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Nein, der Arbeitsalltag von Privatdetektiv Müller sieht anders aus. Ein Großteil seines Jobs besteht aus Warten. O-Ton in allen Bereichen, in denen wir arbeiten, steht Diskretion an 1. Stelle. Wir sind jetzt hier nicht der typische Philip Marlowe, der mit hoch geschlagenem Kragen Mütze auf dem Kopf und qualmender Zigarette da sitzt und wartet bis das Telefon klingelt, oder seine Blondine reinkommt und ihm den Kaffee bringt, haben wir manchmal leider nicht, sondern wir sind letzten Endes, sagen wir mal, ein Dienstleistungsbetrieb. Regie: Atmo Büro Autor 2: Müller heißt eigentlich anders. Aber er möchte nicht mit seinem richtigen Namen auftreten. Was irgendwie mit seiner Vergangenheit als Drogenfahnder zu tun hat. Vor allem mit dem Ende seiner Ermittlungstätigkeit, über das es verschiedene Versionen gibt. Seine lässt sich, vereinfacht gesagt, in einem Satz zusammenfassen: „Idealismus und Behörde – das passt nicht zusammen!“ Man wolle ihn aus der Schusslinie herausnehmen, hatte man ihm gesagt, und all diese Dinge, die in der Regel ein Karriereende einleiten. Aber das ist schon eine Weile her. Und darüber reden möchte er nicht. Schlimm genug, dass er hier mit seiner eigenen Stimme auftreten soll. Es gibt relativ vieles, was er an sich mag. Seine Stimme gehört definitiv nicht dazu. O-Ton Ich selbst tue mich mit dem Wort Privatdetektiv auch grundsätzlich schwer, ich selbst bezeichne mich eher als so genannten Ermittler. Weil wir Sachen auflösen, anschauen, beobachten. Seitens der Polizei sind wir oftmals nicht so gut angesehen, irgendwie son Hobby-Detektiv, der jetzt rum rennt wie im Fernsehen, und ruft dann hektisch an bei der Polizei, ich weiß was, klar gibt's in unserer Branche auch Spezialisten und Laien. Regie: Atmo Büro Autor 3: Wobei natürlich einigermaßen klar ist, auf welcher Seite er selbst sich ansiedeln würde. Im Zweifel kommen die Kunden am Ende ja dann doch eher zu ihm als zu anderen. Ganz einfach deshalb... O-Ton ..weil andere Leute das nicht bearbeiten können! Warum bestellt jemand, der zuhause defekte Rohrleitungen hat, einen Sanitär-Menschen? Ich möchte mir das letztlich nicht anmaßen über Leute zu reden, wer kann was und wer kann es nicht. Regie: Atmo Büro Autor 4: Es reicht ja, dass er es weiß. Eigentlich ist ihm selbst nicht ganz klar, warum er sich darauf eingelassen hat, dass jetzt jemand mit einem Mikrofon hinter ihm her rennt. Seine generelle Meinung über Journalisten ist nicht besonders hoch. Reine Freundlichkeit ist es auch nicht, denn Müller kann durchaus unfreundlich sein, wenn er es für angemessen hält. Vielleicht möchte er einfach mit ein paar Missverständnissen seines Berufes aufräumen. O-Ton Wir brauchen keine Durchsuchungsbeschlüsse, na klar, dürfen wir auch nicht überall rein aber man kann sich immer wieder, sage ich mal, legale Tricks verschaffen, um irgendwo Zugang zu bekommen. Um irgendwas festzustellen. Grundsätzlich dürfen verfolgende Strafbehörden nicht in irgendwelche Wohnungen rein, Telefone abhören, da haben wir natürlich, sag ich mal, andere Möglichkeiten. Autor 5: Ganz theoretisch zum Beispiel... O-Ton ....wenn sie da genug Zeit haben, könnte man unter Umständen, rein hypothetisch gesehen, dort was einbauen. Was natürlich verboten ist, möchte ich ganz klar hier erwähnen! Abhören