DEUTSCHLANDFUNK Redaktion Hintergrund Kultur / Hhörspiel Redaktion: Ulrike Bajohr Feature Köln, Eifelwall 5. Oder: Wem gehört das Paradies? Von Susanne Krings Produktion: DLF 2015 Sprecherin: Bettina Kurth Sprecher: Michael Witte Ton und Technik: Ernst Hartmann und Oliver Dannert Regie: Die Autorin Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar – Sendung/DLF: Freitag, 4. September 2015, 20.10 - 21.00 Uhr Musik Zitator: Das Klima ist mild. Autorin: Christoph Kolumbus. Logbuch über die dritte Reise in die Neue Welt. Zitator: Die Eingeborenen in dieser Gegend sind gut aussehend, intelligent und mutig. Sie wirken friedlich und freundlich. Alle diese Zeichen stimmen mit dem überein, wovon unsere gelehrten und frommen Theologen sprechen, und ich frage mich, ob ich mich nahe dem irdischen Paradies befinde…. Musik geht über in Atmo 01: Dachabbau. Brutales Sägegeräusch.... Jonas flippt aus. Kettensägen, Jonas flippt rum, weint Ketan: och komm. Du hättest mit mir mal so einen Meditationskurs machen sollen! Musik Ansage: Köln, Eifelwall 5. Oder: Wem gehört das Paradies? Ein Feature von Susanne Krings Atmo 02 Paradies (OKM Feuer Musik) O-Ton 01Ketan: Ich hab hier vor neuneinhalb Jahren mit diesem Stück Erde einen Kontrakt gemacht, hab hier mein Feuer angezündet und hab gesagt, Heilige Mutter Erde, hier werde ich gucken, dass diese Schandtaten, die die Menschen auf der Erde überall tun, inzwischen dich zu vergewaltigen, dich zu missbrauchen, dich auszubeuten usw. hier tu ich es umgekehrt. Alles, was ich hier tue, tue ich für Pacha Mama, Heilige Mutter Erde und alle Lebewesen... das ist mein Kontrakt hier. In diesen Kontrakt nehme ich andere mit auf, die ähnlich, wenigstens einigermaßen, auch dieses Grundgefühl haben, dass unsere Lebensweise grundsätzlich falsch ist. Atmo 03: Klavierharfe Autorin: Ein Mann rollt einen Stein durch Deutschland. Nennt ihn Den Stein des Anstoßes. Sucht das Gespräch mit denen, die ihm begegnen. Seine Generation sei im Laufstall groß geworden, da wollte er raus. Zieht durch die bundesdeutschen Mittelgebirge, erwirbt einen alten Zirkuswagen, lebt darin mit seiner Frau und den beiden Anfang der Achtziger Jahre geborenen Söhnen. Lässt seine Tür stets offen, wie er sagt, als Einladung an alle, sich zu ihm zu gesellen und das Leben zu diskutieren. O-Ton 01b Ketan Ich war damals auch noch, war 24, also war nicht sehr welterfahren, hatte 13 Jahre Schulbildung hinter mir. Hab ein bisschen, fünf Jahre die Arbeitswelt studiert. Zwei Jahre Zivildienst, also dat war meine Lebenserfahrung. Hab ein bisschen im Handwerk gemacht. Konnte ein paar Griffe auf der Gitarre. Und ansonsten hatte ich eigentlich keinen Plan. Autorin: Ketan, bürgerlich Rolf Tepel, geboren 1956 in Krefeld, aufgewachsen im Kölner Süden, kommt 1993 allein nach Köln zurück, engagiert sich in diesem und jenem Projekt als „Landschaftsbewohner“, als „Lebenskünstler“, als „Liebesbeauftragter“. Lebt äußerst bescheiden -von Hilfsarbeiten, von Spenden, von Projektzuschüssen. Aber nie vom Sozialamt. 2006 beginnt er, eine ehemalige Brache in der Innenstadt zu kultivieren, die Erde zu „befreien“ sagt er in einem seiner zahlreichen Vorträge. Atmo 04 Kolbhalle O-Ton 01c Ketan: Wir entern in dieser freischaffenden Form mit rudimentären Strukturen und unseren Werkfähigkeiten, Werkzeugen usw. entern wir irgendeinen verwahrlosten Raum, also mein Motto dabei ist: Nach mir das Paradies. Und ich versuche, durch meine eigene Haltung und meine Handlungen ein Gelände, das vorher vom Kollektiv vergewaltigt wird, verbraucht wird, vermurkst wird durch pflegende, das ist Kultur, also kulturelle Tätigkeiten an der Erde an der Pflanze am Tier am Menschen usw. eben einen Zustand wieder herzustellen, der außerkapitalistisch sozusagen einfach wieder Leben möglich macht. Im besten Falle geeint und zusammen. Und möglichst in einem gemeinsamen Rhythmus. Eigentlich ist das die Grundregel. Das funktioniert nicht anders. Mit der Natur, Leute könnt ihr abschminken, spät aufstehen bringt nix.... Atmo 05 Kolbhalle Regenlied (Ketan spielt Gitarre und singt) Autorin: Ketan lacht. Die Fältchen in den Augenwinkeln zeugen davon, dass er das oft und gerne macht. Der Mann hat Spaß. Ein jungenhafter, energiegeladener Mensch, dem man den bevorstehenden 60. Geburtstag nicht ansieht. Trotz seines grauen Rauschebarts, der, gemeinsam mit einer langen Matte auf dem Kopf, das freundliche Gesicht einpackt. Ansonsten: Grob gestrickte Weste, praktisches Hemd aus dickem Stoff, bequeme Schuhe, Wollsocken, ein grauer Spitzhut aus Filz. Atmo 05 Kolbhalle geht über in Atmo 02 Paradies OKM Feuer Musik Musiker erzählt von vor neun Jahren Mikro nähert sich Trommeln am Feuer und Stimmen, Gespräche, schönes Lied mit Gitarre und Querflöte, Spaß.... O-Ton 02 Mörtter: Ich kenn die Entwicklung des Ortes seit Anfang an. Bin da immer wieder hin. Das war ne Müllhalde. Das war wirklich ein zugemüllter Platz. Ein Nullplatz in der Stadt. Zugewachsen und jeder hat wirklich seinen Müll da hingeschmissen. Und Ketan ist dahin und hat den Platz frei geräumt. Also erst mal hat der den ganzen Müll entsorgt. Dann hat er Beischnitt gemacht, so dass Räume entstehen konnten. Er hat sein... mit dem Bauwagen hat er ja erst angefangen, dann