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Gäbe es ein Ticker, der die Zahl verfolgen könnte, würde uns wohl schwindelig: Das digitale Universum expandiert in rasender Geschwindigkeit. Musik-/Soundakzent O-Ton 1 Ralph Hintemann 28'' Das war wirklich so wie Licht. Also, man hat ein Gerät angeschlossen und hat gedacht, ja ok, so'n Computer, der braucht 100 Watt oder vielleicht 50 Watt, das ist wie 'ne Glühbirne, die man einschraubt - und hat eigentlich keine große Rolle gespielt. Und dann sind das halt das mehr und mehr Geräte geworden, zentrale Server, Rechenzentren gebaut worden, und irgendwann hat man dann gemerkt, das bedeutet ja doch 'nen gewissen Stromverbrauch, den wir haben, der jetzt deutlich mehr geworden ist als das Licht, was ich im Büro zum Beispiel habe. Musik-/Soundakzent Sprecherin "Unser Gesellschaftsbetriebssystem", so nennt der Schriftsteller Gunter Dueck das Internet. Ein System, das klein begann: Als exklusives Netzwerk zwischen Forschungseinrichtungen Ende der 1960er Jahre. Erst dreißig Jahre später wurde es als World Wide Web zum Massenmedium, dank günstiger Geräte, immer besserer Netzanbindung und der Erfindung des Internetbrowsers. Heute ist das Netz mobil, an immer mehr Orten erreichbar, und eine nicht mehr wegzudenkende Ebene der Realität. Es ist unsere Bibliothek, ein Marktplatz und unser persönliches Gedächtnis. Dabei ist unser verdatetes Leben weit weniger virtuell, als es scheint. So wie wir Menschen Luft zum Atmen brauchen, verschlingt die digitalisierte Gesellschaft Ressourcen und Energie. Sprecher Allein im Jahr 2012 wurden weltweit etwa 2,8 Zettabyte an Daten erstellt, kopiert und konsumiert, in intelligenten Geräten, internen Netzwerken, auf Speichern und im globalen Netz, schätzt die International Data Corporation, ein Marktforschungsinstitut im IT-Sektor. Ein Zettabyte, das sind eine Milliarde multipliziert mit einer Billion Byte, eine Zahl mit 21 Nullen. Heute nutzen viermal mehr Menschen das Netz, als noch vor zehn Jahren. Nicht ohne Folgen: Laut einer Schätzung des Gartner Institut von 2007 verursachten Informations- und Kommunikationstechnologien über zwei Prozent der gesamten CO2-Emissionen weltweit, vergleichbar etwa mit dem Ausstoß der Flugindustrie. Musik-/Soundakzent O-Ton 2 Ralph Hintemann 5'' Der Stromverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnik in Deutschland steigt stark an... Sprecher Ralph Hintemann ist Experte für Green IT beim Borderstep Institut in Berlin. Er erforscht, wie sich innovative Technologien und ökologische Nachhaltigkeit auf wirtschaftliche Weise verbinden lassen. In Deutschland verbrauchten Informations- und Kommunikationstechnologien im Jahr 2010 bereits elf Prozent des Gesamtstroms, haben Hintemann und seine Kollegen errechnet. Sprecherin Mit dem Strom entstehen Klimagase, die die Erwärmung unseres Planeten beschleunigen. Auch unserer Daten heizen die Erde auf - von unseren Geräten über Übertragungskabel und Funkverbindungen bis zu den großen Rechenzentren, die die Daten beherbergen. Musik-/Soundakzent O-Ton 3 Ralph Hintemann 26'' Bei Spielen zum Beispiel, wenn ich 'ne Spielekonsole hab' und ein Spiel zuhause spiele, dann hab ich nur den Energieverbrauch der Spielekonsole. Wenn ich jetzt ein Onlinespiel spiele, dann hab ich natürlich den Verbrauch meines Endgerätes, meines Computers, Laptops, je nachdem, womit ich dieses Onlinespiel spiele. Dann habe ich aber auch den Verbrauch der Übertragung der Daten übers Internet, und ich hab den Verbrauch im Rechenzentrum, wo das Spiel dann eigentlich