COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Es darf ohne Genehmigung nicht verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden. KULTUR UND GESELLSCHAFT Organisationseinheit : 46 Reihe : Literatur Kostenträger : P 62 110 Titel der Sendung : Vom Buch auf die Leinwand Millionenpublikum für Literaturverfilmungen Redakteurin : Barbara Wahlster Sendetermin : 9.2. 2010 Regie : Beate Ziegs Besetzung : SprecherIn/Autorinnentext, Sprecher + Sprecherin für Voice-Over Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig © Deutschlandradio Deutschlandradio Kultur Funkhaus Berlin Hans-Rosenthal-Platz 10825 Berlin Telefon (030) 8503-0 Atmo 1, Breakfast & Books beginnt, Begrüßung auf Englisch, ?good morning?, die Vertreter der Frankfurter Buchmesse werden erwähnt, steht bis dahin 0?15 frei, dann leise weiter unter AutorenText 1 (0?50) Der ehemalige Sitz des Preußischen Landtags, heute das ehrwürdige Abgeordnetenhaus von Berlin, steht Anfang Februar ganz im Zeichen der Berlinale. In einem Frühstücksaal des Neorenaissancebaus am Potsdamer Platz schlürfen Dutzende von Filmproduzenten Kaffee, beißen in Brötchen und löffeln Rührei, während Verleger und Literaturagentinnen sich bemühen, ihnen ausgewählte Bücher schmackhaft zu machen. Die sind nach Meinung der Veranstalter allesamt besonders geeignet, als Film über die Kinoleinwand zu flimmern. Breakfast & Books, Bücherfrühstück, heißt diese Versammlung im Rahmen des Co Production-Markets, des Verkaufstreffs für die Branche im Rahmen der Berlinale. Das Festival hat sie 2006 in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse ins Leben gerufen, um die Buch- und die Filmwelt zum beiderseitigen Gewinn zusammen zu bringen. Es ist der weltweit erste Stoffe-Markt für Literaturadaptionen, der auf einem großen Filmfestival angesiedelt ist. Atmo 2, Begrüßung, kommt kurz hoch, dann weiter unter AutorenText 2 (0?15) Ein Dutzend ausgewählter Bücher haben die Verlage mitgebracht. Bestseller, mit Preisen ausgezeichnete Romane oder brandneue Werke, die erst im Laufe des Jahres veröffentlicht werden. Auf dass Filme daraus werden, zum gegenseitigen Nutzen. Co-Production Market-Leiterin Sonja Heinen wünscht allen Glück: Die Produzenten mögen ihre Geschichten finden und die Verlage Abnehmer für Filmrechte. Atmo 3, Co-Production Market-Leiterin Sonja Heinen wünscht auf Engl. allen Glück: die Produzenten mögen ihre Geschichten finden und die Verlage Abnehmer für die Filmrechte, steht 0?15 frei, dann unter AutorenText 3 (15) Was in der deutschsprachigen Buchbranche Rang und Namen hat ist da, vom Aufbau-Verlag über Diogenes und Heyne bis Random House und Suhrkamp. Terrorismus-Thriller haben sie mitgebracht, Fantasy-Romane und Historien-Dramen. Heiße Ware für die Filmfirmen, hofft Gesine Lübben vom Diogenes Verlag. O-Ton 1, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?15 ?Bei Büchern weiß man einfach, was man hat: Man hat ne Geschichte, man kann der Phantasie freien Lauf lassen, man kann sich bereits einen inneren Film zurecht legen und Schriftsteller sind kompetent im Geschichten erzählen und das ist genau das, was im Film eben auch gesucht wird.? Atmo 4, Start des Pitchings (?Syd, get the show running now?), Gelächter, Beifall), steht 0?15 frei, dann unter AutorenText 4 (0?25) Das so genannte Pitching beginnt: Schick gekleidete Verlagsvertreterinnen erklimmen eine kleine Bühne, erzählen im Gespräch mit der aufgedrehten Berlinale-Mitarbeiterin Syd aus den USA kurz den Inhalt des Buches und versuchen die anwesenden Produzenten davon zu überzeugen, dass der Roman geradezu prädestiniert ist für die Kinoleinwand. Viel Zeit haben sie dafür nicht: jeweils nur ein paar Minuten. Die Berlinale ist ein internationales Film-Festival, also wird Englisch gersprochen. Atmo 5, Pitching, 0? 