Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Das Wunder von Belmonte Die Wiederentdeckung der "geheimen Juden" Portugals Autor: Daniel Cil Brecher Regie: Matthias Kapohl Redaktion: Christiane Habermalz Produktion: Deutschlandfunk 2022 Erstsendung: Dienstag, 22.11.2022, 19.15 Uhr Es sprachen: Mark-Oliver Bögel, Sigrid Burkholder, Hüseyin Michael Cirpici, Demet Fey, Moritz Heidelbach, Jochen Langner, Andreas Potulski und Svenja Wasser Ton und Technik: Eva Pöpplein und Jens Müller Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. (c) - unkorrigiertes Exemplar - Zitator "Das Erste, was unsere Aufmerksamkeit erregte, als wir in Belmonte ankamen, war die Bemerkung eines christlichen Händlers. Er wollte, dass wir ihm die exklusive Versorgung mit Lebensmitteln für unseren Bergbaubetrieb erteilen. Er drang darauf an, dass wir uns von seinem Konkurrenten Baltazar Pereira de Sousa fernhalten sollten, weil es sich, wie er unumwunden zugab, um einen Juden handele. Dieses Vorgehen gegen die jüdische Konkurrenz hatte für uns den ganzen Beigeschmack der antisemitischen Schikanen unserer Heimat Polen." Autor 1917 traf der polnisch-jüdische Bergbauingenieur Samuel Schwarz in der portugiesischen Provinz Beira-Baixa ein, um dort eine Zinnmine zu leiten. Dass er im abgelegenen Bergdorf Belmonte auf Menschen stieß, die schlecht über einen Mann redeten, den sie "judeu", einen Juden, nannten, überraschte ihn. Denn zu diesem Zeitpunkt war es mehr als vier Jahrhunderte her, dass die Juden von der iberischen Halbinsel vertrieben worden waren. Zitator "Als wir den besagten jüdischen Kaufmann zufällig in Lissabon trafen, sprachen wir ihn an. Er gestand uns, dass er Nachkomme einer jüdischen Familie war und dass seine Familie in Belmonte die jüdische Religion weiterhin im Geheimen ausübe." O-Ton Manteigueiro Even when the New Christians were obliged to go to church - we had certain families that still passed certain ceremonies in the church, like baptism, marriage and funerals. But before they passed these ceremonies in the church they passed the ceremonies inside of their houses, more or less with what they knew about Judaism. And each time these families went to the church they always say this sentence: here comes my body but not my soul, not my heart. Because inside, they were Jews. OV-Sprecherin 1 Die Neuchristen gingen in die Kirche, und einige Familien feierten dort Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Aber bevor sie diese Zeremonien in der Kirche abhielten, begingen sie sie zuhause, mit dem, was sie über das Judentum wussten. Und jedes Mal, wenn diese Familien in die Kirche gingen, sagten sie dann den Satz: Hier kommt mein Körper, aber nicht meine Seele, nicht mein Herz. Denn innerlich waren sie Juden. Ansage Das Wunder von Belmonte. Die Wiederentdeckung der "geheimen Juden" Portugals. Ein Feature von Daniel Cil Brecher. Autor Die Geschichte der geheimen Juden Portugals beginnt im Jahr 1497. Damals ließ die portugiesische Krone unter Druck der Machthaber Spaniens die schätzungsweise mehr als hundertfünfzigtausend Juden des Landes zwangstaufen. Dies geschah kollektiv und mit einem einzigen Federstrich. Was dann mit diesen "neuen", unfreiwilligen Christen in den folgenden 500 Jahren geschah, wissen wir hauptsächlich aus den Archiven der Inquisition. Dreihundert Jahre lang wurden sie als mutmaßliche Ketzer bespitzelt, denunziert, verfolgt. Ein Teil wanderte aus, ein Teil fügte sich, ein Teil blieb dem Judentum im Geheimen treu. Die Geschichte dieser letzten Gruppe kam erst um 1920 ans Licht. Zitator Nach kontinuierlichen und hartnäckigen Bemühungen gelang es uns, das Vertrauen einiger neuer Christen zu gewinnen. Sie begannen, uns über ihre Gebete und Riten zu erzählen. Es sind hauptsächlich Frauen, die alle Gebete auswendig kennen und den Zeremonien der Neuchristen vorstehen. Es bedurfte einiger Anstrengung, um das Vertrauen dieser alten Frauen zu gewinnen, die in ihrer Einfachheit über die Existenz anderer Juden nichts wussten. Vergeblich versuchten wir, ihnen den Unterschied zwischen Neuchristen und "Altjuden" zu erklären. Sie waren völlig erstaunt darüber, dass andere Juden nicht versuchten, ihren Glauben geheim zu halten. Autor Seine Beobachtungen und Erlebnisse in Belmonte schrieb der Bergbau-Ingenieur Samuel Schwarz in seinem 1925 erschienen Buch Die Neuchristen Portugals nieder. Darin dokumentierte er die Rituale und Gebete, die er bei geheimen Feiern in Privathäusern wahrnahm: das Anzünden von Kerzen am Freitagabend, die Zubereitung von ungesäuertem Brot zum Pessach-Fest und vieles mehr. Sie waren dem traditionellen Judentum entlehnt, aber enthielten auch christliche Elemente. O-Ton Monteigueiro They knew that they were not alone because they had the chance to meet Samuel Schwarz. And Samuel Schwarz had a very important role in Belmonte, because it was him that discovered our Jewish community. It was him that give information to the world that in Belmonte a group of families keep Judaism in secret. And his book was very important because he wrote all the prayers that they pray here in Belmonte and this was very important. OV-Sprecherin 1 Als sie Samuel Schwarz trafen, erfuhren sie, dass sie nicht allein waren. Samuel Schwarz spielte eine sehr wichtige Rolle in Belmonte. Er war es, der die jüdische Gemeinde entdeckte. Er war es, der die Welt darüber informierte, dass in Belmonte eine Gruppe von Familien das Judentum im Geheimen praktizierte. Und sein Buch war sehr wichtig, denn er schrieb alle Gebete auf, die hier in Belmonte gebraucht wurden. Autor Elisabete Monteigueiro, die Leiterin des jüdischen Museums von Belmonte. Der Ort hat heute 2.500 Einwohner. Er hat sich seit Schwarz` Zeiten sehr verändert. Man kann hier handgefertigte jüdische Produkte erstehen, ein jüdisches Museum besuchen und sich vor der 1997 eröffneten Synagoge fotografieren lassen. Und es gibt das "Berg Sinai", ein neues 4-Sterne-Hotel. Es ist mit israelischen Flaggen geschmückt