Hörspiel Feature Radiokunst Das Feature Mein erster Cyberkrieg Die NATO probt den Ernstfall Autor: Tom Schimmeck Regie: Matthias Kapohl Redaktion: Wolfgang Schiller Produktion: Deutschlandfunk/NDR 2018 Erstsendung: Dienstag, 06.02.2018, 19.15 Uhr Wiederholung: Dienstag, 16.05.2023, 19.15 Uhr Langfassung Mitwirkende: Maya Bothe Sigrid Burkholder Martin Bross Hüseyin Michael Cirpici Matthias Kiel Volker Niederfahrenhorst und der Autor Ton und Technik: Wolfgang Rixius und Roman Weingardt Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar – Atmo Erzähler Kaum bin ich in Tallinn gelandet, kommt eine eilige Mitteilung: Ich soll nicht auf den Bus warten, schnell ein Taxi nehmen. Erzähler Unsere erste Sitzung beginnt in 10 Minuten. Erzähler Als die NATO mich zum Kriegsspiel einlud, dachte ich zunächst: Ein Scherz. Ich, ein staatlich anerkannter Kriegsdienstverweigerer; ein Journalist, über den es beim Verteidigungsministerium mal einen Aktenvermerk gab: “Besondere Vorsicht bei diesem Berichterstatter!” Erzähler Ich hatte einige Konferenzen des NATO-Zentrums für Cyberverteidigung in Estland besucht. Um zu verstehen, wie diese neue Art von “Krieg” wohl aussehen könnte. War dabei offenbar nicht unangenehm aufgefallen. Und jetzt? Bin ich rekrutiert, NATO-Mitstreiter. Stehe im Ballsaal 2 eines großen Hotels in Tallinn. Zwischen Hunderten Monitoren, Tastaturen, Computermäusen und vielen Kilometern Kabel. Inmitten emsiger Menschen in bunten T-Shirts. Atmo Sakkov: What we see her is an exercise called Locked Shields… Sprecher 4 Das hier ist eine Cyber-Übung namens “Locked Shields”, die wohl größte und komplexeste Cyber-Einsatzübung der Welt. Dieses Jahr haben wir 20 blaue Verteidigungsteams – 19 nationale und eines von der NATO. O-Ton Aare Reintam Sprecher 3 Wir haben die Rollen mit Farben markiert. Hier im Kontrollraum sitzen die weißen T-Shirts, sie kontrollieren das Spiel. Die Roten greifen an, die Grünen kümmern sich um die Technik, die Gelben um das Lagebild. Die Blauen sind die Verteidiger. 3.000 virtuelle Maschinen schaffen das Umfeld der Übung. Wir haben eine Umgebung aufgebaut, die so nah wie möglich an der Realität ist. Collage Skypeeinwahl / Klingeln Soldat: Hello, Sir, can you hear me? Erzähler Ein Manöver. Früher stand dies für Geballer und Gebrüll, kreischende Panzerketten, für Generäle, die am Kartentisch ihre Divisionen verschieben wie Croupiers die Jetons. Collage Soldat: If you have any more questions, don’t hesitate to call. Soldat: Do you want me to send you email? Erzähler Seit Krieg auch in den Netzen und den Köpfen stattfindet, sind andere Typen gefragt: Nerds, PR-Profis, Hacker, Sozialforscher, Programmierer, Juristen – und Journalisten. Collage Soldat: Sorry, you caught me off-guard in that situation. Sprecherin 2 Mein erster Cyberkrieg. Die Nato probt den Ernstfall Feature von Tom Schimmeck Atmo Rain: OK, Good morning… Sprecher 1 Guten Morgen. Erzähler Rain Ottis, der Chef der Übung, gibt Anweisungen: O-Ton Forts. First of all… Sprecher 1 Erstens, falls etwas passiert: Die Notausgänge sind dort, rechts und links. Erzähler Ein kompakter Typ, eher unauffällig, beinahe sanft. Im Alltag ist er Professor an der Technischen Universität Tallinn. Sprecher 1 Zweitens: Badges. Bitte immer tragen. Außer, wenn Sie diese Etage verlassen, in den Aufzug steigen, auf die Straße gehen. Erzähler Die Organisatoren sind ein bisschen nervös. Heute ist – zufällig – der zehnte Jahrestag eines großen Cyberangriffs auf Estland. Man fürchtet Provokationen. O-Ton Forts. Keep your colours down… Sprecher 1 Also: Verhalten Sie sich unauffällig. Fangen Sie in der Kneipe keinen Streit an. O-Ton Forts. Have a good time. Just learn, have fun and keep the game fair. Sprecher 1 Lernt, habt Spaß und bleibt fair! Atmo Durchsage: We hear you loud an clear, Sir, Good morning Announcer: Blue Team 9, good audiovisual check. Blue Team 10, audiovisual check, over… Blue Team 10, this is Tallinn, audiovisual check, over… Erzähler “Locked Shields” – klingt viel besser als “verriegelte Schutzschilde”. An die 900 Leute sind dabei. Viele hocken jetzt hier im Hotel. Nur die Blauen, die Verteidiger, sitzen in ihren Computerzentralen zuhause. Zumeist in NATO-Staaten. Doch auch blue teams aus Finnland, Schweden, Österreich und der Schweiz machen mit. Es sind übrigens nur 19 Teams. Die Türkei hat kurzfristig abgesagt. O-Ton Jose Ich: So, do we have draft for this first email thing? im Hintergrund weiter „comcheck“ Erzähler Es gibt einen furchtbar komplizierten Plan, der genau festlegt, wer auf welchen Kanälen kommuniziert: Per Mail, Chat, Skype, Telefon, per “Ticket” oder “Collab” – das ist ein Reservoir von Listen, Plänen, Grafiken, Szenarien und Entwürfen, auf die wir online alle Zugriff haben. Man kann das unmöglich alles lesen. Allein bei uns “Weißen” gibt es acht Positionen: Den “Leader”, die Verbindungsleute, die “Blondes” – sie simulieren normale Computernutzer, das Scoring-Team – sie vergeben die Punkte. Dazu das Team vom Strategie-Spiel, “WT legal” – die Juristen und “WT media”. Das sind wir. O-Ton Test Skype Skype-Teststimme: If you hear this message but not your own voice… Erzähler Wir sitzen ganz am Rand, unter den großen Monitoren, die den Zustand der Systeme zeigen: Die Esten Liisa und Bill – unsere Chefs, Kadri vom Cyber-Zentrum, Mari von PriceWaterhouse Coopers. Und Eda, die eigentlich Dichterin ist, aktuell aber für das Außenministerium arbeitet. O-Ton Forts. Thank you for using the Skype call testing service. Goodbye. Erzähler Dazu wir Internationalen: Der Tscheche Martin, der Brite Steve, der Spanier Jose und ich. Kaur habe ich vergessen, den Datenanalytiker. Der fehlt noch. Er ist irgendwo unterwegs – in Liisas Auto. O-Ton Liisa: Once we have Kaur … he still missing in action in my car… Erzähler Liisa hat noch ein paar Anweisungen für uns. Unser erster Kampfauftrag morgen früh wird sein, die Blauen Teams mit Emails zu bombardieren. Zunächst aber gilt es, fiktive Zeitungen vollzuschreiben. Und sich ein bisschen umzuschauen. O-Ton Red Team Chef Mehis Hakkaja Sprecher 2 Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die blauen Teams auf Trab zu halten. Erzähler Das rote Team hat einen eigenen Raum nebenan: Ballsaal 3. Hier geht es stiller zu. Hier sitzen hochkonzentrierte Hacker. O-Ton Mehis: My name is Mehis Hakkaja. I’ve been the red team leader for Locked Shields since 2010. Erzähler Mehis, der Chef der Roten, ist seit 2010 dabei. Ein rustikal wirkender Kahlkopf. Er hat an der US-Militärakademie in West Point studiert. Im Alltag ist er CEO von Clarified Security, einer Cybersicherheits-Firma, die vor allem “penetration tests” macht. Sprich: Im Auftrag von Unternehmen, Behörden, Armeen in deren Systeme eindringt, um Schwachstellen aufzuzeigen. Firmenslogan: