flügelschläge, Kinderlaute ... Dirk: Das ist jetzt sein Revierverhalten, da nach da oder sonst wohin. Gurren, Flügelschläge der Taube, Kindergeschrei ... Autorin: Sag mal Massimo, du hast ja 'ne Power hier. (35:45) darauf: Erzählerin Die Lachtaube der Familie Cobien flattert durchs Wohnzimmer, über den vollbepackten Schreibtisch zum Schlafsofa, vorbei an einer Spielzeugfeuerwehr mit zwei kleinen Polizisten und zurück Richtung Eßecke. Gleich gibt es Abendbrot. Während Massimos älterer Bruder Cosimo in eine Bulette beißt, schnappt sich Dirk seinen Jüngsten und hantiert mit Schlauch und Nahrungsspritze. AT 03 (24:02) Dirk: Im Moment kriegt der Massimo eine Spritze nach der anderen gefüllt mit ... was ist denn hier drin jetzt ... Christiane: (lacht) Obstgläschen ... Dirk: so Babyobstgläschen (die Taube gurrt) runterblenden Christiane: also ein so Babyobstgläschen, was man relativ gut pürrieren kann, wat man durch eine Spritze und durch eine Sonde dann reinmachen kann aufblitzen lassen: (Massimo quengelt)... OT 01 Christiane C. Man hat uns gesagt, sobald er eine Spenderniere hat, fängt er an zu essen. Und ich denke, das wird für ihn ein wahnsinniger Verlust werden, wenn er seine Magensonde weg bekommt. Den Dialyseschlauch glaube ich nicht so sehr. Aber die Magensonde gehört schon ganz schön zu ihm, das ist seine. (23.15) AT 04 (22:40) Dirk: Massi, mach ich alleine jetzt mal kurz ... Dirk: Mo, ja ich weiß ... ziehst du ... zieh ... zieh ... (Mo stöhnt) Oh ... Mo: doller ... Dirk: Hast du doller gesagt? Mo: doller ... Dirk: Mann, super ... Massimo: Papi (23:00) Erzählerin Dass sein kranker Bruder die Mahlzeiten über eine Magensonde bekommt, ist für den vierjährigen Cosimo nichts Außergewöhnliches. Massimo steckt sich zwar immer mal einen Happen in den Mund, spuckt aber alles gleich wieder aus. Die Nahrungs- aufnahme verweigert er. Für nierenkranke Kinder, sogenannte Nephrokids wie Massimo ist das nichts Untypisches. AT 05 (30:57) Massimo: Papi ... Dirk: Darf ich nochmal deinen Bauch sehen, Mo? Darf ich nochmal deinen Bauch sehen. Guck mal, das hier ist im Endeffekt der Katheter hier, psst, den legen wir immer in die Windel, da macht er sich am günstigsten zum Festhalten ... Massimo: juchzt ... Dirk: ... von der Dialyse. Der steht da ein Schritt drunter. Massimo: Pap ... darauf Dirk: ja, ist ja okay, jetzt hast du einen kalten, nassen Bauch. Massimo: Papo ... Erzählerin Massimo leidet schon seit seiner Geburt am ersten Dezember 2008 an einer chronischen Niereninsuffizienz. Das heißt, seine viel zu klein angelegten Nieren schaffen es nicht, das Blut ausreichend zu entgiften. OT 02 Christiane C. Und man hatte uns damals eigentlich schon gesagt, dass wir also mit dem Gedanken uns beschäftigen sollen, dass unser Kind auch irgendwann mal eine Transplantation braucht. Also ja, war ganz schön schlimm gewesen. Also klar: man musste uns das sagen und 'ne Schönmalerei hätte die Sache ja nicht besser gemacht. Aber es ist erst mal ein totaler Schock. Erzählerin Seitdem führen die Eltern den Kampf um das Leben ihres Jüngsten. In einer halben Stunde beginnt die Blutreinigung, Christiane hat das Dialysegerät schon vorbereitet. AT-06 (30:10) Dirk: Massi, du bist fertig. Kann ich deinen Bauch wieder haben? So, packt sich Massi aus, will sich selber abschnibbeln, reißt