und beherbergt jüdische und nichtjüdische Touristen aus aller Welt, die von dem wundersamen Phänomen der Juden, die 400 Jahre ihre Rituale bewahrten, angezogen werden. Aber das Wunder von Belmonte wirft auch viele Fragen auf. Wie eindeutig ist die Abstammung der "geheimen" Juden eigentlich? Was hat der russische Oligarch Roman Abramowitsch mit ihnen zu tun? Und was sagt ihre Wiederentdeckung und Vereinnahmung durch das moderne Portugal über die recht halbherzige Auseinandersetzung des Landes mit seiner jüdischen Geschichte? O-Ton Vaz Well, in the public schools they actually learn about the Hebrews in the 7th grade a little bit. They learn about the Holocaust in the 9th grade but they do not understand nothing about Judaism. Unless they pick a non-mandatory subject called "Moral". It is actually the religious Catholic education. They actually know more about Jews than the other groups who don't have this subject. They don't know much. And regarding history we actually don't have, unfortunately, in our programs, in our history programs, many reference about the Jewish presence in Portugal. OV-Sprecher 1 An den öffentlichen Schulen lernen sie in der 7. Klasse ein bisschen über die Hebräer und in der 9. Klasse etwas über den Holocaust. Aber über Judentum wissen sie nichts. Es sei denn, sie wählen ein nicht obligatorisches Fach namens "Moral". Das ist der katholische Religionsunterricht. Diese Schüler wissen etwas mehr über Juden als die anderen. Und in Bezug auf die Geschichte haben wir leider in unseren Lehrprogrammen nicht viele Hinweise auf die jüdische Präsenz in Portugal. Autor Der Historiker Hugo Vaz, Kurator am erst kürzlich eröffneten Holocaust-Museum in Porto. Wie steht es mit der Geschichte der Inquisition und der Verfolgung und Vertreibung von Juden, frage ich ihn, als ich ihn im Sommer 2022 in Porto besuche. O-Ton Vaz Very simply, I can give you my example. In the school I learnt that inquisition was the hunting of witches. I learnt that in 10 minutes and that's it. OV-Sprecher 1 Sehr einfach, ich kann dir mein Beispiel geben. In der Schule habe ich gelernt, dass die Inquisition Hexen gejagt hat. Das habe ich in zehn Minuten gelernt, und das wars! Autor Nach dem Edikt vom 1497, das Juden ungefragt zu Christen transformiert hatte, kam es zu Ostern 1506 in Lissabon zu einem Massaker. Tausende von Menschen, die als Juden galten, wurden drei Tage lang vom Mob gejagt, gefoltert, vergewaltigt, massakriert und verbrannt. Ein Exodus setzte ein. Viele gingen nach Amsterdam, Hamburg und in die Neue Welt. Erst im 19.Jahrhundert kehrten einige jüdische Familien aus Gibraltar und Nordafrika nach Portugal zurück und begannen, sich in Lissabon zu einer Gemeinde zusammenzuschließen. Die Gemeinschaft blieb bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg sehr klein, bis zur Ankunft größerer Gruppen von Flüchtlingen aus Polen und vor allem aus Deutschland. Schwarz` Buch von 1925 über die Belmonter Juden, in Portugiesisch verfasst, blieb in Portugal praktisch unbekannt. In der jüdischen Welt dagegen erregte es großes Aufsehen. Schnell wurde deutlich, dass auch in anderen Orten des Beiras und Trás-os-Montes, den entlegenen Bergregionen im Osten und Norden Portugals, solche Gemeinschaften existierten. Das "Wunder von "Belmonte" passte perfekt in den jüdischen Zeitgeist. Viele sahen darin eine Bestätigung der zionistischen Weltanschauung, die gerade durch den Beginn der jüdischen Einwanderung nach Palästina Anfang der Zwanzigerjahre an Legitimität gewonnen hatte. Der Zionismus ging von einem unveränderbaren Charakter des Jüdischen aus, der von der Ablehnung durch die Umwelt instandgehalten oder selbst geschaffen wurde und sich nicht durch Assimilation ablegen ließ. Diese romantisch-nationalistische Sicht des Judentums schien nun durch die sensationelle Entdeckung bestätigt zu werden. Wie konnte das wundersame Überleben von Juden in einem abgelegenen Bergdorf über Jahrhunderte hinweg sonst erklärt werden? Jüdische Organisationen schickten Vertreter nach Portugal. Wie konnte diesen Menschen geholfen werden? Zitatorin Links die Männer, Handwerker, Kleinbürger, Kaufleute, Bauern, zwei oder drei Soldaten in Uniform. Rechts Frauen, alle mit Kopftuch und in Tücher drapiert, deren Farbe abgenutzt ist, wie ihre Gesichter abgenutzt sind. Ein paar junge Mütter mit fahler Gesichtsfarbe und eingesunkenen Augen halten schlafende Kinder fest an sich gedrückt. Der Hauptmann spricht. Es spricht von der Schönheit des Alten Testaments, der Kraft des mosaischen Gesetzes, den Errungenschaften des Judentums, das die Existenz eines Gottes verkündet, der Mission des auserwählten Volkes, das nicht verschwinden will und das den Tempel wieder aufgebaut hat in den geheimen Orten des Herzens. Er beendet seine Rede mit ein paar hebräischen Gebeten, weil er möchte, dass das vergessene Hebräisch wieder gebraucht wird. Autor Auch die jüdisch-französische Schriftstellerin Lilly Jean-Laval. besuchte Portugal 1929 und hielt ihre Reise-Impressionen in einem 1931 erschienen Buch fest. Im Bergort Bragança besuchte sie eine Versammlung mit dem portugiesischen Armee-Hauptmann Artur Carlos de Barros Basto. Der Berufsoffizier war zu einer Schlüsselfigur für die Wiederbelebung des Judentums in Portugal geworden. Er hatte in seiner Jugend von seinem Großvater auf dem Sterbebett erfahren, dass die Familie jüdischer Abstammung war - und daraufhin beschlossen, zum Judentum zurückzukehren. Der Katholik musste sich dafür einem langwierigen Konvertierungsprozess beim Rabbinat im marokkanischen Rabat unterziehen. Zitatorin Die alte Frau sagt "Meine Eltern haben hier Gottesdienst praktiziert. Wir saßen auf dem Boden, damit die Nachbarn uns nicht sehen konnten." Als wir ein paar Bilder an den Wänden betrachten, Szenen aus den Evangelien, Madonnen und Heilige, schüttelt ein alter Mann den Kopf: "Ach! Das war nur zum Schein. Wir schauen sie nicht an. Sie gehören uns nicht." Autor Nach 1925 wurde Hauptmann Barros