Gefährten der Kindheit Eine Lange Nacht über Spielzeug Autor: Katharina Palm Regie: Klaus Michael Klingsporn Redaktion: Dr. Monika Künzel Sprecher: Gabriele Blum Erzählerin (Autorin) Julia Brabandt Sprecherin Tonio Arango Sprecher Sendetermine: 14. Dezember 2019 Deutschlandfunk Kultur 14./15. Dezember 2019 Deutschlandfunk __________________________________________________________________________ Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio 1. Stunde Musik Autorin: Früher, als die Welt noch keine Grenzen kannte, als der Himmel endlos war, wie die Phantasie, wartete man ungeduldig auf den nächsten Geburtstag oder das Weihnachtsfest, denn dann gab es meist neues Spielzeug. Manchmal das, was man sich gewünscht hatte, manchmal große oder kleine Überraschungen. Diese Freude, wenn das Paket ausgepackt und der ersehnte Teddy das erste Mal geknuddelt, die Puppe freudig gekämmt oder das Brettspiel aufgebaut wurde. Wie viele Stunden wurden mit diesen Spielzeugen verbracht. Was für Erinnerungen! Um diese Gefährten der Kindheit geht es in dieser Langen Nacht. Musik Autorin: Spielen ist für die Entwicklung eines Kindes von elementarer Bedeutung. Friedrich Schiller schrieb in „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen“: Sprecher: Aber was heißt denn ein bloßes Spiel, nachdem wir wissen, dass unter allen Zuständen des Menschen gerade das Spiel, und nur das Spiel es ist, was ihn vollständig macht und seine doppelte Natur auf einmal entfaltet? Die wirklich vorhandene Schönheit ist des wirklich vorhandenen Spieltriebs wert; aber durch das Ideal der Schönheit, welches die Vernunft aufstellt, ist auch ein Ideal des Spieltriebes aufgegeben, das der Mensch in allen seinen Spielen vor Augen haben soll. Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Autorin: Puppen sind ganz besondere Spielzeuge. Sie spiegeln nicht nur Menschen, sondern auch ihre jeweilige kulturhistorische Epoche und den sozialen Status der zumeist weiblichen Besitzerin wider. Laut einer Marketing-Studie unter Erwachsenen der Geburtsjahre 1938-1991, besaßen 91% der Frauen und nur 20% der Männer eine Puppe. Sprecherin: Ich Habe eine Ich habe eine Puppe Gestohlen Die ich mir wünschte Bekam ich nie. Drei Geburtstage lang Und dann die mit Tintenaugen Und Haaren aus Zelluloid. Beinah ist oft schlimmer als Nein. Nun habe ich eine. (Gestohlen) Autorin: Mascha Kaleko in ihrem Gedicht „Enfant terrible“. Das Wort Puppe wurde erst im späten Mittelalter aus dem lateinischen Wort „Pupa“ für neugeborenes Kind abgeleitet. Vorher nannte man diese Nachgestaltung eines Menschen Tocke oder Docke. Eine Docke war eigentlich ein Holzblock, aus dem dann die Puppe geschnitzt wurde. Der Begriff Tocke wurde aber auch genutzt um eine sehr attraktive Frau zu bezeichnen. Diese doppelte Bedeutung spiegelt sich noch heute wieder. So wird auch heute noch manchmal eine Frau als Puppe oder Püppchen bezeichnet. Ob das noch zeitgemäß ist, sei mal dahingestellt. Vor 30 - 50.000 Jahren wurden Puppen in Ritualen als symbolisierte Menschenopfer genutzt, Aus späteren Grabbeigaben weiß man, dass diese dann auch irgendwann zu Spielzeugen für Kinder wurden. Diese ersten Puppen waren mit eindeutig weiblichen Attributen versehen. Die Verkörperung des Weiblichen setzte sich dann in der Antike fort. Die Professorin für Entwicklungspsychologie Insa Fooken hat mehrere Bücher und Publikationen zum Thema Entwicklung der Puppen veröffentlicht. O-Ton 101 Insa Fooken In der Antike war es so, dass die Mädchen in dem Übergang vom Mädchen zur Frau, ihre Puppe opfern mussten. Das war... Die Puppe abzugeben entweder der Göttin Hera, der Göttin Aphrodite, der der Göttin Arthemis je nachdem welches Frauenbild die Mädchen wählten, opferten sie ihre Puppe dieser Göttin und damit war die Kindheit beendet. Im Übrigen ein Thema was auch später immer eine wichtige Rolle spielt, wie lange darf man als Mädchen noch mit Puppen spielen und wenn die Puppe preisgegeben werden musste, wenn es sich nicht mehr schickte mit der Puppe zu spielen, dann war die Kindheit auch zu Ende. Sprecherin: Oh Aphrodite, wollte nicht das Purpurschleierchen meiner Puppe verschmähen. Autorin: Schrieb die antike griechische Dichterin Sappho. In der Geschichte „Das Herz der Puppe“, beschreibt der Schriftsteller Rafik Schami das Ende der Kindheit aus der Sicht der Puppe Widu. Die kleine Nina fragt ihre Puppe ... Sprecherin: „Und wann wirst du sterben?“ „Sobald du den Garten deine Kindheit verlässt. Sobald du durch das geheimnisvolle Tor ins Reich der Erwachsenen eintrittst und mich vergisst.“ Widu fasste nach der Hand der Freundin. „Aber ich brauche die Hoffnung ja nicht gleich aufzugeben. Ich kannte mal eine Dame, die noch mit zweiundneunzig ein Kind war … und Herrn Moritz hast du ja selbst kennengelernt.“ „Und wie bleibt man so lange Kind?“ fragte Nina. „Solange du Raureif und Tau für ein Wunder hälst und jeden Vollmond anschaust, als stünde er zum ersten Mal am Himmel, solange du über jede Blume staunst und jeden Schmetterling und jeden Stern als einzigartiges Wunder betrachtest – so lange bleibst du ein Kind. „ erklärte Widu Autorin: Im Mittelalter ist die Puppe dann zunehmend auch Symbol des gesellschaftlichen Ranges. Es gab bereits Massenware in Form von Ton- oder Holzpuppen für die unteren Schichten und dann gab es die wertvollen, handgefertigten Puppen aus Porzellan für höfischen Schichten. Mit diesen durften die adeligen Kinder aber nur unter Aufsicht spielen. Zu groß war die Gefahr, dass die teuren Puppen kaputt gingen. O-Ton 102 Insa Foggen Puppen waren einmal Statussymbol, Spielzeug, wurden aber bald, als es darum ging Kinder auch zu erziehen, zu pädagogischen Assistenten eigentlich benutzt. Puppen sollten helfen Kinder zu erziehen, Ihnen bestimmte Eigenschaften nahezubringen. Insbesondere in der Mädchenerziehung spielten Puppen dann eine wichtige Rolle. Autorin: Der Philologe Johann Karl Musäus erzählt in seinem Gedicht „Die Puppe“ von eben dieser pädagogischen Assistentenrolle einer Puppe. Da man im Zuge der Aufklärung langsam Abstand von der Züchtigung als Mittel der Strafe nahm, wurde nach anderen disziplinarischen Mitteln gesucht. In diesem Fall schenkt der Autor seinem Patenkind eine Puppe, mit der Auflage, die Mutter nicht wieder zu ärgern und ein braves Kind zu sein. Sprecher: Für jede Unart, die du dir erlaubst, sprach ich, soll die pompöse Dame büßen; der Kleiderschrank soll ihr Gefängnis sein. Darinnen wird man sie verschließen, so lange bis dich deine Fehler reun. Für Ungezogenheiten wird vom Fuß bis zum Haupt sie ihres schönen Schmucks beraubt, und wolltest du die Mama durch Ungehorsam kränken soll sie die Puppe gleich dem Wäschemädchen schenken. Acht Tage hielt sie´s aus da war mein Philippinchen ein Mädchen wie der Daus, und machte nicht ein schiefes Mienchen; doch eh man sich´s versah, war die verscheuchte Maus in ihrem Köpfchen wieder da, und das bewog Mama, um diese Unart zu bezähmen, die schöne Puppe ihr zu nehmen. O Traurigkeit, O Herzeleid, sie wollte sich zu Tode grämen; O wie sie bat O wie sie tat so kümmerlich, so wimmerlich: nur diesmal noch verzeihn Sie doch, Will artig sein. Ist denn Ihr Herz bei meinem Schmerz von Stahl und Stein? Autorin: Die Mutter ließ sich rasch erweichen und befreite die Puppe aus ihrem Gefängnis. Das Patenkind wurde nun artig und brav, aus Angst die Puppe wieder hergeben zu müssen. Sprecher: Die Puppe steht schon längst im Schranke, denn Pathchen hat sich endlich satt damit gespielt, sie selber fühlt und merkt es jetzt, wozu sie ihr genützt, und weiß es ihr nun großen Dank. Daraus folgt also diese Lehr; sprach, da sie´s las die Tante: Oft bessert eine Puppe mehr Als eine Gouvernante. Autorin: Die Puppe wurde benutzt, um Mädchen auf ihre Rolle als Mutter, die Jungen durch Ritterfiguren auf ihre Rolle als Beschützer vorzubereiten. Die ersten professionell hergestellten Docken kamen im 15. Jahrhundert auf den Markt. Die Spielwarenherstellung unterlag keinen Zunftschranken und so entwickelten sich Zentren in waldreichen Gegenden wie Thüringen und Oberbayern. Ende des 16. Jahrhunderts gab es dann bereits Puppen mit Gelenken an Schultern und Hüften. O-Ton 103 Interview Insa Fooken Puppen spielten am Ende es 17. Jahrhunderts oft noch eine Rolle für adlige Familien. Puppen waren dann eigentlich kleine Erwachsene und im allmählichen Übergang zur Aufklärung, auch im Bewusstsein, dass Kinder doch einen eigenen Stand haben, eigene Wesen sind und nicht kleine Erwachsene, haben sich auch die Puppen verändert und wurden den Kindern ähnlicher. Die klassische Spielpuppe, die wir doch seit dem 19. Jahrhunderts gut kennen, die ist nicht von Anfang an dagewesen, die ist dann aber zunehmend wichtiger geworden. Autorin: Wichtig waren sie aber nicht nur für Mädchen, dass beschreibt die schwedische Schriftstellerin Selma Lagerlöf in ihrer Geschichte „Ein Emigrant“ Sprecherin: Ja, gewiss, jetzt begriff er, dass Kinder Puppen so liebhatten, weil sie sich verwandeln konnten. Und verwandelt hatte sie sich wirklich, diese Puppe. Sie war ein König gewesen und hatte mit einer Krone dagesessen, und sie war das kleine Mädchen des Droschkenkutschers gewesen und hatte mit piepsender Kinderstimme gesprochen. Sie hatte vor gar niemandem Respekt. Sie war Mutter selbst gewesen, wie sie da hinter ihrem Ladentisch stand und Äpfel und Apfelsinen verkaufte, und sie war all die Frauen und Dienstmädchen gewesen, die in den Keller kamen, um einzukaufen. Was hatten sie damals für gute Tag im Obstkeller gehabt, er und die Puppe. Musik Autorin: Klassische Puppen werden auch von Jungen als Seelentröster und Gefährten geliebt - wenn man sie lässt. Das ist leider selten der Fall. Geht man heute in einen Spielzeugladen ist dieser klar aufgeteilt, hier die Mädchenspielzeuge i in rosa, dort das Jungenspielzeug - in blau. Von den Bausteinen in rosa fühlt sich der Junge nicht angesprochen und mit dem Lillifee-Fahrrad seiner Schwester wird er nicht fahren wollen, also wird für die Geschwister alles doppelt gekauft. Die starren Geschlechterrollen werden bereits im Kindesalter zementiert. Puppen in den Regalen für Jungen sind selten und man findet eher Actionfiguren, die weit weg sind von Seelentröstern und nichts mit dem realen Leben zu tun haben. Die Entwicklungspsychologin Insa Fooken: O-Ton 104 Insa Fooken Rainer Maria Rilke ist von seiner Mutter als Mädchen aufgezogen worden, in Kleider gesteckt worden, ist selber wie eine Puppe behandelt worden und hat mit Puppen gespielt. Man geht davon aus, dass seine Aversion, sein Hass gegen Puppen, der sich in dem Puppen-Essay ausdrückt, damit zusammenhängt. Das ist eine Abrechnung mit der Leere mit der Übergriffigkeit der Puppe, die eigentlich nur ein liebloser, lebloser Balg ist und von all dem Spielzeugen das Widerwärtigste darstellt, was es überhaupt gibt. Sprecher: Wenn man sich dieses alles gegenwärtig machte, und man fände im selben Augenblicke – sie unter einem Haufen teilnahmsvoller Dinge hervorziehend – eine unserer Puppen: sie würde uns fast empören durch ihre schrecklich dicke Vergesslichkeit, der Hass, der, unbewusst, sicher immer einen Teil unserer Beziehungen zu ihr ausmachte, schlüge nach oben, entlarvt läge sie vor uns da, als der grausige Fremdkörper, an den wir unsere lauteste Wärme verschwendet haben; als die oberflächlich bemalte Wasserleiche, die sich von den Überschwemmungen unserer Zärtlichkeit haben und tragen ließ, bis wir wieder trocken wurden und sie in irgendein Gestrüpp vergaßen. Sie sind nicht wunderliche Geschöpfe, dass wir uns gehen und anleiten lassen, unsere erste Neigung dort anzulegen, wo sie aussichtslos bleibt? So dass überall in den Geschmack jener unüberlegtesten Zärtlichkeit die Bitternis sich verteilte, dass sie vergeblich war? Wer weiß, ob nicht mancher später draußen im Leben aus solchen Erinnerungen den Verdacht nimmt, dass er nicht zu lieben sei? Ob nicht in dem und jenem seine Puppe heillos weiterwirkt, so dass er hinter vagen Befriedigungen her ist, einfach aus Widerspruch gegen das Unbefriedigt-sein, mit dem sie sein Gemüt verdorben hat? O-Ton 105: Insa Foggen Also die Pädagogen hat es schon immer umgetrieben, zu bestimmen, gibt es eine gute Puppe oder gibt es eine pädagogisch wertvolle Puppe oder gibt es in dem Sinne schlechte Puppen. Seit der Aufklärung läuft dieses Thema und es wird eben oft gesagt, dass Kinder eben diese Fähigkeit haben Dinge zu puppefizieren, sie zu nutzen, als Puppe, als ob zu spielen und das kindliche Kreativität fördert. Wenn Puppen ausgeformt sind, einen ganz bestimmt Ausdruck haben, einen bestimmten Status haben, ist in bestimmten pädagogischen Kreisen eine Vermutung gewesen, da wird nur nach Stereotyp mitgespielt. Es verhindert, verunmöglicht eigentlich kindliche Kreativität. Es wird etwas Fertiges vorgesetzt. Es wird stereotyp gespielt. 00:56 Und diese Diskussion haben wir natürlich bei Barbie wiedergefunden. Die Einen, die Barbie einfach auch fast revolutionär fanden, weil sie eine junge Frau war und kleine Mädchen auf das, was sie werden wollten, hin ausgerichtet werden konnten und andere die sagten, dass ist alles so starr, so vorgegeben mit all den Attributen, Barbie guckt eigentlich, hat immer das gleiche Schema, mit den großen Augen und den doch eher dicken Lippen und sie ist immer perfekt, das ist eigentlich etwas was Kinder ein Stück totschlägt und ihre Möglichkeit eigentlich selber auszuprobieren. Sind sie dem ähnlich, nicht, was haben sie für Ängste, was könnte anders sein, das eher erstickt. Autorin: Kaum eine Puppe hat jemals so kontroverse Diskussionen hervorgerufen wie Barbie. Angefangen hatte alles in Hamburg, am 23. Juni 1952. Der Karikaturist Reinhard Beuthien sollte eine Figur für einen Cartoon der ersten Ausgabe der Bild – Zeitung entwerfen. Er zeichnete eine junge Frau, mit großem Busen, Wespentaille, kleinem Po, sehr langen Beinen, einem blonden Ponny und einem Pferdeschwanz. Sie entsprach so ganz dem damaligen Schönheitsideal, das sich an die junge Brigitte Bardot anlehnte. Sie bekam den Namen Lilli und auch gleich einen Schlager dazu. Musik, Lilli-Boogie von Bully Bulhan Autorin: Lilli war in diesen Cartoons die kleine freche Sekretärin, die nicht auf den Mund gefallen war, mit den meisten Männern flirtete und einfach ihren Spaß haben wollte, statt zu heiraten. Das entsprach so gar nicht dem Zeitgeist und dem Bild einer Frau in den 50er Jahren. So erzählt Lilli ihrer Freundin von ihrem Urlaub: Sprecherin: Mein Skilehrer hat sich wirklich alle erdenkliche Mühe gegeben – zum Skilaufen sind wir allerdings nur sehr selten gekommen. Autorin: Als sie auf dem Sofa in einer Zeitung lesend zu sehen ist steht unter der Zeichnung: Sprecherin: Starke Tendenz zu festen Bindungen – bei dem Horoskop werde ich mich heute lieber gar nicht verabreden. Autorin: Und als man sie dann im Bikini am Strand an dem zweiteilige Badeanzüge verboten sind, mit einem Ordnungshüter sieht, fragt sie ihn: Sprecherin: Welches Teil soll ich jetzt ausziehen. Autorin: Das galt damals als sehr frivol und wohl auch deswegen war Lilli so beliebt, dass die Zeitung als PR Aktion eine Puppe aus ihr machte. Es gab sie in 2 Ausführungen, in 18 und 29 cm Größe. Jeder Puppe hatte eine kleine Zeitung dabei, die gestaltet war, wie die Originalzeitung. Hier hieß es unter „Achten Sie auf meine Beine!