dabei halb seine PEG aus dem Bauch. Ja, du musst schon auf den Strich achten. Jetzt ziehen, ziehen Sie jetzt ... ja: super. Machst du zu, den Knopf? OT 03 Christiane C. Mein Mann hat immer gesagt: also mit einem behinderten Kind kann er mal gar nicht. Und er wüsste dann nicht, ob er dann bei mir bleiben würde. Ja, nun haben wir ein Kind, was zu 100% schwerbeschädigt ist. Er zählt mit zu den Behinderten. Aber mein Mann meinte eigentlich eher eben geistig oder körperlich behin ... also ja von der Bewegung her oder so. Ich denke mir mal, dass ich auch damit mehr Schwierigkeiten hätte als mit unserem mopsfidelen Kerlchen, was wie ein Verrückter durch die Gegend tobt. AT 07 (31.21) Massimo: Papo ... Dirk: Ja, ist ja okay, hast keine Lust oder was hier, willst du Bob sehen, ja ... (Massimo brabbelt) darauf: Dirk: Schneeräumer Bob, spitzenmäßig, Ja, die haben natürlich alle Namen, ganz wichtig. Erzählerin Massimo, auch Massi oder Mo genannt, ist ein kleiner, eigenwilliger Kämpfer. Wie seine Eltern hat er eine große Leidenschaft für Autos und Motorräder. Er liebt Dinosaurier, mit Zweitnamen heißt er selbst Dino. Catcht gerne mit seinem Bruder, begeistert sich für Ritterspiele (und) besitzt Schwerter und Schilde. AT 08 Kindertoben einblenden OT 04 Christiane C. (1.10.00) ... und schmeißt dann auch seine Schilde weg, trampelt drauf rum (...) und da kriegt er es natürlich dann auch ein bisschen mit uns zu tun, weil so'ne Sachen kosten immer Geld. Und auch ein Herr Massimo muss lernen, wie man damit ordentlich umgehen sollte. (...) Man darf eben auch jetzt auf keinen Fall seine Krankheit irgendwo in den Vordergrund rücken, weil: wenn der anfängt, die gegen uns zu verwenden, dann haben wir verloren. AT 09 Christiane: Mo und lies mal das Buch richtig rum? Mo. 31:51 Dirk: und wer ist des? Wer ist des? Massimo: Genau ... Dirk: Genau ... und wen haben wir hier? Massimo juchzt ... Dirk: ... das Mädchen, das ist die Wendy (Massimo brabbelt) Dirk: genau. Ja, wo noch ... (Massimo gibt Laute von sich) und wo noch, ah, da ist die Katze wieder ... Massimo: da, da, Baby. Erzählerin Dirk hat dicke Ränder unter den Augen. Auch Christiane schläft viel zu wenig und schlecht. Durch die Intensivpflege von Massimo - gerade hatte er wieder eine schmerzhafte Bauchfellentzündung, gehen beide bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Und immer wieder quält die Eltern die Frage: Wie lange noch wird Massimos Zustand einigermaßen stabil sein? Auch seine Großmutter ist besorgt. OT 05 Großmutter (Nr. 18) Also es ist ja immer so, dass man seinen Kindern immer das Allerbeste wünscht. Und ich hab meiner Tochter bestimmt nicht gewünscht, dass sie mal ein solches schweres Päckchen zu tragen kriegt. Das ist unglaublich. Und manchmal denk ich mir auch, dass sie fast am Ende ihrer Kräfte ist. Aber sie rappelt sich immer wieder auf. Und ich bewundere sie. Erzählerin Am liebsten würde Christianes Mutter ihrem Enkel selbst eine Niere spenden. Aber sie ist schon über siebzig Jahre alt. In der Familie dreht sich inzwischen alles um die Transplantation. Nach den Tests kommen theoretisch beide Elternteile für eine Organspende infrage. OT 06 Dirk C. (27.04) Und da ist dann auch rausgekommen, dass meine Nieren kleiner sind und daraufhin habe ich gesagt: 'Na ja wenn meine kleiner