Basto zum Initiator eines umfangreichen Rettungswerkes, wie er es selbst nannte, das von jüdischen Gemeinden im Ausland finanziert wurde. Dank einer Spende aus den USA gelang es Barros Basto, im dortigen Stadtteil Boavista eine große Synagoge bauen zu lassen, die für 400 Menschen Platz bot. Seine Enkelin, Isabel Ferreira Lopes, ist heute dort im Vorstand tätig. O-Ton Lopes I think that when he came to Porto and married my grandmother who was Jewish. Also, in Porto they found that there were Jewish families. At the same time, he knew that there were Marranos living here in Porto. I think that's the reason why he saw the necessity of creating a synagogue and a community here. OV-Sprecherin 2 Er kam nach Porto und heiratete meine Großmutter, die Jüdin war. Sie fanden hier auch andere jüdische Familien. Gleichzeitig wusste er, dass hier in Porto Marranen lebten. Ich denke, das ist der Grund, warum er die Notwendigkeit sah, hier eine Synagoge und eine Gemeinde zu gründen. Autor Marranen, so wurden die zwangsgetauften Juden in Portugal auch genannt. Gleichzeitig agierte die Kirche massiv gegen den Bau der Synagoge, der 1929 begann. In ihren Augen waren die neuen Juden vom Glauben abgefallene Katholiken. O-Ton Lopes When the synagogue was constructed, the priests always spoke about this building and about people that came here not in very well way. So, I always heard this at home that the priests told that it was not very good for Christians to come walking by. He also ... It was this idea, it was terrible. And he considered it not a good place, a danger. And this was not only in the twenties or thirties but also in the sixties. OV-Sprecherin 2 Als die Synagoge gebaut wurde, sprachen die Priester nicht sehr gut über dieses Gebäude und über die Leute, die hierherkamen. Ich habe das immer zu Hause gehört, dass die Priester gesagt haben, es sei nicht gut für Christen, an der Synagoge vorbei zu gehen. Diese Idee war schrecklich. Sie hielten es für keinen guten Ort, für eine Gefahr. Und das nicht nur in den Zwanziger oder Dreißiger Jahren, sondern auch in den Sechzigern. Autor Doch nicht alle Krypto-Juden, wie sie bald genannt wurden, waren begeistert von der neuen Entwicklung. Einige sahen in den seltsamen Ritualen ihre eigentliche Religion und zeigte an Veränderung kein Interesse. Andere wollten in der christlich-konservativen Region der katholischen Kirche nicht offen den Rücken kehren, Mit dem Beginn der Diktatur unter Antonio Salazar kam das "Rettungswerk" schließlich zu einem frühen Ende. Der Hauptmann wurde in einem anonymen Brief homosexueller Akte bezichtig, verfolgt und aus der Armee entlassen. Die "geheimen" Juden tauchten wieder unter. Erst nach der Nelkenrevolution von 1974 konnten sie sich wieder öffentlich manifestieren. Freilich nicht ohne interne Konflikte. Judentum definiert sich nicht in erste Linie durch den Glauben, sondern als Abstammungsgemeinschaft. Hier ist vor allem die mütterliche Line entscheidend. Die Abstammung der geheimen Juden aber ließ sich nicht beweisen. Der Weg zurück zum traditionellen Judentum war für "geheime" Juden daher nur durch Konversion möglich, ein langwieriger, durch Rabbiner begleiteter Prozess. In Belmonte kümmerte sich ab 1989 eine israelisch-orthodoxe Stiftung um die "Conversos", und schickte Rabbiner, die jahrelang Kurse abhielten. O-Ton Hatchuel ?????? ?? ???? ?????? ?? ?????? ???? ?? ??? ???? ????? ?????? ???? ??????? ????? ?? ???? ????. ??? ?? ?? ??? ?? ??. ???? ?? ?? ?????? ?? ???? ?????? ??????????, ????? ??????. ?? ??? ??????? ????? ?? ?????? ???. ?? ??? ?????? ?? ?????? ?????? ????????, ???? ????? 2012 ???? ???. ????? ??? ????? ?? ?????? OV-Sprecher 2 Und um die Wahrheit zu sagen, die Rabbiner kamen mit einer zionistischen Weltanschauung. Sie kamen, um zu konvertieren und alle nach Israel zu bringen. Aber daraus wurde nichts. Vielleicht war einer der Gründe die Verbundenheit mit Portugal, und sicherlich die Sprache. Das hat die Auswanderung erschwert. Bis zur Wirtschaftskrise in Portugal, Griechenland und Spanien um 2012 herum. In diesem Moment begann die Auswanderung nach Israel. Autor Arieh Hatchuel. Hatchuel stammt aus Brasilien und wanderte 2003 nach Israel aus. Dort lernte er die Tochter eines aus Belmonte stammenden "geheimen" Juden kennen, der mit seiner Familie 2013 nach Israel gegangen war. Seit 2017 wohnt Hatchuel mit seiner Frau und zwei Kindern in Belmonte. Auch seine Schwiegereltern sind zurückkehrt. Hatchuel arbeitete erst beim jüdischen Museum und ist jetzt Fremdenführer. Er ist zugleich Insider und Außenseiter in der sehr verschlossenen, winzigen Gruppe der Belmonter Juden. O-Ton Hatchuel ?? ?? ?? ?????? ??????? ???? ?????? ?????? ??????. ??? ??? ?? ????. ??? ?? ??? ?? ?????? ?????? ???? ?? ??? ????. ????? ????? ?? ????? ?????. ??????? ?????? ??????? ????? ???? ????????, ???????. ?? ????? ????? ??? ????? ??? ?????? ?????? ????? ??????????. ?? ?? ??? ?????? OV-Sprecher 2 Es gibt die Älteren hier, die sehr mit der geheimen, alten Tradition verbunden sind. Das ist das Problem. Sie konnten das Geheimnis und die Religion nicht mehr trennen. Jude zu sein bedeutet, im Geheimen zu leben. Die Jüngeren standen unter dem Einfluss der neuen, sich verändernden Welt und den Medien. Sie wollten wieder Teil der bekannten, normativen jüdischen Welt werden. Ja, da gab es eine Debatte. Autor Hatchuel erzählt, dass zunächst die Hälfte der Gruppe, die bis zu 140 Menschen umfasste, den Übertritt ablehnte. Erst auf Andringen der Jüngeren kam es zu einem zweiten Konversionsprozess. Etwa zehn Prozent wollte schließlich doch Christen bleiben, was sie nach außen hin immer gewesen sind. Heute hat die jüdische Gemeinde 45 Mitglieder. 