läuft. Sprecher Mehr und mehr Daten und Rechenleistung liegen heute in der Cloud, auf Internet-Servern in der Wolke. Laut Recherchen der New York Times benötigen die globalen Datencenter schon soviel Elektrizität, wie 30 Atomkraftwerke produzieren. Sprecherin Allein in Deutschland benötigen die Rechenzentren soviel Strom, das vier Kohlekraftwerke ununterbrochen arbeiten müssen, hat das Borderstep Institut errechnet. Nicht allein Computer und Netzwerktechnik verbrauchen die Energie. Viel Strom wird auch zur Kühlung der Rechner und für Sicherung gegen Stromausfall benötigt. O-Ton 4 Konrad Kandziora 31'' Wir befinden uns hier im IT-Dienstleistungszentrum Berlin, in einem Hochsicherheitsrechenzentrum. Und dieses Hochsicherheitszentrum wurde in den Jahren 1994, 1995 hier in Berlin gebaut. War also die Idee gewesen, aus einer Vielzahl von Rechenzentrum ein zentrales Rechenzentrum, einen Hochsicherheitstrakt zu bauen. Da sind wir auf die Idee gekommen, einen ehemaligen Bunker aus dem zweiten Weltkrieg, der 1942 gebaut wurde, also fast gar nicht mehr richtig in Betrieb gegangen ist, hier umzubauen. Sprecherin Eigentlich sollten hier die Berliner Bürger Schutz finden - heute sind es ihre virtuellen Doppelgänger, die Bürgerdaten. Über 2000 Quadratmeter Gänge und Räume voller Serverschränke, Kühltechnik und Stromversorgung liegen hier unter der Erde. Neben der gesamten IT der Berliner Verwaltung finden sich in den Serverschränken des Bunkers die Melde- und Finanzdaten, die Daten der Jugendämter, der Berliner Polizei und Feuerwehr, genauso wie die Internetzugänge etwa der Bezirksämter und alle Webseiten und Portale, die die Verwaltung betreibt. Wer einen Wohngeldantrag ausfüllt oder das Berliner Open Data Portal besucht, um Statistiken einzusehen, steuert über den Internetbrowser diesen Keller an. Diplomingenieur Konrad Kandziora, Experte für Rechenzentren und Vorstand des IT-Dienstleistungszentrums, öffnet eine der dicken Sicherheitstüren. O-Ton 5 Konrad Kandziora 25'' Wenn wir jetzt hier reingucken in diesen Raum, dort stehen also nicht einzelne Rechnersysteme, sondern Sie sehen hier einen großen Schrank, der wie ein Kühlschrank wirkt. Und in diesem Schrank sind Hunderte von Servern untergebracht. Wir sprechen hier von sogenannten Kaltwarmgangsystemen, das heißt also, dass wir nicht mehr den ganzen Raum mehr kühlen, sondern dass wir vor Ort die Server in diesem Schrank hier kühlen. Sprecherin Im Schrank ist es warm und laut, Regale voller Kabel und blinkender Technik stehen dicht gepackt. Im Betrieb laufen die Geräte ständig heiß. Um sie zu kühlen, wird ein Luftstrom direkt durch die Geräte geleitet. Der Schrank, in dem sie stehen, ist ein sogenannter eingehauster Warmgang. Vor wenigen Jahren hat das IT-Dienstleitungszentrum auf die neue Technologie umgerüstet, mit der sich die Regale mit den vielen hundert Servern deutlich effizienter kühlen lassen. Seit dem Umbau muss zudem die Kühlanlage nicht mehr das ganze Jahr laufen. Ein Wasserkreislauf nimmt die Wärme aus den Rechnerschränken auf und pumpt sie zu großen Wasserbecken auf dem Dach. Sprecher Die Hitze der Rechner an der freien Luft zu kühlen: Durch Maßnahmen wie diese können im Rechenzentrum der Berliner Verwaltung beträchtliche Mengen Stromverbrauch - und damit auch CO2 - vermieden werden. In einer ausführlichen Klimaschutzvereinbarung hat sich das IT-Dienstleistungszentrum mit dem Land Berlin verpflichtet, ausschließlich Ökostrom zu verwenden und jedes Jahr rund 1400 Megawattstunden einzusparen. Sprecherin Nur auf Kosten der Datensicherheit