sind, dann ist das vielleicht von den Anschlüssen (...) dann erst mal besser, dass ich das mache.' Dann hat er ja immer noch Mama in petto, wenn er größer ist. OT 07 Christiane C (1.05.17) Und das ist natürlich sagen wir mal, wieder eine Situation in unserer Familie, die sehr, sehr emotional ist. Man muss dann auch viel miteinander reden. Wenn man da aufhört miteinander zu reden, dann bleibt, denke ich mir mal, irgendeiner auf der Strecke. Erzählerin Seit über zwanzig Jahren sind Christiane und Dirk, sie ist in Ost-, er in Westberlin aufgewachsen, ein Liebespaar. Dirk gesteht, dass er zum Grübeln neigt, und was die Transplantation angeht, alle Szenarien schon durchgespielt hat. Was wäre, wenn Massimos kleiner Körper seine im Verhältnis große Niere abstoßen würde? Immerhin wiegt er 84 Kilo, Massimo ist dagegen ein Fliegengewicht von 14 Kilo bei einer Größe von 84 Zentimetern. Auch die Vorstellung, ein Organ zu verlieren, ist ihm unheimlich. O-Ton 08 Dirk C. (1.32. 11) Man ist schon menschlich skeptisch. Der liebe Gott wird schon gewusst haben, warum du zwei Nieren hast. Aber die Ärzte sagen natürlich, ja man kann mit einer Niere genauso 80, 90 werden. Ja, das kann aber auch ... man sieht das Leben anders. Man wird sich seiner Endlichkeit noch bewusster als vorher. AT 10 (1.03.35) Christiane: Ich hab ja nur mal in die Windel geguckt. Dirk: ja, ja,ich machs ja, Massimo. Ich mache es. (Massimo weint) Christiane. Ich wollt' ja nur vorbereiten. Dirk: Massi, Papa macht (...) (Massimo weint) Erzählerin Bis zu einer Organverpflanzung muss Massimo ans Dialysegerät. Im Moment sträubt er sich gegen die allabendliche Prozedur, die seine Eltern schon seit einem Jahr selbst zuhause durchführen. AT 11 (2.Teil) (Massimo weint) (1:04:03) Christiane: Ja also, das Wichtigste bei dem Anschließen ist im Grunde genommen, dass so gut wie man kann, ganz geht's natürlich nicht, eine Sterilität erhält (Massimo meckert). Weil: wenn Keime in das Bauchfell reinkommen, dann passiert sehr schnell eine Bauchfellentzündung. Dirk: Machst du die Tür zu. Christiane: Nochmal die Tür ein bisschen zumachen. (Knister- geräusche) Dirk: Das ist eine Verschlusskappe bei ihm am Bauch .... (Sprühgeräusche) Christiane: Jetzt wird ein bisschen desinfiziert ) Erzählerin Mit Mundschutz stehen Christiane und Dirk jetzt im winzigen Schlafzimmer, wo Massimo im Bett seiner Eltern liegt und für die ganze Nacht an das Gerät angeschlossen wird. Fenster und Türen sind geschlossen, die alte Lachtaube ist in ihren Käfig im Wohnzimmer verbannt. AT 12 (1.05.08 Christiane ... und jetzt wird eben versucht, so kurz wie möglich diesen Schlauch offen zu halten, weil: das ist ein direkter Zugang in seinen Bauchraum jetzt ... und jetzt steckt der Papa das mit ran, dann dreht er das einfach auf, steckt das um, also schließt sozusagen den Schlauch, der um Massimo rumgewickelt ist, an dieses System an, runterblenden und das ist schon passiert, so schnell geht das. Und dann sagen wir hier Power 1:05:39... Erzählerin Der Monitor am computergesteuerten Dialysegerät auf dem Rollwagen, der am Fußende vom Bett steht, zeigt "Einlauf" an. Noch hat Massimo einen flachen Bauch, aber gleich, sagt Christiane, wird er von der Dialyseflüssigkeit eine kleine Wampe bekommen. Die Bauchfelldialyse läuft über einen in die Bauchhöhle eingelegten Katheter. Der ist sozusagen die Lebensader von Massimo bis er eine Spenderniere hat. AT 13 (1. 