kamen neue Wägen dazu. Autorin: Hans Mörtter ist Pfarrer. Als solcher also Fachmann in Sachen Paradies. O-Ton 02f Mörtter: Beeindruckend fand ich, wie er einen uralten Pflastersteinweg freigelegt hat, der überhaupt nicht erkennbar war und das als Symbol genommen hat für einen Weg in der Stadt, Wege wieder frei zu machen und grundsätzlich einzuladen an das Feuer, das im Grunde permanent brennt und rund um das Feuer zu sitzen und Palaver zu halten, miteinander zu reden. Manchmal hielt er auch Vorträge, die dann wieder in Diskussionen mündeten. Was mir immer gefallen hat, dass es ein Ort ist, der Menschen zusammen führt. Also dass jeder kommen kann. Jeder ist willkommen. Egal, wer er ist. O-Ton 03 Stefan Bohne: Es ist ja auch eine Lebensidee. Das ist das, was ich daran so toll fand, also auch so seltsam das erst mal erscheinen mag, also, als ich dann da war, habe ich auch gedacht, WOW! Das ist mal konsequent. Autorin: Stefan Bohne ist Theater- und Clubbetreiber. Außerdem Schauspieler, Musiker, Gründer und Vorsitzender der Kölner KlubKomm. O-Ton 03b Stefan Bohne: Das hat mir den Kopf komplett umgedreht mal für so einen Moment. Und dafür war es schon gut. Also nur dafür. O-Ton 04 (heftige Café-Atmo im Hintergrund...) André Erlen: Wir sind auf den Eifelwall gekommen, auf das Paradiesgelände im Winter und wir wussten, da lebt Ketan in einem umgebauten Lastwagen, Autorin: Das ist André Erlen. Teil der Theatergruppe Futur 3, die im Sommer 2014 nach dem Goldenen Leben gesucht hat und so im Paradies gelandet ist. O-Ton 04 Andre Erlen: Da gibt es Hütten, Zelte, abgebrannte Gebäude, also auch Holzgebäude, verfallene Öfen, aus Stein gebaute Öfen, ein Baumhaus, das mit Strohballen isoliert wurde, in dem ein anderer Mitstreiter wohnte und viele – ich sag mal – Landartskulpturen, improvisierte hippieartige Installationen.....auch Müll, Wind, Staub, Dreck und natürlich im Winter kein Grün. Fiese Kälte, schöne Kölner nasse Kälte.. Atmo 02 Paradies mit Pepper Autorin: Wenig paradiesisch, die fiese Winterstimmung. Rein äußerlich. Ganz anders das Bild, wenn die Sonne scheint und üppiges Grün, bunte Blüten und phantastisch anmutende Bauten in warmes Licht taucht. Durch Blumen- und Gemüsebeete führen Wege vorbei an bunten Bau- und Zirkuswagen, einer Foodsharingstation. Das Schwein Pepper grunzt sich neugierig verspielt durchs Gelände, Bewohner und Gäste grüßen neu Ankommende freundlich. Atmo Vimeo-Film „Zum goldenen Leben“ ab ca. 2´00 „Herzlich Willkommen hier im Paradies..... Wir beschäftigen uns mit der Frage warum Menschen aussteigen wollen und vor allem wohin!“ Autorin: Zurückfinden zu einem nachhaltigen, sozialen Leben, mit Respekt vor der Natur, das nicht bestimmt ist vom ewigen Gedanken an Höchstleistung, von Geld und Technologie, das ist Ketans Paradies-Vision: Eine lebendigee Skulptur nach dem Vorbild der sozialen Plastik von Joseph Beuys. Kunst ist hier nicht Fetisch, Besitz einiger weniger. Kunst ist Performance und nicht besitzbar. Sie wird gelebt. Denn: Jeder Mensch ist ein Künstler und jeder Mensch hat die Möglichkeit, sein Handeln positiv gesellschaftsverändernd zu lenken. Postulierte Beuys in den Sechzigern. Für Ketan gilt das bis heute. O-Ton/Atmo 06 Archiveinsturz DLF, WDR.... 3. März 2009 Autorin: auf Augenzeugenbericht vom Einsturz. 3. März 2009: Verursacht durch unsachgemäße durchgeführte Arbeiten beim U-Bahnbau stürzt das Historische Archiv der Stadt Köln ein. Mitten am Tag. Dokumente, …...: Versunken in einem Erdloch. Trotz der Warnungen von Gutachtern, die Risse in der Baugrubenwand feststellen. auf Augenzeugenbericht vom Einsturz. 90 Prozent der Archivalien versinken in Schlamm und Wasser. Es wird mindestens 50 Jahre dauern, sie zu restaurieren. Bis heute ist nicht geklärt, wer die Katastrophe zu verantworten hat. Zwei Menschen verlieren ihr Leben. Khalil mit 24, Kevin mit 17. auf Augenzeugenbericht vom Einsturz. Schon im September 2009 bestimmt der Rat :Das neue Archiv soll hier, auf der ehemaligen Brache Eifelwall /Ecke Luxemburgerstr. gebaut werden. In Ketans Paradies. Autorin: Dabei habe es doch und zwar auch 2009 - eine Duldung gegeben, beteuert Ketan, eine Akzeptanz ohne Vertrag, eine mündliche Vereinbarung zwischen dem damaligen Leiter der Gebäudewirtschaft und ihm darüber, dass er mit seinem Projekt bis zum 30. April 2015 auf dem Gelände bleiben darf. Er selbst habe zugesichert, pünktlich mit Sack und Pack, also mit allem Gerät, allen Wagen, all dem, was er und seine Freunde bis zu diesem Zeitpunkt aufgebaut haben, abzuziehen. Er stehe zu seinem Wort. Im Juni 2011 gewinnt ein Architekturbüro aus Darmstadt den Wettbewerb für den Archivneubau. Geplante Eröffnung: September 2015. Dazu hatte der Kölner Oberbürgermeister, schon mal prominent eingeladen. O-Ton 05 Ketan (Räumung) Vor drei Jahren hat er den Bundespräsidenten zur Einweihung.... Ich lad den Bundespräsidenten ein, dann wird das auch fertig. Nicht, das wird fertig und dann lad ich den Bundespräsidenten ein. O-Ton 06 Volker Becker: Das ist gerade beim Thema Stadtarchiv ganz wichtig... der ganze Prozess in seiner Schicksalsartigkeit so angstbesetzt ist, wie das Gebäude, das eben eingestürzt war mit den Menschen, die gestorben sind, was man ja leider