Sprecher 4 “Wir zerstören Sicherheit, um Klarheit zu schaffen.” Erzähler Solche “Pentester” sind gefragte Leute. Ich habe mal einen interviewt, dessen Spezialität es war, Kraftwerke lahmzulegen und Containerschiffe gegen Kaimauern knallen zu lassen. Per Mausklick. Mehis sieht sehr zufrieden aus. Er liebt “Locked Shields”. O-Ton Mehis The target is changing constantly. There is resistance, things are changing. The game is unpredictable – for both sides. Sprecher 2 Das Ziel verändert sich ständig. Es gibt Widerstand. Das Spiel ist unvorhersehbar – für beide Seiten. Erzähler Auch bei uns in Ballsaal 2 steigt die Betriebsamkeit. Immer mehr Monitore flackern auf. Computerexperten, Techniker, Analytiker, Juristen, Militärs – weit über 100 Menschen aus aller Welt – wuseln an langen Tischreihen, um die über 3.000 virtuellen Systeme zum Laufen zu bringen. Frauen sind krass in der Minderheit. Bei den Roten etwa zähle ich genau zwei. O-Ton There’s only two ladies I think. I actually feel pretty comfortable. Yeah. I would describe it like an adventure… Sprecherin 1 Ja, wie sind nur zwei, glaube ich. Aber ich fühle mich ziemlich wohl. Es ist für mich eine Art Abenteuer. O-Ton Raimo Peterson One of the specialties of this years locked shields… Erzähler Raimo, einer der Techniker, erklärt die Raffinessen. Sprecher 1 Wir haben auch Spezialsysteme dieses Jahr. Nicht nur die File- und Webserver, sondern auch Systeme, die man in normalen Luftwaffenbasen findet: Eine Treibstoffversorgung, ein Luftkontroll- und -kommandosystem und eine Stromversorgung – von Siemens. Erzähler Die Grünen basteln seit Monaten daran. O-Ton Pierre …so I started in January… Erzähler Die Blauen, über Datenleitungen mit unserer Zentrale verbunden, werden all diese Systeme ab morgen verteidigen müssen. Erzähler An der Stirnseite des Saals sind auf großen Tafeln allerlei Gerätschaften verschraubt: Drohnengehirne etwa und Displays, auf denen man den Füllstand der Treibstofftanks ablesen kann. Sobald die Roten zuschlagen, werden die Anzeigen mächtig in Bewegung geraten. Erzähler An die Arbeit. Unser Job: Texte für die Zeitungen der beiden fiktiven Staaten schreiben, die morgen aneinander geraten werden: Das gute Nato-Land Berylia und das nicht ganz so freundliche Crimsonia. Ich darf einen Leitartikel für “Crimsonia Tomorrow” schreiben. Sprecher 4 “Unterstützung für Präsident Veritas steigt auf 94 Prozent. Sprecherin 2 Laut einer Umfrage der Purefact Society ist der starke öffentliche Rückhalt für unseren Präsidenten Peter Veritas auf 94 Prozent angestiegen. Nach seiner Wiederwahl Ende letzten Jahres ist es dem Präsidenten und seiner Partei FürCrimsonia gelungen, eine frische Vision für eine dynamische und wohlhabende Nation zu formulieren. Immer wieder betont Veritas Crimsonias primäres Interesse: die Rückeroberung alter Stärke. Dieser neue, unverfälschte Geist nationaler Einheit garantiert seinen Erfolg. Erzähler Ich bin ein bisschen schockiert, wie leicht mir diese Propaganda aus den Fingern fließt. Draußen schüttet es in Strömen. Atmo Kellnerin: May I take your jacket to the wardrobe? And here is the number. Erzähler Durchatmen am Abend. Team-Building ist angesagt, bei Wein und Snacks. Atmo Liisa: Would you like a Dim Sum? … Erzähler Das “Media Team” versteht sich schon prächtig. Musik O-Ton Rain: Good morning. So the day is upon us. It’s day one. Erzähler Am nächsten Morgen sind wir alle hellwach. Es ist Mittwoch, der 26. April. Der erste Tag der Übung “Locked Shields 2017”. O-Ton Sakkov First, as you know, the exercise starts 5:30 hours Zulu time. Erzähler Die Übung startet um 5:30 Zulu Time, schärft uns Sven Sakkov, Direktor des NATO-Cyberzentrums, ein. Zulu Time – das ist Militärsprech für Greenwich-Zeit, die Zeit am Nullmeridian der Erde. Hier in Tallinn ist es drei Stunden später. Sakkov: But really I would like to wish all the blue teams … devilish look this morning. So you might be in for a bit of a ride… Sprecher 4 Besonders den blauen Teams wünsche ich viel Glück. Das werden sie sicher brauchen. Ich muss sagen: Das rote Team guckt heute morgen besonders teuflisch. Erzähler Halt. Das Szenario fehlt noch. Es ist komplex. Hören Sie gut zu. Musik Sprecherin 1 Der gute Staat Berylia ist eine Insel im Atlantik, etwa von der Größe Spaniens. Die Hauptstadt heißt Belhi, der Premierminister Ernesto Dubois. Er hat just Wahlen gewonnen. Das Land prosperiert, vor allem dank seines Öl- und Gas-Sektors und kräftiger Exporte seiner Drohnenindustrie. Erzähler Berylia ist eine parlamentarische Demokratie mit Pressefreiheit und allem Pipapo. Apropos Presse: Neben “Berylia Miracle” gibt es das “International News Network”. Alle blauen Teams kämpfen für ihr jeweils eigenes Berylia. Erzähler Nun die Probleme. Sprecherin 2 Rund ein Fünftel der gut 20 Millionen Einwohner sind Crimsonier. Sie fordern mehr Selbstbestimmung. Bei den Wahlen gab es Unruhen, auch auf der Halbinsel Porphyria, wo "Buka", die einzige Luftwaffenbasis Berylias, liegt, und die crimsonische Minderheit besonders zahlreich ist. Die Regierung wirft dem Nachbarstaat Crimsonia vor, seine Finger im Spiel zu haben. Zudem gibt es Streit um den genauen Verlauf der Seegrenze. Erst recht, seitdem in den 1990er-Jahren offshore große Öl- und Gasreserven entdeckt wurden. Erzähler Die Neutralität des von der UN überwachten Seekorridors wird von beiden Seiten gerne mal verletzt. Auch Crimsonia ist eine Insel. Irgendwo östlich gelegen. Sprecher 4 Crimsonia ist ein ehemals zentral gesteuerter Staat mit 80 Millionen Einwohnern. Crimsonias Kapitale ist die 7-Millionen-Stadt Sony. Seit auch hier eine Art Marktwirtschaft herrscht, ballt sich der Reichtum in den Händen hoher Staatsfunktionäre und ihrer Freunde. Seit 13 Jahren regiert die Partei “FürCrimsonia” mit ihrem populären Präsidenten Peter Veritas. Premier Benedict Carmine spielt eine Nebenrolle. Erzähler Bei der letzten Übung, das steht in den Unterlagen, hieß der Präsident noch Donald Dekstrumen und sein Premier Friedrich von Fanzypants. O-Ton Notiz Frank: Soo, wir haben jetzt Mittwochmorgen, kurz vor neun. Die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm… Erzähler Drüben bei den Roten sitzt Bundeswehr-Soldat Matthias Frank. Er hat versprochen, ab und zu ein Memo aufzunehmen. O-Ton Es kann bald losgehen. In einer halben Stunde wird der erste Angriff starten… Erzähler Auch Bill, der technische Leiter unseres Media-Teams, hat einen kleinen Rekorder bekommen. O-Ton Bill:…weirdest thing just happened to me… Go figure! Erzähler Probiert ihn gleich aus. Sprecher 3 Mir ist gerade was total komisches passiert: Einer der Journalisten kam zu mir und gab mir dieses Mikro. Stell Dir das mal vor. O-Ton Verschiedene Leute rufen: Startex! Go! Erzähler „Startex!