darf der Klimaschutz nicht gehen. Das Rechenzentrum muss rund um die Uhr verfügbar sein, einen Stromausfall kann man sich hier nicht leisten. Claus-Jürgen Schan betreut die Infrastruktur des Datencenters. O-Ton 7 Claus-Jürgen Schan 27'' Es liegt im Nanosekundenbereich. Also 'ne Sekunde ist schon eigentlich sehr kurz, aber ist für unseren Server tödlich. Das heißt: Vattenfall liefert nicht mehr, USV übernimmt das erstmal - weil 'ne Unterbrechung können Sie im Rechnerbetrieb von einer Sekunde nicht durchstehen - der fällt Ihnen runter, alles vergessen, fangen Sie alles wieder von vorne an. Angenommen ganz profan, der berechnet jetzt, sagen wir mal 'ne Brücke, und ist kurz vor Ende, und Sie ziehen dem den Stecker, dann hat er alle Daten vergessen. Sprecherin Sollte der Strom einmal ausfallen, übernimmt ein Schrank voller Batterien und die sogenannte unterbrechungsfreie Stromversorgung kurzfristig den Betrieb - bis der 3000-PS-starke 16-Zylinder-Turbodiesel hochgefahren ist. Der gewichtige Motor nimmt im Bunker einen eigenen Raum ein. Er produziert Strom, bis der Ausfall behoben wird, und verschlingt dann 300 Liter Dieselöl die Stunde. Bisher ist das nur einmal passiert, als ein Baggerfahrer ein Stromkabel beschädigte und damit die Stromversorgung lahm legte. Der Ernstfall kommt nur sehr selten vor, trotzdem: Die Notstromversorgung muss jederzeit bereit sein - auch das braucht Energie. Musik-/Soundakzent O-Ton 8 Ralph Hintemann 23'' Es ist bei einzelnen Unternehmen zum Beispiel so, wenn die ein großes Rechenzentrum haben und in einem Ballungsraum wie Frankfurt zum Beispiel leben, dass die schon Schwierigkeiten haben genügend Strom für ihr Rechenzentrum zu bekommen. Die Fälle gibt es auch heute schon, dass es knapp wird, ausreichend Strom in ein Rechenzentrum zu bringen, weil die Stromleitung einfach nicht leistungsfähig genug dafür ist. Sprecherin Ein sparsamer Umgang mit Strom ist also nicht nur ökologischer und günstiger - mitunter ist er sogar unumgänglich, erklärt Ralph Hintemann vom Borderstep Institut. Die Kühlung frisst besonders viel Strom. Wie das Rechenzentrum der Berliner Verwaltung versuchen die Anbieter deshalb, die Temperatur in der Umgebung zu nutzen. O-Ton 9 Ralph Hintemann (31'') 42'' Man kann durchaus sagen, dass es 'nen Trend momentan gibt, dass sehr große Rechenzentren von Internetdienstleistern wie Microsoft, Google et cetera, eher in den etwas kühleren Regionen gebaut werden. Island ist zum Beispiel ein ganz interessanter Standort, weil Island einmal relativ kalt ist, so dass ich wenig Energie für die Kühlung der Rechenzentren brauche, und außerdem hat Island sehr geringe Strompreise, deshalb ist durchaus ein interessanter Standort für Rechenzentren. Sprecher Wie stark die Belastung durch Datencenter derzeit ist, hat die New York Times in einer aufwändigen Recherche untersucht. Demzufolge verschwenden manche Rechenzentren bis zu 90 Prozent der Energie, die sie aus dem Netz ziehen. Nur sechs bis 12 Prozent des Stroms werde im Durchschnitt für die eigentliche Rechenleistung gebraucht - der Rest gehe verloren oder müsse für Kühlung und Stromsicherung aufgewendet werden. Sprecherin Berichtet wird auch von komatösen Servern, die nichts anderes tun, als Energie zu fressen. Die Diesel-Motoren, die den Strom im Notfall sichern, machen Datencenter aus Sicht der New York Times zu großen Luftverschmutzern. Stromverschwendung und Luftverschmutzung sind demzufolge das schmutzige Geheimnis der Industrie. Musik-/Soundakzent Sprecher Die Umweltorganisation Greenpeace weist