"Buh aus Nordwest" Eine Lange Nacht über Opernskandale Autor: Robert Sollich Redaktion: Dr. Monika Künzel Regie: Rita Höhne Musikauswahl: Robert Sollich SprecherIn: Frank Arnold Erzähler Thomas Holländer Zitator Sendetermin: 20. Juli 2019 Deutschlandfunk Kultur 20./21. Juli 2019 Deutschlandfunk ___________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde Musik: Richard Wagner: Tannhäuser (Ouvertüre) Erzähler Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts sind ‘Skandale‘ aus dem Opernleben nicht mehr wegzudenken. Wendepunkte der Operngeschichte sind mit Skandalen verbunden. Ästhetische Umwälzungen begannen mit lautstarkem Protest eines entsetzten Publikums. Worin genau aber liegt die besondere Kraft des Skandals? Was macht ihn so faszinierend? Die Lange Nacht der Opernskandale will die Bedeutung dieses Phänomens und seine Rolle für die Entwicklung der deutschen Opernbühne in Ost und West ergründen. Musik: Richard Wagner: Tannhäuser (Ouvertüre) Erzähler Als sich am 13. März 1861 an der berühmten Pariser Opéra der Vorhang für die französische Erstaufführung von Richard Wagners Tannhäuser hob, war dies der Auftakt zu einem Abend von theaterhistorischer Bedeutung. Der Pariser Tannhäuser steht am Anfang einer ausgerechnet in Frankreich ganz besonders enthusiastischen Wagner-Begeisterung, des sogenannten wagnerisme – die in gewissem pikantem Widerspruch zu den antifranzösischen Ressentiments steht, zu denen der Komponist zumindest zeitweise neigte. Auch in Hinblick auf das Verhalten des Publikums im Theater vollzog sich an jenem Abend Spektakuläres. Einen halben Akt lang sah alles nach einer relativ normalen Pariser Premiere aus, dann kippte die Stimmung im Saal plötzlich: Zitatorin „… kaum hatte sich die Wandlung vollzogen, und war dem düstern Venusberg die rührend heitere Frische des Waldmorgens unter der Wartburg in vollendet schöner Inscenirung gefolgt, so begann bei den ersten Tönen des Hirtenliedes der höllische Lärm. Der Kampf zwischen den schamlosen Feinden und Vorurtheilslosen, welche zu hören verlangten, dauerte den ganzen Abend fort, ohne dass es jedoch den ersteren gelang, den Vorhang zum Fallen zu bringen. Alles Lob gebührte dabei den Sängern, welche sich nicht irre machen liessen und, wenn der Lärm den Gesang unterbrochen hatte, unerschrocken bei derselben Note wieder anfingen, wo sie hatten aufhören müssen.“ Erzähler Wie diese Erinnerungen der Augenzeugin Malvida von Meysenbug belegen, brachen die Störungen der Aufführung so unvermittelt los, dass sofort Gerüchte aufkamen, wer hinter diesen Vorkommnissen steckte: Der Jockey-Club, so unkte man, eine Vereinigung einflussreicher Pariser Geldaristokraten, hatte sich mit Lärminstrumenten bewaffnet. Und wollte sich damit angeblich vor allem dafür rächen, dass Wagner für seinen Pariser Tannhäuser zwar ein Ballett hinzukomponiert, dieses entgegen der Pariser Etikette aber nicht in der Mitte der Aufführung, sondern an deren Anfang plaziert hatte. Tatsächlich setzten sich die Proteste auch bei den Folgevorstellungen fort und brachten eine der teuersten Produktionen in der Geschichte der Opéra schließlich zu Fall. Konsterniert zog der Komponist sein Werk nach nur drei Aufführungen zurück. Noch Jahre später polemisierte er verbittert gegen die banausische Gewohnheit seiner Pariser Widersacher, weite Teile der Opernvorstellung im Restaurant zuzubringen. Die Ignoranten in dieser Gewohnheit gestört zu haben, glaubte auch Wagner, habe seinem Tannhäuser den Garaus gemacht: Zitator „Von nun an war es ihre Sache, zu verhindern, daß diese ballettlose Oper ihnen Abend für Abend vorgeführt wurde, und zu diesem Zwecke hatte man sich, auf dem Wege vom Diner zur Oper, eine Anzahl Jagdpfeifen und ähnliche Instrumente gekauft, mit welchen alsbald nach ihrem Eintritte auf die unbefangenste Weise gegen den ‘Tannhäuser‘ manövriert wurde. […] Von nun an half aber keine Beifallsdemonstration mehr: vergebens demonstrierte selbst der Kaiser mit seiner Gemahlin zum zweiten Male zugunsten meines Werkes; […]. Bis an den Schluß begleiteten Pfeifen und Flageoletts jeden Applaus des Publikums.“ Erzähler Nicht nur viele französische Intellektuelle schlugen sich auf Wagners Seite. Es ist historisch verbürgt, dass auch Kaiser Napoleon III. dem von ihm protegierten Künstler und seiner Oper die Treue hielt. Inwieweit es wirklich die Jockey-Club-Mitglieder waren, die hier den Aufstand wagten, lässt sich aus dem Rückblick von mehr als anderthalb Jahrhunderten dagegen nicht mehr mit Sicherheit sagen. Sie wurden allerdings integraler Bestandteil einer umgehend einsetzenden Mythisierung des Pariser Tannhäuser, die bis heute fortwirkt und ihm zum Archetypen dessen erhob, worum es in den kommenden drei Stunden dieser Langen Nacht gehen soll: den Opernskandal. Der erste seiner Art war der Tannhäuser vielleicht nicht; Proteste in einer Aufführung gegen diese Aufführung selbst gab es auch schon vorher. Zum Archetypen des Opernskandals vermochte er indes schon deshalb zu avancieren, weil der Begriff des Skandals selbst im 19. Jahrhundert in seiner heutigen Verwendung noch relativ jung war. Das Wort kommt ursprünglich aus dem Griechischen, wo skandalón zunächst noch ganz unmetaphorisch eine mechanische Tierfalle bezeichnete. Mit dem Deutschen kam es wohl erstmals in Luthers Bibelübersetzung in Berührung: als ein „Stein des Anstoßes, der in Sünde stolpern läßt“, also als ein Glaubensverstoß. Wirklich Eingang in die deutsche Alltagssprache fand er jedoch erst viel später, bezeichnenderweise im Umweg über das Französische, wo le scandale als nunmehr auch weltlicher Anlass öffentlicher Empörung vor allem mit dem ihm umgebenden Lärm assoziiert wurde. Beides schwingt in der Rede von Theaterskandalen auch heute immer noch mit: Der Aufruhr und der Regelbruch, der diesem Protest vorausgeht und das Publikum spaltet. Im Gegensatz zum bloßen Eklat, zum ‘Durchfall‘ einer Aufführung, soviel sei vorweggeschickt, braucht es zum Theaterskandal immer zwei Parteien, deren Haltungen aufeinanderprallen und die ihren Dissens an Ort und Stelle auszuhandeln beginnen. Wie sich im Folgenden zeigen wird, gewähren Opernskandale nicht nur Einblicke in die Verhaltensbiologie empörungsanfälliger Kulturbürger. Sie markieren auch Drehpunkte von Theatergeschichte. Überkommene Theater- und Musik-Vorstellungen werden auf die Probe gestellt. Von diesen Kraftproben soll diese Lange Nacht handeln und zeigen, wie durch Opernskandale ästhetische Normen bis heute immer wieder aufgelöst und sich neu gebildet haben. Die erste Stunde wird sich dabei zwei Skandalen der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit widmen, an denen sich dieser Umbruchscharakter besonders prägnant beobachten lässt. Musik: Arnold Schönberg: Moses und Aron (Zwischenspiel 1. Akt) Erzähler Am Anfang jedes Skandals steht das Skandalon, der Verstoß gegen herrschende Sitten, die Verletzung einer für verbindlich erachteten Norm. Bei Politskandalen geschieht dies oft im Verborgenen. Ein Vergehen soll – das gerade macht es hinterher zum Skandal – von den Bürgern nicht bemerkt und muss entsprechend – meist von der Presse – enthüllt werden. Wie ein prominenter Skandaltheoretiker einmal sagte: „Wo es Skandale gibt, ist einiges faul, wo sie fehlen, alles“. Skandale, darin ist sich die Sozialwissenschaft weitgehend einig, dienen der Selbstreinigung. Umstritten ist, ob die kollektive Entrüstung notwendigerweise die Wiederherstellung der alten Ordnung nach sich zieht. Dass auf die Entrüstung zwangsläufig die Rückkehr zu den vorherigen Wertvorstellungen folgen muss, hat auch der Soziologe Karl Otto Hondrich bezweifelt. Zwar hält auch Hondrich an der Vorstellung vom Skandal als Krise und Bewältigung fest. Krisenbewältigung kann für ihn aber auch darauf hinauslaufen, dass sich die hier verletzte Norm im Konflikt als überholt oder reformbedürftig erweist. Skandale geraten so bei ihm zu einem Lakmustest, „ob die vorhandenen Normen noch passen und in welche Richtung sie [gegebenenfalls] zu verändern sind“. Stärker noch als bei politischen Skandalen berührt diese Ergebnisoffenheit den Kern von Kunstskandalen. Wo zur Kunst spätestens seit der ästhetischen Moderne deren Überschreitung dazugehört, sind Skandale als „Beschleuniger des Normenwandels“, wie Hondrich sagt, höchst attraktiv. Und so war es denn tatsächlich auch die ästhetische Moderne, die den Skandal als Strategie entwickelte, die Regeln der Kunst immer wieder in ihrem Sinne zu verschieben. Nicht von ungefähr gelten die Jahre um 1900 auch als sogenannte ‘goldene Epoche des Theaterskandals‘, in der dieser nicht nur im Schauspiel (man denke nur an die Naturalisten oder auch an Schnitzlers Reigen) oder im Ballett (erinnert sei etwa an Igor Strawinskys Sacre du Printemps) seine prominentesten Ausprägungen erfuhr. Auch in der Oper unterliefen Komponisten von Richard Strauss bis Ernst Krenek immer selbstbewusster alte Konventionen und zelebrierten die Überwindung des überkommenen musikalischen Materials als Aufbruch in die künstlerische Zukunft. Die wohl dicksten Akten dieser Skandalgeschichte füllen dabei die Komponisten der sogenannten ´Zweiten Wiener Schule`. Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern riskierten mit dem von ihnen beschrittenen Weg in die freie Atonalität den denkbar radikalsten Bruch mit der Tradition der westlichen Musik und ihrer hierarchischen Ordnung aus Halb- und Ganztonschritten. Sowohl im Konzertsaal, als auch in der Oper führte der Angriff auf altvertraute Hörgewohnheiten zwischen Wien und Prag nicht selten zu Handgreiflichkeiten. Der Titel ‘Watschenkonzert‘, den sich 1913 ein Wiener Auftritt der Gruppe verdiente, illustriert das anschaulich. Dass unter den Künstlern der Zweiten Wiener Schule etliche Juden waren, stieß bereits damals auch auf antisemitische Vorurteile und läutete einen Kulturkampf ein, dessen Zentrum sich nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich zunehmend auf die in Weimarer Zeit besonders heftig umkämpften deutschen Theaterbühnen und Konzertpodien verlagerte. Der provokativ-spielerische Zug, der Skandalen im Umfeld von Futurismus oder Dada häufig noch auszeichnete, ging spätestens hiermit endgültig verloren. Die pöbelhaften Angriffe, denen sich Schönberg mit seinen frühen Zwölftonwerken ausgesetzt sah, waren dabei zunehmend bereits ein Vorgeschmack auf jene Barbarei, die 1933 ganz Deutschland ergreifen und Schönberg zur Flucht aus seiner Wahlheimat Berlin zwingen sollte. Die Geschichte dieser Verfemung und Vertreibung bildet den Hintergrund auch für die Rezeption von Schönbergs nachgelassener Oper Moses und Aron, als diese 1959, 14 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur, in Berlin, in der vormaligen Reichshauptstadt, genauer: in deren Westteil, ihre deutsche Erstaufführung erlebte. Eine Oper, der damals bereits ein beinahe mythischer Ruf vorauseilte. Bereits Anfang der 1930er in wesentlichen Zügen niedergeschrieben, hatte sie Schönberg während seiner Jahre im amerikanischen Exil nie vollendet. Aber auch aufgrund der extremen künstlerisch-technischen Ansprüche an die Musiker und daraus resultierenden logistischen und finanziellen Anforderungen an die Theater bestanden große Zweifel, inwieweit sie überhaupt spielbar sei. Als Schönberg 1951 starb, waren nur wenige Auszüge zur konzertanten Aufführung gekommen, u.a. die berühmte Episode vom Tanz ums goldene Kalb. Jene ausgewählten Voraufführungen bestärkten alte und neue Fürsprecher Schönbergs wie die Dirigenten Hermann Scherchen und Hans Rosbaud indes darin, es bei diesem Werk tatsächlich mit einem Opus magnum des Komponisten zu tun zu haben. Seit 1955 ‘musikalischer Oberleiter‘ an der Oper Zürich, gelang es Rosbaud schließlich, dort eine szenische Uraufführung des gesamten Werks tatsächlich durchzusetzen. Gegen alle Boshaftigkeiten der lokalen Presse, wurde die Uraufführung am 6. Juni 1957 sogar ein großer Publikumserfolg. Ein ganz anderes Bild bot sich hingegen zwei Jahre später in Berlin, wo Moses und Aron im Rahmen der prestigeträchtigen Festwochen erstmals nachgespielt wurde. Aus dem Theater des Westens, damals Ausweichspielstätte für die noch kriegszerstörte Oper an der Bismarckstraße, drangen via Medien schrille Töne nach draußen und erinnerten an das bewegte Berliner Theaterleben des frühen 20. Jahrhunderts: Zitatoren Stimmengewirr: „Opernschlacht um Schoenberg in Berlin“ (Zitatorin) - „Kampfstimmung“ in der Städtischen Oper (Zitator) - „nie dagewesene Feldschlacht zwischen Bühne und Zuschauerraum, zugespitzt auf die Person Hermann Scherchens“ (Zitatorin) - „Höllenlärm. Schrille Pfiffe, Buh-Schreie, Zwischenrufe. ’Eine Schande für Berlin’“ (Zitator) - „Berlins Volksseele kochte bei Schönbergs Moses und Aron“ (Zitatorin) - „zweimal zehn Minuten Polnischen Reichstag“ (Zitator) - „Erst nach einer halben Stunde gelang es dem Personal, das Haus zu räumen.