DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Hörspiel/Hintergrund Kultur Dienstag, 25.01.2011 Redaktion: Karin Beindorff 19.15 ? 20.00 Uhr Tödliche Rendite Die verborgenen Geschäfte mit Streubomben Von Sigrid Dethloff Co-Produktion DLF/WDR URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. ? Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript - Atmo: Explosion von Streubomben Autorin: Irak-Krieg 2003 ? Die USA und Großbritannien setzen rund 13 000 Streubomben ein. Diese Staaten verteilen laut Angaben der Hilfsorganisation Handicap International ca. 2 Millionen Submunitionen, sog. Bombletts. Viele treffen auch bewohnte Gebiete. Musik Atmo Innenraum in Kerbala Autorin: 2008 in der Nähe der irakischen Stadt Kerbala: ? Wahid, 12 Jahre alt, liegt im Bett eines ärmlichen Krankenhauszimmers. Sein Oberkörper ist von Metallsplittern durchlöchert, Arme und Beine sind bandagiert, ebenso der Kopf. Blindgänger von nicht detonierter Streumunition haben sein Leben zerstört. Sein älterer Bruder hat alles mitansehen müssen: O-Ton Bruder von Streubombenopfer: (O-Ton arabisch im Original) ?Our neighborhood was bombed with cluster munitions. Some time later my brother collected an object which looked curious. It looked like a mug. And then it exploded. His right hand had to be amputated. On his left hand, he lost two fingers and his thumb. It is hard. We had to sell almost all our possessions in order to afford his treatment.? Sprecher 1: Unsere Nachbarschaft wurde mit Streumunition bombardiert. Eine Zeit später sammelte mein Bruder einen Gegenstand auf, der merkwürdig aussah. Er sah aus wie ein Becher. Und dann ist er explodiert. Seine rechte Hand musste amputiert werden. An seiner linken verlor er zwei Finger und den Daumen. Es ist hart. Wir mussten fast unseren ganzen Besitz verkaufen, um seine Behandlung zu bezahlen. Autorin: Solche Unfälle geschehen zu hunderten jedes Jahr. Die Verursacher übernehmen keine Verantwortung für den Einsatz ihrer Munition. Nach dem Krieg 2006 im Libanon schritt die norwegische Regierung zur Tat. Sie initiierte den sog. Oslo-Prozess. Streubomben sollten verboten werden. Ansage: Tödliche Rendite Die verborgenen Geschäfte mit Streubomben Ein Feature von Sigrid Dethloff Autorin: Am 3. Dezember 2008 unterzeichnete auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) den Vertrag. O-Ton Frank Walter Steinmeier: ?The Convention on Cluster Munitions, which will be signed by over 100 countries here in Oslo today, proves that when we join forces we can initiate effective processes. We are now banning another category of weapons that claim countless civilian victims each year, often long after the armed conflict has ended. We decided to remove cluster munitions from the German armed forces' stockpiles and to destroy them. With today's signing, we are launching an important new disarmament process. However, the danger that cluster munitions pose to civilian populations can only be eliminated if the ban on these munitions is comprehensive.? Sprecher 2: Die Konvention über Streubomben, die von über 100 Staaten hier in Oslo heute unterzeichnet werden wird, beweist, dass, wenn wir die Kräfte bündeln, einen effektiven Prozess in Gang setzen können. Wir bannen jetzt eine weitere Kategorie von Waffen, die jedes Jahr zahllose zivile Opfer fordert, oft lange nachdem ein bewaffneter Konflikt zu Ende ging. Wir haben entschieden, Streubomben aus dem Arsenal der deutschen Armee zu entfernen und sie zu zerstören. Mit der heutigen Unterschrift leiten wir einen wichtigen neuen Prozess zur Abrüstung ein. Die Gefahr, dass Streubomben die Zivilbevölkerung treffen, kann nur ausgeschlossen werden, wenn das Verbot dieser Munition umfassend ist. Atmo: Beifall-Klatschen Autorin: Seit dem 1. August 2010 ist die Konvention in Kraft: O-Ton-Collage: Jan Willem van Gelder: ?..it is very possible that if you put your money into one of these Riester Rente products that your money will end up beeing invested in the shares of cluster munition producers.? Sprecher 1: Wenn Sie ihr Geld in ein Produkt für die Riester-Rente stecken, kann es gut sein, dass es in Aktien von Streubombenherstellern investiert wird. Agnes Malczak: ?Ich habe nicht das Gefühl, dass bei der Bundesregierung überhaupt irgendwelche Grundsätze, auch bei der Investition öffentlicher Gelder, in dieser Richtung eine Rolle spielen. Es gibt weder eine Kontrolle, noch gibt es irgendwie Regeln, die das festlegen......? Ulrich Thielemann: ?Wir wollen diese Streubomben nicht mehr(...) wie diese dennoch (auch) politisch gestützt werden, ist nicht zu begreifen (...)? Atmo- Straßengeräusche Autorin: Mai 2010. In der Kölner Innenstadt habe ich zusammen mit der auf Menschenrechte spezialisierten Soziologin Sibylle van der Walt Passanten angesprochen: O-Ton Frage: Haben Sie eine Ahnung darin, worin Ihr Geld investiert wird, wenn Sie z. B. eine Altersvorsorge abschließen? In welche Unternehmen das Geld hinfließt? O-Ton Junge Frau: Nein. Musik Zitator: ?Banken wegen Finanzierung von Streubomben im Visier? ? 