von fremden Personen ist natürlich untersagt. Recht am eigenen Wort. Unversehrtheit der Wohnung, glaube Artikel 13 Grundgesetz. Regie: Atmo 3 Schritte Straße außen, Husten, Autor 6: Am Abend führt ihn ein Auftrag in eine Einfamilienhausgegend im Berliner Norden. Müller schleicht durch verlassene Straßen und nähert sich einem Auto, das er vor zwei Tagen hier abgestellt hat. Im Inneren befindet sich, perfekt getarnt, eine Videoanlage, mit deren Hilfe Müller eine Reihe von PKW-Sachbeschädigungen aufklären soll. Der Auftrag kommt von einem Anwohner, der einen Nachbarn im Verdacht hat. Die Polizei ist bislang nicht tätig geworden. O-Ton Solange es nicht ´ne Großserie von 20, 30 40 Fahrzeugen ist, interessierts´ keinen, und somit bleibt der Betroffene auf seinen Kosten sitzen. Gut, will jetzt nicht an unserer Exekutive zweifeln, Bußgeld einsammeln klappt ja ganz gut, im Zuge der Strafverfolgung aber, der eine oder andere einfach auf der Strecke bleibt. Regie: Atmo Straße Autor 7: Und dann kommt Müller ins Spiel. Die Chance, den Täter auf diese Weise zu überführen, gibt er mit 90 Prozent an. Nach Autokratzern Ausschau zu halten, klingt eher alltäglich als besonders dramatisch. Aber gerade darin besteht ja die Berechtigung eines Privatdetektivs. Dinge zu tun, für die die Polizei keine Kapazitäten hat. Regie: Atmo 4 Schritte Autotür zu, Atmen, „Ok, die neue Batterie ist dran. Das wars.“ Autor 8: In der nächsten Nacht wird das Video den Nachbarn, auf den sich der Verdacht richtet, dabei festhalten, wie er mit einem Schraubenzieher am Lack eines Autos entlangschrammt. Müller liefert die Bilder, ein Protokoll und einen Bericht. Seine Arbeit ist damit abgeschlossen. Regie Atmo: Schritte, Büro O-Ton Die Beschaffung von Fakten, ist sehr vielschichtig. Wir haben einerseits Fälle, wo wir den Unternehmen helfen, im Zuge von Schwarzarbeit, Fremd- Leistungs-Betrug, Einschleusung von Mitarbeitern, um, sagen wir mal, kriminelle Handlungen, Abhandenkommen von irgendwelchen Gütern, das dann entsprechend über unser Büro dann mit geschulten Personal eingeschleust wird, mit Legendenbildung letzten Endes, sich in den Arbeitsalltag integrieren, um dort an Informationen zu kommen, aufzuklären. Regie: Atmo Büro Autor 9: Auch wenn ihm im Prinzip kein Fall zu schwer ist: Es gibt Situationen, da muss auch Müller ablehnen. Wenn der Auftrag ihn an seine eigenen moralischen Grenzen führt. O-Ton Alles wollen wir auch nicht immer machen. Für Privatpersonen machen wir jetzt keine Personensuchen, die uns im Vorfeld suspekt vorkommen. Gerade im Hintergrund auf unsere anderen Religionen, ich möchte das sehr vorsichtig ausdrücken, die haben eine andere Einstellung, da kommt es auch vor, dass Frauen zum Beispiel abhauen. Wo wir nicht wissen, was mit den erlangten Daten, wenn wir die Person gefunden haben, dann eventuell passieren könnte. Das sind Aufträge, die machen wir halt nicht. Regie: Atmo Büro Autor 10: Müller, der mit seinen Leuten in der klaren Sprache von Männern redet, die wissen, worum es geht, spricht, sobald er sich in der Rolle des Interviewten sieht, so wie er observiert: unauffällig. Nebelwerfer und Blendgranaten, Verschleierung und Wegducken. Detektivdeutsch. Ein Meer aus Substantiven, eine Mischung aus Beamtenfloskeln und Politikersprache. Sätze, in denen man sich verlaufen kann. O-Ton Im Zuge