08. 03) Chris So und jetzt fängt er an einzulaufen, jetzt müssen wir eben nur aufpassen, dass da Kind nicht zu sehr rumhampelt und den Schlauch abknickt ...(Massimo brabbelt) In dem Gerät wird diese Flüssigkeit, die jetzt also aus diesen Beuteln reingezogen wird, erwärmt, (im Hintergrund Massimo) runterblenden ... da ist also wie so ein kleiner Durchlauferhitzer, damit, wenn man hier anfasst, jetzt noch nicht, aber der Schlauch wird richtig warm, der wird also auf 35 Grad Celsius aufgewärmt, so dass man also keine kalte Flüssigkeit in den Bauch bekommt ... Erzählerin Massimo ist völlig übermüdet, bald wir er einschlafen. Das Bett darf er bis zum nächsten Morgen nun nicht mehr verlassen. Nachts schlägt das Dialysegerät immer öfters Alarm. Jedes Mal muss Christiane dann aufstehen und ihr Kind drehen, damit der Schlauch wieder richtig liegt. Um halb sieben wird Massimo von der Maschine befreit. Um sieben muss Dirk auf der Arbeit sein, er ist als Haushandwerker bei einer Liegenschaft angestellt. Christianes kleine Designfirma in der Wohnzimmerecke, sie ist gelernte Siebdruckerin, ist oft verwaist. Weil es Massimo schlecht geht, weil er sich übergeben muss. Weil sie mit ihm zum Arzt oder zur Logopädin muss, seine Sprachentwicklung ist verzögert. AT 14 Kita (Kinder lärmen) Ansonsten bringt Christiane morgens auch Massimo in die Kita. Seit er ein Jahr alt ist, besucht er wie sein Bruder eine integrative Kindertagesstätte, zehn Autominuten von zuhause entfernt. Dort ist Massimo sehr beliebt. AT 15 Kita: Kinder schreien: "Ich bin der Freund von Massimo"... Erzählerin Die kleinen Jungs scharen sich um ihren Erzieher Stefan Arnold. Alle wollen Massimos Freund sein und in das Mikrofon sprechen. Massimo aber ist schon in den Garten gerannt Richtung Schaukel, Kletterburg und Weidenhütte. AT 16 Kindergarten hochziehen OT 09 Erzieher Stefan Arnold Wir erleben ihn hier als sehr wild und sehr engagiert bei allem, was er macht. Er hat sicherlich auch viele Phasen, wo es ihm nicht gut geht. ((...)) wo er auch weint. Aber das sind kurze Phasen. Insgesamt kann ich wirklich nur sagen, dass er ein sehr ausgeglichener, wie seltsam sich das auch anhört, ein sehr ausgeglichener Junge ist, ((...)) Der gerne lebt, der aktiv ist, der viel macht, der einfach fit ist. Erzählerin Ab dem Sommer ist alles wieder anders. Morgens holt jetzt vier Mal die Woche ein Krankenwagen Massimo ab. Es gab Komplikationen mit der häuslichen Dialyse. Nun muss die Blutwäsche im Berliner Virchowkrankenhaus durchgeführt werden. Massimos zweitem Zuhause. Dort liegt er auf der Dialysestation in seinem Gitterbett und spielt mit der Schwester mit seinen Fingerpuppen: dem Pferd, dem Schmetterling, dem Krokodil ... AT 17 Dialysestation (31:48) Schwester Ursel: Das Krokodil magst du ja überhaupt nicht, stimmt's? Massimo: (juchzt) Was? Jetzt wird's versteckt. Unter dem Bett (...) Ich hab jetzt das Pferd? Massimo: (lacht, kräht) ... Und das Krokodil? Das Krokodil Erzählerin Müde lutscht der jüngste Dialysepatient der Station an seinem Daumen. Gleich kommt die Ärztin. Noch schnell Blutdruck messen, Schwester Gerlind hält die Manschette in der Hand. Massimo will jetzt aber nicht mehr still halten. AT 