“ (Zitatorin) - „Über dem Tumult stand der Sieg“ (Zitator) - „Zwölftonskandal. Aufregende Erstaufführung von Schönbergs 'Moses und Aaron'“ (Zitatorin) Erzähler Als Dirigent Scherchen nach der Pause wieder ansetzen wollte, wurde er minutenlang niedergebuht, ehe er in einer eindringlichen Ansprache um Respekt für die Darbietung bat – nicht ohne den Hinweis, auch schon im Vorfeld der Premiere anonym bedroht worden zu sein. Immerhin ließen sich die Störer damit tatsächlich für die weitere Dauer der Vorstellung ruhigstellen. Um ihren Protest danach freilich umso ohrenbetäubender zu äußern. Hans Heinz Stuckenschmidt, als langjähriger Kenner der Neuen Musik an stürmische Auseinandersetzungen noch aus der Vorkriegszeit durchaus gewöhnt, fand drastische Worte für das Ende eines Theaterabends, dem er seinerzeit bereits prophezeite, er werde Zitator „in die Theatergeschichte eingehen als eine der leidenschaftlichsten Auseinandersetzungen zwischen einer kleinen, lautstarken Gruppe Protestierender und einer überwältigenden Mehrheit von Beifallsfreudigen. (…) Die Mahnung half. (…) Dann aber brach der Krach los, mit Pfiffen und Buhrufen, beantwortet von einer alles erstickenden Applauswoge, verstärkt wieder aufgenommen und ebenso erwidert, bis das Haus wackelte von trampelnden, bravorufenden, pfeifenden, in Sprechchören brüllenden Gruppen, daß man kaum noch wußte, wer dafür und wer dagegen ist“. Erzähler War Moses und Aron wirklich der „Zwölftonskandal“, von dem bereits die Rede war? Mit Sicherheit lässt sich das bei Theaterskandalen nicht sagen. Die Pressestimmen sind im Fall von Moses und Aron allerdings nicht das Sprachrohr der Skandalierer. Sie berichteten ganz überwiegend sehr positiv über die künstlerische Darbietung und distanzierten sich deutlich vom Protestgeschehen. Sie waren sich freilich einig, dass dieser Skandal tatsächlich in einer Tradition der Zwölfton-Verachtung zu verorten war; dass also, wie Stuckenschmidt spekulierte, Antimodernisten hinter dem Skandal standen. Dafür sprach auch, dass der obere Rang der Städtischen Oper früher schon auffällig geworden war, und zwar bei der Weltpremiere von Hans Werner Henzes Märchenoper König Hirsch. Dabei überhörte er ironischerweise, dass Henze längst nicht mehr der Serialist war, für den man ihn hier hielt. Seither waren Teile des Publikums Intendant Carl Ebert und Kultursenator Joachim Tiburtius in inniger Fehde verbunden, die auch von der Boulevardzeitung B.Z. befeuert wurde. Heraus kam bei Moses und Aron eine auf den ersten Blick kuriose, auf den zweiten aber durchaus skandaltypische Gemengelage: Wohl ging es hier einerseits offensichtlich (Stichwort ‘Normen‘) um sehr grundsätzliche Fragen der theater- und musikhistorischen Entwicklung. Andererseits gab es zugleich sehr lokale und darin fast zufällige Komponenten, die hier wirkten und den Abend, ähnlich wie den Tannhäuser 1861 in Paris, Züge eines operntypischen Machtkampfes einer Claque annehmen ließ. Nicht ganz überraschend machte in der Presse tatsächlich dieser alte Begriff die Runde, der abermals ins Paris des 19. Jahrhunderts zurückweist: der der Claque. Den Verdacht, dass Applaus gekauft sein könnte, gibt es wohl, so lange es Theater gibt. Belegen lässt er sich aber erst mit der Verbürgerlichung der Oper eben in Paris, wo Mitglieder einer sogenannten Assurance de succès dramatique (wörtlich: einer Versicherung des dramatischen Erfolges) seinerzeit ganz offiziell auf der Gehaltsliste der Opéra standen. Sie waren engagiert, um den Beifall professionell anzuführen. Man könnte auch sagen: die Rezeption eines Stückes im Sinne der Intendanz zu manipulieren und so deren betriebswirtschaftliches Risiko zu minimieren. Wenn Teile der Presse 1959 hinter den Berliner Protesten gegen Moses und Aron eine (Zitat:) „Anti-Scherchen-Claque“ ausmachten, dann ist das streng historisch nicht ganz korrekt. Insofern diese offensichtlich gegen die Politik der Intendanz zu Felde zog, stand sie eher in der Tradition sogenannter Gegen-Claques. Was sie mit beidem verbindet, ist der Umstand, dass ihr Wirken – wie die Wiederkehr der West-Berliner Skandale belegt – geradezu institutionelle Züge trug und zeitweise gleichsam zur Folklore einer zeitgenössischen Opernpremiere an der dortigen Städtischen Oper gehörte. Diesmal allerdings, da waren sich die Kommentatoren einig, war diese „Anti-Scherchen-Claque“ im Oberrang in jeder Hinsicht zu weit gegangen. Noch verstörender als die Unerbittlichkeit der Demonstrationen im Theater wirkten dabei offensichtlich Drohungen gegen Scherchen im Vorfeld, ihn mit Vitriol zu verletzen – erst recht in Anbetracht der Skandalgeschichte, die Schönberg in Deutschland hatte. Selbst wenn man in West-Berlin nicht glaubte, nicht glauben wollte, dass politische Gründe bei den aktuellen Protesten eine Rolle spielten, fühlten sich die kulturpolitisch Verantwortlichen, Opernintendant Carl Ebert und Kultursenator Joachim Tiburtius, bemüßigt, die Wogen zu glätten und sich in aller Form vor allem bei der extra angereisten Witwe Gertrud Schönberg zu entschuldigen. Die Presse drehte den Spieß um und skandalisierte angesichts der „vom Dreck des Tumults bespritzt[en]“ Rehabilitierung Schönbergs nun ihrerseits das Verhalten der Skandalierer. Nicht die großartige künstlerische Darbietung habe zur Empörung Anlass gegeben. Vielmehr sei das Verhalten der Protestierer ein Verstoß gegen die Verhaltensnormen im Theater, eine Grenzüberschreitung im Bereich der zivilen Umgangsformen und damit der ‘eigentliche‘ Skandal gewesen. Eine besondere politische Brisanz dieser Angelegenheit war auch dem Umstand geschuldet, dass eine besonders scharfe Skandalisierung im Osten der auch kulturell geteilten Stadt betrieben wurde. In der DDR standen Schönberg und seine Schule kulturpolitisch zwar alles andere als hoch im Kurs; wesentliche Strömungen der ästhetischen Moderne wurden im Zeichen der offiziellen Kunstdoktrin des Sozialistischen Realismus als dekadent und formalistisch abgelehnt. In Anbetracht der aktuellen Ereignisse überließen die meinungsbildenden Organe der DDR-Presse alten marxistischen Weggefährten Schönbergs wie dem Komponisten Hanns Eisler nun jedoch gerne das Wort und zitierten ihn mit der Aussage, in der Städtischen Oper Zeuge einer „bestellte[n] faschistische[n], antisemitische[n] Provokation“ geworden zu sein. „Antisemitische Hetze in Westberlin“ texteten die Ost-Berliner Zeitungen und stellten die Vorkommnisse der Moses-Premiere damit sehr deutlich in die unselige Tradition der völkischen Schönberg-Verachtung. Je schwerer die Anwürfe aus Ost-Berlin, desto stolzer fiel das West-Berliner Bekenntnis zu Schönbergs Werk und dessen Erstaufführung aus – interessanterweise auch in solchen Kreisen, die der radikalen musikalischen Avantgarde bislang eher reserviert gegenübergestanden hatten. „Bei allen Einwänden: Ein Werk von hohem Ethos“ – ähnlich wie hier die Berliner Morgenpost arrangierten sich viele im Schönberg vormals skeptisch bis feindlich gesinnten bürgerlich-konservativen Milieu mit Moses und Aron. Und gaben damit ein frühes Beispiel für den späten Siegeszug von Abstraktion und Avantgardismus, wie er nach dem Krieg im Westen gerade auch in Abgrenzung gegen den Allgemeinverständlichkeitsanspruch des östlichen Realismus möglich wurde. So wuchs der Beifall für Moses und Aron gleichsam von Vorstellung zu Vorstellung und bereitete darüber nicht zuletzt einer eindrucksvollen Gastspielgeschichte der Produktion den Weg: Von München und Wien bis Mailand und Paris zeigte die Städtische Oper in den Folgejahren ihre Produktion. Und mehrte darüber nicht nur ihren eigenen Ruhm, sondern verhalf damit auch Schönbergs Oper zu einer glanzvollen Aufnahme in den Kanon der Opernliteratur. Es ist dies eine durchaus skandaltypische Entwicklung: Was mit einem schrillen Eklat begann, endete in nicht minder lautstarkem Beifall. Mit Karl Otto Hondrich könnte man auch sagen: Das Publikum, die Opernwelt hatte im Skandal ‘gelernt‘, d.h. das spontan gesprochene Urteil des Premierenabends revidiert und seine ästhetischen Maßstäbe neujustiert. Es ist müßig zu spekulieren, ob sich Moses und Aron auch ohne den Berliner Skandal auf den Opernbühnen der Welt durchgesetzt hätte. Offensichtlich ist, dass die schroffe anfängliche Ablehnung diesen Prozeß in jedem Fall forcierte. Musik: Arnold Schönberg: Moses und Aron (Tanz ums goldene Kalb) Erzähler Moses und Aron reiht sich ein in die lange Reihe von Ur- und Erstaufführungsskandalen, wie sie die Skandalgeschichte in der Oper bis hierher ganz überwiegend dominierten. Fragen der Szene waren demgegenüber bis weit ins 20. Jahrhundert weit weniger strittig. Viel zu standardisiert war bis dahin das Geschehen auf der Bühne, als dass Opernregie überhaupt als künstlerische Eigenleistung anerkannt worden wäre. Das änderte sich erst in den 1920er Jahren: Namentlich die seit 1927 vom Dirigenten Otto Klemperer geleitete Berliner Krolloper entwickelte sich seinerzeit zum Zentrum eines in jeder Hinsicht modernen Musiktheaters. Neben bedeutsamen Ur- und Erstaufführungen von Werken Schönbergs, Kreneks, Hindemiths, Strawinskys oder Janaceks wurden an Klemperers Kroll-Oper konsequent auch die Klassiker des Repertoires mit dem Anspruch auf Zeitgenossenschaft inszeniert, nicht selten von experimentierfreudigen Schauspielregisseuren. Besonders hochschlugen die Wellen, als Richard Wagners beliebte romantische Oper Der fliegende Holländer 1929 in der Regie von Jürgen Fehling eben ohne alle Seefahrerromantik auskam und stattdessen in ein Ambiente der Neuen Sachlichkeit inklusive zeitgenössischer Kostüme verlegt worden war. Proteste ließen die Premiere an den Rand des Abbruchs geraten. Sie hatte sogar ein parlamentarisches Nachspiel im Reichstag, bei dem die Deutschnationale Volkspartei eine sofortige Absetzung der Produktion forderte. Fehlings Holländer war nicht nur einer der größten Theaterskandale der Weimarer Republik. Er war darüber hinaus zweifellos auch ein Meilenstein der Wagner-Rezeption, der eine frühe Idee davon gab, was Wagners Privatmythologien an szenischen Interpretationsspielräumen boten. An Richard Wagners ‘Stammhaus‘, in Bayreuth, wollte man davon seinerzeit nichts wissen. Der frühe Schulterschluss der Festspielleitung um Wagners Witwe Cosima, Sohn Siegfried und dessen Frau Winifred mit der völkischen Rechten bereits zu Weimarer Zeiten ist bekannt; er ging einher mit einer geradezu aggressiv kultivierten Ablehnung der ästhetischen Moderne. Weil in Bayreuth heilig war, worauf noch das Auge des ‘Meisters‘ geruht hatte, blieb ausgerechnet Bayreuth während der Nazi-Jahre von den schlimmsten monumentalästhetischen Auswüchsen der NS-Rezeption Wagners kurioserweise lange verschont. Alle künstlerischen Aufbrüche des frühen 20. Jahrhunderts waren aber gleichfalls an den Festspielen vorbeigegangen: inklusive der speziell für Wagner entwickelten modernen Raum- und Lichtkonzepte eines Adolphe Appia, die von Cosima höchstpersönlich zurückgewiesen wurden. Das änderte sich erst nach 1945. Sechs Jahre lang war das kriegsbeschädigte Festspielhaus geschlossen geblieben bzw. als Vergnügungstheater für amerikanische Soldaten genutzt worden. Dass es mit dem Familienbetrieb Bayreuth nach langem hin und her und der Abdankung Winifreds 1951 überhaupt weiterging, ist angesichts der Tiefe der Verstrickung überraschend. Umso dringlicher war ein künstlerischer Schnitt geboten, und den gab es dann auch. Enkel Wieland, dem die Leitung gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang übertragen worden war, hatte die Wagner-Bühne in seinen Inszenierungen des Parsifal und des Ring buchstäblich ‘entrümpelt‘. Die Relikte der überkommenen Germanentümelei (Felle, Helme, Wämse, Bärte) waren restlos verschwunden. An die Stelle naturalistischer Kulissen traten weitgehend leere Räume, in denen Szenenwechsel im Wesentlichen durch Lichtwechsel vollzogen wurden – ganz ähnlich wie schon von Appia proklamiert. Den Aktionismus der dazumaligen „Heldengymnastik“ ersetzte Wieland Wagner durch eine minimalistische und streng formalisierte, bevorzugt an der Mittelachse ausgerichtete Choreographie, die sich nur auf wenige, entscheidende Vorgänge der Handlung beschränkte. Eine Reduktion auf das Wesentliche, wie seine Anhänger es feierten, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Der Bayreuth-Chronist Walter Bronnenmeyer: Zitator „Es ist verbürgt, daß wegen der nicht vorhandenen Blumenaue beim Karfreitagszauber Tränen geflossen sind. Auch unterhalb des Festspielhügels wurde erbittert diskutiert. Das Thema beherrschte die Restaurants und Cafés, die Friseursalons und den Treppenplausch der Bayreuther Zimmervermieterinnen. Ein Oberkellner erzählte geschockten Festspielgästen, daß bereits Ambulanzen und Krankenschwestern zur Betreuung aufgebrachter Wagnerianer angefordert worden seien.“ Erzähler Jedes Stück aus dem Bayreuther Kanon, das Wieland Wagner entschlackte, steigerte in den Folgejahren bei Teilen des Publikums den Verdruss. Zum veritablen Skandal, dem ersten in der damals bereits achtzigjährigen Festspielgeschichte wuchs sich dies endgültig 1956 bei den Meistersingern von Nürnberg aus. Auch hier hatte Wieland auf seine erprobten Mittel vertraut, d.h. nach Felsen und Grotten nun auch das heimelige mittelalterliche Stadtgepräge Nürnbergs in die mittlerweile bekannten abstrakten Formen aufgelöst. Im ersten Akt gab es wohl noch einige wenige Reminiszenzen an gotisches Chorgestühl, im zweiten Akt den berühmten, im Fliedermonolog des Hans Sachs besungenen Holunder, der jedoch kaum dazu angetan war, irgendwelche Fachwerkseligkeit zu verbreiten. Die „Meistersinger ohne Nürnberg“, spottete man am grünen Hügel. Und diese heizten dem Publikum so richtig ein. Der große Germanist und langjährige Bayreuth-Besucher Hans Mayer erinnerte sich an einen wahrhaft historischen Premierenabend: Zitator „Am 24. Juli 1956 geschah im Bayreuther Festspielhaus etwas Unerhörtes, für Bayreuthpilger geradezu Erschreckendes: es wurde kräftig gebuht.“ Erzähler „Schrille Pfiffe im geheiligten Haus“ wollte Walter Bronnenmeyer gehört haben, von denen die Presse spekulierte, „es dürften wohl die ersten sein, die in der nunmehr achtzigjährigen Chronik der Festspiele zu verzeichnen sind“. Vielleicht auch deshalb wurden sie teilweise eher wie ein ungewöhnliches Naturereigniswahrgenommen: „Buh, hauptsächlich aus Nordwest“, so ein berühmt gewordener Eintrag im Bayreuther Inspizientenbuch. Eventuell Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Finale 3. Akt) Erzähler Buh aus Nordwest – Will man dessen Sturmstärke ermessen, muss man die Reaktionen vor dem spezifischen Hintergrund der Festspielgeschichte betrachten. Von Bauherr Wagner nicht zuletzt nach seinen schlechten Erfahrungen beim Tannhäuser ganz bewusst als Gegenmodell zur Pariser Logenbühne konzipiert, sollte es in seinem Festspielhaus bekanntlich allein der Kunst gelten. Damals völlig neuartig, ließ sich dessen Zuschauerraum vollständig verdunkeln, auf dass sich der Bayreuth-Pilger ganz ins Gesamtkunstwerk versenken konnte. Die Rede vom Festspieltempel machte die Runde. Statt um Unterhaltung und Zerstreuung ging es hier um Weihe und Andacht: Nichts belegt dies mehr, als das berühmte Applausverbot, das den Parsifal hier umgab. Das Publikum sollte sich in eine Gemeinschaft von Gläubigen verwandeln. Eben diese Gemeinschaft war durch Wieland Wagners Reformprogramm jäh gesprengt worden und die Wagner-Welt gespalten. Die Gegner von Neu-Bayreuth hatten sich dabei schnell wieder organisiert und bereits 1953 in alter Bayreuther Tradition der Vereinsmeierei eine 'Vereinigung für die werktreue Wiedergabe der Dramen Richard Wagners' gegründet. Typisch für einen Skandal, fand Wielands neue Ästhetik von Anfang an aber auch viele Befürworter, die nicht weniger lautstark für seine Sache stritten. Dass die Festspielleitung eine Dokumentation des Pro & Contra jener Jahre unter dem Titel ‘Weltdiskussion um Bayreuth‘ herausgab, klingt im Rückblick leicht größenwahnsinnig. Tatsächlich tobte hier aber ein sehr prinzipieller Konflikt über Grundfragen der Operninszenierung, der über Wagner und die vordergründig ästhetische Frage Kulissenbühne vs. Raumbühne bei weitem hinausging. In dessen Zentrum stand dabei zunehmend jene nach dem Umgang mit dem Werktext, der Partitur, deren unbedingte Priorität Wieland Wagner und seine Anhänger reklamierten. Sola scriptura lautete gleichsam ihr protestantisches Mantra, wenn sie – in den Worten Wielands – eine radikale Rückkehr „zu den Müttern – also zum Ursprung des Werkes“ forderten. Oder wie Kritiker ihnen attestierten: Zitator „Wieland und Wolfgang sind keine Wagnerianer; sie schwören nicht auf den Dogmenkodex Cosima Wagners und ihrer Paladine, sondern auf die Partituren Richard Wagners.