immer viel zu schnell vergisst, welchen Preis wir dafür zahlen mussten, für so ne U-Bahn und vermeintlichen acht Minuten schneller sein, dass man sich erst mal davon frei macht von den Ängsten und dass es nie hilfreich ist, angstbesetzte Entscheidungen zu treffen. Und das ist beim Stadtarchiv ja passiert, man hat ne Entscheidung getroffen, direkt sechs oder sieben Tage nach Einsturz des Gebäudes, dass man Ersatz sucht. Autorin: Volker Becker ist Architekt und Stadtplaner. Und organisiert in einer Bürgerinitiative der Anwohner am Eifelwall. Die leben in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Paradies und haben wie Ketan kein Interesse an Bauarbeiten. O-Ton 06b Volker Becker weiter: Dann kommt noch dazu, dass man ausgerechnet sich das Areal aussucht, das die direkte konsequente Weiterentwicklung des Grüngürtels war, auch vor dem Masterplan von Albert Speer. Autorin: Volker Becker spricht von einem Gutachten, das beim Frankfurter Architektur- und Stadtplanungsbüro Albert Speer und Partner in Auftrag gegeben wurde. Und zwar auf Initiative des Vereins „Unternehmer für Köln“. Der Vorsitzende des Vereins, Paul Bauwens-Adenauer, war damals auch Präsident der Industrie und Handelskammer. Die nennt den Masterplan ein „städtebauliches Konzept als Geschenk der Wirtschaft“. In diesem Plan ist das Paradies am Eifelwall Teil eines von sieben so genannten „Interventionsräumen“. O-Ton 07 Volker Becker: Ja, der Eifelwall ist ein Bestandteil des Masterplans, der ja für das ganze Kölner Stadtgebiet gilt und vor allem für den Kernbereich von Köln, Und da geht`s ja vor allem darum, dass die Fortführung des Grüngürtels gewährleistet wird. Und da ist ja erstmal die Problematik, dass man erstmal auch die Interessen der Menschen mit einbeziehen muss, bevor man dann baulich tätig wird. Ganz besonders muss man das sagen, weil ja der Archivbau, der an der Ecke Eifelwall/Luxemburger Straße geplant ist, eben so geplant worden ist, dass er zwar den Kriterien des Masterplans genügt, aber nicht den Menschen und ihren Bedürfnissen vor Ort. Auf Musik Zitator Leben, Raum, Bauten – in dieser Reihenfolge Wenn Städte und Gebäude einladend wirken sollen, muss das menschliche Maß wieder mehr berücksichtigt werden. Dies ist die schwierigste und sensibelste städtebauliche Disziplin. Wird dieser Aspekt jedoch vernachlässigt oder falsch gehandhabt, hat das Stadtleben keine Chance. Autorin: Jan Gehl. Dänischer Architekt und Stadtplaner, der „Städte für Menschen“ entwickeln möchte. Zitator: Die weithin praktizierte Planung von „oben und außen“ muss neuen Planungsverfahren von „unten und innen“ weichen, und zwar nach der Devise: erst das Leben, dann der Raum und zuletzt die Bauten. O-Ton 08 Volker Becker: Der Kernbereich muss erst der Grüngürtel sein und dann die Planung drum herum. Es wird aber genau umgekehrt vorgegangen. Man sieht erst mal alles, was man so umsetzen und planen will, die wirtschaftlichen Interessen, die Gebäude und so weiter und das, was übrig bleibt, wird dann der Grüngürtel. Und das entspricht in keinster Weise irgendetwas, was den Anspruch erheben könnte, ein großstädtischer Park zu sein und auch vergleichbar ist mit anderen Flächen, die der Grüngürtel jetzt schon hat. Autorin: Auch den alten Bäumen im Paradies droht die Rodung, fürchtet Becker. Er will sie in einem Park erhalten. Zum Beispiel die achtzig Jahre alte Zerr-Eiche. Ein eindrucksvoller Baum mit einer besonders ebenmäßigen Krone. Seine Schwester hat Glück: Sie steht im nahegelegenen Volksgarten unter Naturschutz. In der „Liste der Naturdenkmale in Köln“ ist sie unter der Festsetzungsnummer ND 102.01b geführt. Ideen gibt es viele, die das Bauvorhaben Archiv beeinflussen könnten. Zum Beispiel die Freilegung römischer Grabanlagen auf dem Areal. Ketans Paradies soll dabei als „Kunstzone“ erhalten bleiben. Wie auch immer: Der Ort für einen imposanten Neubau ist bestimmt, wie die Menschen ihn erleben dürfen, das ist noch nicht klar. O-Ton 09 Volker Becker: Man muss wissen, dass durch den Grüngürtel auf der linksrheinischen Seite um Köln drum herum überall große Stichstraßen durchgehen. Das sind Hauptversorgungsstraßen, die Richtung Innenstadt führen. Die bis heute aber an jeder Stelle für sich je nach Verkehrslage eigentlich ein Riesenhindernis, d. h. da hört dann schlagartig der Park auf und die Leute müssen sich irgendwie auf die andere Seite schlagen um dann ihren Sonntagsspaziergang oder was auch immer fortsetzen zu können. Auf Musik Zitator: Ein Gang durch die Stadt ist eine besondere Form der Gemeinschaftspflege unter Menschen, die den öffentlichen Raum als Plattform und Rahmen nutzen. …. Urbanes Leben besteht auch aus guter und anregender Unterhaltung. Die Szenerie verändert sich stündlich. Es gibt viel zu beobachten: Verhaltensweisen, Gesichter, Farben, Stimmungen allesamt bezogen auf das wichtigste Thema unseres Lebens: unsere Mitmenschen. O-Ton 10 André Erlen: Denn da soll ja der Grüngürtel entstehen, da soll jetzt das Archiv hin gebaut werden und evtl. auch das Justizzentrum, das neue und dann haben wir da zwar schön nach Masterplan demokratisch abgestimmt haben wir dann die Verlängerung des Grüngürtels, aber eigentlich nicht mehr natürlich als `n toten Grünstreifen, `n