25 Belmonter wohnen in Israel. Atmo Werbefilm Belmonte Ein Werbefilm der Gemeinde Belmonte, in dem die Geschichte der Wiederentdeckung der Juden im Mittelpunkt steht. Gezeigt werden die 1997 eröffnete Synagoge, Andenkenläden und das koschere 4-Sterne Hotel, das "Berg Sinai". Der Besitzer ist ein Jude aus der Belmonter Community, der davon träumte, Glaubensgenossen aus der ganzen Welt in Belmonte zu empfangen. O-Ton Abreu This hotel is the first kosher hotel in Portugal. We have many groups. Reporting to 2019 we received more or less 150 groups to this small hotel all the year. OV-Sprecher 3 Dieses Hotel ist das erste koschere Hotel in Portugal. Bis 2019, also vor Corona, haben wir mehr oder weniger 150 Gruppen pro Jahr in diesem kleinen Hotel empfangen. Autor Der Hotelmanager des "Berg Sinai", Ricardo Abreu. Autor Auf der Fassade des Hotels prunkt ein siebenarmiger Leuchter, Symbol des Judentums, und der Name des Hotels in Hebräisch. Im Eingang und in der Lobby weht die Flagge Israels, innen auch die von Portugal. Der Manager erzählt, dass etwa die Hälfte der Gäste jüdisch sind. Vieles in dem kleinen Belmonte am Fuße der Serra da Estrella, dem höchsten Gebirge des Landes, steht im Zeichen der "Wiederentdeckung" und ihrer Vermarktung. Der Dorfplatz mit dem ehemaligen Rathaus ist von Andenkenläden gesäumt. Hier steht auch ein riesiger Hanukkah-Leuchter. Die Andenken tragen jüdische Symbole und den Namen des Ortes. Thema: Belmonte ist jüdisch. Seit 2005 hat Belmonte sogar ein jüdisches Museum zu bieten, das die Geschichte der wundersamen Wiederentdeckung der jüdischen Gemeinde von Belmonte zeigt. Leiterin Elisabete Monteigueiro ist stolz, dass der Ort zunehmend mit ihrer Geschichte identifiziert wird. O-Ton Monteigueiro When you say that you are from Belmonte, of course people remember that Belmonte is the land of the Pedro Álvares Cabral, the person who discovered Brazil. But I remember that when I studied outside of Belmonte, when I say that I am from Belmonte, oh you are from the land of Jews. Are you a Jew? Because sometimes they related Belmonte to the town of Jews. OV-Sprecherin 1 Wenn Sie sagen, dass Sie aus Belmonte kommen, denken die Leute natürlich daran, dass Belmonte das Land des Pedro Álvares Cabral ist, der Brasilien entdeckt hat. Aber als ich außerhalb studierte und erzählte, dass ich aus Belmonte komme, wurde ich gefragt: Du kommst aus dem Land der Juden. Bist du Jüdin? Weil manche Belmonte für die Stadt der Juden halten. Autor Nicht alle hier finden das so schön wie es scheint. Auch wenn der neue Tourismus wichtige Einnahmen bringt - ohne ihn wäre der Ort bettelarm. Die "Wiederentdeckung" der Juden Portugals basiert hauptsachlich auf öffentlichen Gesten, wie der Schaffung eines Museums, aber nicht auf einer öffentlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Am Freitagabend besuche ich die Belmonter Synagoge. Nach dem Gottesdienst laufe ich mit einigen Männern durch die leeren Gässchen. Fast alle nahmen nach Verlassen der Synagoge ihre Käppchen ab, einige wenige nicht. Arieh Hatchuel trägt seine Kippa in der Öffentlichkeit unter einer Mütze versteckt. O-Ton Hatchuel ????? ??? ??????? ???? ?? ???? ???? ??? ????? ?? ?????? ??????? ?? ???? 100% ??? ????? ?? ??? ?? ????? ?? ??? ?? ???? ?? ?? ???? ?????? ?? ????? ??? ?? ??? ?????? ?? ?????? ?????? ?? ????? ??? ??? ????? ??? ??? ???? ??? ???? ???? ?? ?????? ?? ?? ?? ?? ???? ????? ??? ?? ?????? ??? ??? ??? ?????? ???? ???? ???? OV-Sprecher 2 Juden leben hier ruhig, normalerweise in Frieden mit der örtlichen Gemeinschaft, fast zu 100%. Aber meiner Meinung nach gibt es eine Art Ressentiment über das, was während Inquisition passiert ist. So tragen manche öffentlich Kippa, um zu sagen: Ich bin Jude, ich weiß, ihr liebt uns nicht so sehr, es herrscht keine große Begeisterung dafür, dass wir hier sind. Aber ihr müsst uns heute akzeptieren. Autor Seit Anfang 2022 kommt ein Ereignis hinzu, das seinen Schatten auch bis Belmonte wirft. Die jüdische Gemeinde in Porto, eine der drei Gemeinden des Landes, steht auf einmal im Mittelpunkt eines öffentlichen Skandals. Im März wurde der Oberrabiner von Porto, Daniel Litvak, vorübergehend festgenommen. Der Vorwurf gegen ihn und verschiedene Vorstandsmitglieder: Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäsche. Arieh Hatchuel spürt die Veränderung auch in Belmonte. O-Ton Hatchuel ????????? ???? ???. ?? ????? ????? ???. ??? ???? ????? ?? ?????????? ????? ?? ???? ????? ????? ??? ?????. ??? ???? ?? ???? ??? ???? ????? ???????? ?????? ??, ??????. ??????? ?????, ??? ??????? ??????? ????? ????? ?? ??? ?????? ????? ??? ?????? Sprecher 2 Wegen Abramowitsch? Ist hier auch angekommen. Meiner Meinung nach sehen wir jetzt einen Antisemitismus auftauchen, der die ganze Zeit über unterschwellig in der Gesellschaft existiert hat. Ich habe schon gehört, von Touristen aus Portugal, die hier durchkommen: Die Juden fangen an, Porto zu besetzen. Sie kaufen alles in Porto auf. Autor Was ist passiert? Hintergrund ist das sogenannte Sepharden-Gesetz der portugiesischen Regierung von 2015. Juden, die von der iberischen Halbinsel stammen, werden Sepharden genannt. Mehr als 500 Jahre nach Zwangstaufe und Verfolgung soll den Nachfahren der aus Portugal vertriebenen Juden Zugang zur portugiesischen Staatsbürgerschaft eröffnet werden - ähnlich wie auch im Nachbarland Spanien. Voraussetzung ist der Nachweis der Abstammung, beglaubigt von den beiden größeren jüdischen Gemeinden, Porto und Lissabon. Die geschichtlichen Umstände machen allerdings auch hier, ähnlich wie im Fall der Juden von Belmonte, nach 500 Jahren eindeutige Schlussfolgerungen schwer. Stein des Anstoßes war, dass auch der Antrag des russischen Oligarchen und Putin-Freundes Roman Abramowitsch - und der anderer Oligarchen - in Porto beglaubigt wurde, obwohl sein Familienname und seine öffentlich zugängliche Familiengeschichte auf eine ashkenasische, das heißt jüdisch-osteuropäische, Herkunft weisen. Die portugiesische Staatsbürgerschaft verschaffte Abramowitsch und den anderen Oligarchen freien Zugang zur EU. Der Verdacht, dass sie sich die Staatsbürgerschaft durch Millionenspenden erkauft haben könnten, löste die polizeilichen Untersuchungen aus. Arieh Hatchuel sieht seitdem die alten Gespenster wieder auftauchen. O-Ton Hatchuel ???? ?? ??????? ????????? ?????? ??????? ????? ???? ???? ?? ??????? ?????? ???? ???? ????? ???????