“ Sprecherin: Sie werden wissen, dass andere Puppen die Beine grätschen, wenn sie sich setzen. Das tue ich nicht. Ich bin feiner und kann mit geschlossenen Beinen stehen und sitzen. Das ist mir sogar patentiert. Autorin: Damit hatten die Lilli-Hersteller von der Firma O&M Hausser ein großes Problem gelöst. Denn bei aller Frivolität, dass diese erwachsene Puppen-Frau die Beine spreizt, ging dann doch zu weit. In dieser Lilli-Zeitung fand sich auch das Gedicht eines imaginären Verehrers. Sprecher: Du bist so kalt, berechnend und egoistisch, verspielt, frivol und überaus kokett. Zum Träumen bist du viel zu realistisch, und trotzdem, Lilli, finde ich dich nett. Du wechselst deine Freunde beinah täglich, wer dir nichts schenkt, hat leider keine Chance. Du reizt und kränkst die Männer unerträglich, doch tust du´s immer mit „Elegance“! Du bist ein süßes Näschen, süße Beine... und kennst genau den Wert des Sex-Appeal. Im Flirten Lilli gleicht dir schwerlich eine, und mancher Mann versprach sich schon zuviel. O lilli, Lilli, böses Mädchen. Schlange! Als du erschienst, war es um mich geschehn! Ich kenn dich gründlich und ich kenn dich lange, und freu mich dennoch täglich dich zu sehn. Autorin: Für Kinder waren die Lilli-Puppen nie gedacht, sondern als Verkaufsgag für Erwachsene. Sie waren mit bis zu 23 Mark für damalige Verhältnisse auch recht teuer, aber das schmälerte den Verkaufserfolg nicht. Es entstand einen Kinofilm „Lilli – Ein Mädchen aus der Großstadt! für den die Zeitung ein großes Casting veranstaltete. Bekommen hat die Rolle die Dänin Ann Smyrner. Der Film bekam schlechte Kritiken und verschwand in der Versenkung. Hinter dem Eisernen Vorhang, in der DDR mussten die Kinder nicht auf diese Art Puppe verzichten. Der VEB Puppenfabrik Waltershausen produzierte die „Steffi“. In den Proportionen der Lilli gleich, fiel sie vor allem wegen ihres knallblauen Lidschattens auf. Die Produktion der Lilli wurde nach 8 Jahren und rund 130.000 verkauften Puppen eingestellt, denn aus dem German Froilein wurde eine Amerikanerin. O-Ton 106: Insa Fooken Es hat dann die Eigentümerin von Mattel diese Puppe gesehen, die BIlD-Lilli, und war Feuer und Flamme, hat die Lizenzen erworben und in sofern ist aus BILD-LILLI kurzerhand Barbie geworden und ist dann Jahre später als Barbie nach Deutschland gekommen. Autorin: Der Name Barbie war der Kosename der Tochter der Firmen-Mitgründerin. Für 86.500 Mark wurden die Rechte an Mattell verkauft. Ein gutes Geschäft, denn Barbie verkaufte sich seit ihrer Einführung am 9. März 1959 mehr als eine Milliarde mal. Hier waren ganz klar Kinder die Zielgruppe. Die sexualisierte Darstellung der Puppe störte in den USA damals niemanden. O-Ton 107: Insa Fooken Die Puppe wird ja oft ideal gestaltet und es Menschen die dieses Ideal als Vorbild nehmen und dem nacheifern. So das es paradox wird, dass nicht die Puppe dem Menschen nachgestaltet wird, sondern sich der Mensch der Puppe annähert. So das man manchmal das Gefühl hat, die Puppen sind eigentlich die Natürlicheren als die verpuppten Menschen. Autorin: In der Psychologie nennt man den Wunsch, selbst zur Barbie zu werden, das „Barbie-Syndrom“. Hierbei wird vor allem mit chirurgischen Mitteln, versucht dem Schönheitsideal der Puppe nachzueifern. Inzwischen gibt es die Puppe in verschiedenen körperlichen Ausprägungen, curvy, petite, tall und original. Relativ neu ist eine Barbie im Rollstuhl oder mit einer Beinprothese. So versucht die Firma der massiven Kritik, des schlechten Einflusses der Puppe auf das Körperbewusstsein junger Mädchen, entgegenzuwirken. Die Kritik des übersteigerten Konsumdenkens bei Barbie, ist damit nicht aus der Welt. Mit gerade dieser Frage, ob man Puppen, die ja stellvertretend für Menschen sind, ständig neue Dinge kaufen muss, beschäftigt sich Michael Ende in seinem Roman „Momo“. Sprecherin: Momo fand auf den Steinstufen der Ruine eine Puppe. Sie war fast so groß wie Momo selbst und so naturgetreu gemacht, dass man sie beinahe für ein kleines Mädchen halten konnte. Momo starrte sie fasziniert an. Als sie sie nach einer Weile mit der Hand berührte, klapperte die Puppe einige Male mit den Augendeckeln, bewegte den Mund und sagte: „Guten Tag, ich bin Bibigirl, die vollkommene Puppe. Ich gehöre dir. Alle beneiden dich um mich. Ich möchte noch mehr Sachen haben.“ Nach einer Weile überkam Momo ein Gefühl, das sie noch nie zuvor empfunden hatte. Und weil es ihr ganz neu war, dauerte es eine Weile, bis sie begriff, dass es Langeweile war. In dem Auto saß ein Herr...und kam auf Momo zu. „Was für eine schöne Puppe du hast!“, sagte er, „mir scheint, du weißt überhaupt nicht, wie man mit so einer fabelhaften Puppe spielen muss. Man muss ihr schon etwas bieten, wenn man sich nicht langweilen will. Pass mal auf, Kleine! Es ist ganz einfach. Man muss nur immer mehr und mehr haben, dann langweilt man sich niemals.“ Momo fühlt dunkel, dass ihr ein Kampf bevor stand. „Was denn, was denn?“, sagte der graue Herr, „Möchtest du mir wohl sagen, was dieser vollkommenen Puppe denn nun noch fehlt?“ Momo blickte zu Boden und dachte nach. „Ich glaub“, sagte sie leise, „man kann sie nicht lieb haben.“ Musik Autorin: Eine andere Puppe, diesmal aus Holz, hat es geschafft in Ost und West gleichermaßen populär zu werden, erst literarisch, dann in Filmen und Serien. Zwar unterscheidet sich der Name, und auch die Geschichte verläuft etwas anders, der Kern aber bleibt davon unberührt. Sprecher: Sobald Geppetto seine Wohnung betreten hatte, nahm er sofort sein Werkzeug und begann mit seinem Hampelmann. „Welchen Namen soll ich ihm geben?“ fragte er sich. „Pinocchio will ich ihn heißen! Dieser Name wird ihm Glück bringen. Ich kannte eine ganze Familie Pinocchi: Pinocchio der Vater, Pinocchia die Mutter und Pinocchi auch die Kinder, und allen ging es gut. Der Reichste unter ihnen bettelte“. Autorin: Pinocchio erschien 1881 erst als Fortsetzungsgeschichte in einer italienischen Wochenzeitung unter dem Titel: Le Aventure di Pinocchio: Storia di un Burratino. Auf Grund des Erfolges entschied sich der Autor Carlo Collodi 1883 daraus ein Buch zu machen. Dies regte den russischen Schriftsteller Alexej Tolstoi an, die Geschichte zu adaptieren. Auch hier ging es um einen Holzscheit, aus dem eine Puppe geschnitzt wird. Sprecherin: Schließlich war der kleine Kerl fertig. „Nun muss ich ihm noch einen Namen geben“, dachte Carlo. „Ich werde ihn Buratino nennen. Dieser Name bringt mir sicher Glück. Ich kannte mal eine Familie, da hießen alle Burattino: Vater Burattino, Mutter Burattino und die Kinder ebenfalls Burattino. Sie lebten fröhlich und ohne Sorgen. Autorin: Vor allem in der DDR war das Buch „Die Abenteuer des Burattino oder das goldene Schlüsselchen“ sehr beliebt. Es gab sogar eine Burratino-Plastikpuppe mit gelben Haaren aus Schaumstoff. Der größte Unterschied zwischen Pinocchio und Burattino ist wohl die Boshaftigkeit, die nur dem Pinocchio eigen ist. Sprecher: „Sag einmal Grille, wer bist du denn eigentlich?“ „Ich bin die sprechende Grille und bewohne dieses Zimmer seit mehr als hundert Jahren.“ „Heute gehört dieses Zimmer aber mir“, sagte der Hampelmann, „und wenn du mir einen recht großen Gefallen tun willst, so mach, dass du fortkommst, aber gleich, ohne dich erst lange zu besinnen.“ „Ich werde mich nicht eher entfernen“, antwortete die Grille, „bevor ich dir nicht eine große Wahrheit gesagt habe.“ „Sag sie mir, aber beeil dich.“ „Wehe den Kindern, die sich gegen ihre Eltern auflehnen und ohne Erlaubnis die väterliche Wohnung verlassen. Denen wird es nie gut auf der Welt gehen, früher oder später müssen sie es bitter bereuen.“ „Sieh dich mit deinen dummen Prophezeiungen vor, alte Grille! Wehe dir, wenn ich zornig werde!“ „Armer Pinocchio! Du tust mir wirklich leid!“ „Warum tue ich dir denn leid? „Weil du ein Hampelmann bist und, das Schlimmste dabei, weil du auch einen Holzkopf hast.“ Bei diesen letzten Worten sprang Pinocchio wütend auf, nahm den Holzhammer von der Bank und schleuderte ihn gegen die Sprechende Grille. Er hatte vielleicht nicht die Absicht, ihr den Garaus zu machen, aber unglücklicherweise traf er sie gerade am Kopf, sodass die arme Grille kaum noch „zirp – zirp - zirp“ schreien konnte; dann blieb sie tot an der Wand kleben. Autorin: Diese Geschichte gibt es bei Burattino gar nicht. Er ist eher eine naive, oftmals dumme und schnell abzulenkende Holzpuppe, die sich wünscht klug und vernünftig zu werden. Am Ende macht er ein Puppentheater auf, zu dessen Vorstellung Carlo den Leierkasten spielt. Pinocchio aber hat einen ganz anderen Wunsch. Sprecher: „Sag einmal, mein liebes Väterchen, wie erklärt sich denn dieser unverhoffte Wechsel?“, fragte ihn Pinocchio, indem er seinen Vater umschlang und mit Küssen bedeckte. „Dieser unverhoffte Wechsel in unserem Haus ist allein dein Verdienst!“ „Warum mein Verdienst?“ „Weil Kinder, die erst ungezogen waren und dann brav werden, ein anderes Aussehen bekommen und Glück in die ganze Familie bringen.“ „Und wo ist denn der alte Holzpinocchio?“ „Dort steht er“, antwortete Geppetto und wies auf deinen großen Hampelmann, der mit hängendem Kopf, baumelnden Armen und verdrehten Beinen an einem Stuhl lehnte, dass es ein wahres Wunder war, wie er so aufrecht stehen konnte. Pinocchio wand sich um und betrachtete ihn, und nachdem er ihn gründlich angeschaut hatte, sagte er mit großer Genugtuung zu sich: „Wie komisch sah ich als Hampelmann aus! Und wie froh bin ich jetzt, ein richtiger Junge geworden zu sein!“ Musik aus dem Film „Pinocchio, Mich halten keine Fäden fest“ oder Gerhard Schöne „Pinocchio“ Autorin: Man kann aus den einfachsten Mitteln eine Puppe herstellen, aus Holz oder zum Beispiel einer Kartoffel. Mit einer solchen begann 1905 eine Erfolgsgeschichte die bis heute anhält. Käthe Kruse hatte ihr zweites Kind bekommen und ihre dreijährige Tochter Mimerle wünschte sich zu Weihnachten eine Puppe. Sprecherin: Ein Kind, wie du es hast und die Mutter Maria. Autorin: Käthe Kruse bat ihren Mann Max, einen bekannten Berliner Bildhauer, eine Puppe zu kaufen. Der weigerte sich aber, nachdem er das Angebot in verschiedenen Kaufhäusern studiert hatte. Sprecher: Nein, ich kauf euch keine Puppen. Ich finde sie scheußlich. Wie kann man mit einem harten, kalten und steifen Ding mütterliche Gefühle wecken. Macht euch selber welche. Eine bessere Gelegenheit dich künstlerisch zu entwickeln, kannst du dir gar nicht wünschen. Autorin: Käthe Kruse nahm die Herausforderung an: Sprecherin: Ich nahm ein Handtuch, füllte seine Mitte mit (warmem!) Sande, machte Knoten aus den Ecken (es wurden die Arme und die Beine) und band in ein Stückchen Längsseite des Handtuchs eine Kartoffel. Das war der Kopf. Mit einem ausgebrannten Streichhölzchen erhielt er Augen, Mund und Nasenlöcher. Autorin: Natürlich hielt diese Puppe nicht lange. Der Sand rieselte heraus, die Kartoffel verdarb. Also machte sie immer neue Puppen und verbesserte ihre Technik und experimentierte mit verschiedenen Materialien. Schließlich sprach es sich herum, dass sie so ganz andere Puppen machte. Sie bekam eine Einladung ihre Puppen im Leipziger Warenhaus Hermann Tietz in der Ausstellung „Spielzeug aus eigener Hand“ zu präsentieren. Das war ihr Durchbruch. Die Zeitschrift „Die Welt der Frau“ schrieb 1910. Sprecherin: Die Zukunft wird doch der Puppe, die auch uns Großen gefällt, gehören, besonders, wenn so Vorzügliches darin geleistet wird, wie es die Ausstellung von Frau Professor Kruse zeigte. Diese talentvolle junge Mutter hat für ihre Kleinen Puppen angefertigt, die eine förmliche Revolution der Puppenindustrie darstellen. Puppen, allerliebst, in allen Gliedern ihres Körpers, dass sie die Bewegungen des wirklichen Kindes annehmen, wie immer man sie anordnet. Autorin: Bald hatte Käthe Kruse über 100 Mitarbeiter für die vielen Aufträge, die alle von Hand gefertigt wurden. Max Kruse schrieb dazu... Sprecher: Alle Form wendet sich an die Hand, nicht an das Auge. Eine Erkenntnis, die nicht ohne Einfluss bleiben kann auf die Gestaltung unseres Lebens, nicht nur unseres äußeren Lebens und unsere Umgebung, sondern vor allem auf die Entwicklung unseres Gefühlslebens. Ein überzeugendes Beispiel ist die Puppe. Die Puppe muss zum Liebhaben sein, das ist ihr Sinn und Zweck. Autorin: Das die Puppe vor allem haptisch ansprechend sein musste, war ein völlig neuer Ansatz und das Erfolgsgeheimnis der Käthe Kruse Puppen. Wie bei fast jeder Erfolgsgeschichte gab es bald Nachahmer. Ein großer Konzern hatte angefangen Puppen mit dem Namen „Imitation der Käthe Kruse Puppen“ herzustellen. Da die Einnahmen der Puppenproduktion die finanzielle Grundlage der Familie Kruse darstellten, war dies eine beunruhigende Situation. Käthe Kruse beschreibt das so. Sprecherin: Ich überhebe mich nicht, wenn ich sage, dass meine Puppen wirklich eine Wende in der Spielzeugherstellung herbeigeführt hatten. Sie wurden allmählich zum Maßstab einer neuen Geschmacksrichtung. All das wollte sich der Konzern wohl zugutekommen lassen, zumal er sehr viel billiger arbeiten konnte als ich in meiner kleinen Werkstatt. Autorin: Käthe Kruse wehrte sich und ging vor Gericht. Den ersten Prozess gewann sie, die Berufung der Konzern. Schließlich gewann sie endgültig. Es war das erste Mal, dass für ein Spielzeug in einem Grundsatzurteil ein Urheberrecht anerkannt wurde. Einer ihrer persönlichen Höhepunkte war sicherlich ihre Teilnahme an der Pariser Weltausstellung 1937. Hier erhielt sie die Goldmedaille für ihre Schaufensterpuppengruppe. Das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse erhielt sie dann 1956. In diesem Jahr zog sie sich aus ihrer Firma zurück und übertrug die Geschäfte ihrer Tochter Hanne. Musik Autorin: Heutzutage sind die Puppen recht stabil und gehen nicht so schnell kaputt. Falls es aber doch mal zu Zeiten des DDR-Fernsehens ein Problem mit der Puppe gab, konnten sich die Kinder an eine ganz besondere Frau wenden. Frau Puppendoktor Pille war eine Institution im DDR-Fernsehen, mit einer Perücke mit Pony und dunklen Zöpfen, wurde sie erst von der Schauspielerin Helga Labudda und dann von Angela Brunner gespielt. Die längste Zeit aber, von 1968 bis 1988, verkörperte Urte Blankenstein diese Rolle. Sie setzte sich beim Casting gegen rund 100 andere Schauspielerinnen durch. O-Ton 108: Puppendoktor Pille Beim Abendgruß vom Sandmännchen sah es so aus, dass das Sandmännchen angereist kommt und dann wird dieses Lied gesungen „Es ist noch nicht so weit“, wir sehen den Abendgruß und dann war, unter anderem, einmal in der Woche, die Frau Puppendoktor Pille dort. Das ist eine Puppenärztin. Ich war gar nicht so für das Reparieren der Puppen zuständig, sondern ich war für die Seelchen der Kinder zuständig. Ich war Anwältin der Kinder, so Mittlerin zwischen Eltern und Kindern, wenn ein Kind Angst hatte im Dunkeln einzuschlafen, dann hab ich gesagt: Ja Puppenmutti, dann lass doch deiner Puppe ruhig mal die Tür auf zum Flur, in dem noch Licht ist. Autorin: Die einzelnen Geschichten schrieb die Autorin Susanne Dancker. Am Anfang lernte die Schauspielerin die Texte auswendig und spielte nach dem Manuskript. Nach und nach konnte sie dann aber die Figur mitgestalten und es wurde die Rolle ihres Lebens. Der Erfolg dieser Figur ließ sich an der vielen Zuschauerpost ablesen, die ans Fernsehen geschickt wurde. Selbst wenn als Adresse nur: Puppendoktor Pille, Berlin stand, kam der Brief an. Da schrieben nicht nur Kinder, sondern auch Eltern, die Erziehungsratschläge für ihre Kinder haben wollten. O-Ton 109: Puppendoktor Pille Dies Abendgrüße wurden in einem Studio in Berlin gedreht. Es gab ja die unterschiedlichsten Abendgrüße. Ich habe manchmal Leserbriefe beantwortet oder aber es kamen kranke Puppen zu mir und sah dann dann so aus, dass ich am Schreibtisch saß und unter dem Schreibtisch lagen die Puppenspieler. Der Schreibtisch hatte Löcher da guckten die Puppen vor und die Puppenspieler selber lagen mir zu Füßen. Oder aber es kamen auch wirklich Kinder zu mir, mit ihren Puppen, dass