16. April 2010 ? Online-Meldung von Swissinfo ? Newsplattform der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR. Autorin: Auch niederländische und belgische Medien verbreiten gleichlautende Meldungen ? sie sprechen von 146 Instituten weltweit, die seit Mai 2007 mehr als rund 43 Milliarden US-Dollar in Firmen investiert haben, die Streumunition produzieren oder entwickeln. Über 100 dieser 146 Banken sollen aus Ländern stammen, die die Oslo-Konvention unterzeichnet haben. Wir wollten herausfinden, welche Institute in diese verheerende Munition, wie verdeckt auch immer, investieren und was Regierungen, die den Oslo-Vertrag unterschrieben hatten, dagegen tun - und so machten Sibylle van der Walt und ich uns auf den Weg. Musik Autorin: Amsterdam war die erste Station unsrer Recherchereise. Hier sitzt die niederländische Sektion der Friedens- und Nichtregierungsorganisation IKVPax Christi. Sie hat laut Medien die zitierte Bankenstudie mit in Auftrag gegeben. Roes Boer ist ihre Politikberaterin: O-Ton Frage: Could you tell us which German banks are still engaging with cluster munitions producers? Autorin: Können Sie uns sagen, welche deutschen Banken Geschäfte mit Streubomben-produzenten tätigen? O-Ton Roes Boer: In our report from April 2010, we found links from six German financial institutions. These are Allianz, Bayrische Landesbank, Commerzbank, Deutsche Bank and WestLB and Universal Investmentgesellschaft. These are six German institutions where we found links with cluster munitions producers. Sprecherin 1: In unserem Report vom April 2010 haben wir Verbindungen von 6 deutschen Finanzinstitutionen gefunden. Autorin: USA, Russland, China und einige asiatische Länder haben das Oslo-Abkommen nicht unterzeichnet. In diesen Staaten sitzen die größten Streumunitions-produzenten? und ihre Aktien sind lukrative Geldanlagen. Nur gerade eine Handvoll Staaten hätte bisher gegen Investitionen in dieses Bombengeschäft etwas unternommen, sagt Roes Boer: O-Ton Roes Boer: There are five countries so far that have legislation that bans investments and these are Belgium, Ireland, Luxembourg, New Zealand and recently the UK. They prohibit direct investments. And there are also some other states that have no legislation yet, but did make interpretative statements that investments are banned under the convention. Sprecherin 1: Bisher haben 5 Länder Gesetze erlassen, die Investitionen verbieten. Das sind Belgien, Irland, Luxemburg, Neuseeland und kürzlich Großbritannien. Sie verbieten direkte Investitionen. Und es gibt einige andere Staaten, die haben keine Gesetze, aber sie haben die Konvention so interpretiert, dass Investments verboten seien. Autorin: Fünf Staaten von 108 Ländern, die bisher unterschrieben haben. Darunter die meisten EU-Staaten. O-Ton Roes Boer: We hired a Dutch research company who did all the research on the financial links. In general, not everything is available in the public domain. Sprecherin 1: Wir haben ein niederländisches Recherche-Institut beauftragt, dass all die finanziellen Verbindungen untersucht hat. Im Allgemeinen ist nicht alles öffentlich zugänglich. Musik Autorin: Der Weg zu diesem Finanzrechercheur führt entlang einer Stadtautobahn, vorbei an Dutzenden von Glaspalästen der Wirtschaft und Hochfinanz. So imposant gläsern - und dabei so undurchschaubar. Atmo: Geräusche (man hört: ?Hello, nice to meet you?): Autorin: Jan Willem van Gelder, der Chef des Analyseinstituts, schaut hinter all solche Fassaden. Seit Jahren hat er sich darauf spezialisiert, komplizierte Finanzströme der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, Forschungs-, Umwelt- und Menschenrechts-organisationen gehören zu seinen Kunden. Wie also kommen Investitionsgelder deutscher Banken und Versicherungen zu den Herstellern geächteter Waffen? O-Ton Jan Willem van Gelder: You can go to databases which have informations on this. Thomson One is a very well known database which collects data on investments. They are offering their (...) databases to financial institutions, to big banks, insurance companies, Investment Managers etc. (...) The subscription price is fairly high and only accessible normally for the financial specialist. Sprecher 1: Es gibt Datenbanken, die solche Informationen bereithalten. Thomson One ist eine bekannte Datenbank, die Daten über Investitionen sammelt, Sie bieten ihre Daten Finanzinstitutionen an, großen Banken, Versicherungskonzernen, Investment Managern etc. Der Preis dafür ist hoch, und sie sind normalerweise nur Finanzspezialisten zugänglich. Autorin: Die Datenbank Thomson One nutzt vor allem Bilanz-Informationen der Firmen selbst, die an bestimmten Stichtagen im Jahr erhoben werden. Die Pax-Christi-Studie hat die Deutsche Bank als einen der größten Investoren in Streubombenproduzenten herausgestellt: Wir bitten deshalb den Finanzspezialisten bei ihrer Tochterfirma der Deutschen Bank, DWS Investments, ehemals Deutsche Gesellschaft für Wertpapiersparen mbH, und deren Riester-Fonds eine Stichprobe zu machen. Jan Willem van Gelder öffnet Link nach Link, Seiten mit Datenkolonnen, Fonds, Dachfonds, Unterfonds, Beteiligungen. Bei einem stammbaumähnlichen Netzwerk wird er fündig: O-Ton Jan Willem van Gelder: These funds are offered by DWS in the framework of Riester Rente and one of these is the DWS Vorsorge Dachfonds. It is investing in various other funds, among which is the Axa Rosenberg Equity Alpha fund and several others of DWS and also of external Investment Managers. Sprecher 1: Diese Fonds werden von der DWS im Rahmen der Riesterrente angeboten und einer davon ist der DWS Vorsorge Dachfonds. Er investiert in verschiedene andere Fonds, darunter den Axa Rosenberg Equity Alpha Fonds und andere Fonds der DWS, auch in solche von externen Investment Managern. Autorin: Sieben Hauptproduzenten für Streubomben zählt van Gelder: Die vier US-Konzerne Textron, Lockheed Martin, L-3-Communcations und Alliant Techsystems, aus Süd-Korea Hanwha und Poogsan und als siebte Firma Singapore Technologies Engineering. Van Gelder beruft sich dabei auf den norwegischen Pensionsfonds, der die Streubombenherstellung in diesen Firmen nachgewiesen hat: O-Ton Jan Willem van Gelder (...) All these seven companies are listed on the stock exchange and all their share holdings, shareholders, are included in this database. (So you can go from company to company and see who are their shareowners.) Here you see Axa Rosenberg Investment Management, which is an American Investment Management company and they manage this Global Equity Alpha Fund which is part of the DWS Fund. This fund owns 74.000 shares of L-3 Communications(...)