15, Carolina Lehmkuhl vom Aufbau-Verlag stellt ?Der Lavagänger? vor und erklärt, warum das ein toller Film wäre, Engl. (OV) Syd?: ?Unser erstes Buch heute ist ?Der Lavagänger?, vom Aufbau-Verlag. Bitte begrüßen Sie Carolina Lehmkuhl? (Applaus). Weiterers Pitching unter AutorenText 5 (0?20) ?Der Lavagänger? von Reinhard Stöckel wurde von der Literatur-Kritik als einer der gelungensten Familienromane der letzten Zeit hoch gelobt. Eine verschlungene, ein Jahrhundert umfassende Geschichte um einen deutschen Auswanderer, die unter anderem auf Hawaii spielt. Syd fragt die Verlagsvertreterin, warum der epische Stoff ihrer Meinung nach gut verfilmt werden könnte. Atmo 6, Pitching ?Lavagänger?, 0?20, C. Lehmkuhl antwortet, Engl./OV: ?Es ist ein sehr bildhaftes Buch, voller Farben und exotischer Schauplätze. Und es hat zwei starke Charaktere?. Syd: ?And I can?t wait to see it as a movie! Thank you Carolina!?, Beifall, Pitching geht weiter, unter AutorenText 6 (15) Ein historischer Stoff an exotischen Schauplätzen: Würde das Buch verfilmt, hieße das hohe Drehkosten und teure Kostüme. Die Filmrechte für den ?Lavagänger? zu verkaufen, wird also schwierig, aber heutzutage müsse ein Verlag seinen Autoren mehr bieten, als lediglich ihre Texte zu veröffentlichen, sagt Carolina Lehmkuhl vom Aufbau-Verlag. O-Ton 2, Carolina Lehmkuhl, 0?20 ?Man kann nicht nur das Buch machen, sondern muss auch dafür sorgen, dass ein Buch ins Ausland übersetzt wird oder dass nen Film draus gemacht wird. Und es ist auch in der Finanzierung der Verlage ein Punkt, den man mit berücksichtigt. Weil nur wenn alles zusammen kommt auch irgendwo ein Schuh draus wird.? AutorenText 7 (50) 20-tausend bis 80-tausend Euro werden in Deutschland für die Rechte an einem Buch bezahlt. Ein Zusatzgeschäft, das in Krisenzeiten immer wichtiger wird. Mittlerweile beginnen die Verlage sogar, eigens Mitarbeiter wie Carolina Lehmkuhl zu beschäftigen mit der Aufgabe, Bücher auf die Leinwand zu bringen. Sie setzen dabei auch auf Hinweise aus dem Lektorat. Und bedienen einen riesigen Zukunftsmarkt: Schätzungsweise ein Drittel der etwa 500 Filme, die jährlich in die Kinos kommen, beruhen auf einer literarischen Vorlage. Und nach Ansicht der Literatur-Nobelpreisträgerin Nadine Gordimer werden es noch mehr werden: Das Zeitalter der Schrift sei vorüber, meinte sie unlängst, die Ära der Bilder breche an. Nüchtern betrachtet bedeutet der Rechte-Erwerb für die Filmfirmen zusätzliche Kosten, die sie natürlich nicht ohne Grund auf sich nehmen , sagt Sonja Heinen, Leiterin des Berlinale Co-Production Markets, unter dessen Dach das Bücherfrühstück (..) angesiedelt ist. O-Ton 3, Sonja Heinen, 0?40 ?Klar: man muss erst die Option kaufen, dann muss man die Rechte kaufen, das kostet. Man muss einen Autor suchen, einen Drehbuchautor, der ein Drehbuch schreibt und so weiter und so fort. Aber die wissen einfach, OK, es gibt nen Publikum dafür, weil das lesen so und so viele Leute. Und es ist eine gute Grundlage, weil, es ist eine funktionierende Geschichte. Die ist das schon, und