Pinkelpark, weil jeder weiß, der auch `ne Stadtplanung macht, zwischen Bahndamm und Luxemburger Str. und Ausfallstraße gibt`s keinen Parkverkehr, da will man nur durch, da geht man nicht hin, um was Schönes zu unternehmen, da muss etwas sein. ----- O-Ton 05a Ketan (Räumung) Am 13. September, an meinem Geburtstag ist diese Zeit rum und dann hätte hier das Archiv stehen müssen. Autorin: Das Kölner stadtpolitische Hin und Her führt dazu, dass keiner der gefassten Pläne eingehalten wird. Anfang 2015 ist Ketan, ganz nach seinem Plan, noch immer im Paradies. Keine Spur vom Archivneubau. Aber dann: Zitator: 12. Mai 2015, Ratsbeschluss der Stadt Köln: „Der Rat genehmigt den Entwurf und die Kostenberechnung für den Neubau des Historischen Archivs mit Rheinischem Bildarchiv auf dem Grundstück Eifelwall inklusive eines Risikozuschlages in Höhe von 10% ...so dass die Gesamtkosten bei brutto ca. 90.142.600 Euro … liegen und beauftragt die Verwaltung mit der Submission und Baudurchführung. Die Finanzierung der Baumaßnahme erfolgt im Rahmen des Wirtschaftsplanes der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln. Abstimmungsergebnis: Mehrheitlich.“ O-Ton 11 Kai Schubert: Und das muss ich sagen, die Wochen, die ich hier war seit Anfang dieses Jahres in den vier fünf Monaten vor diesem 1. Mai, da war dieser Plan, der da in der Küche hing und der auch wo anders war und auch in den Köpfen der Leute war... Autorin: Kai Schubert. O-Ton 12 Kai: Ich bin Fotograf hier in Köln und ich bin zu Anfang des Jahres zu dem Projekt dazu gestoßen. Auf Musik Autorin: „Das Projekt“ ist der Bau eines Wander-Theaters - auf dem Paradies-Gelände. Eines Theaters, das mit auf Reisen gehen soll, wenn Ketans Zeit am Eifelwall abgelaufen ist. Gebaut aus einem ausrangiertem Dachstuhl, Teilen eines Saloons, bunten Scheiben. Auf einer Art Bühne steht ein olles Klavier, Ketans Klavierharfe. Alles arrangiert um einen mit Steinen spiralförmig ausgelegten Boden. Die Steine stammen aus einer von Ketan auf dem Gelände ausgebuddelten Straße. Atmo/O-Ton 08 Jonas Also mit `ner Straße! Also das hat mich ja voll gefreut, dass wir das geschafft haben. Weil, wie du am Anfang gesagt hast, ich will jetzt die Straße hier auch noch verlegen und die ganzen Leute gesagt haben oh Gott, was hat er jetzt wieder vor jetzt will er hier 1000 Steine.....(lacht) den Weg ... und jetzt zu sehen, dass diese Straße sich tatsächlich bewegt hat und hier in einer Spirale gelandet ist.... Wahnsinns Erfolg. O-Ton 11f Kai: Da hat man gesehen, dass die Leute daran arbeiten und das auch wirklich wollen und es waren auch die anderen Leute, die nicht so sehr eng an dieser Vision beteiligt waren, die nur auf dem Platz `ne Unterkunft gefunden hatten, die haben auch dran gearbeitet, dass sie wegkommen. Sprich, die haben ihre Wägen flott gemacht, haben sie ausgebaut und gekuckt, dass sie wegkommen, Alternativflächen suchen. Da ist auf jeden Fall ein Aufbruch sichtbar gewesen. Autorin: Aber: Der Mensch, mit dem Ketan die Duldung ausgehandelt haben will, ist nicht mehr im Amt. Und so kommt es zu vorfristigen Räumungsversuchen. Zum Beispiel am 15. August 2014. In einem Brief vom 14.08. möchte die Leiterin der Gebäudewirtschaft „nachdrücklich darauf hinweisen, dass wir die Flächen nach Ablauf der von mir gewährten Nachfrist, das heißt, ab dem 15.09.2014 für die sodann beginnenden Bauarbeiten zwingend benötigen.“ Atmo Autorin Am 11. Februar 2015, einen Tag vor Weiberfastnacht, passiert dann tatsächlich etwas. O-Ton 25 Ketan: 0´51 Wasser abgestellt, Strom abgestellt, Autorin: Einsturzgefahr im Paradies, heißt es. Das Dach der begehbaren Skulptur, des Theaters, steht in der Kritik Ich musste `n Rechtsanwalt holen, der Herr Roters hat nachts, ist der aus dem Bett geklingelt worden von der Gerichtsvollzieherin und hat nachts den Bescheid bekommen, dass unverzüglich hier Strom und Wasser wieder angeschlossen werden müssen. Geldstrafe 500 Euro pro Tag, wo wir nicht mit Wasser versorgt werden.... So, mit solchen illegalen Aktionen sind wir unter Druck gesetzt worden. Und drei Monate lang, das hat bedeutet, dass wir mit unserem Umbau nicht mehr weiter kamen oder kaum noch und dass ich zum Schluss so mürbe war, dass ich in `ner Nachtsitzung im Rathaus ohne Beisein von meinem Rechtsanwalt dummer Weise diese Unterschrift gegeben hab, die eben, wo ich nochmal bestätigt hab, ja ich will am ersten Mai hier weg sein. Und das war aber so besprochen, dass wir unsere Dinge unsere Umbauten dann auch machen können. Und stattdessen sind wir weiter hier schikaniert worden bis hin zu diesem Polizeieinsatz morgens um sieben um die fünf Dachbalken da abzureißen. Atmo 09 Dachabriss von vorne aufgreifen Autorin: Den Abriss seines Wandertheaters versteht Ketan als widerrechtliche Vertreibung aus seinem Paradies. Er hat doch Bleiberecht bis zum 30. April, bis dahin wollte er sein Theater reisefertig haben. Die Stadt hat sein Recht missachtet, jetzt fühlt er sich auch nicht mehr an die Abmachung gebunden. Sein Anwalt formuliert eine Beschwerde. O-Ton 14 Ketan: Also, O-Ton Louis - Aktenzeichen.... in Sachen Tepel Stadt Köln lege ich für den Antragsteller Tepel gegen den Beschluss vom 12.2. bzgl. Ziffer 1 des Beschlusses Beschwerde ein. Es