? Sprecher 1: Diese sieben Unternehmen sind börsennotiert und all ihre Aktien, Holdings und Aktionäre sind in dieser Datenbank verzeichnet. So kann man von Unternehmen zu Unternehmen gehen und feststellen, wer die Aktieninhaber sind. Hier sehen Sie Axa Rosenberg Investment Management, das ein amerikanisches Investment -Unternehmen ist und die verwalten diesen Global Equity Alpha Fond, der Teil des DWS Fonds ist. Dieser Fond enthält 74 000 Aktien von L-3 Communications. Autorin: Und L-3 Communications gilt als einer der Hauptproduzenten für Streubomben. Unser Versuch, mit der DWS im Sommer 2010 ein Interview zum Thema ethisches Investieren zu vereinbaren, scheitert. Musik Autorin: Unsere nächste Station ist Berlin. Dort ist der Sitz vom Aktionsbündnis Landmine.de, der deutschen Sektion der Internationalen Kampagne gegen Landminen, Friedensnobelpreisträger. Da nicht detonierte Streumunition-Bombletts wie Landminen wirken, hat das Aktionsbündnis sein Aufgabengebiet auch auf diese Waffenart ausgedehnt. Was kostet Streumunition, wollen wir von Landmine.de-Direktor Thomas Küchenmeister wissen: O-Ton Thomas Küchenmeister: Wir haben mal ein Beispiel auf der Basis zehn Millionen Euro errechnet, und für zehn Millionen Euro bekommen sie, über den Daumen gepeilt, so genau kann man das nicht sagen, 150 000 155-Millimeter-Geschosse mit ungefähr zwei Millionen Bomblett-Munitionen, also solche einzelnen Munitionen drin. Und die Fläche, die man damit kontaminieren kann, entspricht ungefähr 4500 Quadratkilometer, was die fünffache Fläche von Berlin oder die dreifache von London ungefähr ist. (?.) wir haben im Libanon-Krieg gesehen, dass ungefähr zehn Prozent der Munition nicht explodieren, was natürlich bei einem eingesetzten Volumen von vier Millionen dann doch eine erhebliche Gefährdung (?) bedeutet. Im Libanon hat man ja auch gesehen, dass mehrere hundert Menschen dann direkt nach Ende des Krieges durch diese Blindgänger eben auch zu Tode gekommen sind. Autorin: Da kann jeder Schritt tödlich sein. Was dies für die Menschen vor Ort praktisch bedeutet, zeigt Dokumentationsmaterial der Hilfsorganisation Handicap International: Außen-Atmo Autorin: Die Aufnahmen wurden im Süden des Libanon gemacht. In dem nur wenige Kilometer breiten Landstreifen haben die israelischen Streitkräften die genannten rund vier Millionen Streubomben laut Handicap International in nur 72 Stunden kurz vor dem Ende des Konfliktes eingesetzt. Ein Junge zeigt seine tiefe Narbe am Bauch. Die Eltern berichten: O-Ton Familienvater (O-Töne arabisch im Original) It was a very difficult time for us, a catastrophe. We had to live with cluster bombs every day of our lives. The children were playing over there. We were not at home because we were collecting the olives. They were hurt by a cluster bomb. I was not there. When I got back from collecting I heard a noise. I called my wife. It was horrible. Sprecher 2 Es war eine schwierige Zeit für uns, eine Katastrophe. Wir mussten jeden Tag mit diesen Streubomben leben. Die Kinder haben dort drüben gespielt. Wir waren nicht zuhause, weil wir Oliven geerntet haben. Sie wurden durch die Streubomben verletzt. Ich war nicht da und als ich von der Ernte zurückkam, hörte ich einen Lärm. Ich rief meine Frau, es war schrecklich. O-Ton Mutter: They thought it was a stone. They were showing the army where the cluster bombs were laying. Sprecherin 2: Sie dachten, es wäre ein Stein. Sie haben der Armee gezeigt, wo die Streubomben liegen. O-Ton Familienvater: He finds it very difficult to talk about what he saw. He saw his brother dead; that really shocked him. He still cries. It was a shock for him because he was always with his brother. They did everything together, went to school, played together. He wakes up at night. Always. He can?t sleep. We hear him cry on his own. Sprecher 2 Es fällt ihm schwer über das zu reden, was er mitansehen musste. Er hat seinen toten Bruder gesehen, das hat ihn wirklich schockiert. Er weint noch immer. Es war ein Schock für ihn, weil sie immer zusammen waren. Sie haben alles zusammen gemacht, gingen zusammen zur Schule, haben zusammen gespielt. Er wacht nachts immer auf. Er kann nicht schlafen. Wir hören ihn ganz für sich allein weinen. O-Ton Sohn: Mummy was making bread. She asked my brother and me to go and get some wood. We had a cart full of wood. In front, there was a stone in the way. My brother said it was a stone. He wanted to move it so we could move the cart forward. But it exploded. I called my parents and fell to the ground. I lost consciousness. Sprecher 1 Meine Mutter hat Brot gebacken. Sie hat meinen Bruder und mich gebeten, Holz zu holen. Wir hatten eine Karre voll mit Holz. Vor uns lag ein Stein im Weg. Mein Bruder hat gesagt, es sei ein Stein. Er wollte ihn aufheben, damit wir die Karre weiterschieben konnten. Aber er explodierte. Ich rief nach meinen Eltern und fiel hin. Ich habe das Bewusstsein verloren. Musik Autorin: Wir treffen uns am 17. Mai 2010 erneut mit Jan Willem van Gelder in Amsterdam. Nach den ersten Stichproben hat er jetzt eine detailliertere Auswertung der Datenbank Thomson One mit ihren von den Unternehmen selbst veröffentlichten Zahlen vorgenommen: Im Fokus standen vor allem Riesterprodukte ausgewählter Marktführer in Deutschland und die hiesigen Landesbanken: O-Ton Jan Willem van Gelder: What we tried to research is the way the German state, the Federal government are indirectly involved in investments in producers of cluster munitions.