die ist das, weil nen Verlag das raus gebracht hat, weil ne Agentur das vertritt und weil es schon Leute gelesen haben oder es lesen werden. Also das ist schon durch viele Qualitätsstufen gegangen. Daraus muss man dann was machen. Das ist aber oft besser, als ohne Grundlage zu starten.? Atmo 7, Pitching für ?Sturmflut? von Margriet de Moor, Engl., steht kurz frei dann unter AutorenText 8 (15) Auf der Pitching-Bühne bietet eine Agentin die Filmrechte von Margriet de Moors Bestseller ?Sturmflut? an: Die tragische Geschichte zweier Schwestern, die denselben Mann lieben, spielt vor dem Hintergrund einer Naturkatastrophe, die 1953 die Provinz Zeeland zerstörte. Atmo 8, Pitching ?Sturmflut? kommt kurz hoch, dann wieder unter AutorenText 9 (15) Produzent Andreas Eicher runzelt die Stirn. Gewaltige Sturmflut? Wassermassen? Das wird teuer. Und seine Produktionsfirma ?Box-Film? in Potsdam-Babelsberg ist (..) kein großes Hollywoodstudio, das mal eben locker ein Millionenbudget stemmen kann. O-Ton 4, Andreas Eicher, Box-Film, 0?20 ?Die Bücher, die mich interessieren, sind dann auch meistens nicht so teuer zu optionieren, weil ich eher im Arthouse-Bereich tätig bin und diese teuren Bücher, da kann man gar nicht mit. Das macht dann ne Constatin oder Ufa Cinema, die jetzt wahnsinnig viel gekauft haben. Und die haben so viel Mittel, da kann son normaler Produzent überhaupt nicht mit.? AutorenText 10 (10) Trotzdem ist Eicher auf der Suche nach Stoffen auch auf dem literarischen Markt. Ihn treibt die Not ans Bücherfrühstück-Buffet. O-Ton 5, Eichner, Box-Film, 0?40 ?Es gibt nicht genug gute, original für den Film geschriebene Drehbücher. Ich bin jetzt seit 13 Jahren Produzent und es ist mir wirklich sehr, sehr selten passiert, das kann man an einer Hand abzählen, dass ich ein fertiges Drehbuch auf den Tisch bekommen hab, wo ich gesagt hab, das ist so toll, das mach ich jetzt. Das Hauptproblem ist, dass die meisten guten Drehbuchautoren, die auch schon mal bewiesen haben, dass sie ein gutes Drehbuch geschrieben haben, meistens dann später nur im Auftrag arbeiten. Und diese Drehbücher krieg ich dann als Produzent, der sie nicht in Auftrag gegeben hat, nicht auf den Tisch. Also dieser Markt von Drehbüchern, der ist extrem klein.? AutorenText 11 (20) Die Frankfurter Buchmesse hat den Bedarf erkannt und wirbt neuerdings mit dem Slogan ?Fast jeder gute Film war einmal ein gutes Buch". Thomas Bellut, der Programmdirektor des Zweiten Deutschen Fernsehens mit einem Budget von jährlich einer halben Milliarde Euro, nennt Bücher seinen ?Kreativtank". Doch was muss ein Buch mitbringen, um auch als Film zu funktionieren? O-Ton 6a, Alby James, Engl./OV, insgesamt 0?60 ?Zunächst einmal braucht es eine Prämisse, ein Konzept, wenn Sie so wollen.? AutorenText 12 (10) Alby James ist für die große Filmfirma ?Eon? aus London angereist, um hier nach geeigneten Vorlagen für Drehbücher Ausschau zu halten. O-Ton 6b, Alby James, Engl./OV Sprecher: ? Das Zweite ist die Welt, in der die Geschichte spielt, oder die Arena, wie ich es nenne. Ich denke, dass Menschen auch ins Kino gehen, um an Orte zu gelangen, an denen sie zuvor noch nie waren. Ob und zu gerate ich an eine Geschichte, die bemerkenswert ist. Nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch, weil sie uns einen Blick auf eine andere Welt bietet. Und das Dritte und Wichtigste ist ein Charakter, mit dem wir uns identifizieren können. Wenn ein Buch den nicht hat, wird der Film nie funktionieren.? Musik 1, Filmmusik ?James Bond?, das ?Bond?