“ Kurz für: Start of the exercise. Die Übung beginnt. Sprecherin 2 “Berylia wird grob. Nutzt Drohnen als chemische Waffen.” Erzähler “Crimsonia Tomorrow” erscheint an diesem Morgen mit einem Knüller: Sprecherin 2 “Berylia hat eine Nervengas-Drohne entwickelt, die sie möglicherweise verdeckt einsetzt und über Schurkenstaaten und Terrorgruppen in alle Welt verkauft.” Erzähler Sofort tauchen auf der Webseite der Zeitung erste Kommentare auf: Sprecher 1 Crimsonia… Crime-sonia… Erzähler schreibt “The Truth”. Ein “Donald” ergänzt: Sprecher 2 Let’s Make Berylia Great Again! Erzähler Auch das “International News Network” bringt die Story: Sprecherin 2 Einem uns vorliegenden offiziellen Dokument zufolge könnte die berylische Drohnenindustrie ein unbemanntes Luftfahrzeug entwickelt haben, um – Zitat – “Nervengas einzusetzen”. Erzähler Pünktlich um 7 Uhr Zulu startet “Media Inject 1”. “Injects” - das sind Aktionen, die den Blauen richtig einheizen sollen. Mari hat die 19 blauen Teams zwischen uns aufgeteilt. Auf unseren Laptops kleben bunte Sticker mit Nummern. Auf dem Server warten vorgefertigte Emails voller Fragen, die wir nun abfeuern. Sprecher 4 Wir haben ein Dokument vorliegen, das Werbung für eine berylische Drohne macht, die Nervengas versprühen kann. Hochachtungsvoll. Dan Smith, Defence News Desk, International News Network. Sprecherin 1 Nutzt Berylia dieses Drohnenmodell? Sprecher 3 An welche Regierungen und Organisationen hat Berylia dieses System verkauft? Sprecherin 1 Wie viele Systeme wurden bereits verkauft? Sprecher 1 Wo werden sie eingesetzt? Erzähler Field Marshal Mark Agrippa, Oberhaupt der crimsonischen Streitkräfte, ruft bereits nach dem UN-Sicherheitsrat. Sprecher 2 Die Tatsache, dass Berylia eine Drohne entwickelt hat, die chemische Waffen über der zivilen Bevölkerung verspritzt, ist unsäglich abscheulich und überschreitet alle roten Linien. Erzähler Besonders perfide: Auf den Servern der Blauen liegt ein Prospekt über eine Landwirtschaftsdrohne, Typ BER-MGFY-2017. Das rote Team hat die Datei gegen eine Fälschung ausgetauscht. Statt “Chemikalien ihrer Wahl” heißt es dort: “Nervengifte ihrer Wahl”. Unser Regie-Script sagt: Macht Tempo! Erzähler Ich darf bei “Crimsonia Tomorrow” nachlegen. Sprecherin 2 “‘Wir werden im Cyberspace stets die Oberhand behalten’, betonte Premierminister Benedict Carmine gestern in einer Rede vor hochrangigen Repräsentanten aus Streitkräften und Politik in der der Großen Halle von Sony. Er kündigte die Schaffung eines “neuen höchsten Cyberkommandos” an. Das CriCyC, das neue Crimsonische Cyber Center, wird in einem Geheimbunker bei Sony stationiert. ‘Wir sind bereit, all den ruchlosen Attacken Berylias und seiner Alliierten entgegenzutreten’, beteuerte Carmine unter starkem Beifall.” Erzähler Auf unseren Tischen häufen sich die Kaffeetassen. Sprecher 3 Benutzt Eure journalistische Erfahrung! Erzähler Von den Blauen bekommen wir ausweichende Antworten wie “Kein Kommentar”. Einige können die Fälschung nicht erkennen oder beweisen. Andere flüchten sich in Verweigerung. Die Italiener tauchen völlig ab, die Schweizer stellen sich lange taub, die Schweden erklären, sie könnten die Quelle dieses Pdfs nicht bestätigen. Das Nato-Team bestreitet die Existenz des Prospekts. Polen löscht das Dokument einfach vom Server. O-Ton Ich: They deleted it, they killed the information. Mari: Does anyone want more work? Erzähler Wir machen noch mehr Dampf: Sprecherin 2 “Verlässliche Quellen berichten, dass die Regierung von Berylia auf ihrer eigenen Webseite Informationen beseitigt hat, um Beweise über die Existenz einer Nervengas-Drohne zu zerstören. Blue Team 1…” Erzähler …die Slowakei… Sprecherin 2 …ersetzte das entscheidende Dokument durch Propaganda. Andere Teams löschten die Beweise oder ließen ihre Server abstürzen, um eine Aufdeckung zu verhindern. Erzähler Keine Atempause für die Blauen. Zumal nicht nur wir Mediendarsteller sie quälen. Nebenan sitzen Dutzende von Roten, die permanent all ihre Systeme mit Viren, Würmern, Exploits und allem, was der Hacker so im Werkzeugkasten hat, attackieren. Die Juristen eine Reihe weiter martern die Blauen mit kniffeligem Völkerrecht. Im Strategie-Spiel blitzt die Kriegsgefahr auf. Und wenn die “Blondes”, die ganz normalen Bürger, kein Internet haben, gibt es Punktabzüge – Frankreich und die Schweiz haben schon zweimal Minuspunkte bekommen. O-Ton Notiz Frank: Wider Erwarten war’s doch einfacher als geplant. Die erste Phase ist jetzt schon mal vorbei. Das heißt: ich hab jetzt erstmal noch Zeit. Sprecher 2 Luftwaffenbasis von Cyber-Angriff getroffen, Rapid Reaction Team vor Ort. Erzähler Um 11 Uhr Zulu folgt “Media Inject” 2: Treibstoffpumpen. Die Regieanweisung: Sprecher 1 Augenzeugenberichte über Rauch auf dem Flugplatz, Mediennachfragen, öffentliche Unruhe. Erzähler Jose hängt schon am Skype. Ich muss mich beeilen. O-Ton US-Soldat: Hallo, Sir, can you hear me? Ich: Yes, I can hear you clearly now. Can you hear me? US-Soldat: Yes I can. Ich: We have received several eyewitness accounts… Erzähler OV Uns liegen eine Reihe von Augenzeugenberichten vor, die besagen, dass von Ihrem Luftwaffenstützpunkt Buka dicke Rauchwolken aufsteigen. Was ist da los? O-Ton Forts. US-Soldat: Ahem, as of right now we have no reports of that occurring within our base. Ahem, can you… are you able…… Sorry, let me clarify that: There is no information that has suggested that those actions have been occurring in our base currently… Sprecher 3 Ähm, also aktuell haben wir keine Informationen, dass so etwas auf unserem Stützpunkt geschieht. Könnten Sie… Sorry, lassen Sie mich klarstellen: Es gibt keine Informationen, die nahelegen, dass solche Aktionen auf unserem Stützpunkt stattfinden. Erzähler Ich habe Team 11 am Rohr, ein Cyber Protection Team des US Army Cyber Command. Es meldet sich aus Wiesbaden, Deutschland. Der Soldat mauert. O-Ton Forts. Ich: That’s quite astonishing… Erzähler OV Das ist ziemlich erstaunlich. Wir haben etliche Berichten vorliegen. O-Ton Forts. US-Soldat: Ahem, OK. Is there any information from where that was coming from? Erzähler Er möchte meine Quellen wissen. Ein Anfängerfehler. Ich sage nur: Wir haben Informationen. O-Ton Forts. US-Soldat: OK. I’m gonna be humbled, ahem, a little bit, I guess humbled by this. Is this live right now? Sprecher 3 Das ist mir jetzt, ähm, etwas unangenehm. Ist das jetzt live? O-Ton Forts. Ich: This is live, of course. Erzähler OV Sicher. O-Ton Forts. US-Soldat: Sorry, you just caught me off-guard in that situation. I can’t speak to anything right now… Sprecher 3 Entschuldigung, Sie haben mich da gerade kalt erwischt. Ich kann dazu jetzt überhaupt nichts sagen. Erzähler Er verspricht, sich zu melden, sobald er mehr weiß. Er tut mir fast leid. Die Amerikaner stehen unter