seit einigen Jahren mit Nachdruck auf die ökologischen Folgen des Datenwachstums hin. Eine höhere Effizienz, mit der die Industrie bisher grüne IT definiert, reicht den Greenpeace- Aktivisten nicht: Sie fordern, dass die Unternehmen beim Betrieb ihrer Serverfarmen auf regenerative Energien setzen. Die Kampagnen zeigen Wirkung: Für die großen Firmen wird es mehr und mehr zur Imagefrage, mit welchen Energien sie ihre Serverfarmen betreiben. Facebook baut sein neues Rechenzentrum nun im schwedischen Lulea, wo es fast vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Apple hat verkündet, den Dienst iCloud bald zu 100 Prozent mit regenerativen Energien zu betreiben. Musik-/Soundakzent Sprecherin Eigentlich sind Rechenzentren riesige Heizkörper, die Strom zu Wärme umwandeln. Je nach Kühltechnik lässt sich diese Wärme nutzen - etwa um mit der Abluft zur Heizung eines Gebäudes beizutragen. So macht es etwa das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, wo Forscher die Folgen des Klimawandels auf einem Supercomputer im Keller des Gebäudes berechnen: etwa den Einfluss erhöhter Temperaturen auf die Eisschilde. Sprecher Besonders große Hoffnung setzen Experten in eine neue Technologie, die Warmwasserkühlung. Denn Wasser speichert Wärme deutlich besser als Luft. Verwendet man warmes Wasser und heizt es durch die Rechnerwärme weiter auf, kann es ab einer bestimmten Temperatur ins Fernwärmenetz gespeist werden. Die Rechenzentren könnten in Zukunft also nicht nur Daten, sondern auch Wärme bereitstellen. Längerer Musik-/Soundakzent Sprecherin Die Rechenzentren sind nur die Lager- und Montagehallen des Internet. Die nächste Stufe ist der Transport. Er findet ständig statt, wenn wir unser Daten hin und herschicken. O-Ton 10 Ralph Hintemann 21'' Ich kann einmal über ein Kupferkabel mit elektromagnetischen Impulsen übertragen, ich kann über ein Glasfaserkabel übertragen, ich kann über Funk übertragen, von hier bis zum Mobilfunkmast, von hier bis zum Router, das kann allerdings durchaus auch über Satellit gehen. Also ich habe ganz unterschiedliche Übertragungsmöglichkeiten, die auch ganz unterschiedlich im Energieverbrauch sind. Sprecher Die International Data Corporation schätzt, dass sich die Datenraten, die innerhalb eines Jahres erstellt, vervielfältigt und kopiert werden, alle zwei Jahre verdoppeln. Was für einen Verbrauch ihr Transport an Strom und CO2- Emissionen ausmacht, ist schwer zu schätzen. Je nachdem, wie man ins Netz geht, schwankt der Verbrauch, erklärt Ralph Hintemann vom Borderstep Institut: O-Ton 11 Ralph Hintemann 19'' Glasfaser ist sehr energieeffizient im Verhältnis zu den anderen Technologien. Kupferkabel ist noch deutlich effizienter zumindest noch als Funktechnologien. Und bei der Funktechnologie hängt es auch davon ab, welche Technologie ich konkret nutze, und deshalb ist es so schwer zu sagen, wie viel Energie verbrauch' ich eigentlich, um zum Beispiel ein Bild auf Facebook hoch zu laden. Sprecherin Über Smartphones und Tablets können wir das Netz heute an vielen Orten der Welt mobil nutzen: Auf Facebook chatten, während wir auf die Straßenbahn warten, Freunden in der Kneipe ein Video vorspielen oder auf dem Weg zur Arbeit schon mal die Emails checken. Wenn es kein WLAN gibt, dann werden diese Daten an den Mobilfunkmast geschickt, und von dort aus ins Internet weiter geleitet. O-Ton 12 Ralph Hintemann 13'' Grundsätzlich kann man sagen, dass die Übertragung über Mobilfunknetze deutlich mehr Energie verbraucht, als wenn ich zuhause arbeite - über WLAN oder sogar, was