-Thema, steht kurz frei, dann unter AutorenText 13 (35) ?Eon? produziert die James Bond 007-Filme, und mit diesem Budget im Rücken hält Alby James nach Geschichten Ausschau, die großes Unterhaltungs-Kino fürs Massenpublikum werden können: Storys mit einem starken Plot, einem prägnanten Konflikt, den man im Pitch in wenigen Sätzen erzählen kann. AutorenText (0?30) Statt sich mit eigentlich eher schwer zu verfilmenden Romanen wie Patrick Süßkinds ?Das Parfüm? zu plagen, greifen die Produzenten neuerdings gern zu Büchern, die schon wie für die Leinwand geschrieben sind. Martin Suters genau komponierter Hochstaplerroman ?Lila, Lila? ist so ein Beispiel. Oder Frank Schätzing, dem Kritiker vorwerfen seinen ?Schwarm? mit festem Blick auf eine Verfilmung geschrieben zu haben. Auch Bücherfrühstück-Chefin Sonja Heinen beobachtet diese Entwicklung: O-Ton, Sonja Heinen, 0?15 ?Ne starke, emotionale Geschichte kommt eigentlich immer gut an. Ne Geschichte, in die man sich rein saugen lässt. Dramatisch und emotional. Und natürlich, dass man als Produzent was findet, das einen sofort greift.? AuotrenText Wie Alby James den historischen Roman ?Die Königin der Meere? von Katja Doubek: Die farbenprächtige Abenteuergeschichte einer natürlich bildschönen Frau, die sich im 18. Jahrhundert als Mann ausgibt und als Piratenkapitän auf Kaperfahrt geht. Eine Literaturagentin stellt das Buch gerade vor. Atmo 9, Pitch ?Königin der Meere?, Engl., steht 0?05 frei, dann unter AutorenText 14 (05) Eine Mischung aus ?Fluch der Karibik? und Yentl: Alby James ist begeistert ? und hat schon erste Verhandlungen aufgenommen. O-Ton 7, Alby James, Engl./OV, 0?15 Sprecher: ?Ich bin sicher, dass die Frau, mit der ich über das Buch gesprochen habe, sich sehr gefreut hat, denn die meisten Produzenten hier fürchten sich vor großen, teuren Filmen. Aber das ist genau das, was wir suchen.? Atmo 10, 0?10 Pitch ?Königin der Meere?, kommt hoch als Convérencière Syd begeistert kreischt: ?Johnny Depp meets Barbara Streisand!?, Beifall unter AutorenText 15 (05) Dass ?Die Königin der Meere? auf dem Buchmarkt nicht weiter aufgefallen ist, stört Alby James nicht. Im Gegenteil. O-Ton 8, Alby James, Engl./OV, 0?85 ?Wenn es ein Bestseller ist, wird es sehr wahrscheinlich einen Bieterwettstreit um das Buch geben. Und der Preis für die Filmrechte schnellt in die Höhe. Also startet man schon mit Kapitalinvestitionen und damit muss die Geschichte bei einem möglichst großen Publikum gut ankommen. Denn dazu kommen ja noch die Drehkosten für die Regie und die Schauspieler und all das. Wenn man diesen Weg einschlägt, ist man auf den Erfolg an der Kinokasse angewiesen. Bestseller suchen wir darum nicht unbedingt. Wir sind genauso interessiert an einem Roman, der vielleicht die Fantasie der Leser nicht so angeregt hat, aber irgendetwas Besonderes hat, das man im Kino zum Leben erwecken kann. Manche dieser Bücher werden dann neu aufgelegt, weil sie das Publikum auf diesem Weg überzeugen.? AutorenText 16 (05) Auch für Andreas Eicher von der Potsdamer Produktionsfirma ?Box Film? ist der Erfolg eines Buches nicht Ausschlag gebend. O-Ton 9, Andreas Eicher, Box-Film, 0?40 ?Ich denke, das Wichtigste ist erstmal, dass man einen Ansatz haben muss wie man daraus nen guten Film macht, das kann sehr, sehr unterschiedlich sein. Wir