ist schon falsch, dass es sich um eine mit dem Erdboden verbundene Anlage gehandelt hat. Der Unterzeichnete war anwesend, als Prüfstatiker Pirlet die noch nicht vollendete Großplastik am 10.2.15 pingelig in Augenschein genommen hat. An Eides Statt versichert hiermit der Unterzeichnete: von einer ungeklärten Standsicherheit der behaupteten baulichen Anlage kann also überhaupt keine Rede sein. Wobei noch hinzukommt, dass der Beschwerdeführer sich gegenüber der Antragsgegnerin außerdem verpflichtet hat.....zum Mitnehmen. Das Verhalten der Beschwerdegegnerin bleibt vorsätzlich schikanös.... Atmo 10 Paradies Weiberfastnacht Autorin: Weiberfastnacht sollte ein Theaterprojekt starten. Bis Ostern ein Rückblick performed werden auf die Zeit am Eifelwall. Jeden Tag sollte etwas anderes auf die Bühne kommen, um den Abschied von der Stadt zu feiern. Geht nicht, ohne Dach im Kölner Winterwetter. Atmo 10f Weiberfastnacht Ketan: Also wir haben nen karnevalesken Ruf: Gebäude Wirtschaft.... Gefeiert wird dennoch, eingemummelt in Kostüme und Perücken findet sich eine Schar wackerer Paradiesanhänger unter freiem Himmel im Theaterrundbau, die kalten Füße stampfen zur besseren Durchblutung auf der Wackersteinspirale. Atmo 10ff Weiberfastnacht …. Applaus, Freude, Bellen... Die Mutter kommt. Jetzt kommt meine Mutter noch mit der Linsensuppe.... Autorin: Feierlaune. Abschiedsstimmung. Sebastian in Atmo: Ich werd euch vermissen, wenn ihr nicht mehr hier seid. Ich hab hier vor 6 Jahren Obdach gefunden.... sehr willkommen, neue Heimat.... jetzt zieht ihr wieder los.... aber gut, die Welt ist groß und dann trifft man sich woanders. Vielen Dank für euer Zuhause hier. Musik Autorin: Ketan beratschlagt sich mit seinem Sohn. Wie und wo könnte ein Platz für den Übergang gefunden werden? Jonas Baeck, Schauspieler, hat Anfang des Jahres Quartier im Paradies bezogen, um das Projekt zu unterstützen. O-Ton 11 Jonas in der Küche Du hast, nächste Woche würdest du gern so ein Symposium zusammenrufen. Adenauer, Werner Peters..... K: stimmt, richtig, da sind wir dran. Wir haben noch keinen Termin gefunden. Triumvirat Adenauer, Peters, Mörtter.... O-Ton 15 Mörtter: Was ich schön fand, dass es eine grenzüberschreitende Begegnung war... z. B. Adenauer kennengelernt.... da seh ich auch, dass so ein Ort Ermöglichung bedeutet.... Atmo Agentur Durcheinandergerede Autorin: Ketans Unterstützercrew trifft sich. Eine illustre Runde engagierter Männer, die sich des Problems der Vertreibung aus dem Paradies angenommen haben. Ein in zahlreiche Kölner Großbauprojekte involvierter Bauunternehmer, ein Philosoph und Hotelier, ein Anwalt, ein Pfarrer. Alles Personen des öffentlichen Interesses, alle prominent in den lokalen Medien vertreten. Es ist Anfang März, bitterkalt. Die Inhaber einer in der Nachbarschaft zum Paradies gelegenen Werbeagentur haben einen Besprechungsraum zur Verfügung gestellt. So kann man im Warmen überlegen, wie es weitergeht nach dem Dachabriss. Es werden verschiedene alternative Orte besprochen und die Möglichkeiten, von der Stadt dort eine Erlaubnis zur Zwischennutzung zu bekommen. Ketan geht es vor allem um die Kunst, um das soziale Potenzial. Atmo 13 Agentur Tepel: Wir sind jetzt drei Wochen nach der Premiere versägt worden ist. Wir hätten jetzt drei Wochen Spielzeit schon gehabt. Dieser Prozess sozusagen, dass ich hier in Köln vor der Abreise zeige, was ein solcher öffentlicher, so in meiner Vision funktionierender Raum, was der leisten kann. Ohne das hier gezeigt zu haben, ist für mich nicht möglich, loszuziehen. Werner Peters: Deine Begründung, du hast also dein Projekt nicht zu Ende bringen können, weil die dir das Dach abgerissen haben und du wirst also da Schwierigkeiten haben, die Öffentlichkeit oder irgendwelche... Ämter davon zu überzeugen, dass das ein Argument ist. Weswegen man dir jetzt noch mal.... ich sach ja nicht, dass ich das nicht gerne möchte, aber wir müssen doch realistisch sein, ja? Ich glaube nicht, dass das Argument tragfähig ist. Wie sehen Sie das juristisch, Herr.... Collega? L. Peters: Also juristisch. Hier is gar nichts juristisch. Juristisch ist allein, dass am 30. 4. geräumt sein muss. Nicht am 1. 5., sondern am 30. 4. Zitator: In der Praxis zeigt sich …., dass die ….. komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Realisierung von Zwischennutzungen die beteiligten Akteure häufig überfordern. Insgesamt führt dies dazu, dass erfolgreiche Zwischennutzungskonzepte bisher nur sehr selten sind und viele Areale, die Prinzipiell das Potenzial einer qualifizierten Aufwertung durch Zwischennutzungen bieten könnten, „liegen bleiben“. Autorin: Das haben Ingenieure der RWTH Aachen in einem Forschungsprojekt im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen herausgefunden. Zitator weiter: Es bedarf daher einer Unterstützung der … Akteure, um die rechtlichen und formellen Hindernisse zu überwinden. Dies kann durch ein professionelles „Zwischennutzungsmanagement“ gewährleistet werden, das von privaten Agenturen, öffentlichen Einrichtungen oder durch Stadtteilbüros übernommen werden kann. Atmo 15 Agentur: W Peters: Gut, jetzt sage ich dir nochmal, damit wirst du Schwierigkeiten haben, Leute davon zu überzeugen zu sagen, ja