besonderem Leistungsdruck. Letztes Jahr landeten sie auf dem letzten Platz. Ihre-Drohne driftete von dannen und stürzte, als der Treibstoff alle war, auf Nimmerwiedersehen in den Ozean. O-Ton Notiz Bill: I still love the complexity… from other countries. Sprecher 3 Ich liebe diese Komplexität. Wir müssen immer wieder herausfinden, wie man es kurz und prägnant spielt. Erzähler Hinter uns zucken Blitze über Berylia – eine Art Livekarte der digitalen Angriffe. An den 20 Füllstandsanzeigen der Treibstofflager rechts hängt jeweils ein kleiner roter Draht mit einem Klümpchen Pyrotechnik. Wenn das virtuelle Treibstofflager eines blauen Teams in die Luft geht, gibt es im Kontrollraum einen kleinen Knall. Erzähler Team 14 – Italien – steht kurz vor der Explosion. Und hat kein Skype. Atmo/O-Ton Viel Raum, kleiner Knall Ich: Has it exploded? Erzähler OV Ist es explodiert? Sprecherin 2 Vierzehn? Ja. Sprecher 2 Na los! Sprecher 3 Schnapp Sie Dir. Sprecher 2 Tritt Ihnen in den Hintern. Erzähler Uns scheint eine Art Jagdfieber zu packen. Erzähler Italiens Skype funktioniert immer noch nicht. Ich tippe hastig eine Email. Erzähler Dafür erwische ich Blue Team 15 – das Vereinigte Königreich. Verkörpert durch einen Mister Squires. O-Ton Forts. Hello? Ich: Hello, this is Johnny Golightly from the Berylian News… Erzähler OV Hallo, hier spricht Johnny Golightly von den Berylischen Nachrichten… Soldat: Yes, it’s Mister Squires, can you hear me ok? Ich: I can hear you very well. So, Mister Squires, we are still trying to establish… Erzähler Ich sage wieder mein Sprüchlein auf zu den Explosionen auf dem Luftwaffenstützpunkt. Mister Squires schaltet in den PR-Modus. O-Ton Forts. Soldat: Yes, I’ve seen some of the news… Sprecher 2 Ich habe die Nachrichten gesehen, sie haben wenig Substanz. Ich fürchte, wir können derzeit keine voreiligen Bestätigungen geben. Es gibt einige kleine, unbedeutende Zwischenfälle, insbesondere Cyberattacken, am Flughafen. Wir untersuchen das. Für die örtliche Bevölkerung besteht keinerlei Grund zur Beunruhigung. Erzähler Und so weiter. Und so weiter. Er muss das lange geübt haben. Immerhin gibt er zu, dass der Flughafen nur noch eingeschränkt funktioniert. O-Ton Ich: There are lot’s of people living around the airport. It’s known… Erzähler Ich frage ihn nach der crimsonischen Minderheit rund um den Flughafen, nach Unruhen und Terrorgefahren. Er gibt mir eine frisch gebügelte Vorlesung über die Regierungsstrategie in Sachen Minderheiten, spricht vom “Vereinten Berylia”, das sich um alle Bürger sorgen werde. O-Ton Soldat: There should be no concerns… we have contingency measures in place. Sprecher 2 Es besteht keinerlei Grund zur Beunruhigung. Wir sind als Nation weiterhin sicher. Ich möchte Ihnen und der Öffentlichkeit versichern, dass wir für alle Eventualitäten vorgesorgt haben. O-Ton Thank you very much, Mister Golightly. O-Ton Notiz Frank: Soo, wir sind jetzt kurz vorm Mittagessen und wider Erwarten geht im Moment gar nichts, weil das Netz gerade extreme Probleme hat. Das heißt, wir können keine Angriffe fahren und von dem her sind jetzt die blue teams gerade in einer ruhigen Phase. Erzähler Leerlauf beim roten Team. Und doch haben sie am meisten Spaß. Die Roten gehen mal raffiniert, mal brutal vor, wie Kriminelle, wie Spione, wie Computerkids. Dringen über Schwachstellen oder Malware in die Systeme ein, klauen Dokumente, manipulieren Webseiten, übernehmen Steuerungssysteme oder fahren das Ganze einfach gegen die Wand. 72 Angriffsziele sind für jedes blaue Team vorgegeben, insgesamt also mehr als 1400. Atmo Frank tippt: So jetzt geht’s wieder… O-Ton …there is currently nothing that we can confirm… Erzähler Die Amerikaner melden sich nochmal. Nur um mitzuteilen, dass sie nichts bestätigen können. Und kurz darauf noch einmal. O-Ton Ich: Hallo Sir! US-Soldat: I wanted to return your call just to follow up… US-Soldat: …to confirm, that it wasn’t our actions that caused the explosions. I can’t speak to who did and why they did it, but we can firmly let you know, that it wasn’t our responsibility in that matter. Sprecher 3 Ich wollte nur bestätigen, dass es nicht unsere Handlungen waren, die diese Explosionen verursacht haben. Ich kann nicht sagen, wer das war und warum. Aber ich kann ihnen sicher sagen, dass wir nicht verantwortlich sind. O-Ton Forts. Ich: Was it a hostile attack? Erzähler OV War es ein feindlicher Angriff? O-Ton Forts. US-Soldat: There are ongoing investigations to determine that… Sprecher 3 Die Untersuchungen laufen noch. Erzähler Er mauert schon wieder. Immerhin: Er räumt Explosionen ein. Natürlich frage ich, ihn, was da explodiert, wie es dort aussieht, ob es noch brennt. Doch der Soldat verschanzt sich wieder hinter seinem bürokratischen Sprachpanzer. O-Ton US-Soldat: No problem. Thank you. Bye. Erzähler Diese Spielsituation ist ungewöhnlich für Journalisten. Im Alltag leben wir oft von Gerüchten und Hinweisen. Hier aber sind wir von Geräten und Kontrollmonitoren umringt, auf denen wir das Geschehen live und sehr präzise verfolgen können. Was jedoch die Pressesprecher nicht davon abhält, uns immer wieder alles Mögliche zu erzählen. Die neue journalistische Erfahrung: Es macht einen Unterschied, wenn man tatsächlich weiß, dass man belogen wird. O-Ton Notiz Bill: But, boy, it’s fun. And people have actually … who would have thought? Sprecher 3 Mann, macht das Spaß. Die Leute kommen wirklich ins Spiel. Die Journalisten haben Spaß daran, Journalisten zu sein. Wer hätte das gedacht? O-Ton My name is Rain Ottis and I am the head of white team for the Locked Shields exercise. Erzähler Spielleiter Rain macht eine kurze Verschnaufpause. O-Ton Rain: Everything is according to plan so far. So I guess we’ve done something right. Sprecher 1 Bislang läuft alles nach Plan. Also haben wir wohl was richtig gemacht. Erzähler Wie realistisch kann eine solche Übung sein? O-Ton Rain: Because in here we have concocted a perfect storm and compressed it into a tea glass. … Sprecher 1 Wir haben hier den perfekten Sturm zusammengebraut und in ein Teeglas gepresst. Alles Übel geschieht sehr schnell, und man hat kaum Zeit, damit umzugehen. Andererseits hätte man in der Realität auch mit physischen Ereignissen zu tun. Wir simulieren einige wenige, etwa über die Medien. Aber wenn wir über einen möglichen militärischen Konflikt reden, gäbe es auch physischen Schaden, vielleicht elektronische Kriegführung – eine Vielzahl von Faktoren, die alles noch komplizierter machen würden. Erzähler In Berylia übertrumpfen sich die Schlagzeilen. Sprecher 2 Schnelle Eingreiftruppe veröffentlicht Notfall-Ratgeber für alle Bürger. Sprecherin 2 Berylische Regierung erleidet DDoS-Attacke. Erzähler Der Flughafen soll einen Blackout haben. Erzähler Nicht nur die Finnen