haben als letztes ja ?Nichts als Gespenster? von Judith Hermann verfilmt und im Kino gehabt. Als ich das Buch gelesen habe, wusste ich überhaupt nicht, dass das son Nummer Eins Bestseller war und war einfach fasziniert von der Idee, mehrere dieser Geschichten zu verweben um daraus eins zu machen, weil alle Geschichten so einen gleichen Geist mitgebracht haben. Und es gibt aber andere Bücher, die ganz klassisch sind, wo einfach eine gute Geschichte erzählt, wo interessante Charaktere auf ne Weise beschrieben sind, die einem ne Menge Arbeit abnimmt, weil man einfach gutes Material da hat, die müssen gar nicht unbedingt bekannt sein.? Kreuzblende zu O-Ton 10 a, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?10 ?Es gibt natürlich auch viele so genannte Sleeper unter den Büchern, tolle Geschichten, tolle Stoffe, die niemals groß raus gekommen sind.? AutorenText 17 Gesine Lübben vom Züricher Diogenes-Verlag. O-Ton 10b, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?10 ?Und das ist dann so unsere Schwerarbeit, dass wir auch solchen Stoffen dann vielleicht doch einmal zu einem Film verhelfen.? AutorenText 18 (30) Auf dass sie dann in einem zweiten Schritt auch als Buch wahrgenommen werden. Erweckte Schläfer sind aber die Ausnahme, meist ist der kommerzielle Erfolg der Auslöser. Denn je erfolgreicher ein Buch, desto größer die Chance, viele Leser in die Verfilmung locken zu können. ?Harry Potter? hat auch an den Kinokassen Rekorde gebrochen. Und die Verfilmungen der drei Millennium-Thriller des Schweden Stieg Larsson zählen in ganz Skandinavien zu den erfolgreichsten Kinofilmen aller Zeiten. 15 Millionen Bücher wurden verkauft, die Filme sorgen auch in deutschen Kinos für volle Säle. Atmo 11, Filmtrailer kündigt markig ?Verdammnis? an, zweiter Teil der ?Kulttrilogie?. Musik, steht 0?15 frei, dann unter AutorenText 19 (25) Vergleichbar zugkräftig hier zu Lande war Bernhard Schlinks ?Der Vorleser?, erschienen 1995 im Schweizer Diogenes Verlag: In fast 40 Sprachen übersetzt; eine Million verkaufte Taschenbuch-Exemplare allein in den USA; die Filmrechte gingen dementsprechend an ein finanzstarkes Hollywood-Studio. Für 1,5 Millionen Mark, wie geraunt wird. Für Gesine Lübben von Diogenes das Paradebeispiel einer allseits geglückten Literaturverfilmung. O-Ton 11, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?20 ?Genau, da hatten wir die Filmrechte und ? das war natürlich das große Glück ? das war ein Weltbestseller, er war in Amerika in der Oprah Winfrey-Show und hat ihn dadurch auf die Nummer Eins der New York Times-Bestsellerliste katapultiert, was ganz extrem selten ist für ein deutschsprachiges Buch. Und wir haben ihn dann an Miramax verkaufen können. Nun haben wir diesen wunderbaren Film, wirklich großartig.? AutorenText 20 (05) Dem Verlag lagen noch Dutzende weitere Anfragen von Filmstudios vor. Der Erfolg des Buches weckte Begehrlichkeiten. O-Ton 12, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?05 ?Wenn sich ein Buch gut verkauft, ist auch meist der Grund, dass die Geschichte wirklich toll ist. Und das ist natürlich auch für einen Film eine wichtige Voraussetzung.? Musik 2, Klavier, Streicher, aus dem Soundtrack von ?Der Vorleser?, steht kurz frei, dann unter AutorenText 21 (0?15) Schlinks Roman über die KZ-Aufseherin Hannah, die in der Nachkriegszeit eine verhängnisvolle Affäre mit einem Schüler hat, ihre Schuld büßt und erst spät