18 Dialysestation (Massimo kräht) (37:30) Schwester Gerlind: Kommt bitte, das Pferd guckt zu. Komm, jetzt messen wir beim Pferd Blutdruck. Massimo: hm ... Schwester Gerlind: Zeig mal her, nicht, dass wir uns umsonst hier abquälen, wenn die Manschette nicht drum ist ... so, komm schön stillhalten. Warten wir auf piep? Hältst schön still, dann macht es piep. Schön leise sein, das Pferd ist auch ganz still ... Massimo blabbert ... OT 10 Dr. Jutta Gellermann (44:18) Man muss Hoffnung geben, aber gleichzeitig eben auch Lebensrealist sein. Und dieser Spagat ist auch nicht immer einfach. Denn wir wissen schon, dass, was dann geschieht, wenn das Kind zu lange an Dialyse verbleibt. Dass es ihm dann eben gar nicht gut geht. Und wir müssen dann alles daran setzen und dafür tun, dass eben dann doch eine Transplantation stattfinden kann mit hoffentlich gutem Ausgang immer. Erzählerin Die Kindernephrologin, Dr. Jutta Gellermann, hat Massimo schon als Neugeborenen behandelt. Sie war es, die den Eltern damals die bittere Diagnose mitteilen musste. Jetzt warnt die Oberärztin vor den verheerenden Folgen für die kindliche Entwicklung und betont: "Jeder Tag an der Dialyse ist für Massimo ein Tag zu viel." Nach wie vor ist sein Vater zu einer Organspende bereit. Aber Dirk hat auch eine Höllenangst, dass seine große Niere den Jungen später beim wilden Spielen gefährden könnte. OT 11 Dr. Jutta Gellermann (39:47) (( ... )) Denn man muss wissen, die Nieren werden nicht an der Stelle eingepflanzt, wo die Naturnieren sich befinden, sondern die wird im kleinen Becken eingepflanzt und da sind eben keine schützenden Rippen drüber. (40.09) (...) (40:38) Und deshalb verstehe ich alle Eltern, die sich darum Gedanken machen. Und dann ist es auch unsere Aufgabe, sie da ein Stück zu begleiten und auch zu beraten. (40.47) AT 19 (Dat 2/20.09) Christiane: Cosi, du weißt doch noch, was man im Körper so drinne hat. Was immer so bumm, bumm macht? Cosimo: Ein Herz ... Christiane: ... und das hat man in der Brust. langsam runterblenden Und da ist noch was, wenn man sich mal den Kopf an den Bauch hält. Dann gluckert es immer so. Weißt du noch, was das gewesen ist. Wo unser ganzes Essen reinkommt? Cosimo: nein. Christiane: ... das ist der Magen. Cosimo: Magen ... Erzählerin Wieder zuhause versucht Christiane Cosimo aufzuklären. Dirk ist noch völlig mitgenommen von den Untersuchungen in der Klinik. Seine Zweifel haben sich bestätigt. In Massimos Kinderkörper wäre seine Niere ein Klumpen, schwer wie eine doppelte Portion Spaghetti Bolognese, so stellt er es sich vor. Aber zumindest ist er jetzt getestet. Im Notfall bliebe dieser Joker und sein Organ könnte verpflanzt werden. AT 20 Christiane: Und dann gibt es da noch etwas, da sammelt sich unsere ganze Pippi? Weißt du das? Cosimo: hmhm Das ist das, was beim Mo kaputt ist? Cosimo (brüllt): Niere. Genau. Christiane: Das sind die Nieren. Cosimo: Die sind kaputt. Christiane: Genau beim Massimo... und wir warten jetzt auf eine Niere. Erzählerin Massimo steht auf der Warteliste von Eurotransplant steht, seit er mit anderthalb Jahren dialysepflichtig wurde. Die Stiftung ist für die Zuteilung von Spenderorganen in sieben europäischen Ländern zuständig. OT 12 Dirk C. (1.17.20) Es ist voll krass, wenn du dann im Endeffekt so'ne Überlegungen hast: du wartest auf eine Kinderniere, du wartest, dass irgendjemandem was Schreckliches passiert, damit es deinem Kind gut geht. Es ist schon eine krasse Überlegung, aber es ist deine einzigste Chance, die du hast. OT 13 Christiane C. (11:50) Also zum Beispiel ein potenzielles Spenderkind wäre ein Kind, was ertrinkt. Speziell im Winter, da hatten wir ja dieses Jahr auch wieder hier zwei kleine Kinder, die ins Eis eingebrochen sind, als sie mit der Kita unterwegs waren.Und das eine Kind hat es ja nicht geschafft. (...) Und dann sagte mein Mann dann zu mir: 'Ist schon komisch, wenn man das jetzt hört, man sitzt ja wie auf Kohlen, ob man dann einen Anruf bekommt oder nicht.' Erzählerin Das Telefon klingelt kurz vor 23. 00 Uhr am Vorabend zu Massimos drittem Geburtstag. Frau Dr. Gellermann ist am Apparat. Wieder ist die Kindernephrologin, wie vor drei Jahren, die Übermittlerin einer lebensentscheidenden Nachricht: Es gibt ein kindliches Spenderorgan für Massimo. Und diesmal passt alles: die Gewebemerkmale, die Größe. Regie: AT 21 Blättern der Ärztin in der Krankenakte (51.17 ff. ) Die Ärztin blättert Monate später in ihrem Sprechzimmer im Virchow-Klinikum in Massimos Krankenakte. ((... )) OT 14 Dr. Gellermann (54:34) Das war seine längste Operation. Und jetzt kann ich ja nochmal in dem OP- Bericht sehen. Da ist zumindest geschrieben, wie lange diese Operation dauerte (blättert in der Akte) (...) ... und diese Operation (blättert) (...) hat vier Stunden und sechsundvierzig Minuten gedauert. Also das ist schon sehr lang. AT 22 Virchow-Klinikum: Sprechstunde Dr. Gellermann Massimo: piepst doch. (11.28) Dr. Gellermann. Jetzt drückt es noch ein bisschen und dann wird das ja gleich besser. Chris flüstert: Still halten. Massimo stöhnt, Aua Dr. Gellermann: Das drückt. Massimo: Gleich fertig. brabbelt. Chris: Du musst still halten. Massimo: Fertig. Chris: Das tut weh? Massimo: jaaa! , brabbelt runterblenden Dr. Gellermann: Ja, aber jetzt ist gleich gut, guck mal, das geht ganz schnell runter hier. Und dann drückt das nicht mehr so an deinem Arm. Genau, super ...Chris: gleich, pass auf, psst ... Massimo: Nee Chris. Gleich, stille Massimo :Nein Mama, piepts, Aua. Dr. Gellermann: Jetzt ist gleich gut. Erzählerin Wieder mal wird Blutdruck gemessen. Nein, heute wird Massimo nicht gepieckt und gepiesackt. Keine Blutabnahme, keine Spritze. Frau Dr. Gellermann will nur noch seine neue Niere abtasten. AT 23 Sprechstunde Dr. Gellermann (5:52) Dr. Gellermann: Massimo, wir wollen mal gucken, wie es deiner Niere geht? Christiane C. Ja, wollen wir mal auf den Bauch gucken? Dr. Gellermann: Die Mama hilft dir dort drauf. Kein Pieks versprochen, und dann legst du dich mal dahin, guck mal und dann haben wir so einen tollen Koalabären, den kannst du hier noch in die Hand nehmen, (Massimo brabbelt) darauf: Erzählerin Massimo hat die Transplantation gut überstanden. Er erlebt einen enormen Energie- schub. Durch die Medikamente, die eine Abstoßung des Organs verhindern, ist er zur Verzweiflung seiner Eltern infektanfällig geworden. Mit der Spenderniere, die sofort ihre Funktion aufnahm, hat er nun drei Nieren. Und solange bis er essen wird, immer noch seine Magensonde. AT 24 Sprechstunde Dr. Gellermann Massimo: da, da... Christiane: da ! Dr. Gellermann: Massimo, deine PEG-Sonde