gab es auch. Es gab also die unterschiedlichsten Abendgrüße die wir drehten, die unterschiedlichsten Themen. Autorin: Das Ende kam 1988 für Frau Puppendoktor Pille. Es sollten nur noch Abendgrüße mit Puppen produziert werden. Man kann sie aber bis heute mit ihren Programmen für Kinder und Erwachsene sehen. O-Ton 110: Puppendoktor Pille Wenn ich heute einen Anruf bekomme in dem gefragt wird: Sind sie wirklich die Puppendoktor Pille, mit der großen, klugen Brille, dann weiß ich, dass sind ältere Semester. Die Jüngeren hätten gefragt: Sind sie die Puppendoktor Pille mit der großen, runden Brille. Es wird auch gewettet, nein, dass hieß so, dass hieß so. Also die Sache war die; die ersten zehn Jahre hab ich gesagt: Frau Puppendoktor Pille mit der großen klugen Brille und dann kamen Optiker, das weiß ich heute durch den ehemaligen Chef der Unterhaltung, Optiker haben sich beschwert und haben gesagt, es gibt keine klugen Brillen. Ja, es gibt auch fantasielose Menschen. Ich hab schließlich auch gesagt, hey du, popel nicht. Kraft meiner klugen Brille sah ich die Kinder und die waren überzeugt ich sehe sie. Aber die Optiker meinten, nein, es gibt nur durchsichtige, scharfe Gläser, die sind nicht klug und das Fernsehen hörte wirklich, wenn irgendwelche Eingaben waren, dann wurde das geändert. Dann gab es so ein halbes Jahr, da habe ich mal gar nichts gesagt zum Schluss oder ich habe eigenartige Sprüche gesagt, bis dann, sicherlich die Redaktion, auf die Idee kam, dass der Spruch dann heißt: Schreibt gleich morgen an Frau Puppendoktor Pille mit der großen, runden Brille. Autorin: Die Frage, ob traditionelle Puppen noch zeitgemäß sind, beantwortet die Professorin für Entwicklungspsychologie Insa Fooken so. O-Ton 111: Insa Fooken In der Entwicklung der Puppen ist es so, dass die doch ein Stück abgewertet wurden, insbesondere in frauenbewegten Kreisen, den 70er Jahren. Das Puppenkinder Mädchen disziplinieren, die klassische Frauenrolle einzunehmen, für Kinder zuständig zu sein, den Haushalt zu machen und das eigentlich Puppen als traditionelles Spielzeug doch zunehmend aus der Mode gekommen sind. Ich habe den Eindruck, dass da inzwischen ein Wandel zu beobachten ist, die Möglichkeit auch den kreativen Spiels, die Möglichkeit der Puppe etwas anzuvertrauen, etwas Eigenes zu gestalten und aber auch so etwas wie Fürsorge, Empathie, Differenz, Andersartigkeit kennenzulernen, dass es inzwischen wieder stärker gewertschätzt wird und auch im pädagogischen Bereich wieder mit einbezogen wird. Und auch Jungen können inzwischen eigentlich mit solchen Puppen spielen, umgehen, die etwas Anderes repräsentieren. Autorin: Die unterschiedlichen Funktionen, die eine Puppe einnehmen kann, beschreibt die Puppe Widu in der Erzählung von Rafik Schami sehr einfühlsam. Sprecher: „Wenn du Angst hast, drück mich einfach ganz fest. Dann sauge ich dir die Angst aus dem Herzen“, sagte die Puppe, und ihre Stimme klang dabei warm und weich. Als Nina sie fest an sich drückte, lächelte sie geheimnisvoll. „Und? Wie fühlst du dich jetzt?“, fragte sie und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als hätte sie gerade Eis geschleckt. „Ich habe keine Angst mehr. Aber wie hast du das gemacht?“, fragte Nina, die den schrecklichen Knall schon fast vergessen hatte. Die Puppe lächelte wieder geheimnisvoll, dann hielt sie eine kleine Rede, und Nina hörte zu. „Wir Puppen kommen aus ganz unterschiedlichen Familien“, erklärte sie. „ Es gibt Puppen, die bringen dich allein durch ihren Anblick zum Gähnen. Wir nennen sie „Schlafbringer“. Andere Puppen ermuntern zum Reden. Die nennen wir „Zungenkitzler“. Es gibt sogar Puppen, die bringen die Menschen dazu, zu waschen, und zu bügeln. Wir nenne sie „Glattmacher“. „Aufräumer“ sind eine sehr seltsame Puppenart. Wirf eine solche Puppe in einen Haufen Müll, und du kannst sicher sein, dass du in einer Woche den ganzen Krempel fein säuberlich in Säcke gepackt findest – und obenauf thront die Puppe höchstpersönlich. Dann gibt es bei den Puppen die große Familie der „Sauger“. Einige saugen ihren Gastgebern die Zeit fort, andere die Aufmerksamkeit und wieder andere die Trauer oder Langeweile. Ich selbst gehöre zu den „Angstsaugern“, und leider haben wir auch Verwandte, die unserem Ruf schaden. Das sind die „Verschlinger“ Gott schütze dich vor denen. Sobald sie in eine Wohnung kommen, verschwinden nach und nach Dinge, die dort seit Jahr und Tag ihren festen Platz haben. Es fängt ganz harmlos an, doch wenn man nicht aufpasst, räumen einem diese Biester die ganze Wohnung leer. Wie gesagt, ich sauge gerne Angst fort, davon ernähre ich mich, und glaub mir: Ich habe einen Bärenhunger. Weißt du, wie lange ich schon auf irgendwelchen Dachböden in Kisten herumliege und mich von der mickrigen Angst von Mäusen, Mücken und Fliegen ernähre? Eine halte Ewigkeit!“ Nina lachte. „Dann sei nur froh, dass du bei mir und nicht bei Julian gelandet bist. Bei Julian würdest du verhungern, der hat überhaupt nie Angst.“ „Sei da mal nicht so sicher. Vielleicht hat der Junge nur Angst, seine Angst zuzugeben. Das kommt bei Jungs oft vor.“ „Keine Ahnung“, sagte Nina, die darüber noch nie gedacht hatte. „Bei mir wirst du bestimmt satt. Ich habe oft Angst, vor allem nachts, wenn ich von Monstern und Bären träume, die unter meinem Bett liegen. Manchmal wache ich davon erschrocken auf.“ „Oh, lecker“ Immer her damit!“ „Gibt es eigentlich auch Puppen, die gerne Lachen essen?“, fragte Nina. „Ich lache nämlich auch sehr viel“, fügte sie schnell hinzu. „Nein, die gibt es nicht. Von deinem Lachen ernährt sich nämlich dein Schutzengel. Immer wenn er schlapp ist, wartet er sehsüchtig auf ein Lachen, damit er wieder Kraft tanken kann. Dein Lachen ist sozusagen sein Benzin“, antwortete die Puppe. Musik Autorin: Vielleicht ist es ja doch sinnvoll, mal in alten Kisten oder Koffern nachzuschauen, ob dort seit langer Zeit eine solche Puppe darauf wartet Ängste aufzusaugen oder aufzuräumen. In der nächsten Stunde der Langen Nacht geht es unter anderem um Kuscheltiere und die Frage, wie weit sie fliegen können. Musik 2. Stunde Musik Autorin: Manche sitzen noch heute auf dem Sofa, dem Bett oder dem Regal, andere fristen inzwischen in dunklen Kisten oder Kartons ihr Dasein. Einst wurden sie über alles geliebt, einschlafen ohne sie war unmöglich und ein Verlust - undenkbar. Plüschtiere gibt es in allen Farben, Formen und Gattungen. Die Psychologie nennt sie, wie auch die Puppen, „Übergangsobjekte“. Sie helfen Kindern dabei, sich von den Eltern zu lösen. Das Lieblingskuscheltier bekommt die Sorgen und Nöte seiner Besitzer*in zu hören, sorgt für Geborgenheit und hilft oft, Ängste zu lindern. In seinem Buch „Alle was du brauchst“ beschreibt Christoph Hein, was nicht nur Kinder brauchen. Sprecherin: Irgendetwas zum Kuscheln sollte jeder haben. Etwas Weiches, Flauschiges, Puscheliges, Duftendes, Warmes, Flaumiges, Wolliges, Zärtliches. Etwas zum Streicheln, wenn du ganz allein bist und deine Mama nicht erreichbar ist. Oder wenn du dich mit ihr verzankt hast und dich einsam fühlst oder getröstet werden musst. Alle Menschen kuscheln gerne. Auch die Erwachsenen, auch Mama und Papa. Und warum? Vielleicht erinnert uns das Kuscheln an eine Zeit, die wir alle einmal erlebt haben, aber an die sich keiner von uns erinnern kann. An eine Zeit, in der es uns gut ging und wir uns besonders geborgen fühlten. An die Zeit, in der wir winzig klein in Mamas Bauch lebten, geborgen, geschützt, umsorg. Vielleicht ist Kuscheln so schön, weil wir uns dann geborgen und geschützt fühlen wie damals. Eine Puppe oder ein Teddy, eine kleine Decke oder ein Heizkissen oder eine Katze sind dafür wunderbar geeignet. Man kann seinen Kopf darauflegen und traurig sein und sich wundervoll geborgen fühlen. Und zum Einschlafen braucht man es auch. Fische und Kanarienvögel sind auch schön, aber zum Kuscheln überhaupt nicht zu gebrauchen. Was immer du zum Kuscheln hast, gib ihm einen Namen. Wenn etwas einen Namen hat, hat man gleich eine ganz andere Beziehung dazu. Dann kannst du sagen: Ich suche meinen Fritz. Oder: Wo ist denn nur Sabinchen? Das hört sich besser an, als wenn du sagst: Wo ist denn meine Schmusedecke? Ach, und noch etwas muss ich dir sagen. Vielleicht hast du Freunde, die das dumm und lächerlich finden, wenn du etwas zum Schmusen hast, und die dich deswegen verspotten. Das sind Dummheiten, und ich würde wetten, die haben selbst etwas zum Schmusen daheim. Sie reden nur nicht darüber, weil ihnen das peinlich ist und weil sie gern erwachsen wirken wollen. Überhaupt, dass etwas peinlich sein soll, das ist noch so eine Dummheit. Oder die bei den anderen fortwährend Sachen entdecken, von denen sie behaupten, das sei peinlich. Wenn etwas schön ist und gebraucht wird, wie kann es da peinlich sein? Und so ist es auch mit dem Kuscheln. Autorin: Laut einer Umfrage der Metro UK schlafen 1/3 von 2000 Menschen mit einem Plüschtier. Sie sorgen nicht nur für guten Schlaf, sondern geben auch Sicherheit. In ihrem Buch „Simpel“ beschreibt Marie-Aude Murail den mental beeinträchtigen 22 jährige Barnabé, genannt Simpel, der davon überzeugt ist, dass sein Stoffhase, den er Hasehase nennt, lebendig ist. Sein 17 jähriger Bruder Colbert, bei dem er wohnt, weiß um die besondere Beziehung, die Simpel zu seinem Plüschhasen hat. Sprecher: Sie setzten ihren Spaziergang zum Jardin du Luxembourg fort. Simpel wollte Monsieur Hasehase die kleinen Segelboote zeigen. Die Brüder setzten sich an den Rand eines Wasserbeckens, und Simpel nahm den Hasen auf den Schoß. „Dein Hasehase wird ganz oll“, bemerkte Colbert. „Du darfst ihn nicht so in deine Tasche stopfen.“ „Das ist nicht Hasehase. Das ist Monsieur Hasehase.“ „Na gut“, murmelte Colbert lächelnd. Er beobachtete die Kinder, die um das Becken rannten und so ihr Segelboot überholten. Er schnipste mit den Fingerspitzen ins Wasser. Der Tag ging zu Ende. Es war ihm völlig egal, was die anderen über Simpel und den Hasen denken mochten. Autorin: Als sie später von dem Besuch einer Kirche, in der sich Simpel mit seinem Plüschtier Hasehase in einen Beichtstuhl zurück gezogen hatte, nach Hause kommen, bemerken sie, dass er Hasehase dort hatte liegen lassen. Vollkommen verstört fragt Simpel seinen Bruder: Sprecher: „Warum kommt er nicht zurück?“ Colbert platzte der Kragen: „Ja, das frage ich mich auch! Er weiß doch, dass du nicht ohne ihn schlafen kannst!“ „Er ist nicht nett“, sagte Simpel vorwurfsvoll. Colbert begann auf und ab zu gehen, und murmelte: „Wie mache ich das jetzt?“ Selbst wenn kein Kind das Stofftier mit nach Hause genommen hatte – die Kirche war in der Nacht geschlossen. Simpel würde auf Monsieur Hasehase verzichten müssen. „Das sehen wir morgen. Dann gehe ich in die Kirche. Die Nacht heute wirst du ohne ...“ Er konnte den Satz nicht vollenden, so sehr beunruhigte ihn das, was er in Simpels Augen las. „Du kannst doch den Cowboy nehmen.“ Tränen rannen Simpel aus den Augen und über die Wangen. „Ich will, dass er nach Hause kommt“. Autorin: Wie durch ein Wunder liegt kurze Zeit später Monsieur Hasehase auf der Fußmatte vor der Wohnungstür. Colbert bringt ihn zu seinem Bruder. Sprecher: Colbert öffnet die Tür einen Spalt und steckt den Hasenkopf hindurch. „Kuckuck!“, sagte Monsieur Hasehase und wedelte mit den Ohren. „Er ist nach Hause gekommen!“ Simpel, der ganz zusammengesunken in der hintersten Ecke hockte, stürzte sich auf sein Stofftier und drückte es an sich. Als Colbert schlafen ging, hatte er dieses Bild reinen Glücks im Herzen. Als die Tür wieder zu war, legte Simpel Monsieur Hasehase aufs Kopfkissen. „Warum bist du in der Kirche geblieben?“ Die Frage enthielt einen kleinen Vorwurf. „Das war um die Nacht zu sehen.“ schwindelte Monsieur Hasehase. „Wie ist die?“ „Ganz schwarz.“ „Mit Ungeheuern?“ „Ein bisschen.“ Monsieur Hasehase war wirklich mutig. „Aber du gehst nie mehr in die Nacht?“ „Nie mehr“, versprach Monsieur Hasehase. „Und du lässt mich nie mehr in dieser Höhle?“ Simpel schüttelte den Kopf. Sie hatten beide Angst gehabt. Simpel ohne Monsieur Hasehase war wie Monsieur Hasehase ohne Simpel: Das Ende von allem. Musik Autorin: Wie groß die therapeutische Wirkung eines Plüschtieres sein kann, haben auch die Geburtshelfer der MaPaPus erfahren. Dieses kleine Familienunternehmen aus Neddernhof in Niedersachsen, hat sich auf ganz besondere Kuscheltiere spezialisiert. Begonnen hat alles mit der Idee, Trennungskindern bei der Bewältigung des Trennungsschmerzes zu helfen, wie Hendrick Lind erzählt. O-Ton 201: Interview MaPaPu Bei den Mapapus die wir für Trennungskinder auf die Welt bringen ist es so, dass wir immer mitgekriegt haben, das das Schuldgefühl was sich ein Trennungskind fast immer gibt, obwohl es keine Schuld hat, dass das reduziert wird. Es bekommt das Zeichen von den Eltern, du bist richtig so wie du bist, wir gehen getrennte Wege, in dir sind wir für immer vereint und das kann man im Mapapu sehen. Ein T-Shirt Mutter, ein T-Shirt Vater, vereint zu einem Wesen, wie das Kind selbst. Autorin: Doch bald erwiesen sich diese kuschligen MaPaPus noch auf ganz anderem Gebiet als therapeutisch hilfreich. O-Ton 202: Interview MaPaPu Irgendwann gab es an der Schule unserer Kinder einen Suizid und wir wurden gefragt, ob wir aus der Kleidung des Verstorbenen für die beiden trauernden Geschwisterkinder ein Mapapu nähen können, oder je einen Mapapu nähen können und das haben wir dann gemacht. Das war sehr schwer. Wir wussten am Anfang nicht ist es makaber oder nicht, aber ziemlich schnell war klar, nein, durch diesen Mapapu kann sehr, sehr viel Heilung für die Kinder entstehen. Autorin: Jeder MaPaPu hat eine Geheimnistasche auf dem Rücken in die man dann noch ein persönliches Stück Erinnerung aufbewahren kann. Ein Briefchen, eine Locke oder eine Lieblingsmurmel. Die MaPaPus sind aber nicht nur für Kinder eine große Hilfe bei der Trauerbewältigung. O-Ton 203: Interview MaPaPu Am Anfang unserer Reise haben wir gedacht, die meisten Mapapus entstehen für Kinder. Das hat sich andere herausgestellt. Über, also fast 80% aller Mapapus sind für einen erwachsenen Menschen. Kommt für einen erwachsenen Menschen auf die Welt und eigentlich berichten beide Gruppen, also Kinder und Erwachsene, dass in ihnen diese Kommunikation entsteht mit dem Verstorbenen. Autorin: Für ihre Arbeit bekommen sie von den Trauernden Kleidung der Verstorbenen zugeschickt, meist noch ungewaschene Sachen, damit der Geruch des geliebten Menschen auch im MaPaPu noch vorhanden ist. O-Ton 204: Interview MaPaPu Naja und kommt ein fertiger Mapapu nach Hause, ist sofort eine ganz intensive Beziehung da, weil einfach die Wiedererkennung der Stoffe da ist, weil der Geruch da ist, der ganz viel unterbewusst macht. Na und je intensiver die Beziehung ist, desto eher kann auch eine Kommunikation entstehen, über den Mapapu, mit dem Verstorbenen sag ich jetzt einfach mal, und wir können diese Kommunikation ruhig Selbstgespräch nennen, aber auch ein Selbstgespräch holt Antworten in uns hervor, die da sind und auf die wir vielleicht so gar nicht mal so leicht kommen. Autorin: In ihrem Garten steht das Geburtshaus der MaPaPus. Jennifer Arndt-Lind bringt hier ihre Seelentröster zur Welt. Oft weiß sie, sobald sie die zugeschickte Kleidung sieht, schon ziemlich genau wie der fertige MaPaPu aussehen wird. Meist steht am Anfang eine Mail und dann ein erstes telefonisches Gespräch. O-Ton 205: Interview MaPaPu Wir haben mit MaPaPu ungefähr mit 1000 trauernden Menschen im Jahr zu tun, deren Geschichte kriegen wir immer zu hören und darum bitten wir auch. Ja, was macht das mit uns? Eigentlich ist es für uns eine sehr schöne Energie, denn die Menschen melden sich bei uns aus Liebe, denn der Schicksalsschlag ist schon passiert und das hauptsächlich Schöne ist einfach, im Nachhinein, das Feedback ist immer positiv. Wir können kein verstorbenes Kind, keinen verstorbenen Menschen zurück bringen, aber wir bringen eine in den Arm nehm bare Erinnerung auf die Welt und die bringt einfach Heilung, und dieses Heilung wirkt natürlich bei den Menschen mit positiven Gefühlen die uns kommuniziert werden und das hilft uns sehr bei unserer Arbeit und hilft uns sehr auch all diese Schicksalsschläge, naja auch für uns zu verkraften. Autorin: Über den Tod macht sich auch Simpel im gleichnamigen Buch von Marie-Aude Murail Gedanken, nachdem Monsieur Hasehase erneut verschwunden, im Müllschlucker des Hauses wiedergefunden und gewaschen wurde. Sprecher: Simpel war im Bad. Ihm gegenüber hing, mit den Ohren an der Wäscheleine aufgehängt, ein zerfetztes, zusammengeflicktes Stofftier mit Filzschreiber- und Lippenstiftflecken. „Bist du trocken?