begreift, bot diesen eingängigen Primärkonflikt und diese starken Figuren, die für emotionales Kino sorgen. Film-Ausschnitt, Trailer, ?Der Vorleser?, deutsche Stimme von Kate Winslet, 0?25 AutorenText 22 (10) Kate Winslet hat für die Rolle der Hannah ihren ersten Oscar bekommen. Den ?Vorleser? auf die Leinwand zu bringen sei nicht einfach gewesen, sagte sie nach der Vorstellung des Films auf der Berlinale 2009. O-Ton 13, Kate Winslet, aus der Film-PK, Engl./OV, 0?10 Sprecherin: ?Ich fühlte eine große Verantwortung: Natürlich wollte ich dem Buch gerecht werden, aber auch dem Drehbuch. Das war eine schwierige Balance.? AutorenText 23 Die ihr gelungen ist, fand Bernhard Schlink. O-Ton 14, Bernhard Schlink, aus der Film-PK der Berlinale 2009, 0?10 ?Ach, es ist wunderbar, einen Schauspieler zu haben. der das, was ich gemeint habe so gut versteht und so gut ausdrücken kann.? AutorenText 24 (10) Dass ?Der Vorleser? auf der Leinwand wegen der starken Präsenz von Kate Winslet sehr viel mehr Hannahs Geschichte ist, als - wie im Buch - die des Erzählers Michael Berg, stört den Autor nicht. O-Ton 15, Bernhard Schlink, aus der Film-PK der Berlinale 2009, 0?25 ?Wenn man die Rechte an einem Buch verkauft, darf man nicht erwarten, die eigenen Bilder, die man im Kopf hat, im Film wieder zu finden. Man findet im Film andere Bilder wieder, andere Bilder von Szenen, andere Bilder von Personen und die Bilder, die ich wieder gefunden habe, mit denen bin ich sehr glücklich. Es sind andere, als die, die ich im Kopf hatte, aber ich bin sehr einverstanden mit ihnen.? Musik 2,Soundtrack ?Der Vorlser?, steht kurz frei, dann unter AutorenText 25 (0?25) Regisseur Stephen Daldry hatte schon mit "Billy Elliot" und "The Hours" große Sensibilität bewiesen. Sein ?Vorleser? hält sich eng an die Buchvorlage. Es gelang ihm, ein eigenes, visuelles Werk zu erschaffen und gleichzeitig den Zauber des Buches zu erhalten. Das ist große Kunst. Schriftsteller Schlink hat Glück gehabt: Wer Filmrechte verkauft, muss mit der Leinwand-Adaption leben. Die Einflussmöglichkeiten sind gering. O-Ton 16, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?40 ?Das Resultat der Verfilmung kann man nicht vorhersehen. Wir versuchen das im Vorhinein ein bisschen zu steuern, indem wir versuchen, Leute auszuwählen, die uns viel versprechend erscheinen, gute Filme bereits produziert haben, die uns zusagen, dass sie auch entsprechend gute Regisseure, Drehbuchautoren und Schauspieler dafür auswählen werden, und dann geben wir das Projekt praktisch aus der Hand und müssen sehen, was dann dabei raus kommt. Oftmals wird ein Buch verkürzt, die Film-Dramaturgie ist ne andere, das machen wir auch unseren Autoren klar: Sie dürfen nicht damit rechnen, dass es wirklich eins zu eins dann umgesetzt wird. Aber es gibt Glücksfälle und ?Der Vorleser? ist sicher einer von denen, das ist dann wirklich eine Freude zu sehen.? AutorenText 26 (0?20) Auch, weil die Verkaufszahlen für den 15 Jahre alten Roman noch einmal so richtig angezogen haben, als der Film Anfang 2009 in die Kinos kam. Weil es oft Jahre dauert, bis ein Buch dann doch noch zum Film wird, profitieren oft Titel, die längst aus den Schaufenstern verschwunden sind, von dieser Werbung. Auch der neue Roman des Erfolgsautors konnte beim ?Bücherfrühstück? der Berlinale punkten: O-Ton 17, Gesine Lübben, Diogenes Verlag Zürich, 0?10 ?