“ Erzähler Diese Absage an jeglichen Traditionalismus passte damals durchaus in die Zeit. Nach dem Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus und seinem Missbrauch der Kunst konnte man nicht länger naiv überlieferte kulturelle Praktiken fortsetzen – schon gar nicht an politisch so kontaminiertem Ort wie Bayreuth. Abhilfe versprach in den Augen vieler eine Rückkehr zum alten Konzept der ästhetischen Autonomie und zum Kunstwerk ‘selbst‘, das es, mit einem damaligen akademischen Modewort, werkimmanent zu interpretieren galt. Eine solche Verpflichtung auf nichts als den Werktext verfocht auch Wieland Wagner, was freilich nicht hieß, dass die Neu-Bayreuther Interpretation immer sklavisch dem Wagner’schen Buchstaben folgte. Eine solche, für ihn falsch verstandene Werktreue war Wieland Wagner vielmehr Anlass zu heftiger Polemik, wenn er etwa bemerkte: Zitator „Traditionshüter strengster Observanz klammern sich an alle Kommata in des Meisters dekorativen Andeutungen, als ob von ihnen die Vollendung des Werkes selbst abhinge.“ Erzähler Die Werktreue, um die es ihm dagegen ging, fühlte sich dagegen nicht den Kommata, nicht dem Buchstaben, sondern dem Geist eines Werkes verpflichtet. Diesen aufzuspüren, bedurfte es nach Neu-Bayreuther Logik einer selbstbewussten Haltung gegenüber dem Werk: um zu erkennen, was an ihm zeitlos gültig sei und was zeitgebunden, was man also gegebenenfalls aktualisieren durfte oder musste. Als zeitgebundene Nebentexte galten Wieland Wagner vor allem die Regieanweisungen seines Großvaters. Sie waren für ihn nichts weiter als „Krückstöcke“, „Dreingaben“, „nichts anderes als Beschreibungen für Partiturunkundige“ – woraus er für sich und andere ableitet, von ihnen buchstäblich abstrahieren zu dürfen. Eventuell Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Vorspiel 3. Akt) Erzähler Ob dies zulässig sei oder ob die Anweisungen sklavisch befolgt werden müssen, war seit den Anfängen von Neu-Bayreuth die zentrale Streitfrage. In den ersten beiden Jahren gab es neben den Wieland-Inszenierungen noch eine sehr konventionelle Meistersinger-Inszenierung von Rudolf Hartmann, die das Stück quasi als „kulturellen Teddybären“, wie Wielands Tochter Nike es einmal spöttisch nannte, in eine unsichere Gegenwart hinüberrettete; dieses Sicherheit gebende Stück Vergangenheit hatte man ihnen nun, 1956, auch noch genommen und damit die Trennung Bayreuths von seiner Vergangenheit vollendet. Seit ihrer Münchner Uraufführung 1868, zwei Jahre vor Bismarcks Reichsgründung, firmierten die Meistersinger mit ihrer finalen Apotheose auf die ‘heil’ge deutsche Kunst‘ zudem als eine Art Nationaloper, deren Verklärung des frühneuzeitlichen Nürnberg-Idylls im In- wie Ausland tatsächlich als Inbegriff dessen, was als ‘deutsch und echt‘ galt. Mochte Wielands Flucht in die Abstraktion beim Ring oder Parsifal eine entpolitisierende Wirkung gehabt haben, so waren die Meistersinger ein anderer Fall: Hier wurde die Ablehnung der überkommenen Inszenierungsweise als Angriff auf die Erzählung von der deutschen Kulturnation wahrgenommen und entsprechend angefeindet. Dazu der Politologe Herfried Münkler: Zitator „Weil die Meistersinger die Aufführungsgeschichte haben, die sie nun einmal haben, ist jede ihrer Inszenierungen heute eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Vorstellungen von nationaler Identität.“ Erzähler Bestätigt wird diese Einschätzung durch Moritz Klönne, früherer DNVP-Reichstagsabgeordneter sowie später NSDAP- und SS-Mitglied und jetzt, 1956, Vorsitzender des einflussreichen Festspiel-Fördervereins der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth. Konfrontiert mit Wieland Wagners Meistersingern ließ Klönne die zuvor mühsam befestigte Maske von Weltbürgerlichkeit jäh fallen und gab ganz undiplomatisch zu Protokoll: Zitator „Bayreuth ist ein deutsches Kunstheiligtum. [...] Die Meistersinger von Nürnberg sind Richard Wagners deutschestes Werk. Daran kann alle internationale Gefühlsromantik nichts ändern.“ Erzähler Dass der alte Chauvinismus in Sachen Wagner nach 1945 nicht einfach über Nacht ausgestorben war, verwundert nicht. Eher schon die Offenheit, mit der derlei Gedanken gut zehn Jahre nach der sogenannten ‘Stunde Null‘ wieder ausgesprochen und damit das betont unpolitische ‘Hier gilt’s der Kunst‘, das die Wagner-Enkel als Festspiel-Motto ausgegeben hatten, unterlaufen wurde. Die alten, in den Nationalsozialismus verstrickten Eliten traten wieder zunehmend auch auf großer Bühne wie in Bayreuth – selbstbewusst auf. Die Erfolgsgeschichte des Neu-Bayreuther Aufführungsstils vermochten freilich auch sie nicht aufzuhalten. Wie stilprägend und darüber ihrerseits normbildend seine frühen Bayreuther Inszenierungen gewirkt hatten, sollte Wieland Wagner selbst mit späteren Versuchen, den eigenen Stil weiterzuentwickeln, genauso erfahren wie auch die ihm in den 1970er Jahren in Bayreuth nachfolgenden Regisseure. Von diesen Inszenierungen, vor allem von Wielands zweiten Bayreuther Meistersingern 1963 und den neuerlich heftig umkämpften Arbeiten eines Götz Friedrich und eines Patrice Chéreau wird die zweite Stunde dieser Langen Nacht des Opernskandals erzählen. Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Vorspiel 3. Akt) 2. Stunde Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Ouvertüre) Erzähler Von der 12-Ton-Musik Schönbergs bis zu Wieland Wagners Neu-Bayreuth – schon die erste Stunde dieser langen Nacht hat gezeigt, wie sich Opernskandale nicht zuletzt auch als Konflikte über Normen beschreiben lassen. Die Skandalisierung einer Aufführung stellt immer auch die künstlerische Position in Frage. Damit wirft sie ihr Publikum auf die Frage zurück, was es für anerkannte Kunst hält. Opernskandale sind nicht mit der Protestkundgebung im Theatergebäude zu Ende, sondern diese ist der Auftakt, der Impuls zu einem zweiten Akt der Auseinandersetzung, der sich vom Zuschauerraum in den öffentlichen Raum verlagert. Im Unterschied zu den Kundgebungen in oder unmittelbar nach der Aufführung wird diese Auseinandersetzung mit Argumenten geführt und unterliegt dabei den die Medienlandschaft jeweils beherrschenden Kräfteverhältnissen. Nicht selten endet sie mit einer Korrektur des vorangegangenen, gewissermaßen erstinstanzlichen Votums im Theater. Wieland Wagner und sein Neu-Bayreuther Aufführungsstil können geradezu als Paradefall einer solchen Entwicklung gelten. So heftig anfänglich die Widerstände waren, die seine Inszenierungen mobilisierten, so durchschlagend war später ihr Erfolg. Selbst die umkämpften Meistersinger von 1956 gingen bei der Wiederaufnahme zwölf Monate später ausgesprochen gesittet über die Bühne bzw. wurden vom Publikum sogar lautstark akklamiert. Getreu dem berühmten Bayreuther Werkstattprinzip hatte Wieland strategisch geschickt ein paar kleine Veränderungen als Versöhnungsangebot an die Skeptiker eingebaut. Und ansonsten darauf gesetzt, dass die Zeit auf seiner Seite war und sich bald auch beim Publikum durchsetzte, was in der Presse zunehmend als der zeitgemäße Weg der Wagner-Inszenierung anerkannt und ausgerufen wurde. Dieser Siegeszug des Neu-Bayreuther Aufführungsstils ist keine Entwicklung, die auf den Kosmos Bayreuth beschränkt geblieben wäre. Was 1951 dort seinen Anfang genommen hatte, breitete sich in den folgenden Jahren im gesamten deutschsprachigen Stadt- und Staatstheater aus. Sei es, dass Wieland Wagner, wie er das zwischen den Festspielsommern fast manisch tat, selbst Hand anlegte und Varianten seiner Regiekunst auch an anderen Häusern – und, damit verbunden, teilweise auch an einem anderen Repertoire – ausprobierte. Wie tiefgreifend binnen weniger Jahre nicht nur, aber vor allem die Standards der Wagner-Inszenierung revolutioniert wurden, ist am besten daran zu erkennen, dass selbst erklärte Antipoden sich dem nicht entziehen konnten oder wollten. Als ausgerechnet Herbert von Karajan und der Bühnenbildner Emil Preetorius – seit seinen Bayreuther Tagen Wieland in herzlicher Rivalität verbunden – Ende der 1950er Jahre ihren Ring auf die Bühne der Wiener Staatsoper brachten, konnte dieser seine Inspiration durch die jüngsten künstlerischen Entwicklungen in Bayreuth offenbar so wenig zu verleugnen, dass der Kritiker Claus-Henning Bachmann bereits nach der Walküre befand: Zitator „Keine Bühne, die Wagner in ihr Repertoire aufnimmt, kann sich dem Bayreuther Einfluß entziehen.“ Erzähler Und wo sie es doch versuchten, sekundierte Kollege Heinz W. Koch in der Opernwelt, würden Zitator „fast alle den Neubayreuther Erkenntnissen entgegentretenden Inszenierungen [...] gänzlich in sich scheitern. [...] Das spricht beinahe noch mehr für Wieland Wagners Arbeit als seine eigenen Taten.“ Erzähler Angesichts dieser offensichtlich stilprägenden Wirkung stellt sich umso dringlicher die Frage, warum Wieland Wagner 1963 mit seiner zweiten Bayreuther Inszenierung der Meistersinger wieder einen Skandal hervorrief, und das – nach den in diesem Punkt übereinstimmenden Premierenberichten – sogar mit einer Heftigkeit, die alles bei den Festspielen Erlebte in den Schatten stellte. Über Protesten bereits nach dem zweiten Akt und stolze 15 Minuten Gebuhe, das am Ende über Wieland Wagner hereinbrach, ist in der damaligen Presse zu lesen, von einem Skandal, „noch größer“ als beim letzten Mal, also bei den Meistersingern von 1956. „Das war noch nicht da!“, hörte das Bayreuther Tagblatt Buhrufe in einer „Deutlichkeit und in einem Ausmaß laut[werden], wie es in der langjährigen Geschichte des Festspielhauses wohl einmalig sein dürfte“. Ein prägendes Erlebnis war dieses Buhgewitter auch für Anja Silja, das damals gerade 20jährige Evchen dieser Neuproduktion und Wieland Wagner auch persönlich eng verbunden. Noch heute, viele bewegte Bühnenjahrzehnte später sind diese Meistersinger in ihrer Erinnerung … O-Ton Anja Silja „… der größte Opernskandal, den ich je erlebt habe. Es waren, glaube ich, ungefähr 80-85 Prozent der Zuschauer haben auf Schlüsseln und auf sonst was gepfiffen. Das habe ich überhaupt noch nie erlebt, und Wieland ist mit einer stoischen Ruhe fünf Minuten vor dem Vorhang stehengeblieben und hat das einfach über sich ergießen lassen. Also das war unglaublich, (…) wir waren fassungslos. Er stand einfach da und ließ das alles auf sich einprallen. Was sicher in Wirklichkeit nicht so abgeprallt ist, aber nach außen hin war das wirklich eine große Leistung und ein riesiger Skandal, also das muss man wirklich sagen …“ Erzähler Sturmerprobt, wie Wieland Wagner bereits war, mögen die Reaktionen selbst für ihn damals doch eine Grenzerfahrung dargestellt haben. Für die von solchen Reaktionen weitgehend ausgenommenen Sänger, wie Anja Silja, hatte das Szenario dagegen durchaus auch eine kuriose Seite: O-Ton Anja Silja „Die ersten Besucher sind ja immer die mit dem vielen Geld, und die wollten natürlich ‘ihre‘ Meistersinger sehen und was sie gewohnt sind. Also, die waren besonders wütend und auch die ältere Garde, die dann so um die 70 damals schon waren und im Vorstand oder was weiß ich. Ich sehe sie noch, während wir uns verbeugten. es ist ja dann schon relativ hell: Das sieht man, wie die auf ihren Schlüsselbunden pfiffen, die alten Herrschaften, vornehm, alle mit Perlen geschmückt und mit Smoking, und was weiß ich was. (…) Also, das war schon ein Anblick, den man überhaupt noch nicht gekannt hat, und ich glaube, das habe ich auch nie wieder irgendwo so gesehen, dass sich die Upper-Class also wirklich herabließ zu solchen Buhrufen.“ Erzähler Wer auch immer damals so die Contenance verlor – eines kann man mit Gewissheit sagen: Inhaltlich lag hier keine Neuauflage des Meistersinger-Skandals von 1956 oder anderer vorangegangener Gefechte um den Neu-Bayreuther-Aufführungsstil vor. Von diesem hatte sich Wieland Wagner in dieser Arbeit nämlich denkbar weit entfernt. Vom nackten, ausgeleuchteten Raum, einem Grundprinzip aller seiner Inszenierungen seit 1951, hatten sich diese Meistersinger konsequent verabschiedet. Statt auf eine leere Bühne blickten die Theaterbesucher den gesamten Abend über auf zweigeschossige hölzerne Gerüste, die als Mischung aus Shakespearebühne und Hans-Sachs-Theater gedeutet und als über die Akte kaum modifiziertes Einheitsbühnenbild bespielt wurden. Sämtliche Verwandlungen vollzogen sich in dieser Kulisse, die sich durch die jeweilige 'Nutzung' genauso als Kirche wie später als Singschule wie im zweiten Akt sogar als nächtliche Gasse definieren ließ, um sich zur Festwiese in ein fränkisches globe theatre auf dem Theater zu verwandeln, in dem die Honoratioren standesgemäß in den Logen Platz nahm, während das Nürnberger Volk sich zu ebener Erde drängte. Ausgenommen von diesem Prinzip der Einheitsbühne war einzig die Sachsstube im dritten Akt, die als „Bretterverschlag“ vor eingezogenem Vorhang gezeigt wurde. Auch bei den Requisiten war alles anders. Wo Wieland Wagner in seinen bisherigen Neu-Bayreuther Arbeiten sich ganz auf wenige, symbolträchtigen Gegenstände konzentriert hatte, ersetzte er die Abstraktion nun durch eine regelrechte „Überbetonung des Requisits“. Am meisten aber überraschte an diesen Meistersingern vermutlich die für Neu-Bayreuther Verhältnisse völlig ungewohnte Bewegtheit im Raum. Heerscharen von Choristen und Statisten tollten und tobten ausgelassen über die Bühne und machten allen voran den ‘Zauber der Johannisnacht‘ im zweiten Akt zu einem wilden körperbetonten Spuk, der in einer handfesten Rauferei kulminierte. Fliegende Nachttöpfe und ein leibhaftiger Haufen aufeinander eindreschender Choristen nahmen die Rede von der 'Prügelfuge', die sich in Hinblick auf das Schlussensemble des Aktes eingebürgert hat, szenisch beim Wort und den Meistersingern alle Distinguiertheit: Hier popelten die Meister in der Nase und die Zünfte tanzten auf der abschließenden Festwiese Samba. War es diese Derbheit, die das Festspielpublikum verstörte? Und durch die man, wie schon 1956, nur auf ganz andere Weise, wieder das Nationalmonument Meistersinger entwürdigt wähnte? Anja Silja mutmaßt: O-Ton Anja Silja „(…) ich glaube einfach, dass er eine (…) Satire aus dieser Oper gemacht hat, und das fanden sie natürlich ehrenrührig, dieses hehre Werk, das deutscheste aller Wagner-Opern mit dieser Aussage und dieser Überfigur Hans Sachs (…). Aber das hat die so wahnsinnig aufgeregt, dass man sich mit diesem Werk sich sozusagen lustig macht über Richard Wagner und die Ernsthaftigkeit dieses Standes, dieses Handwerksstandes (…) Das, würde ich sagen, war der Hauptgrund.