besonders effizient ist, wenn ich mit dem Kabel angeschlossen bin. Sprecherin Aber wer braucht heute noch Kabel? Apple lässt den Netzanschluss per Kabel für einige seiner Laptop-Modelle schon standardmäßig weg. Über drahtlose Technologien wie WLAN und Mobilfunk kann der Verbrauch aber auf ein Vielfaches anwachsen. Besonders in Gegenden, wo der nächste Mobilfunkmast weit weg ist: Denn über Funk wächst der Energieverbrauch quadratisch mit der Entfernung. O-Ton 13 Sebastian Göndör 19'' Man muss sich natürlich vorstellen, so eine Basisstation hat natürlich einen großen Serverschrank irgendwo, der rumsteht, und das ganze muss natürlich gekühlt werden. Das ist nicht so, wie ein kleiner WLAN-Router zuhause, sondern es ist schon so ein mannhoher Serverschrank, wo dann eben diverse Rechner drinstecken, die für die ganze, ja, Verbindung letztendlich sorgen. Und da wird eben sehr viel an Strom verbraucht. Sprecher Sebastian Göndör ist Doktorant am Institut "Service-centric Networking" der TU-Berlin. Er forscht für das Projekt Communicate Green, einer Kooperation des Instituts mit Partnern wie dem Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik. Sprecherin Die Forscher versuchen, den Energieverbrauch des Mobilfunknetzes zu senken. Statt immer auf voller Leistung zu senden, sollen die Netze intelligent werden und sich an den tatsächlichen Bedarf im Sendegebiet anpassen. Die Forschungsgruppe untersucht dabei verschiedene Szenarien. Eines davon ist die Fußgänger-Zone in der Innenstadt. O-Ton 14 Sebastian Göndör 31'' Tagsüber wäre da zum Beispiel sehr viel Traffic zu erwarten, weil sehr viele Menschen eben durch die Gegend laufen, sie haben ihre Mobiltelefone dabei. Heute hat ja mehr oder weniger jeder ein Smartphone, mit dem er über Facebook chattet, sich Videos anguckt, Emails abruft. Hier wäre eben sehr viel Traffic von sehr vielen Nutzern auf einem sehr engen Gebiet zu erwarten, während beim geografisch gleichen Ort nachts eben sehr wenig Traffic zu erwarten wäre, weil da sind die Geschäfte geschlossen, die ganzen Menschen sind zuhause. Und das heißt, der mobile Traffic würde sich eben woanders hin verlagern und in der Nacht halt generell deutlich weniger sein. Sprecher Die Daten im Bereich Mobilfunk wachsen rasant: Im Jahr 2011 transportierte das mobile Netz schon achtmal so viele Daten, wie das gesamte Internet im Jahr 2000 enthielt, schätzt die IT-Firma Cisco - wobei der Datenverkehr im gleichen Jahr um über hundert Prozent wuchs. Sprecherin Sebastian Göndör und seine Kollegen entwickeln deshalb Strategien, um den hohen Stromverbrauch von Mobilfunkstationen intelligent zu drosseln. Sie ermitteln, wie viel Sendeleistung und Bandbreite tatsächlich gebraucht werden und versetzen dann einige Teile in den Schlafmodus. O-Ton 15 Sebastian Göndör 14'' Dazu kommen natürlich dann die Daten, die tatsächlich sagen: Jetzt gerade in dieser Zelle ist soundsoviel los. Das heißt: Hier sind gerade hundert Leute, die ganz, ganz viele YouTube-Videos gucken möchten. Dann müssen natürlich alle Zellen ganz schnell angeschaltet werden, auf maximaler Kapazität laufen. Sprecher Über 120 Tausend Mobilfunkmasten stehen in Deutschland, jeder davon verbraucht über Tausend Gigawattstunden im Jahr. Jeder der vier Mobilfunkanbieter betreibt seine eigenen Basisstationen mit mehreren Geräten für GSM, UMTS und das neue LTE-Netz. Sprecherin Nicht nur die Mobilfunkmaste, auch wir senden heute doppelt und dreifach mit voller Kapazität. Wir sind selbst zu kleinen Netzbetreibern geworden, rechnet Ralph Hintemann vom