(....) We looked at different forms of investments, loans, share holdings and bond holdings and identified where there were linkages. (...) We looked at DWS Investments; they are part of the Deutsche Bank. They have a number of Riester-Rente schemes that are linked to specific investment funds. When you look at the investments of these funds, in turn, they invest in a lot of companies all around the world, in shares and bonds issued by those companies. And some of these companies, like L-3 Communications, is a cluster munitions producer. In two funds we found the investments with a total value of around 7 million Euro. So if you as a customer go to DWS and you say I want a Riester-Rente-Scheme and I want it to be invested in the best funds you have, it is likely that your money is going to an investment fund which is investing in producers of cluster munitions. Sprecher 1: Wir wollten herausfinden, inwieweit die deutsche Bundesregierung indirekt in Investitionen bei Streubombenherstellern involviert ist. Wir haben nach verschiedenen Investmentformen gesucht, nach Krediten, Aktien, Anleihen und wir haben Verbindungen identifiziert. Wir haben uns die DWS Investments angesehen: sie sind Teil der Deutschen Bank. Sie haben eine Reihe von Riester-Rentenplänen, die in Verbindung mit speziellen Fonds stehen. Wenn Sie sich die Anlagen dieser Fonds ansehen, dann sehen Sie, dass sie in eine Menge Unternehmen weltweit investieren, in Aktien und Anleihen, die von diesen Unternehmen ausgegeben werden. Und einige dieser Firmen wie L-3 Communications sind Hersteller von Streumunition. In zwei Fonds fanden wir Anteilsbesitz mit einem Gesamtwert von rund 7 Millionen Euro. Wenn Sie also als Kunde zur DWS gehen und eine Riester-Rente abschließen wollen, und zwar in die besten Fonds investieren wollen, die es dort gibt, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Ihr Geld an einen Fonds geht, der in die Produzenten von Streumunition investiert. Autorin: Mit sieben Millionen Euro also - wie bei diesen zwei DWS-Fonds, Unterfonds der sehr verbreiteten DWS Riester Rente Premium ? könnte man also zwei Mal London und das dreieinhalbfache einer Fläche des Großraums Berlin bombardieren. Unzählige Blindgänger würden dieses Gebiet unbewohnbar machen. O-Ton-Frage: Let us go to the second financial institution you have investigated? Autorin: Lassen Sie uns einen Blick auf den zweiten Großanleger werfen. O-Ton Jan Willem van Gelder We looked at Allianz, which is the largest insurance company in Germany, which is active on the Riester Rente market as well. We took the whole range of funds of Allianz and if we look at all funds managed by Allianz Global Investors and their investments in cluster munitions producers, we found that five of the seven cluster munitions producers we have been researching are in these investment funds. Sprecher 1: Wir haben uns die Allianz angesehen, die größte deutsche Versicherungs-gesellschaft, die auch im Riester-Renten-Markt aktiv ist. Wir haben uns alle Fonds von Allianz angesehen, und wenn wir uns die von Allianz Global Investors gemanagten Fonds und ihre Investments in Streumunitions-Hersteller anschauen, finden wir 5 der 7 Munitions-Produzenten in diesen Fonds. Autorin: Allianz hat in die Aktien dieser Firmen insgesamt ungefähr 31 Millionen Euro investiert, sagt van Gelder. 31 Millionen Euro ? damit kann man nach den Berechnungen des Aktionsbündnisses Landmine.de etwas mehr als die 15fache Fläche Berlins und die 9fache Fläche Londons zerstören. ?Allianz Global Investors?, die Allianzdachorganisation, legt weltweit Geld an - auch für die bekannten Allianz-Lebens-Versicherungen z.B., die Riester-zertifiziert sind. O-Ton Jan Willem van Gelder: So it is very possible that if you put your money into one of these Riester Rente products that your money will end up beeing invested in the shares of cluster munitions producers. Sprecher 1: Es ist also gut möglich, dass, wenn Sie ihr Geld in einem dieser Riester-Renten-Produkte anlegen, es am Ende in die Aktien von Streubomben-Herstellern gelangt. Autorin: Doch neben all diesen privatwirtschaftlichen Unternehmen ? wie sieht es denn aus bei großen Konzernen mit staatlichen Anteilen? Oder mit dem Pensionsfonds der VBL, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, der für über vier Millionen öffentlich Bediensteter Gelder anlegt? Die Datenbank Thomson One gibt darüber keine Auskünfte, doch bei der VBL hat Jan van Gelder hat weiter recherchiert: O-Ton Jan Willem van Gelder: ?.the VBL is also active in the Riester Rente market and they do this by linking it to investment funds. These investment funds are managed by a company called Metzler investment. And one of these funds is following a world wide index, the MSCI World Index. This index also includes some of these cluster munition producers. So if you are following such an index you automatically will be investing in this type of company, so also in this Riester Rente scheme of VBL you have the risk that your money ends up in a cluster weapon producer. Sprecher 1: Die VBL bietet auch Riester-Renten an, die sie mit Investment-Fonds verbindet. Diese werden von der Firma Metzler Investment verwaltet. Und einer dieser Fonds folgt dem weltweiten Börsenindex MSCI-World. Dieser Index enthält auch einige der genannten Streubombenproduzenten. D.h. wenn man so einem Index folgt, dann wird man auch automatisch irgendwann in solche Firmen investieren. D.h: bei den Riester-Renten der VBL besteht immer das Risiko, dass Ihr Geld zu Streubombenproduzenten gelangt. Autorin: Auch bei der VBL ist es uns nicht gelungen, eine Auskunft zu diesem Thema zu bekommen. Erfolgreicher dagegen war die Recherche von van Gelder im Frühsommer 2010 bei Deutschen Landesbanken, die staatlich kontrolliert einen öffentlichen Auftrag wahrnehmen. O-Ton Jan Willem van Gelder: Some of these banks are involved in financing cluster munitions through loans. Especially BayernLB and WestLB have provided loans to Lockheed-Martin. Sprecher 1: Einige dieser Banken sind in die Finanzierung von Streumunition durch Anleihen eingebunden. Speziell die BayernLB und die WestLB haben Anleihen für Lockheed-Martin