bestreiten das. Erzähler Die Blauen agieren höchst unterschiedlich. Einige schalten auf stumm. Andere produzieren fesche Pressemitteilungen. Blue Team 14 etwa – Italien – schickt eine Meldung des Verteidigungsministeriums von Berylia über eine brandneue “Cyberarmee”. Die Slowaken sind noch raffinierter. Ein Major Flower lädt Volk und Presse zu einem “Drohnen-Tag” auf dem Luftwaffenstützpunkt Buka ein. Sprecher 1 “Sie können Drohnen den ganzen Tag kostenlos fliegen lassen. Kommen sie zur Buka Airbase, haben Sie Spaß. Erleben Sie selbst, was für tolle Drohnen wir für unsere Bürger bauen.” O-Ton Notiz Frank: Es macht sich momentan etwas Ernüchterung breit, da die blue teams offensichtlich unsere IP-Adressen gefunden haben und mittlerweile anfangen, die zu blocken, sodass wir uns jetzt erstmal neue Wege suchen müssen, um weiter zu kommen. O-Ton Lantenhammer: Die Mittel sind andere. Im Mittelalter hat man das genauso gemacht, hat ausspioniert, hat Informationen lanciert, die einem geholfen haben oder Informationen zurückgehalten, die einem geschadet hätten. Erzähler Oberst Franz Lantenhammer, klein, drahtig, mit Brille und weißem Bart, ist Vizechef des Nato-Cyberzentrums. O-Ton Lantenhammer: Heutzutage ist es mit den sozialen Medien, mit den Möglichkeiten, Informationen schnell in großer Masse zu verbreiten einfacher vielleicht, oder vielleicht effektiver? Erzähler Er war mal bei der Infanterie. Sehr handfest. O-Ton Lantenhammer: …ist ungefähr das Gegenteil, ja. Vor allen Dingen als Gebirgsjäger-Offizier ist man natürlich sehr erdverbunden. Erzähler Leiden Militärs nicht am meisten unter digitaler Dauerverwirrung? Kommandeure, die es gewohnt waren, Zangenbewegungen auszutüfteln und ihre Divisionen mal hierhin mal dorthin zu verschieben – abzählbar, sichtbar, greifbar? O-Ton Lantenhammer: Das ist genau die Schwierigkeit, die man heutzutage hat. Vor allem: Es verschwimmen ja auch Grenzen zwischen Militär und ziviler Infrastruktur, zwischen Cyberkriminalität und Cyberspionage. Atmo Going on. Our next is kind of special system. It is a drone. It doesn’t look like a drone, right? Or does it? Erzähler Eine Besuchergruppe irrt durch den Saal. Einer der Grünen erklärt die Systeme. Sprecher 1 Das ist das Hirn einer militärischen Überwachungsdrohne… O-Ton Forts. And that is a mission where the drone needs to fly from point one… Sprecher 1 Die Mission der Drohne ist es, von Punkt 1 zu Punkt 2 und so weiter zu fliegen. Erzähler Jedenfalls, solange die Roten sie nicht gehackt haben. Einige Drohnen entschwinden bereits übers Meer. Auf dem Schirm blinkt dann: Drone is off-track! Musik Sprecher 3 Nachbarn der Buka Airbase durch Explosionen und Feuer verängstigt. Sprecherin 1 Premier Dubois warnt vor möglichen Cyber-Attacken. Sprecher 4 Premier Dubois beteuert: Berylia steht eng zur NATO. Erzähler Blue Team 8 schickt ein Statement des Premierministers: Sprecher 2 “Der Flughafen musste geschlossen werden, nachdem ein Cyber-Angriff eine größere Menge Treibstoff freigesetzt hatte.“ O-Ton Jose weit im Hintergrund: Have you… Sprecher 2 Team zehn, hast du die gesehen? Die haben alles verloren. O-Ton Mari: Oh, I see, 14 is on Skype right now. Erzähler Meine Chefin scheucht mich. Team 14 ist auf Skype. Die Italiener, endlich. O-Ton Forts. … they were blown up before lunch Sprecherin 2 Die sind schon vor dem Mittagessen hochgegangen. Erzähler Dann schicken sie wieder eine Pressemitteilung: Sprecher 3 “Bei den treibstoffbezogenen Zwischenfällen handelt es sich lediglich um ein aufgrund technischer Probleme aufgetretenes Leck.” O-Ton O, this is Major Flower again, great… Erzähler Endlich hab ich den tollkühnen slowakischen Major Flower auf dem Kopfhörer. O-Ton Hello, Major Flower, how may I help you? Ich: Hi, Major Flower, this is the Berylian News Agency Calling… Erzähler Ich rattere meine Fragen herunter. O-Ton Ich: Could you respond to that, please? Major Flower: I am currently at the air base, because there is a drone day, you know… Ich: Yes, we got the invitation, we are about to come. Major Flower: Let me see from the window (reißt hörbar das Fenster auf, ruft einem Kumpel etwas auf Slowakisch zu…) I can see no smoke, no dead bodies on the ground. So I’d say: We are up and running. Sprecher 1 Ich bin gerade auf der Luftwaffenbasis, weil wir ja einen Drohnentag haben, wissen Sie? Erzähler OV Ja wir haben eine Einladung erhalten. Sprecher 1 Lassen Sie mich hier vom Fenster aus gucken… Ich sehe keinen Rauch, keine Leichen auf dem Asphalt, ich würde sagen: Alles läuft bestens. Erzähler Ich stammele ein wenig ob solcher Dreistigkeit. O-Ton Ich: We also received information that the feed from your surveillance drones has been blacked out today? Major Flower: Äh, yes I can confirm that there has been some attack on this service. We had some minor blackouts that lasted less than one minute… Erzähler OV Uns kam auch zu Ohren, dass Ihre Überwachungsdrohnen heute einen Blackout hatten. Sprecher 1 Ähm, ja, ich kann bestätigen, dass es Angriffe auf diesen Einsatz gegeben hat. Wir hatten einige kurze Blackouts, weniger als eine Minute. Erzähler Es sei zu früh zu sagen, wer dafür verantwortlich ist. O-Ton Major Flower: So we will not blame anyone… until we are 100 percent sure. Ich: Thank you very much, Major Flower. It has been a pleasure speaking to you. Major Flower: You’re welcome. Have a good day. Bye. Erzähler Ich denke an den alten Lehrsatz, demzufolge im Krieg stets als erstes die Wahrheit stirbt. Meine Kollegin Eda, die Dichterin, grinst. O-Ton Eda: My name is Eda Ahi, I am an Estonian poet. Ich: So how does a poet get into a military cyber exercise? Eda: Cyber is a horizontal topic to all Estonians… just trying to boost the myth of Estonian cyber. lacht Erzähler OV Wie gerät eine estnische Poetin in eine militärische Cyberübung? Sprecherin 1 Ich glaube, Cyber ist für Esten ein allgegenwärtiges Thema – und sei es nur, um den estnischen Cyber-Mythos zu befördern. Erzähler Sie fühlt sich inspiriert. O-Ton Hard work…..Being in one smelly, windowless room with one hundred people is definitely thrilling. The tensions are high. Sometimes you can sense either euphoria or total despair. Both of which is definitely very inspiring. Sprecherin 1 Mit hundert Leuten in einem muffigen, fensterlosen Raum zu sein, ist definitiv aufregend. Die Spannungen sind enorm. Manchmal spürst Du Euphorie oder totale Verzweiflung. Erzähler Wird sie gern belogen? O-Ton Eda In Estonian luuletama – the word for writing poetry could also be translated as lying. Sprecherin 1 Auf Estnisch kann man das Wort für „Poesie schreiben“ auch mit Lügen übersetzen. Erzähler Das heißt: Wahrheit spielt keine Rolle? O-Ton Eda No, truth is absolutely important. But I think that playing is also very important. This