Borderstep Institut vor. O-Ton 16 Ralph Hintemann 32'' Es ist natürlich so, dass heutzutage jeder, der 'nen Internetanschluss hat, letztendlich auch ein WLAN sich aufbaut. Also, während das früher häufig rein kabelgebunden noch war - da hatte ich ein DSL-Modem und hab dann mein Kabel angeschlossen - baut sich heute jeder ein WLAN-Netz auf. 80 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben einen Internetanschluss, wenn man das dann auf die Haushalte rechnet - sind 40 Mio Haushalte, das heißt wir haben über 30 Millionen, 32 Millionen WLAN-Netze aufgebaut in Deutschland mittlerweile. Sprecherin Der Idee, dass sich ein Haus die nötige Anzahl an Routern teilt, steht einerseits das wirtschaftliche Interesse der Betreiber im Weg - sie wollen so viele Anschlüsse wie möglich verkaufen. Auch aus juristischer Sicht ist es derzeit problematisch, WLAN-Netze zu teilen. Denn wer den Anschluss zur Verfügung stellt, muss unter Umständen auch für das haften, was andere im Netz machen. Und so haben wir jeder unser eigenes Gerät. Längerer Musik-/Soundakzent O-Ton 17 Ralph Hintemann 17'' Grundsätzlich kann man sagen, dass die mobilen Geräte in aller Regel energie- effizienter sind, weil sie vom Hersteller schon darauf konstruiert wurden, möglichst lange mit dem Akku unabhängig vom Stromnetz arbeiten zu können. Sprecherin Je nachdem, welche Geräte wir benutzen, um ins Internet zu gehen, kann der Energiebedarf deutlich schwanken. Besonders energiehungrig sind Prozessor, Grafikkarte und Bildschirm. Und wer mit einem großen Fernseher surft oder das Bild mit einem Beamer auf die Wand wirft, hat eine noch schlechtere Bilanz. Sprecher Der britische Fernsehsender BBC ließ 2011 ermitteln, ob die CO2-Bilanz besser aussieht, wenn sie die Sendungen digital-terrestrisch sendet oder als Video-on- Demand anbietet. Bei der Berechnung des CO2-Verbrauchs pro Zuschauer stellte sich jedoch heraus, dass der Übertragungsweg nur wenig ins Gewicht fällt. Entscheidend sind die Endgeräte, mit denen die Zuschauer sich das BBC- Programm anschauen. Wenn ein Monitor oder Fernsehgerät verwendet wurde, entstehen nach der Berechnung der BBC fast dreimal mehr CO2-Emissionen, als wenn ein Laptop verwendet wurde. Sprecherin Oder anders gesagt: Der Stromverbrauch kann dreimal höher sein, je nachdem, mit welchen Geräten wir uns ein Video anschauen. Denn wie viel CO2 entsteht, ist letztlich davon abhängig, wie der Strom produziert wurde. O-Ton 18 Ralph Hintemann 26'' Wenn man die Nutzung des Gerätes betrachtet, dann ist natürlich besonders relevant, wie umweltfreundlich der Strom produziert wird, mit dem ich das Gerät betreibe. Und da gibt's ja unterschiedliche Möglichkeiten, den Strom zu produzieren. Man kann schauen, dass man besonders umweltfreundlich erzeugten, regenerativen Strom vom Stromanbieter bezieht, oder man kann den Strom natürlich auch selbst erzeugen, über Solarpanels zum Beispiel. Sprecherin Genau das hat Daniela Schiffer im Sinn. Die Mitgründerin des Projekt Changers glaubt, dass die Konsumenten bald mehr und mehr zu Produzenten ihrer eigenen Energie werden. Mit ihrem Kollegen Markus Schulz hat sie deshalb eine Firma gegründet, die Menschen dazu bringen soll, den Strom für elektronische Kleingeräte wie Smartphones, MP3-Playern und Tablet-Computer selbst aus Sonnenenergie zu gewinnen. Das Produkt ist ein weißes Ladegerät mit Solarpanel, das man ans Fenster hängen kann. O-Ton 19 Daniela Schiffer 14'' Dadurch, dass ich hier meine Energie selber erzeuge und ein Gefühl bekomme, okay, ich muss ungefähr zwei Stunden mein Modul