“ „Ich habe noch nasse Wasserfüße“, antwortete Monsieur Hasehase. „War das Beatrice, die dich in den Müllschlucker geworfen hat?“ „Nein, das war ich. Ich wollte die Mülltonne sehen.“ Simpel machte eine ausholende Geste mit dem Arm, um auf seine Uhr am Handgelenk zu sehen. Der kleine Zeiger trabte, trabte und trabte, den ganzen Tag war er schon getrabt. Ihm kam immer wieder dieselbe Frage, die ihm eine Furche in den Kopf grub, und jetzt musste sie gestellt werden: „Sag, bist du eines Tages tot?“ „Nein“, antwortete Monsieur Hasehase, „das muss nicht unbedingt sein.“ Musik Autorin: Im Dezember 1879 entdeckte Margarete Steiff die Anleitung für einen Stoffelefanten in einer Frauenzeitschrift. Sie nähte ihn nach und präsentierte das Ergebnis in 5 verschiedenen Größen in ihrem Versandkatalog. In ihrem Tagebuch schreibt sie: Sprecherin: Einst nahm ich zur Familie Hähnle, wo ich ab und zu noch Kinderkleider machte, einen kleinen Elefanten mit und setzte ihn dem jetzigen Herrn Direktor als Belohnung aus, wenn er den ganzen Tag nicht heulte, was er nebenbei bemerkt stehts ausgiebig tat. Ab oh weh, er konnte sich nicht enthalten auch beim Anblick des begehrenswerten Elefanten fürchterlich zu weinen und gab ihm denselben gerne, damit er wieder stille war. Autorin: Tiere zum Spielen aus weichem Material waren etwas völlig Neues. Bisher waren sie zumeist aus Holz. Der Elefant aus Filz wurden ein Riesenerfolg. Verkaufte Margarete Steiff im Jahr 1880 erst 8 Elefanten, so waren es zehn Jahre später 5480. Für Jungen war es damals gesellschaftlich nicht akzeptiert, mit Puppen zu spielen, es sei denn, es handelte sich um Soldaten- oder Ritterfiguren. Empathie, Fürsorge und Liebe ließen sich damit aber spielerisch nicht erfahren. Richard Steiff, der Neffe von Margarete Steiff, erkannte das. Er wollte eine Puppe für Jungen entwickeln. In seinem Skizzenbuch finden sich viele Zeichnungen von Bären, die er bei einem seiner Zoobesuche in Stuttgart gesehen hatte. 1903 stelle dann er den von ihm entwickelten „Bär 55 PB“, auf der Leipziger Frühjahrsmesse vor. Wobei die Zahl für die 55 cm Größe, P für Plüsch und B für Beweglichkeit steht. Denn das Besondere dieses Plüschbären war die Technik der beweglichen Glieder, die man damals schon für die Produktion der Babypuppen verwendete. Ein amerikanischer Händler entdeckt den Plüsch-Bären und bestellt direkt 3000 Stück. Der Sekretär des amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt kaufte einen dieser Bären und verschenkte ihn an die Tochter des Präsidenten. Diese war begeistert und taufte ihn „Teddy“. Soweit die deutsche Geschichte. Die Amerikanische erzählt von der Weigerung des Präsidenten, auf einer Jagd ein angebundenes Bärenjunges zu erschießen. Diesen Vorfall hielt dann der Pulitzer-Preis-Gewinner Clifford K. Berryman in einer Karikatur fest. Dem davon inspirierten Geschäftsmann Moris Michtom, wurde vom Präsidenten erlaubt, einem in seinem Schaufenster ausgestellten Plüschbären den Namen „Teddy“ zu geben, den Kosenamen des Präsidenten. Beide Geschichten gehen auf das Jahr 1902 zurück. Margarete Steiff stellte aber klar: Sprecherin: Die „Gliederbären“, die unter dem Namen „Teddy-Bären“ weltberühmt wurden, sind unser alleinige Erfindung. Das Modell stammt also nicht aus Amerika, auch nicht die Idee. Wer meine Ware kennt, wird sie unmöglich mit minderwertiger Ware verwechseln. Sollten oben empfohlene Bären Nachahmungen gefunden haben, so bitte ich meine verehrlichen Kunden um Beweismaterial. Nur die Marke Knopf im Ohr ist wirklich ein dauerhaftes und künstlerisch schönes Spielzeug. Musik Autorin: Der Siegeszug des Teddy-Bären ist nicht mehr aufzuhalten. 1907 sollte als „Bärenjahr“ in die Firmengeschichte eingehen. Es wurden fast eine Million Bären verkauft. Die Zeitschrift „Handarbeiten“ schrieb: Sprecher: In den Salons von Künstlern und Gelehrten kann man ihn auf dem Sofa oder neben dem Arbeitstisch sitzen sehen, Schauspieler und Schauspielerinnen können, ohne ihn in ihrer Nähe zu wissen, nicht auftreten. So hatte ihn zum Beispiel mal eine Opernsängerin vergessen, als sie abends zur Oper fuhr. Das Auto musste sofort umkehren, um ihn zu holen. Der Beginn der Aufführung wurde verzögert, denn die Opernsängerin konnte erst auftreten, als ihr Teddybär da war. Autorin: 1926 erschien in England ein Buch, in dem es um einen Teddy-Bären geht. Er gehört einem kleinen Jungen, der ihn am Bein hinter sich her zieht. Sprecherin: Hier kommt nun Eduard Bär die Treppe herunter, rumpel-die- pumpel, auf dem Hinterkopf, hinter Christopher Robin. Es ist dies, soweit er weiß, die einzige Art treppab zu gehen, aber manchmal hat er das Gefühl, es gäbe in Wirklichkeit noch eine andere Art, wenn er nur mal einen Augenblick mit dem Gerumpel aufhören, und darüber nachdenken könnte. Und dann hat er das Gefühl, dass es vielleicht keine andere Art gibt. Jedenfalls ist er jetzt unten angekommen und bereit, dir vorgestellt zu werden. Winnie der Pu. Als ich seinen Namen das erste Mal hörte, sagte ich, genau wie du jetzt gleich sagen wirst: „Aber ich dachte, das wäre ein Junge?“ „Dachte ich auch“, sagte Christopher Robin. „Dann kann man ihn doch nicht Winnie nennen, oder?“ „Tu ich ja gar nicht“. „Aber du hast doch gesagt...“ Er heiß. Winnie-DER-Pu. Weißt du nicht was DER bedeutet?“ „Genau, genau, jetzt weiß ich es“, sagte ich schnell; und ich hoffe, du weißt es auch, denn mehr als diese Erklärung wirst du nicht kriegen. Autorin: Pu der Bär ist zwar nicht besonders clever, dafür aber sehr liebenswert. Das Buch war so erfolgreich, dass der Autor Alan Alexander Milne weitere Teile davon schrieb. Später wurde die Geschichte verfilmt und die Figur des Bären Pu bekam, wie auch Kermit, einen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood. Wahre Fans von „Pu der Bär“ oder „Winnie the Pooh“, wie er im Original heißt, reisen nach London und schauen sich im dortigen Zoo sein Denkmal an. Hier im Bärengehege lebte ab 9. Dezember 1914 der Schwarzbär Winnie, benannt nach der Stadt Winnipeg in Kanada. Sein Besitzer brachte ihn in den Zoo, da er als Soldat in den 1. Weltkrieg zog. Sprecher: Ein Bär, ich gebe euch mein Wort, wird fett, treibt er nicht manchmal Sport. Bär Teddy, der ist dick und klein, Und das ist auch kein Wunder, nein: sein einziger Sport ist auf der Welt, dass von der Couch er manchmal fällt, doch fehlt ihm meist die Energie, von neuem zu erklimmen sie. Fettsein ist, was keinem frommt und wo man leicht ins Grübeln kommt. Und Teddy fragt sich vehement: „Wieso bin ich so korpulent?“ Er denkt: „Ach wär ich doch bloß dünn! Nur, wie kommt man zu Dünnsein hin? Sport, an der frischen Luft, das ist nicht fair! Und so was mir, dem Teddy Bär!“ Vergebens drückt er sich die Nase für Wochen platt am Fensterglase, beneidet die, die dort spazieren, um ihr Gewicht zu reduzieren. „Nicht einer, den ich da erblicke“, sagt er sich, „ist so fett wie icke!“ Dann seufzt er leis, doch jämmerlich und sagt: „Ich mein, so fett wie ich.“ Autorin: Diese Gedanken macht sich Winnie der Pu in einem Gedicht seines Schöpfers Alan Alexander Milne. Sprecher: Doch glaubt ihr nun, es macht ihn krank, zu wissen, er ist nicht grad schlank? Im Gegenteil. Er sagt: “Was soll´s?“ Ich bin auf meinen Schmerbauch stolz!“ Autorin: Teddys sind für ihre Besitzer von hohem emotionalem Wert. Sie können aber auch eine ernsthafte Wertanlage sein. 2002 wechselte der Steiff-Bär „Happy“ aus dem Jahr 1926, für 156.240,00 € den Besitzer. Sechsstellige Summen sind zwar die Ausnahmen, Fünfstellige aber keine Seltenheit. Der Steiff-Bär „Marbel“ mit dem einst Elvis Presley spielte, sollte der Höhepunkt einer Teddy-Bär-Ausstellung werden. Für 60.000,00 € hatte ihn der Sammler Sir Benjamin Slade ersteigert und dem Museum im englischen Wookey Hole als Leihgabe überlassen. Es wurden Wachleute mit Hunden engagiert, um die wertvollen Stücke vor einem eventuellen Diebstahl zu bewahren. Als man aber einen der Hunde von der Leine ließ, schnappte sich dieser den Elvis-Bären und zerfetzte ihn. Man kann sich die entsetzen Gesichter der Umstehenden gut vorstellen. Wenn Plüschtiere kaputt oder krank sind, dann können Sie in den meisten deutschen Universitätskrankenhäusern zu den Teddy Docs gebracht werden. Jorinde Weide studiert Medizin und leitet das Teddybärkrankenhaus an der Charité in Berlin. O-Ton 206: Interview Teddydocs Dahinter steht, dass Kinder im Vorschulalter, was ja unsere primäre Zielgruppe ist, den Arztbesuch leider nur kennen weil sie dolle, dolle krank sind oder waren oder geimpft wurden. Wir finden, dass ist noch nicht ein so schöner Kontakt bis dato und haben gedacht, wir möchten einen Perspektivwechsel einführen. Deswegen werden die Kinder hier sozusagen zu den Eltern, weil sie ja ihre Kuscheltiere mitbringen und wir untersuchen mit denen zusammen. Das heißt sie dürfen sie mit abhorchen, sie dürfen sie wiegen, sie dürfen sie messen und wollen dadurch einfach Berührungsängste abbauen mit der Medizinerwelt und hoffen im Endeffekt dadurch, dass die Angst vor dem Arztbesuch einfach weniger wird. Autorin: Die ursprüngliche Idee dazu kommt aus Schweden. 2001 wurde das Teddybär-Krankenhaus das erste Mal in Berlin veranstaltet. Angefangen hat alles mit 300 Kindern, die ihre Kuscheltiere untersuchen lassen wollten. Inzwischen kommen an 3 Tagen im Mai und 3 Tagen im Juni ca. 3500 Kinder zum Campus des Virchow Klinikums der Charité. Interview Teddydocs Ablauf Das läuft so ab, dass wir eine Eins zu Eins Betreuung mit den Kindern planen. Das heißt, jeder Teddyarzt der hier ist, geht zu der Gruppe die dran ist und sagt: Hallo mein Name ist.. und dann kommt eben das Kind mit das möchte und dann setzt man sich an einen Tisch, wie beim Arzt und dann dürfen die Kinder erzählen, was ist denn passiert und dann kommen die schönsten Geschichten zu tage, die werden aufgeschrieben und dann wird gemeinsam überlegt was jetzt nötig ist. (Weil) die Kinder sind unglaublich pfiffig. Die waren beim Arzt schon oft und die wissen was so ein bisschen was passiert jetzt und der Klassiker zum Beispiel ist, der Sturz morgens aus dem Bett. Das hat sich festgesetzt bei den Kindern und wenn man hinfällt, dann sagen einem die Kinder, wo es weh tut, dann untersuchen wir das. Das heißt, wir gucken, ob sonst alles in Ordnung ist, das bedeutet, man leuchtet mal in die Augen, man hört das Herz ab, man tastet mal auf den Bauch, und wenn die Kinder dann sagen: Die rechte Pfote tut wirklich sehr, sehr weh, dann gehen wir zum Röntgen. Da haben wir so einen so genannten Knochenfotoapparat. Das ist tatsächlich eine Kiste und die Kinder dürfen (…), das Kuscheltier dort reinlegen und wir haben selbstgemalte Röntgenbilder, die suchen wir in der Zeit dann raus, ein entsprechendes zum Tier und dann gucken wir das gemeinsam an, zeigen ob es eine Verletzung ist, dass entscheidet man dann ein bisschen der Situation geschuldet, ist das Kind so fit das es Lust hat zum Beispiel usw. Meistens ist ja was passiert tatsächlich, also wird das Röntgenbild gewählt und dann geht man in dem Fall zum Beispiel zum gipsen. Dann haben wir eine Gipsstation, da werden Einhornpfoten, Bärenpfoten, alles was verletzt ist, wird gegipst, und danach ist es wichtig für uns, das wir uns noch einmal mit dem Kind zusammen hinsetzen und durchgehen, was haben wir jetzt gemacht und warum haben wir das gemacht. Wir versuchen, das auch wirklich so realtitätsadaptiert wie möglich durchzuführen und wir besprechen dann, was hilft denn jetzt am Besten für zu Hause, damit das wieder ganz gesund wird und das kennen die Kinder auch schon von zu Hause. Alle wissen, kuscheln mit den Eltern ist immer das Beste. Also es wird immer viel kuscheln verschrieben, Ausruhen, nicht so viel toben. Das alles besprechen wir auf jeden Fall noch mal zusammen und geben sie dann zurück in die Gruppe. Autorin: Organisiert wird das Teddybär-Krankenhaus von ungefähr 20 Medizinstudenten, die diese ehrenamtliche Arbeit neben ihrem aufwändigen Studium mit viel Liebe erledigen. Die Vorbereitungen laufen das ganze Jahr hindurch. O-Ton 208: Teddydocs Kuscheltiervielfalt… Also es ist einfach so, dass uns die Kinder jedes Jahr überraschen. Es ist gar nicht so, dass es dieses eine Kind gab, dass mit dem größten Kuscheltier der Welt hier ankam, aber wir haben einfach alle. Es gibt nichts was es nicht gibt. Und da denken wir jedes Jahr für, dass wir wieder denken, och, super. Das fängt schon bei den Namen der Kuscheltiere an. Es ist das, was sie hier mitbringen. Wir haben hier schon meterlange Schlangen auch schon liegen gehabt, also Kuschelschlangen natürlich. Oder klitze, klitzekleine Kuscheltiere, die auch ganz ernsthaft, natürlich verarztet werden. Und das ist einfach so schön, es wird nie langweilig. Es ist einfach kein Tag wie der andere, keine Geschichte wie die andere und wir sammeln auch so die lustigsten Zitate immer über den Tag und schreiben die auch auf über die Jahre, weil man kann sich so viele schöne Geschichten gar nicht merken. Und das macht es ja auch so witzig für alle die mitmachen. Das ist einfach sehr unterhaltsam und sehr, sehr schön. 00:55 Sprecherin: Hasi wurde vom Auto überfahren und hat sich das Herz gebrochen. Sprecher: Fuchsi hat zu viel Fernsehen geschaut und dadurch die Masern bekommen. Sprecherin: Schnuffi ist vom Dach gefallen und dann wurde er vom Auto überfahren und hat sich das Ohr gebrochen. Autorin: Besonders begeistert sind die Kindern von Oskar, dem Organ-Teddy. Dieser hat einen sehr großen Reißverschluss. Wenn man ihn öffnet kann man die liebevoll selbstgenähten inneren Organe herausnehmen und kindgerecht erklären. Musik Autorin: Jedes Plüschtier ist ein Unikat, wenn auch nicht in der Herstellung, so wird es doch durch den Gebrauch zu einem solchen. Wer aber ein ganz besonderes Plüschtier haben möchte und es sich leisten kann, der lässt sein Haustier in Plüsch herstellen. Karl Lagerfeld war es nicht genug, sich selbst in einer Sonderedition als Steiff-Bär zu sehen. Er brachte sein Katze Chupette, die er mit über 10.000 Followern zum Instagram-Star gemacht hatte, in kleiner Stückzahl als Plüschvariante auf den Markt. Aus Japan kommt die Idee der Kuscheltier-Restaurants. Wer möchte, bekommt dort ein ungefähr ein Meter großes Moomin-Kuscheltier an den Tisch gesetzt, damit er sich nicht so alleine fühlt. Moomins sind eine Mischung aus Troll und Nilpferd und eigentlich in einer schwedischen Comicserie beheimatet, die in Japan sehr beliebt ist. Um originelle Ideen zu erleben, muss man gar nicht so weit reisen, zumal wenn man keine Möglichkeit dazu hat. Karsten Morschett erzählt von so einer Idee. O-Ton 209: Karsten Morschett Teddy-Tours Wir waren auf der Suche nach nem originellen Geburtstagsgeschenk für nen Freund und dann hat man uns erzählt, dass der ein Kuscheltier hat, was er gerne zum Einkaufen mitnimmt. Und da dachten wir, dass ist ja witzig, das ist ja ne total schräge Sache. Dann haben wir dieses Kuscheltier entführt, haben heimlich Fotos beim Einkaufen gemacht und weil wir in Berlin unterwegs waren, haben wir dann auch gleich Fotos vor Berliner Sehenswürdigkeiten gemacht. 