der Erörterung dieser Sachverhaltsproblematik, und der Lösungsmittelerstellung, um es mal so rum auszudrücken, stellen wir dann auch fest, in der Regel, wie die Beweggründe sind. Regie: Atmo Büro Autor 11: Ein Satz, der wie eine Gräte in der Luftröhre hängt. Müller steckt sich die nächste Zigarette an und sagt, es geht im Grunde immer um dasselbe: Anwälten und Gerichten zuzuarbeiten. O-Ton Dann haben wir die privaten Interessen, Sorgerechtsangelegenheiten, manchmal Untreue oder Erbschaftsangelegenheiten, Personensuche. Manchmal kommen Leute, die vor 40 Jahren irgendjemand verloren haben, wollen wissen, wo der ist. Autor 12: Und meistens findet er sie ja auch. Egal, wie dünn die Angaben der Auftraggeber sind. Manchmal hat er nur einen Vornamen oder ein altes Foto. O-Ton Unsere Firmenphilosophie ist so ähnlich wie im handwerklichen Bereich, geht nicht, gibt's nicht. Bei uns geht fast alles! Jetzt können wir aber auch nicht zaubern. Alle kochen nur mit Wasser, wie überall, die Frage ist nur immer die, wer gibt welche Zutaten ins Wasser? Regie: Atmo Büro fortsetzen Autor 13: Eine gewisse Rolle spielt dabei die Technik. Am nächsten Morgen ist Müller wieder im Büro und checkt das Equipment für den nächsten Einsatz. Regie: Atmo Geklapper, O-Ton: „Das sind die Schlüssel, alles verschlossen, so hier schon mal ein kleines Repertoire, GPS-Sender, alles was man halt so braucht...“ Autor 14: In mehrere Schränke verteilt liegen Allzweckhandschuhe und klassisches Kohlepulver für Fingerabdrücke, Handschellen Minisender und Kameras, die man zum Beispiel in eine Wanduhr einbauen kann. Regie: Atmo & O-Ton „Dann haben wir zum Beispiel Nachtsichtgeräte, Handgeräte, gibts auch größere Formen (Reißverschluss), dürfen sie nicht natürlich im Hellen benutzen, sonst gehen sie in der Regel kaputt, dann sieht man die Menschen, wenn man durchschaut im grünen Licht, dann haben wir da Verkleidungsutensilien, Mützen und so‘n Kram.“ Autor 15: Aus einem Auto heraus zu observieren, ist die eine Sache. Aber manchmal muss er auch gar nicht selbst da sein. Gerade in diesen Fällen ist Technik sehr hilfreich. O-Ton Was haben wir hier? Bewegungsmelder getarnt als Anschlussdose zum Beispiel, die Signale geben, wenn irgendwo jemand rein oder raus geht. Gibt hier Verteilerkästen, beispielsweise die Lampe, auch schon mal eingesetzt bei der Überwachung von einem Hausflur, wo auch Straftaten verübt worden sind. Das ist praktisch in der Mitte der Schraube, ungefähr die Größe von 1 mm, da sitzt eine Kamera dahinter. Regie: Atmo Geklapper Autor 16: Natürlich hat auch die Technik ihre Grenzen. Aufnahmegeräte und Kameras brauchen Strom. Je kleiner sie sind, desto öfter müssen die Batterien gewechselt werden. Und dass man einfach einen Sender ans Auto heftet und immer weiß, wo der andere sich gerade aufhält, ist natürlich auch eine Illusion. O-Ton GPS-Sender sind toll, aber sie sind nicht das Allheilmittel wie immer alle denken, der zeigt mir wo die Stoßstange steht, aber der teilt mir nicht mit wo der Mensch, der die Stoßstange bewegt hat, hingegangen ist. Regie: Atmo Vögel/ anfahrende Autos Autor 17: Zwei Stunden später. Einsatzbesprechung auf einem Parkplatz in Berlin Pankow. Neben Müllers Audi haben noch zwei Mitarbeiter ihre Wagen geparkt. Die Sonne scheint, ein milder Tag, es gibt schlechteres Wetter für eine