“ Erzähler Es ist schon kurios. Nachdem sieben Jahre zuvor noch die formale Strenge, die artifizielle Reduktion die Skandalierer auf die Palme gebracht hatte, war es nun also, im Gegenteil, die pralle Vitalität und burleske Komik dieses angeblich doch so volkstümlichen Lustspiels, die Skandal machte. Dabei war Wieland mit diesem Ansatz eigentlich nicht nur genretechnisch bei den Meistersingern auf der sicheren Seite. Er konnte sich sogar auf verbürgte ästhetische Vorlieben seines Großvaters berufen. Neben dessen Begeisterung für die griechische Tragödie, ist sehr wohl auch eine Affinität Wagners zu Formen des Volks- und Kasperletheaters überliefert. Zu einem Fausttheater der „fixierte[n] mimische[n] Improvisation“, wie Wagner sagte, das „hinter dem Zuschauer“ weitergehen und aus distanzierten Betrachtern „Teilnehmende“ machen sollte. Das immerhin war diesen Meistersingern von 1963 zweifelsfrei gelungen. Indem sich die Skandalierer von der Turbulenz auf der Bühne anstecken ließen, leisteten gerade sie in ihrem Protest Wielands Bemühen um eine Retheatralisierung der Meistersinger paradoxerweise sogar Vorschub und entfesselten ein Spektakel, das jedem Rüpelspiel zur Ehre gereicht hätte. Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Finale 2. Akt) Erzähler Die professionelle Inszenierungskritik fiel demgegenüber natürlich gesitteter aus. Auch hier dominierten diesmal aber die negativen Reaktionen. Am Ende entpuppt sich der Skandal von 1963 vor allem als Konflikt Wielands mit seinen alten Anhängern. Diese wussten, wie hier Heinz Joachim in der Welt, offenkundig nicht, was sie mit dessen Abkehr von der Ästhetik der letzten 12 Jahre anfangen sollten: Zitator „Wollte Wieland Wagner beweisen, daß er gar nicht so 'abstrakt' ist, wie ihm oft vorgeworfen wird?“ Erzähler Dieser Beweis überzeugte Heinz Joachim nicht. Wie viele Neu-Bayreuthianer hatte er für die Pfiffe und Buh-Rufe diesmal entsprechend durchaus Verständnis: Zitator „Die Veranlassung hatte der Regisseur gegeben. (…) Wieland Wagner blieb diesmal weit unter dem Niveau, für das er mit seinen bisherigen Inszenierungen die Maßstäbe selbst gesetzt hatte“ Erzähler Dass es ironischerweise also seine eigenen Standards waren, an denen man hier sein Niveau maß, und diese sich darin tatsächlich als zur ästhetischen Norm geworden bestätigten, mochte Wieland irgendwo auch geschmeichelt haben. Amüsiert gab er nach der vielbejubelten Wiederaufnahme seines gewohnt formstrengen Vorjahres-Tristan anderntags jedenfalls zu Protokoll: Zitator „Am Freitagabend hat das Publikum sichtlich aufgeatmet – wir waren wieder abstrakt.“ Erzähler Hatten sich die ästhetischen Vorlieben des Publikums tatsächlich im Skandal geändert oder wurden die Reflexe abgeschwächt durch die Macht der Gewohnheit? In jedem Fall offenbarte sich in der Skandalisierung der 1963er-Meistersinger rückwirkend ein Missverständnis: nämlich dass sich viele der frühen Anhänger Neu-Bayreuths anscheinend einen neuen verbindlichen Aufführungsstil erhofft hatten, der von jetzt an, wie früher der alte Stil rituell, zu pflegen sei. „Wir lieben es nicht, wenn die Dinge völlig verwandelt werden“, brachte Wieland Wagners alter Fahrensmann Hans Hauptmann diese Sehnsucht nach einer zeitlos gültigen Musterinszenierung nüchtern auf den Punkt. Ein solches Muster widersprach jedoch ganz dem rastlosen Charakter Wieland Wagners, wie ihn eindringlich auch Anja Silja erlebt hat: O-Ton Anja Silja: „Es war ein Regisseur, der das auch wollte und das auch erreicht hat, immer wieder die Leute anzustoßen und sagen: Das muss man so sehen, das muss man verstehen, das muss man auch mal anders machen, und man muss es nächste Woche wieder anders machen. Die Figuren wachsen darin, alles wächst – das war ihm wichtig.“ (38.36-.. ..) Erzähler Es war wohl nicht nur Wielands Naturell, das ihn künstlerisch immer weitersuchen ließ, sondern auch ein paar grundsätzliche ästhetische Überzeugungen. Seit den Anfängen von Neu-Bayreuth hatte er sich in zahlreichen Schriften immer wieder auch theoretisch zu Wort gemeldet und dort Bekenntnisse zu einem sehr dynamischen Kunstverständnis abgegeben. Seine Plädoyers „für das lebendige Theater“, für das es „keinen anderen Stil als den jeweiligen 'Zeitstil'“ gebe, gingen dabei einher mit einer – damals sehr streitbaren – Aufwertung des Regisseurs, dessen Tätigkeit er zu einem, wie er sagte, „Akt der Neuschöpfung“ erhob. Worte, die deutlich zu erkennen geben, dass Wieland Bayreuth keiner einmaligen Revolution unterziehen wollte, sondern ihm sehr klar eine „Revolution in Permanenz“, wie man sagte, vorschwebte. Für so steten Wandel, auch so lässt sich der Meistersinger-Skandal von 1963 deuten, war die Zeit, war das Publikum damals jedoch offensichtlich noch nicht reif. Denn obschon 1964 die Reaktionen auf die Wiederaufnahme deutlich freundlicher ausfielen, überlebte die Inszenierung dieses zweite Jahr, ganz untypisch für die Bayreuther Laufzeitzyklen, nicht. Zwar setzte Wieland Wagner sein Experimentieren mit neuen Stilmitteln vor allem außerhalb Bayreuths weiter fort. Und es erscheint gut möglich, dass er, wäre er nicht so jung mit 49 Jahren 1966 gestorben, neue Sichtweisen langfristig auch beim Festspielpublikum durchgesetzt hätte. Vielleicht bedurfte es für weitere künstlerische Revolutionen zunächst aber auch einiger gesellschaftlicher Umwälzungen, die damals, wenige Jahre vor der Epochenzäsur ‘Achtundsechzig‘ erst noch ausstanden. Richard Wagner: Tannhäuser (Dich, teure Halle …) Erzähler Tatsächlich kam es zu einem neuerlichen Paradigmenwechsel in Bayreuth und auf der Opernbühne allgemein erst ein knappes Jahrzehnt später. Der Impuls dafür kam diesmal von außen. Wielands früher und ziemlich plötzlicher Tod hinterließ künstlerisch eine riesige Lücke und zwang seinen von nun an alleinregierenden Bruder Wolfgang, die Festspiele auch wieder für familienfremde Regisseure zu öffnen. Nachdem August Everdings Fliegender Holländer 1969 freundlich aufgenommen war, barg der zweite Gast auf dem Regiestuhl ungleich mehr Konfliktpotential: Zwar gab es in Bayreuth auch über den Mauerbau hinaus die stolz gepflegte Tradition, Musiker aus dem Osten zu verpflichten. Dass die Neuinszenierung des Tannhäuser mit Götz Friedrich in die Hände eines DDR-Regisseurs gelegt wurde, war anno 1972 hingegen durchaus ein Politikum. Verstärkt wurde dies durch Friedrichs Herkunft von Walter Felsensteins Ost-Berliner Komischer Oper. Obwohl die Antipoden persönlich einen guten Umgang gepflegt hatten, galten Felsensteins ‘realistisches‘ und Wieland Wagners ‘archetypisches‘ Musiktheater ästhetisch als Gegenpole, deren Gegensatz durch die deutsch-deutsche Systemkonkurrenz auch politisch fleißig befeuert worden war. So war es nicht ganz überraschend, dass am Premierenabend des 21. Juli 1972 die Fetzen flogen. Wie schon 1963 bei Wielands zweiten Meistersingern kletterten die Temperaturen im Festspielhaus in schweißtreibende Höhen. Bei „35 Grad im Schatten“, liest man etwa in der Premierenkritik der Welt, endete der Abend … Zitator „nach einem glutheißen Tag in einem Protestgewitter, wie es in solcher Heftigkeit einstens nicht einmal Wieland Wagner nach seinen beiden 'Meistersinger'-Provokationen erzeugen konnte“. Erzähler Der britische Festspielhistoriker Frederic Spotts resümiert mit ganz ähnlichen meteorologischen Metaphern: Zitator „Die frische Brise, auf die Wolfgang gehofft hatte, erreichte Sturmstärke. Seit der berüchtigten Pariser Aufführung des Tannhäuser 1861 hatte keine andere Wagneroper ein solches Furore erzeugt. Damals gab es nur eine kleine Gruppe von Störenfrieden; nun war fast jeder empört.“ Erzähler Besonders empört über diesen Tannhäuser von 1972 waren interessanterweise Teile der anwesenden Politprominenz. CSU-Parteichef Franz Josef Strauß verließ am Ende demonstrativ seinen Platz, während seine Parteifreunde von der bayerischen Staatsregierung, folgt man der Süddeutschen Zeitung, die anschließenden Proteste sogar höchstselbst anführten: Zitator „Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Ministerialdirigent Rainer Kessler, eröffnete mit einem lauten Pfiff in den noch stillen Zuschauerraum die Demonstration; Ministerpräsident Alfons Goppel fiel mit Buh-Rufen ein. Arbeitsminister Fritz Pirkl und ein Teil des Publikums wußten daraufhin, auf welche Weise sie ihrem Unbehagen Luft machen durften.“ Erzähler So ungewöhnlich dieses Verhalten von Spitzenpolitikern im Theater anmutet, so vertraut war ihren Protagonisten hier zumindest die Rolle. Seit 1969 im Bundestag in der Opposition, performte die CDU/CSU Opposition nun also auch im Festspielhaus. Die Vertreter der sozialliberalen Bundesregierung, u.a. die Minister Hans-Dietrich Genscher und Klaus von Dohnányi, gaben sich dagegen betont staatstragend und äußerten sich nicht nur freundlich-diplomatisch zur Aufführung. Sie bekannten sich auch stolz zu den Subventionen für die Festspiele. Das Gerücht, Bayern dächte über eine Kürzung seiner Zuschüsse nach, hatte Festspielchef Wolfgang Wagner bei der Pressekonferenz nach der Premiere indirekt bestätigt. Man musste durch diese – eilig dementierte – Drohung nicht gleich die Freiheit der Kunst in Gefahr sehen, um in dieser abermaligen Fehde um einen Tannhäuser ein anschauliches Beispiel dafür zu erkennen, dass Theaterskandale immer auch in einem politisch-gesellschaftlichen Raum stattfinden. In diesem Fall war er außergewöhnlich spannungsgeladen. 1972 war in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bekanntlich ein besonderes Jahr. Die von der sozialliberalen Bundesregierung ausgehandelten Ostverträge polarisierten. Im Frühjahr hatte Kanzler Willy Brandt das berühmte gegen ihn angestrengte Konstruktive Misstrauensvotum überstanden. Die daraufhin anberaumten Neuwahlen zum deutschen Bundestag mussten wegen der im Sommer in München stattfindenden Olympischen Spiele jedoch ins letzte Quartal des Jahres verschoben werden und bescherten dem Land einen endlosen Wahlkampf-Sommer. Ende Juli erreichte er auch das beschauliche Oberfranken und nahm Wagners ‘Sängerkrieg auf Wartburg‘ zum Anlass für einen Stellvertreterkrieg von Bayreuth. Personen des öffentlichen Lebens aller Art wie ein CSU-Parteivorsitzender und Ex-Bundesminister, Franz Josef Strauß, und ein populärer Unterhaltungskünstler, Udo Jürgens, duellierten sich in Zeitungsleserbriefen über die Bewertung einer Operninszenierung. Bislang nicht als Theaterliebhaber in Erscheinung getreten, versuchte sich Strauß in der Welt am Sonntag an einer Aufführungskritik, die den professionellen Rezensionen zumindest an Umfang in nichts nachstand. In ihr hieß es: Zitator „Wenn man die Augen zumachte (nicht um zu schlafen), dann hatte man das großartige Erlebnis der Wagnerschen Tannhäuser-Musik und den durch nichts verminderten Eindruck der hohen gesanglichen Leistung. Wenn man aber die Bühnenbilder ohne Voreingenommenheit zu deuten versuchte, dann mußte man sich fragen: Quo vadis? Denn es erschienen Figuren auf der Bühne, von denen man nicht wußte, ob es sich um Mitglieder des SSD in 'Ausgehuniform' handelte oder eine infolge des 'Endsieges' damals dem Publikum nicht mehr gezeigte Variante der SS-Uniform. Das Ganze wurde schließlich peinlich und auch für die Veranstalter unerfreulich, als sich die 'gesellschaftspolitische' Deutung dieser Wagner-Aufführung in der Schlußszene in penetranter Form aufdrängte. Tannhäuser war nicht mehr der Held eines Weihespieles, der zwischen irdischer und himmlischer Liebe hin- und hergerissen wurde, sondern ein Gesellschaftsrevolutionär, der, von seiner Gesellschaft ausgestoßen und bestraft, das neue Zeitalter einer besseren Gesellschaft heraufsingen sollte. Denn der Schlußchor rief zwangsläufig die Vorstellung hervor, daß er trotz seiner hervorragenden gesanglichen Leistung den Betriebskampf-Gruppenchor des volkseigenen Betriebes 'Rote Lokomotive' in Leipzig darstellen sollte. (...) Ich warte jetzt auf eine Aufführung der Oper 'Hänsel und Gretel', wo die beiden als unterdrücktes und ausgebeutetes Arbeiterpaar vor der kapitalistischen Gesellschaft in den Wald fliehen und dort von der kapitalistischen Hexe dem Moloch einer nur auf Profit bedachten Gesellschaft zum Fraße vorgeworfen werden, bis zum Schluß Karl Marx als rettender Deus ex machina sie vor diesem bösen Schicksal bewahrt.“ Erzähler Strauß‘ Polemik gegen den von ihm ausgemachten Linksruck in Bayreuth ist zum einen ein Zeugnis der extremen gesellschaftlichen Politisierung und Polarisierung in jenem Sommer 1972. Zum anderen ist er – bei allen aufgeführten Faktoren, die den Eklat hier offensichtlich begünstigten – aber auch ein weiterer Beleg für den Einfluss von Zufall und Missverständnis auf Theaterskandale. Natürlich war die von Strauß zum größten Skandalon erklärte Schlussszene keine Verherrlichung des real existierenden Sozialismus. Bis in die Endproben hatte sie ohnehin ganz anders ausgesehen: Der Chor sollte sein Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden eigentlich aus den Logen des Festspielhauses singen und das Publikum mittels eines so entstandenen spektakulären Raumklangeffekts ins theatrale Geschehen miteinbeziehen. Aus Gründen der musikalischen Balance wurde dieser Plan jedoch kurzfristig fallengelassen und vom Regisseur eilig eine Notlösung in Form eines finalen Verfremdungseffekts erfunden: Die Choristen traten nun gleichsam nicht mehr als Figuren der Oper auf, sondern, so die Idee, aus ihren Rollen heraus und gaben quasi als Privatleute einen abschließenden Kommentar zur Oper. Um diesen epischen Charakter zu unterstreichen, wurde nach einem eben möglichst privaten ‘Kostüm‘ gesucht. Man verfiel auf simple Blue Jeans. Im Westen tatsächlich gängige Alltagskleidung, kannte man sie im Osten nur als begehrtes Tauschobjekt aus dem 'kapitalistischen Ausland'. Und doch avancierten sie ironischerweise „in einer heißen Bayreuther Julinacht zum ideologischen Symbol des Arbeiter- und Bauern-Staates“ – zumindest in den Augen einiger konservativer Betrachter. Richard Wagner: Tannhäuser (Willkommen, untreuer Mann) Erzähler Es war dies nicht das einzige Kuriosum dieses denkwürdigen Premierenabends. Der Regisseur Götz Friedrich hatte den Skandal bereits in seiner Inszenierung vorweggenommen. Beim Tannhäuser handelt es sich bekanntlich um eine Künstleroper, die ihren Helden, den Sänger Tannhäuser, zwischen Minne und Eros, aber auch zwischen affirmativer und provokativer Kunstauffassung zerrissen zeigt. Mit wenigen Regieideen hatte Götz Friedrich diesen Handlungsstrang akzentuiert und dezent aktualisiert. Der Titelheld geriet bei ihm zum Grenzgänger zwischen den Welten, der sich als Künstler weder im Elfenbeinturm Venusberg, noch in der rigiden Wartburgwelt verstanden fühlte. Diese wurde dabei als eine in ihren Ritualen erstarrte Festgemeinschaft karikiert, die sich mehr für die Repräsentation ihrer selbst als für die künstlerische Darbietung interessierte, wenn sie hier mit Schreitschritt und Hofknicks die von Bühnenbildner Jürgen Rose gezimmerte Stufenpyramide zum Sängerkrieg emporstolzierte. Spätestens die riesigen blauen und weißen, schwarzen, weißen, roten und goldenen Flaggen, die zur Einzugsmusik gehisst wurden, legten es nahe, diesen Aufzug als Persiflage auf das Bayreuther Ritual der Festspieleröffnung und damit auf die versammelte Premierengemeinde selbst aufzufassen. Dass diese sich getroffen fühlte, kann nicht überraschen. Wohl aber, wie bereitwillig sie in Teilen der Regie in die Falle ging, indem sie das Theater auf dem Theater: Tannhäusers aggressive Vertreibung von der Wartburg nun ihrerseits nachahmte. Von ihren Buhkanonaden gegen den Regisseur wurde die Regie überzeugend ins Recht gesetzt und, wie Hans Mayer konstatierte, „Gleichzeitigkeit hergestellt zwischen diesem Werk und diesem Publikum vom Jahre 1972“. Und der Festspielhistoriker Frederic Spotts resümiert: Zitator „Selten, wenn überhaupt je hat es in der Geschichte des Theaters ein derartig verblüffendes Beispiel dafür gegeben, wie das Leben die Kunst nachahmt, eine so perfekte Übertragung dessen auf das Publikum, was gerade auf der Bühne aufgeführt worden war. Innerhalb eines Nachmittags hatte sich Friedrich in Tannhäuser verwandelt, während das deutsche Establishment von 1972 zum Thüringer Establishment des 13. Jahrhunderts geworden war.