das ist richtig, das ist klar, der muss also unbedingt.... Ich spreche jetzt nicht hier für mich, sondern ich spreche einfach wie die Reaktion von Leuten, die sagen... Adenauer: Er kann ja sagen, ich hab das und das vor gehabt.... finish meiner Aktivität. Hier wollte ich vier Wochen etwas bespielen und damit demonstrieren oder zeigen, dem Publikum, und daran bin ich jetzt gehindert worden und das möchte ich gerne an anderer Stelle nachgeholt wissen .... Musik O-Ton 16 André Erlen: Eigentlich dürfen wir, die wir da wohnen, diesen Ort, der öffentlich verwaltet wird, nicht gestalten. So. Das geht ja nur über Anträge, Beschlüsse usw. Aber wie kann jetzt `ne Gesellschaft damit umgehen, dass es sowohl keinen Anarchieausbruch gibt, d.h. alle nehmen sich alles, wie sie wollen, s. Maibaumproblem, es gibt ja keine öffentliche Birke mehr in der Stadt, weil die sind sofort abgesägt, d. h. wie geht man aber trotzdem damit um, wenn es jetzt so Ausnahmeinitiativen gibt und wie kommt man auch mit diesen Ideen, die die Leute im Paradies dort hin setzen und deren Gestaltungswillen, wie kann man sowas einbinden. Ich glaube, es ist möglich. Autorin: Ketan sucht das Gespräch, er informiert, er schreibt. Seine Aktivitäten kann man im Netz verfolgen – auf facebook, bei youtube. Es gibt zahllose Schreiben an die Stadt und die Verwaltung. Ketan glaubt an seine Sache und er kämpft darum, wahrgenommen zu werden. Antworten erhält er nicht. Musik Zitator: Paradies Logbuch 30.03.2015 Von der Stadtverwaltung und von der Politik gibt es keine Resonanz auf unsere Anfrage nach einer Ersatzspielstätte. … Also noch mal die BITTE AN EUCH! Macht Euch GeDanken wo die "FriedAkademie auf befreiter Erde unter freiem Himmel" gebraucht und willkommen sein könnte? ... Wo ist der Ort übrig, an dem der Fried WillKommen ist? Es grüßt vom HerrZEN "Der Fried mit uns" Rolf KeTaN Tepel O-Ton 17 André Erlen: Kommt her, macht Projekte hier, das ist ein super Gelände usw. Es kann sein, dass er natürlich auch ne sehr starke und spezifische Vision und Sicht der Welt hat, die es vielleicht vielen Menschen schwer macht .... mit ihm dann zu kooperieren. Und er sagt ja selber immer, vielleicht ist es auch das: Wir Alternativen haben eigentlich nie eine Lobby gehabt. #00:23:59-5# Atmo Küche Paradies Reker Autorin: Die parteilose Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker kommt Anfang März 2015 zu Besuch. Lässt sich durchs Paradies führen, plaudert mit anderen Besuchern, genießt mit allen zusammen in der großen Gemeinschaftsküche Pfannkuchen mit Apfelmus. Vielleicht kann sie helfen beim Finden einer Brache für ein Jahr, eines Übergangsortes? Atmo Treffen mit Reker: (schön lebendig, Küche im Paradies) Apfelmus dazu? …. Welcher andere Ort hier in Köln... z. B. haben wir jetzt eine Ort als Favoriten, das ist die Brache.... guten Appetit... (Vorstellung der Anwesenden in der Küche) der junge Mann Locken Luxemburg, Matthias alter Schulkollege aus Sürth, Annika.... Hennes... Mörtter..... Werner, Werner Keil, Herbert Kuhl, Robert Schauspieler seit einem Jahr, Volker, Architekt alternativer Plan, Antonia, Esther Jetzt guten Appetit, dat war die Runde. Das ist ja schön. Autorin noch auf Atmo: Auch der Chef des Grünflächenamtes schaut auf einen Kaffee im Paradies vorbei. Man bespricht sich in kleiner Runde, erörtert Zuständigkeiten und Möglichkeiten – letztlich alles ohne Erfolg. O-Ton 18 Stefan Bohne Nichts ist so sehr ein Schlüssel zu Entwicklung, Prozessen, Verständigung, zu Lösungen von Konflikten, wie eben genau dieser Moment. Der Moment der Kommunikation. Und der Moment, eine Vision zu eröffnen und sich damit gemeinsam auseinanderzusetzen. Denn damit kann man Menschen entzünden. Autorin: Am 27. April 2015 sagt die Pressesprecherin der Stadt Köln am Telefon: Herr Tepel sei durch. Bei der Stadt und bei den Journalisten durch. Es sei ein Schmarotzer, würde auf Kosten anderer leben. Halte illegal eine Brache besetzt. Halte sich nicht an Absprachen. Man könne es sich nicht leisten, irgendwelche Leute mit der Sänfte durchs Leben zu tragen und „Da denken doch die, die anständig leben, wir hätten `n Strahlenschaden.“ Musik „Strahlenschaden“ Atmo 02: OKM Feuer Paradies Musik O-Ton 19 Mörtter: In der christlichen Vorstellung ist der Himmel das Paradies, als Vision. Egal, was du tust, es gibt ein Wohin, es gibt `ne Erfüllung all deiner Träume, all deiner Sehnsüchte. Auch deiner Schmerzen. Auch was dich dein Einsatz kostet. Es lohnt sich. Es lohnt sich, auch zu kämpfen, sich einzusetzen, sich nicht abspeisen zu lassen, keine faulen Kompromisse zu machen, seinen Weg zu gehen... Der paradiesische Zustand ist ne Verheißung... es gibt diesen Ort, da werden wir als Menschen hinkommen, wo Frieden herrscht..... Autorin: Klingt toll. Und wie kommt man dahin, an diesen Ort? O-Ton 20 Mörtter: Auf diesen Frieden zugehen. Also Weg. da bin ich wieder bei Ketans Steinen, die er frei gelegt hat, und die er auch zu einem Amphitheater umgebaut hat. Ich gehe auf diesen Frieden zu. Wie ich lebe, versuche ich, diesen Frieden zu finden, in meinem Leben jetzt. O-Ton 18 Jonas: Im Paradies gibt es höllische Zustände. Stress, Diskussionen, Streit, was es überall gibt. Und immer wieder kommen so total schöne