Observation. Der Auftrag: Eine Frau aus einer IT-Agentur wird von ihrem Exfreund gestalkt und möchte gerichtlich eine Verfügung gegen ihn erwirken. Müller soll die Beweise ranschaffen. O-Ton Wir haben uns heute nochmal getroffen, wegen unserem Einsatz für unsere Stalkerkiste, Der stellt der Frau immer noch nach...Frau Müller kommt jetzt bald nach Hause. Würd ich vorschlagen, machen wir das erstmal stationär, dass wir die markanten Punkte um das Objekt abdichten. Autor 18: Nicken in der Runde, stilles Einverständnis, einer schiebt sich noch ein Schinkenbrot rein. Sie wissen, was zu tun ist, die beiden anderen sind auch Ex-Cops. Die Positionen werden so verteilt, dass alle Zugänge zur Anlage, in der die Privatwohnung der Agenturmitarbeiterin liegt, sowie die beiden zuführenden Straßen komplett im Sichtfeld der Ermittler liegen. O-Ton Kollege: Ich hab gestern immer die Kreuzung gehabt, wenn er der irgendwie in Richtung WA oder zu dir, das hätte ich immer mitgekriegt. Und ich geh dann vorne zur anderen Hauptstraße, und decke die anderen Kreuzungen ab. Kollege: Dann läuft der bei mir auf, ne. Regie: Atmo außen Parkplatz Autor 19: Nun werden noch die Einsatzunterlagen verteilt. O-Ton Hier sind nochmal die Objektunterlagen drin, Fotos, Geschädigte, relevante Fahrzeuge haben wir, spielt ein schwarzer Daimler Benz ne Rolle, mit dem er oft herkommt, oft in der Nähe geparkt. Kollege: Was dabei? Gestern einen Beutel, son weißen Leinenbeutel, vermutlich Fernglas oder son Schrott... Kollege: Wenn die Dame da ist, und er sollte da sein und setzt ihr nach, fahren wir dann mit? Ja, den werden wir dann schon begleiten, auch um der Frau Schutz zu gewähren, und um die Sache zu dokumentieren...Ja dann gutes Gelingen. Wenn wir uns über Funk abstimmen, sprechen wir uns mit Position an. Also Karl Position A ich, B, ja, ist das Beste. Und immer denken an den alten Grundsatz: Deckung geht vor Sicht! Gut. Regie: Atmo außen Parkplatz Autor 20: Einer der beiden Kollegen war am Vortag nicht dabei. Ein paar Fragen stehen deshalb noch im Raum, bevor es losgehen kann. O-Ton/ Atmo Schick dieses Foto gleich nochmal rüber. Kollege: Und, was hat er gestern angehabt? Freizeit? Wieder Business. Schwarze Schuhe, leichte Brille. Kollege: Haste Ihn schon mal ohne Brille gesehen? Nee. Sonnenbrille? Nein ganz normal. Er raucht auch, recht markant. Autor 21: Jeder geht in seinen Wagen zurück, nur Bernd muss noch kurz was erledigen. O-Ton Kollege: Ich werde noch was auf den Weg bringen, um die Ecke. Damit ich auch durchhalte. Er: Nur, dass wir in 5 Minuten dann komplett stehen, denn dann geht’s auch los. (Funkgerät, piept) …so ist an, auf der 2, o.k., hab für den Notfall noch ein paar Fotoapparate mitgebracht, braucht noch einer Ferngläser? Hier ist noch ein Foto. Ich habe alles. Hut, Stock und Gesangsbuch. Und wichtig: Alles dokumentieren, aufschreiben. Wie immer. (Motor wird eingelassen. Tür geht zu.) Regie: Atmo Auto innen/Straße Autor 22: Und dann geht alles sehr schnell. Nur eine Viertelstunde nachdem die Privatdetektive ihre Positionen bezogen haben, fährt auch schon der schwarze Mercedes des verschmähten Freundes vor. Absprache über Funk. O-Ton Parkt direkt hinter mir ein. Gut dann halte ich mich hier erstmal zurück, über 2 Meter. 