gezeichnet. O-Ton Frage: Which of those banks that you mentioned have the highest amount of investments in cluster munitions? Autorin: Welche der Banken, die Sie erwähnt haben, investieren am meisten in Streumunition? O-Ton Jan Willem van Gelder: That is the Landesbank Berlin. That is the highest amount. It is more than six million Euro. Through its investment funds in two important producers of cluster munitions. That is L-3 communications and Singapore Technologies. Sprecher 1: Das ist die Landesbank Berlin. Sie hat den höchsten Betrag. Es sind mehr als 6 Millionen Euro. Durch ihren Investment Fond in zwei wichtige Produzenten, das sind L-3 Communications und Singapore Technologies. Musik Autorin: Wieder in Berlin, Leipziger Straße, im Gebäudekomplex der Berliner Landesbank . Im Schaufenster der Niederlassung leuchten die Werbetafeln der Berliner Sparkasse in knalligem Rot: Zitator: Finanzieren Sie mit Gutfühlgarantie! Ich bereue nichts. Dank Allzweck-Kredit mit Gutfühlgarantie. Berliner Sparkasse. Autorin: Auch bei der Berliner Landesbank war es uns bis dahin nicht gelungen , ein Interview zum Thema nachhaltiges und ethisches Investieren zu bekommen - genauso wenig wie bei Allianz Global Investors ? Allerdings wenige Wochen später, im Juli 2010, schrieb uns die Landesbank Berlin: Zitator: ?Auf Basis Ihrer Hinweise haben wir alle sieben von Ihnen genannten Unternehmen entsprechend gekennzeichnet, um künftig dort keine Investments mehr zu tätigen.? Musik Autorin: Wir sind an den Oslo-Fjord gereist, dorthin, wo das internationale Ächtungsabkommen für Streubomben erarbeitet worden ist. Vor Ort wollen wir erfahren, was es mit dem sog Ethikrat auf sich hat. Seit 6 Jahren schon gibt es in Norwegen diesen Ethikrat, der die Gesamtinvestitionen des Staatsfonds der Ölindustrie kontrolliert. Dieser 2006 zum staatlichen Pensionsfonds umbenannte Staatsfonds soll für Generationen die Altersversorgung der norwegischen Bürger sichern. Schon bei seiner Gründung 2004 hat sich der Fonds moralisch begründeten Investitionsleitlinien unterworfen. Sie werden überwacht von derzeit fünf Wissenschaftlern und Professoren. Mit zwei von ihnen haben wir uns am idyllischen Fjord der Hauptstadt verabredet. Für die Ethikrat?Vorsitzende und Politikprofessorin Gro Nystuen und ihren Kollegen, den Rechtsprofessor Ola Mestad, hat die Bewahrung der Natur und das Recht aller Menschen auf ein menschenwürdiges Leben den höchsten Stellenwert. Schon zu Beginn ihrer Arbeit für den Ethikrat haben sie sich die Recherche nach Streubombenproduzenten zur Aufgabe gemacht. O-Ton Prof. Dr. Gro Nystuen It is in our guidelines that weapons, which through their normal use, violate humanitarian principles, should be excluded from the fund. So we should not have cluster munitions in the fund. We cannot be absolutely 100% sure that the bank does not buy into new companies. So theoretically, we could own cluster munitions for a short period of time, until we get the new list with the new companies. But we will always then exclude them immediately. Sprecherin 2: Es heißt in unseren Richtlinien, dass Waffen, die durch den normalen Gebrauch humantitäre Prinzipien verletzen, vom Fonds ausgeschlossen werden. Deshalb sollten wir auch keine Streumunition im Fonds haben. Wir können nicht 100% sicher sein, dass die Bank sich nicht in neue Unternehmen einkauft. So könnten wir theoretisch für eine kurze Zeit Streumunition haben, bis wir eine neue Liste der Unternehmen bekommen haben. Wir werden sie aber dann immer sofort ausschließen. O-Ton Prof. Dr. Ola Mestad, We start with a list of all the companies that are in the portfolio and that is around 8000 listed companies world wide. Then we check them for weapon criteria and other criteria as well, of course. The information, with respect to weapon producers we get from consultants and service providers who really regularly examine which companies produce what sorts of weapons. Very often there is an issue of the producing company not being a listed company owned by the fund, but it could be a subsidiary or even a joint-venture. So we have to check on the corporate structures as well. And then, when we identify a new cluster munitions producer for example, then the Council on Ethics will write a recommendation to the Minister of Finance, that this is producer so and so and should be excluded. And these sorts of recommendations are always followed. There is no discretion within the ministry of finance whether to exclude or not. They will automatically be excluded. Sprecher: Wir beginnen mit der Liste aller Firmen, die im Portfolio sind, und das sind weltweit rund 8000. Und dann untersuchen wir sie nach Waffen-Kriterien, aber natürlich auch nach anderen Kritierien. Die Informationen bekommen wir von Beratern und Dienstleistern, die regelmäßig untersuchen, welche Firmen welche Art von Waffen herstellen. Oft ist der Produzent nicht die auf der Liste erscheinende Firma, es kann auch eine Tochtergesellschaft oder ein Joint-Venture sein. Also müssen wir die ganze Konzern-Struktur untersuchen. Und wenn wir dann z.B. einen neuen Streumunitions-Hersteller finden, wird der Ethikrat dem Finanzministerium empfehlen, diesen Produzenten auszuschließen. Diese Empfehlungen werden immer befolgt. Es gibt kein Ermessen im Finanzministerium, ob man auschließen soll oder nicht. Sie schließen sie automatisch aus. Autorin: Und dann wollten wir genau wissen, ob die Investition in Streubomben produzierende Firmen nicht ebenso von der Oslo-Convention verboten sei, wie die Verwendung dieser Munition, die das Abkommen unzweifelhaft ächtet. O-Ton Frage Are investments part of the Convention Banning Cluster Munitions? Autorin: Sind Investments mit enthalten im Streubomben-Ächtungsabkommens? O-Ton Gro Nystuen: No! Autorin: Also verbietet die Konvention keine Investitionen? Gro Nystuen