(?) ?Das Wochenende? von Bernhard Schlink, und das ist mittlerweile verkauft an die Ufa Cinema und das sollte ein spannendes Filmprojekt werden.? AutorenText 27 (30) Die Filmrechte für ?Die Habenichtse? wurden ebenfalls hier verkauft. Katharina Hacker erhielt für den Roman 2006 den Deutschen Buchpreis. Aber die Adaption des Drehbuches gehe nicht so recht voran, berichtet die Autorin. Vielleicht bleibt ihr da zunächst eine Enttäuschung erspart, denn beileibe nicht jede Literaturverfilmung glückt. Vor allem große sprachliche Virtuosität und ein vielschichtiger literarischer Stil lassen sich nicht ohne weiteres in Bilder umsetzen. Ein Kinofilm hat in der Regel 120 Minuten. In dieses Korsett muss das Buch gepresst werden. Und das bedeutet: Eindampfen, weiß Alby James von ?Eon?. O-Ton 18, Alby James, Engl./OV, 0?75 ?Ja, sie kürzen und streichen, aber Film ist eine eigene Kunstform. Man kann ein Buch nicht eins zu eins als Film erzählen, kein Publikum würde dermaßen lange im Kino sitzen bleiben. Also musst du als Filmemacher eine Auswahl treffen. Diese Auswahl muss das bewahren, was der Autor sagen wollte, die eigentliche Idee und die Zwischentöne. Und dann muss der Regisseur entscheiden, mit welchen Charakteren er diese Geschichte erzählt und welche Welt er entstehen lässt. In einem Buch gibt es so viele Figuren, die Verfilmung kann sie niemals alle übernehmen. Also wird man immer etwas einbüßen, aber nicht die wahre Essenz eines Buches - wenn die Verfilmung sehr gut gemacht wird und über ein ausreichendes Budget verfügt. Dann sollten auch die Leser zufrieden sein mit der neuen Erfahrung des Buches auf der Leinwand. Es wird anders sein, aber hoffentlich nicht so sehr, dass man denkt, Das ist nicht die Geschichte, die ich mag!? AutorenText 28 (0?15) Genau das denkt man aber oft genug, wenn man Lieblingsbücher im Kino wieder sieht und die Figuren im eigenen Kopf so gar nichts mit denen auf der Leinwand zu tun haben. So mancher Autor krümmt sich im Kinosessel und muss den Erlös für die Filmrechte als Schmerzengeld betrachten. Musik 3, von Jan Costin Wagner, ruhig, elegisch, steht 0?15 frei, dann unter AutorenText 29 (0?15) Jan Costin Wagner komponiert nicht nur, sondern schreibt auch sehr erfolgreich Krimis. Sein stiller, melancholischer Roman ?Das Schweigen?, für den er 2008 den Deutschen Krimipreis bekam, ist gerade verfilmt worden, im Sommer kommt er in die Kinos. Wagner hat den Rohschnitt schon gesehen. Und ist zufrieden. O-Ton 19, Wagner, 0?30: ?Und zwar aus dem Grund, dass der Erzählkern und ja, wenn man so will, auch der sprachliche Kern erhalten geblieben sind. Der Film erschafft meinem Empfinden nach Bilder, die der Sprache des Romans entsprechen. Es war eigentlich so, dass Baran Bo Odar und Jörg Schulze von Cineplus auf mich zukamen und ich vom ersten Moment an dabei ein gutes Gefühl hatte. Ich hab dann Bos Abschlussfilm von der Filmhochschule geschaut: ?Unter der Sonne?, und dieser Film hat mich sehr überzeugt, weil er in Bildern das versucht, was ich in Sprache versuche, nämlich zu reduzieren, auf den Kern zu reduzieren. Und da fand ich sofort eine Korrespondenz zu meinem Schreiben.? Musik 3, von Jan Costin Wagner, ruhig, elegisch, kommt kurz hoch, dann unter AutorenText 30 (0?10) Wagners Bücher durchzieht eine schmerzhaft wehmütige Grundstimmung, sein Stil ist nüchtern, lakonisch, auf das Nötigste reduziert. In das Filmprojekt war der Schriftsteller involviert, das Skript hat er aber nicht selber