- ????? ?????, ????? ????? ??????, ??? ??????. ??? ???? ????????? ?????? ??????? ????? ?? ?? ??????? ??????? ????? ??? ???????? ???? ?? ????? ?? ????? ????? ?? ????? ??????? ?????? ?? ???, ????????. ????? ???? ?? ?? ????? ????? ??? ??? ?????? ????? ????? ????? ???? ?? OV-Sprecher 2 Das portugiesische Parlament hat die Rückkehr der Juden aufgrund des Sepharden-Gesetzes ermöglicht. Natürlich nicht wegen großer Liebe zu den Juden, sondern um Menschen hierher zu bringen, Investitionen, Geld für das Land. Aber sobald Israelis, insbesondere Israelis, das tun und Juden anfangen, hier zu leben, hier Wohnungen zu kaufen, hier Dinge zu tun, fangen die Einheimischen an, sich unwohl zu fühlen. Leider. Vielleicht ist das kein allgemeines Gefühl, aber als Jude höre ich solche Dinge hier häufiger. Autor Mehr als 80.000 Antragsteller haben sich um die portugiesische Staatsbürgerschaft beworben. Doch nur ein kleiner Teil wanderte wirklich ein. Für die Mehrheit ging es wahrscheinlich um den europäischen Pass. Dennoch: Die Jüdische Gemeinde Porto, die 80 % der Anträge beglaubigt hat, meldet spektakulär gewachsene Mitgliederzahlen. Vor zehn Jahren hatte die Gemeinde nur etwa 40 Mitglieder, hauptsächlich liberale und säkulare Juden. Heute sind es mehr als 700. O-Ton Rothwell At the moment there are at least 30 different nationalities in the community. We can say that some of the most represented nationalities are Israeli, French, Brazilian, Venezuelan, North American, other European nationalities. And this growth is continuing. Every week we get emails from people who say either they are planning to live in Porto or they already live in Porto and are enquiring about becoming members of the synagogue and about the synagogue facilities. OV-Sprecher 4 Im Moment gibt es mindestens 30 verschiedene Nationalitäten in der Gemeinde. Am stärksten vertretenen sind israelische, französische, brasilianische, venezolanische, nordamerikanische und andere europäische Nationalitäten. Und dieses Wachstum hält an. Jede Woche erhalten wir E-Mails von Menschen, die entweder planen, in Porto zu leben, oder bereits in Porto sind und sich nach einer Mitgliedschaft in der Synagoge und nach den Einrichtungen der Synagoge erkundigen. Autor Michael Rothwell ist Vorstandsmitglied und Sprecher der jüdischen Gemeinde Porto. Doch nun berichten die Medien in großem Detail nur noch über den Skandal. Neben dem Vorwurf, dass die portugiesische Staatsbürgerschaft "verkauft" wurde, an Personen, für die das Gesetzt nicht bestimmt ist, konzentriert sich die Berichterstattung auf mögliche Korruption und die Verstrickung von einzelnen Vertretern der Gemeinde mit einem halben Dutzend russischer Oligarchen. So soll die Gemeinde sich enorme Spenden bezahlt haben lassen. Ein Vorstandsmitglied und der Oberrabbiner sind angeblich an Firmen beteiligt, die Antragstellern gegen hohe Honorare bei der Abwicklung halfen. Rothwell weist die Vorwürfe zurück. O-Ton Rothwell In relation to the nationality law there have been some false accusations against the community of irregularities. We hope the investigations in course will rapidly find that there's no wrongdoing. But this situation has unfortunately cast a lot of negative media attention on the community. So, the situation for Jews specifically in Porto is not as friendly as it was. OV-Sprecher 4 Im Zusammenhang mit dem Staatsangehörigkeitsgesetz wurden einige falsche Anschuldigungen wegen Unregelmäßigkeiten gegen die Gemeinschaft erhoben. Wir hoffen, dass die laufenden Ermittlungen schnell feststellen werden, dass kein Fehlverhalten vorliegt. Aber diese Situation hat leider viel negative Medienaufmerksamkeit geschaffen. Die Situation für Juden speziell in Porto ist nicht mehr so freundlich wie früher. Autor Klar ist auch, dass die wachsende Gemeinde Geld brauchte. Auch, so Rothwell, um den Gefahren eines möglicherweise wieder wachsenden Antisemitismus entgegenzutreten. O-Ton Rothwell Let's say that antisemitism which exists and we know that from a 2014 ADL study, for example, but it was pretty much asleep, let's say. We recognized that with a growing Jewish community in Portugal, which is something we wanted to see, this situation could change. And we wanted to be proactive about this and take measures to make sure that the local population understood about Judaism and Jews and would not react with fear or ignorance to a growing Jewish population. OV-Sprecher 4 Wir wissen, dass Antisemitismus existiert, zum Beispiel aus einer Studie aus dem Jahr 2014, aber er war schlummernd. Das konnte sich mit einer wachsenden jüdischen Gemeinde in Portugal ändern. Deshalb wollten wir Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die lokale Bevölkerung das Judentum und Juden versteht und nicht mit Angst oder Ignoranz auf eine wachsende jüdische Bevölkerung reagiert. Autor Die Gemeinde eröffnete 2020 ein jüdisches Museum und gab die Produktion von drei Kinofilmen zur jüdischen Geschichte in Portugal in Auftrag. Vor kurzem kam das Holocaust-Museum hinzu. Damit soll die Bevölkerung aufgeklärt werden. Das jüdische Museum ist im Erdgeschoss eines kleinen Einfamilienhauses gegenüber der Synagoge untergebracht. Der Kurator der Museen, der Historiker Hugo Vaz, empfängt mich im ersten Stock, in einem Raum, der "Entebbe-Zimmer" heißt. Unten ist die wenig erbauliche Geschichte der Verfolgung und Vertreibung der portugiesischen Juden zu sehen. Hier oben scheint sie wundersam in der erfolgreichen Befreiung einer entführten Air-France-Maschine durch die israelische Armee im Juli 1976 zu enden. Atmo isr. Nationalhymne Autor Das Video, das auf mehreren Monitoren läuft, kulminiert in der israelischen Nationalhymne. Die ehedem so isolierte jüdische Gemeinschaft will damit offenbar ihre Verbundenheit mit Israel und den Themen der jüdischen Welt zeigen. Das Museum möchte nicht nur die