1. Kontakt, positiv. Der ist hinten bei Standort C. Hat dort sein Auto eingeparkt, in der Mitte der Straße. Nee, bleibt erstmal da. Soweit wie wir gesehen haben, ist sie noch nicht da. Vielleicht baut er sich im Vorfeld schon auf. Alles klar mein Freund. Bis gleich. Regie: Atmo weiter Autor 23: Müller versucht über Funk seinen Kollegen zu kriegen. Aus irgendwelchen Gründen klappt es nicht. O-Ton Naja warten wir erst einmal, wird sich gleich melden. ER kann wahrscheinlich gar nicht sprechen. Weil, wenn tagsüber, Autos, wo keiner drin sitzt, anfangen zu sprechen, dann sieht's ja auch komisch aus für andere... Autor 24: Manchmal kann Müller sehr lakonisch sein. O-Ton So, Monsieur hat sich im Nahbereich aufgehalten, ist dann aber wieder zum Auto, ist jetzt mit dem Auto weggefahren. Ist halt voll der Zappelheini. Aufgeregt, und läuft völlig unkontrolliert. Das macht die Sache natürlich nicht einfacher. Und jetzt fährt er gerade hier vorbei und biegt rechts hier ab, wie wir gerade sehen. Autor 25: Müller reißt seine Spiegelreflexkamera mit dem 200er Tele hoch und drückt mehrmals auf den Auslöser. O-Ton (Kameraauslöser) Genau an der Ecke, hat das Jackett links über die Schulter geschmissen, (Auslösergeräusch). So, jetzt habe ich ihn erstmal ein paar Mal auf der Linse. Blickt jetzt nach rechts wieder, läuft jetzt Richtung WA. Langsam. Kann sein, dass er von hinten über den andern Häuser Komplex eintaucht, der steht nämlich jetzt genaue Höhe Einfahrt. Zu dem querstehenden Wohngebäude. Noch sehe ich ihn, er bleibt jetzt rechts, Blickrichtung Standort Höhe zweiter Hauseingang. Regie: Atmo Straße Autor 26: Der Privatdetektiv beobachtet einen Menschen, der von innerer Nervosität getrieben, ruhelos zwischen den Häuserblocks entlangstreift. Müller hält ihn in dieser Phase nicht wirklich für gefährlich, es scheint, als wolle der Stalker nur unbestimmte Informationen über seine Exfreundin sammeln. Den direkten Kontakt zu ihr hat er, obwohl sich bereits mehrfach die Gelegenheit geboten hätte, bisher nur einmal gesucht, als er sich ihr mit dem Wagen direkt in den Weg stellte. Sie sollte nur sehen, dass er da war. Dass er sie beobachtete. Müller, der in viele Abgründe der Gesellschaft geschaut hat, sind solche Menschen nicht fremd. O-Ton So‘ne zweigeteilte Persönlichkeit wieder, verletztes Selbstwertgefühl, gestörter männlicher Ego... krank, wie der Rest unserer Gesellschaft. Nach der Trennung nicht darüber hinweggekommen. Dass jemand, der bereit ist, jeden Tag, eine weite Wegstrecke auf sich zu nehmen, um Kontrollmechanismen in Gang zu setzen oder irgendwelche Informationen erlangen will, ist schon irgendwie krank. Und das schlimme ist, davon gibt´s ganz viele in dieser Stadt! Regie: Atmo Straße Autor 27: Die Observation folgt einer eigenartigen Dramaturgie. Die Bewegungen des Stalkers, so scheint es, lassen sich kaum vorhersagen. Offenbar gedankenversunken schlendert er die Straße entlang, zieht plötzlich das Tempo an, steigt in den Wagen, fährt einige Minuten umher, und tritt dann plötzlich wieder als Fußgänger in Erscheinung. Misstrauisch kontrolliert er seine Umgebung, lässt seine Blicke in Straßenschluchten schweifen. Müller observiert einen, der selbst observiert. Umso wichtiger ist es, ein paar Regeln zu beachten. O-Ton Musste sehen, dass de halt unentdeckt bleibst, beim Hinterherlaufen nicht zu nah, nicht zu dicht, kommt immer aufs Objekt an, wie bewegt er sich