geschrieben. O-Ton 20, Wagner, 0?25: ?Das wollte ich gar nicht. Ich hab noch nie ein Drehbuch geschrieben und fand es dann schön, dass von Beginn an dieser Kontakt so eng war. Das liegt unter anderem daran, glaub ich, dass Baran Bo Odar auch sehr jung ist, es ist sein Debut-Kinofilm. Und für ihn war das einfach klar, dass er mit dem Romanautor in Korrespondenz treten möchte. Das ist, wie ich inzwischen weiß, gar nicht so üblich. Für den Produzenten galt dasselbe.? AutorenText 31 (0?20) Der Schauplatz von Wagners Romanen ist nicht von ungefähr Finnland: Die nordische Landschaft spielt eine ebenso wichtige Rolle im Leben des Schriftstellers wie in seinen Krimis um den jungen, traurigen Kommissar Kimmo Joentaa, der intensiv und wortkarg unter dem frühen Krebstod seiner Frau leidet. Der Film ?Das Schweigen? aber spielt in der deutschen Provinz: Kein Finne weit und breit. O-Ton 21, Wagner, 0?40: ?Der Film suggeriert nicht Finnland, weil es ein für sich stehender Kinofilm ist, der das innere Drama dieses Romans erzählt, und wir waren uns dann eigentlich einig, nicht deutsche Zuschauer Finnen mimen zu lassen, das wäre etwas gezwungen gewesen weil es ja auch in Deutschland gedreht werden würde, das war klar. Und die Landschaftsbilder, die der Film zeichnet, sind eben ?finnisch?. Oder sie sind so universell. Und das ist eigentlich auch das was ich grundsätzlich möchte: Für mich ist Finnland immer Projektionsfläche für menschliche Dramen, die überall passieren können. Und insofern viel mir das nicht schwer, diesen Schauplatzwechsel vorzunehmen sondern ich war für diesen Kinofilm dann sogar auch der Meinung, dass man das machen sollte.? AutorenText 32 (0?10) Sebastian Blomberg spielt ?Kimmo?, Wotan Wilke Möhring ist mit dabei, Katrin Saß und Caroline Eichhorn. Sie geben Menschen ein Gesicht, die bislang nur in Wagners Phantasie existierten. Ein seltsames Gefühl? O-Ton 22, Wagner, 0?35: ?Naja, ich wusste ja, das es nicht anders geht (lacht). Ich mag die Kunstform Film grundsätzlich sehr gerne, es gibt Filme, die mich auch geprägt haben. Zum Beispiel ?Das Schweigen?, da standen schon diese elliptisch erzählten oder multiperspektivisch erzählten Filme Pate wie ?Shortcuts?. Also der Film hat mich jetzt nicht innerlich geprägt, aber diese Methode hatte mich damals sehr fasziniert: Diese verschiedenen Menschen zu erzählen und dann unmerklich zusammen zu führen. Insofern fand ich es schön, dass jemand, den ich schätze, diesen Film macht und das Buch in diese Kunstform überträgt und ich war dann froh, wenn die Figuren schon Gesichter bekommen müssen, dass es Gesichter sind, die mich sehr überzeugen.? Atmo 12, Pitching, ?Der Weiße Tiger?, Engl., steht 0?15 frei, dann unter AutorenText 33 (0?20) Im Berliner Abgeordnetenhaus ist das Rührei kalt geworden und der Kaffee ausgetrunken. Das Pitching neigt sich dem Ende zu. Filmproduzent Andreas Eicher rüstet zum Aufbruch. Ob er heute fündig geworden ist? Um diese Frage zu beantwortet, muss er die Bücher, die ihn interessieren, denn doch erstmal lesen. O-Ton 23, Andreas Eicher, Box-Film, 0?15 ?Das kann ich im Moment noch nicht sagen, ob da was dabei ist. Ich bin ein Freund von guten Pitches, aber die Bücher müssen erst einmal dann für sich sprechen. Nur ein guter Pitch ist noch kein gutes Buch und das bedeutet auch noch nicht, dass man daraus einen Film machen kann.? Atmo 13, Pitching zu Ende, Syd dankt, Beifall, sanft weg blenden 1