00:23 Zum Geburtstag haben wir dann ein Fotoalbum geschenkt, mit dem Kuscheltier vorm Brandenburger Tor, vorm Reichstag und natürlich beim Einkaufen und es war ein riesen Hallo und die Leute meinten, mensch, dass ist ja witzig, da müsst ihr mehr draus machen und das war dann die Geburtsstunde von Teddy Tour Berlin. Autorin: Angefangen haben sie ganz klein erst mal mit der Erstellung einer Website und einer Pressemitteilung. Sprecher: Wir von Teddy-Tour Berlin, dem Reisebüro für gestresste Kuscheltiere, bieten ihrem Teddy eine Woche Urlaub, inklusive Stadtrundfahrt durch Berlin und Picknick im Tiergarten. Als Extra erhalten Sie ein Album mit vielen schönen Urlaubsfotos und eine Urlaubspostkarte. Autorin: Die Reaktion war erst einmal sehr verhalten. Man hielt das Ganze für einen Witz. Ein Reisebüro für gestresste Kuscheltiere, was sollte das sein und wer bucht so etwas? O-Ton 210: Karsten Morschett Teddy-Tours Die Beweggründe, dass die Leute ihre Kuscheltiere zur Teddy Tour schicken, sind eigentlich sehr unterschiedlich, aber man kann vielleicht so grob sagen, es sind zum Einen Leute die sagen, das ist ne Superidee, das will ich ausprobieren, gibt es das wirklich. Die haben vielleicht ein Kuscheltier was sie schon lange nicht mehr gekuschelt haben, wo sie sagen, das Kuscheltier hat einen Nachholbedarf. Dann gibt es Leute die sagen, dass ist eine super Geschenkidee, die kaufen dann einen Gutschein bei uns und was uns dann auch sehr überrascht hat und auch sehr berührt hat, es gibt Leute die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verreisen können, die schicken dann ihr Kuscheltier als Art Stellvertreter zu uns nach Berlin. Autorin: Da gab es zum Beispiel einen Mann, der lag auf einer Isolierstation in einem Krankenhaus und konnte nicht mehr selbst verreisen, das sollte das sein Kuscheltier für ihn tun. Aus Holland kam ein 55 Jahre altes Kuscheltier, Bommeltje, dem fehlten schon ein Ohr und ein Arm. Dem Besitzer war es sehr wichtig, dass niemand auf die Idee kam es zu reparieren oder irgendetwas zu verändern, denn es war sein wertvollster Besitz, genauso wie es war. Es kommen alle möglichen Kuscheltiere für die Berlin-Tour an. Teddybären, Frösche und einmal sogar Chucky, die Mörderpuppe. Die einzige Bedingung für eine Teddy-Tour ist, dass das Kuscheltier in ein übliches Postpaket passen sollte, sonst gibt es ein logistisches Problem. O-Ton 211: Karsten Morschett Teddy-Tours Was das angeht, wir hatten da wirklich mal ein logistisches Problem. Wir hatten da mal ne Buchung die kam auch aus Skandinavien, das war eine Giraffe. Und plötzlich stand eine Spedition vor und hat uns eine Giraffe geschickt, die 1,80m groß war. Und wir hatten das überhaupt nicht auf dem Schirm, dass so was passieren kann und das war natürlich ein Riesengaudi mit der Giraffe durch die Stadt zu fahren um diese Fotos vor den Sehenswürdigkeiten zu machen. War dann aber auch ein Problem das Kuscheltier dann wieder zurück zuschicken und wir haben das dann aber am Ende geschafft. Wir haben dann eine Spedition gefunden, die das dann übernommen hat. Autorin: Wer sich an den französischen Film „Die fabelhafte Welt der Amelie“ erinnert, in dem eine Stewardess einen Gartenzwerg mit um die Welt nimmt und mit ihm Fotos vor internationalen Sehenswürdigkeiten macht, die Amelies Vater schließlich dazu bringen selbst auf Reisen zu gehen, dem kommt die Idee, das mit Kuscheltieren zu machen, vielleicht gar nicht mehr so merkwürdig vor. Auch wenn es manchmal etwas schräg ist. Es gibt ein Kuscheltier, das sicherlich den Rekord in Punkto Reiseentfernung aufgestellt hat. Musik, Sendung mit der Maus Autorin: Die Sendung mit der Maus ist seit vielen Jahren nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen sehr beliebt. O-Ton 212: Alexander Gerst ist Mausfan Die Maus ist immer dabei, weil die genauso neugierig ist wie ich. 00:04 Autorin: Hier outet sich der Astronaut Alexander Gerst als Fan. Die Maus ist nicht nur eine Zeichentrickfigur, sondern es gibt sie, wie auch ihre Freunde, den Elefanten und die Ente, als Kuscheltiere und diese haben es weit gebracht, sehr weit. O-Ton 213: Alexander Gerst mit der Maus im Weltall Alles Gute von der Internationalen Raumstation ich melde mich heute zur Crew-Konferenz die ja einmal am Tag haben und ich seh schon, ihr habt einen Gast dabei. Das trifft sich gut, weil ich auch zwei Gäste dabei habe, die unbedingt heute mitmachen wollten. Eigentlich sind sie ja bei der Arbeit wissenschaftliche Experimente bei der Kolumbus durchzuführen, aber die haben sich heute mal zwei Minuten frei genommen, weil die wollten natürlich auch bei der Familienkonferenz mit der Ente mal wieder quatschen. Die haben sich ja auch schon eine Weile nicht mehr gesehen. Und heute haben ihr ja zum Glück ein paar mehr kennengelernt, von den wirklich tollen Kollegen von mir, am Boden, ohne die das Ganze hier überhaupt nicht möglich wäre. Ohne die wäre ich nicht hier, die Maus nicht hier und der Elefant nicht hier. Also vielen Dank an alle und ich freue mich total, dass ihr die endlich mal kennengelernt habt. Alles Gute von der Internationalen Raumstation. Wir sehen uns. 01:08 Autorin: Der Aufenthalt im All von Alexander Gerst, der Maus und dem Elefanten dauerte vom 28. Mai – 10. November 2014. Die Ente musste am Boden bleiben. Auf einer Raumstation ist es sehr eng und man muss gut miteinander auskommen, vor allem wenn die Reise so lange dauert. Manchmal wird man sogar so eng miteinander, dass man sich dann gar nicht dauerhaft trennen mag. O-Ton 214: Alexander Gerst Silvester Ja, heute Abend fahr ich mit der Maus in die Berge, weil die Maus und ich haben uns ja vom Weltraum aus die Erde angeschaut und was uns besonders gefallen hat, waren die Berge und da haben wir uns gedacht, zu Silvester, da fahren wir mit Freunden so ein bisschen in den Schnee und feiern da zusammen. Autorin: Auch für Erwachsenen ist spielen wichtig. In ihrem Buch „Rettet das Spiel“ erklären der Neurobiologe Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch warum: Sprecher: Ohne die Möglichkeit des spielerischen Ausprobierens gäbe es keine Kreativität. Einfach nur weiterdenken, was schon gedacht worden ist, können wir alle. Manche Menschen sogar besonders gut, wenn sie dazu gezwungen oder dafür belohnt werden. Aber dadurch, dass jemand das bereits Vorhandene ergänzt, umbaut oder verbessert, kommt nichts wirklich Neues in die Welt. Ein Fenster bleibt ein Fenster, auch wenn es nun eine Vakuum-Doppelverglasung und einen Plastikrahmen hat. Im Englischen heißt so etwas linear innovaton, also die bloße Verbesserung des Bestehenden. Wirklich interessant sind die sogenannten breakthrough innovations, also tatsächlich neue, kreative Lösungen. Die Entdeckung der alpha-Helix-Struktur der DNA war so etwas – oder die Relativitätstheorie oder der Düsenantrieb oder der Verbrennungsmotor. Fragt man danach, was es möglich gemacht hat, dass jemand eine völlig neue, bisher noch nicht gedachte oder auch nicht für möglich gehaltene Lösung finden konnte, dann stößt man immer wieder auf das gleiche Phänomen: Die entscheidende Idee kam nicht am Schreibtisch und auch nicht kurz vor der Deadlline oder der angedrohten Kündigung, sondern morgens, noch im Halbschlaf, oder nachmittags bei einem Spaziergang oder abends unter der Dusche. Also immer dann, wenn kein Druck herrschte, wenn im Hirn mal das eine, mal das ander durchgespielt werden konnte, bis sich plötzlich etwas zu einem stimmigen Bild zusammen fügte. Der Durchbruch in das Neue entstand ganz von allein, hervorgegangen aus dem Spiel der Gedanken. Autorin: Von Gerald Hüther und Christoph Quarch stammt auc das folgende Gedicht: Sprecherin: „Wollen wir wieder Menschen spielen“, fragt Zeus die Götterrunde. „Lieber nicht“, erging die Antwort seines Bruders Hades. Denn als Herr über die Toten mochte er das Spielen nicht. Liebe, Lust und Leichtigkeit waren nicht so seine Sache, er stand auf den Ernst des Lebens; und er war damit zufrieden, dass die Menschen erst und eifrig sich durch ihre Tage plagten. Zeus jedoch ließ das nicht gelten: „Schaut doch nur“, erging sein Wort, „wie die Sterblichen verkümmern. Immerzu sind sie in Sorge, schmieden dauernd neue Pläne, setzten dauernd neue Zwecke, rechnen, prüfen, kalkulieren, diskutieren, lamentieren, rechnen wieder, rechnen schneller, rennen rast- und ruhelos, sehen nichts mehr als sich selbst, hören nur das dumpfe Surren ihrer eigenen Gedanken, sehen nichts mehr als das Flimmern ihrer Smartphone-Monitore, sind gelangweilt und erfinden dauern neue Ablenkungen, um die Leere ihres Innern nicht zu spüren, nicht zu fühlen. Ach, die Menschen tun mir leid, immerzu sind sie zerstreut, niemals sind sie ganz lebendig.“ Da der Göttervater schwieg, wischte sich die bezaubernde Venus eine schöne Träne fort. „Du hast recht“, sprach sie zum Vater, „lass uns wieder Menschen spielen. Lass uns Liebe, Lust und Lachen wieder auf die Erde tragen. Lass uns Schönheit, Spiel und Freude wieder auf die Erde pflanzen.“ „Recht so“, sprach da auch Apolon, „kommt wir wollen uns verkleiden und uns auf der Erde tummeln, kommt, wir heilen sie vom Irrsinn, immer nützlich sein zu müssen, immer klug und profitabel, zielgerichtet, fokussiert. Dieser Irrsinn braucht ein Ende. Nehmen wir sie an der Hand, führen sie einander zu, dass sie sich begegnen können, statt einander zu gebrauchen. Sich einander zuhören und sehen, singen sollen sie und tanzen, nutzlos sich am Leben freuen.“ Hermes, der die Menschen mochte und Gefallen daran fand, dass sie rastlos darum ringen, Wohlstand und Profit zu schaffen, hielt dagegen und bemerkte, auch Gewinnstreben und Schlauheit seine schöne Qualitäten, die das Leben lustig machen. Aber letztlich gab auch er zu, dass die Sterblichen bei aller Schnelligkeit und Effizienz stets vergessen, was am Ende doch das Beste ist und bleibt: Leichtigkeit und Lebendigkeit. Und so traf´s sich das die Götter wieder auf die Erde kamen, um das Menschenspiel zu spielen. Niemand konnte sie erkennen, gut getarnt und still und heimlich schlichen sie ins Menschenhirne, lockerten darin Synapsen und erstarrte Denkstrukturen, und nach gar nicht langer Zeit war ein Wandel zu erkennen. Erst spielte ein zartes Lächeln auf dem Antlitz junger Menschen, später hörte man sie lachen, sah sie tanzen, sah sie spielen. Und das Leben kam zurück. Die Menschen aber staunten und bemerkten: Das Spiel beginnt. Musik Autorin: In der dritten Stunde dieser Langen Nacht, geht es um Brettspiele - und einen mittlerweile 60 jährigen Gefährten der Kindheit. Musik 3. Stunde Musik Autorin: Brettspiele sind ein sehr altes Kulturgut. In der Grabstätte der Nefertari, der Frau des Pharao Ramses II. in Ägypten, ist auf einem Bild zu sehen, wie das Brettspiel „Senet“ gespielt wird, ca. 3000 vor Christus. Eines der ältesten Spiele ist auch „Pachisi“, der Vorläufer des heutigen „Mensch ärgere dich nicht“. In Indien des 6. Jahrhunderts entstanden, kam es dann durch Reisende nach Europa. Sprecherin: Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Autorin: Schrieb Friedrich Schiller in „Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen“. 1920 hat man bei Ausgrabungen im südlichen Irak, gleich mehrere Spielbretter gefunden, die auf ca. 2600 vor Christus datiert wurden. Die Weizenkornlegende erzählt vom Ursprung des Schachspiels. Sprecher: Im dritten oder vierten Jahrhundert lebte in Indien der weise Brahmane Sissa. Um dem Tyrannen Shihram zu zeigen, dass sein Volk im Elend lebte, erfand Sissa ein Spiel, Tschaturanga, die Urform des Schach. In diesem Spiel ist der König zwar die wichtigste Position, jedoch ohne die Hilfe seiner Bauern kann er nichts ausrichten. Dem Tyrannen gefiel das Spiel, er ließ es verbreiten und gewährte dem Sissa eine Belohnung. Dieser wünschte sich Weizenkörner. Auf das erste Feld des Spielbretts eins, auf das Zweite doppelt so viele, auf das Dritte das Doppelte vom Zweiten und so weiter. Zuerst noch lachte der Shihram, dies verging ihm aber sobald die Rechenmeister die Summe errechnet hatten. Ungefähr 18,45 Trillionen Weizenkörner wären es gewesen. Aber so viel Weizen hätte es im ganzen Reich nicht gegeben. Wie sollte also das Versprechen der Belohnung eingelöst werden? Die Rechenmeister empfahlen dem Herrscher, dass der Brahmane Sissa seine Körner selbst abzählen sollte. Autorin: Wie die Geschichte ausgegangen ist, ist in der Legende leider nicht überliefert. Das Brettspiel war zu Beginn ein Spiel für Erwachsene. Man konnte es mit einfachsten Mitteln spielen. Es reichte schon, ein paar Vierecke in den Sand zu zeichnen und ein paar Steine oder Knochen, aber es taugte auch zum Statussymbol. In den Museen kann man die prächtig gestalteten Schachbretter der Herrscher sehen. Heute gilt Schach als Sport. Wenn die Großmeister um die Weltmeisterschaft spielen, wird das im Fernsehen überragen und in den Zeitungen ausführlich besprochen. Über das Wesen des Schachspiels machen sich die Autoren des Buches „Rettet das Spiel“ Gerald Hüther und Christoph Quarch Gedanken. Sprecherin: Das Spielbrett ist ein Schlachtfeld, und es geht darum, dass sich im Spielverlauf erweist, wer die Schlacht gewinnt. Kein Glück – wie bei „Mensch ärgere dich nicht“, Risiko, Monopoly oder überall da, wo gewürfelt wird – mengt sich ins Spiel. Es gibt ein klares Regelwerk, das eine schier unendliche Fülle von Spielzügen zulässt, was dazu führt, dass sich der Reiz des Spiels niemals erschöpft. Der Mitspieler ist Gegenspieler zweifelsohne, und doch sind beide intensiv verbunden. Das Schachspiel ist ein echtes Spiel. Vor allem dann, wenn es zwischen zwei leibhaftigen Spielern, die einander als Du begegnen können, und nicht mit einem Computer gespielt wird. Und besonders schön ist es, wenn dies im öffentlichen Raum geschieht – etwa in Argentinien, wo sich große Menschentrauben um öffentliche Schachbretter scharen und Dutzende von zuschauenden Mitspielern dem Spiel beiwohnen. Autorin: Da im Schachspiel der Zufall, durch einen Würfel, wegfällt, gewinnt ausschließlich der bessere Spieler. Dass dies nicht unbedingt der klügere Spieler sein muss und das das tiefe Eintauchen in die Welt des Schachspiels nicht immer gesund ist, davon erzählt Stefan Zweig in seiner Schachnovelle. Sprecher: Der Schachweltmeister Mirko Czentovic trifft auf einer Schiffsreise auf Dr. B.. Unterschiedlicher können zwei Menschen kaum sein. Czentovic wuchs als Waise bei einem Pfarrer auf, der vergeblich versuchte ihm Rechnen und Schreiben beizubringen, aber seine ungewöhnliche Begabung des Schachspiels entdeckte und förderte. Auf der anderen Seite den hochgebildeten Dr. B., der von den Nationalsozialisten in ein Hotelzimmer interniert, bei einem Verhör ein Buch stiehlt. Zu seinem Leidwesen handelte es sich aber nicht um einen Roman sondern um ein Schachbuch, eine Sammlung von 150 Meisterpartien. Nachdem er anfangs mit modellierten Brotkümmeln als Spielfiguren, auf dem karierten Betttuch ein Schachbrett nachzugestalten um die Partien nachzuspielen, brauchte er diese Hilfsmittel bald nicht mehr. Die Umstellung war restlos gelungen: ich hatte das Schachbrett mit seinen Figuren nach innen projiziert und überblickte auch dank der bloßen Formeln die jeweilige Position, so wie einem geübten Musiker der bloße Anblick der Partitur schon