Geschichte der Verfolgung, sondern auch die der Gegenwehr präsentieren - ganz so, wie das heute auch in Israel geschieht. O-Ton Vaz Especially the older generations, they come with prejudices, the antisemitic ... , in a very soft way and unconscious, that says: why are you rich, why are you so clever, why you only care about businesses and some of them: why are you here. So that's the main goal of our projects. It's to destroy those myths. OV-Sprecher 1 Vor allem die älteren Generationen kommen mit Vorurteilen, mit antisemitischen. Sie fragen sich unterschwellig: Warum bist du reich, warum bist du so schlau, warum kümmerst du dich nur um Geschäfte und warum bist du hier. Das ist also das Hauptziel unserer Projekte. Es geht darum, diese Mythen zu zerstören. Autor Die Gelder, die für Museen und Filmprojekte benötig wurden, sollen aus Spenden der russischen Oligarchen geflossen sein. Laut Medienberichten geht es um Zuwendungen in Höhe von 35 Millionen Euro. Als ich im Frühjahr 2022 die Gemeinde kontaktierte, war der Oberrabbiner gerade verhaftet worden. Er ist inzwischen wieder frei. Der Gemeindevorstand blieb monatelang unerreichbar. Erst nach langen und zähen Verhandlungen erklärt der Vorstand sich schließlich zu einem Treffen mit mir bereit. Neben dem Vorstandssprecher Rothwell treffe ich auch Isabel Ferreira Lopes, stellvertretende Gemeindevorsitzende und Enkelin des Gemeindegründers Artur Barros Basto. Sie und ihre Kollegen vom Vorstand sind überzeugt: Ähnlich wie damals bei ihrem Großvater wollen auch heute wieder mächtige Kreise die jüdische Gemeinde zugrunde richten. Kurz vor meiner Ankunft in Porto publizierte die Gemeinde eine Erklärung, in der sie schwere Vorwürfe gegen ihre Kritiker erhebt - und die wegen ihrer drastischen Wortwahl gegen Vertreter von Staat und Medien selbst zum Skandal wurde. Zitatorin Wir sind mit einem Fall undenkbarem Antisemitismus Sowjetischer Art in Europa konfrontiert, der weltweit größten antisemitischen Verschwörung des 21. Jahrhunderts. Die Verschwörung ist durchdrungen vom alten antisemitischen Stereotyp des Geldes und von den alten Mythen von Betrug, Korruption und Geschäftemacherei. Die Verschwörer versuchen, die jüdische Gemeinde von Porto mit Machenschaften mit Russland in Verbindung zu bringen. Sie verbreiten fälschlicherweise, dass ihre Führer Mittel der Organisation unterschlagen haben. Polizeiliche Ermittlungen und Durchsuchungen auf der Grundlage "anonymer" Hinweise haben dazu geführt, dass ein Dutzend Polizisten in die Synagoge eindrang und nach Koffern voll Geld im Haus der Enkelin des "portugiesischen Dreyfus" suchte, der in den 30er Jahren ebenfalls Opfer anonymer Denunziationen des Abschaums der Gesellschaft geworden war. In der Zwischenzeit versorgten private und staatliche Agenten die Medien monatelang mit Nachrichten, die eine feindliche Atmosphäre gegenüber der Jüdischen Gemeinde schufen. O-Ton Mucznik Moi, je trouve que ce qui se passe en ce moment, c'est infiniment triste. Parce que ... pour plusieurs raisons. Je ne vais pas en cause la communauté de Porto en soi. Non, pas du tout. Je dis que certaines personnes ont très mal agis. Enfin, c'est en train d'être investigué. Donc, on ne sait pas encore exactement que sera la chose. Mais le problème c'est que, en commencent d'attaquer au niveau international le gouvernement et l'état portugais d'antisémitisme, ils sont faits plus pour l'antisémitisme que ... et c'est très triste. OV-Sprecherin 3 Ich finde das, was gerade passiert, unendlich traurig. Ich beschuldige die Gemeinde Porto nicht als solche. Überhaupt nicht. Ich sage, dass einige Leute sehr falsch gehandelt haben. Das wird jetzt untersucht. Wir wissen also noch nicht genau, was Sache ist. Aber das Problem ist, dass sie begonnen haben, die portugiesische Regierung und den portugiesischen Staat des Antisemitismus zu bezichtigen. Damit tun sie selbst viel für den Antisemitismus. Und das ist sehr traurig. Autor Esther Mucznik. Muscnik ist eine bekannte Journalistin und Autorin, die Bücher über die Geschichte der Juden in Portugal verfasst hat. Sie war jahrelang Vizepräsidentin der Jüdischen Gemeinde Lissabon und berät unteren anderem den Staatspräsidenten in jüdischen Angelegenheiten. Ich treffe sie in einem Café im Lissaboner Stadtteil Belém. Bedeutet der Skandal das Ende des Staatsbürgerschaftsgesetzes, frage ich sie. O-Ton Mucznik Alors, la loi va c'est terminé. Je n'ai aucune illusion. D'abord les changements qui prévoit il y a des choses qui sont impossibles d'accomplir comme par exemple avoir un héritage d'un immeuble. C'est complètement absurde, ça, s'est même fait pour empêcher les gens parce que qui, les gens qui était dénoncés par l'inquisition, on leur enlever immédiatement tout ce qui avait. Donc, c'est impossible ce gent de critère. OV-Sprecherin 3 Das Gesetz wird verschwinden. Es ist vorbei. Ich mache mir da keine Illusionen. Da sind zuerst die Änderungen, die unmöglich zu erfüllen sind, wie z. B. das Erbe eines Gebäudes. Das ist völlig absurd. Das wurde getan, um Menschen abzuschrecken. Denn diejenigen, die der Inquisition ausgeliefert waren, denen wurde sofort alles weggenommen. Also, diese Art von Kriterium ist unmöglich zu erfüllen. Autor 2021 hat das Parlament das Gesetz verschärft: Voraussetzung für die Erteilung der Staatsbürgerschaft an sephardische Juden soll künftig soll eine Bindung an Portugal sein, unter anderem durch Wohnsitz oder Erbe. Doch die Novellierung wurde gerichtlich angefochten und ist noch nicht in Kraft getreten. Als Antwort auf die Presseerklärung der Gemeinde in Porto, die Regierung und Medien angriff und eine antisemitische Verschwörung unterstellte, veröffentliche auch die Gemeinde in Lissabon ein Statement. Zitator Die Jüdische Gemeinschaft von Lissabon ruft zu einer ruhigen und konstruktiven Debatte über das Staatsangehörigkeitsgesetz auf. Die Besonderheiten von Gesetzgebungsprozessen dürfen nicht mit unbegründeten Antisemitismusvorwürfen verwechselt