is a game. And this is the most important thing. But it for sure teaches you who to speak truth better. And that’s what’s important. Sprecherin 1 Doch. Wahrheit ist absolut wichtig. Aber Spielen eben auch. Das ist ein Spiel und das ist das Wichtigste. Und es lehrt Dich bestimmt, wahrer zu sprechen. Erzähler Die Forensiker müssen sich durch Gigabyte von Daten wühlen. Auch die Injects der Juristen werden immer kniffliger: Sprecherin 2 Verdacht von Wahlfälschungen in der Region Porphyria – durch Schadsoftware in den Computern der Wahlkommission. Sprecher 2 Malware auch auf einer berylischen Ölplattform. Sprecher 4 Lauschangriff auf die Daten-Unterseekabel. Sprecherin 2 Neuer Streit um Crimsonias künstliche Insel. Sprecher 4 Geisterhafte Signale auf den Radarschirmen der Luftraumüberwachung. Sprecher 2 Schmierenkampagnen gegen die berylische Regierung. Erzähler Bei den Blauen dürfte bald das Deo versagen. O-Ton Notiz Bill: As always with… that’s life Sprecher 3 Es ist immer das Gleiche mit diesen Systemen: Die Hälfte der Tools müssen jetzt neu programmiert werden. Aber so ist das Leben. Erzähler Ich frage Major Flower, ob er sicher sei, dass unsere Fotografen bei seinem Drohnentag keine Toten erspähen werden. Er wischt das weg. Die Deutschen verkünden derweil, auf ihrer Airbase sei alles in Ordnung. Die Finnen melden Explosionen und zwei Verletzte. Die Amerikaner haben sich gefangen. Der Sprecher rattert das neue “Wording” herunter. O-Ton Soldat: There were some complications but they were resolved. We quickly defeated the situation and we still maintain control over our drone. Ich: Did you encounter any other “complications” – to use your wording? Soldat: Ahem, no, that I can speak on right now… Sprecher 3 Es gab Komplikationen, aber die sind behoben. Wir haben wieder volle Kontrolle über unsere Drohnen. Erzähler OV Gab es noch andere “Komplikationen”? Sprecher 3 Ahm, nichts, worüber ich jetzt sprechen könnte. Erzähler Unsere Anzeigetafeln zeigen eine andere Realität. Doch der Soldat hat jetzt sogar warme Worte für die crimsonische Minderheit parat: O-Ton Those citizens – with all citizens we want to make sure that they are protected. They are part of the family too, the Berylian family. So there is no difference in how we see any type of protection. Sprecher 3 Wir möchten den Schutz dieser Bürger wie den aller Bürger sicherstellen. Sie sind Teil der berylischen Familie. Es gibt da keine Unterschiede beim Schutz. O-Ton Brite: Pardon? …Ich: This is the Berylian News Agency, Johnny Golightly. Brite: Aaa. Give me a second. Just one sec’. Erzähler Und die Briten? Meine Daten sagen: ihr Treibstofflager ist ebenfalls explodiert. O-Ton Ich: But can you confirm the explosions and the smoke now? Squires: I believe there might have been sightings of smoke but there haven’t been explosions. No. Ich: Is the airport operational now? Can planes fly? Squires: Yes, the airport has been operational throughout. Planes have been able to take off and land. We have had, as I said, some serviceability issues which means we had reduced flights, which may have been the cause of some of the rumors. Erzähler OV Können sie Rauch und Explosionen nun bestätigen? Sprecher 2 Es könnte vielleicht etwas Rauch gesichtet worden sein, aber keine Explosionen. Erzähler OV Ist der Flughafen in Betrieb? Fliegen Flugzeuge? Sprecher 2 Ja, der Flughafen war durchgängig in Betrieb. Wir hatten ein paar Engpässe und reduzierte Flüge, was womöglich der Grund für die Gerüchte war. Erzähler Squires bleibt höflich. Wirkt gelangweilt. Lügt mit entwaffnender Gelassenheit. O-Ton We had control of our drones at all times. There was some dropping of a video feed but that’s now back in control. We have it working. So: Small issues. But we are running quite a few drones from here, but nothing was at risk. Sprecher 2 Nur ein paar kleine Probleme. Keine Gefahr. Erzähler Ich werde wohl nie wieder einem Pressesprecher glauben. Aber habe ich das je getan? O-Ton Notiz Frank: Soo, es ist jetzt abends um kurz nach 5, der erste Tag ist gelaufen. Es war doch noch etwas spannend am Nachmittag. Im Endeffekt waren wir relativ erfolgreich… Erzähler Ist das überhaupt Krieg? Inflationieren wir nicht den Begriff? Das wird auch auf den NATO-Cyberkonferenzen oft diskutiert. Die einen sagen: Der Cyberkrieg ist längst in vollem Gange. Verweisen auf eine Unzahl von Zwischenfällen in den letzten Jahren. Sprecherin 2 2008 gab es eine Serie von Cyberangriffen auf Georgien. Sprecher 2 2010 demolierte der Computer-Wurm Stuxnet iranische Uran-Zentrifugen. Eine, so heißt es, Koproduktion Israels und der USA. Sprecherin 2 2012 zerstörte ein Virus namens Shamoon über 35.000 Computersysteme in Saudi-Arabien. Sprecher 3 2015 gab es einen Hacker-Angriff auf die Stromversorgung der West-Ukraine. Fast eine Viertelmillion Menschen waren betroffen. Sprecherin 2 2015 war der französische Fernsehsender TV5Monde Opfer eines Cyberangriffs. Sprecher 2 2016 soll Nordkorea ein Konto der Zentralbank von Bangladesch geplündert haben. Sprecherin 2 Eine sogenannte „Ransomware“ – eine Erpressersoftware – namens WannaCry befiel 2017 mindestens 300.000 Computer in über 150 Ländern. Auch hierfür soll Nordkorea verantwortlich sein. Sprecher 4 Cyber-Angriffe wurden auch aus Schweden und Südkorea gemeldet, von den Philippinen, aus Burma, Israel, Deutschland, den USA und vielen anderen Ländern. Erzähler Über 30 Staaten rüsten auf, um Cyber-Offensiven führen zu können. Andere meinen: Es wird nie einen puren Cyberkrieg geben. Erzähler Als Estland 2007 von einem Cyberangriff überrollt wurde, war das so etwas wie eine Premiere. Auslöser war die Entscheidung der Regierung, eine Bronzefigur aus dem Zentrum an den Stadtrand zu versetzen, die 1947 in der damals estnischen Sowjetrepublik enthüllt worden war: Das “Denkmal für die Befreier von Tallinn”, Symbol für den Sieg über den Nationalsozialismus. Die große russischsprachige Minderheit und ihre Medien waren empört. Am 26. April kam es zu gewaltsamen Unruhen und Plünderungen. Es gab einen Toten, über 150 Verletzte, an die 1000 Festnahmen. Erzähler Nach dem ersten Übungstag sind wir beim estnischen Blue Team eingeladen. O-Ton Hillar: My job position now is police officer. My name is Hillar Aarelaid Erzähler Mit im Taxi: Ein Polizist, der vor zehn Jahren dabei war. O-Ton Hillar: I am… at the lowest level I’m actually working with criminals. I am not leading anything, any group. I am a simple policeman. Sprecher 4 Ich bin ein einfacher Polizist. Erzähler Kein Businesslook, kein Pferdeschwänzchen. O-Ton Hillar: That time I was … was a good team Sprecher 4 Damals war ich der Kopf des estnischen Computerabwehr-Teams. “Team” ist vielleicht übertrieben. Es waren zwei Leute. Aber es war ein gutes Team. Erzähler Was