jetzt, langsamer, musst halt langsamer laufen, oder ist der aufgedreht, beobachtet der sein Umfeld? In der Anfangsphase hältste einen gewissen Abstand, stellst dich auf die Person ein, musst halt anfangen, ihn so ein bisschen zu lesen, halt. Autor 28: Aber dieser hier scheint kaum lesbar. O-Ton (Autoschlüsselgeklapper. Atmung.) (Funkruf) Ja er kommt zu mir. Mach mal auf Lautsprecher, ich versuche kurz das Telefon runter zu nehmen, so, jetzt wartet er, ich habe ihn, steht vor der Schranke kurz vor der Straße, 20 Meter, er läuft, kommt jetzt genau von einer Straßenecke. (Funkgerät. Kameraauslöser), ja, jetzt geht er da rüber. So, erreicht die andere Seite,(Kamera) er hat auch ein kleines Tabakwarenproblem, irgendwie, der hat ja schon wieder ne Kippe im Gesicht. Regie: Atmo Straße Autor 29: Natürlich gäbe es eine naheliegende Lösung, die Müller geradezu in den Fingern juckt. Aber erstens wird er für etwas anderes bezahlt, und zweitens geht es natürlich nicht, dass er einem Straftatbestand mit einem anderen begegnet. Und auch wenn er seine ganz eigenen Ansichten zu diesem, wie er sagt, angeblichen Rechtsstaat hat, steht er ja auf der Seite des Rechts. Und wird sie auch nicht verlassen. O-Ton Man könnte jetzt auch sagen, ok ich geh jetzt raus, und dann unterhalten wir uns mal im Hausflur, um es mal so auszudrücken, aber ist ja auch verboten. Autor 30: Plötzlich erschrickt sich Müller, denn seine Zielperson geht direkt an seinem Auto vorbei. O-Ton So jetzt kommt das wieder hoch, na ja, geh ich mal von aus, er fährt jetzt weiter in deine Richtung, oh Scheiße, jetzt bleibt der hinter mir stehen, jetzt muss ich mir kurz was einfallen lassen, ich meld mich gleich nochmal, ja. Ach du Scheiße, der steht gleich neben meinem Auto. Regie: Atmo Straße Autor 31: Müller rückt tief in seinen Sitz. Der andere hat ihn nicht gesehen. Es gibt jedoch ein anderes Problem: Was Müller nämlich ein bisschen stört, ist die Tatsache, dass die Auftraggeberin, entgegen ihrer Absprache, nicht rechtzeitig in ihre Wohnung zurückkehrt. Er wartet noch eine Stunde, dann bläst er die Operation für den heutigen Tag ab. O-Ton Er ist nicht da, sie ist nicht da, ist jetzt soweit, sag ich mal, Lageberuhigung. Gegen Null, neue Lage Rückenlage..ja, dann stellen wir jetzt ein, werden wir morgen sehen, was passiert. Morgen 18 Uhr. Regie: Atmo Straße Autor 32: Auch der Kollege ist etwas unzufrieden. Vielleicht wäre die Observation anders verlaufen, wenn die Frau, wie vereinbart, zu Hause gewesen wäre. O-Ton Aber man könnte das doch auch im Sinne des Kunden einfach mal so ein bisschen straffen, indem man wirklich abspricht oder vielleicht sagt, ok, du bist zu dem Zeitpunkt immer da...Müller: Wird ja größtenteils gemacht, aber guck mal, wenn die sich dann selber nicht dran halten, dann kannst ja besprechen, was du willst, entweder halten sich alle dran oder nicht halt, ne. O-Ton Na gut, ich hab noch einen langen Weg vor mir, aber jetzt brauch ich ja nur die Hälfte der Zeit,.. bis morgen, alles Gute, du hast soweit alles durch ja, ok! (Autotüren klappen zu) Regie: Atmo Auto fährt an/ Autogeräusch entfernt sich langsam Autor 33: Am nächsten Tag läuft es besser. Müller gelingen Fotos, mit denen nachweisbar ist, dass der Stalker sein Opfer mit dem Auto durch die halbe Stadt verfolgt. Sein Job ist vorerst erledigt. --- Ende --- 1