in die Sonne halten, dann hab ich einmal 'ne Handyladung, das sind circa acht Watt, ah okay, acht Watt ist das, was mein Handy braucht. Also einfach, das da wieder 'ne Zahl dahinter kommt. Sprecherin Gleichzeitig dokumentiert das Gerät, wie viel Energie über das Solarpanel produziert wurde. Diese Informationen können auf die Plattform Changers im Internet hochgeladen werden. O-Ton 20 Daniela Schiffer 22'' Diese Information, die ich über mein Energieverhalten bekomme, wo ich dann auch Statistiken einsehen kann, wo ich mich mit anderen messen kann auf der Plattform. Dann gibt's dann den aktivsten User und die aktivste Stadt auf der Plattform. Diese ganzen Daten helfen einem, auf 'ne spielerische Weise, mit Energie wieder anders oder direkter in Kontakt zu kommen. Sprecherin Auch bei der Produktion des Solarladers fällt allerdings CO2 an. Bei der derzeitigen Herstellung - das Material für das Solarpanel kommt aus den USA, produziert wird das Gerät in Deutschland - ist die CO2-Produktion noch zu hoch, als dass die Nutzer die Bilanz durch ihre Stromproduktion wieder wett machen könnten. Die Firma lässt deshalb einen Baum für jedes Gerät pflanzen - nur so können sie es mehr oder weniger CO2-neutral verkaufen. O-Ton 21 Daniela Schiffer 15'' Ich wurde mal gefragt, ja warum pflanzt ihr dann nicht direkt Bäume? (lacht) Hab ich gesagt: Naja, mit den Bäumen kann ich mein Handy nicht laden. Also das heißt, es ist ein Bedarf an elektronischen Geräten da, und wir versuchen halt über Umwege Menschen dahin zu führen, dass sie einfach ihre eigene Energie produzieren. Musik-/Soundakzent O-Ton 22 Ralph Hintemann 20'' Ich hab viel kürzere Nutzungsdauern heute als vor ein paar Jahren noch. Und die Tendenz ist eher so, dass die noch kürzer werden. Da ist natürlich ein großes Problem, weil die Geräte alle in der Herstellung Energie verbrauchen und natürlich auch als Elektroschrott dann wieder eine Umweltbelastung bedeuten. Sprecherin Was dem Green IT-Experten Ralph Hintemann am meisten Sorge bereitet, ist die wachsende Anzahl von digitalen Geräten und ihre immer kürzere Lebensdauer. Dass alte Geräte repariert werden, ist selten der Fall. Für die AfB-Werkstatt in Berlin ist das die Marktlücke. Das Unternehmen schafft Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung und hilft nebenbei, die Lebenszeit von elektronischen Geräten zu verlängern. Sprecher Klaus Bölling und seine Mitarbeiter holen größere Bestände aussortierter Rechner, Laptops, Monitore und Drucker bei Firmen ab und entsorgen sie fachgerecht. O-Ton 23 Klaus Bölling 33'' Hier haben wir jetzt im Prinzip den aktuellen Wareneingang vom Freitag. Dort haben wir beim Partner in Berlin, ich schätze, 35 LCD-Schirme übernommen. Das sind jetzt im klassischen Sinn noch gute Geräte, Größenordnung 17 Zoll, also für den Hausgebrauch durchaus noch verwendbar. Oder aber auch 'ne gewisse Anzahl von Notebooks, die dann bereit stehen für die weitere Bearbeitung. Sprecher Sie löschen die Daten, prüfen, ob die Geräte noch funktionsfähig sind, reparieren einige davon und verkaufen sie in ihrem Laden in der Malzfabrik im Süden Berlins direkt an Kunden weiter. Die Preise der Geräte sprechen für sich. Ein Laptop, der sonst über 1000 Euro kosten würde, geht hier für 250 Euro über die Ladentheke. Ist ein Gerät gar nicht mehr zu gebrauchen, gehen die Geräte zu einem zertifizierten Entsorger. Bald soll es auch in der AfB- Werkstatt möglich sein, die Geräte zu zerlegen, erklärt Klaus Bölling. O-Ton 26 Klaus Bölling 26'' (...) Sprich man trennt das Blech vom Kunststoff, das