werden. Antisemitismus ist ein zu ernstes Thema, um trivialisiert und ohne Grundlage verwendet zu werden. Autor Auch Esther Mucznik schrieb Artikel und gab Interviews, in denen sie die Jüdische Gemeinde Porto scharf kritisierte. Fühlte sie sich nicht zur Solidarität verpflichtet? Sie sagt nein. O-Ton Mucznik Mais je ne peux pas me solidariser avec des choses que vous dites que je ne suis pas d'accord. Et je croix qu'ils font beaucoup de mal, ils ont fait beaucoup de mal, ils ont fait beaucoup de mal pour nous, pour nous tous. OV-Sprecherin 3 Ich kann mich nicht mit etwas solidarisieren, mit dem ich nicht einverstanden bin. Diese Leute haben sehr viel Schaden angerichtet! Sehr, sehr viel Schaden für uns alle. Autor Esther Muczniks Großvater war 1913 als Rabbiner aus Paris nach Lissabon berufen worden, kurz nachdem die erste republikanische Regierung Portugals die Existenz der jüdischen Gemeinde gesetzlich verankert hatte. Mucznik wuchs in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in Lissabon auf, unter der Salazar-Diktatur. Die Situation für die Juden in Portugal ist heute eine andere. O-Ton Mucznik Le Pays portugais découvre de plus en plus le judaïsme. Et ça c'est important. Mais c'est aussi grâce à tous les Juifs qui revendiquent clairement leur judéité et ça veut dire aussi que beaucoup de gens se reconnaissent. Parce que qu'il faut comprendre une chose. Qui est parti au moment de l'Inquisition ? Les gens qui avaient des moyens c'est ou alors des intellectuels ou des gens qui ne vraiment voulait pas supporter cette Inquisition et qui avait les moyens. Mais la majorité de gens sont resté, des nouveaux chrétiens. Et donc, ces gens-là reconnaissent maintenant alors qu'il commence à connaître mieux le judaïsme, ils se reconnaissent par exemple quand il y a des gens qui disent oui, mon grand-père ne pas travailler le samedi mais pourquoi .., tu vois. Donc, c'est des choses comme ça. Donc, à mon avis, avec la démocratie, avec la liberté religieuse et tout ça donc il y a aussi un sentiment de plus grande connaissance, une connaissance plus grande. OV-Sprecherin 3 Portugal entdeckt das Judentum mehr und mehr. Das ist wichtig. Und das ist auch das Verdienst aller Juden, die sich heute klar zu ihrem Judentum bekennen. Denn eines muss man verstehen. Wer ist zur Zeit der Inquisition weggegangen? Die Leute, die die Mittel hatten, Intellektuelle und Kaufleute. Aber die Mehrheit der Menschen musste bleiben, als Neue Christen. Und manche erkennen erst jetzt, dass sie selber vielleicht auch jüdische Vorfahren hatten. Zum Beispiel, wenn sie sagen, ja, mein Großvater arbeitete samstags nicht, warum? Also meiner Meinung nach ist dank der Demokratie, dank der Religionsfreiheit, auch ein größeres Wissen, ein größeres Bewusstsein entstanden. Autor Eine winzige Wohnzimmersynagoge in Lissabon. Sie besteht nur aus einer kleinen Betstube, die für Gottesdienste ausgerüstet ist, und einem kleinen Büroraum. Der Präsident der Gemeinde, Israel Falcão, ein junger Mann in Jeans, zeigt mir ihre Schätze. This one in particular ... eine 500 Jahre alte Torarolle. .... You can see the skin over here ... Die Pergamentrolle ist so dick, dass die Tinte erhalten und noch lesbar ist. Sie ist sephardischen Ursprungs .... And this is one we actually prefer for services ... Eine andere Rolle, die jetzt für den Gottesdienst gebraucht wird, ist 150 Jahre alt. Sie kommt aus Deutschland ... We don't know exactly how ... Wer sie nach Lissabon gebracht hat, in dieses Wohnzimmer im dritten Stock eines Wohnhauses, weiß niemand ... I Another of the Sephardic ones ... Im Toraschrank steht noch eine Rolle. 400 Jahre alt ... Im Nebenzimmer, unter einem Gebetschal, liegt eine halbverbrannte Torarolle. Sie wurde nach der Pogromnacht 1938 aus einer deutschen Synagoge gerettet und von einem Flüchtling nach Lissabon gebracht. O-Ton Falcão My birth name is Andre. I was born here in Lisbon. Both of my parents came from the northern part of Portugal from the region called Beira. Both my parents are actually descendants from crypto-Jews, both from my father's side and from my mother's side. Although, for a large number of generations those memories have been lost. OV-Sprecher 5 Mein Geburtsname ist André. Ich bin hier in Lissabon geboren. Meine Eltern stammen beide aus dem nördlichen Teil Portugals, aus der Region Beira. Meine beiden Eltern sind Nachkommen von Krypto-Juden, sowohl väterlicherseits als auch mütterlicherseits. Diese Erinnerungen waren allerdings lange verloren. Autor Nach seinem Übertritt zum normativen Judentum, erzählt Andre Falcão, habe er den Vornamen Israel angenommen. Falcão ist Präsident der kleinen Gemeinde, die sich hier im "Stiebel", in der Wohnzimmersynagoge trifft. Die Synagoge, in den 1920 Jahren gegründet, bietet etwa 30 Menschen Platz. Sie war schon immer das Gotteshaus der Außenseiter. Zuerst waren es Flüchtlinge aus Polen, dann aus Deutschland. Jetzt sind es meist die Nachkommen von geheimen Juden. Die Synagoge heißt Ohel Yacov, Jakobs Zelt. Sie war ursprünglich auch orthodox, von frommen polnischen Einwanderern gegründet, schloss sich aber dann erst der Konservativen Richtung im Judentum und schließlich der Liberalen an. Kamen die Nachkommen der Krypto-Juden deshalb hierher? O-Ton Falcão Yes, it started with people knocking at the door because you were not accepted in the Sephardic community. They are much tighter, not very welcoming to people from the outside and said, why don't you go to the Polish synagogue. They went there and were well received. But people that were just coming were totally lost. They were a bit like me but they didn't have a rabbi. There was not a structured community functioning. And currently it is. And so, eventually, after asking a lot of sites for help, Rabbi Jules Harlow came here to Portugal in about 2004 and he gave guidance, information and conducted the process of return or conversions. At the time, in those early years, early 2000s, the community