Momente in der Gemeinschaft oder auch alleine auch mit Tieren oder auch mit der Natur, die noch hier ist, wo so ein Gefühl entsteht von.... Schönheit.... im Zwischenmenschlichen. Autorin: Ist das Paradies anarchisch? Atmo/O-Ton 19 O-Ton Urs: puh, anarchisch..... Urs kommt dazu: NEIN, ist es nicht!.... ist es definitv nicht. (warum?) Weil Anarchie was von Regellosigkeit hat und von ..... darum geht es uns hier nicht. Es geht darum, andere Wege aufzuzeigen, andere Perspektiven zu schaffen, ohne das den Leuten reinzudrücken. Es ist ein Prozess. Es ist ein ständiger Wandelprozess, weil ständig jeden Tag neue Situationen auf einen zukommen, aufgrund derer man das Regelsystem halt anpassen muss. oder auch möchte, weil es sonst zu statisch wird, weil man sich sonst ein Korsett schnürt, was diese Freiräume wieder einschränkt. Musik Autorin: Freiräume. Alternativen. Ideale. Utopien. Ein Weg. Danach hat auch Futur 3 gesucht. Im Sommer 2014 inszenierte die Theatergruppe im Paradies „Zum goldenen Leben“. Ausschnitt Film Zum goldenen Leben Musik Ketan Klavier Herzlich Willkommen hier im Paradies. Ich bin einer der künstlerischen Leiter von Futur 3 und Futur3 ist ein Kölner Theaterensemble. Wir sind zur Zeit hier zu Gast. Wir machen ein Stück mit dem Titel „Zum Goldenen Leben“. Wir beschäftigen uns damit, warum Menschen heute aussteigen wollen und vor allem, wohin sie aussteigen wollen. Am Anfang ist ja immer so eine Art Sehnsucht gemischt mit einem Unwohlsein. Und das ist im Idealfall genug Triebfeder, damit man irgendwas anfängt...... wird regnen.... 16 Grad..... musik Atmo/O-Ton 20 Jonas/Urs Das ist es, was wichtig ist, dass Menschen zum Kreativsein Raum brauchen. Und zweitens `ne breite Basis an Sicherheit - du bist ok, so wie du bist. O-Ton 21 André Erlen: Mich hat an Ketan und der ganzen Paradiescrew schon immer fasziniert, dass sie unglaublich offen, offensiv ist fast das falsche Wort, aber einladend sind und auch zu jeder Institution gehen. Den Kontakt suchen, d. h. keine Wagenburgmentalität ausgebaut haben, das ist jetzt unser Platz, scheiß Politiker usw., die wollen wir gar nicht hier haben, im Gegenteil: Es ging eigentlich von ihm immer die Initiative aus, nun Kommt doch mal aufs Gelände! Guckt doch mal mit eigenen Augen, was wir hier tun. Akademie der Künste der Welt... Uni, alle angeschrieben... Musik Atmo 21 Agentur Ketan: wenn ich jetzt.... Gedankenspiel.... Skulpturenpark, Insel Hombroich.... und die würden so ein Projekt, wie mich aufnehmen. das meine ich mit aufnehmen. Willkommen.... A: Ich habe das immer als ein urbanes Projekt verstanden, immer im Kontext mit urbanem Leben. Autorin: Macht mit, setzt euch ans Feuer, redet. Und begreift, dass wir ohne Theater nicht weiterziehen können, denn dann fehlt der Sinn. Sagt Ketan. Hofft immer noch auf Gespräche mit Behörden, auf ein Angebot der Stadt für eine Zwischennutzung, ein Paradies auf Zeit. In der Diskussion mit seinen Mitstreitern zeigt sich, dass die eher ans Große, Ganze denken. Atmo 21 Agentur Jonas: Wohin entwickeln sich die Städte. Tendenzen. Größer. Noch mehr Menschen und diese Räume, wo Kreativität entsteht, wo Mensch Mensch sein kann, haben es schwer auf jeden Fall. Mörtter: Räume, wo auch das Unruhepotenzial einer Stadt wieder einen Ort findet... Wie geht die Stadt in Zukunft mit solchen Orten und Räumen um? L. Peters: Das Ärgernis ist, dass jetzt jedes Amt für sich da rum kämpft. Müsste eigentlich. Einer von der Stadt wird abgestellt, der regelt das dann oder regelt es nicht, aber dann läuft das alles zusammen und fertig. O-Ton 22 Stefan Bohne: Das ist leider das Problem, das wir auch oft mit der Verwaltung haben. Gar nicht mit der Verwaltung, sondern mit den einzelnen Ämtern, die arbeiten oftmals sehr isoliert voneinander. Und das ist ne Frage der Verantwortung, ganz besonders nach der Loveparadekatastrophe.... zum Teil kann ich es verstehen, weil man nur gesagt hat, ok wir wollen auf keine Fall mehr ne Verantwortung dafür tragen, das irgendwo ein Baufehler passieren könnte, der solch eine Form von Katastrophe auslösen könnte. In welcher Form auch immer. Kann ich einerseits verstehen. Auf der anderen Seite, was will man machen? Die Tür komplett zu machen und die Stadt zu, das geht ja nicht. D. h. um jetzt Kultur trotzdem möglich zu machen, muss man im Endeffekt jetzt wirklich an einen Tisch. Aber das Gegenteil ist damals am Anfang ein bisschen passiert. Ich glaube, dass sich aber die Zeiten auch etwas geändert haben, wenn man das Gespräch sucht. Das ist `ne Frage von Kontakten und Informationen. Musik Autorin: Im Mai 2015 werden im Paradies Wasser und Strom endgültig abgestellt. Ein Wachdienst kontrolliert Besucher, verlangt Personalien. Ende Juni wird ein Besuchsverbot erteilt. Man befürchtet die Ansiedlung weiterer Leute auf dem Gelände. „Käfighaltung“ nennt Ketan den Zustand. Am 25. Juni erfolgt die endgültige Räumung durch das Ordnungsamt der Stadt Köln. Atmo 23 Räumung Bagger kommen an, Gespräche finden statt, Presse Autorin: Auf der anderen Straßenseite des Eifelwalls, gegenüber dem Paradies, sind Tische und Bänke aufgebaut, beladen mit Brötchen, Käse, Marmelade, Obst. Rund dreißig Menschen treffen sich hier zum Frühstück, zur Unterstützung der drei