sieht ja ganz gut aus, weil Mama das immer schön pflegt und sauber macht (Massimo brabbelt) u. desinfiziert. Und deiner Niere geht's gut, alles ganz schick weich, dein Bauch sieht ganz schick aus (...) (7:23) (Massimo brabbelt) OT 15 Dr. Gellermann (1:05:30) Also Massimo hat die Chance, dass das mehr als zehn Jahre funktionieren wird, sein Transplantat, aber wir hoffen natürlich, dass es viel länger funktionieren wird. (1.05.39) (...) (1:06:10) Und wir haben schon Patienten, die durchaus ihr Transplantat auch dreißig Jahre lang haben. Also das kann man im Einzelfall überhaupt nicht vorher wissen, wie lange das gut gehen wird. Und jetzt sieht ja alles ganz gut aus. AT 25 (27.17) (Klappern der Holzfiguren) Cosimo: Das ist der König. So sieht der König aus. Und so sieht die Prinzessin aus. Chris: Die Königin. Cosimo: Der Mann ist viel höher als die Prinzessin. Dirk: Wie heißen die Massi? Massimo: Hopser, Springer. Cosimo: Und das sind die Soldaten, die Bauern genannt. Massimo brabbelt. Cosimo: Und der Turm? Was macht der Turm? Erzählerin Frühsommer 2013. Die Jungs spielen mit den Schachfiguren ihrer Großmutter. Und machen Schwimmübungen auf dem ausgezogenen Schlafsofa. AT 26 (1.32.34) Kindergebrabbel ... Chris: Wo zeigen die Daumen hin, wenn die nach vorne gehen? Nach? Massimo: unten ... Chris: nein, wenn die Hände nach vorne gehen, zeigen die Daumen nach ...? Massimo: oben ... Chris: ... und wenn die Hände nach hinten gehen, zeigen die Daumen nach ... ? Kinder im Chor: unten. Chris: Genau, richtig. Erzählerin Massimo ist jetzt viereinhalb Jahre alt und längst kein Kleinkind mehr, sondern ein wilder Junge. Ein halbes Jahr nach der Transplantation hat er endlich angefangen zu essen. Pizza Salami, ohne Salami, darauf besteht er, ist momentan seine Leibspeise. AT 27 (44. 38) Dirk: und jetzt runterschlucken. Chris: Trinken und Schlucken. Dirk: Schaffst du die runterzuschlucken. Probier's ... Chris: Mo'chen, da ist nur Süß drinne. Massimo mault: Die mir schmecken nicht. Erzählerin Bald soll die Magensonde, über die Massimo seine Medikamente erhält, entfernt werden. Ein wohl schwerer Verlust für ihn. Mit Placebos wird jetzt schon mal Pillen Schlucken geübt. AT 28 Chris: Mo, da ist nur Zucker drin. Massimo (jammert) Zucker, schmeckt nicht. Chris: Seit wann willst du kein Zucker? Dirk: Du hast aber gesagt, im Urlaub probieren wir das. (45.06) Massimo: Morgen ... darauf: Erzählerin Das mit den Pillen schlucken will Massimo noch nicht, heute jedenfalls nicht. Die Prognosen insgesamt aber sind gut. Auch wenn Medikamente und Besuche im Krankenhaus auch künftig zu Massimos Leben gehören werden. Etwas, was Cosimo, sein 5 Jahre alter Bruder, gar nicht versteht. Jetzt, wo Mo, sein kleiner Bruder, doch endlich eine neue Niere hat. OT 16 Dirk C. (Bd.II/ 10:32) Was wir festgestellt haben, wo Mo das erste Mal wieder nach der Transplantation ins Krankenhaus musste, weil er einen Infekt hatte, da ist im Endeffekt für Cosimo eine Welt zusammengebrochen. Wieso muss mein gesunder Bruder, der ja nun wirklich hier eine neue Niere bekommen hat und jetzt topgesund ist, ins Krankenhaus. Was soll er denn da? Der ist jetzt gesund, der hat jetzt gesund zu sein, der funktioniert jetzt. Das ist natürlich, einem Fünfjährigen klar zu machen: "Hallo, dein Bruder wird nie gesund." 3