genügt, um alle Stimmen und ihren Zusammenklang zu hören. Nach weiteren vierzehn Tagen war ich mühelos imstande, jede Partie aus dem Buch auswendig – oder, wie der Fachausdruck lautet: blind – nachzuspielen; jetzt erst begann ich zu verstehen, welche unermeßliche Wohltat mein frecher Diebstahl mir eroberte. Autorin: Dr. B spielte Schach gegen sich selbst und das blieb nicht ohne Folgen. Sprecher: Ich weiß nun nicht, bis zu welchem Grade Sie über die geistige Situation bei diesem Spiel der Spiele nachgedacht haben. Aber schon die flüchtigste Überlegung dürfte ausreichen, um klarzumachen, dass beim Schach als einem reinen, vom Zufall abgelösten Denkspiel es logischerweise eine Absurdität bedeutet, gegen sich selbst spielen zu wollen. Das Attraktive des Schachs beruht doch im Grunde einzig darin, daß sich seine Strategie in zwei verschiedenen Gehirnen verschieden entwickelt, daß in diesem geistigen Krieg Schwarz die jeweiligen Manöver von Weiß nicht kennt und ständig zu erraten und zu durchkreuzen sucht, während seinerseits wiederum Weiß die geheimen Absichten von Schwarz zu überholen und parieren strebt. Bildeten nun Schwarz und Weiß ein und dieselbe Person, so ergäbe sich der widersinnige Zustand, daß ein und dasselbe Gehirn gleichzeitig etwas wissen und doch nicht wissen sollte, daß es als Partner Weiß funktionierend, auf Kommando völlig vergessen könnte, was es eine Minute vorher als Partner Schwarz gewollt und beabsichtigt. Ein solches Doppeldenken setzt eigentlich eine vollkommene Spaltung des Bewusstseins voraus, ein beliebiges Auf- und Abblendenkönnen der Gehirnfunktion wie bei einem mechanischen Apparat; gegen sich selbst spielen zu wollen, bedeutet also im Schach eine solche Paradoxie, wie über seinen eigenen Schatten zu springen. Nun, um mich kurz zu fassen, diese Unmöglichkeit, diese Absurdität habe ich in meiner Verzweiflung monatelang versucht. Aber ich hatte keine Wahl als diesen Widersinn, um nicht dem puren Irrsinn oder einem völligen geistigen Marasmus zu verfallen. Ich war durch meine fürchterliche Situation gezwungen, diese Spaltung in ein „Ich Schwarz“ und ein „Ich Weiß“ zumindest zu versuchen, um nicht erdrückt zu werden von dem grauenhaften Nichts um mich. Autorin: Diese Art Bewusstseinsspaltung führt zu einer „Schachvergiftung“ wie Stefan Zweig es nennt. Dr. B wurde diese attestiert und er wurde frei gelassen. Auf einer Schiffsreise trifft er im Rauchersalon nun auf den Schachweltmeister Mirko Czentovic, der eine Simultanpartie mit einigen anderen Passagieren spielt. Staunend und mit Schrecken sieht Dr. B. nun erstmals wieder ein reales Schachspiel. Da seine Tipps an die verlierenden Spieler beeindrucken, wird er zu einem Einzelspiel mit dem Weltmeister herausgefordert. Sprecher: Noch eines! Wollen Sie den Herren gleich im Voraus ausrichten, damit ich nachträglich nicht unhöflich erscheine: ich spiele nur eine einzige Partie... sie soll nichts als der Schlussstrich unter eine alte Rechnung sein – eine endgültige Erledigung und nicht ein neuer Anfang ... Ich möchte nicht ein zweites Mal in dieses leidenschaftliche Spielfieber geraten, an das ich nur mit Grauen zurückdenken kann... und übrigens... übrigens hat mich damals auch der Arzt gewarnt... ausdrücklich gewarnt. jeder, der einer Manie verfallen war, bleibt für immer gefährdet, und mit einer – wenn auch ausgeheilten – Schachvergiftung soll man besser keinem Schachbrett nahekommen... Also Sie verstehen – nur diese eine Probepartie für mich selbst und nicht mehr. Autorin: Diese Partie verliert der Weltmeister und fordert Revanche. Dr. B. nimmt an. Während dieser Partie kommt es zum erneuten Ausbruch seiner „Schachvergiftung“ und er bricht die Partie, auf Anraten des „Ich-Erzählers“ der um diese Krankheit weiß, ab. Sprecher: Er verbeugte sich und ging, in der gleichen bescheidenen und geheimnisvollen Weise, mit der er zuerst erschienen. Nur ich wußte, warum dieser Mann nie mehr ein Schachbrett berühren würde, indes die andern ein wenig verwirrt zurückblieben mit dem ungewissen Gefühl, mit knapper Not etwas Unbehaglichem und Gefährlichem entgangen zu sein. »Damned fool!« knurrte McConnor in seiner Enttäuschung. Als letzter erhob sich Czentovic von seinem Sessel und warf noch einen Blick auf die halb beendete Partie. »Schade«, sagte er großmütig. »Der Angriff war gar nicht so übel disponiert. Für einen Dilettanten ist dieser Herr eigentlich ungewöhnlich begabt.« Musik Autorin: Harald Schrapers ist Vorsitzender des Vereins „Spiel des Jahres“ und als Spielekritiker auch Mitglied der Jury für das „Spiel des Jahres“. Er ist kein großer Freund des Schachs, weil hierbei immer der Bessere gewinnt und man nur bei gleicher Spielerstärke einen fairen Wettkampf bestreiten kann. Er schätzt eher Spiele, bei denen es eine Mischung aus Zufall und Taktik gibt, so das mal der Bessere gewinnt und mal der Glücklichere. Die Geschichte der deutschen Brettspiele, ist eine ganz besondere. O-Ton 301: Harald Schrapers In Deutschland wurde eigentlich schon immer gespielt. Natürlich zur einen Seite traditionell, Skat, Schafkopf, was vielleicht auch eine Funktion hatte für Männerbünde, für Männer die zusammen sitzen, auch Backgammon in Griechenland und in anderen Ländern. In Deutschland wurde wahrscheinlich schon immer ein bisschen mehr gespielt, aber die Nachfrage nach Brettspielen war dann auch eine ganz besondere, weil die Leute jetzt auch erfuhren, da gibt es etwas völlig Neues und tolle Sachen. Man nennt im Ausland, im englischsprachigen Ausland, diese Art von Spielen ja „German Style Games“, Deutsch Spiele, und das ist was Besonderes, obwohl das erste „Spiel des Jahres“ vor 40 Jahren verliehen, „Hase und Igel“ ein englischen Spiel war, von einem Mann aus London, David Parlett, der das gemacht hat, aber ist ein ganz typisches German Style Game, das unglaublich viel Spaß macht. Ein Thema und das hat sich dann tradiert. Immer mehr Leute gingen dann hin und haben sich jedes Jahr das „Spiel des Jahres“ gekauft und der ganz große Bruch was dann vor 25 Jahren „Siedler von Catan“, ein Spiel das so begeisternd ist, dann dann noch ein riesiger Sprung gekommen ist. Claus Teubner, der Autor dieses Spiels, eine absolut geniale Idee hatte, und damit einen neuen Klassiker geschaffen hat und das hat, diese Bewegung wurde von „Spiel des Jahres“gefördert, eben am Anfang vor 40 Jahren schon und dann noch mal mit diesem Preis für dieses doch für die damaligen Verhältnisse relativ komplexe Spiel, dann noch mal. Autorin: „Siedler von Catan“ - Ein Spiel, das sehr viele Erweiterungen erfahren hat und auch für 2 Personen als Kartenspiel herausgegeben wurde. Ein moderner Klassiker. Früher gab es in den Familien oft einen Karton mit einer Spielesammlung, mit den immer gleichen Spielen darin. O-Ton 302: Harald Schrapers In den Spielesammlungen sind Spiele, die die Leute schon kennen. Das ist ein bisschen auch die Schwäche des Brettspiels, weil wirklich gute Spiele, da muss man sich dann auch erst mal in die Spieleregel einlesen und das macht Mühe, insbesondere vom vom Computerspiel kennt man´s anders. Da kann man ja try and error immer machen und beim Brettspiel muss man´s kennen und viele Leute scheuen sich davor diese Regeln zu lesen. Man kann sich natürlich auch ein Video aus dem Internet besorgen, aber das ist immer ein bisschen schwierig und in Spielsammlungen ist eben genau das drin, was die Leute bereits kennen. Unabhängig davon, ob s jetzt gute Spiele sind oder nicht so gute Spiele. Autorin: Das wirft die Frage auf; was ist ein gutes Spiel? Was macht es aus? O-Ton 303: Harald Schrapers Also aus unserer Sicht, und „Spiel des Jahres“ macht das dann eben so, wir wollen wirklich langfristig Freude machen. Spiele die meistens so vielleicht 60 Minuten dauern, mal ein bisschen länger, mal ein bisschen kürzer. Spiele die die Leute begeistern, bei der Stange halten, wo nicht schon vorher fest steht, dass nach einer halben Stunde, wer nachher gewinnt. Wo die Spannung bis zum Ende erhalten bleibt. Das können völlig unterschiedliche Spiele sein. Deswegen ist es auch ganz schwierig hier zu sagen, wie sieht ein gutes Spiel aus. Aber es gibt so viele gute Spiele, so viele Unterschiedliche und das ist eben das tolle an Brettspielen. Sprecherin: Sobald wir mit anderen zusammen zu spielen beginnen, erkennen Kinder recht schnell, dass es mehr Freude macht, wenn das, was spielerisch alles möglich ist, durch bestimmt Regeln begrenzt wird. Und spätestens als Erwachsene haben wir dann alle meist recht gut gelernt, diese Spielregeln einzuhalten. Wir halten uns dann an das, was innerhalb der Spielzeit und auf dem „Spielplatz“ als Regelwerk von uns als Voraussetzung dafür erkannt worden ist, damit das Spiel ein Spiel bleibt. Es muss jedem Einzelnen die Möglichkeit bieten, sich innerhalb der Spielregeln frei zu fühlen, seine kreativen Potenziale zu entfalten, seine Fähigkeiten zu vervollkommnen, sein Wissen und Können zu erweitern, sich also spielerisch weiterzuentwickeln. Das geht zur Not auch allein, aber deutlich mehr Freude erleben wir, wenn wir mit anderen zusammen spielen. Auch hier brauchen wir bestimmt Regeln, auf die wir uns einigen, damit das Zusammenspiel gelingen kann. Und wenn es gelingt, fühlen wir uns mit unseren Mitspielern in einer Spielegemeinschaft. Im Zusammenspiel können wir genau das wieder erleben, was draußen, in der Welt der Notwendigkeit und Zwecke, so selten zu finden ist: Dass es möglich ist, sich mit anderen – und sei es auch nur für die Dauer des gemeinsamen Spiels – gleichzeitig verbunden und frei zu fühlen. Autorin: So schreiben Gerald Hüther und Christoph Quarch. Das Spiel ist keine Erfindung der Menschen. Wer eine Katze mit einer Fellmaus beobachtet oder Hunde im Park miteinander, kann sehen, auch Tiere spielen. Selbst der gefährliche Komodowaran, diese größte Echse der Erde spielt, wie in einem Forschungsgehege herausgefunden wurde. Am Rande der Nürnberger Spielwarenmesse hatte sich vor 40 Jahren eine Gruppe von spielebegeisterten Journalisten getroffen. Der WDR Journalist Jürgen Herz hatte dann die Idee, doch einen Preis für das beste Spiel des Jahres zu verleihen und damit Werbung für das Brettspiel zu machen. Inzwischen werden nicht nur das „Spiel des Jahres“ und das „Kinderspiel des Jahres“, sondern auch das „Kennerspielspiel des Jahres“ ausgezeichnet. O-Ton 304: Harald Schrapers In der Jury für „Das Spiel das Jahres“, „Das Kinderspiel des Jahres“ sind wir 10 Leute. Spiele kann man nicht einreichen bei uns. Wir fragen Verlage an uns Spiele zu geben die wir interessant erscheinen. Das ist der allergrößte Teil der Spiele die deutschsprachig und im deutschen Handel erscheinen in jedem Jahr. Jeder von uns spielt weit mehr als 200 Neuerscheinungen pro Jahr, 300 vielleicht sogar. Genau gezählt habe ich das bei mir noch nicht. So das wir wirklich einen Blick haben, nicht jeder spielt alle Spiele von den 10, manchmal stimmen wir uns ab. Wir haben einen sehr engen Informationsaustausch übers Internet. So das wir immer auf dem Stand der Dinge sind. So das wir uns ca. 400 Spiele im Jahr anschauen. Dies in ganz unterschiedlichen Gruppenspielen. Wir spielen tatsächlich auch einmal im Jahr zusammen auf einer Winterklausur. Was aber mehr auch zum Kennenlernen dient. Eigentlich geht es uns darum mit unterschiedlichen Gruppen zu spielen. Spiele also auch schon mal mit Jugendlichen zu spielen. Spiele im Familienkreis zu spielen. Spiele in Expertenrunden, dass aber eher weniger, weil unser Zielgruppe ja wirklich die Gesellschaft insgesamt ist. Also wir wollen wirklich Leute erreichen, die vielleicht auch nur gelegentlich spielen, die sich jedes Jahr das „Spiel des Jahres“ kaufen, aber sonst nicht mehr eigentlich nicht mehr kennen, und genau mit denen solche Spiele auszuprobieren. Das macht auf der einen Seite riesig Spaß, weil Spiele, das ist ja der Unterschied zu einem, wir sind ja Spielekritiker, zu einem Literaturkritiker, zum Filmkritiker, zum Theaterkritiker ist, das muss es mir ganz alleine gefallen. Selbst wenn alle das Theaterstück ausbuhen im Theater, kann ich anschließend eine gloriose, positive Kritik schreiben, oder umgekehrt. Beim Brettspiel ist das nicht möglich, weil ich das ja nur gemeinsam mit meinen Mitspielerinnen und Mitspielern erlebe. Das ist ja das tolle am Brettspiel. Dieser Unterschied zu wirklich fast allen anderen Medien, dass wir da immer ein Gemeinschaftserlebnis haben. Sprecher: O Stunden der Kindheit, da hinter den Figuren mehr als nur Vergangenes war und vor uns nicht die Zukunft. Wir wuchsen freilich und wir drängten manchmal, bald groß zu werden, denen halb zulieb, die andres nicht mehr hatten, als das Großsein. Und waren doch, in unserem Alleingehn, mit Dauerndem vergnügt und standen da im Zwischenraume zwischen Welt und Spielzeug, an einer Stelle, sie seit Anbeginn gegründet war für einen reinen Vorgang. Autorin: Rainer Maria Rilke schrieb dies in seinen Duineser Elegien. Gerald Hüther beschreibt in seinem Buch „Rettet das Spiel“, wie die Neurowissenschaft mithilfe modernster Technik darstellt, wie sich das Spielen auf den Menschen auswirkt. Sprecher: Was die Hirnforscher dann, beispielsweise mittels funktioneller Kernspintomografie, im Gehirn eines in dieser Weise spielenden Menschen messen können, ist ein Verringerung des Sauerstoffverbrauchs aufgrund einer verminderten Aktivität der Nervenzellverbände im Bereich der Amygdala. Das ist diejenige Hirnregion, die immer dann besonders aktiv wird, wenn wir Angst haben. Im Spiel verlieren wir also unsere Angst. Gleichzeitig kommt es zu einer verstärkten Aktivierung all jener neuronalen Netzwerke, die gebraucht werden, um die jeweiligen Herausforderungen des betreffenden Spiels zu meistern. Je komplexer das Spiel ist, desto mehr solcher regionalen Netzwerke werden gleichzeitig aktiviert. Genau das ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass wir durch neuartige Verknüpfungen der in diesen regionalen Netzwerken verankerten Wissensinhalte neue kreative Einfälle und Ideen entwickeln können. Schließlich lässt sich bei jedem gelungenen Zug, bei jeder gut bewältigten Aufgabe auch noch beobachten, dass bestimmte Neuronenverbände im Mittelhirn, die als „Belohnungszentren“ bezeichnet werden, verstärkt zu feuern beginnen. Das damit einhergehende Gefühl erleben wir als Freude, als Lust, manchmal sogar als Begeisterung. Spielen stärkt also unsere Lebensfreude. Musik Autorin: Im Roman „Die Go-Spielerin“ erzählt die französische Autorin Shan Sa, die Geschichte einer jungen Chinesin, die dem Zauber des „Go-Spiels“ erlegen ist. Dieses chinesische Brettspiel ist circa 4000 Jahre alt und zählt somit zu den ältesten Brettspielen der Welt. Seine simplen Regeln, die doch unzählige Möglichkeiten eröffnen, hat Go auch in Deutschland beliebt gemacht. Der Deutsche Go Bund geht von über 30.000 Spielern aus. Früher wurde Go, wie auch Schach, vor allem von Männern gespielt, das hat sich verändert. Sprecherin: In der Schule nennen die Mädchen mich die Fremde. Sie finden meine Leidenschaft für das Go ist eine exotische Laune. Die Spieler dagegen üben sich lieber in lobenswerter Nachsicht und tolerieren die Extravaganz eines kleinen Mädchens. Auf dem quadratischen Spielbrett streiten die Steine beim Go um die 361 Schnittpunkte, die aus neunzehn horizontalen und neunzehn vertikalen Linien gebildet werden. Die beiden Spieler teilen also das freie Feld unter sich auf und vergleichen am Ende, wieviel Gebiet jeder von ihnen gemacht hat. Ich mag Go lieber als Schach, weil dort mehr Freiheit herrscht. In einem Schachspiel stehen die beiden Reiche mit ihren geharnischten Kriegern sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Go-Soldaten