was mostly constituted by people that did their return or did conversions. OV-Sprecher 5 Ja, Leute kamen zu uns, weil sie in der sephardischen Gemeinschaft nicht akzeptiert wurden. Sie sind viel strenger, nicht sehr einladend gegenüber Menschen von außen. Sie sagten, warum gehst du nicht zur polnischen Synagoge? Sie kamen und wurden aufgenommen. Aber die Leute waren völlig verloren. Sie waren ein bisschen wie ich. Es gab keinen Rabbiner, keine geordnete Gemeinde, wie wir sie jetzt haben. Nachdem wir viele Stellen um Hilfe gebeten hatten, kam Rabbi Jules Harlow schließlich 2004 nach Portugal. Er bot Hilfe und begleitete den Prozess der Rückkehr oder Konversion. Anfang der 2000er Jahre bestand die Gemeinschaft hauptsächlich aus Menschen, die rückgekehrt oder konvertiert waren. Autor Israel Falcão ist Professor für Computerwissenschaften an der Uni Lissabon. Er selbst brauchte viele Jahre des Unterrichts, bevor er schließlich vor einem liberalen Rabbinatsgericht in London zum Judentum übertreten konnte. Die orthodoxe Gemeinde von Lissabon konnte oder wollte ihm nicht helfen. Die jüdische Abstammung war in seiner Familie immer irgendwie vage im Bewusstsein geblieben. O-Ton Falcão From my father's side it was actually just discovered. But my maternal lineage, all my family knew that we were descended from New Christians, from crypto-Jews. And actually my DNA test says that I'm 50% Belmonte Jews. So it's worth what it's worth. I don't take it too seriously but that's what the record says. OV-Sprecher 5 Von väterlicher Seite wurde es erst vor Kurzem entdeckt. Aber was die mütterliche Abstammung angeht, wusste meine ganze Familie, dass wir von Neuchristen abstammen, von Krypto-Juden. Und tatsächlich zeigte mein DNA-Test, dass ich zu 50% Belmonte-Jude bin. Ich weiß nicht, wieviel so ein Test wert ist. Ich nehme ihn nicht zu ernst, aber das kam dabei heraus. O-Ton Falcão I would say that the traditions in my family are very, very diluted and in that way perhaps I am your typical case because most people eventually diluted Jewish traditions in their family. [The ones that approached here they remembered one thing, they could verify some things, there are scattered reports all around Portugal] but there are others with much, much stronger traditions. Sprecher 2 Ich würde sagen, dass die Traditionen in meiner Familie eher sehr verwässert waren, wie bei vielen anderen auch. Insofern waren wir ein typischer Fall. Viele von denjenigen, die hierher in die Synagoge kamen, erinnerten sich nur noch an einzelne Gebräuche, anderes konnten sie erst später zuordnen und verstehen. Darüber gibt es verstreute Berichte in ganz Portugal. Aber es gibt auch andere mit viel, viel stärkeren Traditionen. Autor Wie ging man in seiner Familie mit diesem Bewusstsein um, insgeheim anders zu sein, frage ich ihn. War es positiv oder negativ, von Juden abzustammen? O-Ton Falcão I remember one of my oldest relatives, he just deceased, also he is a historian. He knew a lot of things and a lot of things about our family. And one day he ordered the family tree of our family. And I asked him on purpose, did you find any Jewish ancestors. And he look at me in a very, how can I say, not suspicious, but in a somewhat guilty way and said, yes, we were Jews once. We were Jews. OV-Sprecher 5 Ich erinnere mich an einen meiner ältesten Verwandten. Er ist gerade gestorben. Auch er war Historiker. Er wusste viele Dinge über unsere Familie. Er gab den Stammbaum unserer Familie in Auftrag. Ich habe ihn dann gezielt gefragt: Hast du irgendwelche jüdischen Vorfahren gefunden? Und er hat mich sehr, wie soll ich sagen, nicht misstrauisch, aber irgendwie schuldbewusst angeschaut und gesagt: Ja, wir waren mal Juden. Wir waren Juden. Autor Andre Israel Falcão und viele Menschen, mit denen ich in Portugal gesprochen habe, sind heute stolz auf ihre jüdische Abstammung. Aber Jüdisch-Sein in Portugal ist, trotz einer Welle der Sympathie nach 1974 und der Geste des Staatsbürgergesetzes, nicht so einfach wie es scheint. Das Gesetz hat auch neuen Unwillen geweckt. Aberglaube, Unwissen und Misstrauen gegenüber Juden bleiben tief verwurzelt in einer Kultur, in der das Auffinden jüdischer Elemente im familiären Brauchtum über Jahrhunderte praktisch einem Todesurteil gleichkam O-Ton Falcão Some of my friends that know that I am Jewish, they were: oh you were there, you are in a synagogue. And it raised little traces of antisemitism that I thought were buried, and they are not. We start hearing things, yeah, they are Jews! This type of thing that I don't like to hear. It was horrible. It was horrible. It was the only time, the only time, that I felt constrained. And it was awkward and I have to give awkward answers to some of my friends. It was bad for all of us, not just for them. And if you try to isolate it, you are just being myopic. You don't see the whole picture. OV-Sprecher 5 Einige meiner Freunde, die wissen, dass ich Jude bin, sagten: Oh, du gehörst dazu, du bist auch Teil einer Synagoge. Und es hat kleine Spuren von Antisemitismus aufgewirbelt, von denen ich dachte, dass sie begraben sind. Das sind sie nicht. Wir fangen an Dinge zu hören wie - ja, so sind die Juden. So etwas höre ich nicht gerne. Es war das einzige Mal, das einzige Mal, dass ich mich eingeschränkt fühlte. Und es war peinlich, dass ich einigen meiner Freunde unangenehme Antworten geben musste. Es war schlecht für uns alle, nicht nur für die in Porto. Wer versucht, das isoliert zu sehen, ist kurzsichtig. Er sieht nicht das ganze Bild. Absage Das Wunder von Belmonte. Die Wiederentdeckung der "geheimen Juden" Portugals. Ein Feature von Daniel Cil Brecher. Es sprachen: Mark-Oliver Bögel, Sigrid Burkholder, Hüseyin Michael Cirpici, Demet Fey, Moritz Heidelbach, Jochen Langner, Andreas Potulski und Svenja Wasser Ton und Technik: Eva Pöpplein und Jens Müller Regie: Matthias Kapohl Redaktion: Christiane Habermalz Eine Produktion des Deutschlandfunks 2022 36 30