“ Erzähler Der einzige Unterschied zwischen dem Tannhäuser der Oper und dem Tannhäuser Götz Friedrichs war aus dem Rückblick, dass dessen Story ein Happy End hatte: Wie so oft in der Skandalgeschichte drehte sich die Stimmung schneller, als irgendjemand am Premierenabend es für möglich gehalten haben dürfte. Spätestens als der Schlusschor bei der Wiederaufnahme 1973 endgültig wieder im Off verschwunden war, hatte sich das Publikum mit der vormaligen Provokation und ihrem Urheber versöhnt und ihm die Störung des Wartburgfriedens verziehen. Noch wesentlicher für den Umschwung als diese Korrekturen an der Inszenierung dürfte freilich etwas anderes gewesen sein: Der DDR-Bürger Friedrich war im Folgejahr keiner mehr. Unmittelbar nach seinem Bayreuth-Engagement hatte er eine Regie in Schweden zur Republikflucht genutzt. Entspannt hatte sich im zweiten Jahr mithin nicht nur nach der triumphalen Wiederwahl Brandts die politische Großwetterlage. Auch die neue Staatsbürgerschaft des Regisseurs leistete einer sehr viel wohlwollenderen Betrachtung seiner Arbeit mutmaßlich Vorschub. Neben den vielen politischen Komponenten hatte dieser Tannhäuser-Skandal aber auch eine ästhetische Ebene, dessen Langzeitwirkung wahrscheinlich sogar größer war. Was Friedrich hier inszenierte, folgte in vielen Punkten tatsächlich den Idealen eines ‘realistischen Musiktheaters‘ Felsenstein’scher Prägung. Walter Felsenstein entzauberte das ‘Wunderbare‘ in der Oper und stellt den handelnden Menschen in den Mittelpunkt. Er stärkte die dramatische Kausalität auch in der Oper. Friedrich säkularisierte sowohl den heidnischen Venusberg wie die christliche Wartburgwelt. Tannhäusers Ausbruch aus ersterem interpretierte er als einen Willensakt der Selbstbefreiung und zeigte seinen Titelhelden auch sonst als handlungsstarken Charakter. Indem er – damals in der Oper noch ungewöhnlich – die Ouvertüre bebilderte, leitete er den Konflikt des Stückes schließlich konsequent aus seiner Vorgeschichte her. Die wichtigsten Maximen des ‘realistischen Musiktheaters‘ wandte Friedrich hier nun also auch auf Wagner an und bezog damit prononciert eine ästhetische Position, die sich auf den westdeutschen Bühnen erst noch durchsetzen musste und tatsächlich auch durchsetzen sollte. Ein solcher Wandel durch Annäherung auch auf der Opernbühne vollzog sich freilich nicht über Nacht, sondern musste noch durch einige Theaterschlachten hindurchgehen. Richard Wagner, Götterdämmerung (Siegfrieds Rheinfahrt) Erzähler Friedrichs Bayreuther Tannhäuser war nicht der erste und nicht der letzte Versuch, Wagners Musikdramen in ‘realistisches Musiktheater‘ zu übersetzen. Walter Felsensteins zweiter Meisterschüler Joachim Herz hatte ähnliches zuvor bereits mit den Meistersingern und dem Fliegenden Holländer versucht. Zwischen 1973 und 1976 hatte er sich schließlich in Leipzig an eine Deutung des Ring des Nibelungen gewagt. Diese Inszenierung gilt bis heute als theaterhistorischer Meilenstein, obwohl sie im Grunde einem alten Skript folgte: Bereits Georg Bernard Shaw hatte in seinem berühmten Essay The Perfect Wagnerite von 1898 erkannt, dass Wagners mythische Götter- und Heldenerzählung zugleich eine Parabel auf das bürgerliche Zeitalter, auf Aufstieg und Fall des Kapitalismus war. Den Nachweis, dass sich dieses Konzept auf die Bühne übertragen, sich der Ring also in seine Entstehungszeit verlegen ließ, erbrachte freilich erst jetzt Joachim Herz. Seine Inszenierung war bei Kritik wie Publikum ein großer, über die DDR-Grenzen hinaus beachteter Erfolg. Ein ganz anderes Echo gab es, als im selben Jahr 1976 bei den Bayreuther Festspielen, zu deren einhundertjährigem Jubiläum, ein sehr ähnlich konzipierter Ring über die Bühne ging. Der eben 31jährige Franzose Patrice Chéreau kam nicht aus der Felsenstein-Schule, und doch wies die Regie seines ‘Jahrhundert‘-Rings deutliche Parallelen mit jener von Herz in Leipzig auf. Auch sein Ansatz kann dahingehend als ‘realistisch‘ beschrieben werden, dass statt Göttern, Riesen und Zwergen ausschließlich Menschen aus Fleisch und Blut die Ring-Bühne bevölkerten. Auch hier entstammten sie und ihre Konflikte im Wesentlichen dem 19. Jahrhundert: Titelfigur Alberich kujonierte seine ‘Mannen‘ als moderner profitgieriger Fabrikherr. Wotan trug Gehrock, und Walhall war die Villa eines Großindustriellen, der nicht nur im übertragenen Sinne an den Rädern der maschinellen Produktion drehte. Überhaupt waren die Kulissen zurückgekehrt. Freilich waren hier auf der Bühne statt wildromantischer Felsenberge Staudämme und Fördertürme zu sehen, die über die Dauer der vier Abende den technischen Fortschritt der Epoche nachzeichneten: Die Arbeiterheere, die schließlich in der Götterdämmerung auftraten, verwiesen bereits ins 20. Jahrhundert auf die großen sozialen, politischen und bereits auch ökologischen Fragen der Zeit. Dass dieses Konzept im konservativen Bayreuth nicht allen gefallen würde, war bereits nach den Generalproben absehbar. Der Regisseur gab sich im Vorfeld auf Nachfrage gelassen und überzeugt von seinem Konzept: O-Ton Patrice Chéreau: „Ich hab‘ gesucht, Sachen zu tun, die einen Sinn für mich haben (…), weil ich glaube, das ist nur die Möglichkeit, dass die Sachen einen Sinn für die anderen haben kann. Es ist nicht, mit mir selbst zu lügen. Ich hab‘ gesucht, einen Sinn zu finden in dem ganzen Ring. (…) Wenn ich denke an Publikum, das ist, wenn ich diese Geschichte ganz präzise und ganz exakt wie in Wagner geschrieben ist, die Handlungen, wie in Wagner geschrieben sind, zu machen. Aber Sie wissen auch, dass eine Tradition ist gefährlich, nicht weil sie Tradition ist, aber nur in einer Tradition man verliert immer die echten Gründe von was auf der Bühne passiert. Das heißt, einige Leute sind vielleicht seit der Generalprobe sehr erstaunt von was die Sänger machen. Aber was die Sänger machen immer, das kann ich sagen, was im Text ist.“ (14.41-.. ..) Erzähler Diese Erläuterungen verhallten weithin ungehört. Bereits während der ersten drei Premierenabende artikulierte sich zunehmend Unmut. Während und nach der Götterdämmerung schließlich eskalierte er und übertraf bei weitem alles, woran man sich in den vergangenen 25 Jahren gewöhnt hatte: Dass Teile des Publikums nicht nur am Ende „außer Rand und Band“ gerieten, sondern schon zuvor durch ohrenbetäubenden Lärm den vorzeitigen Abbruch erzwingen wollten, war zumindest in Bayreuth eine neue Erfahrung und läutete einen langen Sommer des Opernskandals ein: Die Proteste gegen die Neuinszenierung inklusive wiederholter Handgreiflichen dauerten die gesamte Festspielzeit über an und dehnten sich weit über den Festspielbezirk auf dem Hügel auch räumlich aus. Sobald Chéreau und sein Bühnenbildner Peduzzi eines der Bayreuther Lokale betraten, wusste die FAZ zu berichten, wurden sie auch dort „mit wütenden Pfiffen und frenetischem ’Bravo’ empfangen“. Bei Festspielleiter Wolfgang Wagner gingen Verunglimpfungen und sogar Morddrohungen ein. Es erreichte ihn auch ein finanziell generöses Angebot offensichtlich begüterter französischer Landsleute des Regieteams, einen Ersatz-Ring für das Jahr 1977 vollzufinanzieren, wenn die Festspiele den Regisseur rausschmissen. Etwas kreativer in ihrer Ablehnung waren da schon ein paar Chéreau-Gegner, die sich entschlossen hatten, die obligatorische Festspielpressekonferenz zu stören: Commedia dell’arte in Bayreuth? und Disneyland auf dem Grünen Hügel?, fragten sie auf bunten Plakaten hinter den Fensterscheiben des Festspielrestaurants und inszenierten für die angereisten Pressephotographen ein sehr medienwirksames Sit-in. Wenn man heute die Bilder von damals betrachtet, fühlt man sich tatsächlich ein wenig an die damals noch relativ zeitgenössische Studentenbewegung erinnert – obschon ihr die hiesigen Proteste ideologisch natürlich denkbar fernstanden. Nicht nur modisch war dies hier in Bayreuth ein Aufstand im Smoking. Gegen einen Regisseur, der die Anfeindungen gegen ihn lässig in offenem Hemd und Jeans entgegennahm. Auch inhaltlich dürfte es gerade die marxistische Welt- und Werksicht gewesen sein, die den Chéreau-Gegnern ein Dorn im Auge war und der Inszenierung vereinzelt tatsächlich auch Leninismus-Vorwürfe in den Zeitungen eintrug – ähnlich wie dem Tannhäuser vier Jahre zuvor. Allgemein fiel das Presseecho freilich deutlich positiv aus, was ein Grund dafür gewesen sein dürfte, dass sich der Ärger über die Inszenierung verstärkt eine Gegenöffentlichkeit suchte. Wie schon Anfang der 50er Jahre in Reaktion auf Neu-Bayreuth kam es wieder zu einer Sezession der Wagnerianer in Form einer Vereinsneugründung von Chéreau-Gegnern, die sich diesmal 'Aktionskreis für das Werk Richard Wagners' nannte. Auch ihre Broschüren wetterten heftig gegen die „soziologischen Ausdeutungen“ Wagners. Den Ring als Gleichnis auf die „Klassenkämpfe des Industriezeitalters“ zu inszenieren, galt ihnen als „Mißbrauch der Kunst zu ideologischen Zwecken“. Offensichtlich waren es nicht nur die großen politischen Deutungsmuster, die 1976 den Skandal ausmachten. Skandalträchtig war hier auch das Allerprivateste, Allerpersönlichste: der Körper. Auch schon beim Tannhäuser hatten sich viele (auch professionelle) Betrachter daran gestoßen, dass die Sänger so viel agierten, vor allem auch in der Horizontalen. Das intensive Spiel, das der Felsenstein-Schule so wichtig war, weil es das Leiden der Figuren demonstrierte, um das es dem ‘realistischen Musiktheater‘ ging, verspotteten die Friedrich-Gegner damals als seltsame künstlerische Vorliebe für Reptilien. Diese Auseinandersetzung fand beim Ring vier Jahre später ihre Fortsetzung. Neuerlich feierten die einen den „neuen Parallelismus zwischen Gebärde und Musik“, die schauspielerischen Qualitäten der Sängerinnen und Sänger, allen voran Heinz Zednik als Mime, den man rühmte „von allen Sängern am meisten Chéraus Geschöpf geworden“ zu sein. Während die anderen dasselbe Spiel als aufdringlich, „überflüssig“ oder ordinär verachteten. Diese ästhetischen Einwände sind durchaus interessant. Der Furor gegen Chéreau 1976 mochte der Form nach in vielem an die anfängliche Wut auf Wieland Wagner erinnern. In der Sache verteidigten die Gegner Chéreaus jedoch ganz die alten reduktionistischen Ideale des Neu-Bayreuther Aufführungsstils gegen eine neue und ihrer Meinung nach ketzerische Kunstauffassung. War es damals ein Zuwenig an szenischer Aktivität, was von den Skandalierern angeprangert wurde, so störten sich ihre Nachfolger an deren Übermaß. Hatte man Wieland Wagner seinerzeit beschuldigt, sich an Richard Wagners Gesamtkunstwerkgedanken zu versündigen, so verkehrte sich auch dieser Vorwurf im Falle Chéreaus in sein Gegenteil: nämlich der Musik nicht zu trauen. Richard Wagner: Siegfried (Vorspiel 3. Akt) Erzähler Überhaupt war die Musik beim Jahrhundert-Ring ein großes Thema. Hatten die bis hierher betrachteten Skandale mit Repertoireopern allesamt gemein, dass die Empörung ganz auf die szenische Seite der Vorstellung zielte, den musikalische Verantwortlichen dagegen bloß Nebenrollen zukamen, so war das 1976 in Bayreuth anders. Dirigent Pierre Boulez wurde neben dem Regisseur gleichermaßen zur Zielscheibe der Proteste, und das nicht nur, weil vermeintlich er es war, der seinen Landsmann Chéreau der Festspielleitung vorgeschlagen hatte. Ebenso angefeindet wurde seine musikalische Interpretation, die mit dem alten, von Dirigentengenerationen kultivierten Bayreuther Mischklang nichts mehr gemein hatte. Der profilierte Serialist Boulez dirigierte Wagners Partitur nicht aus der Tradition des 19. Jahrhunderts, sondern von der Moderne her, womit er viele Zuhörer, wie hier den Rundfunkjournalisten Jens Wendland, auch zu überzeugen vermochte: O-Ton Jens Wendland „Ich finde, dass Boulez insgesamt einen spannenden Ansatz zu einer wirklich sprechenden Musik ohne, sagen wir mal: pathetische Leitmotivik oder pompösen Theaterdonner gefunden hat. Ein Klangbild, das völlig zurückgenommen ist, das die Musik auf meines Erachtens oft optimale episierende Weise bindet. (…) Und das bei dieser episierenden Weise der musikalischen Verarbeitung, Interpretation auch ganz moderne Höreindrücke gewährleistet oder ermöglicht.“ Erzähler Musikwissenschaftlich eigentlich ein ‘alter Hut‘, taugte Wagners Beziehung zur musikalischen Moderne just in Bayreuth damals noch immer zur Kontroverse. Nicht nur einzelne Pressevertreter wie der Wiener Großkritiker Karl Löbl zeigten sich befremdet davon, dass: Zitator „Pierre Boulez ’Rheingold’ dirigiert, als wär’s von Debussy“. Erzähler Auch im Orchester regten sich noch in den Vorstellungen – hörbar – Widerstände gegen des Dirigenten Spaltklang und seine Tempi. Ungewöhnlich zahlreiche Patzer bei Holz wie Blech gerade bei der Götterdämmerung nährten den „Verdacht willentlicher Obstruktion“. Inwieweit solche Sabotageakte aus dem Ensemble zur fortschreitenden Enthemmung auch der Zuschauer beitrugen, kann nur spekuliert werden. Einzelne aus ihren Reihen fühlten sich in jedem Fall animiert, sich mit Transparenten zu bewaffnen und von der Galerie des Festspielhauses ausgerechnet des Zwergen Mimes Verwünschungen gegen Siegfried und Fafner zu paraphrasieren: „Boulez und Chéreau – Chéreau und Boulez: O brächten beide sich um!