geschah damals? O-Ton Hillar: What happened was in the real world… Sprecher 4 In der “echten” Welt geschah etwas, das Estland noch nie erlebt hatte: Ein Aufstand. In Europa passiert sowas ja ständig. Da brennen dann Autos und so. Aber Esten randalieren nicht. Wir machen das nicht. Erzähler Parallel startete ein Cyberangriff auf Estland. O-Ton Hillar It lasted quite long. The riot on the street was actually two nights. (Cyber) attacks started same tame as the riot and ended like in June… So it was quite long. Sprecher 4 Die Cyberangriffe begannen zur gleichen Zeit und endeten irgendwann im Juni. Erzähler Die Server der meisten Medien gingen in die Knie. Die Banken meldeten Probleme, ihre Geldautomaten fielen aus. Die Webseiten der Regierung, des Parlaments, der Universitäten stürzten ab. Gewaltige “Botnets” – Schwärme gekaperter Computer – ließen die Systeme unter einem Schwall von Anfragen kollabieren. Hacker manipulierten Webseiten. O-Ton Hillar It was top notch. That time, they had it, really. It still scares me. they had everything: zero days, manpower, boots on the ground. they had everything. Sprecher 4 Das war erste Sahne. Furchterregend. Ihnen stand alles zur Verfügung: Zero days, Manpower, Leute vor Ort. Einfach alles. Erzähler Bis heute ist nicht bewiesen, dass Russland dahinter steckte. O-Ton Hillar Nobody knows. lacht. This kind of attribution is very difficult to do. Sprecher 4 Keiner weiß es genau. Solche Zuschreibungen sind sehr schwierig. Atmos Taimar Peterkop Welcome to the Estonian Information Systems Authority… Erzähler Bei der RIA, der estnischen Behörde für Informationssysteme, steigen wir in den siebten Stock. Estlands Blaue wirken abgekämpft. Man kann die Anspannung der letzten Stunden förmlich riechen. Die Mülleimer quellen über von Dosen und Snacktüten. Ein harter Tag? O-Ton Ich: So was it a rough day? Mägi: Yes, extremely, lacht. Because in real life you will never see Sprecher 2 Ein extrem harter Tag. Im echten Leben erlebt man niemals einige Tausend Cyberattacken täglich. Erzähler Klaid Mägi, Chef des Nationalen Abwehrteams, atmet tief durch. Man habe sich gut geschlagen, findet er. O-Ton Frau 1: Well, that’s us. And that’s everybody else… Mann 1: The score looks great at the moment Frau 1: Yeah, looks like we’re leading. Mann 1: The score shows we’re in first place. This is the overall score for all the teams… Frau 1: And that’s us. Mann 1: That’s us. And second place is this, I think… Frau 1: No no no, this one. Mann 1: So we’re leading by almost a thousand points… 500. Sprecherin 1 Also das sind wir. Und das hier sind alle anderen. Sprecher 3 Sieht großartig aus im Augenblick. Sprecherin 1 Wir führen. Sprecher 3 Wir sind auf Platz 1. Sprecherin 1 Ja, das sind wir. Sprecher 3 Mit fast 1000 Punkten. Naja, 500. Erzähler Estland, meint Cyberkriegerin Sille, sei eigentlich mehr eine Clique. O-Ton Sille: Also wir haben nur 1,3 Millionen Leute hier, alle kennen alle, besonders in der Cyber-Security. Und die machen sehr gut, was sie können. Erzähler Estland ist stolz auf seinen digitalen Fortschritt. Auf den elektronischen Personalausweis etwa – Schlüssel zu vielen staatlichen Dienstleistungen: zum Gesundheitswesen, zum Sozialsystem, zum Bankkonto, zur Wahlurne. Die Schattenseite: Als ein Forscherteam im letzten Sommer eine „Verwundbarkeit“ des Chips entdeckte, musste die Regierung die Sicherheitszertifikate von 760.000 Bürgern blockieren. Das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Atmo comcheck am Donnerstagmorgen O-Ton Notiz Frank: Donnerstagmorgen, es geht wieder von vorn los. Das heißt, in der dritten Runde wird wieder versucht, die Systeme aus den ersten beiden Runden erneut zu testen und zusätzlich weitere Systeme zu bekommen. Ja, lassen wir uns mal überraschen, wie es heute vorangeht. Sprecher 2 “Furcht vor erratischen Drohnen wächst in Porphyria.” Sprecherin 2 „’Wir raten allen Eltern, ihre Kinder sicher im Haus zu halten’, erklärte Samuel Minority, Präsident des Crimsonisch-Berylischen Freundschaftskomitees.“ Erzähler Der zweite Übungstag. Liisa verteilt die Aufgaben. Atmo Liisa: If its slow-moving, we play stupid foreign journalist… Sprecherin 1 Wenn es langsam läuft, spielen wir dummer Auslandsreporter. Erzähler Auf den ersten Luftwaffenbasen, sagt sie, würde frühestens in einer halben Stunde der Strom ausfallen. Bis dahin sollen wir die Zeitungen füllen. Und als “dumme Reporter” auftreten, breitbeinig und ahnungslos. Ich bin Jaques Stylo. O-Ton Ich: I just landed in Berylia at the airport. I have been dispatched by my news organization to report on the current conflict. I have no orientation yet. By the way, how do you spell Berylia? Soldat: B-E-R-Y-L-I-A Ich: Thank you very much! Erzähler OV Ich bin gerade in Berylia gelandet. Meine Nachrichtenagentur schickt mich. Ich habe noch keine Orientierung. Apropos: Wie buchstabiert man Berylia? Sprecher 2 B-E-R-Y-L-I-A Erzähler OV Vielen Dank! O-Ton Soldat: Hallo, this is blue team 10! Ich: This is Jaques Stylo yet again. Erzähler Die Esten sind dran. Erzähler Die Kontrollsysteme verraten uns, dass sie ein ernstes Problem mit der Elektrizität haben. Mari sagt: Geh dem nach. O-Ton Soldat berichtet: At this point we have power. The attack… Sprecher 1 Im Moment haben wir Strom… Der Strom fließt. O-Ton Notiz Frank: Soo, wir haben jetzt Donnerstagmittag. Es sieht soweit ganz gut aus. Einzelne blue teams scheinen ihre Verteidigung gut aufgebaut zu haben, andere wiederum nicht so wirklich. Bin zuversichtlich, dass wir die Übung erfolgreich zu Ende bringen. O-Ton Notiz Bill: Part of the scoring had to be rebuilt again. I almost blew it up. Sprecher 3 Teile des Punkteprogramms mussten wieder aufgebaut werden. Ich habe es fast gesprengt. Erzähler Auf den Bildschirmen jetzt: Chaos. Drohnen fliegen kreuz und quer übers Meer. Bei vielen Teams ist der Strom weg. Die Kontrollmonitore zeigen jetzt immer öfter Grimassen, die ein bisschen an die Maske von Anonymus erinnern. Die Roten haben ihre helle Freude daran, Angst und Schrecken zu verbreiten. Stellen auf Dauerfeuer. Klimax. Showdown. Sprecherin 2 Landebahn verloren. Landebahn verloren. Sprecher 1 Malware auf allen Maschinen. Sprecherin 2 Trojaner im System. Sprecher 4 DDos Angriff. Sprecher 1 Flughafen mit Treibstoff überflutet. Sprecherin 1 Kompletter Zugangsverlust. Erzähler Der Saal summt. Collage Ich: Is there any fire? Soldat: Not at the moment, no. Cut! Soldat: There is fuel and we have switched to analogue… ahem. to analogue solutions. Ich: What do you mean with “analogue solution”. Do you refuel the planes with Coca Cola bottles? Soldat: No. With analogue pumps. Ich: Ok. OK. Thank you, Sir. Bye bye. Soldat: Bye bye. Sprecher 3 Wir haben Treibstoff und nutzen jetzt einen analogen Modus. Erzähler OV