relativiert: Jein, Ja und Nein. Jahrelang musste Norwegen um Unterzeichnerstaaten werben. Sie selber habe als Diplomatin dabei mitgewirkt, letztendlich so viele Unterzeichner wie möglich zu gewinnen. Und am Ende habe man ? wie bei Völkerrechtsverträgen oft üblich - Interpretationsspielräume geschaffen. Man habe die Vokabel ?nicht unterstützen? gewählt und vertraue insgeheim auf die moralische Einsicht der Staaten: O-Ton Gro Nystuen: ....Article 1c says that each state never undertakes to assist, encourage or induce anyone in any activity prohibited by any state party under this convention. When the negotiations on the cluster munitions treaty started, there were several groups that proposed that we should include investments specifically in this provision and say it is prohibited to assist, encourage, induce or invest in any one. We strongly did not recommend that because it was pretty sure that under the circumstances it would have been voted down. We had already said that we actually do make this interpretation and we think that assist, encourage or induce can include investment. Now countries can decide how they want to interpret this and I think in a matter of years, more and more countries will make this interpretations. Sprecherin 2: Artikel 1c sagt, dass jeder Vertragsstaat sich verpflichtet, unter keinen Umständen jemals irgendjemanden zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind. Als die Verhandlungen für den Streubombenvertrag begannen, gab es mehrere Gruppen, die angeregt haben, Investments mit in die Vertragsregelungen aufzunehmen .Sie sagten, es sei doch verboten zu unterstützen, zu ermutigen, zu veranlassen oder zu investieren in so etwas. Wir haben (aber) nicht eindringlich dafür geworben, weil es ziemlich sicher war, dass unter diesen Umständen der Vertragsentwurf niedergestimmt worden wäre. Wir hatten auch schon gesagt, dass wir eigentlich diese Interpretation möchten, dass wir auch denken, dass assistieren, ermutigen oder veranlassen Investments mit einschließt. So können nun die Länder für sich entscheiden, wie sie das interpretieren, und ich denke, in ein paar Jahren werden sie sich auch dieser Interpretation anschließen. Autorin: Wie unsere Stichproben ergeben haben, scheint sich die deutsche Bundesregierung also der Interpretation, nach der auch die Investition in Streubombenproduzenten verboten sein sollte, nicht anzuschließen. Warum nicht? Hatte nicht das Europäische Parlament schon am 20. November 2008 im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung eine entsprechende Resolution verfasst, die an alle EU-Regierungen überstellt wurde? Zitator: Aktenzeichen P6-TA 0565 (2008), Absatz D.4.: Ruft die Staaten auf Streumunition nicht zu gebrauchen, darin zu investieren , zu produzieren, zu liefern oder zu exportieren bis die Konvention über Streumunition in Kraft getreten ist. Atmo: Schlusssatz von Steinmeier-Rede Autorin: Sehr geehrter Herr Steinmeier, gerne hätten wir Sie als ehemaligen Außenminister für ein Interview zum Oslo Prozess getroffen. Die Fragen, die wir gerne mit Ihnen diskutieren würden, wären: Verstößt der deutsche Staat gegen die Convention on Cluster Munitions, die am 1. August 2010 in Kraft gesetzt wird, wenn staatlich geförderte oder regulierte Finanzinstrumente in Streumunition produzierende Unternehmen anlegen? Autorin: Doch das Büro Steinmeier entschuldigt den jetzigen Fraktionsvorsitzenden der SPD. Er wäre zur Zeit nicht vor Ort und man sähe auch auf absehbare Zeit keine Terminlücke für ein Interview. Musik O-Ton Marianne Heuwagen: ?Firmen, (...), die sich an Rüstungsfirmen beteiligen, die Streubomben herstellen, die verdienen nicht das Geld von Menschen, die meinen, dass ihnen die Menschenrechte wichtig sind und dass sie die Einhaltung der Menschenrechte beachten wollen. Autorin: Marianne Heuwagen war zur Zeit unseres Gesprächs Vorsitzende von ?Human Rights Watch, Deutschland? in Berlin. O-Ton Marianne Heuwagen: Ich denke, man müsste in allererster Linie erst einmal Transparenz herstellen. Also die Banken müssten verpflichtet werden, die Aktien oder die Fonds, die sie ihren Kunden anbieten, transparent zu machen und genau aufzuzeigen, in welche Firmen sie investieren. Autorin: Wir stellen eine Interviewanfrage an das Bundesfinanzministerium. Der Finanzminister ist - so hat man uns im Wirtschaftsministerium erklärt ? zuständig für Investmentverbote . Doch das Finanzministerium lehnt auch nach nochmaligem Nachhaken ein Interview ab. Musik Autorin: Was sagt der Menschrechtsausschuss des deutschen Bundestages? Ist der nicht alarmiert und handelt? Atmo: Außengeräusche Autorin: Am 20. Mai 2010 treffen wir den Ausschuss-Vorsitzenden Tom Königs, Bündnis 90/Die Grünen ? Im Bundesfinanzministerium, ein paar Straßen weiter, tagt derweil die Internationale Konferenz zur Regulierung der Finanzmärkte. O-Ton Frage : ?Herr Königs, wir haben festgestellt, dass Produkte der Altersvorsorge in Deutschland, zum Beispiel der Riester-Rente, in Investitionen fließen (?) die Streubombenproduzenten fördern. Was sagen Sie dazu?? O-Ton Tom Königs: ?Wir werden einen Schwerpunkt im Menschenrechtsauschuss haben im Lauf dieses Jahres, der sich um die Frage Wirtschaft und Menschenrechte kümmert. Ich kann aber nicht versprechen, dass da die Grünen die Mehrheit haben werden.? O-Ton Frage: Was sind die Kräfte, die solche Mehrheiten verhindern? O-Ton Tom Königs: ?Das sind dieselben Kräfte, die jetzt die Finanzkrise verursacht haben. Die Kräfte, die versuchen alle Märkte möglichst zu liberalisieren und keinerlei Grenzen zu setzen, wo investiert werden kann und wie investiert wird.? O-Ton Frage : ?Denken Sie, dass die Verhandlungen zu einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte(?) heute (?) in Berlin (?) einen Schritt in diese Richtung bestärken können, auch ethische Themen, auch die