“ Unwissentlich und gewiss unwillentlich hatten sie damit freilich das Ende vom Lied vorweggenommen. Genau wie Mime gingen auch die Feinde von Boulez und Chéreau aus dem Kampf um den Ring als Verlierer der Geschichte hervor. Es ist bei Theaterskandalen, wie gesehen, nicht ungewöhnlich, dass sich ihre Bewertung mit der Zeit wandelt. Außergewöhnlich am Bayreuther Jahrhundert-Ring war allein das Ausmaß der Erfolgsgeschichte, die hier geschrieben wurde. Mit den Jahren wich das eingespielte Beifalls- und Protestritual, in dem alle Aufführungen anfänglich explodierten, immer einhelligerer Zustimmung. Als der Ring 1980 schließlich in sein Dernierenjahr und Chéreaus und Boulez’ Götterdämmerung am 25. August zum unwiderruflich letzten Mal über die Bühne ging, geriet die Aufführung zu einem durch kein Buh mehr getrübten Triumph, der ob seiner außergewöhnlichen Zahlen und Daten nun seinerseits in die Bayreuther Annalen einging. Stolze anderthalb Stunden durften Dirigent, Regieteam und die Sänger sich feiern lassen, dabei nicht weniger als 101 Vorhänge absolvieren und stellten damit Festspielrekorde auf, die bis heute ihre Gültigkeit besitzen. Dass dieser Triumphzug nicht auf Bayreuth und Wagner beschränkt blieb, sondern auch im Westen ein ‘realistisches Musiktheater‘ in den 1970er Jahren zunehmend zum Paradigma wurde, von dem abzuweichen nun seinerseits Skandalgefahr heraufbeschwor: Davon wird die dritte Stunde dieser Langen Nacht erzählen, die vor allem Inszenierungen von Ruth Berghaus und Hans Neuenfels gewidmet sein wird. Richard Wagner, Götterdämmerung (Orchestervorspiel 3. Akt) 3. Stunde Carl Maria von Weber: Der Freischütz (Entr’acte aus dem 3. Akt) Erzähler Die dritte Stunde dieser Lange Nacht über Opernskandale wird sich weiter Richtung Gegenwart bewegen, sich zunächst aber mit Opernskandalen in der DDR befassen. Skandale, sind nicht nur im Theater Ereignisse von dezidiert öffentlichem Charakter. Mag sich das Skandalon auch gerne im Verborgenen abspielen, so wird es zum Skandal doch gerade dadurch, dass es enthüllt, öffentlich gemacht wird und diese Öffentlichkeit anschließend über die darin Verstrickten zu Gericht sitzt. Dieses Procedere legt nahe, dass Skandale ihrer Struktur nach an die Bedingungen westlich-freiheitlicher Demokratien gebunden und nicht ohne weiteres auf andere Gesellschaftsmodelle übertragbar sind. Diese Einschätzung machte sich jedenfalls das Bonner Haus der Geschichte zu eigen, als es im Jahr 2007 eine Ausstellung mit dem Titel Skandale in Deutschland nach 1945 präsentierte. Unter den zwanzig Fallbeispielen, welche die Ausstellung unter die Lupe nahm, befand sich gerade einmal ein einziges, das den sogenannten ‘zweiten deutschen Staat’, die DDR betraf. Bezeichnenderweise handelte es sich dabei um die gefälschten Kommunalwahlen des Jahres 1989, also um ein Ereignis, das man bereits unter dem Eindruck seiner ersten Auflösungserscheinungen verbuchen kann. Hans Walter Hütter, damals Direktor des Museums, brachte es auf den Punkt: Zitator „Da es in Diktaturen keine unabhängige Öffentlichkeit gibt, die Verfehlungen enthüllt und mit Protest beantwortet, können Skandale dort weitgehend unterdrückt werden.“ Erzähler Diese These ist unter Skandalforschern freilich nicht unumstritten. Der Historiker Martin Sabrow etwa kommt in Hinblick auf das Verhältnis von Skandal und nicht-bürgerlichen Öffentlichkeiten zu einer anderen Einschätzung. Gerade in den einstigen Volksdemokratien Osteuropas macht er eine Vielzahl von Gegen- und Gelegenheitsöffentlichkeiten aus, die der staatlichen Kontrollwut ihre Grenzen zeigte. In gewisser Hinsicht hält er Diktaturen strukturell sogar für in besonderem Maße skandalanfällig, weil durch die dort geübte „Intransparenz des staatlich-politischen Handelns“ die Sprengkraft dessen, was dann doch rauskommt, noch verstärkt wird. Die DDR-Theatergeschichte kennt interessanterweise eine ganze Reihe von Theaterskandalen, die ihre spezifische Brisanz nicht selten tatsächlich daraus bezogen, dass alle noch so intensiven Versuche, sie zu unterdrücken, scheiterten. Die Erfahrung, dass sich Kontroversen in der vor dem Mauerbau noch halbdurchlässigen Frontstadt Berlin nicht immer verhindern ließen, musste die DDR-Führung zum wahrscheinlich ersten Mal machen, als sie 1951 vergeblich versuchte, die Uraufführung von Paul Dessaus und Bertolt Brechts Oper Das Verhör des Lukullus an der Ost-Berliner Staatsoper noch vor der Premiere eilig abzusetzen. Die Konstellation war damals äußerst delikat: Brecht und Dessau, beides bekennend sozialistische Künstler von Weltruf und für die DDR kulturelle Aushängeschilder von überragender Bedeutung, vertraten zugleich mit ihrem Konzept des ‘epischen Theaters‘ den offiziellen kulturpolitischen Richtlinien des ‘sozialistischen Realismus‘ grundlegend widersprechende ästhetische Positionen. Vor dem Hintergrund des just im Frühjahr 1951 hochschlagenden ‘Formalismusstreites‘ versuchte man staatlicherseits daher, ihr Gemeinschaftsprojekt Lukullus kurzfristig mit zwei nicht-öffentlichen Voraufführungen im Sande verlaufen zu lassen. Entgegen dieser Planung geriet die erste jedoch zu einem triumphalen Publikumserfolg: Etliche der wahrscheinlich zwangsverpflichteten parteinahen Opernbesucher hatten ihre Karten offensichtlich an ein interessierteres Publikum weitergegeben und damit enthusiastischen Beifallskundgebungen für Brecht und Dessau den Weg bereitet, die offiziell so gar nicht erwünscht waren. Während die DDR-Zeitungen die Veranstaltung daraufhin totschwiegen, erging sich die West-Presse anderntags in einer für sie ganz ungewöhnlichen Begeisterung für Brecht und schlachtete die Blamage der Ost-Widersacher genüsslich aus: Der Skandal, könnte man sagen, bestand hier somit paradoxerweise genau darin, dass er ausblieb. Ideologisch im selben Maße aufgeladen waren die kulturpolitischen Auseinandersetzungen in den 1970er Jahren nicht mehr. Trotzdem blieb in der DDR alles, was im Theater passierte, von großem politischem Interesse: nicht nur, was zeitgenössische Texte und Töne, sondern mindestens so sehr auch, was die sogenannte Aneignung des klassischen Erbes betraf. Im engen Sinne ‘klassisch‘ war Carl Maria von Webers romantische Oper Der Freischütz zwar nicht, und inwiefern sie als solche zum ‘Erbe‘ zählte, war in der DDR auch nicht von vornherein ausgemacht. Zu einem Skandal brachte es ihre Neuinszenierung 1970 an der Berliner Staatsoper durch die Regisseurin Ruth Berghaus aber vielleicht gerade deshalb. Beobachter aus Ost wie West waren sich einig, dass die um ihretwegen ausgebrochene „Theaterschlacht“, wie die FAZ schrieb, „für die DDR eine Sensation“ war. Tatsächlich kam es bei diesem Freischütz zu Szenen, die man im Nachkriegs-Berlin bis dato nur in der anderen, westlichen Stadthälfte erlebt hatte. Das Publikum trat, wie es in einer Rezension heißt, „bejahend und verneinend lautstark auf den Plan“ und machte sich dabei möglicherweise auch die offene, nummernhafte Struktur des Freischütz zunutze. Unter ihnen, Ironie am Rande, war übrigens auch der Lukullus-Komponist Paul Dessau. Als Ehemann der Regisseurin Ruth Berghaus ließ er es sich nicht nehmen, die Inszenierung gegen ihre Skandalierer mehrfach mit Zwischenrufen zu verteidigen. Am höchsten schlugen die Wogen der Empörung ausgerechnet an der populärsten Stelle der Oper: Der berühmte Jungfernkranz hatte mit vier demonstrativ trampeligen, der Braut Agathe gegenüber unverhohlen eifersüchtigen und schadenfrohen Brautjungfern bei Ruth Berghaus einen eindeutig parodistischen Charakter angenommen, der lauten Unmut im Publikum provozierte und minutenlang um den Fortgang des Abends fürchten ließ. Auch anderntags in den Zeitungen stand diese Szene im Zentrum der Kritik, die äußerst harsch mit der Regisseurin ins Gericht ging und die Skandalisierung ihrer Regie auch über den Premierenabend hinaus fortschrieb. Von einem (Zitat) „Requiem auf eine klassische Volksoper“, war hier u.a. zu lesen, die „zu den Schätzen deutscher Nationaloper“ zählte. Carl Maria von Weber: Der Freischütz (Jungfernkranz) Erzähler Webers Freischütz als Nationaloper? Diese Einschätzung ist in Hinblick auf die DDR erklärungsbedürftig. Gegen die deutsche Romantik hatte man hier lange Jahre starke Vorbehalte. Geprägt allen voran von den Schriften des einflussreichen marxistischen Denkers Georg Lukács galt sie lange als Hort des Irrationalismus und als Nährboden des Faschismus. Diese einseitig negative Beurteilung der Romantik änderte sich erst ab den mittleren 1960er Jahren. Verstärkt begann man nun, ihre Volkstümlichkeit und in ihrer Weltflucht manche verklausulierte Kritik an den herrschenden Verhältnissen in Metternich-Deutschland zu erkennen. Dass Ruth Berghaus diese ostdeutsche Wiederentdeckung der Romantik ausgerechnet kurz vor dem Jubiläum des 150. Jahrestags der Berliner Uraufführung des Freischütz 1971 vermeintlich wieder in Frage stellte, sorgte nicht nur in Teilen beim breiten Publikum für Unverständnis, sondern wurde ihr offensichtlich auch bei der Kritik zum Verhängnis. Man warf ihr vor, „einem snobistischen Verhältnis zum Erbe Tür und Tor“ zu öffnen. Evtl. wieder hochziehen: Carl Maria von Weber: Der Freischütz (Jungfernkranz) Erzähler Ruth Berghaus‘ Freischütz vermittelte also einen Blick auf die deutsche Romantik, der in der DDR nicht in die Zeit passte. Darüber hinaus sind auch ästhetische Konfliktlinien erkennbar: Dass sich der Sozialismus überhaupt mit der vermeintlich überkommenen Gattung Oper anfreunden konnte, erscheint aus dem Rückblick bemerkenswert. Zum einen wegen ihrer historischen Herkunft als ursprünglich adeliges, später großbürgerliches Repräsentationsvergnügen, zum anderen mit ihrer Tendenz zur Künstlichkeit. Kaum zu überschätzen ist vor diesem Hintergrund die historische Rolle Walter Felsensteins, dessen am Gebot der Wahrscheinlichkeit ausgerichtetes ‘realistisches Musiktheater‘ als Nachweis galt, dass Oper mehr sein konnte als bloße „Vokalidiotie“. Eine wichtige Referenzinszenierung bildete dabei nicht zuletzt sein Freischütz aus dem Jahr 1951, der als Paradebeispiel eines solchen volkstümlichen, von der Prägnanz der Fabel und handlungsstarken Figuren lebenden Musiktheaters gerühmt wurde. Ganz anders ging die Regisseurin Ruth Berghaus mit dem Freischütz um. Statt Carl Maria von Webers wilde Spukgeschichte in ein konzises Musikdrama zu verwandeln und die Identifikation mit den positiven Charakteren Agathe und Max zu stärken, betonte sie die formalen Brüche des Stückes mit seinem permanentem Wechsel von gesungenem und gesprochenem Wort. Damit agierte die Berghaus erkennbar in einer Tradition epischen Musiktheaters, wie es von Brecht her von einer „radikalen Trennung der Elemente“ ausging. Die verbreitete Kritiker-Polemik gegen eine in ihrem Freischütz ausgemachte „Diskrepanz zwischen Musik und Szene“ illustriert, dass auch knapp zwanzig Jahre nach dem Lukullus solche Verfahren noch immer skeptisch angesehen wurden – zumal dort, wo dieses epische Theater nicht im engabgesteckten Reservat epischer Musikdramatik verblieb, sondern, wie hier, bei Ruth Berghaus‘ Freischütz, den Allgemeinheitsanspruch erhob, seine Methoden prinzipiell auch auf Werke des historischen Opernkanons anwenden zu können. Zwei Jahre vor Götz Friedrichs Bayreuther Tannhäuser liegt hier in Ost-Berlin also ein Opernskandal unter diametral entgegengesetzten ästhetischen Vorzeichen vor. Während man dort, im Westen, den Ansatz, den Tannhäuser psychologisch-realistisch zu erzählen als Wagners romantischer Oper inadäquat skandalisierte, wurde hier im Osten die Übersetzung in ‘realistisches Musiktheater‘ als einzig legitimer Zugriff auf ein romantisches Schauerdrama wie den Freischütz angesehen. Indem Ruth Berghaus in geschilderte Weise die Künstlichkeit der Gattung ausstellte, war sie somit nicht nur hinter ein gewandeltes Romantikbild zurückgefallen. Ihre Inszenierung stellte auch sehr grundsätzliche Vorstellungen von der Oper als Musiktheater in Frage. Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail (Ouvertüre) Erzähler Obschon Ruth Berghaus nicht nur Zeit ihres Lebens eine überzeugte Sozialistin, sondern auch bis zu deren Ende stolze DDR-Bürgerin war, blieb ihre Situation an den dortigen Theatern in der Folge weiter angespannt. Zwar schaffte Der Freischütz allen Anfechtungen zum Trotz den Sprung ins Repertoire der Staatsoper. Nach ihrer Demissionierung als Schauspiel-Intendantin des Berliner Ensembles 1976 setzten sich die Schwierigkeiten von Ruth Berghaus mit der DDR-Kulturpolitik aber auch in der Oper fort und zwangen sie durchaus eher unfreiwillig dazu, den Schwerpunkt ihres künstlerischen Schaffens zunehmend in den Westen zu verlagern. Zu ihrer künstlerischen Ersatzheimat avancierte dabei in den Folgejahren vor allem die Oper Frankfurt, die sich unter der Leitung ihres Generalmusikdirektors Michael Gielen und ihres Chefdramaturgen Klaus Zehelein seit 1977 zum Mekka modernen Musiktheaters in der Bundesrepublik entwickelt hatte. Dass das dortige Publikum ambitionierte Interpretationen gewohnt war, hieß freilich nicht, dass die Inszenierungen der Berghaus hier skandalfrei über die Bühne gegangen wären. Vielmehr traf sie mit ihrem eigenwilligen Personalstil dort auf ein sehr konfliktfreudiges Publikum, das in seiner Haltung zum Programm der Intendanz tief gespalten war und jede Gelegenheit nutzte, diesen Gegensatz auszufechten. Allen voran ihre Inszenierung von Mozarts Entführung aus dem Serail, die im Dezember 1981 unter der musikalischen Leitung Michael Gielens über die Bühne ging, traf in dieser Situation einen Nerv. Operndirektor Klaus Zehelein erinnert sich an einen denkwürdigen und mindestens in einem Moment tief bestürzenden Premierenabend: O-Ton Klaus Zehelein „Ich will gleich mal mit der Tür ins Haus fallen, was Skandal heißt. Eine Zeitung schrieb: In Frankfurt sitzt der Pöbel im Parkett. Warum schrieb die das? In der Premiere nach der Pause kam Michael Gielen ans Pult, und da schrie einer, ganz laut: ‘Ein Jude dirigiert, eine Kommunistin inszeniert, und eine Schwarze singt die Konstanze. Pfui!‘ Der bekam Applaus, und wir waren entsetzt. Ich würde sagen: Das war der einzige Skandal, aber ein solcher Skandal, dass wir uns entschlossen haben, Briefe, die wir bekamen, unverschämte Briefe, insoweit nicht zu beantworten oder zu schreiben: ‘Wir sind froh, dass sie nicht kommen. Bleiben sie zu Hause. Wir brauchen dringend Ihren Platz in der Oper!‘ (…) Ich muss sagen, das Frankfurter Publikum war ja (…) mit Dohnanyi einiges gewöhnt, und war hatten alle das nicht erwartet, was dann kam mit der Entführung. Es kamen natürlich auch Briefe, die sich für diesen Idioten (…) entschuldigten auch. Wir wussten ja auch, dass das Frankfurter Publikum nicht aus den Idioten besteht, das ist ja klar. Aber das hat natürlich unglaublich Wellen geschlagen. (Dieser eine Zwischenruf reicht aus, um uns zu warnen auch, mit wem wir es auch zu tun haben.)