Kabel, die Platinen, Prozessoren, Speicherbausteine, diese Komponenten werden im Prinzip getrennt, sortiert und eben auch entsprechend weiter vermarktet, weil grad durch dieses starke Rohstoffverknappung, steckt natürlich auch in so einem defekten Gerät noch ein relativ hoher Wert - wenn man es vernünftig aufbereitet. Sprecherin Um die Umwelt ging es dem Gründer des Unternehmens zunächst nicht - doch schnell wurde klar, dass die Aufarbeitung alter elektronischer Geräte auch ökologische Vorteile hat. O-Ton 27 Klaus Bölling 45'' (innen kürzen) Die Ursprungsidee war klar, Arbeitsplätze zu schaffen für Menschen mit einer Behinderung im IT-Umfeld. Dieser ökologische Sinn ergibt sich ja durch die Verlängerung des Lebenszyklus der einzelnen Geräte. Das heißt, die Geräte, die wir zurück nehmen, aufbereiten und auch noch mal anbieten, werden nicht einfach nur entsorgt. Sprich die ganze CO2-Belastung, die bei der Herstellung entsteht, wird nicht nur auf, ich sag jetzt mal, auf 36 Monate begrenzt, sondern durch unser Zutun unter Umständen sogar auf 70 oder längere Monatszahlen und somit auch unser Beitrag zur Ressourcenschonung, zur Green IT. Längerer Musik-/Soundakzent Sprecher Ein grüneres Netz, das sich nachhaltig so betreiben lässt, dass der Stromverbrauch nicht ins Unermessliche steigt, braucht ständige Innovation. Bisher hat das geklappt, Geräte, Übertragung und Datencenter sind zunehmend effizienter geworden. O-Ton 28 Ralph Hintemann 32'' Hoffnung macht mir natürlich, dass insbesondere in der Informations- und Kommunikationstechnologie wir 'nen sehr schnellen technischen Fortschritt haben. Wir können also auch sehr schnell auf mögliche Entwicklungen reagieren. Da ist natürlich dann wieder der Vorteil, dass die Geräte sehr schnell ausgetauscht werden können. Also, wenn wir feststellen, es wird kritisch, der Energieverbrauch wird vielleicht zu groß, dann können wir innerhalb von wenigen Jahren durch ganz neue Geräte, effizientere Geräte 'nen deutlichen Umschwung erreichen. Sprecherin Doch trotz Fortschritt: Das Datenwachstum ist so stark, dass die digitale Gesellschaft mehr und mehr Ressourcen und Energie verbraucht. Gleichzeitig liegt Hoffnung auf der Branche: Denn mit intelligenten digitalen Systemen lassen sich Umweltbelastungen, etwa die CO2-Belastung durch Heizungen und Klimaanlagen in Gebäuden, vielleicht gezielter eindämmen. Wenn weniger geflogen würde und mehr Treffen über digitale Videokonferenz stattfinden, könnte das in der Bilanz von Vorteil sein. Doch dass sich die Informationstechnologie in dieser Weise positiv auswirkt, muss die Branche erst beweisen. O-Ton 29 Ralph Hintemann 23'' Man sollte die Marktmacht der Verbraucher nicht unterschätzen. Wenn die Verbraucher mehr und mehr drauf achten, welche Umweltbelastungen denn die Erzeugung der Geräte oder auch die verschiedenen Internetdienste bedeuten, wenn sie das in ihre Kaufentscheidung, ihre Nutzungsentscheidung einfließen lassen, dann werden sich die Unternehmen auf jeden Fall danach richten. Sprecher Heute ist erst ein Drittel der Weltbevölkerung online. In den nächsten Jahren wird der Anteil von Nutzern und Daten weiter steigen. Der Trend zu immer größeren Videos, vernetzten Geräten, stärkerer Überwachung, zum Aufzeichnen medizinischer Daten und dem Verfolgen von Nutzern im Netz wird das Datenwachstum weiter ankurbeln. Das Marktforschungsinstitut International Data Corporation IDC rechnet damit, dass allein im Jahr 2020 57mal mehr Byte produziert, kopiert und konsumiert werden, als es Sandkörner auf der Erde gibt. 1