Ächtung von Streumunition bei Investitionen stärker zu verankern?? O-Ton Tom Königs: ?Ich fürchte, das sind unterschiedliche Bereiche. Ich glaube nicht, dass wir im Augenblick hier, sehr aktuell, mit der Begrenzung der Finanzmärkte (?) an dieser Ecke arbeiten. Ich glaube, da braucht es eigenständige Initiativen und ich kann da die Menschenrechtsaktivisten nicht beruhigen (...) Die Diskussion heute hat mit der anderen leider noch relativ wenig zu tun.? Atmo: Menschengemurmel Autorin: 20. Mai 2010 im Bundesfinanzministerium: Auf der Internationalen Konferenz zur Regulierung der Finanzmärkte : Minister, Vertreter von Zentralbanken, Aufsichtsbehörden, führende Regierungspolitiker ? Atmo: Ansprache Angela Merkel Autorin: Die deutsche Bundeskanzlerin schwört die Finanzelite auf ein ?gemeinsames Signal der Stärke? ein. Die Politik will die Banken an die Kandare nehmen, die rücksichtslose Profitgier der Märkte unter Kontrolle bringen. Von unethischen Investitionen ist hier allerdings an keiner Stelle die Rede. Wenig später findet die internationale Pressekonferenz statt, auf dem Podium Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: O-Ton Frage: Ich hätte gern eine Frage gestellt, die sich auf den Radius der Finanzregulierungen bezieht. Norwegen gilt ja als das vorbildliche Land, was Regulierungen der ethischen Aspekte der Finanzwelt angeht mit dem Pensionsfonds, der ethisch kontroverse Firmen ausschließt (..). Und ich frage mich, ob dies nicht auch ein Modell wäre für die deutsche, oder die gesamteuropäische Finanzpolitik (...) Es gibt zum Beispiel Studien, die belegen, dass die Altersvorsorge in Deutschland staatlich regulierte Produkte der Riester Rente zum Beispiel in politisch geächtete Streumunition-Produzenten investiert. Gäbe es da langfristig nicht noch viel mehr zu tun, was die Regulierung des Finanzmarktes angeht als lediglich die Währungsstabilisierung? O-Ton Wolfgang Schäuble (geht über in Zitator) ?Da muss man vieles auf den Weg bringen. Und da muss man offen sein für Anregungen. Deswegen war ich auch dankbar, dass der norwegische Kollege hier sich die Zeit genommen hat, denn wir können von den norwegischen Erfahrungen ? übrigens auch im negativen, wenn Sie mit denen reden, dann wissen sie auch -, dass die Norweger auch eine Menge Fehler gemacht haben, aus denen sie gelernt haben. Natürlich hat Norwegen eine besondere Situation. Wir reden ja im Augenblick über Ölbohrungen aus dem Meeresboden mehr in Richtung auf die Karibik, aber für Norwegen hat es natürlich eine andere wirtschaftspolitische Dimension. Nichtsdestoweniger: Man kann von anderen lernen und von Norwegen auch.? Musik Autorin: Bis nach Oslo muss man gar nicht reisen, um zu lernen. Das kann man auch in Brüssel. Belgien hat schon vor Abschluss des Oslo-Prozesses Gesetze geschaffen. Esther Vandenbroucke von der belgischen Nichtregierungsorganisation Netwerk Vlaanderen, sie hat zusammen mit Pax Christi in den Niederlanden die Bankenstudie ?Weltweite Investitionen in Streumunition? in Auftrag gegeben hat. O-Ton Esther Vandenbroucke, Belgium has always been a frontrunner in the issue of cluster munitions. Belgium was the first country worldwide to ban production of cluster munitions in 2006. And in 2007, there was a law voted in Parliament that bans all investments in cluster munitions producers and in producers of landmines. Sprecherin 1: Belgien war immer an vorderster Front in Sachen Streumuntion. Belgien war das erste Land in der Welt, das die Herstellung der Munition 2006 geächtet hat. Und 2007 wurde im Parlament ein Gesetz verabschiedet, dass auch alle Investitionen in Streubomben-Hersteller und Landminen-Produzenten verbietet. Autorin: Und welche Rechte haben Bankkunden bei Verstoß? O-Ton Esther Vandenbroucke: In Belgium, they can take legal action /(since there is this law that every Belgium citizen has to obey to), they can go to court and say: my bank is investing in cluster munitions producers.? Sprecherin 1: In Belgien kann man Anzeige erstatten, seit es das Gesetz gibt, dem jeder belgische Bürger zu folgen hat, man kann zum Gericht gehen und sagen, meine Bank investiert in Streumuntions-Produzenten. Musik Autorin: Inzwischen haben deutsche Nichtregierungsorganisationen weiter geforscht. Das NGO-Bündnis von Facing Finance und Urgewald e.V. hat die Stichproben bei den Riester-Renten ausgedehnt. Es hat Bilanzberichte studiert und in Berlin seine Zahlen vorgestellt: So waren im Sommer 2010 mindestens 21 Anbieter der über 170 öffentlich geförderten Riester-Produkte mit fast 500 Millionen Euro an Herstellern völkerrechtswidriger Waffen beteiligt. Und auch der Amsterdamer Finanzanalyst van Gelder hat noch einmal für uns Anfang Januar 2011 ein Up-Date der von den Investmentgesellschaften selbst herausgegebenen Zahlen gemacht. Am auffallendsten dabei sind wohl die Selbstauskünfte von Allianz Global Investors bei der Datenbank Thomson One: So hat die weltweit agierende Investmentgesellschaft für Allianzprodukte im Vergleich zu unserer Frühjahrsanalyse 2010 noch zusätzlich Anteile von über einer Million Euro des südkoreanischen Streubombenproduzenten Poongsan erworben. Diese Aufstockung steht deutlich im Widerspruch zu der bei Spiegel Online noch am 8. Oktober 2010 zu lesenden Bekundung der Allianz: Zitator: ?Nach einem internen Beschluss dürften konzerneigene Fonds, die Anlegern bei Riesterverträgen zur Verfügung stehen, keine Anteile an Unternehmen halten, die Streubomben oder Landminen herstellten.? Autorin: Allianz Global Investors ist die Fondsgesellschaft der Allianz, die die gesamte Vermögens- und Anlagenverwaltung des Konzerns betreut. Bei DWS, der Investmentgesellschaft der Deutschen Bank, können wir die aktuellen Zahlen kaum überprüfen und nur ausgewählte Fonds bis September 2010 verfolgen. Ganz unüblich nämlich, verglichen mit den sonstigen