“ (9.24-11.33) Erzähler Wie viele im Publikum so dachten, bleibt natürlich Spekulation. In jedem Fall lässt dieser Vorfall erahnen, dass die Opernhäuser in Zeiten, da sich die Schauspielhäuser vielfach deutlich nach links orientiert hatten, zum Teil noch ein anderes Publikum anzogen, das nicht in seinen alten Ressentiments gestört werden wollte. Und dass Künstler aus dem Osten (knapp zehn Jahre nach Götz Friedrich) hier partiell noch immer als Provokation wirkten. Dennoch: Man machte die Sache klein, wenn man den Widerspruch gegen die Berghaus auf Rassismus und Antikommunismus reduzierte. Dass ihre Arbeiten auch und vor allem künstlerische Brisanz besaßen, betont einmal mehr Klaus Zehelein: O-Ton Klaus Zehelein „Also, ich würde mal bezeichnen die Inszenierung mit dem Begriff der Instabilität. Das ging so weit, dass Berghaus und der damalige Technische Direktor, der auch ein Bühnenbildner war, eine Bühne entworfen haben (…), die tatsächlich instabil war. Die sich neigte, nach rechts, nach links, nach vorne, nach hinten, eine ganz eigenartige Struktur, Erzählstruktur auch damit bekam. Also dieser unsichere Boden, wer hat hier Recht, in dem Modell Entführung aus dem Serail, wenn man das so bezeichnen kann? Gegen wen geht es, oder für wen geht es? Das war, glaube ich, einer der wesentlichen Impulse für das Publikum oder für einige Teile im Publikum, diese Inszenierung für irrsinnig zu erklären, für dummes Zeug. (…) Ich würde sagen: Es ist diese Art der grundsätzlichen Ambivalenz gewesen, die Ruth Berghaus in dieser Arbeit aufzeigte, zwischen gedachtem Orient und gedachtem Okzident. (…) Ich würde sagen, die Ambivalenz war das Ärgernis.“ (13.23-15.30) Erzähler Zeheleins Rede deutet an, dass es, bei aller ideologischer Konkurrenz zwischen Ost und West, teilweise überraschend ähnliche Aspekte waren, die das Publikum hier künstlerisch verstörten. Auch in der DDR wurden die Inszenierungen der Berghaus, gerne für ihre Vieldeutigkeit getadelt, bemängelte man ihre angeblich fehlende erzählerische Stringenz. In dieselbe Kerbe schlugen nun auch Teile der West-Presse, wenn man der Regisseurin vorwarf, (Zitat) „Mozarts Geschichte im Grunde gar nicht oder sehr schlecht“ zu erzählen, statt einer Handlung bloß Szenenfolgen zu zeigen. Diese Einwände sind sehr interessant: Deuten sie doch an, wie sehr sich – ein knappes Jahrzehnt nach Götz Friedrichs Bayreuther Tannhäuser – mittlerweile auch beim westdeutschen Opernpublikum die Erwartungen im Sinne eines realistischen Musiktheaters verändert hatten. Tatsächlich waren Regisseure der Felsenstein-Schule wie eben Götz Friedrich oder auch sein Kollege Harry Kupfer in der Zwischenzeit zu sehr gefragten Regie-Stars an nahezu allen großen Opernbühnen des Landes aufgestiegen. Quer durch das Repertoire hatten sie mit ihrem lebensnahen Theater Maßstäbe gesetzt, gemessen an denen die strengen Choreographien der Ruth Berghaus dem breiten Publikum bisweilen verrätselt und kühl vorkommen mochten. Klaus Zehelein: O-Ton Klaus Zehelein „Ich denke, was man auch der Ruth Berghaus in der DDR vorwarf, spielt eine Rolle, nämlich, wie nannte man das in der DDR: Formalismus. Das ist auch ein schwieriges Terrain, würde ich nach wie vor sagen, bei Ruth Berghaus. Aber sie vermochte dadurch (…) die Vergegenwärtigung der Stücke in eine Struktur zu bringen, die für mich meistens sehr überzeugend war.“ (16.10-16.48) Erzähler Abgesehen von allen künstlerischen und politischen Fragen ist bei Ruth Berghaus und den Kontroversen, die sie auslöste, wohl auch noch ein weiterer Faktor miteinzubeziehen: Frauen auf dem Regiestuhl waren in den 1970er und 80er Jahren (sowohl in der Bundesrepublik wie in der DDR) noch eine echte Rarität und entsprechend häufige Zielscheibe machistischer Attacken. Erst recht, wenn sie so selbstbewusst einen wiedererkennbaren künstlerischen Stil pflegten wie Ruth Berghaus. Dass das Geschlecht bei Ihren Skandalen sehr wohl eine Rolle spielte, wird aus diversen despektierlichen Bemerkungen deutlich, mit denen zumeist männliche Kritiker gegen die sich an Mozart vergehende „Damenriege aus der DDR“ polemisierten oder sich gerne auch hinter einer Kritik ihrer Zeichnung der Frauenfiguren verschanzten. Der perfide, gegen die Berghaus immer wieder erhobene Vorwurf, „mit dem Glanz und Elend der Liebe“ künstlerisch nichts anfangen zu können, lässt sich dabei durchaus als Reflex auf eine Emanzipation der Frauenfiguren in ihren Inszenierungen deuten. Das betraf in der Entführung nicht nur die Konstanze, sondern vor allem auch ihre Zofe, das Blondchen, die hier zur Blonden aufgewertet war und sich höchst virtuos in einer Männerwelt zu bewegen und zu behaupten verstand. Ähnlich virtuos vermochte sich auch Ruth Berghaus als Person zu inszenieren. Und, wie Klaus Zehelein zu berichten weiß, dem Skandal um ihre Entführung aus dem Serail durchaus eine ironische Komponente zu verleihen: O-Ton Klaus Zehelein „(Und) Ruth Berghaus verstand es natürlich, da dem Affen auch Zucker zu geben. Dann kam sie nämlich zum Applaus mit roten Stiefelchen, mit langen roten Stiefelchen. Und das war dann natürlich sozusagen die Krone. Wie sagt man so schön: Das schlug dem Fass die Krone ins Gesicht.“ (18.43-19.04) Giuseppe Verdi: Aida (Gloria all’Egitto) Erzähler Ruth Berghaus‘ Regiearbeiten zählen zweifellos zu den prägendsten und zugleich umstrittensten des Frankfurter Projektes. Und doch war ihre Entführung nicht dessen größter Skandal. Diese zweifelhafte Ehre gebührt ohne Frage der bereits zehn Monate zuvor herausgekommenen Aida-Inszenierung von Ruth Berghaus‘ Regiekollegen Hans Neuenfels, die heute als „Meilenstein moderner Opern-Interpretation“ gilt, damals aber kaum vorstellbare Widerstände provozierte. Der Skandal dieser Aida im Februar 1981 begann spätestens bereits am Nachmittag des Premierentags, an den Klaus Zehelein noch aus dem Rückblick von fast vier Jahrzehnten mit sehr gemischten Gefühlen zurückdenkt: O-Ton Klaus Zehelein „(Wir wussten, dass wir eine Lesung vorbereitet haben oder Lesungen vorbereitet haben, die aus dem Rahmen dessen, was man so kennt von Verona bis Wien, aus dem Rahmen fallen wird.) (…) Aber wir waren doch sehr, sehr erschrocken, als die Frankfurter Rundschau uns anrief und sagte: Wir haben einen Anruf bekommen. (…) Es ist eine Bombendrohung bei uns eingegangen. Das war so um zwei oder so um eins. (Daraufhin,) (das ist der Anfang des Skandals, des sogenannten Skandals:) Wir haben dann die Polizei angerufen, Feuerwehr usw., den Polizeipräsidenten, und eine Hundertschaft hat mit Schäferhunden das Haus durchsucht, und dann haben wir entschieden um drei oder sowas, weiß ich nicht, oder um vier haben wir entschieden, gemeinsam: Wir machen diese Aufführung.“ (39.45-40.59) Erzähler Spätestens zu diesem Zeitpunkt war den Verantwortlichen klar, dass hier Leute die Premiere ernsthaft zu Fall bringen wollten. Eine entscheidende Rolle für deren Gelingen kam somit Michael Gielen am Pult zu, den seine Mitstreiter, wie sich Klaus Zehelein erinnert, entsprechend eindringlich bearbeiteten: O-Ton Klaus Zehelein „Michael Gielen fing dann an – und wir hatten vorher besprochen, ich hab‘ mit Gielen besprochen, ich hab‘ gesagt: Michael, wir erwarten wirklich jetzt so etwas an Störungen. Wenn du aufhörst zu dirigieren, und du neigst dazu und drehst dich um und sagst etwas ins Publikum, wenn du da aufhörst, werden wir das Stück nie wieder durchkriegen. Du musst, du musst wirklich durchdirigieren, selbst wenn du nichts mehr hörst. (Ist schlimm, wenn man das erzählen muss, es ist aber so.) Und er hat es auch. Er hat es. Also ich hab‘ ihn bewundert. In der Einleitungsszene zum Krieg des Radamés, Radamés wird vorbereitet für den Krieg, gab’s eine Brüllerei aus dem Publikum: Scheiße und so. Vereinzelte immer, ich muss das ganz klar sagen: Vereinzelte, aber es reichte ja aus. (…) Und dann ging’s los natürlich in der Pause, dann gingen die Gespräche los. Riesenkräche, und dann kam Gielen wieder, und stieg einer – das sah ich, weil ich da noch beim Türschließer war – der stieg also auf den Sessel, auf seinen Sessel und schrie: ‘Das wird sich nie wiederholen. Da sorgen wir, unsere Partei sorgt dafür!‘ Und da schrie ein anderer: Ach, du, von der FDP, ihr seid doch gar nicht im Magistrat!‘ Und dann ging das los, bevor Gielen jetzt wieder Musik machen konnte. Also, es war eine reine Turbulenz(en) (…).“ (43.08-44.53) Erzähler Die Umstände dieser Frankfurter Aida zeigen, dass Skandale im Theater nicht notwendig aus der Spontanität des Augenblicks entstehen, sondern oftmals sehr gut vorbereitet sind. Weit verbreitet ist diesbezüglich die Unterstellung, dass die Künstler selbst es häufig seien, die den Skandal zur Mehrung der Publicity und des eigenen Ruhms inszenierten; gerade auch Hans Neuenfels ist immer wieder verdächtigt worden, es auf den Krach mit den Abonnenten regelrecht anzulegen. Hier indes waren es erkennbar eher seine Gegner, die den Skandal von langer Hand geplant hatten. Anders ist kaum zu erklären, weshalb etliche Premierenbesucher das Theater mit Lärminstrumenten und Klorollen bewaffnet betreten hatten und bereits vor dem ersten Ton Unmengen von Flugblättern aus dem Rang ins Parkett segeln ließen. Die auf ihnen zum Ausdruck kommende Empörung konnte also schwerlich durch die aktuelle Aufführung ausgelöst sein, sondern lag vielmehr wohl in deren Vorgeschichte begründet: in zahlreichen Neuenfels-Inszenierungen, die in Frankfurt sowohl im Schauspiel, als auch in der Oper reichlich Staub aufgewirbelt hatten, wie konkret möglicherweise auch in Berichten von den Aida-Endproben, die via Buschfunk aus dem Theater gedrungen waren. Dass Michael Gielen während einer solchen Probe von einzelnen Choristen von der Bühne aus mit Hähnchenkeulen beworfen worden war, mag bei einigen Zuschauern die Hemmschwelle erheblich gesenkt haben, ihn und die gesamte Inszenierung nun erst recht auch bei der Premiere unter Beschuss zu nehmen. Dennoch stellt sich auch hier die Frage: Warum eskalierte der Konflikt ausgerechnet bei diesem Stück? Warum traf es nicht die weniger eingängigen Schreker- oder Busoni-Opern, die Neuenfels zuvor inszeniert hatte, sondern ausgerechnet die allseits beliebte Aida von Giuseppe Verdi? Klaus Zehelein: O-Ton Klaus Zehelein „Aida: Ein Stück, das ja belastet ist, ja im wörtlichen Sinne mit Elefanten belastet ist (auch). Ein Stück, wo man weiß, wie das eigentlich zu gehen hat, das man auf Schallplatte so schön gehört hat (- damals Schallplatte, noch nicht CD übrigens). Dass man weiß auch, wie es auszusehen hat, nicht? (31.18-31.47) Ich denke, dass Skandale eigentlich sich herleiten von einer bestimmten Haltung eines Publikums. Die Haltung könnte man beschreiben wie ‘Das kenne ich doch das Stück. Ich weiß auch, wie es gehen kann, ich habe es auch schon mehrmals vielleicht gesehen. Und diese Erwartungshaltung, wenn die nicht erfüllt wird, dann kann es passieren, dass es zu einem Skandal kommt.‘“ (2.49-3.25) Erzähler Anders als in Verona oder bei sonstigen Freiluftaufführungen der Aida gab es Elefanten in Frankfurt nicht zu sehen. Und auch keinen Prunkaufmarsch beim berühmten Triumphmarsch im zweiten Akt. Statt selbst – wie es Aida-Inszenierungen gewöhnlich tun – in bunter opernhafter Pracht zu schwelgen, zeigte die Frankfurter Inszenierung hier vielmehr eine Gesellschaft, die sich an sich selbst berauschte und sich am Kriegsleid der gefangenen Äthiopier ergötzte. Diese wurden, nur mit Lendenschurz bekleidet, von einer Dompteuse auf die Bühne getrieben und mussten sich dort zum Zeichen ihrer Demütigung belehren lassen, wie man Hähnchen mit Messer und Gabel isst. Die Ägypter verfolgten – in Kostümen der Belle Epoque gewandet – dieses zynische Theater auf dem Theater in samtenen Logen, die der Mailänder Scala, dem Ort der europäischen Erstaufführung der Aida, nachempfunden waren. Von dort blickten sie auf die vermeintlich Wilden herab – und gaben sich in ihrem kolonialistischen Hochmut doch als die eigentlichen Barbaren zu erkennen. Immer wieder hat es auch prominente wissenschaftliche Stimmen gegeben, die tatsächlich Verdis Aida als Stück unter Orientalismus-Verdacht stellten, in ihm die passende, den Kolonialismus verherrlichende Begleitmusik zur Eröffnung des Suez-Kanals zu erkennen glaubten, anlässlich derer es komponiert war. Gegen diese Lesart war die Frankfurter Inszenierung erkennbar um den Nachweis bemüht, dass Verdi keineswegs auf Seiten der Sieger stand, die er, im Gegenteil, dadurch diskreditiert habe, dass er ihnen die viel primitivere, hohltönende Musik widmete. Entsprechend zeigte die Regie den „Antitriumph-Marsch“ hier als grelle, böse Karikatur imperialistischer Völkerschauen. Wie keiner anderen Szene der Aufführung galten ihr zunächst die Anfeindungen. Langfristig wurde jedoch gerade sie zum ikonischen Bild dieser Inszenierung, ja moderner Opernregie überhaupt. Giuseppe Verdi: Aida (Gloria all’Egitto) (Wieder hochholen) Von Ferne erinnert dieses Bild durchaus ein wenig an Götz Friedrichs Inszenierung der Wartburggesellschaft in seinem Bayreuther Tannhäuser, die dem Publikum seinerzeit ganz ähnlich einen Spiegel vorgehalten hatte. Damit hat es mit den Parallelen zwischen beiden Skandal-Inszenierungen künstlerisch jedoch sein Bewenden. Anders als im realistischen Musiktheater gab es hier bei Neuenfels keine Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Stattdessen sprang seine Aida lustvoll zwischen den Stilebenen und Epochen hin und her. Die Inszenierung ‘spielte‘ weder in der nominellen Handlungszeit des Stückes, noch in seiner Entstehungszeit oder in der aktuellen Aufführungszeit, sondern mischte Alt-Ägypten, 19. Jahrhundert und die bundesrepublikanische Gegenwart, wie eine Zeitschrift schrieb, wie auf einem mehrfach belichteten Kamerabild. Sie brach darin radikal mit jeder konventionellen Aida und war doch auf ihre Weise wieder sehr opernhaft: sinnlich opulent, erzählerisch vielleicht nicht immer ganz stringent, überreich an Deutungen und in ihren Anspielungen zugleich sehr assoziativ. Das führte zu einem interessanten Paradox: Auch wenn die Macher der Oper Frankfurt so gründlich wie kaum anderswo die Stücke lasen und in gleichsam archäologischer Lektüre in ihre tiefsten Schichten vordrangen, waren ihre Inszenierungen im Ergebnis gleichzeitig von starken, subjektiven Regiehandschriften geprägt – und damit letztlich die Autorenfrage in der Oper aufgeworfen. Wer war die zentrale künstlerische Autorität bei der Inszenierung von Repertoirestücken? Komponist und Librettist, vertreten durch den Dirigenten als Anwalt der Partitur? Oder war mittlerweile der Regisseur als genuiner Schöpfer der Inszenierung anzusehen? Diese bis heute (häufig sehr holzschnittartig) unter dem Schlagwort ‘Regietheater‘ geführte Debatte weist bis in jene mythischen Frankfurter Jahre der Ära Gielen/Zehelein zurück und hatte dort in Ruth Berghaus und Hans Neuenfels zwei ihrer streitbarsten Protagonisten. Giuseppe Verdi: La forza del destino (Ouvertüre) Erzähler Anders als die Berghaus mit ihren streng abgezirkelten Choreographien in der Tradition des Ausdruckstanzes tendierte Hans Neuenfels bei seinen Opernarbeiten freilich eher zu kunstvoll-groben Mitteln der Satire und der Groteske. Dieser Zugriff berührte sich auf sehr interessante Weise mit Verdis kontrastreicher Musikdramaturgie, die bei ihm bis ins Spätwerk erkennbar Spuren einer Nummernstruktur aufweist. 