dagegen wirbeln gelenkig umher, stellen sich ihre Fallen in kreisenden Spiralen: Kühnheit und Einfallsreichtum sind da die Tugenden, die zum Sieg führen. Autorin: Die junge Chinesin liebt es, auf dem Platz der Tausend Winde zu spielen. Hier sind die Spielbretter in Tische aus Granit eingeritzt. Selbst im Winter sitzen die Männer und spielen Go. Die Spieler kommen im Morgengrauen und bleiben bis zum späten Nachmittag. Wenn die beiden Schalen mit ihren Spielsteinen offen neben ihnen auf dem Spieltisch stehen, warten sie auf ihren Mitspieler, sind sie geschlossen, dann sind sie frei für ein Duell. Sprecherin: Auf dem Platz der Tausend Winde spiele ich gegen Wu, den Antiquar, nachdem ich ihn acht Vorgabesteine habe setzten lassen. Endgültig geschlagen, verschwindet er unter Seufzern. Eine einfache Partie Go bringt die meisten Spieler zur Erschöpfung. Sie müssen essen und schlafen, um wieder zu den gewohnten Kräften zu finden. Meine Reaktion ist anders. Von Beginn an schürt das Spiel mich innerlich auf. Die Konzentration trägt mich an den Gipfel der Erregung. Wenn das Spiel vorbei ist, weiß ich noch stundenlang nicht, wohin mit meiner Kraft, die sich im Lauf des Spiels aufgestaut hat, ich suche nach etwas, das mich beruhigt. Vergeblich. Wie an den anderen Tagen mach ich mich auch heute mit großen Schritten auf den Weg nach Hause. Die verrücktesten Träumereien gehen mir durch den Kopf. Ich glaube mich aus dem Kreis der Sterblichen herausgehoben, ich sehe mich zu den Göttern gelangen. Autorin: Eines Tages setzt sich ein junger Mann zu der Go-Spielerin, um mit ihr zu spielen. Sie weiß nicht, dass es sich um einen japanischen Spion handelt, der hofft, wichtige Informationen auf dem Platz der tausend Winde aufzuschnappen. Er wird enttäuscht, denn die Spieler reden nur das Nötigste. Trotzdem kommen sich die junge Chinesin und der Japaner in einer Partie, die mehrere Tage dauert, näher. Aber in Zeiten des Krieges gibt es kein Happy End. Sprecherin: Ich bin eine andere Frau und trage meinen Namen in mir wie die Grille die Erinnerung an die Erde, in der sie schlummerte, bevor sie sich verwandelte. Ich habe vor nichts mehr Angst. Dieses Leben ist nur eine Partie Go! Musik Autorin: In Zeiten des wachsenden Online- und Videospielmarktes könnte man meinen, dass der Verkauf von Brettspielen rückläufig ist. Dem ist aber nicht so, auch dank eines Qualitätssiegels, das immer wieder genügend Alternativen zu den älteren Spielen aufzeigt. O-Ton 305: Harald Schrapers Und eigentlich kann man sagen, „Spiel des Jahres“ war der Gegenentwurf zu Spielen wie „Mensch ärgere dich nicht“ und „Monopoly“. „Mensch ärgere dich nicht“ was die Leute ärgern sollte. Wo ja schon der Anspruch für Kinder, ich finde es grauenvoll, pädagogisch ist, du sollst etwas lernen, und zwar verlierenlernen. Was eines der schwierigsten Sachen ist, die man überhaupt lernen kann und „Spiel des Jahres“ sagt, spielen soll Spaß machen und deswegen werden völlig andere Spiele ausgezeichnet als Dinge wie eben „Mensch ärger dich nicht“ oder „Monopoly“. Dieser Gegenentwurf, der hat sich dann eben durchgesetzt und die Leute wurden ermutigt, die Spieleautoren, die Verlage, wirklich tolle Sachen auf den Markt zu bringen und dafür ist in Deutschland tatsächlich auch tatsächlich Nachfrage. Und die ist immer gewachsen. In den letzten Jahren boomt der Markt ganz erheblich. Und da ist richtig, jetzt vielleicht seit 10 Jahren, seit 5 Jahren, gibt es immer mehr auch sehr komplexe Spiele. Das liegt an der einen Seite daran, das wir, nachdem sich das German Game auch immer mehr ins Ausland ausgeweitet hat, auch weltweit Nachfrage gefunden hat, dort aber mehr die, ich sag mal Spiele-Nerds, die wirklichen Hobbyspieler spielen, die eher die Nachfrage nach den komplexen Sachen haben, und diese Welle schwappt jetzt wieder zurück. So dass wir auf dem deutschen Markt ein riesigen Angebot an komplexen Sachen haben und wir gleichzeitig sehen, dass die Nachfrage der Spiele-Szene, welche ich jedes Jahr auf der Spielemesse in Essen gucke, dass das Publikum dann auch immer jünger wird. Das dann auch die Mitte 20 Jährigen wieder mit dabei sind. Die sich genau auch für diese Spiele interessieren, die sehr komplexen Sachen, die Expertenspiele, die sehr strategischen Geschichten, dass ist wirklich eine Entwicklung die wir in den letzten 5, 6,7 Jahren sehen, wo der Markt insgesamt boomt. Autorin: In Deutschland wird zu Hause gespielt, mit der Familie oder im Freundeskreis, oder man nimmt ein Spiel mit, um sich im Zug oder auf dem Flughafen die Zeit zu vertreiben. Seit einiger Zeit gibt es einen neuen Trend, der sich rasch verbreitet. O-Ton 306: Harald Schrapers Auch in Deutschland entstehen jetzt wieder Spielecafes, nicht wieder, sondern erstmalig. Das gab es so in der Form noch nie. Allerdings muss ich sagen, dass das hier in Deutschland ein eher seltenes Phänomen ist. In Asien gibt es das schon viel länger. Korea, Japan und ich war letztes in Großbritannien und da gefühlt auch in jeder 2. Großstatt ist ein Spielecafe. Die richtig Großen, mit so richtig vielen Spielen, das ist tatsächlich eine Sache, die die Leute diese „German Style Games“ nicht in der Familie spielen. Das ist dann eher in anderen Ländern. Aber ich denke, das wird sich ändern und wir werden in viel mehr Städten Spielecafes haben. Sprecher: Ein Mann, der in der Welt sich trefflich umgesehn, Kam endlich heim von seiner Reise, Die Freunde liefen schaarenweise, Und grüßten ihren Freund; so pflegt es zu geschehn, Da hieß es allemal: Uns freut von ganzer Seele Dich hier zu sehn, und nun: Erzähle! Was ward da nicht erzählt? Hört, sprach er einst, ihr wißt, Wie weit von uns'rer Stadt zu den Huronen ist, Eilfhundert Meilen hinter ihnen, Sind Menschen, die mir seltsam schienen, Sie sitzen oft bis in die Nacht, Beisammen vest auf einer Stelle, Und denken nicht an Gott und Hölle. Da wird kein Tisch gedeckt, kein Mund wird naß gemacht, könnten um sie her die Donnerkeile blitzen, Zwei Heer' im Kampfe stehn; sollt auch der Himmel schon Mit Krachen seinen Einfall drohn, Sie blieben ungestöret sitzen. Denn sie sind taub und stumm, doch läßt sich dann und wann Ein halbgebrochner Laut aus ihrem Munde hören, Der nicht zusammen hängt, und wenig sagen kann, Ob sie die Augen schon darüber oft verkehren. Man sah mich oft erstaunt zu ihrer Seite stehen, Denn wenn dergleichen Ding geschieht, So pflegt man öfters hinzugehen, Daß man die Leute sitzen sieht. Glaubt, Brüder! daß mir nie die gräßlichen Geberden Aus dem Gemüthe kommen werden, Die ich an ihnen sah; Verzweiflung, Raserei, Boshafte Freud' und Angst dabei, Die wechselten in den Gesichtern. Sie schienen mir, das schwör' ich euch, An Muth den Furien, an Ernst den Höllenrichtern, An Angst den Missethätern gleich. Allein, was ist der Zweck? so fragten hier die Freunde, Vielleicht besorgen sie die Wohlfahrt der Gemeinde? Ach nein! So suchen sie vielleicht des Zirkels Viereck finden? Nein! So bereun sie alte Sünden? Das ist es alles nicht So sind sie gar verwirret, Wenn sie nicht hören, reden fühlen, Noch sehn, was thun sie denn? Sie spielen. Autorin: Dieses Gedicht trägt den Titel: „Die seltsamen Menschen“ und wurde von Magnus Gottfried Lichtwer im 18. Jahrhundert geschrieben. Beim Spieleabend kann man schon mal die Zeit vergessen. Manchmal ist es bereits spät, wenn man aus der Zauberwelt des Spielens auftaucht. Hier beginnt nun die Zeit für einen anderen Gefährten der Kindheit. Musik, The Chordettes – Mr. Sandmann Autorin: Der Sandmann taucht schriftlich erstmals 1777. Der Sprachwissenschaftler Christoph Adelung schrieb damals in seinem Buch „Versuch eines vollständigen grammatischen-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart: Sprecher: Ein Mann, der Sand führet, Sand verkauft, im gemeinen Leben. Im Scherze sagt man auch zu den Kindern, wenn sie schläfrig werden und sich die Augen reiben, als wenn man ihnen Sand hineingestreut hätte, der Sandmann komme. Autorin: Der dänische Dichter und Schriftsteller Hans-Christian Andersen nimmt diese Motive für sein Märchen „Der Sandmann“ auf, der im Original „Ole Luk-Oj“ heißt. Sprecherin: Es gibt Niemanden in der ganzen weiten Welt, der so viele Geschichten weiß, als Ole Luk-Oie. - Der kann gehörig erzählen! So gegen Abend hin, wenn die Kinder noch so nett am Tische oder auf ihrem Schemel sitzen, kommt Ole Luk-Oie. Er kommt sachte die Treppe herauf, denn er geht auf Socken; er macht ganz leise die Thüren auf, und husch! da spritzt er den Kindern süße Milch in die Augen hinein, und das so fein, so fein, aber doch immer genug, sodaß sie die Augen nicht aufhalten und ihn deshalb auch nicht sehen können. Er schleicht sich gerade hinter sie, bläst ihnen sachte in den Nacken, und davon werden sie schwer im Kopf. O ja! aber es thut nicht weh, denn Ole Luk-Oie meint es gerade gut mit den Kindern; er will nur, daß sie ruhig sein sollen, und das sind sie am ersten, wenn man sie zu Bette gebracht hat; sie sollen stille sein, damit er ihnen Geschichten erzählen kann. – Wenn die Kinder dann schlafen, setzt sich Ole Luk-Oie auf ihr Bett. Er ist gut gekleidet; sein Rock ist von Seidenzeug, aber es ist unmöglich, zu sagen, von welcher Farbe, denn er glänzt grün, roth und blau, jenachdem er sich wendet. Unter jedem Arme hält er einen Regenschirm; den einen, mit Bildern darauf, spannt er über die guten Kinder aus, und dann träumen sie die ganze Nacht die herrlichsten Geschichten; aber einen andern Schirm hat er, wo durchaus nichts darauf ist; den stellt er über die unartigen Kinder, dann schlafen sie so dumm und haben am Morgen, wenn sie erwachen, nicht das Allergeringste geträumt. Autorin: In diesem Märchen erzählt der Sandmann dem kleinen Hjalmar von Montag bis Samstag jeweils eine schöne Geschichte zum Einschlafen. Am Sonntag jedoch, als Hjalmar erneut eine Geschichte hören möchte, hat Ole Luk-Oje andere Pläne. Sprecherin: "Man kann auch des Guten zu viel bekommen!" sagte Ole Luk-Oie. "Du weißt doch wohl, daß ich Dir am liebsten etwas zeige! Ich will Dir meinen Bruder zeigen. Er heißt auch Ole Luk-Oie, aber er kommt zu Niemand öfter, als einmal, und zu wem er kommt, den nimmt er mit auf seinem Pferde und erzählt ihm Geschichten. Er kennt nur zwei; die eine ist so außerordentlich schön, daß Niemand in der Welt sie sich denken kann, und die andere ist so häßlich und gräulich - es ist gar nicht zu beschreiben!" Und dann hob Ole Luk-Oie den kleinen Hjalmar zum Fenster hinauf und sagte: "Da wirst Du meinen Bruder sehen, den andern Ole Luk-Oie! Sie nennen ihn auch den Tod! Siehst Du, er sieht gar nicht so schlimm aus, wie in den Bilderbüchern, wo er nur ein Knochengerippe ist! Nein, das ist Silberstickerei, die er auf dem Kleide hat; das ist die schönste Husarenuniform; ein Mantel von schwarzem Sammet fliegt hinten über das Pferd! Sieh', wie er im Galopp reitet." Und Hjalmar sah, wie dieser Ole Luk-Oie davonritt und sowohl junge wie alte Leute auf sein Pferd nahm; Einige setzte er vorn, Andere hinten auf, aber immer fragte er erst: "Wie steht es mit dem Censurbuch?" "Gut!" sagten sie allesammt. "Ja, laß mich selbst sehen!" sagte er; und dann mußten sie ihm das Buch zeigen; und alle Die, welche "Sehr gut" und "Ausgezeichnet gut" hatten, kamen vorne aufs Pferd und bekamen die herrliche Geschichte zu hören; Die aber, welche "Ziemlich gut" und "Mittelmäßig" hatten, mußten hinten auf, und bekamen die gräuliche Geschichte; sie zitterten und weinten, sie wollten vom Pferde springen, konnten es aber nicht, denn sie waren sogleich daran fest gewachsen. "Aber der Tod ist ja der prächtigste Ole Luk-Oie!" sagte Hjalmar. "Vor ihm bin ich nicht bange!" "Das sollst Du auch nicht!" sagte Ole Luk-Oie. "Sieh nur zu, daß Du ein gutes Zensurbuch hast!" "Ja, das ist lehrreich!" murmelte des Urgroßvaters Portrait. "Es hilft doch, wenn man seine Meinung sagt!" Und nun gab er sich zufrieden. Sieh, das ist die Geschichte vom Ole Luk-Oie; nun mag er Dir selbst diesen Abend mehr erzählen! Musik Autorin: Der Schlafgott Hypnos und der Totengott Thanatos sind in der griechischen Mythologie die Kinder der Nyx, der Nachtgöttin und somit Brüder. Hypnos hat einen Sohn, den Traumgott Morpheus. Er wird oft mit einer Kapsel des Schlafmohns dargestellt. Nach ihm ist das Opiat Morphin benannt. So wird bei Andersen aus Morphium Milch, was wesentlich kindgerechter ist. Ole Luk-Oje heißt eigentlich richtig übersetzt „Ole Augenschließer“. Einer der ersten Übersetzer des Märchens von Hans Christian Andersen, Julius Reuscher, wählte aber den Namen „Sandmann“, da dieser Begriff bereits durch Gedichte und Lieder bekannt ist und durch die 1815 erschienene Novelle von E.T.A. Hoffmann. Bei diesem Autor schien der Sandmann eher einem Horrorfilm entsprungen. Sprecherin: Das ist ein böser Mann, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen, und wirft ihnen Hände voll Sand in die Augen, dass sie blutig zum Kopf herausspringen, die wirft er dann in den Sack und trägt sie in den Halbmond zur Atzung für seine Kinderchen; die sitzen dort im Nest und haben krumme Schnäbel wie die Eulen, damit picken sie der unartigen Menschenkindlein Augen auf. Musik, das Sandmannlied des DDR-Fernsehens Autorin: Im Berliner Radio der Nachkriegszeit gab bereits 1947 ein „Gute-Nacht-Lied“ für die Kinder, entwickelt von Ilse Obrig. Als 1956 das neue „Kinderradio DDR“ auf Sendung ging, wurde dann ein Gute-Nacht-Lied von einem Sprecher in der Rolle des Sandmann eingerahmt. 