letzten im Paradies verbliebenen Kämpfer. Die meisten der ehemals über 20 Bewohner sind auf andere Plätze gezogen, nur Jupp, Nina und eben Ketan haben bis zum Schluss am Feuer gesessen. Atmo hoch Axel Rostek, stellvertretender geschäftsführender Betriebsleiter der Gebäudewirtschaft zeigt sich verständnislos angesichts der für ihn nicht nachvollziehbaren Motive der Akteure, nicht gehen zu wollen. Besonders Herrn Tepel kann er nicht verstehen… O-Ton 24 Rostek: Ich bin davon ausgegangen, dass er am 1.5. geht, denn diese Vereinbarung, die wir geschlossen haben, haben wir unter beidseitiger anwaltlicher Begleitung geschlossen. Warum er es nicht getan hat, ich kann`s nicht nachvollziehen. Das müssten Sie Herrn Tepel fragen. Er war verpflichtet, Er hat es nicht getan, seine innere Motivationslage kann ich nicht nachvollziehen. O-Ton 26 Stefan Bohne: Die Künstlerische Subversion macht genau das, was Ketan gemacht hat, geht irgendwo hin, benennt einen Platz, den er findet, als Wirkungsfläche für ihn, für seine Vision für seine Logik, seine Regeln, seine Sprache, seine Sicht der Dinge und da tut er es dann. Und natürlich wird das kritisiert, natürlich wird das bekämpft. Das gehört zur Natur der Sache. Aber man kann diesen Kampf durchaus fruchtbar oder produktiv begehen. Man darf sich bloß nicht wundern, dass es einer wird, weil man da natürlich vielen Leuten erst mal widerspricht. Man tritt da doch ein paar Leuten auf die Füße und das will man ja dann auch in dem Moment, weil du willst ja was erreichen als Künstler, du willst ja sagen: hier stimmt was nicht. Oder euch fehlt was. Ich habe etwas, was euch fehlt. Oder ich bringe euch Emotionen, ich bringe euch Farben ich bringe euch Lust ich bringe euch Leben, was mittlerweile ja tatsächlich ein bisschen in den Hintergrund tritt. Das ist ja das positivste an seiner Vision, diese unbändige, unregulierte Lebenslust. Die er sich einfach durch nichts einschränken lässt. Das ist das schönste an seiner Vision. Und wenn man dann sieht, was daraus entstehen kann, ist das ein tolles Ding. Aber das geht ja nicht ohne Kampf. O-Ton 27 André Erlen: In dem Falle ist es mehr als schade, denn so ein Ort wie das Paradies fehlt Köln in jedem Fall.... Musik O-Ton 28 Kai: Nachdem dieses Dach, also das Dach war ja noch nicht fertig, es war nur der Dachstuhl, der drauf stand, also nachdem der weggesägt worden ist, war wie gesagt, ein, zwei Wochen Schockstarre und keinem war klar, wie es weitergeht. Zum Glück haben sich die Leute dann aufgerafft und gesagt, na gut, wenn das nicht geht, dann müssen wir wenigstens andere Dinge tun. Viele auf dem Platz haben sich damit beschäftigt, ihre Wagen fertigzumachen, haben aufgeräumt, weil klar war, wir wollen das Gelände verlassen. Wenigstens für eine Veranstaltung haben sie das Theater doch genutzt, als es dann warm genug war und es ging, dass man unter offenem Dach sozusagen draußen sitzen konnte, gab´s eine Lesung, die der Jonas, der Sohn von Ketan veranstaltet hat. Und da war das Theater einmalig und auch gleich vollständig gefüllt mit Gästen, das war echt `ne sehr schöne Veranstaltung. Atmo 24 Lesung Autorin: Jonas Baeck, liest aus seinem Buch über eine Reise, die er mit 17 unternommen hat: Ohne Geld, auf einem Moped namens Romeo nach Irland. Der Liebe wegen... Mit unzerstörbarem Optimismus und einem Fass voll Energie, nimmt er jede Herausforderung an und macht sich diese merkwürdige Welt voller Selbstbewusstsein zu Eigen. Atmo 24b Lesung Jonas: Hello, my name is Jonas from Germany. I´m in love, so I´m travelling from Bochum to Dublin without no money. Can I clean some windows here for earning the gas I need? Die Fahrerin weist mich mehrmals auf einige Restflecken hin, bevor sie mir ein 50 Cent Stück gibt (Lachen). Ich nicke zum Tankwart und der schenkt mir ein breites Lächeln und ein nach oben gerichteten Daumen. ... Es ist unglaublich, denke ich, ich werde reich. Nach drei weiteren Scheiben beträgt mein gesamter Umsatz innerhalb von 2 Stunden 5,50 Euro. Die Tatsache, dass ich mich ganz aus eigener Kraft aus dieser Situation herausarbeite, fühlt sich großartig an. Jeder verdiente Cent bringt mir Benzin. Ist mein Benzin alle, ist meine Reise zu Ende. Eine schlichte, aber entscheidende Erkenntnis. Musik Autorin: Und Ketan? Wie ist der Plan? Der Stein des Anstoßes rollt jedenfalls bis auf weiteres nicht mehr. Den haben die Bagger entsorgt. O-Ton Ketan: Also ich kann im Moment von nem Plan nicht reden, weil das war mein Plan. Da ist gerade... mein Plan ist verloren. Und ich habe jetzt keinen Plan. Ich habe die Einladung von meinem ältesten Freund, der ist 88, lebt im Bergischen und der verbringt gerade seine letzten Tage und der hat mich wirklich auch gebeten, wenn mir hier alles verloren geht, erst mal zu ihm zu kommen und ihn so lange zu begleiten, wie er dann noch da ist. Und das muss ich sagen, dass fasse ich dann mit der größten Freude auch ins Auge. Ich bin froh sogar dafür, Auf Musik Zitator: Absage Köln, Eifelwall 5. Oder: Wem gehört das Paradies? Sie hörten ein Feature von Susanne Krings Es sprachen: Bettina Kurth und Michael Witte Ton und Technik: Ernst Hartmann und Oliver Dannert Regie: Die Autorin Redaktion: Ulrike Bajohr Produktion Deutschlandfunk 2015 1