'Hm-ta-ta' und Katilene stehen dabei eng nebeneinander, und beides gab es immer auch bei Hans Neuenfels. Wo eben noch die Sopranistin engelsgleiche Koloraturen sang, wurde sie im nächsten Moment von Komparsen oder Choristen in hautengen Frosch- oder Bienenkostümen auf punktierte Rhythmen neckisch-tänzelnd von der Bühne getragen. Dass manche Opernliebhaber gerade dieses Nebeneinander von Pathos und Zirkus als anstößig, als der vornehmen Gattung ‘Oper‘ unwürdig empfanden, war anderthalb Jahre nach der Aida auch bei Neuenfels‘ nächster Verdi-Inszenierung, La forza del destino, Die Macht des Schicksals an der Deutschen Oper in Berlin zu bestaunen. Deren Skandal, berühmt geworden als die „Schlacht des Schicksals“, stand jenem der Aida kaum nach. Die Nummernoper hatte Neuenfels hier phasenweise tatsächlich zur Nummernrevue gemacht, indem er die großen Militärlagerszenen der Oper in eine Art Varieté verlegte. Die ‘Stützen der Gesellschaft‘ aus Militär, Bürgertum und Schwarzhemden, delektierten sich hier, Champagner schlürfend, an einem makabren Ballett der Kriegsversehrten und Hungerleidenden. Obwohl die Szenerie eher an die Zeit des Spanischen Bürgerkriegs erinnerte, wurde sie von den Zeitgenossen doch vor allem als Kommentar zur bundesdeutschen Nachrüstungsdebatte der frühen 1980er Jahre wahrgenommen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen um den sogenannten NATO-Doppelbeschluss, erregte ein mit Ministranten besetzter Panzer die Gemüter so sehr, dass sich selbst die damalige First Lady von West-Berlin, Marianne von Weizsäcker, unter die Skandalierer mischte. Ihr ‘gehauchtes Buh‘ schaffte es anderntags in jedem Fall bis auf die Titelseite der BZ. Erzähler Vermutlich galten die vielen Buhs des Abends auch dem Antiklerikalismus, den der ehemalige Messdiener Neuenfels Verdi ablauschte: Wie schon in der Aida betätigten sich Priester und Kirchenfürsten auch hier in der Forza munter als Kriegstreiber und wurden zugleich Opfer ihres unterdrückten Trieblebens. Damit war ein Thema gesetzt, das auch in Neuenfels‘ späteren, unvermindert skandalträchtigen Verdi-inszenierungen wesentliche Ursache seiner Fehden mit der Abonnentenschaft der Deutschen Oper Berlin blieb. Als Neuenfels dort 1996 Il trovatore, den Troubadour, inszenierte und anlässlich der 'Wiederauferstehung' des totgeglaubten Titelhelden Manrico ein ziemlich queerer Jesus vom Kreuz stieg, um mit bunt blinkender Dornenkrone einen intimen Tanz mit einem herumstehenden Kardinal zu riskieren, fing sich der Regisseur dafür nicht nur die beinahe schon obligatorische „Buhdusche“ ein. Der Skandal wurde anschließend sogar durch eine hochoffiziöse Protestnote des Berliner erzbischöflichen Ordinariats ‘geadelt‘ und damit ein durchaus überraschender Beweis erbracht: Blasphemie konnte noch im fortgeschrittenen 20 Jahrhundert selbst im traditionell kirchenfernen bis heidnischen Berlin hohe Wellen der Entrüstung schlagen. Wolfgang Amadeus Mozart: Idomeneo (Ouvertüre) Erzähler Es liegt somit eine gewisse Logik darin, dass mit Religionskritik auch der - global betrachtet - berühmteste mit dem Namen Neuenfels verbundene Opernskandal zu tun hat – bei dem freilich zu diskutieren ist, inwiefern er überhaupt dem Genre ‘Opernskandal‘ zugeordnet werden kann. Neuenfels‘ Inszenierung von Mozarts Idomeneo ging bei ihrer Premiere im Frühjahr 2003, im Gegensatz zu allen in den zurückliegenden drei Stunden betrachteten Aufführungen, denkbar unspektakulär und fast widerspruchslos über die Bühne der Deutschen Oper Berlin. Anlass zu einem Skandal bot sie erst dreieinhalb Jahre später, und auch das obwohl, nein paradoxerweise gerade weil sie gar nicht zur Aufführung kam. Ursprünglich zu Mozarts 250. Geburtstag zur Wiederaufnahme angesetzt, wurde eben diese heimlich, still und leise wieder aus dem Spielplan genommen, nachdem die Oper vom Senator für Inneres in Verbindung mit dem Landeskriminalamt Berlin eindringliche Warnungen bezüglich einer etwaigen islamistischen Bedrohung gegen die Inszenierung erhalten hatte. Was war der Hintergrund? Neuenfels hatte Mozarts Oper als Parabel über die Aufklärung inszeniert. Titelheld Idomeneo wagte bei ihm in der Schlussszene der Oper den Aufstand gegen die ihm ein Menschenopfer abverlangenden Götter, indem er (statt seines Sohnes) nicht nur den antiken Meeresgott Neptun, sondern kurzerhand auch noch die Religionsstifter Buddha, Jesus und Mohammed hinter der Bühne enthauptete. So pointiert dies inszeniert war, so wenig rief diese Szene bei der Premiere 2003 irgendwelche Sicherheitsbehörden auf den Plan. Wenn sich diese nun Jahre später für normalerweise relativ wenig beachtete Repertoirevorstellungen dieser Produktion zu interessieren begannen, so ist dies in engem Zusammenhang mit dem sogenannten Karikaturenstreit des Jahres 2005 zu sehen, bei dem die in einer dänischen Zeitung abgedruckten satirischen Darstellungen des Propheten Mohammed blutige Proteste in aller Welt ausgelöst hatten. Der Umstand, dass auch hier auf der Opernbühne – bei allen völlig übersehenen Unterschieden - Mohammed in so heiklem Zusammenhang gezeigt wurde, ließ in den Berliner Sicherheitskreisen daraufhin offensichtlich die Alarmglocken schrillen und an die Intendantin den fatalen Rat ergehen, den Idomeneo am besten so unauffällig wie möglich wieder aus dem Programm verschwinden zu lassen. Ein fataler Rat und eine fatale Entscheidung: Das zumindest war die überwältigende öffentliche Meinung, als die Sache ein paar Wochen später doch ruchbar geworden war. Dass eine staatlich subventionierte hauptstädtische Kulturinstitution in vorauseilendem Gehorsam, wie man ihr vorwarf, hier die Schere an die eigene Kunst angelegt und dies naiverweise auch noch unbemerkt von der Öffentlichkeit tun zu können geglaubt hatte, trug der Deutschen Oper in den Folgetagen einen shitstorm ein, der weit über den engen Rahmen des deutschsprachigen Feuilletons hinausging. Einen shitstorm, der die gewohnten Dimensionen eines gemeinen Opernskandals in jeder Hinsicht sprengte. Nicht nur die ganze deutsche politische Klasse meldete überwiegend kopfschüttelnd, mahnend, empört sich zu Wort. Das gesamte global village berichtete aus Berlin, von der Titelseite der New York Times bis zu den Abendnachrichten bei Al Jazeera. Und fast alle vertraten die Ansicht, dass die Absetzung der Oper ein Skandal sei, der den hohen Wert der künstlerischen Freiheit in ihrem Kern bedrohe. Nochmal Richard Wagner: Tannhäuser (Ouvertüre) Erzähler Aber war es auch ein Opernskandal, der hier vorlag? Ein Opernskandal 2.0 sozusagen, der eine reale Aufführung als auslösendes Moment gar nicht mehr braucht, um im Netz einen Sturm auszulösen? Repräsentativ für jüngere Entwicklungen der Opernskandalgeschichte ist der Idomeneo in jedem Fall nicht. Große öffentlich ausgetragene Konflikte über Opernaufführungen scheinen im 21. Jahrhundert eher seltener geworden. Wenn etwas vor Ort doch einmal als Skandal Furore macht, heißt das lange schon nicht mehr, dass dieser dann auch die überregionale mediale Aufmerksamkeitsschwelle überspringt und es zumindest zur Feuilletondebatte bringt. Manches scheint auch hier in die sozialen Netzwerke abgewandert: Wo jedem online aktiven Bürger ungezählte digitale Protestkanäle zur Verfügung stehen, muss man keine Flugblätter mehr im Opernhaus vom Rang werfen, um für sein Anliegen Gehör zu finden. Ob das aber wirklich das Ende des Opernskandals ist, wird die Zukunft weisen. Richard Wagner: Tannhäuser (Ouvertüre / CD 1, Track 1) wieder ‘hochholen‘ und so lange wie nötig weiterlaufen lassen Musikliste 1. Stunde Titel: Tannhäuser: Ouvertüre, 1.Akt 1.Szene Tannhäuser. Romantische Oper in 3 Aufzügen, Tannhäuser: Ouvertüre, 1.Akt 1.Szene Länge: 06:00 Solisten: René Kollo (Tenor)(Tannhäuser); Helga Dernesch (Sopran)(Elisabeth), Christa Ludwig (Mezzosopran)(Venus) Orchester: Wiener Philharmoniker Dirigent: Georg Solti Komponist: Richard Wagner Label: Decca Best.-Nr: SET 506/09 Titel: Dich teure Halle, grüß ich wieder Tannhäuser. Romantische Oper in 3 Aufzügen, Tannhäuser: Ouvertüre, 1.Akt 1.Szene Länge: 01:35 Solisten: René Kollo; Helga Dernesch, Christa Ludwig u.a. Orchester: Wiener Philharmoniker Dirigent: Georg Solti Komponist: Richard Wagner Label: Decca Best.-Nr: SET 506/09 Titel: Willkommen, ungetreuer Mann Länge: 00:52 Solist: Christa Lidwig (Sopran)(Elisabeth) Orchester: Wiener Philharmoniker Dirigent: Georg Solti Komponist: Richard Wagner Label: Decca Best.-Nr: SET 507 Titel: Zwischenspiel aus: Moses und Aron. Oper in 3 Akten [Fragment], Länge: 01:55 Solisten: Franz Mazura (Sprechstimme)(Moses); Philip Langridge (Tenor)(Aron) Chor: Chicago Symphony Chorus Orchester: Chicago Symphony Orchestra Dirigent: Georg Solti Komponist: Arnold Schönberg Label: Decca Best.-Nr: 414264-2 Titel: Tanz ums Goldene Kalb (Aron, Moses) aus: Moses und Aron. Oper in 3 Akten Länge: 03:46 Solisten: Franz Mazura (Sprechstimme)(Moses); Philip Langridge (Tenor)(Aron) Chor: Chicago Symphony Chorus Orchester: Chicago Symphony Orchestra Dirigent: Georg Solti Komponist: Arnold Schönberg Label: Decca Best.-Nr: 414264-2 Titel: Verachte mir die Meister nicht Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in 3 Aufzügen, WWV 96 [Gesamtaufnahme], Länge: 01:50 Solisten: Thomas Stewart; Sándor Konya; Gundula Janowitz u.a. Chor: Chor des Bayerischen Rundfunks München Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Dirigent: Rafael Kubelik Komponist: Richard Wagner Label: Calig Best.-Nr: 097174 Titel: Vorspiel, 3. Akt Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in 3 Aufzügen, WWV 96 [Gesamtaufnahme], Länge: 06:30 Solisten: Thomas Stewart; Sándor Konya; Gundula Janowitz u.a. Chor: Chor des Bayerischen Rundfunks München Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Dirigent: Rafael Kubelik Komponist: Richard Wagner Label: Calig Best.-Nr: 097174 2. Stunde Titel: Vorspiel aus: Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in 3 Aufzügen, WWV 96 Länge: 01:20 Solisten: Thomas Stewart; Sándor Konya; Gundula Janowitz u.a. Chor: Chor des Bayerischen Rundfunks München Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Dirigent: Rafael Kubelik Komponist: Richard Wagner Label: Calig Best.-Nr: 097174 Titel: Finale aus: Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in 3 Aufzügen, WWV 96 [Gesamtaufnahme], Länge: 01:52 Solisten: Thomas Stewart; Sándor Konya; Gundula Janowitz u.a. Chor: Chor des Bayerischen Rundfunks München Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Dirigent: Rafael Kubelik Komponist: Richard Wagner Label: Calig Best.-Nr: 097174 Titel: Siegfrieds Rheinfahrt. Orchesterzwischenspiel (aus: Prolog) aus: Götterdämmerung. Oper, WWV 86D, Länge: 02:52 Solisten: Manfred Jung; Franz Mazura; Franz Hübner; Hermann Becht Chor: Chor der Bayreuther Festspiele Orchester: Orchester der Bayreuther Festspiele Dirigent: Pierre Boulez Komponist: Richard Wagner Label: Philips Best.-Nr: 434 457-2 Titel: Orchesterzwischenspiel (aus: 1. Akt, 2. Szene) aus: Götterdämmerung. Oper, WWV 86D, Länge: 05:49 Solisten: Manfred Jung; Franz Mazura; Franz Hübner; Hermann Becht Chor: Chor der Bayreuther Festspiele Orchester: Orchester der Bayreuther Festspiele Dirigent: Pierre Boulez Komponist: Richard Wagner Label: Philips Best.-Nr: 434 457-2 Titel: Sankt Crispin, lobet ihn Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in 3 Aufzügen, WWV 96 [Gesamtaufnahme], Länge: 03:30 Solisten: Thomas Stewart; Sándor Konya; Gundula Janowitz u.a. Chor: Chor des Bayerischen Rundfunks München Orchester: Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Dirigent: Rafael Kubelik Komponist: Richard Wagner Label: Calig Best.-Nr: 097174 Titel: Vorspiel Siegfried Zweiter Tag des Bühnenfestspiels in 3 Aufzügen, WWV 86C, Länge: 03:03 Solisten: Manfred Jung; Franz Mazura; Franz Hübner; Hermann Becht Chor: Chor der Bayreuther Festspiele Orchester: Orchester der Bayreuther Festspiele Dirigent: Pierre Boulez Komponist: Richard Wagner Label: Philips Best.-Nr: 434 457-2 3. Stunde Titel: Entràcte aus: Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Aufzügen, op.77 (Gesamtaufnahme), Länge: 01:42 Solisten: Siegfried Lorenz, Thomas Thomaschke; Karita Mattila u.a. Chor: Rundfunkchor Leipzig Orchester: Staatskapelle Dresden Dirigent: Colin Davis Komponist: Carl Maria von Weber Label: Philips Best.-Nr: 426319-2 Titel: Jungfernkranz aus: Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Aufzügen, op.77 Länge: 00:55 Solisten: Siegfried Lorenz, Thomas Thomaschke; Karita Mattila u.a. Chor: Rundfunkchor Leipzig Orchester: Staatskapelle Dresden Dirigent: Colin Davis Komponist: Carl Maria von Weber Label: Philips Best.-Nr: 426319-2 Titel: aus: Die Entführung aus dem Serail. Singspiel in 3 Akten, KV 384, Ouvertüre Länge: 02:20 Orchester: RIAS-Symphonie-Orchester Dirigent: Ferenc Fricsay Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart Label und Best.-Nr: ohne Titel: Gloria all'Egitto - Vieni, o guerriero (II) (Finalchor, Ballett und Triumphmarsch) Länge: 02:25 Interpret: Hanspeter Gmür Komponist: Giuseppe Verdi Label: Zyx-Records Best.-Nr: 11081-2 Plattentitel: The world of Chöre Titel: aus: La forza del destino. Oper in 4 Akten (Die Macht des Schicksals), Ouverture Länge: 07:42 Orchester: Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Dirigent: Gerd Albrecht Komponist: Giuseppe Verdi Label: Deutschlandradio Kultur Titel: aus: La forza del destino. Oper (Melodramma) in 4 Akten ((Die Macht des Schicksals)), Ouvertüre (Sinfonia) Länge: 02:05 Orchester: Berliner Philharmonisches Orchester Dirigent: Claudio Abbado Komponist: Giuseppe Verdi Label: DeutschlandRadio Berlin Titel: Ad libitum Idomeneo, Rè di Creta, ossia: Ilia ed Idamante, KV 366, Länge: 03:48 Solisten: Waldemar Kmentt; Ernst Haefliger; Pilar Lorengar; Elisabeth Grümmer u.a. Chor: Chor der Wiener Staatsoper Orchester: Wiener Philharmoniker Dirigent: Ferenc Fricsay Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart Label und Best.-Nr: keine „Buh aus Nordwest“. Eine Lange Nacht über Opernskandale Seite 8