1958 ging dann der Deutsche Fernsehfunk mit der Sendung „Abendgrüße des Kinderfernsehens“ auf Sendung, aber noch ohne das Sandmännchen. Volker Petzold hat sich als Autor verschiedener Bücher intensiv mit dem Sandmännchen beschäftigt. O-Ton 308: Volker Petzold Dann wiederum ein Jahr später, hat dann die Ilse Obrig in Westberlin, dann im Sender Freies Berlin, eine Sandmann-Figur entwickelt. Die hatte sie schon im Sommer 1959 fertig. Also das weiß ich von einer ehemaligen Kollegin von ihr. Im Sommer 1959 hatte sie eine einfache Handpuppensendung kreiert, mit einer kleinen Geschichte zwischendurch, und hat das, wie das so üblich war, mit dem Vorlauf für die Fernsehzeitschriften, Anfang November in die Welt gesetzt. Oder der SFB, der Sender Freies Berlin hat das in die Welt gesetzt, etwa am 3. November und die Sendung sollte beginnen am 1.Dezember. Am 1. Dezember 1959, und das bekam der damalige Programmchef und stellvertretende Intendant des Deutschen Fernsehfunks, also in Ostberlin, Walter Heinowski, kriegte das in die Hände und schlug Alarm. Sprecher: Beiliegende Notiz beweist, dass der Sender Freies Berlin mit seinem Sandmännchen unseren Abendgruß zur gleichen Minute kontern will. Es zeigt sich also, dass wir mit unserer Sendung auch bei den Westberliner Kindern und deren Eltern ankommen. Also große politische Wirkung durch Emotionen. Die gegnerische Absicht, uns Zuschauer abzunehmen, darf nicht unterschätzt werden. Autorin: Nun beginnt ein Wettlauf mit der Zeit um das Sandmännchen, von dem die Kollegen in Westberlin nichts wissen. Man wollte dem politischen Gegner zuvor kommen. Innerhalb von 3 Wochen soll eine Rahmenhandlung mit Sandmännchen für den Abendgruß entstehen. Gerhard Behrendt übernimmt diese Aufgabe. Mit einer von ihm kreierte Sandmännchen-Figur, die einen Erwachsenen mit kindlichen Zügen darstellte, mit weißem Bart, Kulleraugen und Zipfelmütze, produziert er einen 1 ½ minütigen, animierten Vor- und Abspann, für den er nicht nur die Puppen, sondern auch die Szenerie entworfen hat. Das Sandmännchenlied schrieben Walter Krumbach und Wolfgang Richter. Es wurde Tag und Nacht gearbeitet. So gelang das fast Unmögliche. Am 22. November 1959, also eine gute Woche vor dem SFB der Westberliner, ging das Sandmännchen das erste Mal auf Sendung. Es wurde ein voller Erfolg. In den unterschiedlichsten Szenerien, von Märchenwelt bis Plattenbausiedlung, den unterschiedlichsten Fortbewegungsmitteln von Traktor bis Trabant, gab es da noch ein ganz besonderes Abenteuer für das Sandmännchen. O-Ton 309: Volker Petzold Interessant war, dass das Sandmännchen in seiner Geschichte, im Film, im Trickfilm auch oft in den Weltraum flog. Da gab es verschiedene Episoden. Das fing an 1961, kurz nach dem Flug von Juri Gagarin, nach dem ersten Flug eines Menschen in den Weltraum, da erschien auch das Sandmännchen mit einer Rakete, und das war damals schon eine Sensation, also ich kann mich da noch, also ich war natürlich nicht regelmäßiger Zuschauer des Sandmännchens, aber wenn man so was sah, dass war schon was, dass das Sandmännchen da plötzlich mit ner Rakete umher schwirrt. Autorin: Es sollte aber nicht bei diesen nachgestellten Ausflügen ins All bleiben. O-Ton 310: Volker Petzold Das das so erfolgreich war, versuchte man dann offensichtlich einen richtigen PR-Gag zu starten. So kann man das heute bezeichnen und der war wirklich überwältigend und zwar gab es den berühmten Flug von Siegmund Jähn in den Weltraum 1978 () Ende August , wo also der erste Deutsche ins Weltall flog, Sigmund Jähn aus dem Vogtland, und gab es Fernsehübertragungen, stand die DDR auch Kopf, den ersten Deutschen im Weltraum und so weiter und so fort, und dann gab es im Kinderfernsehen plötzlich, und das war nicht so rauszukriegen ob es am 28. oder 29. August war, gab es einen Auftritt bei dem mitten in der Schwerelosigkeit der Sigmund Jähn eine Sandmannpuppe aus dem Hut zauberte, aus der Jackentasche oder aus dem Weltraumanzug oder woher auch immer. Und diese Sandmann-Figur flog da in der Schwerelosigkeit, schwirrte da ein bisschen herum.. Autorin: .. und plötzlich holte der andere Kosmonaut Wladimir Kowaljonok ein kleines Strohpüppchen hervor, mit Namen Mascha. Was dann geschah, erzählt Sigmund Jähn in seinem Buch „Erlebnis Weltraum“. Sprecher: Das war eine spontane Einlage. Sie kam so zustande: Wolodja hielt das Maskottchen in die Kamera und kommentierte, Mascha hätte ihm über zwei Monate im Weltraum Gesellschaft geleistet, nun möchte sie aber mit dem populären Helden des DDR- Kinderfernsehens wieder auf die Erde zurück. Als Kavalier fühlte ich mich verpflichtet, die Ehre unseres Sandmännchens zu retten und erwiderte, Mascha habe ihm, dem Neuankömmling, auf Anhieb so gut gefallen, dass er um ihre Hand anhielt. Autorin: Die DDR-Nachrichtenagentur ADN verbreitete das entsprechende Foto mit der Unterschrift: Sprecherin: Während der Fernsehübertragung am 29.8.1978 von Bord der Orbitalstation Salut 6 hatte Sandmännchen seinen ersten „kosmischen Auftritt“ und anschließend ein „kosmisches“ Abenteuer mit der hübschen kleinen Maschenka, die von den sowjetischen Kosmonauten mitgenommen worden war. Autorin: Da spielten also diese beiden erwachsenen Männer Puppenhochzeit im Weltall. Das Sandmännchen erfreute aber nicht nur die Zuschauer im eigenen Land. Dem Intendanten des WDR gefiel das DDR Sandmännchen so gut, im Gegenteil zu dem vom SFB, dass er einige Folgen kaufen und im WDR senden wollte. Er gab ein gut dotiertes Angebote dafür ab. Die DDR Programmredaktion stand vor einem Dilemma. Diese Devisen hätte die DDR gut gebrauchen können, aber: Sprecher: In welche Konflikte müssen Kinder kommen, die auf dem einen oder anderen Weg erfahren, dass in dem Programm des Gegners auch das gleiche Sandmännchen auftritt? Wir haben nicht in der Hand, welcher Art der „Kindererziehung“ in Verbindung mit dem Sandmännchen-Vor- und Abspann im 3. Programm des Fernsehens der formierten Gesellschaft betrieben wird. Das Sandmännchen ist eine ureigene Sache des Deutschen Fernsehfunks der Deutschen Demokratischen Republik! Autorin: So Hans Hörschel, damals Programmdirektor des Fernsehens der DDR. Obwohl es technisch gar nicht möglich gewesen wäre im Gebiet der DDR das Programm des Westdeutschen Rundfunks zu sehen, wurde der Verkauf der Senderechte abgelehnt. Am 31. März 1989 wurde die Ausstrahlung des Sandmännchens des Senders Freies Berlin eingestellt. Mit der Wende schien auch das DDR Sandmännchen in Gefahr. O-Ton 311: Volker Petzold Also ich glaube es war 1990, im Herbst 1990 in Adlershof, der Nähe vom Fernsehfunk, das Gelände vom Fernsehfunk, an einer Bushaltestelle, diese typisch ostdeutschen Haltestellen aus Beton, war mit großen, ungelenken Buchstaben geschrieben „Lasst uns unser Sandmännchen“. Kurze Zeit später wurde ich im Deutschen Fernsehfunk angestellt 1991 und war dann noch ein Jahr dort tätig und kriegt also mit, dass eigentlich am Sandmännchen keiner rühren wollte. Das Sandmännchen lief also im Deutschen Fernsehfunk bis 1991, selbstverständlich mit dem gleichen Produktionsaufwand. Und dennoch gab es, was ich an der Bushaltestelle gesehen habe, gab es offensichtlich auch Ängste, Befürchtungen, dass Sandmännchen abgeschaltet würde. Es kamen wohl säckeweise Briefe an den Deutschen Fernsehfunk, mit der Bitte, dass Sandmännchen zu belassen. Und es gab Demonstrationen und es gab einen Haufen Aufruhr, und vielleicht, vielleicht war das ein Grund dafür, so im Nachhinein, dass es dann vielleicht doch erhalten blieb. Nämlich nach 1991, als dann der Deutsche Fernsehfunk endgültig beseitigt wurde, also der Deutsche Fernsehfunk lief ja am 31.12., 00:00 Uhr aus, und das Sandmännchen war tatsächlich die einzige Sendung, das einzige Format des Kinderfernsehens, das erhalten blieb, bis heute. Autorin: Die Gefährten der Kindheit, ob Plüschtier, Puppe, Karten- oder Brettspiel - Sie sind für Erwachsene weit mehr als schöne Erinnerungen. Sie lassen das Kind in Jedem weiter leben. Wer auch als Erwachsener spielt, fördert damit Kreativität, seinen Sinn für Gemeinschaft, für Fairness und Empathie. Gerade in Zeiten besonderer Hektik und Umwälzungen, sind diese Auszeiten, in denen man sich mit seinen Kindern, der Familie oder Freunden einfach dem Spiel hingibt, wertvolle Inseln im Alltag. Musik Absage: Gefährten der Kindheit - Eine Lange Nacht über Spielzeug von Katharina Palm Es sprachen: Gabriele Blum, Julia Brabandt und Tonio Arango Ton: Thomas Monnerjahn, Regie: Klaus-Michael Klingsporn, Redaktion: Monika Künzel. Musik Musikliste 1. Stunde Titel: aus: Kinderszenen. Leichte Stücke für Klavier, op. 15, Nr. 7: Träumerei Länge: 01:46 Solist: Andreas Staier (Klavier) Komponist: Robert Schumann Label: HARMONIA MUNDI FRANCE Best.-Nr: HMC 901989 Titel: Serenade for the doll Länge: 00:36 Interpret: Peter Rösel Komponist: Claude Debussy Label: Ars Vivendi Best.-Nr: MRC 038 Plattentitel: Claude Debussy: Childrens Corner, Suite Bergamasque, Estampes Titel: aus: Kinderalbum. 24 leichte Stücke für Klavier, op. 39 (Children's AlbumLa poupée malade; The doll's illness), Nr. 6: Die neue Puppe Länge: 00:29 Solist: Anna Malikova (Klavier) Komponist: Peter Tschaikowsky Label: FARAO Classics Best.-Nr: B 108058 Titel: Sagée Länge: 00:12 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: aus: Kinderalbum. 24 leichte Stücke für Klavier, op. 39 (Children's AlbumValse; Waltz), Nr. 8: Walzer Länge: 00:31 Solist: Anna Malikova (Klavier) Komponist: Peter Tschaikowsky Label: FARAO Classics Best.-Nr: B 108058 Titel: Kabinet I Länge: 00:31 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: aus: Klavier im Kinderzimmer. Suite für Klavier ((Rojal v detskoj)(Paj)), (3) Artiges Kind Länge: 00:56 Solist: Jascha Nemtsov (Klavier) Komponist: Arthur Lourié Label: Edition Abseits Best.-Nr: EDA 012-2 Titel: aus: Der Nussknacker. Konzertsuite aus dem Ballett in 2 Akten, op. 71. Bearbeitet für Klavier (Casse-Noisette; Nutcracker), (2) Tanz der Zuckerfee Länge: 01:11 Solist: Anna Malikova (Klavier) Komponist: Peter Tschaikowsky Label: FARAO Classics Best.-Nr: B 108058 Titel: Barbie girl Länge: 00:16 Interpret: Aqua Komponist: Claus Norreen, Søren Rasted, René Dif Label: Polystar Best.-Nr: 9847232 Plattentitel: Die ultimative Chartshow - Die erfolgreichsten Stars der 90er Jahre Titel: Lili Boogie Länge: 02:37 Interpret: Bully Buhlan Komponist: Michael Jary Label: Bear Family Records Best.-Nr: BCD15857 Plattentitel: Seid Ihr alle da? Titel: Barbie girl Länge: 01:25 Interpret: Aqua Komponist: Claus Norreen, Søren Rasted, René Dif Label: Polystar Best.-Nr: 9847232 Plattentitel: Die ultimative Chartshow - Die erfolgreichsten Stars der 90er Jahre Titel: Journey 4 Länge: 00:52 Interpret und Komponist: Max Richter Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 479 7658 Plattentitel: Infra Titel: Infra 2 Länge: 01:12 Interpret und Komponist: Max Richter Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 479 7658 Plattentitel: Infra Titel: Thème de Pinocchio (ouverture) Länge: 00:43 Interpret: La Compagnie de la Coquille Komponist: Alain Tissot Label: ALTRI SUONI Best.-Nr: AS229 Plattentitel: Les jazzventures de pinocchio Titel: aus: Klavier im Kinderzimmer. Suite für Klavier ((Rojal v detskoj)), (2) Trepatschok (Russischer Tanz) Länge: 00:16 Solist: Jascha Nemtsov (Klavier) Komponist: Arthur Lourié Label: Edition Abseits Best.-Nr: EDA 012-2 Titel: Le grillon parlant (conscience I) Länge: 00:41 Interpret: La Compagnie de la Coquille Komponist: Alain Tissot Label: ALTRI SUONI Best.-Nr: AS229 Plattentitel: Les jazzventures de pinocchio Titel: Le grillon parlant (conscience II) Länge: 00:31 Interpret: La Compagnie de la Coquille Komponist: Alain Tissot Label: ALTRI SUONI Best.-Nr: AS229 Plattentitel: Les jazzventures de pinocchio Titel: Thème de Pinocchio (IV) Länge: 00:28 Interpret: La Compagnie de la Coquille Komponist: Alain Tissot Label: ALTRI SUONI Best.-Nr: AS229 Plattentitel: Les jazzventures de pinocchio Titel: I've got no strings Länge: 01:05 Interpret: Dickie Jones Komponist: Leigh Harline Label: Polydor Best.-Nr: 529408-2 Plattentitel: The very best of Disney - 39 original songs Titel: aus: Kinderalbum. 24 leichte Stücke für Klavier, op. 39 (Children's AlbumValse; Waltz), Nr. 8: Walzer Länge: 00:43 Solist: Anna Malikova (Klavier) Komponist: Peter Tschaikowsky Label: FARAO Classics Best.-Nr: B 108058 Titel: Stundenglas Länge: 03:41 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: Sagée Länge: 00:43 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: Pokinoï Länge: 05:08 Interpret: Cirque Du Soleil Komponist: René Dupéré Label: RCA Records Label Best.-Nr: 126040-2 Plattentitel: Kumbalawé 2. Stunde Titel: Ein kleiner Bär mit großen Ohren (Mein Talisman) Länge: 01:34 Interpret: Götz Alsmann Komponist: Erwin Halletz Label: BOUTIQUE Best.-Nr: 038152-2 Plattentitel: Tabu! - 17 neue spannende Abenteuer Titel: Suite Bergamasque, L 75: Clair De Lune Länge: 02:48 Interpret: Finghin Collins Komponist: Claude Debussy Label: X5 Music Group Plattentitel: Classical Music from Romantic Movies Titel: Ich bin ein kleiner Tanzbär Länge: 01:06 Interpret: Quadro Nuevo Komponist: Unbekannt Label: FINE MUSIC Best.-Nr: FM 158-2 Plattentitel: Schöne Kinderlieder Titel: Teddybär Länge: 02:19 Interpret: Die Ärzte Komponist: Farin Urlaub Label: Metronome Best.-Nr: 523 661-2 Plattentitel: Die Ärzte Früher! - Der Ausverkauf Geht Weiter Titel: Teddy Bär Länge: 00:21 Interpret: Peter Kraus Komponist: Kal Mann, Bernard Lowe Label: DANCE STREET Best.-Nr: BOX 4145-2 Plattentitel: Die deutschen Teenager-Hits der 50er Jahre Titel: Let me be your Teddy Bear Länge: 00:44 Interpret: Elvis Presley Komponist: Kal Mann, Bernard Lowe Label: RCA Records Label Best.-Nr: 367452-2 Plattentitel: Loving you - Original Soundtrack Recording Titel: aus: 12 Stücke für Klavier zu vier Händen, op. 85, Nr. 2: Bärentanz Länge: 00:55 Solist: Adrienne Soós (Klavier) Solist: Ivo Haag (Klavier) Komponist: Robert Schumann Label: PAN Classics Best.-Nr: 510100 Titel: Der Bär groovt - live Länge: 01:24 Interpret: Wise Guys Komponist: Daniel Dickopf Label: Polydor Plattentitel: Achterbahn (Deluxe Edition) Titel: Teddy bear's picnic Länge: 03:08 Interpret: Pifferari Di Santo Spirito Komponist: John W. Bratton Label: STIEGLITZ Best.-Nr: PK90793 Plattentitel: Pifferari Safari Titel: Titelmusik zur "Sendung mit der Maus" Länge: 00:30 Interpret: Ensemble Komponist: Hans Leopold Posegga Label: Polystar Best.-Nr: 9824420 Plattentitel: Die grössten TV Hits aller Zeiten - Die beliebtesten Kinderserien Titel: Sagée Länge: 00:59 Interpret: Michael Wollny, Tamar Halperin, hr Bigband Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: Kabinett 2 Länge: 00:10 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: Toto Länge: 00:25 Interpret: Tagayasu Den Komponist: Ondekoza Label: NEKTAR Best.-Nr: 68.992 Plattentitel: Fujiyama Titel: The Köln Concert (Part I) Länge: 06:14 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: 1064/65; 810067-2 Plattentitel: The Köln Concert 3. Stunde Titel: Rewend Länge: 01:05 Interpret: Kayhan Kalhor, Aynur, Salman Gambarov, Cemîl Qoçgirî Komponist: Aynur Label: HARMONIA MUNDI FRANCE Best.-Nr: HMC 905277 Plattentitel: Hawniyaz Titel: Tintâla Länge: 00:31 Interpret: Mohammed Ahmad Khan Komponist: Unbekannt Label: ROUNDER Best.-Nr: 5101/02 Plattentitel: North Indian Classical Music, CD 1 (Disc 1: Vocal Music, Dis Titel: Opening Länge: 00:51 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 1379; 837342-2 Plattentitel: Dark Intervals Titel: Fire dance Länge: 02:11 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 1379; 837342-2 Plattentitel: Dark Intervals Titel: Parallels Länge: 00:48 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 1379; 837342-2 Plattentitel: Dark Intervals Titel: Infra 6 Länge: 00:55 Interpret und Komponist: Max Richter Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 479 7658 Plattentitel: Infra Titel: The Daegum Sanjo of Won Chang-hyun Länge: 00:25 Solisten; Won Chang-hyun (Daegum- Bambus- Querflöte), Kim Chung-man (Changgo~Trommel)(Trommel)) Komponist: N. N. Label: Midas classic Best.-Nr: HDC110 Titel: The Kayagum Sanjo of Choi Oak-san Länge: 01:13 Solisten: Kim Hae-sook (Kayagum~12 saitige Zither)(12 saitige Zither)); Jang Chong-min (Changgo~Trommel)(Trommel)) Komponist: N. N. Label: Midas classic Best.-Nr: HDC110 Titel: The Komungo Sanjo of sin k'wae-dong Länge: 01:42 Solisten: Lee Sae-hwan (Komungo~6 saitige Zither)(6 saitige Zither)); Kim Chung-man (Changgo~Trommel)(Trommel)) Komponist: N. N. Label: Midas classic Best.-Nr: HDC110 Titel: Ondeko bayashi Länge: 00:11 Interpret: Tagayasu Den Komponist: The Ondekoza Label: NEKTAR Best.-Nr: 68.939 Plattentitel: Kagura Titel: aus: Waldszenen. Für Klavier, op. 82, Nr. 3: Einsame Blumen. Einfach Länge: 01:10 Solist: Andreas Staier (Klavier) Komponist: Robert Schumann Label: HARMONIA MUNDI FRANCE Best.-Nr: HMC 901989 Titel: Mister Sandmann Länge: 00:44 Interpret: The Chordettes Komponist: Francis Drake "Pat" Ballard Label: BACKLINE RECORDS Plattentitel: Greatest hits Titel: Ritual prayer Länge: 01:44 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: ECM 1379; 837342-2 Plattentitel: Dark Intervals Titel: Sagée Länge: 02:55 Interpret und Komponist: Michael Wollny Label: ACT Best.-Nr: ACT 6011-2 Plattentitel: Wunderkammer XXL Titel: The little sandman Länge: 01:27 Interpret: Lia Pale Komponist: Johannes Brahms Label: Weisser Lotus Records Best.-Nr: LR19052CD Plattentitel: The Brahms song book Titel: Sandmann, lieber Sandmann (Vorspann) Länge: 00:57 Interpret: Rundfunk-Kinderchor Berlin Komponist: Wolfgang Richter Label: Polystar Best.-Nr: 981325-6 Plattentitel: 25 Jahre - Ein Herz für Kinder Titel: The Köln Concert (Part II c) Länge: 05:32 Interpret und Komponist: Keith Jarrett Label: ECM-Records Best.-Nr: 1064/65; 810067-2 Plattentitel: The Köln Concert