Jahresveröffentlichungen zum 31. Dezember, gibt es von DWS am 5. Januar 2011, dem Stichtag von van Gelders Untersuchung, noch keine aktuellen Zahlen. Sie werden diesmal erst Ende Januar erwartet. Im Zeitraum zuvor, bei den Stichproben im Juni und im September, ließ sich feststellen, dass es bei den DWS-Riesterprodukten keine Investitionen in Streubomben produzierende Firmen mehr gab. Allerdings weisen verschiedene DWS-Fonds außerhalb der Riesterprodukte noch im Sept./Okt. 2010 Investitionen in Millionenhöhe in Streubombenproduzenten aus. Dabei hatte Josef Ackermann auf der Jahreshauptversammlung der Deutschen Bank am 27.5.2010 gesagt: Zitator: ?Wir machen keine Geschäfte im Zusammenhang mit bestimmten Waffenarten. Dazu gehören insbesondere Landminen, Streubomben oder ABC-Waffen.? Autorin: Agnes Malczak ist abrüstungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/die Grünen im Bundestag. Im September 2010 hatte sie eine Anfrage ihrer Bundestagsfraktion an die Regierung mit auf den Weg gebracht. O-Ton Agnes Malczak: ?...ich glaube wenn man wirklich die Herstellung, Produktion, Weitergabe von Streumunition verhindern will, dann gehört für mich auch dazu, dass in deutsches Recht umgesetzt wird, dass man nicht in Unternehmen investieren darf, die Streumunition herstellen. Ich glaube, das gehört ganz essentiell dazu, und man sieht ja auch, dass zum Beispiel Norwegen oder auch Belgien das ganz genau so auch interpretieren und in ihr nationalstaatliches Recht umgesetzt haben.? Autorin: In der Bundesregierung scheint man das anders zu sehen. Hier zwei Auszüge aus ihrem Antwortschreiben vom 1. Oktober 2010: Zitator : Frage: Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwendung staatlicher Fördergelder für die Riester-Rente für Investitionen in Unternehmen, die Streumunition herstellen? Antwort: Die Bundesregierung hat hierüber keine Kenntnisse. Frage: Teilt die Bundesregierung die Interpretation, dass das Verbot der Unterstützung des Einsatzes, der Herstellung und Weitergabe von Streumunition jegliche Form von Unterstützung umfasst, also auch Investitionen in Firmen, die Streumunition in ihrem Portfolio haben? Antwort: Gemäß Artikel 1, Absatz 1 (lit) c des Übereinkommens über Streumunition gilt das Verbot der Unterstützung des Einsatzes, der Herstellung und Weitergabe von Streumunition mit Blick auf alle Tätigkeiten, ?die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind?. Autorin.: An anderer Stelle heißt es weiter: Zitator : Ob unter das Verbot der Unterstützung des Einsatzes, der Herstellung und Entwicklung von Streumunition nach dem Übereinkommen eine Investition in Unternehmen, die Streumunition herstellen oder entwickeln, fallen könnte, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Zu abstrakten Rechtsfragen nimmt die Bundesregierung grundsätzlich nicht Stellung. Autorin: Mit handfesten deutschen Wirtschafts-Interessen erklären sich Nichtregierungsorganisationen das Verhalten der Regierung. Waltraud Happe von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald e.V. : O-Ton Waltraud Happe: ?Ich denke, dass Lobbyinteressen natürlich immer einen gewichtigen Grund dafür spielen, dass es hier keine gesetzliche Regelung gibt und dass die Bundesregierung natürlich so lange versuchen wird keine gesetzliche Regelung zu machen, solange der Druck auf sie nicht hoch genug wird. Und dass sie erst dann handeln wird, wenn der Imageverlust so groß zu werden scheint, dass sie handelt. Solange wird sie natürlich versuchen die Interessen ihrer eigenen Rüstungsindustrie hier auch zu verteidigen. (...) Das hat man auch im Zusammenhang mit der Oslo-Konvention, mit der Verabschiedung, gesehen. Da war es ja zum Beispiel auch der Fall, dass bestimmte Punkte in diesen Vertragstext Eingang gefunden haben, die durch die Industrie dominiert waren. Dass nämlich jetzt bestimmte Munition, die von der Wirkung her der Streumunition sehr ähnelt, weiterhin erlaubt ist. Zum Beispiel auch Munitionstypen, die hier in Deutschland hergestellt werden (...) wie die Smart 155, die in Deutschland produziert wird.? Autorin: Smart 155 - vertrieben von der Gesellschaft für Intelligente Wirksysteme mbH, einer Tochtergesellschaft der Unternehmen Diehl und Rheinmetall. Suchzünder-Muniton für die Artillerie, die schon in den Jahren 2008 und 09 die deutschen Gerichte beschäftigt hat. Firmeninhaber Diehl war vor Gericht gezogen, damit Smart 155 nicht länger als Streumunition bezeichnet werden darf. In einem Vergleich im März 2009 bekam er zwar Recht, doch der Richter bestimmte auch, dass Smart 155 durchaus als Streumunition bezeichnet werden darf ? und zwar dann, wenn sie hierbei von anderen Typen von Streumunition differenziert wird. Sprich, man darf Smart 155 nicht als konventionelle Streumunition, sondern muss sie als sog. ?Punktzielmunition? bezeichnen, von der Bundeswehr auch als sog. moderner ?Ersatz für Streumunition? beschrieben. Punktzielmunition wie Smart 155 soll angeblich nur militärische Ziele treffen und sog. ?Kollateralschäden? weitestgehend vermeiden. Begriffliche Haarspaltereien meinen Kritiker. Zivile Opfer wären nie ausgeschlossen und auch diese Munition produziere Blindgänger und deshalb Tote und Verletzte nach einem Krieg. Auch deshalb steht die Ausnahmedefiniton bis heute im Widerspruch zum Streumunitionsverständnis der Vereinten Nationen. Absage: Tödliche Rendite Die verborgenen Geschäfte mit Streubomben Ein Feature von Sigrid Dethloff Sie hörten eine Co-Produktion des Deutschlandfunks mit dem Westdeutschen Rundfunk 2011 Es sprachen: Ursula Illert, Bruno Winzen, Bernd Reheuser, Esther Hausmann, Rebecca-Madita Hundt, Jonas Baeck und Michael Weber Ton und Technik: Ernst Hartmann und Angelika Brochhaus Regie: Thomas Wolfertz Redaktion: Karin Beindorff Wir danken Sibylle van der Walt für ihre Anregungen und die wissenschaftliche Unterstützung. 28 28