Befüllen Sie die Flugzeuge jetzt etwa mit CocaCola-Flaschen? Sprecher 3 Nein, mit analogen Pumpen. Erzähler Der Ton wird rauer. O-Ton Notiz Frank: Man sieht, dass die blue teams sich so langsam auf unsere Angriffe einstellen. Momentan sieht es etwas schlechter aus… O-Ton …at least one of your drones is out of control. Could you confirm that? Flower: Hold on one second so that I will give you the updated information. … So our drones are under control. All of them! Erzähler Auch die slowakischen Drohnen driften von dannen. Major Flower dementiert. Sprecher 1 Unsere Drohnen sind unter Kontrolle. Alle. Erzähler Er behauptet, der Irrflug übers Meer war ein “regulärer Test”. O-Ton Flower: We tried to fly the drone for a longer distance and we decided that sea is better than the urban areas. So that’s why the drone was flying a little bit away. Ich: So you mean this flight over the sea was actually a planned, executed operation not based on losing control over your drone? Flower: I would not call it operation. I will say it’s a test flight and yes: It was controlled. Sprecher 1 Die Drohne sollte eine längere Strecke fliegen. Deshalb haben wir sie übers Meer geschickt und sie war ein bisschen weiter entfernt. Erzähler OV Wollen Sie sagen, dieser Flug über Wasser war eine von Ihnen geplante und ausgeführte Operation und kein Kontrollverlust? Sprecher 1 Operation würde ich nicht sagen. Eher ein Testflug, ja. Kontrolliert. Erzähler Kurz darauf kommt eine Pressemitteilung der Slowaken. Sie kündigen einen Kalender an, der gut gebaute Feuerwehrleute vor berylischen Drohnen zeigt. Um Geld für bedürftige Kinder zu sammeln. O-Ton Martin: OK, I’m publishing now. Three, two, one… Erzähler Jose tippt wie ein Wahnsinniger. Wir müssen Punkte vergeben. O-Ton Ich: …Steve - you’re handing out the points like candy. Why are you so nice? Erzähler OV Steve, Du verteilst die Punkte wie Süßigkeiten. Warum bist Du so nett? Erzähler Er gibt mir Zeichen, mit meinem Mikro zu verschwinden. Wir sind alle erschöpft. Bill macht sich über mich lustig. O-Ton Bill: Now he’s standing next to me with … should I call military police? Sprecher 3 Jetzt steht er neben mir mit einer sehr merkwürdigen Maschine. Es scheint eine Art Radioübertragungsgerät zu sein. Vermutlich ist er ein Spion. Soll ich die Militärpolizei rufen? O-Ton Ich: You think you make a valuable contribution to NATO at the moment? Bill: I have no affiliation to NATO, thank you very much. Ich: You're not a member? Bill: I am not a Member. My government may or may not be… Erzähler OV Hast Du das Gefühl, der NATO gerade einen wertvollen Dienst zu erweisen? Sprecher 3 Ich habe keine Beziehung zur NATO, Dankeschön. Sprecher 3 Nein, ich bin kein Mitglied. Möglicherweise meine Regierung. O-Ton Liisa: If you’re in the middle of anything and haven’t it published I suggest you do it now… Sprecherin 1 Wenn Ihr irgendetwas noch nicht fertig habt, schlage ich vor, Ihr tut es jetzt. Erzähler Liisa scheucht uns. Erzähler Mehis, der Chef der Roten, schaut mit flackerndem Blick durch Ballsaal 3. O-Ton Mehis Every day more people, more devices being connect. It’s a recipe for disaster. Sprecher 2 Jeden Tag werden mehr Menschen und Maschinen miteinander verbunden. Ein Rezept für die Katastrophe. Erzähler Und dann ist plötzlich Schluss. Erzähler ENDEX. Ende der Übung. O-Ton Liisa: Endex! Bill: Media endex! Liisa: Media endex. We’re done. We’re done. Liisa: This year actually has been incredibly good. Ich: Why? Liisa: You know why! And you’re getting a sensible interview out of me right now. You know that as well. Sprecherin 1 Dieses Jahr war es wirklich unglaublich gut. Sprecherin 1 Das weißt Du doch! Und Du bekommst jetzt kein sinnvolles Interview aus mir raus. Das weißt Du auch. O-Ton Notiz Bill: This year it really… has been fun. Sprecher 3 Dieses Jahr ist es wirklich eine Lernerfahrung geworden. Und ein echter Spaß. O-Ton Notiz BW Donnerstagabend, 17:05, ENDEX. Hat sehr viel Spaß gemacht, wieder neue Sachen gelernt und… ja, ich freu mich auf nächstes Jahr. Erzähler Liisa zückt eine Flasche Brandy und stößt mit uns an. Erzähler Am Abend ist Party. Sehr langsam löst sich die Spannung. Atmos langer comcheck Trophäenvergabe durch Sakkov Erzähler Freitagmorgen. Die Luft ist raus. Alle schlürfen Kaffee, knabbern an Croissants. Die blauen Teams geben Feedback über Funk. Erzähler Dann werden Trophäen verteilt. Tschechien gewinnt, dicht gefolgt von Estland. Den Forensik-Pokal haben die Deutschen ergattert. Liisa zieht eine eher nüchterne Bilanz. O-Ton Liisa This year we learned that the players are very well informed about how the media landscape in the world evolves. Unfortunately that also means that some of them were – no, not yelling wolf but were yelling fake news very early on. Sprecherin 1 Dieses Jahr haben wir erlebt, dass die Spieler sehr gut darüber informiert sind, wie sich die Medienlandschaft der Welt entwickelt. Leider bedeutet das auch, dass manche von ihnen – nein, nicht falschen Alarm gegeben – aber doch sehr schnell zu Fake News gegriffen haben. Erzähler Das war schon verblüffend: Wie viele militärische Öffentlichkeitsarbeiter auf Kriegsfuß mit den Fakten standen – obwohl sie wussten, dass sie hier im Glashaus sitzen. Dass wir zur Abwechslung mal wirklich im Bilde waren. O-Ton Liisa: And it doesn’t really matter whether you are deceiving the public because you are knowingly lying or because you’re not aware of everything going on. Sprecherin 1 Und es spielt kaum eine Rolle, ob man die Öffentlichkeit täuscht, weil man bewusst lügt oder weil einem nicht klar ist, was wirklich geschieht. Erzähler In unseren Bewertungen haben wir immer wieder Propaganda gerügt, mehr Aufrichtigkeit angemahnt. Und daran erinnert… Sprecher 2 “…dass eine demokratische Regierung wie die von Berylia eine Verpflichtung hat, die Öffentlichkeit mit wahrheitsgemäßen Informationen zu versorgen.” O-Ton Liisa: I am a big believer in democratic education. Sprecherin 1 Ich glaube fest an demokratische Erziehung. Erzähler sagt Liisa zum Abschied. O-Ton Liisa Because we can’t beat them at their game of deception. They are so far ahead. Sprecherin 1 Denn im Wettstreit der Täuschungen können wir die anderen nicht schlagen. Sie sind uns weit voraus. Erzähler Darüber muss ich noch nachdenken. Sprecherin 2 Mein erster Cyberkrieg. Die Nato probt den Ernstfall Feature von Tom Schimmeck Es sprachen: Maya Bothe Sigrid Burkholder Martin Bross Hüseyin Michael Cirpici Matthias Kiel Volker Niederfahrenhorst und der Autor Ton und Technik: Wolfgang Rixius und Roman Weingardt Regie: Matthias Kapohl Redaktion: Wolfgang Schiller Eine Produktion des Deutschlandfunks mit dem Norddeutschen Rundfunk 2018. Musik/Atmo Mein erster Cyberkrieg Seite 2 / 27 Mein erster Cyberkrieg 19 / 27